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Ein kulinarischer Blick zurück mit Jules

Jules lässt alte Zeiten aufleben.

Fortsetzung von Seite 3

Was war denn damals so anders gegenüber den heutigen Ravioli?

JULES: Der Teig wurde nicht so intensiv geknetet und vor allem die Füllungen unterscheiden sich. Von Kompott bis zu Rosinen oder Äpfeln war alles dabei. Auch Nüsse oder Zucker wurden beigemischt. Der Teig wurde dann mit Vollei zusammengeklebt und im Sieb vorsichtig gedämpft. Zusammen mit scharfem Käse und flüssiger Butter war das ein Festschmaus. Man bediente sich an den Rohstoffen, die vorhanden waren, Kartoffeln, Mehl und Polenta hatte man genug, der Rest musste gut eingeteilt werden. Auf jeden Fall musste man kreativ sein, um in unserer Höhe an die nötigen Kalorien zu kommen.

Jules, was meinst Du, leben wir heutzutage bezüglich unserem Essen gesünder oder ungesünder im Vergleich zu früher?

Die meisten behaupten wahrscheinlich, dass ich selber ungesund lebe bei all dem Fett, welches ich beim Kochen verwende (lacht). Wenn ich aber sehe, was in den Supermärkten verkauft oder in den Broschüren beworben wird … das sind Fertigmahlzeiten, die man schnell zubereiten und lange aufbewahren kann. Dabei bekommt das den Menschen oft überhaupt nicht gut. Auch an der vegetarischen Küche habe ich meine Zweifel. Ich weiss nicht, ob man so genügend Eisen und Proteine aufnehmen kann. Für unsere Vorfahren wäre das aber schwierig geworden, sie mussten ja hart arbeiten und waren viel in Bewegung. Das verlangte nach ausreichender Energiezufuhr.

Du hast ja Gäste aus allen Regionen der Schweiz und auch aus dem Ausland. Welches traditionelle Menü tischst Du ihnen auf?

Mein «Überraschungsmenü» sieht wie folgt aus: Zuerst gibt es Bulzani mit Apfelmus und zwei Sorten Käse, ein scharfer und ein milder. Das wird direkt aus der Pfanne gegessen. Beim zweiten Gang sind meine «Männercapuns» an der Reihe – so wie sie vor circa 100 Jahren zubereitet wurden. Capuns waren einst saisonale Produkte und wurden

frisch von Juli bis in den Herbst serviert. Frische Capuns unterscheiden sich grundsätzlich von tiefgefrorenen, das gab es ja damals noch nicht. Auch frischer Rahm war nicht verfügbar, da die Kühe auf der Alp waren. Nach dem 2. Gang gehen wir rüber ins Museum und ich zeige verschiedene Utensilien, mit denen früher gearbeitet wurde. Gerne stelle ich Werkzeuge und Handwerksberufe in den Fokus, welche ausgestorben sind. Zum Schluss gibt es noch «Buglia dad aunghels», das heisst wörtlich übersetzt Engels-Brei. Das ist in gezuckertem Rahm aufgeweichtes Weissbrot. Dazu gibt es einen Kaffee oder Lutz. Wir haben auch verschiedene Schnäpse – natürlich alle authentisch gebrannt wie anno dazumal. Mit diesem Menü wird jeder satt und auch heikle Esser kommen auf ihre Kosten.

Was möchtest Du Deinen Gästen ausser einem feinen Essen noch mitgeben?

Während des Desserts und auch danach erzähle ich gerne von der «Tegia Rasuz» und ihrer Einrichtung. Wichtig ist, dass die Gäste verstehen, dass diese Hütte nicht das ganze Jahr bewohnt war. Mit einer Familie hätte man darin keinen Platz gehabt. Das sind für mich wichtige und authentische Details, die ich den Gästen unbedingt mitgeben möchte.

www.surselva.info/Grossvater-kocht

«Tegia Rasuz»

Julian Cathomas nimmt Sie mit auf eine Zeitreise und zeigt Ihnen in seiner «Tegia Rasuz» das Leben und die Traditionen seiner Vorfahren. Auf Wunsch werden seine Führungen nach telefonischer Vereinbarung auch mit währschaften Bauernspeisen kombiniert, zum Beispiel mit Bizochels, die nach obigem Rezept zubereitet werden. Die «Tegia Rasuz», das «lebendige» Museum, war ein baufälliges Maiensäss, das nach Brigels transportiert wurde und dort mit viel Liebe zum Detail originalgetreu wiederaufgebaut wurde.

Bizochels: ein einfaches Gericht, als es noch nicht täglich Fleisch gab.

Julian Cathomas, das Brigelser Original, lädt zum Gaumenschmaus – man nehme …

– 600g Weissmehl – 7 Eier – 1 Teelöffel Salz – 50 Gramm Rosinen – Wasser – 3 – 4 Kartoffeln – Geriebenen Käse – 150 Gramm Butter – Frischen Schnittlauch (fein gehackt)

Die Zutaten Mehl, Eier, Salz, Rosinen und Wasser zu einem eher straffen Teig zusammenmischen. Die Kartoffeln in Würfel schneiden und 15 Minuten in kochendes salziges Wasser geben. Danach einen Teil des Teigs auf ein Schneidebrett geben. Nun mit einem feuchten Messer kleine Teigstücke abschneiden und direkt ins kochende Wasser geben. Die Teigstücke kochen lassen, bis sie an der Oberfläche schwimmen. Die schwimmenden Teigstücke mit einem Sieb herausfischen und in eine Schüssel geben. Sobald die Schüssel mit der ersten Schicht bedeckt ist, kommt geriebener Käse darüber. Danach mit der zweiten Schicht fortfahren und den Vorgang wiederholen. Bei der letzten Schicht wird Schnittlauch darüber gestreut. In einer kleinen Pfanne wird die Butter flüssig gerührt und danach über die Bizochels gegeben. Dieses Gericht lässt sich vorzüglich mit Apfelmus kombinieren.

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