Reinkarnation im Christentum - eine Wiederentdeckung Unisono verkünden die Kirchen, Reinkarnation und christlicher Glaube schlössen sich aus. Doch unbeeindruckt davon gewinnt der Reinkarnationsgedanke zunehmend auch unter Christen an Popularität. Das hat sicher auch damit zu tun, dass die Reinkarnationslehre gegenüber dem schroffen Gegensatz zwischen einem einmaligen Erdenleben und einer nachfolgenden Unabänderlichkeit des Schicksals in ewiger Seligkeit oder ewiger Verdammnis durch ihre Logik besticht. Sie gibt nachvollziehbare Antworten auf das „Woher“ und „Wohin“ des Menschen und erklärt auf tiefster Ebene die individuellen Unterschiede. Nach Ansicht des Theologen Manfred Reichelt würde ihre Integration in die christliche Verkündigung sogar das Theodizeeproblem lösen. Die Zunft ist jedenfalls erst einmal aufgeschreckt. Rüdiger Sachau resümiert in „Weiterleben nach dem Tod?“: „In Zukunft wird die christliche Überzeugung von der Auferstehung glaubwürdig nur noch vorgetragen werden können, wenn sie im Dialog mit den Reinkarnationsvorstellungen weiterentwickelt wird“.
Reinkarnation zu Beginn des Christentums Das dürfte – möchte man meinen – eigentlich gar nicht so schwer sein, bezeichnete doch bereits Jesus höchst persönlich Johannes den Täufer als den wiedergekommenen Elia (Matthäus 11,7-15). Die Jünger wurden von ihm auch nicht zur Räson gerufen, als sie fragten, ob der Blindgeborene nicht selbst für seine Blindheit verantwortlich sei. Offensichtlich hatte Jesus mit der Reinkarnation kein Problem. Nach seiner Himmelfahrt lebten die Christen in Erwartung seiner baldigen Wiederkehr. Seine Auferstehung bedeutete die Erlösung des Menschen. Das war das Neue. Das war es, was zum Inhalt der Predigt wurde. Gerieten so die Vorstellungen von der Reinkarnation, wie sie noch zur Zeit des judäischen Krieges unter den Juden lebendig waren, in Vergessenheit? Der große Kirchenlehrer Origenes (gestorben 254) war wohl für lange Zeit der letzte, der gegenwärtiges Geschick mit vorgeburtlichen Ursachen in Zusammenhang brachte. Wie war es möglich, dass Gott Esau ablehnte und Jakob bevorzugte, als sie noch im Mutterleib waren? Hatte er den einen zum Segen, den anderen zum Fluch erschaffen? Doch weshalb? Das waren Fragen, die ihn umtrieben. Die Verdammung seiner Lehre von der Präexistenz beendete das tiefere Fragen nach dem Schicksal des Menschen innerhalb der Kirchenmauern.