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Leichtathletik

Cynthia Reinle sprintet in Basel über 100 Meter zu SM-Silber Der Nachwuchs klopft an

WM-Medaillengewinnerin Mujinga Kambundji und Europas schnellste 100-Meter-Läuferin in diesem Jahr, Ajla Del Ponte, gehören derzeit zu den nationalen Sprint-Aushängeschildern. Hinter dem Duo ist mit Cynthia Reinle (TV Unterseen) eine 20-Jährige drauf und dran die Sprintszene aufzumischen.

Sie ist hinter Ajla Del Ponte (11,08) und Mujinga Kambundji (11,21) in dieser Saison die drittschnellste Schweizerin über die 100 Meter, und dies im zarten Alter von 20 Jahren. Cynthia Reinle vom Turnverein Unterseen gilt als hoffnungsvolle Sprinterin. Dies hat die Berner Oberländerin auch Mitte September an den Schweizer Leichtathletik-Meisterschaften der Aktiven in Basel mit ihrem zweiten Rang (11,65) über 100 Meter und dem Gewinn ihrer ersten Medaillen bei den Aktiven eindrücklich unter Beweis gestellt. «Ich bin sehr zufrieden mit dem Resultat», sagte Reinle. Sie sei mit dem Ziel, die Silbermedaille zu gewinnen, nach Basel gekommen. Dieser Plan ist aufgegangen. An der Saisonüberfliegerin Del Ponte (11,27) gab es auch für die amtierende U23-SchweizerMeisterin kein Vorbeikommen.

Foto: Thomas Ditzler

Saisonstart mit Bestleistung

Im vergangenen Jahr war Reinle die schnellste Schweizer U20-Athletin über die 100 Meter. Auf diese Saison hin musste sie sich altersbedingt von der U20-Kategorie verabschieden. Der Erfolg blieb ihr aber treu. Bereits an den Schweizer Hallenmeisterschaften im vergangenen Februar, an denen Reinle erstmals bei den Aktiven gestartet ist, lief sie über 60 Meter (7,43) hinter Del Ponte und Lea Sprunger mit persönlicher Bestleistung zur Bronzemedaille. Mit Silber über 200 Meter (24,38) setzte Cynthia Reinle auch in dieser Disziplin eine neue persönliche Bestmarke in der Halle. Kaum kam der Wechsel in die Freiluft-Saison, purzelte gleich am ersten Wettkampf in Langenthal ihre Bestzeit über 100 Meter. Mit 11,52 Sekunden steht sie in der U23-Jahreswertung europaweit in den Top 15. Ihre Bestleistung über 200 Meter verbesserte die 20-Jährige in diesem Jahr gar dreimal. Allein an den Schweizer Meisterschaften in Basel zweimal. Nach 24,12 Sekunden im Vorlauf fehlten ihr im Final winzige 0,01 Sekunden für eine weitere SMMedaille. Nachtrauern war bei Cynthia Reinle nach dem Rennen aber kein Thema. «Wenn du den Final mit einer neuen Bestleistung von 23,86 Sekunden absolvierst, musst du zufrieden sein, auch wenn es Rang 4 ist», so Reinle, die ihre Qualitäten vielmehr über die 100 Meter sieht: «Hier kann ich vom Start bis zur Ziellinie voll durch

Cynthia Reinle (Mitte) setzt an der SM in Basel ihren Aufwärtstrend fort. Die TV-UnterseenAthletin feiert ihre erste SM-Medaille bei den Aktiven.

ziehen.» Über 200 Meter fehle ihr derzeit auf den letzten 50 Metern jeweils noch etwas die Kraft. «Ein Faktor dafür ist sicher die Beinlänge», sagt sie. Ein weiterer Aspekt sei der Trainingsaufwand, der über diese Distanz noch nicht so gross ist wie über ihre eigentliche Lieblingsdisziplin, den 100-Meter-Sprint. So sei ihr Ziel an der SM in Basel über 200 Meter primär die Finalqualifikation gewesen.

Von eigener Leistung überrascht

Das TV-Unterseen-Mitglied, dass 2017 mit der U20-Sprintstaffel einen Schweizer Rekord aufgestellt hat, der nach wie vor existiert, legte in dieser Saison eine bemerkenswerte Steigerung hin. Nachdem sie sich im vergangenen Jahr bei ihrer zweiten Teilnahme an einer Schweizer Meisterschaft der Aktiven erstmals für die beiden Finals qualifizieren konnte, jedoch über beide Sprintdistanzen jeweils mit dem siebten Rang vorliebnehmen musste, mischte die U23- Athletin in diesem Jahr im Konzert der Aktiven kräftig mit. «Ich bin mir bewusst, dass diese Saison für alle sehr speziell war und dass auch in Basel viele starke Athletinnen nicht am Start gewesen sind.» Die Tatsache, dass in der Schweiz aber nur Del Ponte und Kambundji schneller waren, zeigt, welches Potenzial in Reinle steckt. Mit der SM in Basel ist für Reinle eine FreiluftSaison zu Ende gegangen, mit der sie sehr zufrieden ist: «Ich wollte diesen Sommer meine letztjährigen Resultate bestätigen», dass ihr dann gleich im ersten Wettkampf eine Bestleistung gelang, habe sie sehr überrascht. Was wiederum aber auch die Ansprüche an die eigene Leistung steigern liess. Die Ziele gehen Cynthia Reinle auch im Hinblick auf die nächste Saison nicht aus. «An den U23-Europameisterschaften möchte ich über 100 Meter und mit der Staffel im Final sein», sagt sie und träumt insgeheim auch von einer Selektion fürs Olympische Staffelteam in Tokio. Mitmischen im Konzert der Grossen – Cynthia Reinle ist auf dem besten Weg dorthin. Thomas Ditzler

Spektakuläre Bilder: Parkour– eine Trendsportart mit Zukunft.

Parkour – faszinierende Sportart und spektakuläre Bilder «Es benötigt nur ein Paar Schuhe»

Parkour – eine Trendsportart mit grossem Zuwachs und grosser Zukunft. In diesem Jahr wird die Disziplin als offizielles Sport-Angebot des STV aufgenommen. GYMlive hat dem Projektleiter Patrick Sumi die grundlegendsten Fragen gestellt.

Patrick, erkläre uns kurz deine Aufgabe als Projektleiter Parkour beim STV.

Patrick Sumi: Wir wollen, dass Parkour von möglichst vielen Sportlern in der ganzen Schweiz praktiziert werden kann. Dazu benötigt es eine gute Struktur, Ausbildungs- und Wettkampfprogramme. Um dies zu erreichen, hat der Schweizerische Turnverband ein Konzept für das Projekt und spätere Ressort Parkour erarbeitet. Meine Aufgabe ist nun die Ausführung und Weiterentwicklung dieses Konzeptes mit sämtlichen Aspekten vom Breiten- bis hin zum Leistungssport. Das heisst: Erstellen von Ausbildungsmaterialien, Organisieren von Wettkämpfen, Kommunikation mit den kantonalen Turnverbänden – beispielsweise für die Aufnahme von Parkour in den Vereinen – bis hin zur Anmeldung unserer Schweizer Topathleten an internationale Events.

Wo liegt für dich die Faszination an der Sportart Parkour?

Am meisten fasziniert mich die Vielfältigkeit dieser Sportart. Dem praktizierenden Sportler sind in der Bewegungsvielfalt keine Limiten durch vorgegebene Geräte oder Bewegungsregeln gesetzt. Gefällt mir eine Bewegung aus dem Breakdance, so nehme ich diese in mein Repertoire auf und passe sie so an, dass ich sie mit anderen Bewegungen in der Umgebung

kombinieren kann. Dadurch wächst die Sportart stetig. Weiter bin ich mit meiner Sportart ortsunabhängig. Wenn ich in die Ferien gehe, bedeutet das für mich nicht einen Trainingsunterbruch, sondern neue Möglichkeiten und Herausforderungen.

Welchen Unterschied gibt es zwischen Parkour und Freerunning?

Parkour wurde ursprünglich als Trainingsmethode entwickelt, bei der es darum geht, von einem Punkt zum nächsten zu gelangen. Dies unter Berücksichtigung der beiden Schlüsselprinzipien ‹Effizienz› und ‹Flüssigkeit›. Dabei werden verschiedenste Bewegungen wie Mauerüberwindungen, Rollen oder Schwünge praktiziert. Freerunning entwickelte sich aus dieser Trainingsmethode und löste sich von dem Prinzip der Effizienz. Stattdessen wurden akrobatische und stylische Formen implementiert wie beispielsweise Salti oder ‹Wallspins›. Der Einfachheit halber folgt der STV dem Beispiel des Internationalen Turnerbundes FIG und verwendet ‹Parkour› als Oberbegriff für alle aus der Trainingsmethode entstandenen Bewegungsformen. Dementsprechend werden im Training auch Bewegungsformen und Herausforderungen aus allen mit Parkour assoziierten Sportarten zu finden sein. Die ursprüngliche Differenzierung ist im STV noch in den zwei Hauptwettkampfdisziplinen zu finden. Diese sind ‹Parkour Speed›, möglichst rasch einen Hindernisparcours zu überwinden, und ‹Parkour Freestyle›, möglichst stylisch das Können auf einer selbstgewählten Route zu präsentieren.

Was zeichnet einen guten «Traceur», sprich Parkour-Läufer, aus?

Um Parkour zu trainieren, benötigt es keine speziellen Voraussetzungen. Die Sportart ist für jedermann und -frau. Für jede Altersstufe, egal ob man eine Stunde oder acht Stunden pro Woche trainieren möchte. Allgemein benötigt ein guter Parkour-Athlet eine gute Selbsteinschätzung und Respekt vor Mitmenschen und Umwelt. Sobald man in den Bereich Leistungssport kommt, gelten dieselben Prinzipien wie bei anderen Sportarten auch: der Trainingsumfang, Trainingsinhalt, das Talent und das Umfeld machen schlussendlich die Differenz aus.

Wie verbreitet ist Parkour in der Schweiz und wo stehen wir im internationalen Vergleich?

In der Schweiz gibt es verschiedenste Gruppierungen und Vereine, welche Parkour praktizieren und auch unterrichten. Bis vor kurzem gab es aber keine Wettkampfserie in der Schweiz. Gruppenübergreifende Events fanden eher in Form von sogenannten ‹Jams› statt, bei denen man sich trifft, austauscht, gemeinsam trainiert und Spass hat. Trotzdem gibt es einige Schweizer Athleten, die an internationalen Wettkämpfen teilnahmen und sich dabei einen Namen

Patrick Sumi, Projektleiter Parkour, ist beim STV Dreh- und Angelpunkt zum Thema.

machen konnten. Zum Beispiel ist der letztjährige Speed-Gesamt-Weltcupsieger der Basler Christian Harmat.

Wie kann ein Turnverein Parkour am einfachsten in seine Turnstunden integrieren?

Als Erstes benötigt der Verein Trainer, welche etwas von Parkour verstehen. Zu diesen kommt man auf zwei Arten: 1. Interessierte Vereinsmitglieder bilden sich weiter, indem sie beispielsweise Einführungskurse besuchen, welche vom STV direkt, an

Veranstaltungen wie dem ‹Gym’n’Move› oder von kantonalen Turnverbänden angeboten werden. Weiter lassen sich heutzutage leicht

Online-Lehrmittel wie etwa Tutorials bei

Youtube finden. 2. Der Verein lädt Experten aus bereits bestehenden Parkour-Gruppen ins Training ein oder fusioniert bestenfalls mit einer solchen, um eine neue Parkour-Riege zu eröffnen.

Wo kann man Parkour betreiben und benötigt es eine bestimmte Ausrüstung?

Parkour kann man überall, drinnen oder im Freien, betreiben. Das Einzige, was man benötigt, sind ein Paar Schuhe. Mit dem richtigen Wissen kann man fast alles auch ausserhalb der Halle auf sichere Weise erlernen. Am besten trainiert man dabei auf öffentlich zugänglichen Anlagen und meldet die Trainingsgruppe an den entsprechenden Stellen an, wie beispielsweise beim Abwart eines Schulhauses. Geht man respektvoll mit den Menschen und der Umgebung um, hinterlässt den Platz sauber und intakt, so wird man an den meisten Orten auch geduldet. Immer mehr gibt es auch überdeckte oder freistehende Trainingsparks, welche extra für die Sportart Parkour gebaut wurden. Genauso gut kann man auch in der Halle trainieren. Matten oder mobile Hindernisse helfen etwa beim Erlernen einer Bewegung. Der Kreativität sind beim Erstellen von Trainingsanlagen oder Hindernissen fast keine Grenzen gesetzt. Ich persönlich bin der Meinung, dass man dabei jedoch nicht vergessen sollte, dass die Sportart ursprünglich von der Strasse kommt.

Mit Hilfestellung lassen sich Bewegungsabläufe gut «trocken» üben.

Parkour in Kürze Ziele, Anforderungen, Disziplinen

Ziel von Parkour: Mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers möglichst effizient von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Der Parkour-Läufer («Traceur») bestimmt seinen eigenen Weg durch den urbanen oder natürlichen Raum. Es wird versucht, sich in den Weg stellende Hindernisse durch Kombination verschiedener Bewegungen so effizient wie möglich zu überwinden. Im Parkour gibt es nicht den einen richtigen Weg, sondern unendlich viele verschiedene Wege, an sein Ziel zu kommen.

Disziplinen/Bewertung: Beim STV gibt es zwei Disziplinen. In der Disziplin «Speed» geht es um die Geschwindigkeit. Es wird gemessen, wer am schnellsten einen vorgegebenen Hindernisparcours absolvieren kann. Ein wenig komplexer ist die Disziplin «Freestyle». Dabei zeigen die Athleten ihr Können auf einer selbstgewählten Route, wobei die Ausführung, Komposition und Schwierigkeit von einer mehrköpfigen Jury bewertet wird.

Was braucht es: Für das erfolgreiche Überwinden der Hindernisse wird Kondition (Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Schnelligkeit) sowie Koordination (Gleichgewichts-, Orientierungs-, Differenzierungs-, Reaktions- und Rhythmisierungsfähigkeiten) abverlangt. Ebenso wichtig sind die psychischen Fähigkeiten, unter anderem Kreativität, Selbstvertrauen, Mut, Konzentration und die Körperwahrnehmung. Nicht zuletzt sind die Grundelemente wie Balancieren, Laufen, Klettern, Drehen, Springen und Landen eine wichtige Basis für das Ausüben des Sportes. ahv

Worauf müssen Anfänger besonders achten?

Das Wichtigste ist die Sicherheit. Auf den sozialen Medien findet man Videos von Athleten mit langjähriger Erfahrung, welche spektakuläre ‹Moves› und riesige Sprünge vorführen. Als Anfänger ist es gut, Vorbilder zu haben. Aber noch wichtiger ist es, sich bei Herausforderungen nicht zu überschätzen und die Kondition und Koordination gut aufzubauen. Vorübungen gewissenhaft repetieren, bevor es zu schwierigeren Bewegungen geht. Am besten holt man sich bei länger praktizierenden Athleten parkourspezifisches Wissen.

Und zum Schluss: Ab wann wird es am Eidgenössischen Turnfest einen ‹Fachtest Parkour› geben?

Ich denke, wir benötigen noch ein bis zwei Jahre, bis genügend kantonale Turnverbände Parkour aufgenommen haben. Im Grunde steht danach nichts mehr im Wege (schmunzelt).

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