Wasser Energie Luft 1/2022

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1-2022

10. März 2022

Barrage de Moiry (Bild: Alpiq)

Temperatureinflüsse in Fliessgewässern Baulich-morphologische Optimierungen Qualitätssteigerung von Hochwasserabschätzungen


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WEL 4-2022

WEL 3-2021

WEL 2-2021

WEL 1-2021

WEL 4-2020

WEL 3-2020

WEL 2-2020

WEL 1-2020

WEL 4-2019

WEL 3-2019

WEL 2-2019

WEL 1-2019

WEL 4-2018

WEL 3-2018

WEL 2-2018

WEL 1-2018


Editorial Die Wasserwirtschaft vor 100 Jahren

Andreas Stettler Geschäftsführer SWV, Directeur ASAE

Die angespannte Situation in Europa, bei welcher geo­ politische und energiepolitische Zusammenhänge stark verflochten sind, wirkt sich in vielerlei Hinsicht auch negativ auf die Schweiz aus. Dahingehend kann positiv bewertet werden, dass die Thematik der Ver­ sor­gungssicherheit, ohne Eintreten eines Blackouts, immer mehr in den Fokus rückt. Nebst der Debatte zum Mantelerlass und gestarteter Vernehmlassung zur Verfahrensbeschleunigung soll bereits im nächsten Winter mittels einer vorgezogenen Revision der Energieverordnung die Speicherreserve aus Wasser­ kraftwerken eingeführt werden. Es wird zunehmend an­ erkannt, dass die Versorgungssicherheit für unser Land ein zentrales Gut ist, wie es Bundesrätin Sommaruga an einer Medienkonferenz schilderte. Trotz dieser span­ nenden und gleichzeitig für unsere Aktivitäten herausfordernden Situation gestatten wir uns in dieser Aus­ ga­be, mit zwei Artikeln einen Blick auf die Zeit vor 100 Jahren zurückzuwerfen.

Die Geodäsie nahm ihren Ursprung bei der Ver­mes­ sung von Talsperren, welche in jener Zeit an Höhe stark zunahmen. An der Talsperre Montsalvens wurde sie erstmalig angewandt. Noch heute ist sie, selbstverständlich in weiterentwickelter Form, für die Über­ wachung der Talsperren eine wichtige Grundlage. Mit der Digitalisierung unserer Fachzeitschrift, welche im Jahr 1908 zum ersten Mal un­ter dem Titel «Schweizer Wasserwirtschaft» erschie­nen ist, übernehmen wir einen Artikel aus dem Jahr 1922. Auch im Bereich des Wasserbaus können wir eine starke Weiter­entwicklung feststellen, finden wir im damaligen Artikel doch Be­griffe wie «das Gerade­ziehen von Gewässern» oder «das vollständige Abpfläs­tern von Sohle und Böschungen». Als Beispiele der Weiter­ent­ wicklung finden Sie in dieser Ausgabe interessante, aktuelle Beiträge zur Ökologisierung des Wasserbaus. Welche aktuellen Entwicklungen werden wohl in 100 Jahren über das Jahr 2022 geschildert?

L’aménagement des eaux il y a 100 ans La situation tendue en Europe, où les contextes géopolitiques et énergétiques sont fortement imbriqués, a aussi à bien des égards des répercussions négatives sur la Suisse. Le fait que le thème de la sécurité de l’approvisionnement, sans apparition d’un blackout, soit de plus en plus mis en avant peut être considéré comme positif. Outre le débat sur le décret et le début des consultations pour accélérer la procédure, la réserve de stockage des centrales hydroélectriques doit être introduite dès l’hiver prochain par le biais d’une révision anticipée de l’ordonnance sur l’énergie. Il est de plus en plus reconnu que la sécurité d’approvisionnement est un bien essentiel pour notre pays, comme l’a décrit la conseillère fédérale Sommaruga lors d’une conférence de presse. Malgré cette situation à la fois passionnante et exigeante pour nos activités, nous prenons la liberté dans ce numéro de jeter un coup d’œil rétrospectif 100 ans en arrière à travers deux articles. La géodésie a ses origines dans la mesure des barrages, dont la hauteur augmentait fortement à l’époque. C’est au barrage de Montsalvens qu’elle a

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

été appliquée pour la première fois. Aujourd’hui encore, elle constitue une base importante pour la surveillance des barrages, bien entendu sous une forme plus élaborée. Avec la numérisation et la publication de notre revue spécialisée Eau énergie air, parue pour la première fois en 1908 sous le titre « Schweizer Wasser­ wirt­schaft », nous reprenons un article datant de 1922. Nous pouvons également constater une forte évolution dans le domaine de l’aménagement hydraulique, puisque nous trouvons encore dans l’article de l’époque des termes tels que « le redressement en ligne droite des cours d’eau » ou « le pavage complet du lit et des remblais ». Comme exemples d’évolution, vous trouverez dans ce numéro des articles intéressants et actuels sur l’écologisation de l’aménagement hydraulique. Quels développements actuels seront encore décrits dans 100 ans à propos de l’année 2022 ?

III


Inhalt 1 / 2022

1

ie halten wir unsere Fliessgewässer kühl? W Untersuchung und Visualisierung von Temperatureinflüssen, Ableitung von Massnahmenvorschlägen

Matthias Mende, Pascal Sieber

9

Kleinräumige baulich-morphologische Massnahmen in der Schwall-Sunk-Sanierung: Wirksamkeit für das Makrozoobenthos?

Nathalie Friese, Christine Weber, Cristina Rachelly, Volker Weitbrecht, Nico Bätz

18

1

esures morphologiques ponctuelles dans le M cadre de l’assainissement des éclusées : quels bénéfices pour le macrozoobenthos ?

Nathalie Friese, Christine Weber, Cristina Rachelly, Volker Weitbrecht, Nico Bätz

29

ydrologische Grundlagen und Qualitäts­ H sicherung  –  Eine Auslegeordnung und Empfehlungen

Kommission für Hochwasserschutz, Wasserbau und Gewässerpflege (KOHS), Arbeitsgruppe «Hydrologische Grundlagen und Qualitätssicherung»

32

9

. Interalpine Energie- und Umwelttage in Mals 4 (21.– 22.Oktober 2021): Wasserkraft im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und Gewässerschutz Bettina Geisseler

29

IV

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Inhalt 1 / 2022

33

ie kann soziale Gerechtigkeit im Hoch­ W wasser­risikomanagement umgesetzt werden? Eine Gegenüberstellung von Gerechtigkeits­ konzepten und Umsetzungspraxis in England und Österreich Thomas Thaler, Sebastian Seebauer

39

39

undert Jahre Talsperrenvermessungen in der H Schweiz

43

as «WEL» vor hundert Jahren: D Ueber Sohlensicherungen an Vorflutkanälen und kleinen Gewässern

Adrian Wiget

ipl. Ing. O. Schaub; Schweizerische Wasser­ D wirtschaft, Band 14 (1921 – 1922), Seite 85 ff; https://dx.doi.org/10.5169/seals-920296

45

45

ontributions aux investissements pour trois C grands projets hydroélectriques approuvées

47

Nachrichten

SWV, Georges-Alain Zuber

47 Politik 49 Energiewirtschaft 49 Wasserkraftnutzung 52 Gewässerschutz 53 Veranstaltungen 53 Agenda 54 Personen 54 Publikationen 54 Zeitschriften

56 59 59

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Publireportage

Impressum

Branchen-Adressen

V


KOHS-Tagung 2022

Dritte Rhonekorrektion )R3( – die e R alisierung in Visp nimmt Formen an Donnerstag / Freitag, 12. / 13. Mai 2022 Visp (VS)

Symposium CIPC 2022

correction du Rhn ô e )3R( – le projet prend forme à Viège è me

Anmeldung | Inscription Anmeldungen bitte über die Webseite www.swv.ch. Die Teil ­nehmer ­zahl ist begrenzt. Wir berücksichtigen die Teilnahme in der Reihenfolge der Anmeldungen. www.swv.ch.

Jeudi / vendredi, 12 / 13 mai 2022 Viège (VS)

Mittwoch, 19. Januar 2022 16:00 bis 18:00 Uhr OST, Rapperswil

Exkursion: Physikalisches Modell Murgangausleitung Lienz Davood Farshi, OST, Rapperswil (Anmeldung erforderlich)

Mittwoch, 16. Februar 2022 17:00 bis 18:00 Uhr Repower AG, Landquart

Umgang mit Risiken aus Naturgefahren – heute für die Zukunft planen Dörte Aller, Präsidentin PLANAT / Aller Risk Management, Zürich

Mittwoch, 23. März 2022 17:00 bis 18:00 Uhr Repower AG, Landquart

Wasserkraftstrategie des Kantons Graubünden Thomas Schmid, Amt für Energie und Verkehr Graubünden, Chur

Mittwoch, 27. April 2022 16:00 bis 18:00 Uhr Dornbirn, AT

Exkursion: Wasserbauliche Modellversuche für das Hochwasser­schutzprojekt Rhesi Markus Mähr, Markus Schatzmann, Bernhard Valenti, IRR, St. Margrethen (Anmeldung erforderlich)

Mittwoch, 1. Juni 2022 15:00 bis 17:00 Uhr Bregenz, AT

Exkursion: Bregenzerach Hochwasserschutz Bregenz-Hard im Spannungsfeld komplexer Randbedingungen Gerhard Huber, Amt der Vorarlberger Landesregierung, Bregenz

Mittwoch, 1. Juni 2022 17:00 bis ca. 19:30 Uhr Bregenz, AT

Generalversammlung Rheinverband, anschl. Abendessen Michelangelo Giovannini, Präsident Rheinverband (Anmeldung erforderlich)

Veran

Das Programm und die Detailinformationen zu den einzelnen Veranstaltungen stehen auf der Web­­seite www.rheinverband.ch zur Verfügung. Dort finden sich auch Angaben zu Einzel- oder Kollektiv­mitgliedschaften beim Rheinverband.

VI

Vortragsprogramm 2022

3

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Wie halten wir unsere Fliessgewässer kühl? Untersuchung und Visualisierung von Temperatureinflüssen, Ableitung von Massnahmenvorschlägen Matthias Mende, Pascal Sieber

Zusammenfassung

Resumé

Die aktuellen Klimaszenarien zeigen, dass die sommerlichen Temperaturen bis 2060 gegenüber dem Referenzzeitraum 1981 bis 2010 um 2,5 bis 4,5 °C zunehmen werden (NCCS, 2021). Die zusätzliche Verschärfung dieser Prognosen durch häufigere Trockenperioden und Hitzewellen waren der Anlass für vertiefte Untersuchungen der Temperatureinflüsse in unseren Fliessge­ wäs­sern. Die Untersuchungen umfassten die Messung und Aus­ wer­tung der Wassertemperaturen in vier kleinen bis mittleren Fliessgewässern in einer Hitzeperiode im Sommer 2019. Erst­ mals konnte dabei der Temperaturverlauf über nahezu die ge­ samte Gewässerlänge quantifiziert und dargestellt werden. Bei den kleineren Fliessgewässern (Erusbach AG, Jonen ZH, Wyna AG) ändert sich die Wassertemperatur kleinräumig in Abhängigkeit von lokalen Einflussfaktoren. Der Be­schat­ tungsgrad ist hierbei der wichtigste Faktor. Starke Be­schat­ tung (ca. 70 bis 100 Prozent Beschattung) durch Be­wuchs oder auch Eindolungen bewirkt eine deutliche Ab­küh­lung. Lokal konnten im Wald Abkühlungen bis zu ΔT = -3,8 °C auf 300 m Gewässerlänge festgestellt werden. Die Sihl, das grösste untersuchte Gewässer, zeigte im un­ tersuchten Längsverlauf (36 km) zunächst eine generelle Tem­ peraturzunahme, auf den unteren 17 km bis zur Mündung dagegen eine konstant hohe Temperatur von 25 bis 26 °C. Eine Unstetigkeit im Temperaturverlauf zeigte sich in der Rest­was­ serstrecke des Ausleitungskraftwerks Waldhalde. Hier nahm die Temperatur mit ΔT = +4,7 °C auf 4500 m Gewässerlänge weit stärker zu als unterhalb der Wasserrückgabe. Mit einer ähn­lichen Verschärfung des Hitzestresses ist bei ausgebau­ten Gewässern ohne Niederwassergerinne zu rechnen, bei denen sich in Hitzeperioden ebenfalls wenig Abfluss auf grosser Breite verteilt. Die Ergebnisse der Untersuchungen decken sich weitge­ hend mit den Erfahrungen anderer Autoren. Sie zeigen, dass auch in der Schweiz bereits heute an kleinen und mittleren Ge­wässern eine Verringerung der Wassertemperatur im Be­ reich von 4 bis 5 °C möglich ist. Lebendige Fliessgewässer mit unter anderem intakten Forellen- und Äschenbeständen sind somit trotz Klimawandel möglich.

Les scénarios climatiques actuels montrent que les températures estivales augmenteront de 2,5 à 4,5 °C d’ici 2060 par rapport à la période de référence 1981 – 2010 (NCCS, 2021). L’aggravation supplémentaire de ces prévisions par l’augmentation des périodes de sécheresse et des vagues de chaleur a été l’occasion de mener des études approfondies sur l’influence de la température dans nos cours d’eau. Ces études ont consisté à mesurer et à évaluer les températures de l’eau dans quatre cours d’eau de petite à moyenne taille pendant une période de canicule en été 2019. Pour la première fois, l’évolution des températures a pu être quantifiée et représentée sur presque toute la longueur du cours d’eau. Dans les cours d’eau plus petits (Erusbach AG, Jonen ZH, Wyna AG), la température de l’eau varie à petite échelle en fonction de facteurs d’influence locaux. Le degré d’ombrage est ici le facteur le plus important. Un ombrage important (env. 70 à 100 % d’ombre) dû à la végétation ou à la mise sous tuyau provoque un net refroidissement. Localement, des refroidissements allant jusqu’à ΔT = -3,8 °C sur 300 m de cours d’eau ont pu être constatés en forêt. La Sihl, le plus grand cours d’eau étudié, a d’abord présenté une augmentation générale de la température sur son cours longitudinal (36 km), puis une température élevée et constante de 25 à 26 °C sur les 17 km inférieurs jusqu’à son embouchure. Une discontinuité dans l’évolution de la température est apparue dans le tronçon à débit résiduel de la centrale de dérivation de Waldhalde. Ici, la température a augmenté avec ΔT = +4,7 °C sur 4500 m de cours d’eau, bien plus qu’en aval de la restitution d’eau. Il faut s’attendre à une aggravation similaire du stress thermique dans les cours d’eau aménagés sans lit d’étiage, pour lesquels, en période de canicule, un petit débit se répartit également sur une grande largeur. Les résultats de ces études coïncident en grande partie avec les expériences d’autres auteurs. Ils montrent qu’en Suisse aussi, une réduction de la température de l’eau de l’ordre de 4 à 5 °C est déjà possible sur les petits et moyens cours d’eau. Des cours d’eau vivants avec, entre autres, des populations de truites et d’ombres intactes sont donc possibles malgré le changement climatique.

1.  Problemstellung und Zielsetzung Die Wassertemperatur ist ein Schlüssel­ faktor für den ökologischen Zustand der Fliessgewässer. Sie beeinflusst eine Viel­ zahl biologischer, physikalischer und che-

mischer Prozesse und wirkt sich somit direkt oder indirekt auf alle im Wasser lebenden Orga­nis­men aus. In heissen Sommern und insbe­son­de­ re an Hitzetagen sind die Wirbellosen und die Fische wie z. B. die Bachforelle und die

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Äsche besonders von Änderungen der Was­sertemperatur betroffen. Als kritisch gelten für Bachforellen Temperaturen von über 19,0 °C (Elliot et al., 1995) bzw. 19,5 °C (Spees, 2015). Ab diesen Temperaturen stellen die Fische die Nahrungsaufnahme 1


ein, leiden Stress und werden anfälliger für Krankheiten. Temperaturen von 25 °C sind sowohl für die Äsche als auch die Bach­ forelle bereits bei kurzzeitiger Überschrei­ tung tödlich (Elber et al., 2019). Die Gründe für die bereits heute meist unnatürlich hohen Wassertemperaturen sind vielfältig, zum Beispiel:

• Fehlende oder unzureichende Beschat­ tung der Gewässer. • Überbreite Niedrig- und Mittel­wasser­ profile (Bild 1). • Grossflächige Entwässerung der Böden (z. B. durch Versiegelung, Bodenverdichtung, Drainagen) führt zur Absenkung des Grundwasser­

Bild 1: Querprofile vom Ausbau der Kupfer in Kupferzell (Baden-Württemberg). Blau: Ausgangszustand mit ausgeprägtem Niederwassergerinne; Rot: Ausbau­ zustand mit überbreitem Niedrig- und Mittelwasserprofil. Einzugsgebietsfläche [km2]

Sohlenbreite [m]

Untersuchte Länge [km]

Abfluss [m3/s] Q182 / Q347

Sihl

343

20 – 40

36

4,3 / 2,7

Jonen

43

3 –10

20

0,386 / 0,115

Wyna

92

5 –12

14

0,963 / 0,324

Erusbach

24

1– 6

11

k.  A.

Tabelle 1: Kennzahlen der untersuchten Fliessgewässer. Die Abfluss-Angaben beziehen sich auf die hydrologischen Messstandorte Sihl, Sihlhölzli (Stations-Nr. 2176); Jonen, Zwillikon (574); Wyna, Unterkulm (0334). Vom Erusbach sind keine Messdaten verfügbar.

spiegels und ausgeprägten Niedrig­ wasserabflüssen. • Grossflächige, oft standortfremde Nadelbaumforste anstelle naturnaher Laubwälder. Generell erwärmen sich Nadelbaumforste deutlich stärker als Laubwälder (z. B. NABU, 2020). Der Klimawandel verstärkt diese Prozesse, da er neben der Temperaturerhöhung auch zu ausgeprägteren Niedrigwasser­situa­tio­ nen führt. Das Ziel des hier beschriebenen Pro­jekts «Temperaturverlauf in Fliessgewäs­sern» (Mende & Sieber, 2020) war es, die Tem­pe­ra­ ­tur im Gesamtverlauf von Fliess­ge­wäs­sern zu messen und bildhaft darzustellen, um so folgende Fragen beant­wor­ten zu können: • Wie verändert sich die Wasser­tem­ peratur im Längsverlauf eines Fliess­ gewässers zu verschiedenen Tages­ zeiten eines Hitzetags (T ≥ 30 °C)? • Welchen Einfluss haben verschiedene Faktoren (z. B. Beschattung durch Vegetation, seitliche Zuflüsse, Ein­ leitung von geklärtem Wasser (ARA), Eindolungen, Gewässerstruktur etc.) auf die Wassertemperatur? Auf diese Weise soll das Bewusstsein für Temperaturprozesse in Fliessgewässern und für die Wirkung von Massnahmen zur Abkühlung geschärft werden. Der Fokus liegt hierbei auf den Bächen und kleinen Flüssen, die natürlicherweise meistens durch einen Kronenschluss der Ufer­ge­ hölze gekennzeichnet wären. Sie stellen etwa 80 Prozent unserer Fliessgewässer­ längen (Tent, 2011). Für ihre Bewohner sind hohe Wassertemperaturen besonders gra­ vie­­rend. 2. Methodik 2.1 Untersuchungsgebiet Es wurden vier Fliessgewässer in den Kan­ tonen Aargau (AG) und Zürich (ZH) in ihrem Längs­verlauf analysiert: Sihl (ZH), Jonen (ZH), Wyna (AG), Erusbach (AG)(Tabelle 1). Die Auswahl der Gewässer erfolgte gut­ achterlich im Hinblick auf die Fragestellung und in Absprache mit den Fachstellen der Kantone Aargau und Zürich. Logistische Gründe (Erreichbarkeit) spielten auch eine Rolle bei der Auswahl. Bild 2 zeigt eine Übersicht über die untersuchten Gewässer­ abschnitte.

Bild 2: Übersicht der untersuchten Fliessgewässerstrecken mit Standorten der Abflussmessstationen und von Temperatur-Messstationen von MeteoSchweiz. (Quelle: swisstopo). 2

2.2 Eingesetzte Messinstrumente Für die Messungen wurden 110 Tempe­ra­ turlogger der Marke HOBO® Water Temp

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Bild 4: Temperaturverlauf in der Jonen am 26. Juli 2019 am Beispiel der Zeitpunkte 6 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr. Der Zufluss der Jonen ist mit einem blauen Pfeil gekennzeichnet (Fliessverlauf von rechts nach links). Pro v2 der Firma Onset eingesetzt. Alle 110 Logger wurden auf ihre Funk­tions­tüch­tig­ keit überprüft und fehlerhafte Daten­logger ausgemustert.

gerichtet wurde. Zur Verhinderung einer Erwärmung durch direkte Sonnenein­strah­ lung wurden die Logger mit einer hellgrauen Sonnenabdeckung versehen.

2.3 Vorgehen, Ablauf der Messungen Zur Befestigung der Datenlogger wurde ein 60 cm langer Metallstab in die Bach­ sohle geschlagen, an dem der Logger mittels Briden fixiert und in Fliessrichtung aus­

2.4  Messungen an den Fliessge­ wässern Die Messungen wurden während Hitze­pe­ rioden vom 20. Juli bis 2. September 2019 vorgenommen:

• Sihl: 9. August, 0.00 Uhr bis 13. August 2019, 23.55 Uhr • Jonen: 23. Juli, 0.00 Uhr bis 31. Juli 2019, 23.55 Uhr • Wyna: 26. Juli, 0.00 Uhr bis 10. August 2019, 23.55 Uhr • Erusbach: 20. Juli, 0.00 Uhr bis 31. Juli 2019, 23.55 Uhr Für die Auswertungen wurden die Tage mit den höchsten Wassertemperaturen aus­ gewählt. Die maximalen Lufttemperaturen lagen bei den Meteo-Schweiz-Mess­sta­ tionen Mosen und Cham zwischen 33 und 35 °C (Erusbach, Jonen, Wyna) und ca. 31 °C bei der Station Wädenswil (Sihl). Das Messintervall betrug fünf Minuten. 3. Ergebnisse

Bild 3: Temperatur-Längenprofile für Erusbach, Sihl, Jonen und Wyna jeweils um 8:00 Uhr (gestrichelte Linien) und um 18.00 Uhr (durchgezogene Linien; primäre Y-Achse). Als 0-Punkt ist der oberste Datenlogger definiert. Auf der sekundären Y-Achse (rechts) sind die Temperaturdifferenzen zwischen 8.00 und 18.00 Uhr dargestellt. Die Messungen an den vier Gewässern erfolgten nicht am gleichen Tag. «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

3.1  Thermische Charakteristika der untersuchten Gewässer Bei den untersuchten Fliessgewässern zeig­ ­te sich mit Ausnahme des Erusbachs eine ge­nerelle Temperaturzunahme in Fliess­rich­ tung (positiver Temperaturgra­dient). Dieser Gra­dient konnte zu jeder Tageszeit festge­ stellt werden. Dennoch ist der Tempera­tur ­ver­­lauf in Fliessrichtung ins­besondere bei den kleineren Fliess­ge­wässern Erusbach, Jonen und Wyna sehr inhomogen und zeigt auch negative Gra­dienten (Abkühlung). Die Tem­ pe­ratur ändert sich in Abhängigkeit von den lokalen Einflussfaktoren relativ kleinräumig. 3


Am späten Nachmittag (Bild 3, 18.00) wird die kritische Temperatur von Bachforelle und Äsche von 19,0 bzw. 19,5 °C (s. o.) mit Ausnahme des Erusbach an den untersuchten Gewässern quasi durchgängig überschritten. Die Letaltemperatur der genannten Arten wird in der Wyna und dem Erusbach durchgehend unterschritten, in der Jonen jedoch kleinräumig und in der Sihl sogar über fast die Hälfte der untersuchten Strecke überschritten. Die gemessenen Temperaturverläufe wurden zur Verdeutlichung der Prozesse auch in Situationsplänen dargestellt. Bild 4 zeigt beispielhaft den Temperaturverlauf in der Jonen zu verschiedenen Uhrzeiten am 26. Juli 2019. Die Lage der Datalogger ist jeweils durch einen schwarzen Punkt gekennzeichnet, danebenstehend findet sich die gemessene Wassertemperatur zur genannten Zeit. Zwischen den Mess­ punk­ten wurden die Temperaturen linear interpoliert und jeder Temperatur eine Farbe zugeordnet. Somit ist die Temperaturent­ wick­lung in Fliessrichtung und auch im Tagesverlauf schnell ersichtlich. Das Beispiel der Jonen zeigt einen he­te­ rogenen Temperaturverlauf im Längs­ver­lauf. Die obersten drei Messpunkte wur­den im Mülibach gesetzt, weil dieser Ab­schnitt ka­ nal­artig und unbeschattet verläuft und des­ halb für die Fragestellung in­teressant war. Es finden auf der gesamten untersuchten Strecke immer wieder Ab­küh­lungs- und Er­ wärmungstendenzen statt. Die höchsten Temperaturen wurden etwas unterhalb von Affoltern am Albis gemes­sen. In diesem Be­ reich wurde die Letal­tempe­ra­tur von Äsche und Forelle überschritten, er ist entspre­ chend in rot und orange dargestellt. Loka­le Erwärmungs- und Abkühlungser­schei­nun­ gen sind sehr ausgeprägt. 3.2 Tagesverlauf der Wasser­ temperatur Der zeitliche Verlauf der Temperatur­ent­ wick­­lung war bei allen Gewässern sehr ähnlich: • Minimalwerte treten in den frühen Morgenstunden kurz nach Sonnen­ aufgang auf (ca. 6.00 bis 8.00 Uhr) • Maximalwerte treten am späten Nach­mittag bis frühen Abend auf (ca. 16.00 bis 20.00 Uhr). Eine Ausnahme bildet die Sihl, das grösste untersuchte Ge­wässer. Hier treten die höchsten Temperaturen aufgrund von Tempe­ra­tur­drift (Kap. 3.3) im unteren Projekt­perimeter teilweise später auf (ca. 22.00 Uhr). • Zwischen den Minimal- und Maxi­ malwerten erfolgt ein meist sinuskurvenförmiger Anstieg bzw. Abfall. 4

Bild 5: Mülibach (seitlicher Jonenzufluss) am 26. Juli 2019 um 18.00 Uhr (rechts: Temperatur in °C).

Bild 6: Gegenüberstellung der Beschattungskarte des Kantons Aargau (links) und der Wassertemperatur im Erusbach (rechts) zwischen Bettwil und Sarmenstorf am 24. Juli 2019 um 18.00 Uhr (Temperatur in °C). Der Messpunkt E_a_06 liegt oberhalb des seitlichen Zuflusses. • Die täglichen Temperaturamplituden liegen zwischen 1 bis 5 °C. Für die Sihl wurden Spitzenwerte von über 8 °C gemessen (Bild 3). 3.3 Temperaturdrift Eine Temperaturdrift, also die Verlagerung ei­nes Wasservolumens einer bestimmten Temperatur in Fliessrichtung, findet grund­ sätzlich immer statt. Sie ist umso ausge­ prägter, je grösser der Massentransport, also der Abfluss ist. Die Temperaturdrift wird jedoch von lokalen Einflussfaktoren wie beispielsweise der Beschattung bisweilen stark überlagert.

3.4  Wirkung der Einflussfaktoren 3.4.1  Beschattung durch Ufergehölze und Hochstauden Für den Kanton Aargau liegt eine Beschat­ tungskarte der Fliessgewässer vor. Das Mass der Beschattung reicht von «keine Beschattung» (0 Prozent Beschattung) bis «starke Beschattung» (100 Prozent) unterteilt in neun Kategorien. Für die Jonen und die Sihl (beide Kanton Zürich) liegen keine GIS-basierten Beschattungskarten vor. Die Beurteilung erfolgte visuell anhand von Orthofotos.

Bild 7: Lineare Regression für die gemessene Wassertemperatur des Erusbachs um 16 Uhr (24. Juli 2019) in Abhängigkeit des Beschattungsgrads beim Mess­ punkt gemäss Beschattungskarte des Kt. AG (1 = starke Beschattung; 9 = keine Beschattung). Das Bestimmtheitsmass liegt bei 68 Prozent und zeigt eine relativ hohe Anpassung der Regression an die Datenpunkte (Signifikanzniveau < 0,05). *Den Autoren ist bewusst, dass Temperaturdifferenzen i.  d.  R. in «Kelvin» angegeben werden. Da die Studie einen möglichst breiten Leserkreis ansprechen soll, wurde hier die eher populärwissenschaftliche Bezeichnung «Grad Celsius» gewählt. «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Fehlende oder geringe Beschattung (0 bis 40 Prozent) Das Wasser des Mülibachs (Zufluss zur Jonen) tritt am Beginn des Projektgebiets beim Messpunkt J_a_01 um 18.00 Uhr mit 15,9  °C vergleichsweise kühl aus einer 600 m langen Eindolung aus. Auf der nur ca. 1,8 km langen, im Landwirtschafts­ge­biet gelege­ nen und weitgehend unbe­schatteten Stre­

cke bis zum übernächsten Messpunkt findet eine starke Erwärmung auf 21,4 °C statt (ΔT* = +5,5 °C um 18.00 Uhr; Bild 5). Mittlere bis starke Beschattung (60 bis 100 Prozent) Eine mittlere bis starke Beschattung (gelb bis dunkelgrün gemäss Beschattungs­karte des Kantons Aargau, entspricht 60 bis 100

Bild 8: Erusbach am 24. Juli 2019 um 16.00 Uhr. Linke Abbildung: rot = eingedolt. (rechts: Temperatur in °C).

Bild 9: Zeitlicher Temperaturverlauf in der Wyna oberhalb und unterhalb der Kläranlage Reinach.

Bild 10: Gegenüberstellung der Beschattungskarte des Kantons Aargau und der Wassertemperatur im Erusbach bei Sarmenstorf am 24. Juli 2019 um 16.00. Der Mooskanal mündet von unten (Pfeil) in den Erusbach. (rechts: Temperatur in °C).

Bild 11: Erusbach am 24. Juli 2019 (18.00) unterhalb der Gemeinde Sarmenstorf. (rechts: Temperatur in °C). «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

Prozent Beschattung) kann zu einer mar­ kanten Abkühlung des Gewäs­sers füh­ren (Erusbach, Bild 6). Auf einer Länge von 1220 m kühlt er sich auf einem mittel beschatteten Abschnitt zunächst leicht von 20,1 auf 19,6 °C ab (ΔT = -0,7 °C). Der anschliessende Abschnitt von 320 m Länge im Wald mit starker Beschat­tung führt so­ gar zu einer weiteren Abküh­lung um ΔT = -3,8 °C auf 15,8 °C, wobei der zusätzliche Einfluss eines Grundwasserzu­stroms an dieser Stelle nicht völlig auszuschliessen ist. Für den Erusbach wurde die Korre­la­ tion zwischen dem Beschattungsgrad (ge­ ­mäss Beschattungskarte des Kt. AG) und der Wassertemperatur am 24. Juli 2019 berechnet. Hierbei ist anzumerken, dass nur der Beschattungsgrad am Mess­punkt selbst in der Analyse berücksichtigt werden konnte, d. h. Einflüsse der unmit­telbar oberhalb liegenden Strecke wurden nicht erfasst. Für den Erusbach konnte ein positiver Zusammenhang zwischen dem Be­ schattungsgrad und der Wasser­tem­pera­ tur um 16.00 Uhr, als annähernd die höchs­ ten Temperaturen auftraten, nach­ge­wie­sen werden (Korrelationskoeffizient = 0,68, Sig­ni­ fikanzniveau < 0,05; vgl. Bild 7). Dies unter­ mauert die These, dass bei kleineren Ge­ wässern vor allem die lokalen Verhältnisse im Umfeld des Messpunkts einen Einfluss auf die Wassertemperatur haben und der Wärmetransport (Tempe­ratur­drift; Kap. 3.3) von untergeordneter Bedeutung ist. 3.4.2 Eindolungen Eindolungen können als extrem beschat­ te­te Bereiche aufgefasst werden. Der Aus­ tausch der Luft über dem Wasserspiegel mit der warmen Luft ausserhalb der Ein­ dolung ist sehr gering, es herrscht weitestgehend Windstille. Aus diesen Gründen wird die Wassertemperatur bei langen Ein­ dolungen von der Temperatur des angren­ zenden Erdreichs dominiert. Quantifiziert werden konnte die Wir­ kung einer Eindolung im oberen, landwirt­ schaft­­lich geprägten Projektperimeter des Erus­bachs (Bild 8). In der rund 500 m langen Eindolung kühlte sich das Wasser um bis zu ΔT = -3,3 °C ab. 3.4.3  Einleitungen aus Abwasser­ reinigungsanlagen Einleitungen aus Abwasserreinigungs­an­ lagen (ARA) sind prozessbedingt vergleichs­ weise warm und können daher zu einer Erwärmung der als Vorfluter dienenden Fliessgewässer beitragen. Wie die Mes­ sun­gen in der Wyna zeigen, lag die Was­ ser­temperatur unterhalb des ARA-Zu­flus­ ses im Mittel um knapp 1 °C über den Wer­ 5


ten oberhalb (Bild 9). Bei den Maxi­mal­ tempe­ratu­ren kehrt sich das Bild jedoch um, hier konnten Abnahmen der Wasser­ temperatur um bis zu ΔT = -2,0 °C (Wyna am 26. Juli 2019) nachgewiesen werden. 3.4.4 Seitenbäche Ob und in welchem Masse ein Seitenbach zu einer Erwärmung oder Abkühlung des Hauptgewässers führt, hängt von seiner Wassertemperatur und seinem Abfluss­im Vergleich zum Hauptgewässer ab. Insbe­ son­dere grössere Seitenbäche können ei­ nen wesentlichen Einfluss auf die Wasser­ temperatur im Hauptgewässer haben, wes­ halb sie in Projekten zur Ent­wicklung von Temperaturrefugien nicht ausser Acht gelassen werden dürfen. Folgendes Beispiel des Erusbachs (Bild 10) verdeutlicht den möglichen Ein­fluss eines weitgehend unbeschatteten Neben­ gewässers (Mooskanal) auf die Wasser­ temperatur im Hauptgewässer. Der Moos­ bach führt hier zu einer deutlichen Tem­pe­ raturerhöhung im Hauptge­wässer um ca. ΔT = +3,0 °C. Bei den anderen un­tersuch­ ten Gewässern war der Ein­fluss der Sei­ ten­gewässer weniger ausge­prägt. Er lag im Bereich von ca. ΔT = ±1,0 °C. 3.4.5 Grundwasser Der Einfluss von Grundwasser auf die Was­sertemperatur konnte nicht quantitativ untersucht werden, da sich insbe­son­ dere die Tiefe der Grundwasserkörper aus Kartenwerken nicht unmittelbar ableiten lässt. Wurden bei der Auswertung der Temperaturmessungen jedoch «Anoma­ lien» festgestellt, z. B. eine Abkühlung trotz fehlender Beschattung, wurde die lokale Grund­wasserkarte gesichtet, um allfällige

Grundwasserexfiltrationseffekte (Austritt von Grundwasser in das Gewässer) abschätzen zu können. Für die deutliche Abkühlung des Erus­ bachs unterhalb von Sarmenstorf sind ex­ filtrie­ren­de Grundwasserverhältnisse eine plau­­sible Erklärung, wie die Grundwasser­ karte zeigt. Trotz weitgehend fehlender Be­ ­­schat­tung auf einer Länge von 1400 m nimmt hier die maximale Wassertem­pe­ra­tur (Mes­ ­sung um 18.00 Uhr) um ΔT = -1,7 °C ab. 3.4.6  Restwasserstrecken und Wasser­ rück­gaben von Ausleitungskraft­ werken Hinsichtlich der Wassertemperatur ist der Einfluss des Wasserkraftwerks Waldhalde bei Hütten besonders auffällig. Auf der 4,5 km langen Restwasserstrecke (bis km 4,8, Bild 3) erwärmt sich die Sihl trotz oft schlucht­artigem Verlauf, beidseitiger Be­wal­ dung und einer Lage oberhalb 600 m.ü.M. von 18,9 auf bis zu 23,6 °C (ΔT = +4,7 °C; Bild 12). Mit der Wasserrück­gabe erfolgt eine plötzliche Abkühlung auf 19,8 °C (ΔT = -3,8 °C). Der geringe Abfluss in der Rest­ wasserstrecke und die damit verbundene kleine Wassertiefe auf grosser Abfluss­ breite haben bei starker Sonnenein­strah­ lung einen deutlichen (erwärmenden) Ein­ fluss auf die Wassertemperatur. 3.4.7  Gewässerumfeld: Siedlungsgebiet / Offenland / Wald Aufgrund des Zusammenwirkens mehrerer Einflussfaktoren ist es kaum möglich, eindeutige Aussagen zum Einfluss des Ge­ wäs­serumfelds auf die Wassertemperatur zu machen. Einige Messergebnisse deuten aber darauf hin, dass das Gewäs­ser­umfeld einen wesentlichen Einfluss haben könnte:

Bild 12: Sihl am 9. August 2019 (16.00 Uhr) auf dem oberen Projektabschnitt zwischen Hütten und Hirzel. (Temperatur in °C). 6

• Die stärkste Temperaturabnahme aller untersuchten Gewässer trat in einem Waldgebiet auf (Erusbach: ΔT = -3,8 °C auf 320 m Abschnittslänge, Bild 6). Die Abkühlung war hier weit grösser als in stark beschatteten Abschnitten des Offenlands oder in Siedlungsgebieten. • Bei den maximalen Temperaturen konnte kein signifikanter Unterschied zwischen Offenland und Siedlungs­ge­biet festgestellt werden. Hierbei ist je­doch zu berücksichtigen, dass die untersuch­ten Gewässer in Siedlungs­gebieten im Unterschied zum Offen­land oft eingedolt und somit stark be­schattet waren (vgl. auch Kap. 3.4.2). Dies lässt vermuten, dass sich Gewäs­ser bei gleichem Beschattungsgrad in Siedlungs­ge­bie­ten stärker erwärmen als im Offenland. Diese Beobachtungen sind vermutlich auch auf unterschiedliche Lufttempe­ra­tu­ren in den verschiedenen Umfeldern zu­rück­zu­führen, die wiederum einen Einfluss auf die Wasser­ temperatur haben. Wälder sind durch die Evapotranspiration der Bäu­me an Hitze­ta­gen unter dem Blätter­dach im Schnitt um 4 °C küh­ler als ihr offenes Um­land (WSL, 2019), wobei der Unter­schied bei alten naturnahen Laub­wäldern noch grösser ist. Das Offen­land liegt klimatisch in der Regel zwischen Wald und dichtem Siedlungsgebiet. Je «ausge­ räum­ter» die Landschaft ist (d.  h. grosse Acker­flächen, wenig Hecken und Feldge­höl­ ze etc.), umso mehr ähnelt das Lokalklima dem­jenigen in dichten Sied­lungsgebieten. 3.4.8 Gewässerstruktur Bei den kleinen und mittleren Fliessge­ wässern waren die naturnahen Abschnitte nicht selten stärker beschattet als die begradigten. Die Wirkung der Gewässer­ struk­tur auf die Wassertemperatur wurde daher oft überlagert durch den Einfluss­ faktor Beschattung, was eine klare Aus­ sage zur Wirkung der Gewässerstruktur auf die Wassertemperatur erschwert. Über die starke Erwärmung der Sihl in­ nerhalb der Restwasserstrecke (Kap. 3.4.6) können aber Rückschlüsse auf die Wirkung der Struktur gezogen werden. Durch die Aus­leitung eines Grossteils des Abflusses sinken in der Restwasserstrecke die Abfluss­ tiefe und die Fliessgeschwindigkeit. Beide Faktoren begünstigen, verstärkt durch die breite Sohle, die Erwärmung. Die Situation ist somit vergleichbar mit derjenigen begra­ digter Fliessgewässer, die in der Regel durch überbreite Niedrig- und Mittelwasser­pro­fi­le gekennzeichnet sind. In Hitzeperioden, die meist mit Niedrigwasserabflüssen einherge­ hen, verteilt sich das wenige Wasser eben­

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falls über eine für diesen Abfluss unnatürlich grosse Sohlenbreite und erwärmt sich stark. Ob dieser Effekt ähnlich ausgeprägt ist wie in der Restwasserstrecke der Sihl (ΔT = +4,7 °C auf 4500 m Länge; Kap. 3.4.6), kann nicht abschliessend beantwortet wer­ den. Mit grosser Wahrscheinlichkeit kann aber von einem bedeutenden Einfluss der Gewässerstruktur auf die Wassertempe­ ra­tur ausgegangen werden. Stark strukturierte Gewässer mit einer eher schmalen Sohle, resp. einem ausgeprägten Nieder­ was­ ser­ gerinne erwärmen sich weniger stark. Der Einfluss der Gewässerstruktur gewinnt damit an Bedeutung, je weniger das Gewässer beschattet ist. 4. Empfehlungen Beschattung Die durchgeführten Untersuchungen bestätigen die grosse Bedeutung der Be­ schattung für die Wassertemperatur insbesondere kleiner und mittlerer Fliess­ge­ wässer. Mit einer mittleren Beschattung (ge­mäss Beschattungskarte 40 bis 60 Pro­ zent Be­schattung) kann einer weiteren Er­ wär­mung im Allgemeinen vorgebeugt wer­ den, eine mittlere bis starke Beschattung (60 bis 100 Prozent) bewirkt bei mittlerem bis ho­hem Ausgangsniveau eine Abkühlung. Die gemessenen Tageshöchstwerte la­ ­gen auf weiten Strecken deutlich über 20 °C und überschritten teilweise sogar die Letal­ temperatur von Äsche und Bach­ ­ forelle von 25 °C. Eine relativ schnelle Ver­besse­ rung dieser heiklen Situation, die sich mit dem Klimawandel weiter verschärfen wird, ist nur mit einer deutlich stärkeren Be­ schat­tung zu erreichen. Vor diesem Hin­ tergrund scheint der von Broadmeadow et al. (2010) und Elber et al. (2019) empfohlene Be­schat­­tungsgrad von mindestens 80 Pro­zent der Wasserfläche insbesondere in Ge­wässern mit sich selbst fortpflanzenden Be­ständen temperaturempfindlicher Arten prinzipiell angemessen. Es ist jedoch auch mit bemer­­kenswerten und geschützten Ar­ten zu rech­­nen, die durch eine Besto­ ckung beeinträch­tigt werden (z. B. spezialisierte Ar­ten von Li­bellen, Pflanzen oder

Vögeln, vgl. Hedinger & Sarbach-Remund (2021)). Des­halb sollte die Planung unter Einbin­dung regionaler Art­ex­perten erfolgen und gegebenenfalls eine ge­­ringere Be­ schat­tung angestrebt werden. Ist eine ausreichende Bestockung ei­ nes Gewässers nicht möglich, sollten zumindest die Süd- und Westufer bestockt werden, um einen verstärkten Schatten­wurf auf die Wasserfläche zu erreichen. Wie die Untersuchungen zeigen, treten die höchsten Temperaturen am späten Nach­mittag auf, wenn die Sonne im Westen steht. Jede weitere Erwärmung kann dann folgenschwer sein, daher sollte auch das Westufer bestockt werden. Ist der «Spiel­raum» für Ufer­ gehölze durch den Hoch­wasserschutz stark eingeschränkt, sollte zumindest eine hoch aufgeastete Baum­reihe entlang der Ufer­ linie geprüft werden, die den Hoch­wasser­ stand nur geringfügig verändert. Eine Möglichkeit zur Kühlung sehr klei­ ner Fliessgewässer ist die Etablierung von Hochstaudenfluren, die aufgrund ih­res ho­ hen Wuchses eine gute Schat­ten­wir­kung haben. Sie sollten darum (zumin­dest an den Südböschungen) erst ab Sep­tem­ber gemäht werden. An grossen Fliess­ge­wäs­sern wie der Sihl kann durch Ufer­ge­hölze «nur» eine Teilbeschattung er­reicht werden. Es wird empfohlen, Bäume, die möglichst gros­ ­se, weit ausladende Kro­nen ausbil­den kön­ nen, direkt an die Ufer­linie zu pflanzen. Wesentliche Voraussetzung zur Errei­ chung einer ausreichenden Beschattung ist die Förderung der Gewässerunter­halts­ dienste in personeller und finanzieller Hin­ sicht. Dazu gehören auch eine entspre­ chende Ausbildung und Sensibilisierung für die Thematik. Die Pflege- und Unter­ haltsverantwortlichen können mit oft einfachen Mitteln (z. B. Bepflanzung der Ufer­ böschungen, extensiver Unterhalt, Gehölz­ pflege) eine grosse Wirkung erzielen. Gerinneform und -strukturierung Die Wassererwärmung wird wesentlich durch die Fliessgeschwindigkeit und die Wassertiefe im Verhältnis zur Gerinne­breite beeinflusst. In Hitzeperioden herrscht meist Niedrigwasserabfluss. Einem ausgepräg­

Bild 13: Entwicklung eines Niederwassergerinnes mit Instream-Massnahmen. (Fotos: Kt. LU, vif, Abt. Naturgefahren). «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

ten Niederwassergerinne, in dem auch bei geringen Abflüssen vergleichsweise grosse Fliesstiefen und -geschwindigkeiten auf­ treten, kommt daher auch für die Gewähr­ leistung sommerkühler Wassertempera­tu­ ren eine grosse Bedeutung zu. Die meisten Mittellandgewässer waren ursprünglich mäandrierend und durch aus­ geprägte Niederwassergerinne gekennzeichnet. Um diese Verhältnisse wieder zu erreichen, sollte den Gewässern daher wo immer möglich mehr Raum gegeben werden (eigendynamische Entwicklung oder «klassische» Revitalisierung). Ist dies nicht möglich, kann ein Niederwassergerinne durch Einbauten induziert werden (Bild 13). Hierbei ist folgendes zu beachten: • Umströmte Einbauten oder Strukturen sollten aus Totholz bestehen und /oder bewachsen sein. Wie Spycher (2020) zeigen konnte, erwärmt sich Wasser im Umfeld von Totholz weniger als bei Steineinbauten. Durch die Begrünung der Strukturen kann die Temperatur weiter gesenkt werden. • Überströmte Einbauten sind gegenüber umströmten zu bevorzugen, da sie sich weniger erwärmen. • Das Niederwassergerinne sollte über weite Strecken im Schatten verlaufen (Sonnengang beachten). Eine naturgemässe Gerinnegestaltung und -strukturierung bedeutet, das Niederwas­ ser­gerinne über weite Strecken eng zu hal­ ten, was einer Erwärmung entgegenwirkt, die Vernetzung mit dem Grund­wasser­kör­ per verbessert und zu mehr Refugien für die aquatische Fauna führt (Bild 14). Stauhaltungen, Ausleitungen und Restwasserstrecken (Wasserkraft­ nutzung) Jegliche Querbauwerke und Stauhal­tun­gen vergrössern die Wasserspiegelbreite und erhöhen die Aufenthaltszeit des Was­sers insbesondere in Niedrigwasser­pha­sen. Sie führen daher zu einer verstärkten Er­wär­ mung und sollten wo immer möglich zu­ rückge­baut werden. Mit dem Rückbau sind zahlreiche weitere positive Effekte (u. a. Wieder­herstellung der freien Fischwan­de­ rung, des natürlichen Geschiebetriebs und gewäs­ser ­­typischer Fliessgeschwindig­kei­ ten) ver­­bun­den. Bei Ausleitungen ist in den damit verbundenen Restwasserstrecken ganz besonders auf die Entwicklung eines Nie­der­ wassergerinnes zu achten. Zusätzlich sollte geprüft werden, ob die Restwasser­do­ ta­tion in Kombination mit dem Nieder­was­ ser­gerinne ausreicht, um zumindest die 7


auch der Grundwasserstände ermöglicht eine zunehmende Verdunstung durch Pflanzen und damit eine verstärkte Abkühlung.

Bild 14: Strukturierung eines zu revitalisierenden Fliessgewässers mit natürlicherweise mäandrierender Gerinneform. Flache Böschungen (z. B. 1:3) kommen in der Natur kaum vor und sollten vermieden werden. In Geländemulden mit kleinem Niederwassergerinne können sich bei Hochwasser keine dynamischen Strömungen entwickeln, die zu einer Strukturierung führen würden. Besser ist das Anlegen eines mäandrierenden oder pendelnden, gut strukturierten und eigendynamischen Gerinnes. Das Wasser fliesst konzentriert im eher eng gehaltenen Niederwassergerinne (oder besser «Mittelwassergerinne») mit Prall- und Gleithangstrukturen.

Fazit Eine grossräumig angewandte Kombination der empfohlenen Massnahmen kann die negativen Auswirkungen des Klimawan­ dels auf Fliessgewässer abmindern oder bestenfalls sogar umkehren. Von den Mass­ nahmen profitieren aber nicht nur die Fliess­ gewässer und ihre Bewohner. Sie führen auch in der Fläche zu einem ausgegliche­ ne­ ren Lokalklima und Wasserhaushalt, stärken flächendeckend die Biodiversität und bereichern nicht zuletzt das Land­ schafts- und Ortsbild. Um bereits kurz- bis mittelfristig Verbesserungen hinsichtlich der Wassertemperaturen zu bewirken, eignen sich vor allem die eher kleinräumigen Massnahmen in und an den Fliessge­wäs­ sern. Mittel- bis langfristig sollten aber auch die Massnahmen in der Fläche umgesetzt werden, um die Auswirkungen des Klima­ wandels flächendeckend zu dämpfen. Dank

Massnahmen in der Fläche Massnahmen in der Fläche, also im Ein­ zugsgebiet der Fliessgewässer, wirken sich weniger direkt auf die Wassertemperatur aus als die Massnahmen im und am Ge­ wässer. Ihre Umsetzung ist daher aber nicht weniger sinnvoll, da ihr Nutzen sehr vielfältig ist und sich keineswegs nur auf die Fliessgewässertemperatur beschränkt. Es werden folgende Massnahmen empfohlen:

• Kühlende, d. h. verdunstende Land­ schaftselemente sollten flächendeckend gefördert werden. Dies gilt sowohl für den Wald (z. B. Umwandlung von Nadelin Laubwald), die offene Landschaft (z.B. Wiedervernässung von Feucht­ge­ bieten, Agroforstsysteme) als auch für Siedlungsgebiete (z. B. Gehölzpflan­zun­ gen, Fassaden-/Dachbegrünungen). • Versiegelte Flächen sollten möglichst entsiegelt und die direkte Ableitung von Nie­derschlagswasser verhindert werden durch Versickerung oder Speicherung. Die damit verbundene Erhöhung der Bodenfeuchte und lokal

Quellen: Broadmeadow, S., Jones, J., Langford, T., Shaw, P., Nisbet, T. (2011): The influence of riparian shade on lowland stream water temperatures in southern England and their viability for brown trout. River Research and Applications, Jg. 27, S. 226-237 NCCS (2021): Schweizer Gewässer im Klimawandel. National Centre for Climate Services, Zürich, ISBN: 978-3-9525031-4-0 NCCS (Hrsg.) 2021: Schweizer Gewässer im Klimawandel. National Centre for Climate Services, Zürich. 28 S., ISBN 978-3-9525413-3-3 Elber, F., Stäheli, T., Camenzind, M. (2019): Revitalisierung von Fliessgewässern in Zeiten des Klimawandels. Aqua Viva – Die Zeitschrift für Gewässerschutz, 03/2019, S. 26-31 Hedinger, C, Sarbach-Remund, N. (2021): Überblick über die Bedeutung der Bestockung von Fliessgewässern auf National Prioritäre Arten.

Expertenbericht im Auftrag des Bundesamts für Umwelt, Bern, 88 S. Mende, M., Sieber, P. (2020): Temperaturverlauf in Fliessgewässern - Untersuchung und Visualisierung von Temperatureinflüssen, Ableitung von Massnahmenvorschlägen. Bericht im Auftrag des Bundesamts für Umwelt, der Kantone Bern, Aargau und Zürich und des WWF Schweiz, 49 S. NABU (2020): Wie werden Wälder fit für den Klimawandel? Projekt „Gläserner Forstbetrieb“. Download am 01.12.2020 unter https://www.nabu.de/ natur-und-landschaft/waelder/aktivitaeten/25598.html Spees, J. (2015): Keeping Rivers Cool – Ribble Rivers Trust. Vortrag beim Burgdorfer Wasserbautag, 16. November 2015 Spycher, L. (2020): Wasserbauliche Massnahmen hinsichtlich Bestandssteigerung Forellen und Äschen - Einfluss von Baustoffen auf die Wassertemperatur, Auswertung Temperatur-Monitoring am Gäbelbach.

Bachelorthesis Frühlingssemester 2020, 68 S. Tent, L. (2011): Viel Lebensraum für wenig Geld: Instream Restaurieren. – in: Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau, Burgdorf / Bau und Wissen, Wildegg (Hrsg.): Burgdorfer Wasserbautag 2011: Aktueller Flussbau – Minimaler Materialeinsatz durch gezielte Nutzung der Strömungskräfte – Instream River Training. Kap. 4, 20 S. WSL (2019): Wälder schützen Pflanzen und Tiere vor Klimaerwärmung. Download am 27. Oktober 2020 unter https://www.wsl.ch/de/newsseiten/2019/04/ waelder-schuetzen-pflanzen-und-tiere-vorklimaerwaermung.html

Le­taltemperatur von Äsche und Bach­fo­ rel­le von 25 °C zuverlässig dauerhaft zu unterschreiten.

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An der vorliegenden Arbeit haben mehrere Personen mitgewirkt. Ihnen möchten wir für die fachliche und redaktionelle Unter­stüt­ zung herzlich danken: Horst Zimmer­lein, Pius Niederhauser, Lukas Bammatter, Chris­tian Tesini, Antonia Eisenhut, Thomas Burger, Aurélie Koch, Florian Randegger, Daniel Küry. Ein ganz besonderer Dank geht an Urs Riesen, der mit seiner systematischen, sorg­ fältigen und ausdauernden Arbeit im Feld einen grossen Anteil am Gelingen dieser Arbeit hat.

Autoren: Matthias Mende, IUB Engineering AG, Belpstrasse 48, 3000 Bern 14, matthias.mende@iub-ag.ch Pascal Sieber, Sieber & Liechti GmbH, Limmatauweg 9, 5408 Ennetbaden, pascal.sieber@sieberliechti.ch

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Kleinräumige baulich-morphologische Mass­nahmen in der Schwall-SunkSanierung: Wirksamkeit für das Makrozoobenthos? Nathalie Friese, Christine Weber, Cristina Rachelly, Volker Weitbrecht, Nico Bätz

Zusammenfassung In der Schweiz beruht die Schwall-Sunk-Sanierung in Fliessgewässern auf baulichen und ggf. betrieblichen Massnahmen zur Dämpfung der Schwall-Sunk-Abfluss­gang­ linie. Ergänzend dazu können kleinräumige baulich-morphologische Massnahmen zum Einsatz kommen, wie beispielsweise Totholzstrukturen, Buchten oder Block­ stein­gruppen. Im vorliegenden Artikel diskutieren wir ihre Wirkung auf das Makro­ zoobenthos, das aufgrund seiner grossen Artenvielfalt und der komplexen Lebens­ zyklen oft stark vom Schwall-Sunk-Betrieb betroffen ist. Wir erörtern, inwiefern verschiedene Massnahmentypen die negativen Auswirkungen des Schwall-SunkBe­triebs kleinräumig reduzieren können, z. B. indem sie die hydraulischen Kräfte ver­ ringern, eine beständige Benetzung garantieren oder die natürliche Sediment­dynamik fördern.

1.  Massnahmen zur Sanierung von Schwall-Sunk Im Rahmen der strategischen Planung Sa­ nie­rung Schwall-Sunk wurden 102 sanie­ rungs­­pflichtige Kraftwerke identifiziert (BAFU, 2015). Diese Kraftwerke führen zu kurzfristigen künstlichen Abflussände­run­ gen (Schwall-Sunk), die die einheimischen Tiere und Pflanzen sowie ihre Lebens­ räume wesentlich beeinträchtigen (Art. 39a GSchG; Art. 41e GSchV). Um die Kraft­ werks­inhaber bei der Umsetzung der Sa­nie­ rungsmassnahmen zu unterstützen, stellt der Bund eine Vollzugshilfe (VZH; Tonolla et al., 2017) und jährlich 50 Mio. CHF für die gesamte Sanierung der Wasserkraft zur Ver­fügung (d.h. Sanierung Schwall-Sunk, Geschiebe und Fischgängigkeit). Die Behörden ordnen bauliche Mass­ nah­men zur Sanierung von Schwall-Sunk an (Art. 39a, Abs. 1, GSchG). Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Dämpfung der mass­ ­gebenden hydrologischen Kenn­grös­sen des Schwall-Sunk-Betriebs (d. h. Schwall­ abfluss, Sunkabfluss, Pegel­an­stiegs- und Pegelrückgangsrate). Die am häufigsten er­ ­wogene bauliche Schwall-Sunk-Sanie­rungs­ ­massnahme ist die Bereitstellung ei­nes Ausgleichsvolumens in Form von Becken, Stollen oder Kaverne, wie das pro­minente Fallbeispiel der KWO zeigt (Schweizer et al., 2016, 2021). Auf Antrag des Kraft­werks­in­ habers können die Be­hörden jedoch auch

betriebliche Massnahmen verfügen (Art. 39a, Abs. 1, GSchG). Hierfür wird der Tur­ bi­nenbetrieb des Kraftwerks angepasst. Um die ökologische Wirksamkeit solcher baulichen und/oder betrieblichen Mass­ nah­men zu unterstützen, können ergän­ zend kleinräumige baulich-morpholo­ gi­ sche Massnahmen im Fliessgewässer zum Einsatz kommen. Baulich-morphologische Mass­nah­men werden in der VZH als ergänzende Mass­ nahmen geführt und als «lokale, kleinräu­ mige morphologische Anpassungen im Gerinne selbst («Instream»)» definiert, welche die «ökologischen Auswirkungen von Schwall-Sunk im Gewässer» mindern. In der Schwall-Sunk-Sanierung lassen sich also nur kleinräumige Eingriffe zur lokalen Habitataufwertung realisieren; grossräu­ mige Veränderungen der Gewässer­mor­ pho­logie dagegen müssen im Rahmen der Revitalisierung (gemäss Art. 38a GSchG) umgesetzt und finanziert werden. Die VZH führt verschiedene baulichmorphologische Massnahmen auf, wie bei­ spielsweise permanent benetzte Seiten­ arme, Instream River Training Massnah­ men, Störsteine oder Buchten (Anhang E in der VZH). Diese Massnahmen zielen vor allem auf die Verbesserung der Habitat­ eigenschaften für Fische ab, so zum Bei­ spiel Fischbuchten nach Ribi et al. (2014) oder auch Fischunterstände, Wurzel­stö­ cke, Be­leb­tsteingruppen und Hakenbuh­nen

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

(Schweizer et al., 2016, 2021). Baulich-mor­ phologische Massnahmen zur spezifi­schen Förderung des Makrozoobenthos fehlen dagegen weitgehend. Das Makrozoo­ben­ thos umfasst eine grosse Vielfalt an wir­ bellosen Kleinlebewesen ab ca. 1 mm Kör­ per­länge – von Insekten zu Schnecken und Muscheln, Flohkrebsen, Milben, Egeln oder Plattwürmern. Sie bewegen sich kleinräu­ mig und sind sehr unterschiedlich in ihren Lebensraumansprüchen, z. B. zur Fort­pflan­ ­zung oder Nahrungssuche. Rein auf Fische ausgerichtete Schwall-Sunk-Sanie­rungs­ massnahmen fördern nicht zwingend auch das Makrozoobenthos. In der Praxis erge­ ben sich entsprechend Unsicher­hei­ten hin­ sichtlich der Funktionsweise und Wirk­sam­ ­keit von baulich-morphologi­schen Mass­ nah­men für das Makrozoobenthos und so­ mit auch Herausforderungen bei der Pla­ nung (z. B. Zielkonflikte mit Fisch-spe­zi­fi­ schen Massnahmen). In diesem Artikel diskutieren wir Fak­ toren, welche die Wirksamkeit von kleinräumigen baulich-morphologischen Mass­ nah­men in der Schwall-Sunk-Sanierung für das Makrozoobenthos beeinflussen. Wir konzentrieren uns auf die aquatischen In­ sek­ten und ihre Larven, da sie vergleichsweise gut untersucht sind und mindestens einen Teil ihres komplexen Lebenszyklus im Wasser durchlaufen (Box S. 10; Bild 1). Da­durch spielen aquatische Insekten eine wichtige Rolle in der Vernetzung von Was­ ser und Land, z. B. im Nahrungsnetz (Baxter et al., 2005, Sitters et al., 2015). In einem ersten Schritt illustrieren wir, wie SchwallSunk aquatische Insekten beeinflusst. In einem zweiten Schritt diskutieren wir die spezifischen Eigenschaften kleinräumiger baulich-morphologischer Mass­nah­men und deren Wirksamkeit zur Re­duk­tion der negativen Auswirkungen des Schwall-SunkBetriebs auf die aquatischen Insekten. Und schliesslich gehen wir der Frage nach, wie sich die ökologische Wirk­ samkeit von bau­lich-morphologischen Mass­nahmen er­ höhen bzw. dauerhaft gewährleisten lässt. 9


a) Ein Steinfliegen-Weibchen (Baetis sp.) klettert zur Eiablage kopfüber entlang von Steinen, die aus dem Wasser ragen, ins Wasser, wo es die Eier an der Steinoberfläche anbringt.

b) Eier (Gelege in Gallerthüllen) von Limnephilidae in Ufernähe unter Steinen, wo sie bei Sunk leicht trockenfallen.

c) Köcherlose Köcherfliegenlarve (Hydropsyche incognita), die Fangnetze zwischen Steinen auf­spannt; sie kommt nur in Fliessge­schwindig­ keiten von ca max. 0,5 m/s vor.

d) Köcherfliegenlarve (Halesus radiatus), die in Ufer­nähe lebt und in Schwall-Sunk-Strecken kaum vor­kommen kann, weil sie bei Schwall weggespült wird.

e) Steinfliegenlarve (Amphinemura sulcicollis), die an Totholz, Wasserpflanzen oder Moos lebt.

f) Steinfliege (Perla grandis) bei der Emergenz nachts in Ufernähe, knapp über der Wasseroberfläche.

Bild 1: Entwicklungsstadien aquatischer Insekten. Photos: V. Lubini.

Larve, Puppe, Imago – Entwick­lungs­stadien aquatischer Insekten Aquatische Insekten lassen sich mit we­nigen Ausnahmen in zwei Gruppen unterteilen, je nachdem ob sie eine voll­ ständige Entwicklung inkl. Verpuppung durchlaufen (holometabole Insekten) oder eine unvollständige (= hemimetabole Insekten; Thorp und Rogers, 2015; siehe auch Bild 1). Nach der Ei­ablage durch die Adulttiere schlüpfen die Lar­ ven. Damit sie wachsen können, häuten sich die Larven mehrfach. Bei der vollständigen Entwicklung verpup­pen sich die Larven danach, bevor sie ins adulte, geflügelte Stadium (Imago) übergehen; bei der unvollständigen Ent­ wicklung kommt das Puppen-Stadium nicht vor. Der Übergang vom aquatischen (Larve/Puppe) zum terrestrischen Stadium (Imago) wird als Emergenz bezeichnet. Sind die abiotischen Umstän­ de temporär unvorteilhaft, können einige Arten im Ei- oder Puppenstadium überdauern. Je nach Art und Habitat kann der Lebenszyklus einmal oder auch mehrfach pro Jahr durchlaufen werden. In seltenen Fällen erstreckt sich ein ganzer Zyklus auch über zwei oder mehr Jahre.

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Die hier zusammengefassten Angaben stützen sich auf eine Synthese der Lite­ ratur sowie auf Interviews mit zehn Ex­ pert:innen mit technischem und /oder biologischem Hintergrund aus Praxis und For­schung. 2.  Einfluss von Schwall-Sunk auf aquatische Insekten In ihrer Entwicklung durchlaufen aquatische Insekten einen komplexen Lebens­ zyklus vom Ei über Larve sowie z. T. Puppe zum geschlechtsreifen Adulttier (Box S. 10, Bild 2). Während Ei- und Larven-Stadium im Wasser stattfinden, ist der Übergang zum Adulttier meistens mit ei­nem Wechsel in den terrestrischen Le­bens­raum verbun­ den (Emergenz; Thorp und Rogers, 2015). Eine erhöhte Sterb­lich­keit in einem Ent­ wick­lungsstadium wirkt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auf die Individuen­zahl in den darauffolgenden Entwicklungs­sta­ dien aus (Encalada und Peckarsky, 2012). Die verschiedenen Ent­wicklungs­stadien aquatischer Insekten lau­fen in vielen unter­ schiedlichen Habita­ten ab und können so­ mit auf vielfältige Wei­se vom Schwall-SunkBetrieb beeinflusst werden (Bild 2; Tabelle 1). Aus­wirkungen auf das Larvenstadium sind dabei am besten dokumentiert. Da­ge­gen gibt es kaum Wissen zum Schwall-SunkEinfluss auf Eiablage, Puppen-Sta­dium oder Emergenz. Es gibt aber Hin­weise, dass das Ei-Stadium ein wesentlicher limitierender

Faktor oder Flaschen­hals für die Biomasse und Vielfalt aquatischer Insek­ten sein kann (Kennedy et al., 2016, Lancaster et al., 2010, Miller et al., 2020). In der Schweiz ist ein be­deuten­der Teil der aquatischen Insekten vom Schwall-Sunk-Betrieb betroffen (siehe Box S. 16 für Details). Der Einfluss des Schwall-Sunk-Be­ triebs auf die Entwicklungsstadien aquatischer Insekten lässt sich in zwei direkte und drei indirekte Haupteinflussfaktoren unterteilen (Tabelle 1). Direkte Hauptein­ flussfaktoren sind unausweichlich mit dem Schwall-Sunk-Betrieb verbunden, d. h. sie treten in jeder Schwall-Sunk-Strecke in kleinerem oder grösserem Masse auf. In­ direkte Haupteinflussfaktoren sind von den lokalen Bedingungen (z. B. Kanali­sie­rung) sowie grossräumigen Prozessen (z. B. Fein­ sedimentaufkommen) abhängig und können durch den Schwall-Sunk-Betrieb al­ len­falls verstärkt werden; sie treten nicht in jeder Schwall-Sunk-Strecke auf. Aquatische Insekten werden direkt beeinflusst durch (siehe auch Bild 2): (i) die erhöhten hydraulischen Kräfte (z. B. Fliessgeschwindigkeit, Sohl­ schubspannung) bei Schwall bzw. beim Übergang vom Sunk- zum Schwallabfluss, sowie (ii) die unbeständige Benetzung von Flachwasserzonen (Wasserwechsel­ zone) während Sunk bzw. beim Über­gang vom Schwall- zum Sunkabfluss.

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Bild 2: Vergleich der Einflussfaktoren, welche auf die Entwicklungsstadien aquatischer Insekten in einem Flussabschnitt mit natürlicher Hydrologie (links) und mit Schwall-Sunk-Betrieb (rechts) einwirken. Unten links und rechts ist beispielhaft der jeweilige Abflussverlauf dargestellt. Modifiziert von Kennedy et al. (2016). Die indirekten Haupteinflussfaktoren umfassen (siehe auch Bild 2): (iii) eine veränderte Sedimentdynamik (z. B. Geschiebe-Mobilisierung, Substratsortierung, Kolmation), (iv) einen verringerten Rückhalt von organischem Material (z. B. abgelagertes Laub, Algen), sowie (v) abrupte Temperaturerhöhungen oder -abnahmen. Daneben sind viele weitere indirekte Ein­ flüsse des Schwall-Sunk-Betriebs dokumentiert, so z. B. auf den Gasgehalt (Pulg et al., 2016) oder auf die Geräuschkulisse unter Wasser (Lumsdon et al., 2017); die genauen ökologischen Auswirkungen sind aber noch wenig untersucht. Wie stark die fünf Haupteinfluss­fak­to­ ren die aquatischen Insekten beeinflus­sen, ist massgeblich von der Gewässer­mor­pho­ ­logie abhängig (Greimel et al., 2018). Direkte Einflussfaktoren Durch die abrupte Erhöhung der hydraulischen Kräfte können aquatische Insekten­ larven, aber auch Puppen, passiv verdrif­ ten: Wenn sich Individuen nicht am Sub­ strat festhalten oder rechtzeitig im Kies­ lückensystem verstecken können, werden sie von der Schwallströmung mitgerissen (z. B. Bild 1c – d; Waters, 1972, Gibbins et al., 2007, 2010). Gerade in kanalisierten Schwall-Sunk-Strecken gibt es wenig na­ tür­liche oder künstliche morphologische

Strukturen, wie z. B. Buchten, die zu einer Reduktion oder Pufferung der erhöhten hydraulischen Kräf­te bei Schwall führen können (Bruder et al., 2016). Die Kombi­ nation aus monotoner Morphologie und Schwall-Sunk-Betrieb kann somit zu ei­ nem generellen Anstieg von Arten führen, die ökologisch an stärke­re Strömung angepasst sind (rheophile, resp. rheobionte Arten). Gleichzeitig nimmt der Anteil jener Arten ab, die in schwacher Strömung leben (Cushman 1985; Schmutz et al., 2013; Schülting et al., 2016). Inwie­weit die abrup­ ten hydraulischen Verände­rungen die Emer­ genz oder die Adulttiere bei der Ei­ablage beeinträchtigten, ist bisher nicht aus­rei­ chend untersucht. Auf­grund des Ei­ab­la­ge­ verhaltens ist anzuneh­men, dass auch Eier resp. Eiballen vermehrt ver­drif­tet werden. Die künstlichen Abflussschwankungen führen zur Entstehung einer Wasser­wech­ selzone, deren Ausmass von der SchwallSunk-Amplitude sowie von der Quer­ schnitt­sform (inkl. Ufer- bzw. Bankstruktur) bestimmt wird. Je breiter und flacher das Ufer oder die Kiesbank und je grösser die Schwall-Sunk-Amplitude, desto grösser wird die Wasserwechselzone. Dort können nicht nur Fische, sondern auch aquatische Insekten stranden bzw. deren Ha­ bi­tate trockenfallen (Tanno et al., 2021). Viele aquatische Insekten kleben ihre Eier an Steine knapp unter der Wasserlinie, meist in Flachwasserzonen (Kennedy et al., 2016; Statzner und Beche, 2010). Ge­rade

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langanhaltende Schwall-Phasen kön­nen dazu führen, dass aquatische In­sek­ten die Wasserwechselzone als Habi­tat für die Ei­ ablage nutzen (z. B. Bild 1a-b; Kennedy et al., 2016). Das Trocken­fallen bei Sunk kann schon ab einer Dauer von einer Stunde zu einer um über 80 Pro­zent erhöhten Sterb­ lichkeit der Eier führen und somit die An­zahl der daraus resultierenden Larven redu­zie­ren (Kennedy et al., 2016; Miller et al., 2020). Beobachtungen zeigen, dass schlüpf­be­ rei­te Larven, die sich in der Regel an der Was­serlinie aufhalten, vermehrt stranden und ihre Ent­wicklung nicht abschliessen können (z. B. Bild 1f; V. Lubini, pers. Mit­ tei­lung). Da Puppen nur eingeschränkt oder überhaupt nicht mobil sind, ist ähnlich wie beim Ei-Stadium auch hier ein negativer Einfluss durch das Trockenfallen zu erwar­ ten. Manche Arten aquatischer Insek­ten sind in der Lage, ungünstige Habitat­be­din­ gungen im Ei- oder auch Puppen­sta­dium zu überdauern (Thorp und Rogers, 2015). Eier können zum Beispiel durch eine gelatinöse Schicht geschützt sein, wodurch die Sterblichkeit durch Austrock­nung stark ver­ ringert wird (Miller et al., 2020). Indirekte Einflussfaktoren Ein hoher Anteil an Feinsedimenten im Fliessgewässer, kombiniert mit fehlenden Hochwassern aufgrund der Spei­cher­nut­ zung, kann zur dauerhaften Verstopfung des Kieslückensystems führen (Kolmation; Baumann und Klaus, 2003; Schweizer et 11


Erhöhte Hydraulische Kräfte

Haupteinflussfaktoren

Unbeständige Benetzung

Veränderte Sediment­ dynamik

Ei

Larve

Puppe (nur bei vollständiger Entwicklung; Box S. 10)

Erhöhte Abdrift, insbe­son­dere kurz nach Einsetzen des Schwalls (Bruno et al., 2016)* Grosse Larven mit Köcher werden weniger rasch ver­driftet; netz­bauende Arten verlieren ihr Habitat (V. Lubini, pers. Mitteilung) Erhöhte Sterblichkeit bei Stranden in der Wasser­wechsel­zone Trockenfallen (Miller et al., (Tanno, et al. 2021)* 2020)* Erhöhte Sterblichkeit aufgrund Feinsediment­ transport und -ablagerung (Everall et al., 2018)

Emergenz

Entwicklungs­ stadien

Imago (inkl. Emergenz und Eiablage)

Verdriftung findet statt (z.B. Bruno et al., 2010*); Puppenstadium oft in Publikationen nicht spezifisch erwähnt

Abdrift eierlegender Weibchen bei Schwall (V. Lubini; pers. Mitteilung) Verdriftung von schlupf­bereiten Larven, resp. Nymphen, die sich an der Wasserlinie aufhalten (V. Lubini, pers. Mitteilung)

Trockenfallen der ufernahen Puppen (V. Lubini, pers. Mitteilung)

Probleme bei der visuellen Suche nach einem Ei­ablageort, Risiko, dass weniger Eier abgelegt werden (V. Lubini, pers. Mitteilung) Fehlen geeigneter Korn­grössen zur Eiablage, ver­stärkt durch Kol­mation, senkt den Fortpflan­zungs­ erfolg (V. Lubini, pers. Mitteilung)

Nach Verschüttung erhöhter Stress und Energieaufwand für Befreiung (Dobson et al., 2000)

Verringerter Rückhalt von organischem Material

Verringerung Biomasse und Qualität des Algenauf­wuch­ses (= Nahrungs­ quelle), (Cashman et al., 2017)* Fehlen von Baumaterial für Köcher (V. Lubini, pers. Mitteilung) Erhöhte Verlängerung Entwick­ Variable Reaktionen auf Schwall-Sunk Zu erwarten ist eine Verfrühte Emergenz bei erhöhten Tem­pe­ra­tur­ lungs­zeit bei tiefen in Kombination mit Thermo­peaking, ähnliche Auswirkung wie Wassertemperaturen (Hogg und schwan­kun­gen Tem­pera­turen. Schlupf­ z. B. reduzierte Abdrift bei kaltem bei Larven. Die Williams, 1996) erfolg temperaturabhängig Ther­mopeaking (Schülting et al., 2016)*, Entwicklungszeit wird (Elliott, 1972) keine Störung der Larvalent­wick­lung ebenfalls durch die bei Wassertemperaturschwankungen Temperatur gesteuert (Frutiger 2004)* (V. Lubini; pers. Mitteilung) Tabelle 1: Wirkung der Haupteinflussfaktoren des Schwall-Sunk-Betriebs auf aquatische Insekten: Diese Tabelle zeigt an­hand von Beispielen auf, wie sich die fünf Haupteinflussfaktoren (Abschnitt 3) auf die unterschiedlichen Ent­wick­lungs­ stadien aquatischer Insekten auswirken können; sie erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Der Farbcode gibt an, welche Auswirkungen bereits gut (grün) oder mässig (gelb) untersucht sind und wo noch deutliche Wissenslücken bestehen (rot). Studien, die sich explizit auf Schwall-Sunk beziehen, sind mit einem Sternchen (*) markiert. al., 2009). Ohne eine gelegentliche Mo­bi­li­ sierung der Sohle verringert die Kolmation die Verfügbarkeit, Erreichbarkeit und Qua­ lität wertvoller Habitate im Kieslücken­sys­ tem für Larven vieler Arten (Bo et al., 2007). Schwall-Sunk-Betrieb kann zudem zu ei­nem selektiven Auswaschen gewisser Korn­ grös­sen (z. B. Substratsortierung, Vergrö­ be­­­rung) führen, was die Verfügbarkeit bzw. die Qua­lität von Kieshabitaten einschränkt (Vericat et al., 2020). Welche Auswirkung die durch den Schwall-Sunk-Betrieb verän­ derte Sedimentdynamik auf das Pup­pen­ stadium oder auf Adulttiere hat, ist nicht hinreichend geklärt (Batalla et al., 2021). Die allgemeine Verfügbarkeit von organischem Material wie Blättern, Nadeln oder Algenbewuchs wird in Schwall-SunkStrecken durch das häufige Auswaschen und Abreiben reduziert (Mochizuki et al., 2006), dies insbesondere bei beeinträch­ tigter Morphologie, z. B. aufgrund von Ka­ na­lisierung. Zahlreiche Auswirkungen auf die aquatischen Insekten sind die Folge, da viele Arten vom organischen Material abhängig sind. So nagen einige an Rinden oder grasen Algen ab, andere verspeisen Blattreste (z. B. Bild 1e). Daneben wird or12

ganisches Material auch als Habitat genutzt, z. B. für die Fortpflanzung oder den Schutz vor Fressfeinden (Hoffmann und Resh, 2003; Thorp und Rogers, 2015). Weicht die Temperatur des turbinierten Wassers von der Gewässertemperatur ab, so spricht man von Thermopeaking (Zolezzi et al., 2011). Je nach Saison kann es zu kal­ tem Thermopeaking (bei einer Tempe­ra­tur­ ­abnahme) oder warmen Thermopeaking (bei einer Erhöhung) kommen. Die Kom­bi­ nation von Schwall-Sunk-Betrieb und Ther­ mopeaking kann, je nach Temperatur und Artenzusammensetzung, zu erhöhter oder verringerter Verdriftung von Larven führen und den Entwicklungsprozess der Eier ver­ langsamen oder beschleunigen (Bruno et al., 2013; Elliott 1972: Schülting et al., 2016). Auch der Entwicklungsprozess von Pup­ pen kann durch die Wassertemperatur be­ einflusst werden (Hogg und Williams, 1996). 3.  Eigenschaften baulich-morpho­ logischer Massnahmen mit Fokus auf aquatische Insekten Kleinräumige baulich-morphologische Mass­ nahmen sind für aquatische Insekten und

deren Entwicklungsstadien beson­ders wirk­ ­sam, wenn sie die zwei folgenden generellen Eigenschaften erfüllen: 1. Reduktion resp. Pufferung der durch Schwall-Sunk-Betrieb erhöhten hydraulischen Kräfte und ihrer Schwankungen. Damit stabilisieren sich lokal die Habitat­eigenschaften, und die Verdriftung wird reduziert. 2. Sicherstellung der beständigen Be­netzung wertvoller Habitate in öko­logisch relevanten Zeitfenstern bzw. Pufferung wesentlicher Schwan­kungen in der Benetzung. Dadurch wird ermöglicht, dass insbesondere immobile Entwicklungsstadien (Eier und Puppen) bei Sunk nicht trockenfallen und die Emergenz stattfinden kann. Zudem erhöhen folgende Eigenschaften die Wirksamkeit von baulich-morpholo­gi­ schen Massnahmen, insbesondere, wenn im Sanierungsprojekt diesbezüglich spe­ zi­fische Defizite erkannt wurden: 3. Förderung der natürlichen Sediment­ dynamik, um lokal eine dauerhafte innere Kolmation zu ver­hindern und eine Substrat­mobili­sierung bzw.

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-sortierung zu ermöglichen. Damit bleibt der Zugang zum Kieslücken­ system als Habitat und Rückzugsort erhalten und die Habitatvielfalt wird erhöht. 4. Erhöhung des Rückhalts von organischem Material, welches als hochwertige Nahrungsquelle und als Habi­tat für aquatische Insekten dienen kann. 5. Pufferung von Temperatur­schwankun­ gen, damit negative Auswirkungen auf die Entwicklungsstadien und die durch Temperatur ausgelöste Drift verhindert werden. Der lokale Pufferungseffekt (Punkte 1, 2, 5) ist stark von der hydraulischen Anbin­dung der Massnahme an den Schwall-SunkHauptstrom abhängig (Jackson et al., 2012): Die Wasseraustauschrate zwischen dem durch die Massnahmen geschaffenen Ha­bi­tat und dem Hauptstrom kontrolliert, wie stark die durch den Schwall-Sunk-Be­ trieb verursachten Schwankungen abge­ schwächt werden können. In einem Altarm mit grossem Wasservolumen und kleiner Austausch­fläche zum Hauptge­rin­ne dauert z. B. eine schwallbedingte Tem­pera­tur­ änderung deutlich länger und erreicht evtl. einen geringeren Maximalwert als in einer offenen Uferbucht. Zu betonen ist auch, dass die Trü­ bungs­problematik und eine damit einhergehende verstärkte innere Kolmation der Sohle nur bedingt durch kleinräumige bau­ lich-morphologische Massnahmen verrin­ gert werden kann, da die Kolmation und kontinuierliche Resuspension von Fein­se­ di­menten primär durch den Feinse­di­ment­ gehalt des Wassers und das Auftreten grös­ serer Abflussspitzen abhängig ist (Wharton et al., 2017). In kanalisierten Gewässerab­ schnitten kann eine zusätzliche Strukturie­ rung unter gewissen Umständen sogar zu einer Zunahme der Sedimentsortierung mit verstärkter Ablagerung von Fein­se­ diment im strömungsberuhigten Bereich führen (Schweizer et al., 2016; Sindelar und Mende, 2009). Die Förderung einer natürlichen Sedimentdynamik (z. B. durch natürliche oder künstliche Hochwasser), welche eine gelegentliche (1 – 3 Mal pro Jahr) Mobilisierung der Sohle bzw. eine natürliche Substratsortierung verursacht, kann einer dauerhaften Kolmation entgegenwirken (Dekolmation). Sammlung potenzieller baulichmorphologischer Massnahmen Im folgenden Abschnitt wird exemplarisch gezeigt, wie sich verschiedene Typen baulich-morphologischer Massnahmen auf die

für aquatische Insekten relevanten SchwallSunk-Einflussfaktoren auswirken. Da bis jetzt Praxisbeispiele für baulich-morphologische Massnahmen, die aquatische In­ sekten berücksichtigen, weitgehend fehlen, präsentiert Tabelle 2 eine Auswahl potentiel­ ler baulich-morphologischer Mass­nahmen und deren mögliche Wirkung. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die präsentierten Effekte sind oft fallspezifisch. In der Annahme, dass die Aus­ wir­kungen der hier genannten baulich-mor­ phologischen Massnahmen auf den Was­ ser­spiegel meist gering sind, wird ein mög­ licher Zielkonflikt im Hinblick auf den Hoch­ wasserschutz in diesem Artikel nicht weiter behandelt. Totholzstrukturen vermindern die Fliess­ geschwindigkeit in ihrer Rückströmzone und im Innern der Strukturen (Schalko et al., 2021) und wirken so als Fänger für ange­ schwemmtes organisches Material (Widmer et al., 2019). Auch bieten sie Ober­fläche, auf der vielfältige Biofilme aus Algen, Pil­zen und Mikroorganismen wachsen können (Allan und Castillo, 2007). Biofilme werden von einigen aquatischen Insekten als Nah­ rungsquelle abgeweidet (Thorp und Rogers, 2015). In Schwall-Sunk-Strecken ist das Wachstum der Biofilme aufgrund der oft hohen Feinsedimentfracht allerdings oft reduziert (z. B. Abrieb, reduzierter Licht­ ein­­trag für Photosynthese). Das Holz bildet einen wertvollen Lebensraum für xylobionte (=holzbewohnende) Arten oder solche, die Fangnetze zur Erbeutung von Nah­ rung bilden. Ausserdem wird die Rinde von Laubbäumen für die Nahrungssuche ab­genagt. Im Allgemeinen können Nadel­ bäume wegen ihres geringeren Nährstoff­ gehalts und höheren Anteils an sekundären Pflanzenstoffen schlechter durch das Ma­ kro­zoobenthos verwertet werden als Laub­ bäume (Sedell et al., 1975; Hisabae et al., 2011). Idealerweise orientiert sich die Wahl des Holzes vor allem an den natürlicherwei­ se in der Region zu erwartenden Baum­ar­ ten. Gerade bei Totholzstrukturen braucht es eine gründliche vorausge­hen­de Pla­nung der Platzierung, um die Hoch­was­ser­si­cher­­heit garantieren und eine lang­fristige Funk­­tio­ na­lität gewährleisten zu können (Schweizer et al., 2016; Widmer et al., 2019; Mende, 2018; Neuhaus und Mende, 2021). Bei ho­ hem Fein­sediment­gehalt besteht je nach Positionierung das Risiko einer raschen Versandung bzw. der Kolmation der Tot­ holz­strukturen, womit wertvolles Habitat für aquatische Insekten verloren geht. Steinstrukturen, wie Belebtsteingrup­pen oder auch Steinbuhnen (z. B. Mikrobuhnen, Hakenbuhnen etc.) können die Fliess­ge­

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schwindigkeit verringern, aber vor allem di­versifizieren (Werdenberg et al., 2014) und somit lokal die Diversität an potentiellen Habitaten für aquatische Insekten erhöhen. Je nach Positionierung in der Haupt­ ­strömung (inklinant/deklinant) und Höhen­ lage (überströmt/umströmt) führen sie zu unterschiedlichen Anordnungen von Kol­ken und Auflandezonen sowie erhöhter Sub­ strat­sortierung (Mende, 2013). Gleichzeitig schaffen sie auch potentielle Strukturen für die Eiablage (Encalada und Peckarsky, 2012) beziehungsweise wertvolle strö­ mungs­beruhigte Bereiche für die Larven. Zu berücksichtigen ist, dass bei hohem Feinsedimentgehalt je nach Positionierung eine rasche Versandung bzw. Kolmation solcher Strukturen möglich ist und sie somit als Habitat für aquatische Insekten weniger geeignet sind. Regelmässig tro­ ckenfallende Teile der Strukturen, in der Regel Blocksteine, können auch kaum besiedelt werden. Buchtartige Strukturen schwächen die bei Schwall entstehenden hydraulischen Kräfte ab und können damit ein geschütztes Habitat für aquatische Insekten bieten (Hauer et al., 2017; Meile et al., 2008; Ribi et al., 2014). Ein potenzielles Problem bei Buchtstrukturen kann die Vergrös­se­ rung der Wasserwechselzone durch ein flaches Ufer darstellen, was das Risiko der Strandung erhöht (Vanzo et al., 2016). Auch besteht das Risiko, dass solche Struk­ turen bei hohem Feinsedimentgehalt versanden bzw. kolmatieren, was wiederum zu einer signifikanten Abnahme der Ha­ bitate aquatischer Insekten führt. Bil­den sich Einbuchtungen natürlicherweise, z. B. unterhalb einer Kiesbank, so wird ei­ne lang­ fristige Versandung durch die gelegentliche Mobilisierung des Geschiebes bei Hochwasserereignissen verhindert (Hauer et al., 2017). Die funktionelle Lang­lebigkeit solcher Strukturen ist somit mass­geblich vom Hochwasser- und Sediment­regime ab­hängig. Eine weitere Möglichkeit, um die vom Schwall-Sunk-Betrieb verursachten Ab­ flussschwankungen zu dämpfen, ist die Wiederanbindung von alten, abgekop­pel­ ten Flussstrukturen. Die Anbindung von Seitenarmen ermöglicht eine hohe Ha­bi­ tat-Diversität mit geringer Sohlenschub­ spannung, was zu einer verminderten Ver­ driftung aquatischer Insekten führen kann (Vanzo et al., 2016). Je nach Anbindung der Flussstruktur ist jedoch ein Trocken­ fallen bei Sunk möglich. Naturnahe Zu­flüs­se können einerseits für Sediment­nach­schub sorgen und gleichzeitig die Abfluss­schwan­ kungen reduzieren (Vericat et al., 2020) so­ 13


Wirkung auf die Haupteinflussfaktoren des Schwall-Sunk-Betriebs auf aquatische Insekten (Tab. 1) Massnahmen Typ Verringerung der Beständige hydraulischen Benetzung Kräfte

Totholzstrukturen Verringerung in Keine der Rück­ström­ Auswirkung * zone; insgesamt Er­höhung der Variabilität; evtl. Erhöhung im freien Fliess­quer­ schnitt bzw. am gegen­über­ liegenden Ufer

Förderung der natürlichen Sediment­dynamik: Gelegentliche Verstärkte Substrat­ Substrats­­ mobilisierung/ ortierung Dekolmation Lokale Lokal erhöhte Dekolmation bei Sortier­effekte in Hoch­wasser; evtl. Rück­ström­zone; lokal erhöhter evtl. Fein­ Trans­port im sediment­ freien Fliess­quer­ ablagerung schnitt bzw. am gegen­über­ liegenden Ufer

Rückhalt von organischem Material

Verringerung der Beispiele/ Tem­peratur­schwan­ Referenzen kungen

Erhöhung des Rückhalts von grobem organischem Material (z. B. Blätter)

Keine Auswirkung

Je nach Volumen des Werdenberg et Buhnen­felds, des al., 2014 Buhnen­typs, dem Li et al., 2019 Verhältnis zum mittleren SchwallSunk-Wasser­spie­gel, evtl. Verringe­rung der Schwan­kungen und Ab­mil­de­rung der Gradienten

Schweizer et al., 2016 Mende 2018, 2021 Widmer et al., 2019

Verschiedene Buhnen­typen

Verringerung in den Buhnen­ feldern; insgesamt Erhöhung der Variabilität; evtl. Erhöhung im freien Fliess­quer­ schnitt

Je nach Buhnentypen und Verhältnis zum mittleren SchwallSunk-Wasser­ spiegel evtl. verstärktes Trocken­fallen im Buhnen­feld*

Lokale Dekolmation bei Hoch­wasser; evtl. lokal erhöhter Transport im freien Fliess­quer­schnitt möglich

Erhöhte Sortier­ effekte; evtl. Fein­ sediment­ ablagerungen im Buhnen­feld

Kaum Auswirkung; evtl. Rückhalt von Blättern und Totholz im Buhnenfeld

Kiesbank/ Schüttung

Verringe­rung in der Rück­ström­ zone; insge­samt Erhöhung der Variabilität; evtl. Erhöhung im freien Fliess­quer­ schnitt

Je nach Aus­führung, Böschungs­ neigung und Höhen­lage im Bezug zum mittleren SchwallSunk-Wasser­ spiegel, evtl. Trocken­fallen

evtl. verstärkte Seiten­erosion und Geschiebe­ver­füg­barkeit (bei unverbauten Ufern)

Keine Auswirkung (Veränderung der Zusammen­ setzung des Sohlsubstrats möglich in Abhängigkeit der ein­ge­brachten Korn­grössen)

Kaum Keine Auswirkung Auswirkung; evtl. Rückhalt von Blättern und Totholz

Hauer et al., 2017 Döring et al., 2018 Bunte 2004

Beleb­stein­gruppe / Verringe­rung in Block­stein­gruppe der Rück­ström­ zone; insge­samt Erhöhung der Variabilität

Keine Aus­ wirkung*

Keine Auswirkung Lokal erhöhte Sortier­effekte in Rückström­zone; evtl. Fein­ sediment­ ablagerung

Kaum Keine Auswirkung Auswirkung; evtl. Rückhalt von Blättern und Totholz

Schweizer et al., 2016 Li et al., 2019

Buchten

Je nach Keine Auswirkung Ausführung und Verhältnis zum mittleren SchwallSunk-Wasser­ spiegel verstärktes Trocken­­fallen durch Entstehung von Flach­ufern möglich

Lokal erhöhte Sortier­effekte in Rück­ström­zone; evtl. Fein­ sediment­ ablagerung

Kaum Auswirkung; evtl. Rückhalt von Blättern

Je nach Grösse und Ribi et al., Anbindung/ 2014 Ent­kopplung an die Haupt­strömung, evtl. Dämpfung der Schwan­kungen

Je nach Verhältnis Keine Auswirkung zum mittleren Schwall-SunkWasser­spiegel evtl. Trocken­fallen

Lokal erhöhte Sortier­effekte in Rück­strömzone; evtl. Fein­ sediment­­ ablagerung

Erhöhung des Rückhalts

Je nach Grösse und Sumi et al., Anbindung/ 2009 Ent­kopplung an die Haupt­strömung, evtl. Dämpfung der Schwan­kungen

Verringerung in den Buchten, kaum Be­einflus­ sung im freien Fliess­quer­schnitt

Seiten­arm/Blinde Massive Mün­dung Verringe­rung durch starke Strömungs­ beruhigung (stehendes Gewässer)

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Natur­naher Mün­dungs­ bereich eines Zu­flusses

Erhöhung der Variabilität

Je nach Verhältnis Keine Auswirkung evtl. erhöhte der Sohlen­lage Sortier­effekte zum mittleren Schwall-SunkWasser­spiegel, evtl. Trocken­fallen

Unter­spülte Ufer z. B. mit Wurzel­werk

Erhöhung der Variabilität; klein­räumige strömungsberuhigte Zonen im Wurzel­werk

Keine Auswirkung*

Pool-RiffleSequenz

Erhöhung der Variabilität in Längs­richtung

Kaum Auswirkung evtl. lokale Dekolmation bei Hoch­wasser

Kaum Auswirkung; evtl. Rückhalt von Blättern und Totholz

Keine Auswirkung Keine Aus­wirkung Erhöhung des Rückhalts von grobem organischem Material (z. B. Blätter)

Substrats­ ortierung in Längs­richtung; reduzierte Ab­lagerung von Fein­material im Riffle

Je nach An­bindung/ Entkopplung an die Haupt­strömung, evtl. Dämpfung der Schwan­kungen

Milner et al., 2019 Vericat et al., 2020

Keine Auswirkung

Mende 2018 Widmer et al., 2019

Keine Auswirkung Keine Auswirkung

Gore et al., 1998

Tabelle 2: Übersicht von potentiellen baulich-morphologischen Massnahmen und ihrer möglichen Wirkung auf die Haupt­ einflussfaktoren des Schwall-Sunk-Betriebs auf aquatische Insekten. Die Wirkung bezieht sich auf den Zustand nach Erreichen eines steady-state nach Einbau der Massnahme. * = Je nach Struktur Zunahme der trockenfallenden Oberfläche. wie die damit einhergehenden Was­ser­tem­ peraturschwankungen durch Ver­dün­nung dämpfen (Feng et al., 2018; Fullerton et al., 2015). Ferner bieten naturnahe Zuflüsse eine Quelle für die Wie­der­besiedlung von aquatischen Insekten in Schwall-Sunkbelasteten Flussab­schnit­ten (Kennedy et al., 2016; Milner et al., 2019). Die naturnahe Ge­staltung eines Mündungs­bereichs kann so­mit zu potenziell wertvollen Habitaten in Schwall-Sunk-Strecken führen. 4.  Einbettung von kleinräumigen baulich-morphologischen Massnahmen Die oben vorgestellten Massnahmen sind Beispiele, wie sich kleinräumige baulichmorphologische Massnahmen unter Be­ rücksichtigung der aquatischen Insekten planen lassen. Ob und welche baulichmorphologischen Massnahmen sich für eine spezifische Schwall-Sunk-Strecke eig­ nen, lässt sich nicht pauschal festlegen,

denn Wirksamkeit und Langlebigkeit solcher kleinräumigen Strukturen hängen auch von ihrer räumlichen Einbettung im Ge­ wäs­serabschnitt und Einzugsgebiet ab. Klein- und grossräumige Prozesse Gemäss der VZH können baulich-mor­ pho­logische Massnahmen im Rahmen der Schwall-Sunk-Sanierung nur kleinräumig umgesetzt werden. Bauliche und betriebliche Schwall-Sunk-Sanierungsmass­nah­ men greifen dagegen in das Abflussregime ein, welches natürlicherweise von Ein­zugs­ gebietseigenschaften abhängig ist (z. B. Vergletscherung, Landnutzung, Saisonalität des Niederschlags). Neben dem Abfluss­ re­gime wird das Gewässerökosystem durch geomorphologische, ökologische und bio­ geochemische Prozesse geformt. Die Pro­ zesse finden auf unterschiedlichen räumlichen Skalen statt (z. B. Mesohabitat, Fluss­ abschnitt und Einzugsgebiet) und können in ihrer Intensität sehr stark variieren (Polvi et al., 2020). Je nach Intensität und Wech­

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selwirkung zwischen den Prozessen besteht die Gefahr, dass baulich-morpholo­ gische Massnahmen nach kurzer Zeit ihre Funktionalität verlieren. Wie auch in der VZH bemerkt, kann zum Beispiel das Se­ dimentregime im Einzugsgebiet für die Be­ ständigkeit einer baulich-morphologi­schen Massnahme entscheidend sein (siehe S. 112 in der VZH). So kann ein Geschie­be­ defizit zur Erosion von wertvollen Sedi­ment­ strukturen führen (Kondolf 1997; Vericat et al., 2020). Umgekehrt kann ein hoher Fein­ sedimentgehalt im Fliessgewässer die Ver­ sandung bzw. Kolmation von Bucht­struk­ turen verursachen (Greimel et al., 2017). Die Berücksichtigung der Wechsel­wir­kun­ gen zwischen den Prozessen ist somit für die Langlebigkeit von baulich-morpholo­ gischen Massnahmen essenziell. Potential für die Wiederbesiedlung Die Wirksamkeit einer kleinräumigen baulich-morphologischen Massnahme wird 15


Auswirkungen von Schwall-Sunk auf die Lebensgemeinschaft des Makrozoobenthos. Erfahrungen aus Schweizer Projekten In der Schweiz sind aktuell 523 Arten Eintags-, Stein- und Köcher­ fliegen (kurz EPT) nachgewiesen (info fauna – SZKF/CSCF, 2010): 89 Eintagsfliegen, 121 Steinfliegen, 313 Köcherfliegen. Auf­grund von Daten aus verschiedenen Projekten in Schwall-Sunk-Strecken und der Verbreitung und Ökologie der Arten ist eine Schätzung der von Schwall-Sunk betroffenen Artenvielfalt möglich. Min­ des­tens 146 dieser Arten (28 Prozent) sind von den Auswirkungen des Schwall-Sunk-Betriebs betroffen, wovon 41 Arten (28 Pro­ zent) in den Roten Listen aufgeführt sind (Lubini et al., 2012). Am häufigsten vom Schwall-Sunk-Betrieb betroffen sind in der Schweiz die Eintagsfliegen (55 Prozent), gefolgt von den Stein­ flie­gen (39 Prozent) und den Köcherfliegen (16 Prozent). Das Gros dieser Arten bewohnt alpine und voralpine Gewässer sowie die Ge­wässer des Jurabogens. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen den Verlust der Artenvielfalt, die Abnahme der Biomasse und die Verände­ rung in der Zusammensetzung der Lebens­gemein­schaft durch Schwall-Sunk, weil dort nur jene Arten vorkommen, welche die häufigen, künstlich erzeugten «hochwasserartigen» Schwälle überleben können. Diese andauernde Störung bewirkt, dass sich das Ökosystem auf einen neuen Zustand hinbewegt, der sich vom ursprünglichen unterscheidet. Die Auswirkungen zeigen sich direkt durch eine erhöhte Driftrate, aber auch indirekt durch die Beeinträchtigung der verschiedenen Entwicklungsstadien (siehe Abschnitt 2 im Haupttext). Die laufenden Untersuchungen im Rahmen der Nationalen Beobachtung der Oberflächenge­ wäs­ser­qualität (NAWA) bestätigen diesen Befund: In 18 schwall­ beeinflussten Flüssen wurden 2019 im Durchschnitt 19 ± 8 EPTArten nachgewiesen; im Minimum waren es bloss 5 (Vispa). Bei 24 vergleichbaren, jedoch nicht von Schwall-Sunk geprägten Gewässern waren es im Mittel 25 ± 9 EPT-Arten. Der Rückgang der Artenzahlen ist auch historisch belegt: Noch in den 1940er Jahren wurden in der Rhone bei Brig trotz der Korrektion 14 Stein­ fliegenarten nachgewiesen, darunter sehr seltene; heute sind es noch maximal 7 Arten (info fauna – SZKF/CSCF, 2010), keine da­von steht in der Roten Liste. Oft verschärfen kanalisierte Ge­ rinne mit über den gesamten Querschnitt gleichförmigen Fliess­ geschwindigkeiten die negativen Folgen des Schwall-SunkBetriebs zusätzlich (Rey et al., 2011). In Schwall-Sunk-Strecken zeigt sich generell ein deutlicher Trend zur Dominanz von Arten, die an mittlere Fliessge­schwin­ digkeiten angepasst sind, u.  a. die Gattung Rhithrogena und Baetis alpinus, die stets hohe Individuendichten erreichen (Hocevar et al., 2014; Wüthrich & Birnstiel, 2019). Ebenso profitiert auch die Köcherfliege Allogamus auricollis, ein passiver Filtrierer, der auf festem Substrat sitzt und Fliessgeschwindigkeiten von < 0,5 m/s toleriert. In der Rhone bei Riddes war A. auricollis sogar die ein­ zige vorkommende Art (Uhlmann, 2001). Weniger stark beeinträchtigt werden in der Regel räuberische Arten wie die Gattun­ gen Rhyacophila und Isoperla. An langsamere Fliessgeschwindig­ keiten (< 0,25 m/s) angepasste Arten der Uferzonen, u. a. die Ein­ stark von den Ausbreitungsmöglichkeiten der aquatischen Insekten beeinflusst. Wenn aquatische Insektenarten aufgrund der Be­ einträchtigungen in einer Schwall-SunkStrecke verschwunden sind, kann eine na­ türliche Wiederbesiedlung über drei Wege 16

tagsfliegen Cloeon, Centroptilum, Alainites muticus und die Arten der Leptophlebiidae, bei den Köcherfliegen die Gattung Sericostoma und die meisten Arten der Limnephilidae, sind hingegen in Schwall-Sunk-Strecken selten oder fehlen. Die Ufer­ zone ist für viele Arten ein wichtiges Habitat für die Eiablage, für die Verpuppung oder den Übergang zur terrestrischen Lebens­ weise (Emergenz). Arten, die Habitate mit sehr hohen Fliessge­ schwindigkeiten (> 1m/s) besiedeln (z. B. Epeorus), sind in SchwallSunk-Strecken ebenfalls oft untervertreten oder fehlen im Ver­ gleich zur naturnahen Referenz (Hocevar et al., 2014; Rey et al., 2011; Wüthrich, 2014), möglicherweise als Folge davon, dass das Habitatangebot, dauernd benetzte Blöcke in starker Strö­ mung, durch den Schwallbetrieb abgenommen hat und die Kol­ mation bei Hochwasser die Flucht in den Kieslückenraum erschwert. Kolmation dürfte auch der Grund für die im Vergleich zur naturnahen Referenz geringeren Dichte der Steinfliege Perla grandis sein wie in der Moesa, im Vorder- und im Alpenrhein (Hocevar et al., 2014; Lubini, 2016; Wüthrich & Birnstiel, 2019), weil der Lückenraum unter grösseren Steinen für diese bis zu 3,5 cm grossen Larven fehlt. Von Kolmation betroffen sind ferner jene Larven, die tief im Gewässerbett (10 – 50 cm) leben, u. a. Leuctridae, Capniidae, Chloroperlidae (Steinfliegen). Ausser den oben genannten Faktoren, die für das Makro­ zoo­benthos als Folge des Schwallbetriebs problematisch sind, können sich auch Trübstoffe negativ auswirken. So lieferte der Schwallbetrieb in der Landquart den höchsten Trübstoffeintrag im System des Alpenrheins und unterhalb der Ill-Mündung war das Wasser des Alpenrheins permanent trüb (Rey et al., 2011). Die Trübstoffe schädigen den Biofilm am Gewässergrund, eine wichtige Nahrungsgrundlage der aquatischen Lebensge­mein­ schaft. Dazu gehören zahlreiche Eintagsfliegen und Köcher­ fliegen (Glossosomatidae), die den Aufwuchs an Steinen und Geröll in Ufernähe abweiden. Zuflüsse tragen nicht in jedem Fall zur Artenvielfalt der Flüsse bei, da sie oft ebenso durch die Wasserkraft geprägt sind wie etwa die Ill und die Landquart im System des Alpen­ rheins oder weil sie einem anderen Gewässertyp entsprechen (z. B. Liechtensteiner Binnenkanal; Rey et al., 2011). Dabei darf nicht vergessen werden, dass auch kleinere Fliessgewässer über eine artenreiche, oft spezialisierte Lebensgemeinschaft ver­fügen können und vom Schwall-Sunk-Betrieb ebenso betroffen sind (Lubini, 2013). Insgesamt muss davon ausgegangen werden, dass in schwallbeeinflussten Fliessgewässern das ökologische Poten­ zial bezüglich einer standortgerechten Artenvielfalt und Dichte nicht erreicht wird (Rey et al., 2011). Von grosser Bedeutung für den Schutz der EPT-Vielfalt in der Schweiz sind deshalb artenreiche Flusssysteme wie etwa die Thur mit 136 EPT-Arten (info fauna – SZKF/CSCF) oder das Sense-System mit 160 EPT-Arten (Zurwerra et al., 2000). Verena Lubini

erfolgen: i) durch das Eindriften von Lar­ ven sowie Individuen anderer aquatischer Ent­wicklungsstadien von flussaufwärts ge­ ­le­ge­nen Flussabschnitten; ii) durch fliegende Adulttiere, die sich in nahen, auch fluss­­abwärts gelegenen Flussabschnitten

entwickelt haben und die Schwall-SunkStre­cke zur Eiablage aufsuchen (Bilton et al., 2001); iii) via Wiederbesiedelung aus na­turnahen Zuflüssen (Kennedy et al., 2016, Milner et al., 2019). Die Reichweite der drei Prozesse ist allerdings begrenzt

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und liegt selten über fünf Kilometer (Gore, 1985; Sundermann et al., 2011). Kopplung mit weiteren Massnahmen Eine Kombination von kleinräumigen baulich-morphologischen Massnahmen mit weiteren Massnahmen kann Synergien schaffen. Betriebliche Massnahmen dienen im Allgemeinen der zusätzlichen Dämp­ fung der massgebenden hydrologischen Kenngrössen des Schwall-Sunk-Betriebs (Schwallabfluss, Sunkabfluss, Pegelan­ stiegs- und Pegelrückgangsrate) und können für eine saisonal abgestimmte Sa­ nierung genutzt werden. Zusätzlich kann das Ableiten von natürlichen Hochwassern oder die Erzeugung künstlicher Hoch­was­ ser die ökologischen Prozesse in SchwallSunk-Strecken fördern. So wirken Hoch­ was­serereignisse, deren Spitzenabfluss zu einem Aufbrechen der Deckschicht bzw. zu massgeblichen Sedimentumla­ge­run­gen führt, der Kolmation entgegen (Robin­son und Uehlinger, 2008). Eine weitere Mög­ lich­keit wäre es, während ökologisch sensitiver Zeitfenster einen konstanten und ver­gleichsweise hohen Sunk­ab­fluss zu ga­ rantieren (basierend auf Kennedy et al., 2016). Durch diese betriebliche Mass­nah­ me wäre gewährleistet, dass bei Sunk­ab­ fluss die Emergenz annähernd natürlich erfolgen kann bzw. Eier der aquatischen Insekten nicht austrocknen. 5.  Schlussfolgerungen Die Auswirkungen des Schwall-Sunk-Be­ triebs auf das Larvenstadium aquatischer Insekten wurde in wissenschaftlichen Pu­ blikationen gut dokumentiert (Tabelle 1). Im Gegensatz dazu sind Auswirkungen

vom Schwall-Sunk-Betrieb auf das Ei- und Puppenstadium sowie auf die Adulttiere bisher wenig beschrieben. Aufgrund der gut untersuchten Biologie und Ökologie, be­ sonders der Eintags-, Stein- und Köcher­ fliegen, kann aber eine grobe Abschätzung der Auswirkungen vorgenommen werden (Box S. 16). Mit spezifischen Studien, z. B. im Rahmen von Wirkungskontrollen oder For­ schungsarbeiten, können Wissenslücken in Zukunft gezielt geschlossen werden, auch um die ökologischen Anforderungen an kleinräumige baulich-morphologischen Massnahmen präziser definieren zu können. Den Wirkungskontrollen kommt da­ bei eine besondere Rolle zu, können doch z.B. vereinheitlichte Vorher-Nachher-Er­he­ bungen die Grundlage für ein systematisches projektspezifisches und auch pro­ jekt­übergreifendes Lernen bilden (Thomas et al., 2019). Es sind heute verschiedene Typen von kleinräumigen baulich-morphologischen Massnahmen zur Verbesserung der lokalen Strömungs- und Sedimentdynamik bekannt (Tabelle 2). Ihre Wirkung auf aqua­ tische Insekten oder das Makrozoo­ben­ thos insgesamt wurde jedoch noch sehr wenig untersucht, so auch nicht in mor­pho­ logisch stark veränderten Schwall-SunkStrecken. Hier sind Wir­kungs­kon­trol­len zur Erweiterung der Kenntnisse und des Wis­ sensstands entsprechend besonders wert­ voll. Wird die Ökologie des Makrozoo­ben­ thos von Anfang an in den Schwall-SunkSanierungsprozess einbezogen, können die Einflussfaktoren (Bild 2; Tabelle 1) in der Massnahmenplanung explizit adressiert werden. Dadurch kann die Wirk­sam­ keit verschiedener baulich-morphologi­ scher Massnahmen kleinräumig sowie ab-

schnittsbezogen durch eine gezielte Wir­ kungskontrolle geprüft werden. Forschung und Praxis können beste­ hende Massnahmentypen dahingehend weiterentwickeln, dass sie eine Milderung der Haupteinflussfaktoren von SchwallSunk auf das Makrozoobenthos erlauben. Experimentelle Ansätze sind in dieser Hin­ sicht vielversprechend, da mit ihnen die Funktionsweise von baulich-morpholo­gi­ schen Massnahmen unter verschie­de­nen Bedingungen untersucht werden können (z. B. Schwall-Sunk-Kenngrössen, Trü­bung, Temperaturschwankungen, Geschie­be­ haus­halt). Die interdisziplinäre Zusam­men­ arbeit (z. B. Ökologie, Flussbau) ist da­bei eine entscheidende Voraussetzung; sie er­ möglicht eine umfassende Definition der Chancen und Grenzen für den Einsatz von kleinräumigen baulich-morphologi­schen Mass­nahmen für die Sanierung von SchwallSunk. 6.  Danksagung Die Autorinnen und Autoren bedanken sich herzlich bei den Interview­partne­rin­nen und -partnern für ihre hilfreichen Aus­künfte und weiterführenden Informationen: Lucie Lundsgaard-Hansen (BAFU), Lorenzo Gorla (BAFU), Verena Lubini (Gewässer­öko­logie), Diego Tonolla (ZHAW und eQcharta GmbH), Steffen Schweizer (KWO), Matthias Mende (IUB Engineering AG), Michael Müller (IUB Engineering AG), Christoph Hauer (BOKU Wien), Tobias Meile (BG Ingénieurs Conseils SA) und Stephanie Schmidlin (Limnex AG). Ein herzlicher Dank geht an Peter Penicka für die graphische Umsetzung von Bild 1. Diese Arbeit wurde im Auftrag des Bun­ des­amts für Umwelt (BAFU) durchgeführt.

Quellenangaben und Autorennachweis anschliessend an die französiche Version des Artikels ab Seite 29.

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Mesures morphologiques ponctuelles dans le cadre de l’assainissement des éclusées : quels bénéfices pour le macrozoobenthos ? Nathalie Friese, Christine Weber, Cristina Rachelly, Volker Weitbrecht, Nico Bätz; Traduction française : Laurence Frauenlob

Résumé En Suisse, l’assainissement des éclusées dans les cours d’eau se base sur des mesures de construction et, éventuellement d’exploitation, visant à atténuer les variations de débit dues à l’exploitation par éclusées des centrales hydroélectriques. Ces mesures d’assainissement peuvent être complétées par des mesures morphologiques ponctuelles comme l’installation d’amas de bois mort, la disposition de blocs brise-lames ou la création d’anses. Dans cet article, nous nous proposons de dis­ cuter de leurs effets sur les macroinvertébrés aquatiques qui, de par leur grande diversité spécifique et la complexité de leurs cycles de vie, sont souvent très affectés par les éclusées. Nous traiterons de la façon dont les différents types de mesur­es peuvent atténuer localement les impacts du régime d’éclusées, que ce soit en réduisant les paramètres hydrauliques, en assurant une surface mouillée permanente ou encore en favorisant la dynamique sédimentaire.

1.  Mesures d’assainissement relatives aux éclusées Le travail de planification stratégique préalable à l’assainissement des cours d’eau en regard des éclusées a mis en évidence un devoir d’intervention au niveau de 102 centrales (BAFU 2015) qui entraînent des variations subites et artificielles de débit (éclusées) portant des atteintes graves à la faune et la flore indigènes et à leurs biotopes (art. 39a LEaux; art. 41e OEaux). Pour faciliter la tâche des détenteurs des centrales dans la mise en œuvre des mesures d’assainissement nécessaires, la Confé­dé­ ­ration met à disposition un manuel d’aide à l’exécution (Tonolla et al., 2017) ainsi qu’un budget annuel de 50 millions de francs pour tous les assainissements de la force hydraulique (concernant donc les éclusées, le charriage et la migration des poissons). Les autorités ordonnent des mesures de construction pour empêcher ou limiter les atteintes graves dues aux éclusées (art. 39a, al., 1 LEaux). Leur principal objectif est de réduire la valeur des paramètres hydrologiques caractéristiques des éclusées (débit d’éclusée, débit plancher et taux de montée et de descente du niveau d’eau). La mesure la plus souvent envisagée est la construction d’ouvrages offrant un volume de rétention ou de compensation (bassin, galerie, etc.) ; c’est ainsi l’option 18

qui a été choisie par les Forces motrices de l’Oberhasli (KWO) (Schweizer et al., 2016, 2021). Toutefois, à la demande des détenteurs de centrales, les autorités peuvent également ordonner des mesures d’exploitation qui consistent à agir sur la manière dont les turbines sont actionnées (art. 39a, al., 1 LEaux). Pour accroître le bénéfice écologique de ces mesures de construction ou d’exploitation, des mesures morphologiques ponctuelles de construction, appelées ci-après mesures morphologiques ponctuelles, peuvent être mises en œuvre en complément dans les cours d’eau. Dans l’aide à l’exécution, les mesures morphologiques ponctuelles sont présentées comme des interventions complémentaires et définies comme des « adaptations morphologiques modestes et localisées du lit du cours d’eau («instream») qui sont à même de «réduire les conséquences écologiques des éclusées sans modifier la morphologie du cours d’eau à grande échelle». Dans le cadre de l’assainissement des éclusées, seules des améliorations morphologiques locales peuvent être réalisées ; les modifications à plus grande échelle de la morphologie du cours d’eau doivent en effet être réalisées et financées dans le cadre de la revitalisation des eaux (art. 38a LEaux). L’aide à l’exécution cite différents types de mesures morphologiques ponctuelles :

bras latéraux inondés en permanence, me­ sures IRT (instream river training), pierres brise-lames, anses calmes, etc. (annexe E). Ces mesures visent en premier lieu à améliorer la qualité de l’habitat pour les poissons; c’est ainsi le cas des anses proposées par Ribi et al. (2014) ou des abris à poissons, souches, ensembles de gran­des pierres et épis employés par Schweizer et al. (2016, 2021). En revanche, il n’existe quasiment pas de mesures morphologiques ponctuelles visant spécifiquement à favoriser le macrozoobenthos. Ce dernier regroupe une grande variété de macro­invertébrés, c’est-à-dire d’invertébrés de plus de 1 mm de long: larves d’insectes, mollusques, crustacés, acariens, sangsues, vers, etc. Ces macroinvertébrés évoluent dans un espace très restreint et présentent des exigences très variées en matière d’habitat – pour la reproduction ou pour la recherche de nourriture par exemple. Les mesures d’atténuation de l’impact des éclusées conçues pour les poissons ne sont pas automatiquement bénéfiques au macrozoobenthos. En pratique, de nombreuses incertitudes persistent en ce qui concerne le fonctionnement et l’efficacité des mesures morphologiques pour les macroinvertébrés, ce qui peut entraîner des difficultés lors de leur planification (conflits potentiels avec les mesures favorisant la faune piscicole). Dans cet article, nous nous proposons de discuter des facteurs susceptibles d’influer sur l’efficacité pour le macrozoobenthos des mesures morphologiques ponctuelles visant les éclusées. Nous avons choisi de nous concentrer sur les insectes aquatiques et leurs larves car ils ont déjà été bien étudiés et qu’une partie, au moins, de leur cycle de développement complexe s’accomplit dans l’eau (encart p. 19; figure 1). De ce fait, les insectes aquatiques jouent un rôle majeur dans la connectivité entre milieu terrestre et milieu aquatique, au niveau, notamment, du réseau trophique (Baxter et al., 2005, Sitters et al., 2015). Nous allons tout d’abord traiter, par des

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a) Une femelle de plécoptère (Baetis sp.) descendant la tête la première dans l’eau le long d’une pierre à demi immergée pour pondre et fixer ses œufs sur la surface rocheuse.

b) Œufs de Limnephilidae (ponte entourée d’une masse gélatineuse) déposés sous une pierre près de la rive où ils peuvent facilement s’assécher durant le débit plancher.

c) Larve de trichoptère sans fourreau (Hydro­psyche incognita) qui tend des pièges entre les pierres pour capturer ses proies. Se rencontre jusqu’à des vitesses de courant de 0,5 m/s maximum.

d) Larve de trichoptère à fourreau (Halesus radiatus) vivant près des rives. Ne peut quasiment pas subsister dans les tronçons à éclusées car elle est emportée par le courant durant le débit d'éclusée.

e) Larve de plécoptère (Amphinemura sulcicollis) vivant sur le bois mort, les plantes aquatiques ou la mousse.

f) Emergence d’un plécoptère (Perla grandis) la nuit, près de la rive, juste au dessus de la surface de l’eau.

Figure 1: Stades de développement des insectes aquatiques.

Larve, pupe, imago – Les stades de développement des insectes aquatiques À quelques exceptions près, les insectes aquatiques peuvent être répartis en deux groupes, selon qu’ils accomplissent un cycle de développement complet incluant un stade pupal (insectes holométaboles) ou un cycle incomplet sans stade pupal (hémimétaboles; Thorp et Rogers 2015, voir également figure 1). Après que les adultes ont pondu les œufs, les larves éclosent. Pour qu’elles puissent grandir et se développer, elles effectuent plusieurs mues. Chez les insectes holométaboles, les larves forment une pupe avant de passer au stade adulte ailé (imago); chez les hémimétaboles, ce stade pupal n’existe pas. Le passage du stade aquatique (larve / pupe) au stade terrestre (imago) s’appelle l’émergence. Si le milieu présente temporairement des conditions défavorables, certaines espèces peuvent subsister sous une forme de résistance au stade d’œuf ou de pupe. Suivant les espèces et les habitats, le cycle de développement peut être effectué une ou plusieurs fois par an. Dans de rares cas, ce cycle peut s’étendre sur deux années ou plus.

exemples, des impacts des éclusées sur les insectes aquatiques. Dans un deuxième temps, nous traiterons des spécificités des mesures morphologiques ponctuelles et de leur efficacité pour réduire les effets négatifs des éclusées sur les insectes aquatiques. Enfin, nous conclurons sur la question de savoir comment l’efficacité écologique des mesures morphologiques ponctuelles peut être augmentée ou garantie à long terme. Les faits et informations présentés et commentés dans cet article proviennent de la littérature scientifique et d’entretiens avec dix spécialistes venant du domaine technique ou du milieu de la biologie et travaillant dans la recherche ou dans la pratique. 2.  Impact des éclusées sur les insectes aquatiques Les insectes présentent un cycle de développement complexe au cours duquel ils passent du stade d’œuf à celui de larve puis, éventuellement, de pupe avant de parvenir au stade adulte où ils pourront se reproduire (encart p. 19, figure 2). Alors que le stade d’œuf et le stade larvaire se déroulent dans l’eau, le passage au stade adulte s’accompagne généralement par une transition vers le milieu terrestre (émergence; Thorp et Rogers, 2015). Tous

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les stades de développement s’imbriquant les uns dans les autres, il est fort probable qu’une mortalité importante à un stade ait un impact sur les stades suivants (Encalada et Peckarsky, 2012). Les différents stades du développement des insectes aquatiques se déroulent dans différents habitats et peuvent donc être impactés de différentes manières par les éclusées (figure 2 ; tableau 1). Les effets sur le stade larvaire sont les mieux connus. En revanche, on dispose encore d’assez peu d’informations sur leur impact sur les œufs et la ponte, le stade pupal ou l’émergence. Il semble cependant que le stade d’œuf constitue un facteur limitant ou goulot d’étranglement important pour la biomasse et la diversité des insectes aquatiques (Kennedy et al., 2016, Lancaster et al., 2010, Miller et al., 2020). En Suisse, une grande partie des insectes aquati­ ques sont impactés par les éclusées (voir encart p. 22 pour plus de détails). L’impact des éclusées sur les insectes aquatiques à leurs différents stades de développement peut être décrit comme étant déterminé par deux grands facteurs d’influence directe et trois grands facteurs d’influence indirecte (tableau 1). Les facteurs directs sont indissociables des éclusées; ils interviennent à une intensité plus ou moins forte dans tous les tronçons à éclusées. Les facteurs indirects sont tri19


Figure 2: Comparaison des facteurs d’influence agissant sur les stades de développement des insectes aquatiques dans un tronçon aux conditions hydrologiques naturelles (à gauche) et dans un tronçon à éclusées (à droite). Le régime d’écoulement est indiqué par un hydrogramme typique de part et d’autre. D’après Kennedy et al. (2016), modifié. butaires des conditions locales (canalisation du cours d’eau, p. ex.) et de phénomènes à grande échelle (apports de sédiments, p. ex.) et peuvent éventuellement être accentués par les éclusées; ils n’interviennent pas dans tous les tronçons à éclusées. Les insectes aquatiques sont directement influencés (voir également figure 2) : (i) par l’intensification des paramètres hydrauliques (vitesse du courant, contrainte de cisaillement au fond, etc.) lors des éclusées ou du passage du débit plancher au débit d’éclusée, et (ii) par la mise à sec des zones de faible profondeur (zone de marnage) lors du débit plancher ou du passage du débit d’éclusées au débit plancher. Les principaux facteurs influençant indirectement les insectes aquatiques sont (voir également figure 2): (iii) la modification de la dynamique sédimentaire (mobilisation du charriage, tri granulométrique du substrat, colmatage, etc.), (iv) la moindre rétention de matière organique particulaire (feuilles mortes, algues, etc.), et (v) les augmentations ou baisses subites de température. 20

En dehors de ces trois grands facteurs, de nombreux autres effets indirects des éclusées ont été constatés : modification de la teneur en gaz (Pulg et al., 2016), modification de l’univers sonore sous l’eau (Lumsdon et al., 2017), etc. Leur implication écologique est cependant encore très mal connue. L’intensité avec laquelle ces facteurs affectent les insectes aquatiques dépend fortement de la morphologie du cours d’eau (Greimel et al., 2018). Facteurs d’influence directe L’intensification soudaine des paramètres hydrauliques peut provoquer la dérive pas­sive des larves et, dans une moindre mesure, des pupes: les individus ne pouvant se maintenir sur le substrat ou se réfugier à temps dans les interstices du gravier sont entraînés par les éclusées (ex. : figure 1c-d ; Waters 1972, Gibbins et al., 2007, 2010). Les tronçons canalisés, en particulier, présentent peu de structures morphologiques naturelles ou artificielles comme des anses qui pourraient atténuer l’intensité des paramètres hydrauliques en phase de turbinage (éclusée) (Bruder et al., 2016). Associée à un régime d’éclusées, la monotonie morphologique du milieu peut rapidement faire augmenter la proportion d’espèces écologiquement adaptées aux fortes vitesses du courant (espèces rhéophiles ou rhéobiontes). En même temps, la part d’espèces préférant de faibles vites­ses du courant diminue

(Cushman, 1985, Schmutz et al., 2013, Schülting et al., 2016). La question de savoir dans quelle mesure les modifications subites des con­di­tions d’écoulement affectent l’émergen­ ce ou perturbent les adultes lors de la ponte n’a pas encore été suffisamment étudiée. Considérant ce que l’on sait sur le comportement de ponte, on peut cependant supposer que les œufs sont également susceptibles de dériver avec le courant. Les fluctuations artificielles de débit provoquent l’apparition d’une zone de marnage dont l’étendue dépend de l’amplitude des éclusées et du profil en travers du cours d’eau et des berges. Plus la rive ou le banc de gravier est large et plat et plus l’amplitude des éclusées est forte, plus la zone de marnage est étendue. Dans cette zone, les poissons risquent de s’échouer, mais c’est aussi le cas des insectes aquatiques dont les habitats peuvent s’assécher (Tanno et al., 2021). Beaucoup d’insectes aquatiques collent leurs œufs sur des pierres, juste en dessous du niveau de l’eau et, en général, dans des zones de faible profondeur (Kennedy et al., 2016, Statzner et Beche, 2010). Les phases de turbinage prolongées, en particulier, peuvent inciter les insectes aquatiques à utiliser la zone de marnage pour la ponte (ex. figure 1a – b ; Kennedy et al., 2016). S’il dure ne serait-ce qu’une seule heure, son assèchement durant le débit plancher peut provoquer la mort de plus de 80 % des

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Œuf

Principaux facteurs d’influence

Intensification des paramètres hydrauliques

Larve

Pupe: (uniquement chez les holométaboles; cf. encart p. 19)

Augmentation de la dérive, en particulier au début de l’éclusée, juste après l'arrivée de la vague (Bruno et al., 2016)* Les grosses larves à fourreau sont moins entraînées par le courant; celles qui tendent des pièges perdent leur habitat (V. Lubini; com. pers.)

Une dérive se produit (Bruno et al. 2010*, par ex.); le stade pupal n’est souvent pas évoqué spécifiquement dans les publications

Entraînement des femelles déposant leurs œufs lors de l’éclusée (V. Lubini; communication personnelle) Entraînement des larves ou nymphes prêtes à l’émergence se maintenant au niveau de la ligne d’eau (V. Lubini; communication personnelle)

Mise à sec des pupes se trouvant près des rives (V. Lubini; communication personnelle)

Problèmes d’identification visuelle d'un endroit approprié pour la ponte; le dépôt des œufs risque d’être moins abondant (V. Lubini; communication personnelle)

Mise à sec

Mortalité accrue en Échouage dans la zone de marnage situation de mise à sec du (Tanno et al., 2021)* milieu (Miller et al., 2020)*

Modification de la dynamique sédimentaire

Mortalité accrue suite au transport et au dépôt plus important de sédiments fins (Everall et al., 2018)

Moindre rétention de matière organique particulaire

Augmentation des fluctuations de la température de l'eau

Stress aigu suite à l’enfouissement par les sédiments et forte demande d'énergie pour se dégager (Dobson et al., 2000)

Émergence

Stades de déve­loppement

Imago (comprenant l'émergence et la ponte)

Perte de substrat de granulométrie adéquate pour la ponte, encore accentuée par le colmatage, d'où baisse du succès de la reproduction (V. Lubini ; communication personnelle)

Réduction de la biomasse et de la qualité du biofilm recouvrant le substrat (=source de nourriture); (Cashman et al., 2017)* Manque de matériaux adéquats pour la formation des fourreaux (V. Lubini ; communication personnelle) Allongement de la durée de développement à faible température. Le succès d'éclosion dépend de la température (Elliott, 1972)

Réactions variables aux éclusées en relation avec le «thermopeaking»: moindre dérive suite au refroidissement subit (Schülting et al., 2016)*, pas de perturbation du développement larvaire suite aux variations de température (Frutiger, 2004)*

Probablement effets similaires à ceux observés sur les larves. La durée de développement dépend également de la température (V. Lubini; communication personnelle)

Trop grande précocité de l’émergence suite à l’augmentation de la température (Hogg et Williams, 1996)

Tableau 1: Effet des principaux facteurs d’influence des éclusées sur les insectes aquatiques: Ce tableau montre, à partir d’exemples, comment les cinq principaux facteurs d’influence des éclusées (partie 3) peuvent agir sur les insectes aquatiques à leurs différents stades de développement; elle ne prétend pas à l’exhaustivité. Le code de couleur permet d’identifier les effets qui ont déjà été bien ou moyennement étudiés (en vert et jaune, respectivement) et ceux pour lesquels d’importantes lacunes persistent (en rouge). Les études portant explicitement sur les éclusées sont indiquées par un astérisque (*). œufs et donc réduire considérablement le nombre de larves à éclore (Kennedy et al., 2016, Miller et al., 2020). Selon certaines observations, les larves prêtes pour l’émergence, qui se maintiennent normalement au niveau de la ligne d’eau, sont nombreuses à s’échouer et à ne pas pouvoir accomplir leur développement (ex. figure 1f; V. Lubini, communication personnelle). Étant donné que la mobilité des pupes est très limitée voire inexistante, il est fort probable que l’assèchement de la zone de marnage les affecte tout autant que les œufs. Certaines espèces d’insectes aquatiques disposent de formes de résistance qui leur permettent de survivre à de mauvaises conditions extérieures à l’état d’œuf ou de larve (Thorp et Rogers, 2015). Certains œufs peuvent ainsi être protégés d’une couche gélatineuse qui limite la mortalité en cas d’assèchement (Miller et al., 2020).

Facteurs d’influence indirecte Associée à un manque de crues dû aux retenues d’eau, une forte charge en sédiments fins peut induire un colmatage durable des interstices du gravier des rivières (Baumann et Klaus, 2003, Schweizer et al., 2009). Sans remobilisation occasionnelle des matériaux du fond, ce colmatage compromet la disponibilité, l’accessibilité et la qualité des habitats interstitiels pour les larves de nombreuses espèces (Bo et al., 2007). Les éclusées peuvent en outre provoquer le lessivage sélectif de matériaux d’une certaine granulométrie (tri granulométrique du substrat, évolution vers une structure de plus en plus grossière, etc.), ce qui limite la disponibilité et la qualité des habitats du gravier (Vericat et al., 2020). On en sait encore assez peu sur les effets des modifications de la dynamique sédimentaire causées par les éclusées sur les in-

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sectes au stade pupal ou adulte (Batalla et al., 2021). Dans les tronçons à éclusées, l’action perpétuelle du lessivage et de l’abrasion provoque une perte de matière organique particulaire (feuilles mortes, aiguilles, films d’algues, etc.) (Mochizuki et al., 2006), perte d’autant plus forte que la morphologie du cours d’eau est altérée (par une canalisation, p. ex.). Ce phénomène a de nombreux effets négatifs sur les insectes aquatiques car beaucoup d’espèces sont directement dépendantes de la matière organique. Ainsi, certains insectes broutent les algues ou rongent les écorces, d’autres se nourrissent de feuilles mortes (figure 1e, p. ex.). Qui plus est, la matière organique particulaire sert également d’habitat, pour la reproduction ou la dissimulation face aux prédateurs, p. ex. (Hoffmann et Resh 2003, Thorp et Rogers 2015). 21


Effets des éclusées sur la communauté de macrozoobenthos. Observations résultant de projets menés en Suisse On dénombre actuellement en Suisse 523 espèces d’éphémères, plécoptères et trichoptères (EPT) (info fauna – SZKF/ CSCF, 2010), à savoir 89 éphémères, 121 plécoptères et 313 trichoptères. En se basant sur les résultats de multiples projets menés dans les tronçons à éclusées et sur les données disponibles sur la distribution et les exigences écologiques des insectes aquatiques, il est possible d’estimer le nombre d’espèces affectées par les éclusées. Selon ces estimations, au moins 146 espèces EPT, soit 28 %, sont exposées aux effets des éclusées. Sur ces 146 espèces, 41 (soit 28 %) figurent sur les listes rouges des espèces menacées (Lubini et al., 2012). En Suisse, le groupe le plus affecté est celui des éphémères (55 %), suivi les plécoptères (39 %) puis les trichoptères (16 %). La majeure partie des espèces affectées vit dans des cours d’eau de la région alpine ou préalpine ainsi que de l’arc jurassien. De nombreuses études scientifiques attestent d’une perte de biodiversité, d’une réduction de la biomasse et d’une modification de la composition de la communauté sous l’effet des éclusées car seules subsistent les espèces capables de résister au déferlement fréquent de ces «crues» causées artificiellement. Cette situation de perturbation permanente pousse l’écosystème vers un état qui se distingue fondamentalement de celui d’origine. Les effets se manifestent directement par une augmentation de la dérive, mais aussi, indirectement, par une perturbation des différents stades de développement (cf. partie 2 du texte principal). Les études en cours dans le cadre de l’Observation nationale de la qualité des eaux de surface (NAWA) appuient ce constat : en 2019, 19 ± 8 espèces EPT par cours d’eau ont été observées en moyenne dans 18 rivières influencées par les éclusées ; le minimum recensé était de 5 (dans la Vispa). Dans 24 cours d’eau comparables hormis le fait qu’ils n’étaient pas affectés par les éclusées, le nombre moyen d’espèces EPT par cours d’eau était de 25 ± 9 espèces EPT. Cette perte de biodiversité est également attestée de source historique: dans les années 1940, le Rhône abritait 14 espèces de plécoptères au niveau de Brigue, dont certaines très rares, alors que son cours était déjà corrigé; aujourd’hui, cette zone n’en présente plus que 7 au maximum (info fauna – SZKF/CSCF, 2010), dont aucune ne figure sur les listes rouges. Bien souvent, la monotonie structurelle du lit canalisé imposant une vitesse de courant uniforme sur toute la section accentue encore les effets négatifs des éclusées (Rey et al., 2011). On observe de manière générale dans les tronçons à éclusées une tendance très nette à la dominance des espèces adaptées aux vitesses du courant moyennes, notamment Baetis alpinus et le genre Rhithrogena qui peuvent atteindre de très fortes densités d’individus (Hocevar et al., 2014, Wüthrich et Birnstiel, 2019). La situation profite également au trichoptère Allogamus auricollis, un filtreur passif fixé sur substrat immobile qui tolère les vitesses du courant de moins de 0.5 m/s. C’est ainsi la seule espèce à avoir été détectée dans le Rhône à Riddes (Uhlmann, 2001). En général, les espèces prédatrices comme celles des genres Rhyacophila et Isoperla sont également moins affectées que les autres. Les espèces des zones de bordure adaptées aux faibles courants (< 0.25 m/s) comme Cloeon, Centroptilum, Alainites muticus et les espèces de la famille des Leptophlebiidae chez les éphémères, de même que 22

le genre Sericostoma et la plupart des espèces de la famille des Limnephilidae chez les trichoptères, sont en revanche très rares ou absentes dans les tronçons à éclusées. Pour beaucoup d’espèces, la zone de bordure qui longe les rives est un habitat important pour la ponte, le stade pupal et l’émergence. Bien souvent, les espèces occupant les habitats à fort courant (> 1m/s) comme Epeorus sont également absentes ou moins abondantes dans les tronçons à éclusées que dans les tronçons de référence (Hocevar et al., 2014, Rey et al., 2011, Wüthrich, 2014) du fait, sans doute, que les habitats qu’elles privilégient (les rochers mouillés en permanence dans le courant turbulent) se sont raréfiés sous l’effet des éclusées et que le colmatage du fond les empêche de se réfugier dans le milieu interstitiel en situation de crue. Le colmatage du lit est certainement aussi à l’origine de la plus faible densité, par rapport aux tronçons de référence, du plécoptère Perla grandis constatée dans la Moesa, dans le Rhin antérieur et dans le Rhin alpin (Hocevar et al., 2014, Lubini 2016, Wüthrich et Birnstiel, 2019) puisqu’il prive les larves de cette espèce, qui peuvent atteindre 3.5 cm, de l’espace qui leur est indispensable sous les grosses pierres. Le colmatage affecte également les larves qui vivent profondément enfouies dans le gravier (10 – 50 cm) comme celles des Leuctridae, des Capniidae et des Chloroperlidae (plécoptères). À côté des facteurs précédemment évoqués qui peuvent être problématiques pour le macrozoobenthos suite aux éclusées, de forts apports de matières en suspension, cause de turbidité, peuvent également avoir des effets négatifs. Ainsi, les éclusées que subit la Landquart sont à l’origine des plus forts apports de matières en suspension enregistrés dans le système du Rhin alpin qui présente une turbidité permanente en aval de la confluence de l’Ill (Rey et al., 2011). Les matières en suspension affectent les biofilms qui se forment sur le fond et qui constituent une source de nourriture importante pour la communauté aquatique. En effet, les larves de nombreux éphé­ mères et trichoptères (Glossosomatidae) broutent le biofilm se développant sur les pierres à proximité des rives. Les affluents ne contribuent pas toujours à accroître la biodiversité des fleuves et rivières qui les reçoivent parce qu’ils sont eux-mêmes impactés par l’exploitation de la force hydraulique (comme l’Ill ou la Landquart dans le système du Rhin alpin) ou parce qu’ils correspondent à un autre type de cours d’eau (comme le Liechtensteiner Binnenkanal ; Rey et al., 2011). Il ne faut cependant pas oublier que les cours d’eau de taille modeste peuvent, eux aussi, disposer d’une communauté diversifiée et souvent spécialisée et qu’ils ne sont pas épargnés par les éclusées (Lubini, 2013). Dans l’ensemble, on peut considérer que les cours d’eau influencés par les éclusées ne sont pas en mesure de déployer tout leur potentiel écologique en abritant une communauté typique du site tant en matière de diversité spécifique que de densité (Rey et al., 2011). En Suisse, les systèmes fluviaux riches en biodiversité comme la Thur, qui totalise 136 espèces EPT (info fauna – SZKF/CSCF), ou le système de la Singine, qui en totalise 160 (Zurwerra et al., 2000), sont ainsi extrêmement précieux pour la protection des espèces EPT. Verena Lubini

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Si la température de l’eau turbinée diffère de celle du cours d’eau, les éclusées s’accompagnent de modifications soudaines de la température (phénomène appelé « thermopeaking » en anglais) (Zolezzi et al., 2011). Selon la saison, ces modifications peuvent aller dans le sens d’un réchauffement (warm thermopeaking) ou d’un refroidissement (cold thermopeaking). En se surimposant aux éclusées, ces effets thermiques peuvent, suivant la composition en espèces des communautés et le sens du changement, accroître ou réduire la dérive des larves et accélérer ou freiner le développement des œufs (Bruno et al., 2013, Elliott, 1972, Schülting et al., 2016). De même, le développement des pupes peut être influencé par la température de l’eau (Hogg et Williams, 1996). 3.  Spécificités des mesures morphologiques ponctuelles et efficacité à l’égard des insectes aquatiques Les mesures morphologiques ponctuelles sont particulièrement efficaces pour les insectes aquatiques à leurs différents stades de développement si elles assurent les fonctions suivantes : 1. Réduction, en termes d’intensité et de variation, des paramètres hydrauliques exacerbés par les éclusées. Cette action permet de stabiliser localement les caractéristiques des habitats et de réduire la dérive. 2. Évitement de la mise à sec d’habitats clés dans les périodes cruciales d’un point de vue écologique et/ou atténuation des fluctuations du niveau d’eau. Cette action permet d’éviter l’échouage des insectes aux stades où ils sont immobiles (œufs, pupes) et permet donc à l’émergence de se produire. Par ailleurs, les caractéristiques suivantes accroissent l’efficacité des mesures morphologiques pour les insectes aquatiques, surtout si les dysfonctionnements sur lesquels elles agissent ont été identifiés dans le projet d’assainissement : 3. Stimulation de la dynamique sédimentaire naturelle pour empêcher localement un colmatage durable du lit et permettre une mobilisation régulière des sédiments. Cette action permet de pérenniser l’accessibilité à la zone interstitielle servant d’habitat et de refuge et d’accroître la diversité en habitats du milieu. 4. Rétention accrue de matière organique particulaire pouvant servir de nourriture et d’habitat aux insectes aquatiques.

5. Atténuation des fluctuations de température et donc des effets négatifs sur les insectes aux différents stades de développement et de la dérive provoquée par la température. L’effet local d’atténuation (aspects 1, 2 et 5) dépend fortement du degré de connexion hydraulique du lieu de la mesure avec le chenal principal recevant les éclusées (Jackson et al., 2012) : le taux d’échange d’eau entre l’habitat créé par la mesure morphologique ponctuelle et le chenal principal décide de l’intensité avec laquelle les fluctuations causées par les éclusées peuvent être atténuées. Ainsi, la température d’un bras mort de grand volume peu connecté avec le chenal principal se modifiera beaucoup plus lentement et probablement moins fortement que celle d’une anse ouverte. Il convient également de souligner que les problèmes de turbidité, et de colmatage consécutif du lit, ne peuvent être que partiellement atténués par des mesures morphologiques ponctuelles car le processus de colmatage et la resuspension constante des sédiments fins dépendent en première ligne du taux de particules fines dans l’eau et de la fréquence de fortes pointes de débit (Wharton et al., 2017). Dans les tronçons canalisés, une diversification morphologique du milieu peut même, dans certaines circonstances, renforcer le tri granulométrique du sédiment et augmenter le dépôt de particules fines dans les zones protégées du courant (Schweizer et al., 2016; Sindelar et Mende 2009). La stimulation d’une dynamique sédimentaire naturelle (par des crues naturelles ou artificielles, p. ex.), qui produit une mobilisation épisodique du charriage (1 – 3 fois par an) et un tri granulométrique naturel du substrat, peut juguler un colmatage durable du lit (décolmatage). Compilation de mesures morphologiques ponctuelles potentielles Dans ce passage, nous allons montrer, à titre d’exemple, comment différents types de mesures morphologiques ponctuelles agissent sur les facteurs d’influence des éclusées sur les insectes aquatiques. Étant donné que l’on dispose aujourd’hui de très peu d’exemples pratiques de mesures mor­phologiques ponctuelles prenant en compte les insectes aquatiques, le tableau 2 présente une sélection de mesures potentielles et leurs effets possibles. La liste ne prétend pas à l’exhaustivité et les exemples cités sont souvent spécifiques

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de certaines situations. Considérant que les mesures morphologiques ponctuelles citées ici ont une influence très limitée sur le niveau d’eau, nous n’avons pas abordé, dans cet article, les conflits éventuels avec les objectifs de protection contre les crues. Les structures à base de bois mort réduisent la vitesse du courant dans la zone de remous et de contre-courant qui les suit et entre les branchages (Schalko et al., 2021) et retiennent ainsi la matière organique flottante (Widmer et al., 2019). Elles offrent aussi des surfaces bienvenues pour la formation de biofilms variés composés d’algues, de champignons et autres micro-organismes (Allan et Castillo, 2007). Les biofilms servent de nourriture à certains insectes aquatiques qui les broutent (Thorp et Rogers 2015). Dans les tronçons à éclusées, le développement des biofilms est souvent limité suite à la forte charge en particules fines (abrasion, turbidité limitant la photosynthèse, etc.). Le bois lui-même constitue un habitat précieux pour les espèces xylobiontes (= vivant sur et dans le bois) et pour celles qui tendent des pièges pour capturer leurs proies. Par ailleurs, certains insectes rongent l’écorce des feuillus pour la recherche de nourriture. En règle générale, les conifères sont moins facilement exploitables par le macrozoobenthos en raison de leur moindre valeur nutritive et de leur plus forte teneur en substances végétales secondaires (Sedell et al., 1975, Hisabae et al., 2011). L’idéal est de choisir le bois à utiliser en fonction des essences qui sont ou seraient naturellement présentes sur place ou aux environs. Dans le cas des structures de bois mort, en particulier, il est conseillé d’effectuer un travail préparatif soigné pour déterminer l’emplacement garantissant à la fois la plus grande sécurité par rapport aux crues et une bonne longévité de fonctionnalité de l’édifice (Schweizer et al., 2016, Widmer et al., 2019, Mende 2018, Neuhaus et Mende, 2021). En cas de forte charge en sédiments fins, il est possible, selon l’emplacement, que la structure s’envase rapidement et se colmate, ce qui annihilerait son bénéfice en matière d’habitat. Les structures minérales comme les ensembles de pierres brise-lames ou les épis en enrochement peuvent non seulement réduire la vitesse du courant mais surtout la diversifier (Werdenberg et al., 2014) et donc accroître localement la diversité des habitats potentiels pour les insectes aquatiques. Suivant leur positionnement par rapport au courant principal (inclinant/déclinant) et leur hauteur (sub23


Effet sur les principaux facteurs d’influence des éclusées sur les insectes aquatiques (Tab. 1) Types de mesures

Atténuation des paramètres hydrauliques

Évitement de la mise à sec d’habitats

Structures à base Atténuation dans Aucun effet* la zone de de bois morts contre-courant; augmentation générale de la variabilité; exacerbation éventuelle des paramètres hydrauliques dans la partie libre de la section d’écoulement ou sur la rive opposée

Stimulation de la dynamique sédimentaire: Mobilisation Tri occasionnelle du granulométrique substrat/ du substrat décolmatage Décolmatage Effet de tri local local lors des dans la zone de crues; transport contre-courant; solide dépôt éventuel de éventuellement sédiments fins accru localement dans la partie libre de la section d’écoulement ou sur la rive opposée

Rétention accrue Atténuation des de matière fluctuations de organique température particulaire

Exemples/ références

Rétention accrue Aucun effet de matière organique grossière (feuilles mortes, par exemple)

Schweizer et al,. 2016 Mende 2018, 2021 Widmer et al., 2019

Épis de divers types

Atténuation dans la zone des épis; augmentation générale de la variabilité; exacerbation éventuelle des paramètres hydrauliques dans la partie libre de la section d’écoulement

Mise à sec éventuellement accrue dans la zone des épis, suivant le type d’épis et le rapport au niveau d’eau moyen lors du débit d’éclusée et du débit plancher*

Décolmatage local lors des crues; transport solide éventuellement accru localement dans la partie libre de la section d’écoulement

Effet de tri accru; dépôt éventuel de sédiments fins dans la zone des épis

Effet très limité; rétention éventuelle de feuilles mortes et de bois morts dans la zone des épis

Atténuation Werdenberg éventuelle des et al., 2014 fluctuations et Li et al., 2019 réduction du gradient, suivant le volume de la zone d’épis, le type d’épis et le rapport au niveau d’eau moyen lors du débit d’éclusée et du débit plancher

Bancs/apports de graviers

Atténuation dans la zone de contre-courant; augmentation générale de la variabilité; exacerbation éventuelle des paramètres hydrauliques dans la partie libre de la section d’écoulement

Selon le type de mesure, la pente du talus et la hauteur par rapport au niveau d’eau moyen lors du débit d’éclusée et du débit plancher, une mise à sec est possible

Érosion latérale éventuellement accrue et plus forte disponibilité de charriage (si les rives ne sont pas bétonnées ou stabilisées)

Aucun effet (suivant la granulométrie des matériaux apportés, la composition du substrat peut se modifier)

Effet très limité; rétention éventuelle de feuilles mortes et de bois morts

Aucun effet

Hauer et al., 2017 Döring et al., 2018 Bunte, 2004

Ensemble de grandes pierres ou blocs brise-lames

Atténuation dans la zone de contre-courant; augmentation générale de la variabilité

Aucun effet*

Aucun effet

Effet de tri local dans la zone de contre-courant; dépôt éventuel de sédiments fins

Effet très limité; rétention éventuelle de feuilles mortes et de bois morts

Aucun effet

Schweizer et al., 2016 Li et al., 2019

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Anses

Atténuation dans les anses, aucun effet notable dans la partie libre de la section d’écoulement

Bras latéral/ impasse

Atténuation massive due au ralentissement des vitesses du courant (eaux stagnantes)

Embouchure (semi-)naturelle des affluents

Augmentation de la variabilité

Berges creuses, sous racines par exemple

Succession radier-mouille

Suivant les Aucun effet caractéristiques de la mesure et la situation par rapport au niveau d’eau moyen lors du débit d’éclusée et du débit plancher, une mise à sec accrue est possible suite à l’apparition de berges plates Mise à sec Aucun effet éventuelle suivant la situation par rapport au niveau d’eau moyen lors du débit plancher

Effet de tri local dans la zone de contre-courant; dépôt éventuel de sédiments fins

Effet très limité; rétention éventuelle de feuilles mortes

Atténuation éventuelle des fluctuations suivant les dimensions de l’anse et ses liens avec le courant principal

Effet de tri local Augmentation de dans la zone de l’effet de rétention contre-courant; dépôt éventuel de sédiments fins

Atténuation Sumi éventuelle des et al., 2009 fluctuations suivant le degré de connexion avec le courant principal

Selon la hauteur de l’embouchure par rapport au niveau d’eau moyen lors du débit plancher, une mise à sec est possible

Aucun effet

Effet de tri éventuel

Effet très limité; rétention éventuelle de feuilles mortes et de bois morts

Atténuation éventuelle des fluctuations suivant le degré de connexion avec le courant principal

Augmentation de Aucun effet* la variabilité; petites zones d’eau calme entre les racines

Aucun effet

Aucun effet

Rétention accrue Aucun effet de matière organique grossière (feuilles mortes, par exemple)

Augmentation de Très peu d’effet la variabilité dans le sens longitudinal

Effet éventuel de décolmatage en situation de crue

Effet de tri dans le Aucun effet sens longitudinal; réduction du dépôt de sédiments fins dans le radier

Aucun effet

Ribi et al., 2014

Milner et al., 2019 Vericat et al., 2020

Mende, 2018 Widmer et al., 2019

Gore et al., 1998

Tableau 2: Mesures morphologiques ponctuelles potentielles et leur effet possible sur les principaux facteurs d’influence des éclusées sur les insectes aquatiques. L’action et l’efficacité des mesures se réfèrent à l’état stable atteint après les travaux. * Selon le type de mesure, augmentation de la surface mise à sec. «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

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mergées / contournées), elles provoquent la formation de successions différentes de zones d’affouillement et d’atterrissement ou favorisent le tri granulométrique du sub­ strat (Mende, 2013). En même temps, elles créent aussi des structures potentiellement intéressantes pour la ponte (Encalada et Peckarsky, 2012) ou des zones calmes favorables aux larves. Il convient de noter qu’en cas de forte charge en sédiments fins, il est possible, selon l’emplacement, que la structure s’envase rapidement et se colmate, ce qui limite son intérêt en tant qu’habitat. De même, les structures s’asséchant régulièrement, comme c’est souvent le cas des blocs rocheux, peuvent difficilement être colonisées. Les structures comme les anses atténuent les paramètres hydrauliques durant le débit d’éclusées et peuvent ainsi offrir un habitat protégé aux insectes aqua­ tiques (Hauer et al., 2017, Meile et al., 2008, Ribi et al., 2014). Dans le cas de berges plates, elles peuvent cependant aussi accroître la zone de marnage, ce qui fait aug­ menter le risque d’échouage à la descente du niveau de l’eau (Vanzo et al., 2016). De même, ces zones risquent de s’envaser ou de se colmater si la charge en sédiments fins est élevée, ce qui cause également des pertes significatives d’habitat pour les insectes aquatiques. Si des anses se forment naturellement, en aval d’un banc de graviers, par exemple, l’envasement est évité grâce à la mobilisation récurrente du charriage lors des crues (Hauer et al., 2017). La durée de vie et de fonctionnalité de ces structures est donc directement dépendante du régime de crues et de sédiments. Pour atténuer les fluctuations de débit causées par les éclusées, une autre possibilité consiste à reconnecter les anciennes annexes fluviales qui ont été séparées du cours d’eau. Ainsi, la reconnexion des bras latéraux offre un gain important d’habitats présentant de faibles contraintes de cisaillement au fond, ce peut contribuer à réduire la dérive des insectes aquatiques (Vanzo et al., 2016). Selon les milieux reconnectés, un risque de mise à sec durant le débit plancher n’est cependant pas exclu. Les affluents (semi-) naturels peuvent assurer une certaine recharge sédimentaire tout en absorbant une partie des fluctuations de débit (Vericat et al., 2020) et en atténuant les variations de température par effet de dilution (Feng et al., 2018, Fullerton et al., 2015). Par ailleurs, les affluents semi-naturels sont une source biologique pour la recolonisation du tronçon à éclusées par des insectes aquatiques (Kennedy et al., 2016, Milner et al., 26

2019). L’aménagement semi-naturel d’une embouchure peut ainsi donner accès à des habitats potentiellement intéressants dans les secteurs soumis aux éclusées. 4.  Intégration des mesures morphologiques ponctuelles dans les projets Les mesures évoquées plus haut sont des exemples qui illustrent comment les mesures morphologiques ponctuelles peuvent être conçus en tenant compte des insectes aquatiques. Il ne peut cependant être décidé qu’au cas par cas si de telles mesures peuvent être envisagées dans un tronçon à éclusées et lesquelles. En effet, leur efficacité et leur durée de vie dépendent également de la manière dont elles sont intégrées physiquement dans le tronçon et dans le bassin versant. Phénomènes ponctuels et processus à grande échelle L’aide à l’exécution précise que, dans le cadre de l’assainissement des éclusées, les mesures morphologiques ponctuelles ne peuvent être mises en œuvre que localement. À l’inverse, les mesures de construc­ tion et d’exploitation d’assainissement des éclusées interviennent au niveau du régime hydrologique qui dépend naturellement des caractéristiques du bassin versant (degré d’occupation par les glaciers, utilisation des sols, saisonnalité des précipitations, etc.). En complément de ce régime hydrologique, l’écosystème fluvial est également modelé par des processus géomorphologiques et biogéochimiques qui se déroulent à différentes échelles (méso-habitat, tronçon, bassin versant, etc.) et dont l’intensité peut fortement varier (Polvi et al., 2020). Selon l’intensité des processus et leurs interactions en jeu, il se peut que les structures mises en place dans le cadre de mesures morphologiques ponctuelles perdent rapidement leur fonctionnalité. Comme le fait remarquer l’aide à l’exécution, le régime sédimentaire du bassin versant peut avoir une influence décisive sur la pérennité d’une mesure morphologique ponctuelle (cf. p. 112 de l’aide à l’exécution). Ainsi, un déficit de charriage peut entraîner l’érosion de structures importantes dans le sédiment (Kondolf 1997, Vericat et al., 2020). In­ver­ sement, une forte charge en sédiments fins dans le cours d’eau peut provoquer l’envasement et le colmatage de structures comme les anses (Greimel et al., 2017). Pour assurer une certaine longévité aux mesures morphologiques ponctuelles,

il est donc essentiel de tenir compte des interactions entre les processus. Potentiel pour la recolonisation du milieu L’efficacité d’une mesure morphologique ponctuelle dépend fortement des possibilités de dispersion des insectes aquatiques. Si certaines espèces ont disparu d’un tronçon suite à l’impact des éclusées, une recolonisation peut se produire de trois façons: i) par l’arrivée de larves et d’individus à d’autres stades de développement aquatiques dérivant à partir de tronçons situés plus en amont, ii) par l’action d’insectes adultes venant pondre dans le tronçon à éclusées après s’être développés dans des tronçons voisins, pouvant également être situés en aval (Bilton et al., 2001), iii) par recolonisation à partir d’affluents se trouvant dans un état naturel ou semi-naturel (Kennedy et al., 2016, Milner et al., 2019). La distance à laquelle ces trois processus peuvent agir est cependant limitée ; elle dépasse rarement cinq kilomètres (Gore, 1985, Sundermann et al., 2011). Couplage avec d’autres mesures Le fait de combiner les mesures morphologiques ponctuelles avec d’autres mesures peut donner lieu à des synergies. Les mesures d’exploitation visent, de manière générale, une réduction supplémentaire des descripteurs hydrauliques des éclusées (débit d’éclusées, débit plancher, taux de montée et de descente du niveau d’eau) et peuvent être mises à contribution pour adapter l’assainissement aux conditions saisonnières. En complément, la dérivation de crues naturelles ou la création de crues artificielles peut stimuler les processus écologiques dans les tronçons à éclusées. Ainsi, les crues dont le débit de pointe produit une mobilisation de la couche supérieure du lit et un déplacement des sédiments contribuent à lutter contre le colmatage du fond (Robinson et Uehlinger, 2008). Une autre possibilité serait d’assurer un débit plancher plus élevé et plus constant lors des périodes critiques d’un point de vue écologique (basé sur Kennedy et al., 2016). Ces mesures d’exploitation permettraient de s’assurer qu’une émergence quasi-naturelle puisse se produire durant le débit plancher et que les œufs ne se dessèchent pas. 5. Conclusions L’impact des éclusées sur le stade larvaire des insectes aquatiques a déjà été bien

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traité dans les publications scientifiques (tableau 1). En revanche, les effets sur le stade d’œuf et pupal et sur les adultes ont encore été très peu décrits. Les effets peuvent cependant être grossièrement estimés sur la base des connaissances solides déjà acquises sur la biologie et l’écologie des éphémères, des plécoptères et des trichoptères (encart p. 22). Des études spécifiques, menées par exemple dans le cadre du contrôle des effets ou de projets de recherche, pourront à l’avenir combler les lacunes de façon ciblée en précisant, notamment, les critères écologiques auxquels doivent répondre les mesures morphologiques ponctuelles. Le contrôle des effets aura alors un rôle particulier à jouer puisqu’une comparaison standardisée de la situation avant et après la mise en œuvre des mesures, notamment, permettra d’accroître le savoir à l’échelle d’un projet spécifique à une vue d’ensemble inter-projets (Thomas et al., 2019). On connaît aujourd’hui différents types de mesures morphologiques ponctuelles visant à améliorer localement la dynamique des écoulements et des sédiments (tableau 2). Leurs effets sur les insectes aquatiques ou plus généralement sur le

macrozoobenthos ont cependant été peu étudiés, en particulier dans les tronçons à éclusées qui sont très affectés morphologiquement. À leur niveau, le contrôle des effets des mesures est une démarche particulièrement précieuse pour étendre notre savoir et nos connaissances. Si l’écologie du macrozoobenthos est prise en compte dès le début dans le processus d’assainissement des éclusées, les mesures peuvent être planifiées pour viser les facteurs d’influence spécifiques aux macroinvertébrés (figure 2; tableau 1). Cette approche présente l’avantage de pouvoir mettre en place un contrôle des effets ciblé qui permet de vérifier l’efficacité des différentes mesures morphologiques ponctuelles localement comme à l’échelle du tronçon. Les différents types de mesures peuvent encore être perfectionnés par un travail de développement dans la recherche et la pratique afin de mieux neutraliser les principaux facteurs d’influence des éclusées sur les macroinvertébrés. L’approche expérimentale paraît prometteuse puisqu’elle permet d’évaluer le fonctionnement des mesures morphologiques ponctuelles dans différentes conditions

Les autrices et auteurs tiennent à remercier les personnes qui ont accepté de participer aux entretiens pour leur aide et leurs précieuses informations: Lucie LundsgaardHansen (OFEV), Lorenzo Gorla (OFEV), Verena Lubini (Écologie des eaux), Diego Tonolla (ZHAW et eQcharta GmbH), Steffen Schweizer (KWO), Matthias Mende (IUB En­gi­neering AG), Michael Müller (IUB En­ gi­neering AG), Christoph Hauer (BOKU Vienne), Tobias Meile (BG Ingénieurs Conseils SA) et Stephanie Schmidlin (Limnex AG). Un grand merci également à Peter Penicka pour la mise en forme graphique de la figure 1. Ce travail a été effectué sur mandat de l’Office fédéral de l’environnement (OFEV).

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Hydrologische Grundlagen und Qualitätssicherung Eine Auslegeordnung und Empfehlungen Kommission für Hochwasserschutz, Wasserbau und Gewässerpflege (KOHS), Arbeitsgruppe «Hydrologische Grundlagen und Qualitätssicherung»

Zusammenfassung Die Hydrologie stellt für Wasserbauprojekte eine zentrale Dimensionierungsgrundlage dar. Für die Abschätzung von Hochwasserabflüssen definierter Jährlichkeit (HQx) und Hochwasservolumina werden in der Schweiz verschiedene Methoden und Ver­ fahren angewendet. Eine Arbeitsgruppe der KOHS hat sich mit finanzieller Unter­stützung des BAFU vom April 2020 bis November 2021 mit der Analyse der heutigen Praxis und bestehender Methoden für die Bemessungsabflüsse auseinandergesetzt (Bild 1). Im Schlussbericht zuhanden des BAFU wurden u. a. Vorschläge zur Verbes­se­rung der Qualität von Hochwasserabschätzungen erarbeitet und konkrete Mass­nahmen­ vorschläge für die evaluierten Defizite ausgearbeitet.

Resumé L’hydrologie constitue une base de dimensionnement centrale pour les projets d’aménagement hydraulique. Différentes méthodes et procédures sont utilisées en Suisse pour estimer les débits de crue de périodicité définie (HQx) et les volumes de crue. Un groupe de travail de la CIPC s’est penché d’avril 2020 à novembre 2021, avec le soutien financier de l’OFEV, sur l’analyse de la pratique actuelle et des méthodes existantes pour les débits de dimensionnement (figure 1). Dans le rapport final à l’attention de l’OFEV, des propositions ont notamment été formulées pour améliorer la qualité des estimations de crues et des propositions de mesures concrètes ont été élaborées pour combler les lacunes évaluées.

1.  Verbesserung der Qualität von Hochwasserabschätzungen in der Praxis In der Praxis erfolgen die Hochwasserab­ schätzungen mit unterschiedlicher Bear­ bei­tungstiefe, unterschiedlichen Verfahren und unterschiedlichem Aufwand. An Fall­ beispielen konnte gezeigt werden, dass die Qualität von Hochwasserab­schätzun­ gen verbessert werden kann. Als wesentliche Kriterien für die Qualität der Abschät­ zung von Grössen der Dimensionierungs­ hoch­wasser können die in Bild 2 aufge­führ­ ten Punkte definiert werden. Diese lassen sich auch als Checkliste für die Projekt­ arbeiten nutzen (siehe Tabelle 1). 2.  Hochwasserabschätzung: Problempunkte in der Praxis Auf Basis der Erfahrung mit Hochwas­ser­ abschätzungen hat die Arbeitsgruppe die Problempunkte und Defizite diskutiert (sie­he Bild 3). Die wesentlichen Resultate lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bild 1: Zusammenhang der hydrologischen Grundlagen mit den Dimensionierungsgrundlagen für Gefahrenkarten, Risikoabschätzungen und Hochwasserschutzprojekte. «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

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• Die bestehenden Tools und eine Methodenübersicht inkl. einer Weg­ leitung sollen basierend auf den neusten Grundlagen aktualisiert, aus­gebaut, rasch verfügbar gemacht und schweizweit einheitlich ange­ wendet werden. • Aufbau und Unterhalt einer zentralen, schweizweit einheitlichen Portallösung (z. B. Integration in HADES) mit u. a. folgendem Inhalt: Dokumentenablage, Datengrundlagen, Wissensaustausch, Zugriff zu den aktuellen Tools …

• Aktualisierung und Veröffentlichung von schweizweiten Datengrundlagen (Stark­niederschläge, Bodenkarten, Abflussmessstationen in sehr kleinen EZG …). • Erarbeitung von Praxishilfen (Wissensstand und Hilfestellung) für die Thematik «Einfluss des Klimawandels auf die Bemessungsabflüsse». • Erstellung einer Vorlage für ein detailliertes Pflichtenheft für die Ermittlung der relevanten Hochwasserabflüsse in Wasserbauprojekten als Hilfsmittel für die Auftraggeber.

• Aufbau von Aus-/Weiterbildungs­an­ge­ boten für die Praxis hinsichtlich Ab­schätzung von Hochwasser­abflüssen. Die Massnahmen werden nun gemeinsam mit den Vollzugsbehörden (BAFU, zustän­ di­ge kantonale Fachstellen), MeteoSchweiz, Schweizerische Hydrologische Kom­mis­ sion (CHy), Fachleute Naturge­fah­ren (FAN), KOHS, Universitäten, Hoch­schulen und Fach­hochschulen diskutiert und mit adä­ qua­ten Programmen/Pro­jek­ten umge­setzt.

Kriterien

Ziel

Vorgehen/Hinweise

Qualität der Grundlagen

Langjährige und qualitativ hochwertige Mess­ reihen/Datenerhebung für Modellkalibrierung und -anwendung soll gefördert/gefordert werden.

Anspruchsvolle resp. komplexe Methoden führen nicht automatisch zu qualitativ guten Resultaten. Die ausgewählten Methoden sollen zur Verfügbarkeit der Grundlagen und zur Kenntnis der Prozesse passen. Die Qualität der Grundlagen ist eine entscheidende Voraussetzung für qualitativ gute Hochwasserabschätzungen.

Kenntnis Einzugsgebiet

Lokale Kenntnisse, Begehungen und Dokumentationen erleichtern eine Plausibilisierung.

Lokale Kenntnisse (evtl. über Dritte) sind einzubeziehen.

Anwendung verschiedener Methoden/Verfahren

Robuste Hochwasserabschätzungen sollen, wenn immer möglich, auf der Basis verschiedener Methoden erarbeitet werden.

Es ist wichtig, mehrere unabhängige Methoden anzuwenden. Wenn die Ergebnisse der Abschätzungen in derselben Grössenordnung liegen, ist das ein Zeichen von (wahrscheinlich) guter Qualität. Versierte Anwender/-innen können die Eignung einzelner Verfahren ggf. auch einschätzen, wenn sie zu deutlich höheren oder tieferen Werten führen, da Schwächen bzw. Stärken der einzelnen Verfahren bekannt sind.

Plausibilisierung

HQx ist zu diskutieren und mit unterschiedlichen Verfahren/Methoden zu plausibilisieren.

Der Vergleich und die Einschätzung der Ergebnisse aus der Anwendung verschiedener Methoden/Verfahren sind zu dokumentieren.

Sensitivitätsanalyse

Sensitivitätsanalyse mit kritischen Parametern gibt Vertrauen in Resultate.

Charakteristische Parameter sind zu variieren und auf ihren Einfluss auf die Hochwasserabflusswerte zu prüfen.

Benennung Unsicherheiten

Offenlegung von Unsicherheiten fördert das Verständnis für die Qualität der Werte.

Dokumentation der Unsicherheiten und Annahmen.

Quantifizierung Unsicherheit

Werte sind wenn immer möglich mit einem Vertrauensintervall zu bezeichnen.

Robustheit ergibt sich auch durch die Anwendung von unterschiedlichen Methoden (Streubereiche). Je enger ein Vertrauensintervall, desto besser die Qualität der Abschätzung. Die konkrete Bemessungsgrösse ist durch eine Fachperson festzulegen.

Vergleich mit historischen Hochwassern

Neben der Anwendung von Methoden/Modellen ist der Einbezug von Ereignissen unumgänglich.

Ereigniskataster und -dokumentation.

Vergleich mit Beobachtungen

Die ermittelten HQx stimmen mit Beobachtungen möglichst gut überein. Beobachtungen fliessen in die Abschätzung ein.

Ereigniskataster und -dokumentation. Dokumentation Ereignisanalyse nach einem Unwetter unbedingt erstellen.

Nachvollziehbarkeit

Hochwasserabschätzungen müssen unbedingt nachvollziehbar dokumentiert werden.

Verwendete Werte und Methoden, regionale Vergleiche und Annahmen sind zu dokumentieren.

Verhältnismässigkeit (Aufwand/Kosten)

Aufwand für die Hydrologie steht in einem guten Verhältnis zur Grösse des Schadenpotentials und der möglichen Kosten der Massnahmen.

Dem Stellenwert der Grundlage Hydrologie ist ab Projektstart Rechnung zu tragen.

Prozesskenntnisse Anwender-/innen

Anwender/-innen verfügen über aktuelle Prozesskenntnisse.

Aus-/Weiterbildung, Austausch der Erfahrung der Anwender/-innen ist eine Daueraufgabe.

Tabelle 1: Checkliste «Qualität von Hochwasserabschätzungen». 30

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Dank Die KOHS dankt dem Bundesamt für Um­ welt für die finanzielle Unterstützung.

Autorinnen und Autoren: Mitwirkende in der Arbeitsgruppe «Hydrologische Grundlagen und Qualitätssicherung»: Dieter Müller (Leitung Arbeitsgruppe), Robert Bänziger, Martin Barben, Andy Kipfer, Mario Koksch, Roger Kolb, André Meng, Andrea Salvetti, Bettina Schaefli, Simon Scherer, Daniel Viviroli Kommission für Hochwasserschutz, Wasserbau und Gewässerpflege KOHS c/o Schweizerischer Wasser­ wirtschaftsverband

Bild 2: Wesentliche Punkte zur Verbesserung der Qualität von Hochwasserabschätzungen (Abflüsse und Volumina).

Bild 3: Fünf wesentliche Problempunkte in der Praxis.

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4. Interalpine Energie- und Umwelttage in Mals (21. – 22.Oktober 2021)

Wasserkraft im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und Gewässerschutz Bettina Geisseler

Zusammenfassung Schon zum dritten Mal fanden Ende Ok­tober 2021 die Interalpinen Energie- und Um­ welttage in Mals im Südtirol statt – das Branchentreffen von Betrei­bern, der In­dus­trie, Behörden und Anbietern von Dienstleistungen aus Energie und Um­welt der deutschsprachigen Alpenlän­der und Regionen.

Die Tagung war der «Wasserkraft im Span­ nungsfeld zwischen Klimawandel und Ge­ wässerschutz» gewidmet. Eine hochka­rä­ ti­ge Expertenrunde aus Politik und Wissen­ schaft, von Betreiber- und Naturschutz­ sei­te, beleuchtete das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dipl.-Ing. Ronald Patscheider als Ver­ treter der Veranstalter, • Ingenieure Patscheider & Partner, Mals • GEISSELER LAW, Freiburg i. Br. • IBI-Euregio Kompetenzzentrum, Vahrn • TIQU (Tiroler Qualitätszentrum für Um­welt, Bau und Rohstoffe), Ötztal Bahnhof • Südtiroler Energieverband SEV betonte in seiner Begrüssung, wie wichtig der gegenseitige Austausch sei und dankte den zahlreichen Sponsoren und Aus­ stel­lern. Dr. Walter Gostner, Ingenieure Pat­schei­ der & Partner und Verwaltungsrat des IBI-

Euregio Kompetenzzentrums, hob die grosse He­raus­forderung hervor, den Spagat zwischen der Nutzung einer global betrach­ tet wichtigen Säule des Klimaschutzes und den lokalen Auswirkungen auf die Qualität der Fliessgewässer auszuloten und zu be­ wäl­tigen. Bettina Geisseler, GEISSELER LAW, gab sich als Moderatorin überzeugt, dass die Wasserkraft eine wesentliche Rolle bei der Energiewende und der Er­reichung der Klimaschutzziele spielen werde. In den einleitenden Impulsvorträgen stellte Flavio Ruffini von der Landes­agen­ tur für Umwelt und Klimaschutz die Klima­ ziele des Landes Südtirol vor; Professor Peter Rutschmann von der Technischen Uni­ver­sität München betonte die Zu­kunfts­ fä­hig­keit der Wasserkraft im Span­nungs­ feld zwischen Klima- und Gewäs­ser­schutz. Es folgten Fachvorträge zur fischfreund­ lichen Gestaltung von Wasser­kraftwerken aus Sicht der Ökologen.

In der zweiten Programmhälfte wurden weg­­weisende Wasserkraftstrategien und Pro­jekte aus dem Alpenraum vorge­stellt, die Gesprächsmoderator Dr. Dietmar Thomaseth, Geschäftsführer TIQU und Präsident des IBI-Euregio-Kompetenz­zen­ trums, als ge­lun­­gene Balance zwischen Klimaschutz, Öko­nomie und Ökologie bezeichnete. Judith Monney-Ueberl (BKW Energie AG) sprach über den «Schweizer Weg – Spagat zwischen Ausstieg aus Atom­ kraft und Ge­wäs­ser­schutz». Die Tagung endete mit einer angeregten und durchaus kontroversen Po­diumsdiskussion, in der Roger Lüönd (BKW AG) den Beitrag der Wasserkraft zum Klima­schutz hervorhob. Den Abschluss der Tagung bildete die Fachexkursion zum neu errichteten Was­ser­ kraftwerk am schweizerisch-italienischen Grenzfluss Rambach. Die nächsten Interalpinen Energie- und Umwelttage Mals werden am 27. und 28. Oktober 2022 stattfinden und das span­ nen­de Thema der Innovationsfähigkeit der Wasserkraft vor dem Hintergrund zukünf­ tiger Herausforderungen (neue Techno­ logien, Kostenoptimierung durch vorausschauende Instandhaltung, Digitalisie­rung usw.) aufgreifen.

Bild 2: Redner mit Moderatorin Bettina Geisseler auf der Bühne. 32

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Wie kann soziale Gerechtigkeit im Hoch­wasserrisikomanagement um­ge­setzt werden? Eine Gegenüberstellung von Gerechtigkeitskonzepten und Umsetzungspraxis in England und Österreich Thomas Thaler, Sebastian Seebauer

Zusammenfassung In den vergangenen Jahren erfolgte in Europa ein Wandel des Hochwasserrisiko­ managements. Eine der Hauptursachen waren die massiven ökonomischen Verluste aufgrund von zahlreichen Hochwasserereignissen. Die öffentliche Hand erkannte, dass es immer schwieriger wird, einen umfassenden Hochwasserschutz für alle Haushalte und Betriebe zu gewährleisten. Dies führte zu einer Verschiebung der politischen Zielsetzung von der Gefahrenabwehr hin zum Risikomanagement, in dem die private Eigenvorsorge eine stärkere Rolle spielt. Die Beschränkung öffentlicher Schutz­massnahmen erfordert aber Kriterien, was (oder vielmehr wer) vor Über­ schwemmungen geschützt werden soll und wer sich selbst schützen muss. Welche Verteilungskriterien sozial gerecht sind und welche nicht, dafür gibt es unterschiedliche und sich teilweise widersprechende theoretische Konzepte. Dieser Beitrag veranschaulicht, wie zwei europäische Länder soziale Gerechtigkeit im Hoch­wasser­ risikomanagement verfolgen. Die Ergebnisse zeigen teils deutliche Unter­schiede in den jeweiligen Strategien. Damit soll der Beitrag eine Debatte anstossen, welche Zugänge für soziale Gerechtigkeit im Hochwasserrisikomanagement in welchen Kontexten möglich und umsetzbar sind. Résumé Ces dernières années, la gestion des risques de crue a évolué en Europe. L’une des causes principales était les pertes économiques massives dues aux nombreux événements de crue. Les pouvoirs publics ont reconnu qu’il devenait de plus en plus difficile de garantir une protection complète contre les crues pour tous les ménages et toutes les entreprises. Cela a conduit à un déplacement de l’objectif politique de la défense contre les dangers vers la gestion des risques, dans laquelle la prévoyance individuelle privée joue un rôle plus important. La limitation des mesures de protection publiques exige toutefois des critères pour déterminer ce qui (ou plutôt qui) doit être protégé contre les crues et qui doit se protéger lui-même. Il existe différents concepts théoriques, parfois contradictoires, pour déterminer quels critères de répartition sont socialement justes et lesquels ne le sont pas. Cette contribution illustre comment deux pays européens poursuivent la justice sociale dans la gestion des risques de crue. Les résultats montrent des différences parfois importantes dans les stratégies respectives. La contribution vise ainsi à lancer un débat sur les approches de la justice sociale dans la gestion des risques de crue et sur les contextes dans lesquels elles sont possibles et réalisables.

Einleitung Die gerechte Verteilung von Ressourcen spielt im 21. Jahrhundert eine immer wichtigere Rolle innerhalb unserer Gesell­ schaft. Nicht zuletzt SARS-CoV-2 veran­ schaulicht, dass Risiken, Einschrän­kun­ gen und Handlungsmöglichkeiten sozial ungleich verteilt sind. Die Frage nach sozialer Gerechtigkeit in vielen gesellschaft-

lichen Bereichen ist ein wichtiger Aspekt, wie z. B. beim ungleichen Zugang im Bil­ dungs­bereich, am Arbeitsmarkt oder im Ge­sund­heitssystem, aber auch im Bereich des Umweltschutzes. Umweltver­schmut­ zun­gen und Naturgefahren sind rund um den Globus ungleich verteilt, und auch die individuelle Verwundbarkeit und Resilienz ist nicht gleichmässig innerhalb der Ge­ sellschaft verteilt; einige Personen können

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besser auf diese externen Ereignisse reagieren als andere (Bullard, 2000; Walker, 2012). Häufig spiegelt sich ökonomische Benachteiligung in höheren Umweltbe­ lastungen wieder. Einkommensschwache Haus­halte leben vermehrt in Lagen, wo die Wohnkosten zwar günstiger sind, sie aber gleichzeitig häufiger und stärker Um­ weltbelastungen ausgesetzt sind. Erhöhte Luftverschmutzung, Lärmbelastung oder Hochwasserrisiken bedeuten wiederum eine überproportionale psychische und physische Belastung für diese Haushalte (Walker, 2012). Das Auftreten von gesel­l­ schaftlicher Ungleichheit führt zu der Fra­ ge, wie diese Ungleichheit verringert werden kann. Auf diese Frage gibt es jedoch bis heute keine eindeutige Antwort (Thaler & Hartmann, 2016; Patterson et al., 2018). Die wiederholte Erfahrung von Extrem­ wetterereignissen in den vergangenen Jah­ ren, wie etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika mit Hurrikan Harvey oder Hur­ri­kan Irma im Jahr 2017 oder in Europa in den Jahren 2013 und 2016, hat die Auf­ merksamkeit der Gesellschaft, der Politik und der Wissenschaft auf die zukünftige Gestaltung des Hochwasserrisiko­ma­na­ ge­ments gelenkt. Eine stärkere Rolle der privaten Eigenvorsorge setzt voraus, dass jeder Betroffene die Risikoinformationen, Fähigkeiten und Ressourcen hat, effektiv auf Hochwassergefährdung zu reagieren (Kuhlicke et al., 2020). Die Anforderungen an das Hochwasserrisikomanagement wer­ den sich in den nächsten Jahrzehnten massiv erhöhen, weil aufgrund des Klima­wan­ dels die Auftrittswahrscheinlichkeit von Hoch­wasserereignissen zunimmt (Blöschl et al., 2019; 2020). Einkommensschwache Personengruppen sind doppelt von sozialer Ungleichheit betroffen: sie sind höheren Risiken ausgesetzt, und sie verfügen über ge­ringere Fähigkeiten, um die Auswir­kun­ gen zukünftiger Hochwasserereignisse zu bewältigen (Thaler & Hartmann, 2016). Die­ ses Ungleichgewicht auf der individuellen Ebene wird durch gesellschaftliche Ent­ wick­lungen verschärft: einerseits hat die 33


Raumplanungspolitik zur Errichtung zahlreicher Gebäude des sozialen Wohnbaus in Gefährdungsgebieten geführt (Ashley et al., 2014; Jongman et al., 2014; Fuchs et al., 2017; Rözer & Surminski, 2020). Anderseits nehmen sozio-politische Ungleichheiten durch die aktuelle wirtschaftliche Entwick­ lung zu, da Einkommen immer ungleicher verteilt sind. Diese Kumulation von Treibern sozialer Ungleichheit trifft auf einen neuen gesellschaftlichen Vertrag zwischen der öffentlichen Hand und der Bevölkerung, wie Hochwasserrisikomanagement in der Zu­ kunft organisiert werden kann. Mit der Ein­ führung des Partnership Funding Scheme in England und Wales oder der Einführung einer «risikobasierten» Regenwasser­ab­ga­ be in Kanada änderte sich die Rolle der Be­völkerung. Von Bewohnern in Risikoge­ bieten wird ein verstärkter finanzieller und personeller Beitrag erwartet (Thaler & Priest, 2014; Geaves & Penning-Rowsell, 2016; Tha­ler & Levin-Keitel, 2016; Henstra & Thistle­thwaite, 2017). Bei einkommensschwachen Haushalten ist fraglich, wie weit sie diesen Beitrag leisten können bzw. ein unangemessen hohes Restrisiko in Kauf nehmen müssen. Die beginnende Dis­ kus­sion in der wissenschaftlichen Literatur zu diesem wichtigen Thema hat noch nicht die Umsetzungspraxis erreicht (Johnson et al., 2007; Doorn, 2015; Thaler & Hart­ mann, 2016). Hier setzen wir mit diesem Beitrag an: Wir stellen vor, welche Rolle das Thema der sozialen Gerechtigkeit in Entscheidungsprozessen im Hochwasser­ risiko­management in England und Öster­ reich bedeutet. Dies wird anhand von vier Bereichen des Hochwasserrisikomanage­ ments untersucht, nämlich: 1) wie erfolgt der Entscheidungsprozess für die Er­rich­ tung von Hochwasserschutzanlagen; 2) wie werden die Bürger in den Entschei­dungs­ prozess eingebunden; 3) wie erfolgt die Finanzierung von Hochwasser­schutz­mass­ nahmen in den beiden Ländern; und 4) wel­ ches Gerechtigkeitsverständnis wird im Bereich des Wiederaufbaus verfolgt. Gerechtigkeitskonzepte im Hochwasserrisikomanagement Was Gerechtigkeit bzw. sozial gerecht über­haupt bedeutet, dafür gibt es in der Li­te­ratur keine eindeutige und allgemein akzeptierte Definition (Johnson et al., 2007; Thaler & Hartmann, 2016; Kaufmann et al., 2018; Thaler et al., 2018, 2020). Wichtige Gerechtigkeitskonzepte sind der Utilitaris­ mus, der Liberalismus und der egalitäre Liberalismus (Hayek, 1991; Rawls, 2005; 34

Mill, 2010; Sen, 2010). Grundlegend beschäftigen sich alle diese unterschiedli­chen wissenschaftlichen Denk­schulen mit der Frage, wie Ressourcen, Reich­tum oder eben auch Hochwasser­schutz verteilt wer­ den sollen und bieten da­raufhin verschie­ dene Antworten. Diese Denkschulen sind abstrahierte Konzepte, die in der Praxis kaum in dieser Klarheit umgesetzt werden (können); dennoch hilft dieser zugespitzte Blick, die oft impliziten und unausgespro­ chenen Gerechtigkeits­konzepte im Hoch­ wasserrisiko­manage­ment zu erkennen und einzuordnen. Der Utilitarismus, der von den englischen Wissenschaftlern John Stuart Mill bzw. Jeremy Bentham entwickelt wurde, versteht Gerechtigkeit sowie Gleichheit als die Summe der individuellen Vorteile. Der Utilitarismus verfolgt das Ziel, dass der gesellschaftliche Nutzen (bzw. das Glück) maximiert werden soll (Mill, 2010). Es steht der Nutzen des einzelnen Indi­vi­ du­ums im Vordergrund. Eine utilitaristische Politik würde einen maximalen Nutzen für die Gesellschaft anstreben – oder mit anderen Worten – den «grössten Nutzen für die grösste Anzahl» ermöglichen (Hunold & Young, 1998, S. 84). Im Hochwasserrisiko­ management würden utilitaristische An­ sätze das Glück einer Gesellschaft über die Risikoreduktion definieren, d.h. Schutz­ massnahmen sollen dort errichtet werden, wo sie den grössten gesamtgesellschaftlichen Nutzen generieren können. Deshalb setzt der Utilitarismus in seinen Entschei­ dungen auf die Kosten-Nutzen-Analyse. Ist der Nutzen gering oder sogar negativ, ist die Verwendung staatlicher Mittel nicht gerechtfertigt und die Bevölkerung muss den Schutz selbst organisieren (Johnson et al., 2007; Thaler & Hartmann, 2016; Thaler et al., 2018). Der Liberalismus beruht auf den Prin­ zipien der Freiheit des Marktes und der vollständigen Verfügbarkeit von Informa­ tio­nen, damit jeder frei individuelle Ent­ scheidungen treffen kann (Hayek, 1991). Das Verteilungsprinzip setzt auf die unsichtbare Hand des Marktes, während die Rolle des Staates darin besteht, Regeln für das individuelle Handeln und die Be­ ziehungen der Menschen innerhalb der Gesellschaft zu definieren (Ostrom, 1986; North, 1990). Übertragen auf das Hoch­ was­serrisikomanagement würde ein libera­ ler Ansatz im Sinne von August von Hayek den Einfluss der öffentlichen Hand stark reduzieren. Schutzkonzepte müsste die Bevölkerung selbst organisieren und Ent­ schädigungszahlungen würden vom freien Versicherungsmarkt getragen werden. Die

Hauptaufgabe der öffentlichen Hand wäre die Bereitstellung detaillierter Informatio­ nen zum Hochwasserrisiko, um allen Ak­ teu­ren eine objektive und faire Entschei­ dungsgrundlage zu bieten, ob sie in einem Gefährdungsbereich leben wollen oder nicht und wie umfassende Schutzmass­ nahmen sie ergreifen wollen (Thaler et al., 2018). Der egalitäre Liberalismus legt den Schwerpunkt auf die gleichmässige Ver­ tei­lung von Gütern und Lasten innerhalb der Gesellschaft. Rawls (2005) definiert als gerecht, wenn die öffentliche Hand je­ der Person die Grundbedürfnisse und Gleich­heit in Bezug auf Rechte und gesell­ schaftliche Pflichten gewährleistet. Auf die­ser Grundlage rechtfertigt Rawls aber auch Ungleichheiten innerhalb der Gesell­ schaft, wenn gezielte Bevorzugung notwendig ist, um eine noch grössere gesellschaftliche Ungleichheit zu vermeiden (Rawls, 2005). Im Hochwasserrisiko­mana­ ge­ment würde der egalitäre Liberalismus bedeuten, dass sich die Verteilung von Hoch­wasserschutzmassnahmen insbe­ son­dere um die verwundbarsten Perso­nen­ gruppen innerhalb der Gesellschaft küm­ mert, so dass diese Personen ihre Chan­ cen­gleichheit erhöhen (Johnson et al., 2007; Thaler & Hartmann, 2016; Thaler et al., 2018). Umsetzung von sozialer Gerechtigkeit England & Wales Entscheidungsprozess Das englische/walisische Hochwasser­ri­si­ ko­manage­ment sieht – wie in anderen eu­ ro­pä­ischen Staaten – eine Kosten-NutzenAnalyse als Basis für die Entscheidung vor, ob Hochwasserschutzmassnahmen umgesetzt werden (Penning-Rowsell et al., 2013). Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern werden in England und Wales für die Berechnung der KostenNut­zen-Analysen neben den direkten vermiedenen Schäden, auch indirekte sowie nichtmaterielle Werte monetär bewertet und im Entscheidungsprozess berück­ sich­tigt (Penning-Rowsell et al., 2013; Penning-Rowsell, 2015, 2021). Dem Ent­ scheidungs­prozess wurde mit der Ein­füh­ rung des Out­come of Measures (OM) im Jahr 2008 weitere Merkmale hinzugefügt, u. a. Renatu­rie­rung von Flussstrecken im Sinne der Um­setzung der EU-Wasser­rah­ menrichtlinie (2000/60/EG) sowie die Grös­ se der be­nach­­teiligten Personengruppen im Gefähr­­dungs­bereich, z. B. Personen, die mit Min­dest­sicherungsbezügen leben

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müssen (Johnson & Penning-Rowsell, 2010). Das Kriterium benachteiligter Personen­ grup­pen wurde aufgenommen, da Haus­ halte mit geringem Einkommen häufig weit grössere finanzielle und persönliche Schwierigkeiten haben, den Wiederaufbau nach einem Hochwasserereignis zu bewältigen (Whittle et al., 2010). Weiters enthält das englische und walisische System eine strikte Priorisierung der Umsetzung von Schutzmassnahmen ohne die Mit­ sprache der lokalen Stakeholder und der Po­litik. Eine Vorreihung bestimmter Mass­ nahmen kann nur dann erreicht werden, wenn die lokale Bevölkerung, die Ge­mein­ de oder Unternehmen bereit sind, eigenständig finanzielle Mittel für die Errichtung von Hochwasserschutzmassnahmen aufzubringen. Diese Möglichkeit wurde mit der Einführung des Partnership Funding Scheme im Jahr 2012 geschaffen. Damit können nachgereihte Projekte früher umgesetzt werden, wie es in den vergan­ genen Jahren immer wieder der Fall war (Thaler & Priest, 2014). Beteiligungsprozess Die englischen und walisischen Behörden verfolgen einen Top-Down-Ansatz mit sehr geringer Beteiligung der Bevölkerung, in dem sämtliche Entscheidungen zu Priori­ sie­rung sowie Umsetzung von Hochwas­ ser­schutzmassnahmen auf Basis von zentral festgelegten quantitativen Werten getroffen werden. Eine Ausnahme stellt die oben genannte Einführung des Partner­ ship Funding Scheme dar, wo die lokale Ebene einen Teil der Finanzierung bereitstellen muss (Thaler & Priest, 2014). Damit ermöglichte die nationale Regierung, dass lokale und regionale Stakeholders mehr in den Entscheidungsprozess eingebunden sind. Wenn lokale Stakeholder andere In­ te­ressen und Vorstellungen artikulierten, mussten teilweise Hochwasserschutz­mass­ nahmen umgeplant oder neu geplant werden (Thaler & Priest, 2014; Begg et al., 2015; Thaler & Levin-Keitel, 2016). Finanzierung Die Finanzierung der Schutzmassnahmen wird vorwiegend über öffentliche Steuer­ gelder und in der Regel bis zu 100 Prozent aus nationalen Budgets gestellt. Die Gemein­den sowie Regionen tragen keine finanziellen Mittel bei; ausgenommen jene Pro­jekte, die in den Rahmen des Partner­ ship Funding Scheme fallen. Die Teilnah­ me an dem Partnership Funding Scheme erfolgt freiwillig, aber in der Regel nehmen nur jene Gemeinden bzw. Regionen teil, die über entsprechende finanzielle Kapa­

zi­tä­ten verfügen (Thaler & Priest, 2014). Die Höhe der Bereitstellung der finanziellen Mittel seitens der lokalen Bevölkerung ist nicht ge­regelt, aber je höher die lokale Finan­zie­rung ist, desto rascher wird das Hoch­was­serschutzprojekt ungeachtet der nationalen Prioritätenreihung verwirklicht. Entschädigungszahlungen im Katastrophenfall Die Hochwasserversicherung spielt für das Hochwassermanagement in England und Wales eine bedeutsame Rolle, da die Haushalte keinen Anspruch auf eine finanzielle Unterstützung seitens der öffentlichen Hand haben (Lamond et al., 2009; Penning-Rowsell, 2015b). Der Versiche­ rungsmarkt in England und Wales ist privat und marktwirtschaftlich organisiert, wobei die Höhe in­dividueller Prämienzahlungen in den meis­­ten Fällen gedeckelt ist. Hinter dieser Deckelung steht ein Gentleman’s Agree­ment zwischen der öffentlichen Hand und den Versicherungen, in dem die öffent­ liche Hand Schutzmassnahmen bereitstellt und die Versicherungen jeden mit sozial vertretbaren Prämien versichern, unab­hän­ gig vom Gefährdungspotential. Dieses ­ System stiess nach einigen starken Hoch­ wasserereignissen an seine Grenzen und wurde vom aktuellen Flood-Re-System ab­ ­gelöst. Das Flood-Re-System ist eine Rück­ ­versicherung für die englische Versiche­ rungsindustrie mit dem Ziel, Versiche­rungs­ ­policen für die Bevölkerung weiterhin preis­ ­lich erschwinglich zu halten. Eine gemein­ same Versicherungsbasis von Gebäuden mit hoher und niedriger Eintrittswahr­ schein­­lichkeit von Hochwasserereignissen ermög­licht solidarischen Ausgleich und leist­bare Prämien. Damit institutionalisierte das Flood-Re-System eine Umorientie­ rung von Liberalismus hin zum egalitären Liberalismus (Penning-Rowsell, 2015).

der Um­setzung belaufen sich meist auf wenige Jahre (im Gegensatz zu England und Wales, wo manche Projekte erst in 20 oder 30 Jahren umgesetzt werden; Thaler & Priest 2014) und diese Verzögerungen sind meist auf langwierige Verhandlungen mit Grund­eigentümern statt auf beschränkte öffentliche Budgets zurückzuführen. In Öster­reich ist der Interessent bzw. direkte Be­günstigte die treibende Kraft für die Er­ richtung eines Hochwasserschutz­kon­zep­ tes. Interessenten sind vor allem die Ge­ meinden, aber auch Strassen- und Schie­ neninfrastrukturbetreiber, Kraftwerks­unter­ nehmen, Betriebe oder private Haushalte können als Interessenten auftreten. Nach­ dem der Interessent einen Bedarf ange­ meldet hat, wird meist ein Schutzniveau von HQ-100 im Bereich des Wasserbaus bzw. HQ-150 im Bereich des forsttech­ni­ schen Dienstes für Wildbach- und Lawinen­ verbauung geplant und werden entspre­ chende Schutzmassnahmen umgesetzt. Beteiligungsprozess Der Beteiligungsprozess in Österreich ist im Regelfall auf die formale Bewilligung durch verschiedene Instanzen der öffentli­ chen Verwaltung beschränkt (Natur­schutz, Wasserrecht etc.). Grundeigentümer und Anlieger haben Parteienstellung in diesem Bewilligungsprozess. Die Bevölkerung wird vonseiten der öffentlichen Hand im Gefah­ renzonenplan über die Gefahrenlage bzw. über Hochwasserschutzprojekte informiert. Eine Beteiligung der Bevölkerung ist meist auf Information statt Konsultation oder Par­ tizipation beschränkt (OECD, 2015). Auf­ grund der starken Institutionalisierung im Hochwasserschutz bleiben Bürger­initia­ti­ ven oft am Rande des Entscheidungs­pro­ zesses (Thaler & Seebauer, 2019). Partizi­ pation erfolgt mittelbar über die demokra­ tischen Strukturen von Wahlen und Volks­ vertretern.

Österreich Entscheidungsprozess Auch in Österreich ist die Kosten-NutzenAnalyse eine wichtige Entscheidungs­grund­ lage, welche Schutzmassnahmen umge­ setzt werden. Der Grad der Mo­ne­tari­sie­ rung und der Einbeziehung nichtmate­riel­ ler Werte ist allerdings weit geringer als in England und Wales. Zusatznutzen wie Steigerung der Lebensqualität oder Schutz von Kultur- und Naturgütern wird etwa mit einem pauschalen Aufschlag von bis zu 30 Prozent auf den bezifferten monetären Nut­zen abgeschätzt (Hübl & Kraus, 2004). Hoch­wasserschutzprojekte werden nach Priori­tät gereiht, aber Verzögerungen bei

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Finanzierung Die Finanzierung in Österreich ist dreige­ teilt. In der Regel finanziert der Bund 56 Pro­ zent der Kosten, die Länder ca. 28 Prozent und die Interessenten rund 16 bis 20 Pro­ zent. Die In­standhaltungskosten unterlie­ gen zur Gän­ze dem Interessenten, anders als in Eng­land und Wales, wo diese Kos­ten von der nationalen Ebene finanziert werden. In den vergangenen Jahren entstand eine Viel­zahl von gemeindeübergreifenden Hoch­was­ser­verbänden, um die Kosten der Er­richtung von Schutzmassnahmen zwischen den Ober- und Unterliegern eines Risiko­gebiets aufzuteilen. Diese Verbände haben zum Ziel, einen Interessen- und 35


Las­ten­ausgleich zu schaffen zwischen den Ober­lieger-Gemeinden, die Retentionsund Bau­flächen zur Verfügung stellen, und den (meist finanzstarken) Unterlieger-Ge­ mein­den mit einem hohen Anteil von ex­ po­nier ­ten Gebäuden (Thaler & Hartmann, 2016; Thaler et al., 2016; Seher & Löschner, 2018). Entschädigungszahlungen im Katastrophenfall Die Entschädigungszahlungen im Kata­ stro­­phen­fall werden in Österreich von der öffentlichen Hand im Rahmen des Kata­ strophenfonds bzw. von privaten Spen­den­ geldern übernommen. Der österreichi­sche Katastrophenfonds ist ein Solidarsystem, das aus einem geringen Anteil des Ein­ kom­menssteueraufkommens gespeist wird (Thaler & Fuchs, 2020). Die Höhe der Ent­ schädigung seitens des Katastro­phen­fonds ist abhängig vom Bundesland, da die Bun­ desländer unterschiedliche Berechnungs­ methoden, Herangehensweisen sowie Ma­ ximalzahlungen haben. Die Selbstbehalte sowie Maximalzahlungen orientieren sich teilweise an sozio-ökonomischen Krite­rien, wie z. B. Haushaltseinkommen, gesund­ heit­liche Schwierigkeiten, Betreuung von Kindern. Die Zuweisung von Hilfs­zah­lun­ gen aus privaten Spenden obliegt lokalen Spendenkomitees, welche tendenziell höhere Beträge an verwundbare Perso­nen­ gruppen auszahlen (Babcicky et al., 2021). Im Vergleich zu anderen Ländern verfügt Österreich über einen geringen Anteil von Haushalten, die sich privat gegen Hoch­ wasser versichern, u. a. wegen des Kata­ strophenfonds, der Versicherungs­zahlun­ gen von der Höhe der staatlichen Ent­ schä­digung abzieht. Schadenersatz aus privaten Hochwasserversicherungen ist in der Regel bei max. 15 000 € gedeckelt (Thaler & Fuchs, 2020). Konsequenzen für das Risikomanagement Entscheidungsprozess Der englische Entscheidungsprozess ist stark utilitaristisch geprägt durch die nationale, von einer Kosten-Nutzen-Analyse geleiteten Priorisierung. Dieser utilitaristische Ansatz soll den Gesamtnutzen der Gesellschaft maximieren, mit der Folge, dass Regionen bzw. Gemeinden mit geringerem Wohlstand und Schadens­poten­ zial durch ein geringeres Kosten-NutzenVerhältnis kaum oder zu einem sehr späten Zeitpunkt Schutzmassnahmen erhal­ten. Eine Ausnahme bilden Gemeinden, in de­ nen ein hoher Anteil der Gemeinde­be­völ­ 36

kerung von Mindestsicherung lebt. Die­ser egalitäre Liberalismus wurde vor allem auf­grund der Hochwasserereignisse der 2000er Jahre aufgenommen, da einkom­ mens­schwa­che Bevölkerungsgruppen mas­­sive Schwierigkeiten im Wiederaufbau hat­ten. Der utilitaristische Ansatz wurde weiter durch das Partnership Funding Scheme aufgelockert, das mit einem stark liberalen Verständnis von Gerechtigkeit die Bevölkerung bzw. Unternehmen zur Selbst­ organisation von Hochwasserschutz anhält. Die österreichische Hochwasserpolitik versucht die Ressourcen für den Hoch­ wasserschutz gleichmässig zwischen den verschiedenen Bundesländern, Städten bzw. ländlichen Regionen aufzuteilen. Eine strikte Priorisierung im Sinne einer KostenNutzen-Analyse bzw. nach den Gebieten mit potenziellem signifikanten Hochwas­ ser­risiko (die sogenannten APSFR Ge­ biet­e) erfolgt nicht. Die österreichische Um­ setzungspraxis kann als eine Mischung aus Utilitarismus und egalitäre Liberalismus beschrieben werden. Die Kosten-NutzenAnalyse informiert den Entscheidungs­pro­ zess, aber die letztliche Entscheidung fällt durch die Politik bzw. die Interessenten auf lokaler Ebene. Auch Hochwasser­schutz­ projekte mit einer strenggenommen negativen oder nur schwach positiven KostenNutzen-Analyse können zur Umsetzung kommen, wenn weitere politische Erwä­ gun­gen vorliegen. Gleichzeitig führt das ein­heitliche Bemessungsniveau von HQ100 bzw. HQ-150 zu einem ähnlichen Schutz­niveau für alle Regionen, was zu Gleichheit im Sinne von Rawls’ «Ergebnis­ gleichheit» führt (Sandel, 2007; Thaler & Hartmann, 2016). Beteiligungsprozess Der Beteiligungsprozess in den Ländern ist bis auf wenige Ausnahmen meist auf die öffentliche Hand begrenzt. Bürger bzw. Bürgerinitiativen spielen bis auf den Part­ nership Funding Scheme kaum eine bedeutsame Rolle. Im Partnership Funding Scheme muss die Bevölkerung einen Teil der Verantwortung im Hochwasser­risiko­ management übernehmen, sowohl in der Finanzierung als auch in der Planung. Das führt jedoch häufig dazu, dass sich vor allem jene Bürger beteiligen, die über die notwendigen Ressourcen (wie Wissen, Zeit, akademische Bildung) verfügen und sozia­ le Randgruppen aus diesem Prozess aus­ geschlossen bleiben (Thaler & Levin-Keitel, 2016, Seebauer et al., 2019). In Österreich wiederum herrscht ein Bottom-Up-Ansatz, in dem die Gemeinden bzw. die Interes­

sen­ten aktiv den ersten Schritt setzen. Ähn­lich wie beim Schutzniveau bzw. der Frage nach der Errichtung von Schutz­ massnahmen verfolgt die österreichische Politik eher einen egalitären Ansatz im Beteiligungsprozess. Finanzierung Die allgemeine Finanzierung in England und Wales sowie Österreich erfolgt meist nach dem Prinzip des egalitären Liberalis­ mus. In beiden Ländern werden die Aus­ gaben für den Hochwasserschutz über die Einkommenssteuer finanziert. Eine Aus­ nahme besteht – wie bereits erwähnt – im liberalen Ansatz des Partnership Funding Scheme bzw. gibt es auch in Österreich Beispiele, wo die Bevölkerung bzw. private und öffentliche Unternehmen bei der Fi­nan­ zierung des Interessentenbeitrags mitbe­ rücksichtigt wurden, zum Beispiel in Mittersill in Salzburg oder im Ill-Walgau Wasser­ver­ band in Vorarlberg. Liberale An­sätze für private Finanzierung stellen aber einkom­ mensschwache Haushalte oder Re­­gionen schlechter, weil sie die notwen­di­gen Ei­ gen­mittel schwieriger aufbringen kön­nen. Entschädigungszahlungen im Katastrophenfall Der österreichische Katastrophenfonds verfolgt einen egalitären Liberalismus, indem verwundbare Haushalte eine höhere finanzielle Unterstützung seitens der öffentlichen Hand bekommen. Egalitärer Li­ be­ralismus zeigt sich auch, oft implizit und informell, in der Zuweisung von Spen­den­ geldern. Obwohl in Österreich kein Rechts­ anspruch auf Katastrophenzahlungen ex­is­ tiert, unterstützt der Staat soweit wie not­ wendig. Die englische Versicherung verfolgt einerseits einen utilitaristischen An­ satz, um die Gewinne für die Aktionäre sicherzustellen, aber gleichzeitig stellt das Flood-Re-System sicher, dass alle Haus­ halte einen Versicherungsschutz erhalten und die Prämienzahlungen leistbar sind. Fazit und Ausblick Soziale Gerechtigkeit spielt im Hochwas­ ser­risikomanagement eine bedeutsame Rolle, wird aber bis dato kaum in öffentlichen Diskussionen direkt angesprochen. Die Frage, wen Hochwasserschutz­mass­ nahmen schützen sollen bzw. wann dieser Schutz umgesetzt werden soll, wird in verschiedenen Ländern intensiv diskutiert, aber nicht immer auf einer breiten öffentlichen Basis. Wie man anhand der ausgewählten Länder beobachten kann, verfolgen diese keine eindeutige Theorie der

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sozialen Gerechtigkeit im Hoch­wasser­ri­ siko­management, sondern verwenden die verschiedenen Gerechtigkeitskonzepte in unterschiedlichen Ausrichtungen. Gene­rell kann man zwischen einem angelsächsi­ schen Gerechtigkeitsansatz (mit einem stärkeren Fokus auf dem Utilitarismus) und einem kontinentaleuropäischen Ver­ständ­nis von Gerechtigkeit (mit einer Betonung des egalitären Liberalismus) unterscheiden. Die grössten Unterschiede zwischen England und Kontinentaleuropa sind bei einzelnen Politikfeldern zu beobachten, wie z. B. bei der monetären Priorisierung von Schutzmassnahmen in England und Wales oder dem Bevölkerungsbeteiligungs­pro­ zess im Rahmen des Partnership Funding Schemes. Hier verfolgen England und Wales einen stärkeren quantitativ-monetären An­ spruch mit dem Versuch, ungleiche Be­ handlungen auszuschliessen. Dies erfolgt

aber wiederum durch die Einführung des Partnership Funding Schemes, in dem einkommensstarke Haushalte eher einen Hochwasserschutz einfordern und organisieren können als Regionen mit Haus­hal­ten mit einem geringen Einkommen. Öster­reich versucht hingegen einen gleichen An­spruch für alle zu gewährleisten, insbesondere mit dem Ziel, den dünner besiedelten ländli­ chen Raum nicht von Hochwasserschutz­ massnahmen auszuschliessen. Dies ist möglich, solange ausreichend öffentliche Mittel für den Hochwasserschutz verfügbar sind. Käme es aber zu finanziellen Eng­pässen, müsste man auch hier eine Überlegung starten, wie man trotz Prio­ri­ sie­rung den Schutz für die verwundbars­ ten Bevölkerungsgruppen in Österreich ge­währleisten kann. Nicht zuletzt ist zu berücksichtigen, dass Verwundbarkeit nicht nur eine Frage

des Einkommens ist. Zahlreiche andere soziale und psychologische Haushalts- und Personenmerkmale (wie Alter, Ge­schlecht, emotionale Risikowahrnehmung oder das soziale Umfeld) bestimmen, wie gut sich Betroffene auf ein Hochwasserereignis vor­ bereiten und wie gut sie die materiellen und mentalen Folgen bewältigen können (Babcicky et al., 2021). Die Debatte über soziale Gerechtigkeit im Hochwasser­risiko­ management sollte daher einen breiteren Fokus auf Kosten und Benachteiligungen einnehmen, der über rein monetäres Scha­ dens­potenzial hinausgeht.

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Danksagung Der Beitrag wurde vom Österreichischen Klima- und Energiefonds im Rahmen des Austrian Climate Research Programme (Projekt JustFair B769942) gefördert.

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Stöbern Sie online in alten WEL-Ausgaben. Besuchen Sie unser Digital-Archiv unter: www.swv.ch/wel-archiv

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Flugaufnahme Emosson mit Gesamtüberblick über die Baustelle (Comet, 1971). Wasser- und Energie­ wirtschaft, Band 63 (1971), Seite 294; doi.org/10.5169/ seals-921217.

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Hundert Jahre Talsperrenvermessungen in der Schweiz Adrian Wiget

Zusammenfassung In dieser Zeitschrift wurde im Heft 4/2021 (S. 236) das 100-jährige Jubiläum der Stau­ mauer «Montsalvens» der damaligen Freiburger Kraftwerke EEF, heute Groupe E, an der Jogne bei Broc erwähnt. Im Zusammenhang mit deren Bau kann noch auf ein weiteres Jubiläum hingewiesen werden: Vor 100 Jahren begannen in der Schweiz Spezialisten mit der geodätischen Überwachung von Talsperren zur präventiven Sicherung der gefährdeten Bevölkerung und der unterliegenden Infrastrukturen. Résumé Un siècle de contributions de la géodésie à la sécurité des barrages en Suisse: Dans le numéro 4/2021 de cette revue (p. 236), il a été fait mention du centenaire du barrage de «Montsalvens», construit par les Entreprises Electriques Fribourgeoises (EEF) de l’époque, aujourd’hui Groupe E, sur la Jogne près de Broc. Dans le cadre de sa construction, un autre anniversaire peut être évoqué: il y a tout juste un siècle, des spécialistes se lancèrent dans la surveillance géodésique des barrages en Suisse, afin d’assurer, à titre préventif, la sécurité des infrastructures et des populations vivant en aval. Vous trouverez de plus amples informations sur le sujet en allant sur le lien suivant : emuseum.gggs.ch/eexpo-talsperren.

Geodätische Deformations­mes­ sun­gen an Staumauern 1921 –1945 Die Staumauer «Montsalvens» war damals für schweizerische und europäische Ver­ hältnisse in mehrfacher Hinsicht neuartig: Sie war die erste doppelt (horizontal und vertikal) gebogene Gewölbestau­mauer Eu­ ropas und mit 55 m Höhe die erste Stau­ mauer der Schweiz über 30 m. Die Bau­lei­ tung (Ingenieur H. E. Gruner) war daher be­ ­strebt, über ihre Ver­formungen bei Stauund Temperatur­schwankungen und auch über Ver­änderungen des Ver­haltens im Laufe der Jahre möglichst eingehenden Auf­schluss zu erhalten. Hierfür eine geeig­ nete Messmethode zu finden, welche der Geometrie des Bauwerks gerecht wurde, war keineswegs leicht, denn es waren sehr kleine Verformungsgrössen, welche erfasst werden mussten. Zudem standen weder schweizerische noch ausländische Mess­ erfahrungen unmittelbar zur Verfügung. Auf Vorschlag von Ingenieur H. Zölly, Chef der Sektion für Geodäsie der Eidge­ nössischen Landestopographie (L+T; heute Bundesamt für Landestopografie swissto-

po), wurde die Verformung der Staumauer «Montsalvens» erstmals in der Schweiz nach den Methoden der Geodäsie bestimmt (Lang, 1929; STK, 1946). Früher be­ gnügte man sich damit, analog den Ein­sen­ kungsmessungen in Brückenmitte, durch sog. Alignements bloss die Ver­schiebun­ gen der Mauer- oder Dammkro­nenmitte zu messen. Die neue geodäti­sche Metho­de hatte das Ziel, die beim Füllen des Stau­

sees entstehenden Mauer­deformationen an mehreren Punkten der luftseitigen Mauer­ fläche zu erfassen. Die L + T stützte sich da­bei auf langjährige Erfahrungen mit ei­ ner trigonometrischen Methode der Lan­ des­triangulation. Die Lageänderungen der auf der luftseitigen Mauerfläche einge­las­ senen Zielbolzen wurden durch wiederholtes sog. «Vor­wärts­einschneiden» von zwei ausserhalb des Bauwerkes gele­ge­ nen Beobach­tungspfeilern aus bestimmt. Die Messung der kleinen, durch Druckund Temperaturänderungen verursachten Formänderungen im Bereich einiger Milli­ meter gewährte schon damals einen wertvollen Einblick in die Qualität und damit Sicherheit der Staumauer. Auch wenn die ersten Ergebnisse noch nicht restlos befriedigten, so zeigten sich doch bei dieser ersten praktischen Anwendung die Vor­ züge der neuen Messmethode: Einfache Installationen und unbehinderte Messung präziser absoluter Verschie­bungs­beträge, ohne dabei die Mauer begehen zu müssen. Bereits im Juli 1922 bot sich Gele­­ genheit an der Bogenstaumauer «Pfaffen­ sprung» (UR) der Schweizerischen Bun­ des­ bahnen SBB die trigonometrische Methode wiederholt praktisch zu erpro­ ben und die an der Montsalvens-Stau­ mauer gesammelten Erfahrungen zu verwerten.

Bild 1: Prinzip des Vorwärtseinschneidens von zwei Pfeilern aus (Lang 1929).

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Die Methoden der geodätischen De­for­ mations­messungen (in Lage und Höhe) wurden von den Ingenieuren der L +T be­ züglich Netzanlage, Materialisierung und Instrumentarium für hochpräzise Anwen­ dun­gen der Ingenieurgeodäsie verfeinert und zu einer Standardmethode der Tal­ sperren-Überwachung weiterentwickelt. Sie wurden bei praktisch allen Stau­mau­ ern der Schweiz ausgeführt, um deren Ver­ formungen mit Wiederholungsmes­sun­gen festzustellen. Auch im benachbarten Aus­ land kamen die Methoden zur Anwendung, bis hin nach Spanien und Nordamerika, nachdem die Veröffentli­chun­gen der L+T dort bekannt geworden waren. Der grosse Aufschwung 1945  – 1980

Bild 2: Staumauer Montsalvens: Trigonometrie Netzplan 1921 mit zwei Pfeilern und 24 Mauerbolzen in 6 Kolonnen und 9 Zeilen (Lang 1929).

Bild 3: Staumauer Montsalvens kurz vor Bauabschluss mit den zwei Pfeilern und dem Beispiel eines Vorwärtseinschnittes auf einen Mauerbolzen (Lang 1929). Staumauerunfälle im Ausland, z. B. der Bruch der Mauer im Val Gleno (Italien) am 1. Dezember 1923, beunruhigten breite Krei­ se der Bevölkerung bezüglich der Sicherheit der Talsperren. Aber auch der Bau immer höherer Stauanlagen veran­ lassten die Behörden und die Werkbe­trei­ ber, geodätische Deformationsmessungen zur Kontrolle des elastischen Verhaltens 40

der Staumauern ausführen zu lassen. So beauftragte in den frühen 1920er Jahren auch die AG Kraftwerk Wägital die L + T als «neutrale Amtsstelle», die Deformatio­ nen der Staumauern «Rempen» (SZ) und «Schräh» (SZ), welche bis 1930 mit 111 m die höchste Gewichtsmauer der Welt war, trigonometrisch und nivellitisch zu kontrollieren.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, besonders in der Zeit von 1955 bis 1969, erfolgte we­ gen des zunehmenden Strombedarfs und des Kraftwerkbooms ein grosser Auf­ schwung im Schweizer Talsperrenbau, auch bezüglich Kühnheit der Ausfüh­run­ gen. In dieser Zeit wurden an verschie­ denen Hochschulen im In- und Ausland die Methoden zur Überwachung von Tal­ sperren wissenschaftlich untersucht und weiterentwickelt; in der Schweiz insbe­son­ dere an den Instituten für Geodäsie und Photogrammetrie (IGP) der Eidgenös­si­ schen Technischen Hochschulen in Zürich (ETHZ) und Lausanne (EPUL / EPFL). Die Überwachungskonzepte der bestehenden wie der neuen Talsperren wurden erwei­ tert, die geodätischen Beobachtungs­ver­ fah­ren verbessert und den Baugrössen an­ gepasst. Neben den Methoden der Lan­des­ vermessung wurden weitere vermes­sungs­ technische und geophysikalische Ver­fah­ ren und Instrumente der Geotechnik und der Felsmechanik mit der Geodäsie kombiniert, primär im Innern der Tal­sper­ren. Die Hochschulinstitute wurden von pri­ vaten Ingenieurunternehmungen für die Beratung oder Mitarbeit bei Deformations­ messungen beigezogen. Es ist denn auch nicht verwunderlich, dass die von ehema­li­ gen Institutsmitarbeitern gegründeten Ver­ messungsbüros ab den 1960er Jahren, also in der Blütezeit des schweizerischen Staumauerbaus, neben der L+T ebenfalls mit Bau- und Überwachungsmessungen an schweizerischen und ausländischen Talsperren beauftragt wurden. Schliess­ lich war die Ausweitung der Durchführung geodätischer Deformationsmessungen auf private Firmen auch wegen der zuneh­men­ den Anzahl der zu überwachenden Objek­ te unerlässlich.

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Besonderheiten der geodätischen Überwachung von Talsperren Mit der Geodäsie konnten die räumlichen Verformungen der Sperren, welche die Er­ bauer besonders interessierten, bereits beim ersten Aufstau bestimmt werden. Im Allgemeinen haben sich die Staumauern übrigens beim Einstau mehr deformiert als die damalige Theorie vorsah, und diese De­formationen haben sich beim Absenken des Seespiegels nur zum kleinen Teil zu­ rückgebildet. Die Verformungen vieler Mau­ ern wurden anschliessend im Wechsel des Auf- und Abstaus bis zur Erreichung der (nahezu) endgültigen Elastizität untersucht. Erst dann setzten die langperio­di­schen Kontrollmessungen der Talsperren ein. Als grosser Vorteil der geodätischen Überwachung ist zu erwähnen, dass ihre Methoden von der Netzanlage über die Ins­trumentierung und Durchführung der Messungen bis hin zur Auswertung sehr flexibel und situativ auf die verschiedenen Talsperrentypen und lokalen Verhältnisse angepasst werden können. Von Bedeu­tung ist zudem, dass mit den geodätischen Me­ thoden auch allfällige Bewegungen des Fundamentfelsens sowie der Talsperren­ umgebung erfasst werden. Denn während in den Anfängen vor hundert Jahren noch kurzfristige, relative (differenzielle) Mes­ sun­gen zwischen zwei Epochen im Vor­ dergrund standen, werden die heutigen Messungen für langfristige Untersu­chun­ gen ausgelegt. Die Methoden der Geo­ däsie ermöglichen die Bestimmung absoluter Bewegungen der Talsperren und ihres Untergrundes in Bezug zu regionalen oder nationalen Referenzrahmen in geologisch bekannten bzw. stabilen Zonen. Allerdings sind solche Messungen und de­ren Auswertung bezüglich des Fachwis­ sens und der Erfahrung der Ingenieure anspruchsvoll. Das notwendige Instrumenta­ rium muss hohen Präzisionsanforderungen genügen und entsprechend geprüft werden und schliesslich sind die Beobach­ tungen relativ zeitaufwändig. Die Geodäsie hat ihre Bedeutung bis heu­te bewahrt und wird bei allen grossen Stau­ mauern der Schweiz eingesetzt. Selbst­ver­ständlich wurden die Methoden und Instrumente der technologischen Ent­ wick­lung angepasst. Heute kommen elektronische Präzisionstachymeter, elektro­ opti­sche Präzisionsdistanzmesser, Digital­ nivel­liere und seit 1989 auch satellitenge­ stützte GPS/GNSS-Empfänger zum Ein­ satz (vgl. beispielsweise «wasser, energie, luft» Heft 9/1993). Mit den modernen Ins­ trumenten und Softwarewerkzeugen sind

Bild 4: Staumauer Montsalvens: Deformationslinien in fünf Querschnitten 1921– 1937. Annahme Stand Juli 1932 als vertikale Ebene (aus STK 1946).

Bild 5: Staumauer Montsalvens: Verschiebungswege der Mauerbolzen aus trigonometrischen Messungen 1921– 1937 (aus STK 1946).

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Bild 6: Staumauer Montsalvens 2014: Alain Wicht und Jean Ecoffey bei Nivellementmessungen beim Pfeiler 1. (M. Kistler, © Bundesamt für Landestopografie swisstopo). auch kontinuierliche Überwachungen von Talsperren möglich (sog. Geomonitoring). Und zunehmend werden auch an Stau­an­ lagen Versuche mit flächenhaften Mess­ methoden wie Laserscanning und Radar­ interferometrie gemacht. Hochgenaue, langjährig zuverlässige Deformationsmessungen sind ein kom­ plexes und anforderungsreiches Anwen­ dungs­gebiet der Ingenieurgeodäsie. Die geodätische Überwachung von Stauan­la­ gen wird vor allem dank ihren «abso­lu­ten» Ergebnissen ein wichtiger Pfeiler im Si­cher­ heitskonzept der Talsperren bleiben. Dokumentation Eine Arbeitsgruppe der Gesellschaft für die Geschichte der Geodäsie in der Schweiz (GGGS) hat zum 100-jährigen Jubi­läum die

Quellen: W. Lang (1929): Deformationsmessungen an Stau­ mauern nach den Methoden der Geodäsie, Verlag der Abteilung für Landestopographie, Bern. Schweizerische Talsperrenkommission (STK 1946): Messungen, Beobachtungen und Versuche an Schwei­zerischen Talsperren 1919-1945, Bern.

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Entwicklung der Talsperren­vermessung in der Schweiz, deren Mess­methoden, An­ wen­dungen und Vorteile so­wie der betei­ lig­ten Firmen dokumentiert inkl. der Akti­ vitäten schweizerischer Ver­messungs­büros im Ausland. Der Bericht wagt auch einen Ausblick auf künftige Mess­verfahren. In einer Kurzversion wur­de er in Deutsch und Französisch in der Zeitschrift «Geomatik Schweiz» Heft 7– 8/2021 veröffentlicht. Die Arbeitsgruppe macht diese Publikationen sowie den ausführlichen Hauptbericht zusammen mit ei­ner umfangreichen Bib­lio­ grafie einschlä­giger Fachpublikationen seit 1920 und einer Bildergalerie zu 18 The­men­ bereichen aus allen Zeitepochen auf der Webseite der GGGS verfügbar: emuseum.gggs.ch/eexpo-talsperren

Schweizerisches Nationalkomitee für grosse Talsperren, Arbeitsgruppe Talsperrenbeobachtung: Geodätische und photogrammetrische Deformationsmessung für die Überwachung der Stauanlagen; «wasser, energie, luft – eau, énergie, air» 85. Jahrgang, 1993, Heft 9 (dt. und fr.) www.e-periodica.ch/digbib/view?pid= wel-004%3A1993%3A85%3A%3A192#194

Gesellschaft für die Geschichte der Geodäsie in der Schweiz (GGGS) Die GGGS bewahrt das materielle und intellektuelle Erbe der Geodäsie in der Schweiz. Ihre Tätigkeit erstreckt sich auf alle Anwendungsgebiete geodäti­scher und vermessungstechnischer Me­tho­ den im zivilen und militärischen Be­reich und befasst sich mit der Doku­men­ta­tion von Arbeitsmethoden, Gerä­ten für geodätische, vermessungstech­nische und topographische Arbeiten in der Schweiz und der diesbezüglichen Literatur tech­ ni­schen, historischen, po­li­tischen oder künstlerischen Inhalts. Ausserdem hilft sie bei der Vermittlung von Spezialisten für Revisionen und Reparaturen von Instrumenten. www.gggs.ch.

Weitere Literatur siehe Hauptbericht und Bibliografie auf der Webseite der GGGS (siehe: Virtuelles Museum > E-Expo Schweizer Talsperrenvermessung). Autor Verfasst im Namen der GGGS Arbeitsgruppe Talsperren: Adrian Wiget, adrian.wiget@bluewin.ch

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Das «WEL» vor hundert Jahren:

Ueber Sohlensicherungen an Vorflut­ kanälen und kleinen Gewässern Dipl. Ing. O. Schaub; Schweizerische Wasserwirtschaft, Band 14 (1921 – 1922), Seite 85 ff; doi.org/10.5169/seals-920296

Einleitung Das Jahr 2022 markiert den 114. Jahrgang der Fachzeitschrift des Schweizerischen Wasserwirtschaftverbandes (SWV). In dieser Serie zollen wir der langen Geschichte der Zeitschrift Tribut und wiederholen einen Artikel, welcher vor hundert Jahren veröffentlicht wurde. Die seit 1976 bis heute unter dem Namen «Wasser Energie Luft» bekannte Pub­ li­kation wurde im Jahr 1908 unter dem Titel «Schweizer Wasserwirtschaft» zum ersten Mal herausgegeben. Die anfänglich alle drei bis vier Wochen erschienene Zeitschrift änderte 1930 zum ersten Mal den Namen und wurde bis 1975 unter «Schweizerische Wasser- und Energiewirtschaft» geführt. Heute erscheint das «WEL» vier Mal pro Jahr und konzentriert sich auf die Themen Wasserkraft und Hochwasserschutz. In früheren Jahren beschäftigte sich die Zeit­ schrift auch mit Themen wie der Binnenschifffahrt. Die reichhaltige Geschichte des «WEL» und der Wasserwirtschaft in der Schweiz kann anhand aller publizierten Ausgaben online unter www.swv.ch/wel-archiv erkundet werden.

Die beachtenswerten Mitteilungen von Herrn Prof. Meyer über den Sihlüberfall* geben mir die Veranlassung zu einer kurzen Besprechung heute gebräuchlicher Siche­ rungsmassnahmen zum Schutze der Wan­ dungen künstlicher Vorflutkanäle in Melio­ rationsgebieten, Binnenkanälen und kleineren Gewässern gegen schädliche Ein­ wir­kungen von Hochwassern. Eine Erör­ terung dieser Frage erscheint mir auch deshalb angezeigt, da gerade in jüngster Zeit Sohlen- und Uferschutzsysteme in gesteigertem Masse zur Anwendung gekommen sind, welche m.  E. mit den Er­fah­ rungen des Wasserbaues nicht im Ein­ klang stehen. Ich verweise damit auf die vorzugsweise Verwendung von Quer­ schwel­­len (armierte Betonschwellen) als Schutzmittel gegen Sohlenangriffe. Das Geradeziehen von Gewässern und die An­lage der Vorflutkanäle in die Rich­ tung gröss­ten Talgefälles bedingt oft die Einhaltung grosser Gefälle, so dass die An­ griffskräfte des rasch fliessenden Wassers den Wider­stand der ungesicherten Gerinne­ ­wan­dun­gen überschreiten. Aufgabe ist es *Ueber den heutigen Stand des wasserbaulichen Ver­suchswesens, von Prof. E. Meyer, Zürich. «Schweiz. Bauzeitung», No. 6 vom 11. Februar 1922.

dann, ent­weder Sohle und Wandungen ge­ gen die grossen Schleppkräfte unemp­ find­lich zu machen oder den Überschuss an Ener­gie des strömenden Wassers einer Kanal­strecke auf irgendwelche Weise zu vernichten. Im Flachlande, wo bei Kanal­bau­ten zu­ ­meist alluviale Ablagerungen durchschnit­ ten werden, sind im allge­mei­nen Soh­­len­ geschwindigkeiten von über 1,25 m/sek. zu vermeiden. Und da die Wasserge­schwin­ digkeit entlang der Sohle und den untern Teilen der Böschungen bei den hier in Fra­ ge stehenden Rauhigkeits­graden erfah­ rungsgemäss angenähert die Hälfte der mittleren Profilgeschwindigkeit ausmacht, ist letztere auf ca. 2,50 m/sek. anzusetzen. Unten­stehende Tabelle zeigt für einige beliebig gewählte Gerinnequer­ schnitte un­ter An­nahme einer mittleren Geschwin­ digkeit von v=2,5 m/sek. die zugehörigen

Maxi­mal­­gefälle. Die Berechnungen sind nach der Bazinschen Formel mit einem Rauhig­keitskoëffizienten von ɣ=1,3 durch­ geführt. Wird das Kanalgefälle über das zuläs­ sige Mass erhöht, so kommt als Gegen­ massnahme in erster Linie das Belegen der Sohle mit grobem Schottermaterial oder das vollständige Abpflästern von Sohle und Böschungen in Frage. Die grosse Schlepp­ kraft des fliessenden Wassers kann in diesem Falle den geschützten Wandungen nicht nachteilig werden. Dieses wirksame Mittel bleibt aber aus finanziellen Gründen auf Ausnahmefälle beschränkt. Ein zweiter Vorschlag sieht, ebenfalls mit Überschrei­tung des Maximalgefälles, den bereits eingangs erwähnten Einbau von Quer­schwel­len vor, die in gewissen Abständen sich fol­­gend, die Sohle vor Ab­ schwemmungen schützen sollen. So annehmbar dieser Vor­schlag im ersten Au­ gen­blick auch erschei­nen mag, kann er bei näherer Prü­fung doch nicht befrie­di­ gen. Die zu grosse Geschwin­digkeit des Wassers wird durch die Quer­schwellen nicht vermindert. Auf die zwischen den Querschwellen liegenden Soh­len­flächen wirkt die Schleppkraft des Was­sers in unverminderter Stär­ke ein und bringt das Material zur Ab­schwem­mung. Es wird sich bald ein in Fig. 1 ver­an­schau­lich­ter Zu­stand einstellen. Unter­halb der Quer­schwellen bilden sich Kolke, Wir­belungen und Grund­

Sohlen­breite m

Wasser­tiefe m

Böschungs­neigung

Wassermenge m3/sek.

Maximalgefälle %

1.

1,0

1,2

1 : 11/2

8,4

0,91

2.

1,5

1,5

1 : 11/2

14,1

0,59

3.

2,0

1,8

1 : 11/2

21,3

0,44

4.

3,0

2,2

1 : 11/2

34,7

0,30

5.

4,0

2,5

1 : 11/2

48,4

0,24

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walzen, die, da die Grundwalzen beson­ ders wirkungsvoll den Sohlenangriff fördern, unter Umständen ein Abschwemmen des Sohlenmaterials unter der Schwelle hindurch veranlassen. Auch greifen die Wirbelungen und Grund­walzen nachteilig auf die seitlichen Kanal­wandungen ein, derart, dass unter Um­ständen das ganze System des Ufer- und Sohlenschutzes blossgelegt wird.

Keine wesentliche Besserung bringen Über­fälle von relativ geringer Absturzhöhe. (Fig. 2.) Bei grössern Wassertiefen im Gerinne, und diese allein fallen bei der Be­ messung der Standsicherheit von Ge­rin­ newandungen in Betracht, zeigt die Was­ seroberfläche fast keine Spur von einem überströmten niedern Uberfall mehr. Der Wasserspiegel nimmt angenähert das aus­ geglichene Kanalgefälle an. Auf keinen Fall treten die als wirksame Energievernichter erkannten Deckwalzen auf. Der Über­schuss an Energie des Wasserstromes muss sich demnach auch hier in Kolk­bil­dungen und Materialabschwemmungen auswirken. Behauptungen, es hatten sich Siche­ rungsanlagen mit Grundschwellen bei gros­ sen Gefällen bewährt, lassen sich zumeist auf jene Fälle untenstehender Tabelle zu­ rück­führen, wo infolge kleiner Gerinne­ab­

1. 4.

44

Sohlen­breite m 1,0 1,0 3,0 3,0

Wasser­tiefe m 1,2 0,8 2,2 1,5

messungen ziemlich grosse Gefälle zuläs­ sig und damit künstliche Schutzmass­nah­ men ohnedies überflüssig sind. Durchaus falsch ist es auch, als Beweis der Zweck­ mässigkeit einer Schützanlage die bei nie­ dergegangenen kleinen Hochwassern gesammelten Erfahrungen zu verwerten. Aus folgenden Gegenüberstellungen geht deut­ lich hervor, dass kleinere Hochwasser selbst bei wesentlich übersetzten Gefällen unschädlich sind. Nur die Beobachtungen bei seltenen maximalen Hochwassern, wie sie der Di­ mensionierung des Gerinnes zugrunde ge­ legt sind, dürfen für die Beurteilung von Schutzsystemen beigezogen werden.

Der zweckmässigste Weg zur Un­schäd­ lichmachung überschüssiger Gefälle ist folgender: Der Gerinnesohle wird ein Ge­ fälle von maximal zulässigem Betrage gegeben. Der Gefällsüberschuss ist durch einzelne Überfälle auszugleichen. (Fig. 3.) Letztere sind als wirksame Energiever­nich­ ­ter auszubilden. Wie ihre Gestaltung zu geschehen hat, geht aus den Be­schrei­ bungen des Sihlüberfalles im eingangs erwähnten Aufsatz des Herrn Prof. Meyer hervor. Es ist darnach zu trachten, dass

Böschungs­neigung 1 : 11/2 1 : 11/2 1 : 11/2 1 : 11/2

Wassermenge m3/sek. 8,4 4,4 34,7 19,7

Maximalgefälle % 0,91 1,58 0,30 0,49

www.swv.ch/wel-archiv Frühere Ausgaben der Fachzeitschrift des Schweizerischen Wasserwirt­schaft­ ­ver­­ban­des sind unter www.swv.ch/welarchiv für die Öffentlichkeit verfügbar.

sich energievernichtende Deckwal­zen unmittelbar unterhalb des Absturzes einstel­ len, damit die erwünschte Absen­kung der Energielinie innerhalb des Be­reichs des Absturzbeckens eintritt. Die etwas höhern Baukosten eines auf solche Weise durchgeführten Korrektions­ wer­kes dürfen meines Erachtens niemals die Veranlassung sein, an deren Stelle den billigeren aber unzweckmässigen Sohlen­ schutzmitteln den Vorzug zu geben. Viel­ mehr ist anzustreben, das als richtig erkannte Korrektionssystem möglichst rationell ausbauen, eventuell durch Norma­ lisierung der Bauelemente usw. Letzteres verspricht schon deshalb Erfolg, als es sich hier zumeist um viele Wiederholungen von einem und demselben Uberfalltypus handelt. Der Verfasser hat sich bemüht, dieser Forderung nachzukommen durch die Konstruktion geeigneter Formstücke aus armiertem Beton.

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Contributions aux investissements pour trois grands projets hydroélectriques approuvées Georges-Alain Zuber, Andreas Stettler

Investitionsbeiträge für drei Grosswasserkraftprojekte gutgeheissen In der Schweiz können seit 2018 Investitionsbeiträge für neue Grosswasserkraftwerke sowie für wesentliche Erweiterungen oder Erneuerungen solcher Anlagen beantragt werden. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat die eingegangenen Gesuche geprüft und drei Projekten Investitionsbeiträge von insgesamt 45,4 Millionen Franken zugesprochen. Die zur Verfügung stehenden Mittel werden damit nicht ausgeschöpft. Für die Investitionsbeiträge für Grosswasserkraftwerke stehen jährlich rund 50 Millionen Franken zur Verfügung. Diese Mittel werden im Zweijahresrhythmus zugeteilt. Zum zweiten Stichtag vom 31. August 2020 sind zwei Anträge eingegangen. Ein weiteres Gesuch vom ersten Stichtag 30. Juni 2018 hatte das BFE ursprünglich abgelehnt. Nach einem Bundesgerichtsentscheid wurde es nun neu beurteilt. Nach Prüfung der Gesuche sind die Erweiterungs- und Erneuerungsprojekte von drei Grosswasserkraftanlagen anspruchsberechtigt. Es handelt sich um das Projekt Vissoie der Forces motrices de la Gougra SA sowie um die Projekte Handeck 2B (siehe Eckdaten auf Folgeseite) und Spitallamm der Kraftwerke Oberhasli AG. Die Erneuerung der Staumauer Spitallamm wurde im WEL 3-2021 im Zusammenhang mit der Grundsteinlegung beschrieben. Die gesamthaft zugesicherte Beitragssumme beträgt 45,4 Millionen Franken, was durchschnittlich 26 Prozent der anrechenbaren Investitionskosten entspricht. Da die Mittel des letzten Stichtags nicht ausgeschöpft sind, können noch laufend Gesuche eingereicht werden. Der nächste reguläre Stichtag für die Einreichung von Gesuchen ist der 31. August 2022.

Sierre: Les Forces Motrices de la Gougra SA ont débuté les réhabilitations des groupes des centrales hydroélectriques de Mottec et de Vissoie (VS). Près de 60 ans après leur construction, les groupes sont remplacés. La modernisation des centrales permettra d’augmenter la puissance totale de l’aménagement de 30 MW et la production annuelle de 8 millions de kWh.

fois les eaux stockées dans le lac de Moiry situé près de 600 mètres plus haut. Elle est également équipée de pompes qui refoulent les eaux des rivières Navizence et Tourtemagne dans le lac de Moiry. Construite dans les mêmes années, la centrale de Vissoie turbine les eaux sur un deuxième palier avec une chute de 439 mètres. Finalement la centrale de Navizence, réhabilitée durant les années 2010 à 2013, turbine une troisième fois ces eaux à Chippis, dans la plaine du Rhône. Le complexe de la Gougra est le cinquième aménagement hydroélectrique valaisan en termes de production. Il produit en moyenne 650 GWh d’électricité renouvelable par année, soit la consommation annuelle d’environ 185 000 ménages. Les actionnaires de la société sont Alpiq Suisse SA (54 %), Rhonewerke AG (27,5 %), la Commune d’Anniviers (7,7 %), la Commune de Chippis (1,8 %), la Commune de Chalais (0,5 %), la Commune de Sierre (7,5 %) et Oiken SA (1 %).

Le cinquième ouvrage hydro­ électrique du Canton du Valais

La réhabilitation des centrales de Mottec et de Vissoie

Les centrales de Mottec et de Vissoie font partie de l’aménagement hydroélectrique des Forces Motrices de la Gougra SA situé dans le Val d’Anniviers. Construite en 1958, la centrale de Mottec permet de turbiner une première

Les centrales de Mottec et de Vissoie, situées dans le Val d’Anniviers, sont en cours de modernisation. Les machines actuelles fonctionnent depuis plus de 60 ans. Vingt années avant l’échéance des concessions, les Forces Motrices de la Gougra SA ont décidé d’investir 67 millions de CHF pour donner une nouvelle vie aux trois groupes des deux centrales. Cette réhabilitation permettra d’augmenter la puissance de la centrale de Mottec de 69 à 87 MW et celle de Vissoie de 45 à 57 MW; les centrales produiront 8 millions de kWh supplémentaires par an, soit l’équivalent de la consommation électrique annuelle moyenne de 2250 ménages. L’installation bénéficiera également d’une plage de réglage plus im­portante pour les services au réseau électrique (services système).

Barrage de Moiry. «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

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De nouveaux composants pour une puissance accrue Sur les trois groupes hydroélectriques que compte la centrale de Mottec, deux ont été entièrement réhabilités et le troisième a été partiellement révisé. Les principaux composants des trois machines de la centrale de Vissoie, soit les vannes, turbines, alternateurs et transformateurs, seront également remplacés. Le débit passera de 12 à 15 m3 /s. Les travaux s’échelonneront entre 2020 et 2025. Grâce à une planification minutieuse, l’exploitation du complexe hydroélectrique de la Gougra se poursuit sans pertes de production majeures du-

rant la période des travaux. La gestion du projet durant la pandémie actuelle est plus délicate, cette dernière ayant une incidence sur l’approvisionnement et le montage. Soutien de la Confédération L’Office fédéral de l’énergie (OFEN) a octroyé aux Forces Motrices de la Gougra SA des contributions à l’investissement pour les suréquipements de 4,9 millions de CHF brut pour Mottec et de 13,2 millions de CHF pour Vissoie. Cette contribution à l’investissement fait partie des mesures de soutien aux grandes installations hydroélectriques prévues par la Stratégie énergétique 2050.

Centrale de Vissoie.

Projekt Handeck 2B Das Gefälle im bestehenden Stollen zwischen dem Mattenalpsee und dem Wasser­ schloss Handeckfluh will die KWO künftig mit einem neuen Kraftwerk nutzen. Das Kraftwerk wird in das bestehende System eingefügt. Sämtliche neuen Anlageteile werden unterirdisch erstellt. Für den Betrieb der Anlage wird kein zusätzliches Wasser gefasst. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind deshalb minimal. Mit dem Bau der neuen Anlage kann die KWO vorhandene Infrastrukturen optimieren und das bestehende Kraftwerksystem noch leistungsfähiger machen. Das Kraftwerk wird eine Leistung von 10 MW aufweisen und kann mit dem stark saisonal anfal­ lenden Wasser zusätzliche Energie im Umfang von 21,5 GWh pro Jahr produzieren. Die Investitionssumme beträgt CHF 22 Mio. Die Bauzeit dauert 2 Jahre.

Montage d’un nouvel alternateur à Mottec. Reconnaissance des concédants La plus-value de ces réhabilitations des centrales de Mottec et de Vissoie a été reconnue par les collectivités concédantes. Un accord a été convenu avec ces dernières sur les valeurs intrinsèques des parties onéreuses et les indemnisations pour les parties gratuites non amorties à l’échéance des concessions de 2039.

Auteur: Georges-Alain Zuber, Directeur des Forces motrices de la Gougra SA

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«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Nachrichten Informationen aus der Wasser- und Energiewirtschaft

Politik

Hydro, Swisspower AG sowie die Axpo Group. Weitere Infos finden Sie unter unter www.swv.ch/news

Runder Tisch Wasserkraft mit gemeinsamer Erklärung am 13. Dezember 2021 abgeschlossen Auf Einladung von Bundesrätin Simonetta Sommaruga haben sich Vertreterinnen und Vertreter wichtiger Akteure im Be­ reich der Wasserkraft seit August 2020 an einem Runden Tisch über die Heraus­ forderungen der Wasserkraft vor dem Hin­tergrund der Energiestrategie 2050, des Netto-Null-Klimaziels, der Versor­ gungs­sicherheit und dem Erhalt der Bio­ diversität ausgetauscht. Am abschlies­ senden Treffen haben die Teilnehmenden des Runden Tisches am 13. Dezember 2021 die erzielten Resultate gewürdigt. Zu­dem wurde eine gemeinsame Er­klä­ rung unterzeichnet. Ziel des Runden Tisches war, eine gemein­ same Erklärung zu verabschieden, welche ausgewählte Wasserkraftprojekte sowie Ausgleichsmassnahmen und allgemeine Empfehlungen zum Schutz von Biodiver­ sität und Landschaft enthält. Für die fachlichen Arbeiten wurde eine Begleitgruppe unter Moderation von Professor Michael Ambühl von der ETH Zürich eingesetzt. Am abschliessenden Treffen vom 13. De­ zember 2021 hat der Runde Tisch eine gemeinsame Erklärung verabschiedet. Die Teilnehmenden des Runden Tischs Wasserkraft trafen sich insgesamt dreimal (18. August 2020, 21. Juni 2021 und 13. Dezember 2021). Teilnehmende waren die Konferenz der kantonalen Energiedirekto­ ren, die Regierungskonferenz der Gebirgs­ kantone, die Konferenz der Bau-, Pla­nungsund Umweltdirektoren, Pro Natura, WWF Schweiz, die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, der Schweizerische Fischerei-Ver­ band, der Verband Schweizerischer Elek­ trizitätsunternehmen, der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband, Swiss Small

Würdigung der Ergebnisse Die Kantone sind erfreut, dass sämtliche Teilnehmenden des Runden Tisches die Wichtigkeit der Wasserkraft anerkennen. Insbesondere für das Winterhalbjahr ist der Ausbau der Speicherwasserkraft unabdingbar. Nun gilt es, zeitnah konkrete Projekte zu vertiefen und voranzutreiben. Das Parlament ist überdies gefordert, den Ball aufzunehmen und die zusätzliche Förderung der Speicherwasserkraft im Rahmen der Behandlungen zum Mantel­ erlass im revidierten Stromversorgungs­ gesetz festzuschreiben. Die Wasserkraft­ betreiber betonen in ihren Stellungnahmen ebenso wie die Kantone, dass die Be­ hand­lung des Mantelerlasses mit der angedachten zusätzlichen Förderung der

Die 15 Projekte des Runden Tisches Projekt Kanton Speicherinhalt Chummensee VS 165 GWh Curnera-Nalps GR 99 GWh Gorner VS 650 GWh Gougra VS 120 GWh Griessee VS 46 GWh Grimselsee BE 240 GWh Lac d'Emosson VS 58 GWh Lac des Toules VS 53 GWh Lago deI Sambuco Tl 46 GWh Lai da Marmorera GR 55 GWh Mattmarksee VS 65 GWh Oberaarsee BE 65 GWh Oberaletsch (klein) VS 50 GWh Reusskaskade UR 96 GWh Trift BE 215 GWh

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

Winterversorgung von grosser Wichtigkeit sei, ansonsten die Projekte kaum umge­ setzt würden. Zudem seien auch die Be­wil­ ligungsverfahren zu vereinfachen. Die beteiligten Umweltverbände stehen gemäss ihrer Medienmitteilung auch ein für den Ausbau der erneuerbaren Energien, wenn man gemeinsam Lösungen entwi­ckelt, die auch die Biodiversität berücksichtigen. Deswegen unterzeichneten sie mehrheitlich die verabschiedete Absichts­erklärung zum gezielten Ausbau der Spei­cherwas­ serkraft. Die Stiftung Land­schafts­schutz will den Kompromiss nicht mittra­gen und unterzeichnete als einzige anwe­sende Par­ tei die gemeinsame Erklärung nicht. Energiestrategie 2050 erreicht erste Wegmarke – weitere Schritte nötig Die Energiestrategie 2050 hat eine erste Wegmarke erreicht: Die Schweiz erfüllt die im Energiegesetz für das Jahr 2020 verankerten Richtwerte für die Strom­ produktion aus erneuerbaren Energien sowie die Richtwerte zur Strom- und Energieeffizienz. Das zeigt der heute publizierte vierte Monitoringbericht des Bun­desamts für Energie (BFE). Auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energie­ versorgung bis 2050 braucht es aber weitere Anstrengungen. 2020 lag die erneuerbare Stromproduktion ohne Wasserkraft bei 4712 Giga­watt­stun­ den (GWh) oder 7,2  % der gesamten NettoElektrizitätsproduktion. Damit ist der im gel­ tenden Energiegesetz verankerte Richt­wert 2020 (4400 GWh) erreicht. Der Aus­bau er­ folgt nicht bei allen erneuerbaren Strom­pro­ duktionstechnologien im gleichen Tem­po. Seit 2010 hat die Photo­voltaik (PV) absolut gesehen am stärksten zugelegt. Um den geltenden Richtwert 2035 für die gesamte erneuerbare Strom­pro­duktion ohne Was­ ser­kraft zu erreichen (11 400 GWh), braucht es einen Netto­zu­wachs von durchschnittlich rund 450 GWh pro Jahr. 47


Nachrichten

Stromproduktion aus Wasserkraft 2020 lag die mittlere Netto-Produktions­ erwartung bei 36 275 GWh. Der Richtwert 2035 beträgt 37 400 GWh (kein Richtwert 2020 im Gesetz). Von 2011 bis 2035 wird ein Nettozuwachs von rund 2000 GWh angestrebt. Davon waren 2020 rund 45 % erreicht. Um den Richtwert 2035 zu errei­ chen, braucht es in den kommenden Jah­ ren einen Nettozuwachs von durchschnittlich 70 GWh pro Jahr. In dieser Zuwachs­ rate ist jedoch nicht berücksichtigt, dass bei Konzessionserneuerungen die aktuelle Produktion wegen zunehmenden Rest­ wassermengen signifikant zurückgehen wird. Der jährliche Bruttozuwachs muss von daher in der Zukunft um ein Vielfaches grösser sein. Im Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Ener­ gien bleibt der Zielwert 2035 für die Was­ serkraft unverändert bei 37 400 GWh. Für 2050 liegt er bei mindestens 38 600 GWh. Grussbotschaft von Bundesrätin Simonetta Sommaruga anlässlich des Stromkongresses 2022, der coronabedingt nicht stattfinden konnte Das Video der Gruss­botschaft finden Sie unter youtu.be/ 2v13SaXvC2Q

Nach dem abgesagten Stromkongress rich­tete sich Frau Bundesrätin Simonetta Sommaruga über Video an die Ener­gie­ branche. Dabei warb die Energieministerin für den Mantelerlass des Bundesrats zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit erneuerbaren Energien und zeigte sich überzeugt vom geplanten Ausbau der Was­serkraft. Die Versorgungssicherheit stehe ganz oben, betonte Sommaruga in ihrer Video­ ansprache, die sie anstelle ihres Auftritts am abgesagten Stromkongress von letzter Woche hielt. Politik und Energiebranche müssten der Bevölkerung aufzeigen, wo­her in Zukunft der Strom komme. Der Mantel­ erlass zur Stärkung der Versorgungs­si­ cher­heit mit erneuerbaren Energien sei ein wichtiger Schritt. Die Vorlage des Bundes­ rats liege seit einem Jahr vor. «Jetzt zähle ich darauf, dass das Parlament vorwärts macht», so Sommaruga. Auch beim Ausbau der Speicher­was­ ser­kraft wartet Sommaruga auf den Ent­­ scheid des National- und des Ständerats. 48

Die Energieministerin erwähnte in diesem Zusammenhang den Runden Tisch für Was­serkraft, an dem sich die Akteure aus­ tauschen. Bund, Kantone, Naturschutz und Strombranche hätten mit den Gesprächen eine wichtige Vorleistung erbracht. Die Schweiz könne die vorgesehenen 2 Mrd. kWh Speicherwasserkraft bis 2040 zubauen, sagte Sommaruga. «Deshalb sollte das Parlament jetzt die Mittel für diese Projekte rasch beschliessen.» Sie werde dem Bundesrat bald eine Vorlage präsentieren, mit der sich die Bewilligungs­ver­ fahren für grosse Wasserkraft- und Wind­ anlagen beschleunigen liessen. Schweiz bei PV-Zubau pro Kopf vorne mit dabei Im Hinblick auf die Netzstabilität seien die Dinge mit dem Nein des Bundesrats zum Rahmenabkommen mit der EU nicht einfacher geworden, führte Sommaruga aus. Die Akteure seien aber alle an der Arbeit. So habe Swissgrid letzte Woche die Ver­ handlungen für die Südgrenze erfolgreich abschliessen können. «Das stärkt die Netz­ sicherheit», schloss Sommaruga daraus. Zudem habe die Schweiz im Dezember ei­ ne Absichtserklärung zur Vorsorge gegen Stromkrisen unterzeichnet. Mit Blick auf den Ausbau der PV verwies Sommaruga auf die globalen Inves­ti­ tionen, die 2021 einen Rekordwert erreich­ ten. In der Schweiz boome der PV-Ausbau ebenfalls. Mittlerweile zähle das Land zu den führenden Nationen in Europa, wenn es um den Zubau pro Kopf gehe. Auch Ge­ bäudesanierungen und der Heizungser­ satz lägen im Trend, so Sommaruga. Der Strombranche dankte Sommaruga schliess­ lich für ihre Arbeit und ihren enormen Einsatz. Die Schweiz hänge wortwörtlich an den Versorgern und ihren Netzen. Zusammenfassung: energate, 17.01.2022

Bundesrat will Verfahren für Wasserkraft- und Windenergieanlagen beschleunigen Die Verfahren für den Bau grosser Was­ ser- und Windkraftanlagen dauern heute oft lange. Weil solche Projekte für die Schweizer Stromproduktion sehr wichtig sind, möchte der Bundesrat die Ver­fah­ ren beschleunigen. Er schlägt deshalb vor, die Planungs- und Bewilligungs­ verfahren für die bedeutendsten An­la­ gen der Wasserkraft und der Wind­ energie zu vereinfachen und zu straffen, ohne Abstriche beim Natur-, Umwelt-

und Denkmalschutz zu machen. Zu­sätz­ lich will der Bundesrat den Ausbau der Photovoltaik vorantreiben, indem die In­ ves­titionen für Photovoltaikanlagen auch bei Neubauten steuerlich abgezogen werden können und die Zulassung von Solaranlagen an Fassaden vereinfacht wird. Der Bundesrat hat an seiner Sit­zung vom 2. Februar 2022 eine entsprechende Vorlage in die Vernehmlassung gegeben. Die Bundesverfassung verpflichtet den Bund, sich für eine ausreichende, breit gefächerte, sichere, wirtschaftliche und um­ weltverträgliche Energieversorgung einzusetzen. Der Bundesrat orientiert sich da­bei an den Zielen der Energiestrategie 2050. Um den Ausbau der einheimischen erneuer­ baren Energien sowie die Versorgungs­ sicherheit zu stärken, hat er im Juni 2021 das Bundesgesetz für eine sichere Strom­ versorgung mit erneuerbaren Energien ver­ abschiedet. Die Vorlage ist jetzt im Parla­ ment. Damit die Ausbauziele erreicht werden können, braucht es auch Anpassungen bei den Planungs- und Bewilligungs­ver­ fahren für den Bau neuer Anlagen sowie den Aus- und Umbau bestehender An­la­ gen. Heute dauern diese zu lange. Für grosse Anlagen verstreichen zwischen Pro­ jektierungsbeginn und Realisierung manch­ ­mal über zwanzig Jahre. Der Bundesrat will deshalb die Verfahren für die bedeu­ tendsten Wasserkraft- und Windenergie­ anlagen beschleunigen, ohne Abstriche beim Natur- Umwelt- und Denkmalschutz zu machen. Neues Konzept des Bundes und kon­zentrierte kantonale Plan­ genehmigung Derzeit fehlt für die Wasser- und Wind­ energie eine auf die gesamtschweize­ri­ sche Sicht ausgerichtete Planung. Zudem fehlen bundesrechtliche Vorgaben für effiziente und umfassend koordinierte kantonale Planungs- und Bewilligungs­ ver­ fahren für den Bau solcher Anlagen. Der Bundesrat schlägt deshalb vor, dass der Bund ein Konzept mit den Standorten der bedeutendsten Wasserkraft- und Wind­ energieanlagen erarbeitet, das als Vor­ gabe für die kantonale Richtplanung dient. Für die Bewilligung dieser Anlagen soll auf Kantonsebene ein konzentriertes kantonales Plangenehmigungsverfahren eingeführt werden. Es soll neben der Bau­be­ willigung sämtliche anderen Bewilligungen wie zum Beispiel die rodungs- oder gewässerschutzrechtlichen Bewilligungen so­ wie das Enteignungsrecht umfassen. Da­

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Erarbeitung einer Stellungnahme durch den SWV Der SWV wird, wie bei allen relevanten Ver­ nehmlassungen, zusammen mit Fach­per­ sonen aus den Mitgliedsunternehmen die Vorschläge prüfen. Eine Würdigung, allenfalls ergänzt mit Alternativvorschlägen, wird in die Stellungnahme einfliessen.

Energiewirtschaft 155 Millionen Franken an Markt­ prämien für die Grosswasserkraft Gemäss geltendem Energiegesetz können Betreiber und Eigentümer von Schwei­zer Grosswasserkraftwerken in den Jahren 2018 bis 2022 eine Marktprämie für ihren produzierten Strom beantragen, den sie am Markt nachweislich unter den Geste­ hungs­ kosten absetzen mussten. Die Markt­prämie beträgt maximal 1 Rappen pro Kilowattstunde produzierter Energie. Das Bundesamt für Energie (BFE) hat die eingegangenen Gesuche geprüft. Die Markt­prämien 2021 (für das Geschäfts­ jahr 2020) gehen an 30 Empfänger. Die Fördersumme beträgt insgesamt rund 155 Millionen Franken für rund 19 Mil­liar­ den Kilowattstunden oder rund 47  % der Schweizer Landeserzeugung aus Was­ ser­kraft im Jahr 2020. Damit werden die für die Marktprämie zur Verfügung stehenden Mittel in diesem Jahr vollständig ausgeschöpft. Im letzten Jahr wurden für das Geschäftsjahr 2019 rund 84 Millio­nen Franken an 23 Empfänger ausbezahlt. Bis Ende Mai 2021 (jährliche Eingabefrist) waren beim BFE 31 Gesuche mit einer beantragten Summe von insgesamt rund 164 Millionen Franken eingegangen. Das BFE hat diese Gesuche im Detail geprüft. Für die Beurteilung der Gesuche berücksichtigt wurden unter anderem die Geste­ hungskosten der unrentablen Grosswasser­ kraft­werke, das stündliche Produktions­ profil, die stündlichen Strompreise Spot Day-Ahead für die Preiszone Schweiz im

Jahr 2020 oder die Absatzmenge der Pro­ duktion aus Grosswasserkraft am Markt und in der Grundversorgung. Im Dezember 2021 wurde den Ge­such­ stellern ihr Anspruch auf Marktprämie per anfechtbarer Verfügung mitgeteilt. Anga­ ben zu den Marktprämienempfängern dür­ fen gemäss Energieförderungsverordnung (Art. 98 Abs. 4 EnFV) nur in aggregierter Form kommuniziert werden. Eine Marktprämie für das Ge­schäfts­ jahr 2020 erhalten 30 Empfänger. Dies für insgesamt 56 Grosswasserkraftwerke, die 19 057 Milliarden Kilowattstunden des pro­ duzierten Stroms 2020 (46,9  %der Schwei­ zer Landeserzeugung) unter den Geste­ hungs­kosten absetzen mussten. Die gesamte Fördersumme beträgt rund 155 Mil­ lionen Franken, das ergibt einen durchschnittlichen Förderbetrag von 0,82 Rap­ pen pro produzierter Kilowattstunde. Zum Vergleich: Für das Geschäftsjahr 2019 wur­ den von 23 Gesuchstellern eine För­der­ summe in der Höhe von rund 84 Millionen Franken für 33 Kraftwerke und 9,58 Mil­ liarden Kilowattstunden Strom (23,6  % der Schweizer Landeserzeugung) bean­sprucht. Seit dem Inkrafttreten des revidierten Energiegesetzes am 1. Januar 2018 steht für die Unterstützung der einheimischen Grosswasserkraft das Förderinstrument Marktprämie zur Verfügung. Einen An­ spruch darauf ha­ben Betreiber von Gross­ wasserkraft­an­lagen mit einer Leistung von mehr als 10 MW, die ihren Strom am Markt zu Prei­sen unter den Gestehungskosten verkau­fen müssen. Die Marktprämie soll die nicht gedeckten Gestehungskosten aus­glei­chen, beträgt aber höchstens 1,0 Rap­pen pro kWh. Für die Marktprämie stehen jährlich rund 100 Millionen Franken aus dem Netz­ zuschlagsfonds zur Verfügung. Dieser wird

durch den Netzzuschlag finanziert, den die Verbraucher pro konsumierte Kilowatt­ stunde bezahlen. Der Netzzuschlag liegt seit 2018 bei 2,3 Rp./kWh. Neben der Markt­prämie, für die 0,2 Rp./kWh des Netz­ zuschlags reserviert sind, werden damit unter anderem auch das Einspeisever­gü­ tungssystem, die Einmalvergütungen oder die Investitionsbeiträge finanziert. Das ursprünglich auf fünf Jahre (2018 – 2022) befristete Förderinstrument Markt­ prämie wurde während der Herbstsession 2021 vom Parlament bis 2030 verlängert. Ein letztes Mal erfolgt die Auszahlung des­ halb im Jahr 2031 basierend auf den Ge­ schäftszahlen 2030. Anspruchsberechtigt ist, wer das Risiko der ungedeckten Ge­ ste­hungskosten tragen muss. Dies können Betreiber, Eigner oder Elektrizi­täts­ver­ sorgungsunternehmen sein, die sich zur Abnahme der Elektrizität verpflichtet haben. Um die Marktprämie zu beantragen, muss jeweils bis am 31. Mai des entspre­ chenden Jahres ein Gesuch mit allen erforderlichen Unterlagen beim BFE eingereicht werden. Das BFE ist für den Voll­ zug zuständig und wird dabei fachlich und administrativ von einer Firma unterstützt.

Wasserkraftnutzung Bau des Wasserkraftwerks Adont bei Savognin abgeschlossen Nach rund eineinhalb Jahren ist der Bau des Kleinwasserkraftwerks Adont bei Savognin abgeschlossen. Die Inbetrieb­ nahme des Kraftwerks erfolgt im Früh­ ling 2022. Das Kraftwerk wird jährlich 10,2 Gigawattstunden (GWh) Naturstrom produzieren.

Wasserkraftwerk Adont. Bild: ewz

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

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Nachrichten

mit will der Bundesrat verhindern, dass ein Projekt in mehrere zeitlich auseinan­ derfallende Etappen aufgeteilt wird und das Projekt in jeder Etappe bis vor Bun­ des­gericht angefochten werden kann. Künf­ tig soll es nur noch einen Rechtsmittelzug geben, der sämtliche Rechtsfragen klärt. Davon verspricht sich der Bundesrat eine wesentliche Beschleunigung der Ver­fah­ ren.


Nachrichten

ewz begann im Frühling 2020 mit dem Bau des Kleinwasserkraftwerks Adont. Die Bauarbeiten sind abgeschlossen. Die Inbetriebnahme des Kraftwerks erfolgt im Frühling 2022, wenn die Zuflüsse zum Bach Adont genügend gross sind, um die Pro­ duk­tion zu ermöglichen. Mit einer Was­ser­ fassung, die auf zirka 1740 Meter über Meer liegt, wird dem Adont ein Teil des Wassers entnommen. Dieses Wasser fliesst über eine unterirdische Druckleitung zur neuen Kraftwerkzentrale beim bestehen­den Wehr Burvagn. Mit dem Kraftwerk Adont wird ewz jährlich 10,2 Gigawatt­stun­den (GWh) einheimischer Naturstrom produzieren. Investitionen in die einheimische Wasserkraft ewz investiert bevorzugt dort in erneuerbare Energien, wo die natürlichen Res­ sourcen für die jeweilige Technologie am besten verfügbar und die Anforderungen von ewz in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit, Umweltverträglichkeit und Akzeptanz der Investition klar erfüllt sind. Die Möglich­ keiten für den Bau neuer Wasserkraftwerke sind in der Schweiz leider begrenzt: «Mit dem Kraftwerk Adont leistet ewz aktiv einen Beitrag zur Energiewende und nutzt das Potential von einheimischer Wasser­ kraft zur nachhaltigen Stromproduktion», sagt Philippe Heinzer, Geschäfts­be­reichs­ leiter Energie bei ewz. Für den Bau des Kraftwerks wendete ewz rund 15 Mio. Fran­ ken auf. Diese werden dem vom Stadt­ zürcher Stimmvolk bewilligten Rahmen­ kredit von 200 Millionen Franken für den Erwerb von Energieerzeugungsanlagen, die erneuerbare Energie nutzen, belastet. Engadiner Kraftwerke beginnen mit der Erneuerung des Kraft­ werks Pradella

serung des Wirkungsgrades der Maschi­ nen kann die Effizienz der Anlage sogar verbes­sert werden, so dass zusätzlicher Strom für rund 3800 Haushalte erzeugt wird. Erneuerung Wasserkraftwerk Brügg

Bild: EKW Treiber für die Erneuerungsarbeiten sind der Verschleiss an den Turbinen­rädern, verursacht durch feinsten Sand im Was­ ser, das Ende der technischen Nut­zungs­ dauer von zentralen Komponenten der Ge­ne­ratoren und schliesslich die fortge­ schrit­tene Alterung der aus der Erst­aus­ rüstung stammenden, über 50 Jahre in Be­trieb stehenden Transformatoren. Nach dem Projektstart im Jahr 2020 und nach gründlicher Planung beginnen nun die Ausführungsarbeiten im Januar 2022 mit der Erneuerung einer ersten von insgesamt vier Maschinen. Pro Maschine sind drei Monate Stillstand und damit eine eingeschränkte Stromproduktion einge­ rechnet. Die Revision der übrigen Maschi­ nen findet im Herbst 2022, im Frühjahr 2023 sowie im Frühjahr 2024 statt. Die Arbeiten sind so geplant, dass möglichst geringe Einschränkungen und Verluste in der Stromproduktion entstehen. Die Kosten des Gesamtprojekts werden mit rund CHF 26 Mio. veranschlagt. Wichtigstes Ziel der Erneuerung ist, den zuverlässigen und effizienten Betrieb des Kraftwerks für das nächste Jahrzehnt gewährleisten zu können. Durch die Ver­bes­

Ende 2021 wurde die Erneuerung des Wasserkraftwerks Brügg nach zweijäh­ rigen Arbeiten abgeschlossen. Der Fokus der Erneuerung lag primär auf der Digi­ ta­lisierung der Leittechnik. Diese Inves­ tition von CHF 2,4 Mio. stellt sicher, dass auch in Zukunft zuverlässig erneuerbare Energie in der Region Biel produziert werden kann. Das Wasserkraftwerk Brügg Nach erfolgter Totalsanierung des Regu­ lierwehrs Port von 1989 – 1992 wurde das WKW Brügg am linken Kanalufer gebaut. Das «naturemade star» zertifizierte Lauf­ wasserkraftwerk am Nidau-Büren-Kanal ist seit dem Jahr 1995 in Betrieb und deckt mit seiner Brutto-Jahres­energie­pro­duk­ tion von 26,8 GWh den Strombedarf von ca. 7000 Haushalten. Zusammen mit den Wasserkraftwerken Hagneck und Bözingen, gehört das WKW Brügg zur Bielersee Kraft­ werke AG, ein Partnerwerk der BKW und des Energie Service Biel/Bienne, an dem beide Unternehmen mit je 50 % beteiligt sind. Die Erneuerung des Wasserkraftwerks Bei der von 2019 bis 2021 dauernden Er­ neue­rung wurde die Leittechnik des Was­ serkraftwerks rundum modernisiert. Dabei wurden die alten Sensoren durch eine moderne digitale Sensortechnik ersetzt. Eben­falls wurden elektronische Bauteile,

Das Wasserkraftwerk Pradella unterhalb von Scuol ist mit einer installierten Leis­ tung von 288 MW die mit Abstand bedeutendste Kraftwerkseinheit der Enga­ diner Kraftwerke (EKW). Mit einer durchschnittlichen Jahresproduktion von 1000 Gigawattstunden steuern die vier Ma­ schi­nengruppen rund 75  % der Gesamt­ jahresproduktion bei. In den kommenden drei Jahren werden um­ fas­sende Revisions- und Erneuerungs­ar­bei­ ten an den Kraftwerksanlagen, ins­be­son­de­ re an den elektromechanischen Produk­ tions­anlagen ausgeführt. Das Pro­jekt sieht eine Generalrevision der Tur­binen, die Er­ neuerung der Generatoren sowie den Er­ satz der zwei Transfor­ma­to­rengruppen vor. 50

Erneuerung Wasserkraftwerk Brügg. Bild: Bielersee Kraftwerke AG «Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Konzessionsverlängerung für Kraftwerk Tiefencastel West Die Gemeinden Albula/Alvra und Surses sowie ewz haben am 22. Dezember 2021 die Verträge für die Verlängerung der Kon­zession des Kraftwerks Tiefencastel West unterzeichnet. Damit bekräftigen die beteiligten Parteien ihre langjährige Partnerschaft. ewz nutzt im Kraftwerk Tiefencastel West die Wasserkraft der Julia für die Strom­ produktion. Die Konzession dazu wurde im Jahr 1944 erworben, am 2. Juli 2022 wäre sie abgelaufen. Die rund neun Jahre dauernden Verhandlungen fanden am 22. Dezember 2021 in den Kraftwerksräumen in Tiefencastel einen erfolgreichen Ab­ schluss. Die Gemeindepräsidenten Daniel Albertin (Albula/Alvra) und Leo Thomann (Surses) sowie Michael Baumer, Stadtrat und Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe der Stadt Zürich, und ewz-Direktor Benedikt Loepfe unterzeichneten die Verträge zur Konzessions­ verlängerung bis zum Jahr 2050. «Wir freuen uns ausserordentlich, dass die Ge­ meinden die langjährige Zusammenarbeit bekräftigen», so Loepfe. «Das ist eine Chan­ ­ce für uns als ewz aufzuzeigen, dass wir in der Vergangenheit ein guter Partner waren, es heute sind und auch in Zukunft sein werden.» Gemeindeversammlungen stimmten für Konzessionsverlängerung Die Gemeinde Albula/Alvra hat an der Ge­ meindeversammlung vom 5. November 2021, die Gemeinde Surses an der Urnen­ abstimmung vom 28. November 2021 der neuen Konzession zugestimmt. Das Kon­ zessions- und Projektgenehmigungs­ge­such wird nun beim Kanton Graubünden zur Ge­

neren des Bergmassivs und nutzt den Höhenunterschied einer bereits beste­ hen­den Wasserüberleitung. Das Kraft­ werk produziert sauberen Strom für umgerechnet 2200 durchschnittliche Vier­ per­so­nenhaushalte.

Bild: ewz nehmigung eingereicht. Daniel Albertin: «Die Wasserkraft hat für Grau­ bünden einen besonders hohen Stellen­wert. Mit der Fortsetzung der Partner­schaft setzen wir ein klares Zeichen zur nachhaltigen Nutzung der Julia.» Leo Thomann ergänzt: «Mit ewz haben wir seit Jahr­zehnten einen zuverlässigen Betreiber des Kraftwerks. Mit der Konzessions­verlänge­rung haben wir für beide Seiten eine optimale Lösung gefunden und ein Zeichen für die Wasser­ kraft gesetzt.» Kanton und Gemeinden erhalten über 12,5 Mio. Franken Rund 15 Mio. Franken investiert ewz im Ge­ genzug für die Konzessionsver­längerung: Darin eingeschlossen sind nebst Projek­ tie­rungskosten und Renaturierungsvor­ha­ ben einmalige Konzessionsgebühren und eine Heimfallverzichtsentschädigung von insgesamt 12,5 Mio. Franken an die beiden Gemeinden Surses und Albula/Alvra sowie an den Kanton Graubünden. Der Heimfall ist eine Regelung, wonach die Kraftwerksanlagen nach Ablauf der Kon­ zession an die Standortgemeinden zurück­ fallen würden.

Das Kleinwasserkraftwerk Curnera liegt in einer bestehenden Wasserüberleitung zwi­schen den beiden Stauseen Curnera und Nalps. Diese Leitung wurde bisher le­ dig­lich zum Wassertransfer und nicht zur Stromproduktion genutzt. Die neu installier­ te Francis-Turbine mit einer Leis­tung von 2,5 Megawatt produziert jährlich bis zu 10 GWh sauberen Strom – das entspricht dem Jahresverbrauch von 2200 durchschnittlichen Vierpersonenhaushalten. Die Baukosten für das Kraftwerk Curnera betrugen rund 3 Millionen Franken. «Die Investition ins Kleinwasserkraft­ werk Curnera bekräftigt das Engagement von Axpo für die Erneuerbaren in der Schweiz», sagt Jörg Huwyler, Divisions­ leiter Hydroenergie und Biomasse bei Axpo. «Im wirtschaftlich anspruchsvollen Umfeld der Schweizer Wasserkraft helfen Projekte wie dieses, den stockenden Aus­ bau voran zu bringen – allerdings ist das Potenzial für solche Anlagen begrenzt.» Aufgrund des alpinen Geländes benö­ tigten die Spezialisten der Axpo eine Bau­ seilbahn, um die Komponenten zum Zu­ gangsstollen transportieren zu können. Die Seilbahn wurde unterdessen bereits wieder zurückgebaut. Die Bauarbeiten am Kraftwerk konnten dank guter Zusam­men­ arbeit mit den beteiligten Firmen termingerecht Ende Dezember 2021 abgeschlos­ sen werden.

Über das Kraftwerk Tiefencastel West Das naturemade basiczertifizierte Kraft­ werk Tiefencastel West ist ein Laufwas­ serkraftwerk. Die Anlage wurde von 1946 bis 1948 gebaut und befindet sich unterhalb von Tiefencastel an der Julia. Das Kraft­werk mit zwei Francis-Turbinen nutzt das Wasser der Julia, das unterhalb von Cunter durch das Wehr Burvagn in einem Ausgleichsbecken gestaut wird. Nach der Turbinierung wird das Wasser in die Albula eingeleitet. Axpo nimmt Wasserkraftwerk tief im Bündner Bergmassiv in Betrieb Das 2,5 Megawatt starke Wasserkraft­ werk Curnera der Kraftwerke Vorder­rhein AG (KVR) befindet sich 250 Meter im In­

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

Bild: Axpo. 51

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die am Ende ihrer Lebensdauer angelangt waren, ausgetauscht. Im Zuge der Er­ neue­rung wur­­den auch diverse Sanierun­ gen am Bau und Stahlwasserbau durchgeführt. Die Gesamt­investition beläuft sich auf CHF 2,4 Mio. Das gesamte Erneue­ rungs­projekt wurde durch die BKW geplant und umgesetzt. Durch die Digitalisierung wird ein Fern­ zugriff auf das Wasserkraftwerk ermöglicht. Dies minimiert den Betriebsaufwand und dank schnelleren Reaktionszeiten wer­ den die Risiken im Störungsfall erheblich minimiert. Die Erneuerung der Leittechnik garantiert auch eine effizientere Werks­ steue­rung und führt zu einer Reduktion der Betriebs- und Instandhaltungskosten.


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Die Kraftwerke Vorderrhein AG mit Sitz in Disentis/Mustér ist ein Partnerwerk des Kantons Graubünden (10 %), der Kon­zes­­ sionsgemeinden (8,5%) und Axpo (81,5 %). Gründung der Obermatt Kraftwerke AG ist erfolgt Der Kanton Obwalden und ewl energie wasser luzern beschlossen im Frühling 2019, die Kraftwerke Obermatt und Arni in einer neu zu gründenden Aktiengesell­ schaft gemeinsam zu betreiben. Mit der Gründung der Obermatt Kraftwerke AG am 31. Januar 2022 durch ewl ist ein nächster Schritt in Richtung gemeinsame Stromproduktion erfolgt. Mit der Wasserrechtsverleihung vom 17. Oktober 1960 hat der Regierungsrat Ob­ wal­den das Elektrizitätswerk Luzern-En­ gel­berg AG in Luzern (heute ewl Kraft­ werke AG) berechtigt, die Wasserkräfte der Engelbergeraa auf der Gefällstufe Engelberg-Obermatt sowie des Arni- und Trübbachs zu nutzen. Die beiden Kraft­ werke Arni und Obermatt produzieren pro Jahr durchschnittlich 140 Gigawatt­stun­ den Strom. Zum Vergleich: Der Strom­be­ darf des Kantons Obwalden betrug im Jahr 2021 258 Gigawattstunden. Gemäss Konzession kann der Kanton Obwalden erstmals per Juli 2022 die hydraulischen und elektrischen Anlagenteile der Kraft­ werke durch einen vorzeitigen Rückkauf erwerben. Gemeinsame Aktiengesellschaft als Lösung Die Verhandlungen zwischen dem Kanton Obwalden und ewl über einen vorzeitigen Rückkauf und den Weiterbetrieb der beiden Kraftwerke Obermatt und Arni führten zur Gründung der neuen Kraftwerkge­sell­

schaft Obermatt Kraftwerke AG. Die bestehende Konzession wird von der ewl Kraft­werke AG auf die neue Gesellschaft übertragen, welche am 1. Juli 2022 den Betrieb der beiden Kraftwerke übernimmt. Dabei erwirbt der Kanton 60 Prozent der Aktien, ewl hält 40 Prozent. Ab diesem Datum übernimmt das Elektrizitätswerk Obwalden die Geschäfts- und Betriebs­ füh­ rung der Kraftwerke sowie die Ver­ marktung der Energie. Der Kanton Ob­wal­ den und ewl partizipieren während der noch folgenden Konzessionsdauer von 20 Jahren partnerschaftlich an der Strom­pro­ duktion und am Gewinn der neuen Gesell­ schaft.

Gewässerschutz Geschichte des Schweizer Gewässerschutzes seit 1800 Die Wasser-Timeline veranschaulicht den Wandel des Schweizer Wassermana­ge­ ments der letzten 200 Jahre in Form ei­ ner virtuellen Zeitschiene. Die Wasser-Timeline visualisiert die bewegte Geschichte des Schweizer Ge­wäs­ serschutzes über die letzten 200 Jahre mit rund 200 Meilensteinen in Bild, Text und Ton. Das Projekt soll aufzeigen, wie tech­ nologische, gesellschaftliche und ökolo­ gische Veränderungen in Transforma­tio­nen zu mehr Nachhaltigkeit zusammenspielen und unter welchen Umständen Pa­radig­ men­wechsel im Umgang mit natürlichen Ressourcen möglich werden. Das Projekt­ team erhofft sich, dass interessierte Kreise die Fallstudie aufgreifen, um den Dialog über nachhaltige Entwicklung auch in anderen Kontexten weiter zu fördern. Die

Die Wasser-Timeline finden Sie unter: www.tiki-toki.com/timeline/entry/1536741/Schweizer-Gewsserschutz 52

Was­ser-Timeline soll als nachhaltiges In­ for­mationswerkzeug laufend ergänzt und weiterentwickelt werden. Wir freuen uns hierbei auf Ihre Beiträge und Anregungen! Kraftwerk Tasnan: Spülkonzept hat sich bewährt Aufgrund normaler Sedimentablage­run­ gen müssen gewisse Bereiche des Klein­ wasserkraftwerks Tasnan im Unterenga­ din in regelmässigen Abständen gespült werden. Seit Inbetriebnahme des Werks im Jahr 2014 wurde das Spülkonzept ei­ ner 5-jährigen Testphase unterzogen. Die Auswertung zeigt: die Spülungen haben keine negativen Auswirkungen auf die Umwelt und können fortgeführt werden. Im laufenden Betrieb des Kraftwerks Tasnan lagern sich in verschiedenen Bereichen der Wasserfassung (Entkieser, Entsander, Vorbecken) Geschiebe, Sand und Fein­ material ab. Das ist so gewollt, damit das Material nicht durch die Druckleitung in die Turbine gelangt. Um die Geschiebe­ durchgängigkeit des Werks zu gewährleis­ ten, müssen diese Bereiche – je nach Ge­ schiebeaufkommen – mit zusätzlichem Was­ serdurchfluss gespült werden. Um diese Spülungen umweltverträglich durchzufüh­ ren, wurde mit Inbetriebnahme des Werks ein Spülkonzept ausgearbeitet, das nun nach einer fünfjährigen Testphase detailliert ausgewertet wurde. Während der fünf Jahre wurden die Auswirkungen des Spül­ betriebs auf die Tier- und Pflanzenwelt im Unterlauf des Gewässers und die Ver­än­ derungen der Gewässersohle in Zusam­ men­arbeit mit den Behörden systematisch untersucht. Die Auswertung kommt zum Schluss, dass das bestehende Spül­kon­ zept und damit auch die vorgeschriebene Restwassermenge zu jeder Zeit einge­ halten werden konnten. Demnach hatte der Spülbetrieb keinen erkennbaren Ein­ fluss auf die Gewässer Tasnan und Inn. Axpo geht davon aus, dass sich die regelmässige Weitergabe des Geschiebes so­ gar positiv auf die Gewässer auswirkt. Da­ mit hat sich das bestehende Spülkonzept bewährt und kann mit geringfügigen An­ passungen fortgeführt werden. Das Hochdruck-Laufwasserkraftwerk Tasnan im Engadin ist ein Partnerwerk von Axpo (93%), der Gemeinde Scuol (5%), der Brüniger + Co. AG in Chur (1 %) und der Caprez Ingenieure AG in Scuol (1%). Das Werk leistet 6,5 Megawatt und produziert rund 19 GWh Strom pro Jahr. Das ent­ spricht dem Bedarf von etwa 4400 Vier­ personenhaushalten.

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Anmeldung / Inscription www.swv.ch KOHS-Weiterbildungskurs 5. Serie, 6. Kurs

KOHS-Tagung 2022 / Symposium CIPC 2022 Dritte Rhonekorrektion (R3) / 3ème correction du Rhône (R3) Donnerstag / Freitag, 12. / 13. Mai 2022, Visp (VS) / Jeudi / Vendredi, 12 / 13 mai 2022, Viège (VS).

Vorausschauende Entwicklung von Wasserbauprojekten Mittwoch/Donnerstag, 17./18. August 2022, Gais Die Kommission Hochwasserschutz (KOHS) des SWV führt zusammen mit dem Bun­des­ amt für Umwelt (BAFU) diese fünfte Serie der erfolgreichen wasserbaulichen Weiter­ bildungskurse durch. Zielpublikum Der Kurs richtet sich an aktive oder künftige Verantwortliche von wasserbaulichen Gesamtprojekten.

Die jährlich von der Kommission Hoch­ was­­serschutz (KOHS) des SWV organi­ sier­te Tagung ist 2022 dem Thema «Dritte Rhone­korrektion (R3)» gewidmet. / Le sym­ ­posium annuel de la Commission pour la protection contre les crues (CIPC) de l’ASAE sera consacré en 2022 au thème de la «3ème correction du Rhône (R3)». Zielpublikum / Public cible Angesprochen werden Wasserbauer und weitere mit Hochwasserschutz und Ge­ wäs­serrevitalisierung beschäftigte Fach­ leute aus Privatwirtschaft, Ver­wal­tung und Forschung. Die Tagung ist immer auch ein ausgezeichneter Treff­punkt der Fach­welt. / Le symposium est destiné aux spécialistes des aménagements des cours d’eau et aux personnes du privé, de l’administration et de la recherche en lien avec la protection contre les crues et les revitalisations des cours d’eau. La journée est d’ailleurs toujours une excel­ lente opportunité d’échange entre les pro­ fessionnels. Inhalt, Sprache / But, Langues Das detaillierte Tagungsprogramm kann der Website entnommen werden. Die Vor­ träge werden in Deutsch und Fran­zösisch gehalten mit Parallelprojektion der Folien in beiden Sprachen. / Pour les détails voir le site web. Les conférences seront présen­ tées en allemand et français avec projec­ tion simultanée des slides dans les deux langues.

Anmeldung Über www.swv.ch. Dieser Kurs ist ausge­ bucht. Es gibt noch freie Plätze für den Wei­ terbildungskurs in französischer Sprache am 26./27.10.2022 in Saint-Aubin oder den deutschsprachi­gen Kurs am 15./16.11.2022 in Sursee (letzte Kurse dieser Serie).

Agenda 12./13.5.2022, Visp KOHS-Wasserbautagung 2022: Dritte Rhonekorrektion (R3) (d/f) Kommission KOHS des SWV www.swv.ch 29./30.6.2022, Meiringen STK Fachtagung Schweizerisches Talsperrenkomitee www.swissdams.ch 17./18.8.2022, Gais KOHS-Weiterbildungskurs Wasserbau 5.6: Vorausschauende Entwicklung von Wasserbauprojekten (d) Kommission KOHS des SWV www.swv.ch

Zielsetzung, Inhalt Der praxisorientierte zweitägige Kurs soll einen fundierten Einblick in die verschie­ de­nen Aspekte der Entwicklung von Was­ serbauprojekten geben und dabei auch Verständnis für die heute notwendige Inter­ disziplinarität schaffen. Die Teil­neh­men­ den wissen nach dem Kurs, wie man ein zukunftsfähiges Wasserbauprojekt entwickelt und haben dazu verschiedene Werk­ zeuge praxisnah kennengelernt. Zudem haben sie Gelegenheit, sich an Work­shops und der Exkursion mit ausgewie­ senen Fach­leuten auszutauschen. Aus dem Inhalt 1. Tag: • Einführung und Übersicht • Erfolgsfaktoren für den Projektstart • Umfeld und Randbedingungen von Wasserbauprojekten • Workshop: Risikobasierte Planung von Wasserbauprojekten 2. Tag: • Ökologische Ansprüche • Erhaltungsmanagement • Gewässerunterhalt und Instand­haltung von Schutzbauten im Alltag • Besichtigung eines konkreten Wasser­ bauprojekts in der Region Für Details siehe Kursprogramm: www. swv.ch

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24.8.2022, Zweisimmen Stufen-Becken Tagung 2022 Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie (VAW), Bundesamt für Umwelt (BAFU) www.vaw.ethz.ch/veranstaltungen 1./2.9.2022, Region Grimsel SWV-Tagung mit Exkursion und 111. SWV-Hauptversammlung SWV www.swv.ch 26./27.10.2022, Saint-Aubin KOHS-Weiterbildungskurs Wasserbau 5.7 (f) Kommission KOHS des SWV www.swv.ch 2.11.2022, Olten Hydrosuisse-Fachtagung Wasserkraft 2022: Bau, Betrieb und Instandhaltung von Wasserkraftwerken X (d/f) Kommission Hydrosuisse des SWV. www.swv.ch 15./16.11.2022, Sursee KOHS-Weiterbildungskurs Wasserbau 5.8 (d) Kommission KOHS des SWV www.swv.ch 53

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Personen SWV-Vorstandsmitglied Michael Roth wechselt von den Engadiner Kraftwerken zu Repower

Nach acht Jahren als Direktor der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) entscheidet sich Michael Roth für eine neue Aufgabe und wechselt zur Repower AG. Der EKW Ver­ waltungsrat hat seine Demission mit Be­ dauern zur Kenntnis genommen und spricht Michael Roth seinen Dank für sein Enga­ ge­ment aus. Während seiner Amtszeit realisierte EKW zahlreiche Grossprojekte, namentlich die Sanierung der Stauanlage Punt dal Gall mittels des spektakulären Sättigungs­ tauch­verfahrens, den Neubau des Gemein­ schafts­kraftwerks am Inn (GKI) und ein um­ fassender Neubau der EKW Netzanlagen. Repower erweitert ihre Geschäfts­lei­ tung mit zwei neuen Mitgliedern. Michael Roth wird den Geschäftsbereich Produk­ tion & Netz leiten. Den Geschäftsbereich Trading & IT übernimmt Dario Castagnoli.

Publikationen Handbuch der Hydraulik für Wasserbau und Wasserwirtschaft

Publikation: 2021, 2., überarbeitete Auf­ la­ge; Detlef Aigner, Gerhard Bollrich: Hand­ ­buch der Hydraulik für Wasserbau und Wasser­wirtschaft; Beuth Verlag GmbH, Berlin – Wien – Zürich; ISBN 978-3-41030748-8 Beschrieb: Ohne Umwege direkt auf den Punkt! Das «Handbuch der Hydraulik» beinhaltet, was IngenieurInnen, Wissen­schaft­ lerInnen oder StudentInnen zum Nach­ schlagen brauchen. Es bietet Fachleuten aus dem Wasserbau sowie der Wasser­ wirtschaft Berechnungs­grundlagen mit For­ melansätzen und Kenn­werten – und kon­ zen­triert sich dabei auf das Wesentliche. Ausführliche Ableitungen und Erläute­run­ gen finden sich in diesem Buch nicht, es ist ein übersichtliches Nach­schlagewerk, das die neuesten Erkennt­nis­se und Metho­ den der hydraulischen Be­rechnungen so­ wie wichtiges Formel­wis­sen vereint. Grund­ lage sind die For­schungs- und Pro­jekt­ arbeiten der beiden Autoren, die in unterschiedlichen Generationen viele Jahre als Hochschullehrer an der Techni­schen Uni­ versität Dresden tätig waren. Das «Hand­ buch der Hydraulik» enthält unter anderem folgende Hilfsmittel: Problem­skiz­zen samt Beispiellösungen, Berech­nungs­formeln, Ta­ felwerte und/oder Dia­gram­me für benötig­ te Koeffizienten sowie Gül­tig­keitsgrenzen. In das Buch mit 528 Seiten flossen Er­kennt­ nisse, Daten und Anfor­de­rungen aus einer Vielzahl von Vor­schriften, Werkstandards sowie Regelwerken von Verbänden ein. Die 2. Auflage vom August 2021 wurde korrigiert und ergänzt und ist auch als E-Book erhältlich. Fest, Flüssig, Biotisch Alpine Landschaften im Wandel

Publikation: 2021, Edited by Thomas Kiss­ ling. With essays by Conradin A. Burga, Markus Ritter, Günther Vogt, Rolf Wein­gart­ ner. With contributions by Julian Charrière, Alessandra Chemollo, Katie Paterson, Gerda Steiner & Jörg Lenzlinger; Design: Integral Lars Müller; 16,5 × 24 cm; 208 pages, 240 illustrations; paperback; 978-3-03778-690-1, German Beschrieb: Anders als vielfach angenom­ men, sind die Alpen kein unverrückbares, alles überdauerndes Massiv, sondern ein dynamischer und sensibler Organismus. Die unterschiedlichsten Lebensformen reagieren einerseits auf das feingliedrige Re­ lief des Raums, andererseits auf die sich kontinuierlich verändernden äusseren Be­ din­gungen mit Adaption oder Migration. Alles ist in Bewegung, alles fliesst. Und das seit Jahrmillionen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Zeitraum der menschlichen Einflussnahme verschwindend klein. Trotzdem hat der der Homo sapiens als treibende Kraft die Alpen innert kürzester Zeit massgeblich überformt. Dabei ist er selbst zur Natur­ gewalt mutiert. Denken wir «Innen» und «Aussen» nicht mehr länger als separierte Sphären, sondern als Räume, die in Zu­kunft noch stärker auf symbiotische Weise mitein­an­der verbunden werden sollten, ohne sich da­ bei zu assimilieren, birgt dieser Prozess nicht nur Gefahren, sondern eine ganze Reihe zusätzlicher Potenziale. Im Rahmen der 17. Architekturbiennale in Venedig beleuchten die Beiträge von VOGT Landschaftsarchitekten und der Professur Günther Vogt an der ETH Zürich einzelne Erscheinungen dieser dynamischen Landschaft. Dieses Buch dokumen­ tiert die ausgestellten Werke und ergänzt sie mit wissenschaftlichen Essays, Kunst­ interventionen und Field Trips entlang der drei Themengebiete Geologie, Hydrologie und Biologie.

Zeitschriften «WasserWirtschaft» Themen der Ausgabe 1 / 2022 • Gerd Morgenschweis: Brauchen wir im Zeitalter der Digitalisierung noch Durchflussmessungen? • Reinhard Pohl: Die interaktive Karte des Stauanlagenverzeichnisses für Deutschland 2021 • Friedrich Fahlbusch: Schutz von Talsperren gegen Überströmen 54

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Themen der Ausgabe 2 – 3 / 2022 • Stefan Haun, Sebastian Schwindt, Silke Wieprecht: Physikalische Grund­ lagen für nachhaltiges Sediment­ management von Fließgewässern • Christoph Hauer, Helmut Habersack: Die Bedeutung und Notwendigkeit der Erfassung der Sedimentdynamik im Spannungsfeld zwischen Ökologie und Wasserkraftnutzung • Karl-Friedrich Wetzel, Tobias Epple, Wolfgang Merkel, Philipp Stojakowits: Empfehlungen zum Geschiebemanagement in Staustufenketten am Beispiel der Iller • Bernd Kottke-Wenzel, Julia Jaenicke, Cornelia Häckl: Sedimentmanagement in Staustufenketten – Notwendigkeit und Herausforderungen am Beispiel der Lech-Stufe 2 Prem • Tobias Epple, Oliver Born, KarlFriedrich Wetzel, Arne Friedman: ISOBEL – Lebensraumfunktion von Fischaufstiegsanlagen und Auswirkung der Revitalisierungsmaßnahmen auf die Fischfauna • Johannes Schnell: Sediment-Proble­ matik an großen Stauhaltungen aus fisch- und gewässerökologischer Sicht • Georg Loy: Sedimentmanagement in Staustufenketten – Notwendigkeit, Heraus­forderungen und Umsetzungs­ beispiele • Ralf Klocke: Systemischer Ansatz zum Kiesmanagement zur Schaffung von Laichhabitaten am Beispiel der Illerstaustufen • Oliver Born: Methoden zum systemischen Ansatz beim Sediment­ management • Walter Reckendorfer: Sediment­ management in Stauketten – Ökolo­ gische Ziele und Herausforderungen • Werner Rehklau: Integration der Maßnahmen aus der FFH-Manage­ ment­planung in die Maßnahmen­ programme der WRRL: Zwei Richt­ linien – eine Umsetzung • Roland Schmalfuß: Sediment­manage­ ment bei Stauanlagen: Heraus­forde­ rungen und Lösungen

• Thomas Grebmayer: Fluss­ morphologische Zielvorstellungen • Julia Jaenicke, Johannes Durner: Umsetzungsbeispiele zum Sedimentmanagement zur ökologischen und morphologischen Zielerreichung • Antje Uhl: Methoden und Randbe­ dingungen zur Zielerreichung am Beispiel des LIFE-Natur-Projektes Flusserlebnis Isar «ÖWAW» Themen der Ausgabe 9 – 10 / 2021 • Roithner C., Cencic O., Rechberger H.: Ein neuer Weg zur Bewertung der Recyclingfähigkeit von Produkten mittels Statistischer Entropie: Fall­ beispiel Mobiltelefone • Hawlik P., Jandric A., Zafiu C., Huber-Humer M., Salhofer S.: Das Emissions­verhalten von bromierten Flamm­schutz­mitteln aus Kunststoffen von IT-Gerä­ten in unterschiedlichen Nutzungs- und Deponierungs­ simulationen • Wagner M., Neitsch M., Schanda I.: Re-Use und Reparatur von Elektro(alt) geräten als Beitrag zur Kreislauf­ wirtschaft in Österreich • Beigl P., Salhofer S.: Rückgewinnung von Wertstoffen aus Elektroklein­ geräten • Salhofer S., Schmied E., Jandric A.: Ausbildung als Schlüssel für eine adäquate Behandlung von Elektro­ altgeräten in Lateinamerika • Luger M., Kammerlander B., Blatterer H., Gassner H.: Von der Eutrophierung in die Klimaerwärmung – 45 Jahre limnologisches Monitoring Mondsee ÖWAW 11 – 12/2021 • Retter A., Griebler C., Haas J., Birk S., Stumpp C., Brielmann H., Fillinger L.: Application of the D-A-(C) index as a simple tool for microbial-ecological characterization and assessment of groundwater ecosystems – a case study of the Mur River Valley, Austria • Steinbacher S. D., Domenico Savio D., Katalin Demeter K., Martin Karl M., Kandler W., Kirschner A. K. T., Reischer G. H., Ixenmaier S. K., Mayer R. E., Mach R. L., Derx J., Sommer R., Linke R., Farnleitner A. H.: Genetic microbial faecal source tracking: rising technology to support water quality testing and safety management of the future

«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden

• Derx J., Komma J., Reiner P., Vierheilig J., Savio D., Sommer R., Kirschner A., Frick C., Linke R., Farnleitner A., Blaschke A. P.: Using hydrodynamic and hydraulic modelling to study microbiological water quality issues at a backwater area of the Danube to support decision-making • Kirschner A. K. T., Lindner‚ G., Jakwerth S., Vierheilig J., van Driezum I. H., Derx J., Blaschke A. P., Savio D., Farnleitner A. H.: Assessing biological stability in a porous groundwater aquifer of a riverbank filtration system: combining traditional cultivation-based and emerging cultivation-independent in situ and predictive methods • Schönher C., Proksch P., Kersch­ baumer D., Fiedler C. J., Schmidt B.-J., Keskinöz C., Aguilar Gonzalez A. E., Mayr E., Perfler R., ZunabovicPichler M.: «Every Cell Counts» – Experiences with Flow Cytometry for Austrian Drinking Water Supply • Keil F., Prinz H., Sasano B., Hauer W., Bammer V., Haunschmid R.: Verbreitung und Altersstruktursituation ausgewählter Fischarten in österreichischen Fließgewässern der GZÜV-Periode 2016 bis 2018 • Rathammer M., Koch C.: Wird die Kanalzustandserfassung mittels Künstlicher Intelligenz bald der neue Standard? «Kleinwasserkraft» Themen der Ausgabe 3 / 2021 • Alpiq AG: Neubau Kleinwasserkraft­ werk Hüscherabach – Im Einklang mit Energiestrategie 2050 • Aline Choulot, Laurent Smati, Mhylab: Erosion durch Kavitation – Auch bei Pelton-Turbinen! • Rittmeyer AG: Wissen, was wo läuft – Herausforderung der Durchfluss­ messtechnik • Martin Bölli, Geschäftsleitung Swiss Small Hydro: Änderungen der Rahmenbedingungen – Überblick über die kommenden gesetzlichen Anpassungen • Swiss Small Hydro: Jahrestagung der Kleinwasserkraft im Val de Bagnes (VS) • Wild Armaturen AG: Kraftwerk Schattenhalb: Grüne Energie mit grünen Gussrohren • Swiss Small Hydro: 24. Internationales Anwenderforum Kleinwasserkraft­ werke – Rückblick

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Nachrichten

• Nada Dragović, Tijana Vulević: Ent­ scheidungsfindung beim Sperren­bau zum Hochwasserschutz • Silke Kainz, Markus Urbanek, Michael Hengl: 125 Jahre hydrometrische Prü­fung in Österreich – Braucht es uns noch? • Egon Fahning, Frank Reuter: Das ehemalige Revierelektrizitätswerk Freiberg im Drei-Brüder-Schacht


Betriebshandbücher extern erstellen lassen? Publireportage

Die Engadiner Kraftwerke AG lässt ihre Anlagen von einem externen Dienstleister dokumentieren.

TID

H. Zimmermann, Projektleiter Kraftwerksdokumentationen TID Gesteigerte Bedeutung von Handbüchern In der Industrie und bei Konsumgütern sind mit der Einführung der CE-Kennzeichnung die Anforderungen an Nutzerdokumentationen stark gewachsen. Das CE-Zeichen ist Ausdruck einer normgerecht durchgeführten Risiko- und Konformitätsbewertung. Diese Entwicklung hat mit einiger Verzögerung auch die Kraftwerksbetriebe erreicht. Hier besteht der Bedarf vor allem bei übergeordneten Dokumenten mit Fokus auf Orientierung in der Anlage, Beschreibung von Komponenten, Aufzeigen von Zusammenhängen und als Ausgangspunkt bei der Suche nach weiteren mitgeltenden Dokumenten. Dazu dient ein Betriebshandbuch. Es richtet sich nicht nur an neue Mitarbeiter, welche sich auf einer Anlage zurechtfinden müssen, sondern hilft auch bei der Identifikation von Komponenten, welche nur selten Aufmerksamkeit benötigen.

Als «Nutzerdokumentationen» werden alle Informationen zur sicheren Handhabung und Bedienung eines Produkts bezeichnet – und zwar während des gesamten Lebenszyklus vom Transport über Inbetriebnahme, Bedienung und Instandhaltung bis zur Entsorgung. TID Wir erstellen seit bald 30 Jahren technische Dokumentationen für eine international tätige Kundschaft im Bereich Maschinen- und Anlagebau. Als Unternehmen des BKW Engineering Netzwerk und mit 10-jähriger Erfahrung in der Dokumentation von Wasserkraftwerken sind wir in der Lage, die technischen Zusammenhänge korrekt abzubilden. Sämtliche unsere MitarbeiterInnen stützen sich neben ihrer Qualifikation in der technischen Dokumentation auf eine technische Grundausbildung als KonstrukteurIn, Maschinen- oder ElektroingenieurIn.

Projektablauf Im Vorfeld werden Zweck des Dokuments und die angeExterne Vergabe sprochene Zielgruppe genau definiert. Damit wird sicherJachen Gaudenz, Leiter Betrieb und Instandhaltung EKW gestellt, dass Struktur und Detaillierungsgrad den Erwarführt dies aus: «Wir stehen vor einem Generationenwechtungen gerecht werden. sel. Um das Wissen langjähriger Mitarbeiter festhalten zu können, haben wir uns entschlossen, unter anderem ein Betriebshandbuch zu erstellen. Nach mehreren Versuchen mit internen Ressourcen haben wir festgestellt, dass uns dazu sowohl die Zeit, als auch das redaktionelle Wissen fehlt. Deshalb haben wir uns für einen externen Dienstleister entschieden. Die Zusammenarbeit mit TID verläuft sehr gut»

Begehung vor Ort in Ova Spin

Anhand Recherchen in den bestehenden Dokumenten und anlässlich mehrerer Begehungen vor Ort werden die Informationen zusammengetragen. Bei Kraftwerksanlagen sind wir in unserem Element, denn jetzt heisst es «Bergschuhe anziehen!» Jachen Gaudenz, Leiter Betrieb und Instandhaltung EKW

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«Wasser Energie Luft» – 114. Jahrgang, 2022, Heft 1, CH-5401 Baden


Technik Intelligent Dokumentiert

Wir erstellen alle nötigen Texte, Fotos und Grafiken und publizieren einen Entwurf. Dieser geht in die fachliche Prüfung unseres Kunden und wird von uns in einem Korrekturlauf fertiggestellt. Die Durchlaufzeit eines Dokumentationsprojekts beträgt typischerweise 4 – 5 Monate. Mehrwert Der Nutzen der Betriebshandbücher liegt in der kompakten und einheitlichen Darstellung der Anlage und ihrer Komponenten. Dabei arbeiten wir oft mit vereinfachten Darstellungen, welche wir aus bestehenden Plänen ableiten oder neu erarbeiten. Bei älteren Anlagen, die revidiert und modernisiert wurden, stösst man dabei nicht selten auf Unterlagen, die nicht mehr der aktuellen Situation vor Ort entsprechen. Somit kann das Projekt auch als Möglichkeit dienen, die bestehenden Dokumente auf den neusten Stand zu bringen.

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TID Technische Dokumentation GmbH Dählenweg 3 CH-3054 Schüpfen

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Projektorganisation Für unsere Arbeit sind wir auf eine kompetente Ansprechperson des Kunden angewiesen, welche das Projekt und unsere Mitarbeiter auf den Anlagen begleitet, fehlende interne Informationen recherchiert und das Korrekturlesen sicherstellt. Der Aufwand dafür beträgt ca. 10% des Gesamtvolumens. Und in Zukunft? Die Digitalisierung setzt sich auch in der technischen Dokumentation fort. Gefordert wird das Bereitstellen der Daten auf mobilen Endgeräten. Dafür entwickeln wir momentan für verschiedene Kunden individuelle Lösungen. Die Begehung vor Ort und das Erarbeiten der Inhalte nehmen uns jedoch keine dieser Tools ab. Das sind unsere Kerkompetenzen. Dafür werden wir auch in Zukunft die Bergschuhe anziehen müssen. Zum Glück!

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Seit über 35 Jahren erbringen wir schweizweit sowie im Ausland kompetente Ingenieurdienstleistungen in den Fachbereichen: Wasserbau, Risikomanagement, Renaturierung und Umwelttechnik.

Depuis plus de 35 ans, nous offrons en Suisse comme à l’étranger des services compétents d’ingénierie et de planification dans les domaines: Aménagement de cours d’eau, Gestion des risques, Renaturation et Techniques de l’environnement.

Per sofort oder nach Vereinbarung suchen wir zur Verstärkung unseres Teams eine/n

Nous recherchons pour une date à convenir un-e

Projektleiter*in / Sachbearbeiter*in Wasserbau (60  – 100 %)

Responsable de projet d’aménagement fluvial (60  – 100 %)

Ihre Aufgaben: –  Leitung und Projektierung von Wasserbau- und Renaturierungsprojekten –  Hydrologische, hydraulische und geschiebetechnische Analysen –  Auswertungen mit geographischen Informationssystemen –  Bauherrenunterstützung und -beratung –  Fachtechnische Baubegleitung Ihr Profil: –  Ausbildung als Bau- oder Umweltingenieur*in ETH/FH oder ähnlich –  Erfahrung als Wasserbauingenieur*in oder hohe Bereitschaft und Motivation sich in diese Thematik einzuarbeiten –  Bereitschaft selbstständig Projekte zu übernehmen und zu leiten –  Freude im Team zu arbeiten Wir bieten: –  Gelegenheit in einem der führenden Wasserbau-Ingenieurbüros der Schweiz mitzuwirken –  vielseitiges Betätigungsfeld in einem kollegialen Team von 13 Mitarbeitenden –  attraktiver Arbeitsplatz in Uznach (www.planungszentrum.ch) und Möglichkeit tageweise im Home-Office zu arbeiten –  Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung an Niederer + Pozzi Umwelt AG, z. Hd. Frau Silvia Rüegg-Stieger, silvia.rueegg@nipo.ch, Burgerrietstrasse 13, 8730 Uznach, Telefon 055 285 91 80, www.nipo.ch.

Vos tâches: –  Gestion et conception de projets d’aménagement fluvial et revitalisation –  Etudes hydrologiques, hydrauliques et morphologiques des cours d’eau –  Analyses par moyen du système d›information géographique –  Appui aux maîtres d’ouvrage –  Accompagnement de la direction de travaux en tant que spécialiste hydraulique Votre profil: –  Diplôme d’ingénieur-e civile ou environnementale EPF/HES –  E xpérience en tant qu›ingénieur(e) hydraulicien(ne) ou grande disponibilité et motivation pour se familiariser avec cette thématique –  Volonté de gérer des projets de façon autonome –  Plaisir à travailler en équipe Nous offrons: –  Opportunité de travailler dans l›un des principaux bureaux d’ingénieurs hydrauliques de Suisse –  Activité intéressante dans un environnement agréable d’une équipe de 13 collaborateurs-trices –  Bonnes conditions de travail dans nos locaux attractifs à Uznach (www. planungszentrum.ch) et possibilité de travailler à la journée en home-office –  Opportunités de formation professionnelle et de développement personnel Nous vous invitons à adresser votre dossier à Niederer + Pozzi Umwelt AG, z. Hd. Frau Silvia Rüegg-Stieger, silvia.rueegg@nipo.ch, Burgerrietstrasse 13, 8730 Uznach, Tel. 055 285 91 80, www.nipo.ch.

Die Wasserwirtschaft befasst sich mit sämtlichen Belangen von Nutzung und Schutz des Wassers sowie Schutz von Menschen und Gütern vor dem Wasser. Der Schweizerische Wasser­wirtschafts­verband pflegt im Speziellen die Bereiche Wasserkraft, Hochwasserschutz und Wasserbau.

© simonwalther.ch

Werden Sie Mitglied: www.swv.ch

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Abdichtungen

Gewässerökologie www.oeplan.ch | 071 722 57 22 | info@oeplan.ch

Schweizerische Fachzeitschrift für Wasser­­wirt­schaft / Revue suisse spécialisée sur l’aménagement des eaux

OePlan

IDG-Dichtungstechnik GmbH Heinkelstrasse 1, D-73230 Kirchheim unter Teck

Gegründet 1908 / Fondée 1908 Bis 1930 «Schweizerische Wasser­wirtschaft»; 1931–1934 «Schweizerische Wasser- und Energiewirtschaft»; 1935 –1975 «Wasser- und Energie­wirtschaft»; ab 1975 «Wasser Energie Luft» Herausgeber / Editeur Schweizerischer Wasserwirtschafts­verband (SWV) / Association suisse pour l’aménagement des eaux (ASAE)

Tel. +49 7021 9833-20, Fax +49 7021 9833-33 m.maier@idg-gmbh.com, www.idg-gmbh.com Dichtungssysteme für Drehzapfen Expansion, Kaplanschaufel, Leitschaufellager, Peltondüse, Schiebering, Servomotor.

Armaturen

Redaktionsleitung / Direction de la rédaction Andreas Stettler, andreas.stettler@swv.ch Layout, Anzeigen, Redaktion / Mise en page, annonce, rédaction Mathias Mäder, mathias.maeder@swv.ch

Revitalisierung

an Fliessgewässern und Seeufern Varianten- und Machbarkeitsstudien Ausführungsplanung und Umsetzung

Gewässerentwicklung

Entwicklungsziele und Initiierung Unterhaltskonzepte und Pflegepläne Erfolgskontrolle und Monitoring

Begleitplanungen

Landschaftsgestaltung Aquatisch, terrestrische Ökologie (UBB, UVB) Boden (Bodenschutzkonzepte, BBB) Naherholung und Besucherlenkung

Wir arbeiten in einem interdisziplinären Team aus Kulturingenieuren, Landschaftsarchitekten und Umweltfachleuten. Mit über 30 Jahren Erfahrung bieten wir ihnen kreative und nachhaltige Lösungen.

Gewässerpflege

ISSN 0377-905X Verlag, Administration / Edition, administration SWV, Rütistrasse 3 a, CH-5401 Baden Telefon +41 56 222 50 69, info@swv.ch, www.swv.ch Postkonto Zürich: 80-1846-5 Mehrwertsteuer-Nr.: CHE-115.506.846 Abonnement / Abonnement Das Abonnement ist in der Mitgliedschaft SWV ent­halten. / L’abonnement est compris dans l’affiliation ASAE. Preise / Prix Jahresabonnement CHF 120.–, zzgl. MwSt.; für das Ausland CHF 140.–; Einzelpreis Heft CHF 30.–, zzgl. MwSt. und Porto; Erscheint 4 × pro Jahr. / Abonnement annuel CHF 120.–, plus TVA; pour l’étranger CHF 140.–; Prix au numéro: CHF 30.–, plus TVA et frais de port; paraît 4 fois par an. «Wasser Energie Luft» ist offizielles Organ des SWV und seiner Gruppen: / «Eau énergie air» est l’organe officiel de publication de l’ASAE est ses groupes régionaux: Associazione Ticinese di Economia delle Acque (ATEA), Verband Aare-Rheinwerke (VAR), Rheinverband (RhV). Die publizierten Beiträge geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss sich nicht mit derjenigen der Redaktion oder der Verbände decken / Les articles publiés reflètent les avis des auteurs et ne correspondent pas forcément à ceux de la rédaction ou des associations.

Bautenschutz

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Impressum


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