Oktoberheft

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OKTOBERHEFT 2018


10/2018

INHALT

Und woher kommst du wirklich? – Die neue Referentin für kulturelle Öffnung am Theater Bremen .................... 4  Solidarität statt Heimat ................................................ 9 Verdi: Ein Maskenball ................................................. 12 Storm: Der Schimmelreiter .......................................... 14 Knausgård V: Träumen .............................................. 16 LA FLEUR: Die selbsternannte Aristokratie .................. 19 Abenteuer Familie – Drei Wiederaufnahmen für Groß und Klein .......................................................... 20 Vier Tage Tanz ........................................................... 24 Club: Paigey Cakey und One Mother ........................... 28 Kosa La Vita – Kriegsverbrechen .................................. 29 Poetry Slam – Slam Bremen macht Theater .................. 30 Spacing – Kunstaktion auf dem Goetheplatz ................ 31 George Stevens ........................................................... 32 Und außerdem ............................................................ 34 Junges.Theaterbremen ................................................ 37 Pfeil des Monats ......................................................... 40 Ermäßigte Kartenpreise .............................................. 43 Kontakt ...................................................................... 46


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LIEBES PUBLIKUM, LIEBE LESERINNEN UND LESER! Mit dem Fonds Doppelpass unterstützt die Kulturstiftung des Bundes seit 2011 Kooperationen zwischen freien Gruppen und festen Tanz- und Theaterhäusern. Das Programm ist in den letzten Jahren ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen in der Theaterlandschaft geworden. Die Berliner Performance-Gruppe Gintersdorfer/Klaßen mit ihren ivorischen Tänzern ist über diesen Fonds 2012 nach Bremen gekommen. In den letzten zwei Spielzeiten war das Bochumer Künstlerkollektiv kainkollektiv Doppelpass-Partner des Moks. Im letzten Jahr hat die Kulturstiftung des Bundes das Programm für größere Netzwerkpartnerschaften geöffnet: Zu den bisherigen Tandems aus freier Gruppe und Theaterhaus kommt ein weiteres Partnerhaus hinzu. Und wieder ist das Theater Bremen Teil dieses Fonds und wird gemeinsam mit dem Pariser Theater MC93 und der in Paris beheimateten neuen Gruppe von Monika Gintersdorfer und Gadoukou La Star LA FLEUR für zwei Jahre zusammenarbeiten. Im Oktober beginnt ein erstes Projekt mit Proben in Paris, die Premiere wird im MC93 sein, dann kommt es im Frühjahr zu uns. Aber vorher stellt sich LA FLEUR mit ihrer ersten Arbeit, die 2017 für die Wiener Festwochen entstanden ist, in Bremen vor: Die selbsternannte Aristokratie! Wir freuen uns auf die Bremen-Premiere am 5. Oktober im Kleinen Haus! Und auf spannende und aufregende neue Begegnungen in den nächsten zwei Spielzeiten! Michael Börgerding 3


PORTRÄT

UND WOHER KOMMST DU WIRKLICH? Die neue Referentin für Interkulturelle Öffnung Dr. Ferdaouss Adda – Ein Porträt von Simone Sterr

Die euphorische Willkommenskultur der Jahre 2014/2015 ist einem Klima der Skepsis, der Abschottung und der Angst vor der Einwanderung in die Sozialsysteme gewichen. Aber gefährden die wenigen Menschen, die es zu uns schaffen, tatsächlich unseren Wohlstand? Natürlich nicht. Die Diskussionen der letzten Wochen sind hysterisch aufgeladen, die Handlungen an den Grenzen der Festung Europa missachten die Gesetze der Menschlichkeit, sowie das Erstarken nationaler Tendenzen und der erneut wachsende Fremdenhass sind beschämend. Migration ist aber in allererster Linie bereichernd: Menschen kommen mit ihren Geschichten und Erfahrungen, ihren Kulturtechniken, ihren Künsten, ihren Sprachen. Was bedeutet das Zusammenleben in einer migrantisch geprägten Gesellschaft für unser Verständnis von Stadttheater? Welche Form von Theater braucht eine, durch kulturelle Vielfalt geprägte Stadtgesellschaft? Von wem wird es gemacht? Von wem besucht? Und was ist zu tun, damit der Anspruch eines diskursiven Ortes für alle einer „Begegung auf Augenhöhe“, wie es Intendant Michael Börgerding im Interview mit dem Weser-Kurier formulierte, nicht nur in guter Absicht postuliert, sondern auch aktiv und im Austausch mit vielen Bevölkerungsgruppen gelebt und wahrgenommen wird? Weil sich die verändernde Einwanderungsgesellschaft in den Programmen, den Entscheidungspositionen und dem Pu­b­

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likum noch zu wenig widerspiegelt, hat die Kulturstiftung des Bundes mit „360 Grad“ einen Fonds ins Leben gerufen, der Stellen in Kunst- und Kultureinrichtungen finanziert, die sich der Aufgabe annehmen, Anspruch und Wirklichkeit zur Deckung zu bringen. Das Theater Bremen hat seit Beginn dieser Spielzeit eine „Referentin für Interkulturelle Öffnung“: Dr. Ferdaouss Adda. Sie ist in Deutschland geboren, da ihre marokkanischen Eltern, beides Bankangestellte, hier arbeiteten. Als sie fünf Jahre alt war und deren Arbeitsverträge und Aufenthaltsgenehmigungen ausliefen, wanderte die Familie ins Heimatland der Eltern, nach Marokko, aus und neun Jahre später, als der Vater wieder einen Job in Deutschland angeboten bekam, wieder in Ferdaouss’ deutsche Heimat ein. Wenn man sie fragt, woher sie denn wirklich kommt, ärgert sie sich immer ein bisschen. Ist das für sie fast so schlimm wie die Bemerkung: „Sie können aber gut Deutsch“? Ferdaouss Adda lacht ein herzhaftes Lachen. Genau. Und wann gehen Sie bitteschön wieder? Ja. Da kann ich schon sauer werden. Heimat ist für sehr viele Menschen heute einfach ein komplizierter Begriff. Nicht so eindeutig und so leicht zu definieren. Umso wichtiger ist, dass man als Mensch wahrgenommen wird mit seiner ganz persönlichen Geschichte. Und dass wir uns sensibilisieren, was diese Geschichten, diese Herkünfte in der Zusammenarbeit bedeuten. Ich habe in vielen internationalen Teams gearbeitet. Die haben auch immer reibungslos funktioniert. Aber erst, wenn wir unsere Unterschiedlichkeit zum Thema machen, kommen wir zu einer bewussteren und vielleicht anderen Form des Miteinanders.

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PORTRÄT

Und was führt die Ethnologin, die über die uralte Technik des marokkanischen Geschichtenerzählens promovierte, ans Theater? Die Beschäftigung mit dieser Urform des Theaters zieht sich durch mein Leben. Das lebendige Erzählen von Geschichten auf der Straße, ohne Bühne und ohne, dass sich der Erzählende der Aufmerksamkeit des Publikums schon sicher sein kann. Was geht die Leute an, damit sie stehen bleiben, zuhören und am Ende etwas in den Hut werfen? Als ich die Ausschreibung für die Stelle gelesen habe, dachte ich „Wow, da möchte ich hin“. Am Jungen Theater Göttingen habe ich im Ticket Service gearbeitet, an der Schnittstelle zwischen Theater und Publikum, und ich habe in dem kleinen Haus ganz schnell alle kennengelernt und war sehr fasziniert vom Umgang mit den Künstler*innen. Jetzt am Theater Bremen sind es 440 Mitarbeiter*innen aus 82 Ländern, denen sie bei ihrer vielfältigen Aufgabe begegnet. Sie möchte nach innen für Sensibilisierung im Umgang zwischen den unterschiedlichen Kulturen sorgen, nach außen wirken, auf die verschiedenen Bevölkerungsgruppen zugehen und Projekte initiieren, die das Theater noch offener machen und möglichst viele Menschen, die in Bremen leben, repräsentiert. Schließlich hat jede*r dritte Bremer*in einen Migrationshintergrund, und das sollte sich an der Programmatik eines Theaters für diese Stadt auch ablesen lassen. Finanziert ist die Stelle für den Zeitraum von vier Jahren. Zeit also, den Organismus Thea­ter Bremen zu durchdringen und Ideen zu entwickeln. Die Menge der Aufgabenfelder schreckt Ferdaouss Adda dabei so gar nicht. Vielmehr packt sie gespannt und neugie-

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rig das sehr weite Feld der Interkulturellen Öffnung an. Wie sieht es innerbetrieblich damit aus, mit welchen Zielgruppen arbeitet das Theater bereits jetzt schon, und wo gibt es Möglichkeiten der Zusammenarbeit, die noch nicht genutzt wurden? Das sind die ersten Fragen, mit denen sie sich auseinandersetzen möchte. Wobei ihr der Begriff „Zielgruppe“ viel zu mechanisch ist. Es geht vielmehr darum, dass wir als Teil der Stadtgesellschaft – also wir, das Theater, aber wir eben auch als einzelne Individuen dieser Stadt – dafür sorgen, dass das Theater zum repräsentativen Raum für die ganze Stadt wird. Das wäre das Ideal. Und wie kann man dem nahe kommen? Durch Themen, die wichtig sind, die brennen. Rassismus, Diskriminierung, religiöse Themen. Durch mehrsprachige Projekte, durch Auftritte in anderen Stadtteilen, durch die Möglichkeit, nicht nur Zuschauer*in, sondern auch Mitgestalter*in diesem Raum Theater zu werden. Ferdaouss möchte offene Begegnung, schrankenlose Kommunikation. Auch wenn diese Begegnungen zwischen Menschen, Meinungen, Werten, ethischen und ethnischen Prägungen schmerzhaft sind, konfliktreich, verletzend, so wie jüngst bei den Debatten der Ruhrtriennale, wo eine Intendatin unter Rassismusverdacht gerät, weil sie extreme Meinungen zur Diskussion stellte? Wir müssen das aushalten. Wir müssen uns und unsere Positionen wechselseitig aushalten und die Konflikte führen. Auch, wenn das hart sein kann. Auch, wenn das über Schmerzgrenzen hinaus geht. Ich würde, wenn es um Rassismus, Ausgrenzung und irrationale Ängste geht, auch jemanden von der AfD einladen. Sprechen, die Auseinandersetzung provozieren.

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PORTRÄT

Sie wirkt, als wäre sie zu allem bereit, als würde es eine Menge Dinge geben, die sie emotional aus der Reserve locken, aber nichts, was man nicht lösen, was man nicht angehen könnte. Und so erarbeitet sie sich das Theater als Betrieb, das Thea­ ter als Kunstform, die Stadt als Arbeitsfeld und Bremen als neuen Lebensraum für sich, ihren Mann und ihre zweijährige Tochter. Wir denken uns aus, wohin uns ihr Engagement in vier Jahren gebracht, wohin sich das Theater entwickelt haben könnte. Vielleicht zu einem Ort, der reicher ist an Arbeitsformen miteinander und an Darstellungsformen auf der Bühne, weil sich Menschen mit ihren Migrationsgeschichten nicht nur eingegliedert, sondern mit ihren persönlichen Erfahrungen sichtbar eingebracht haben. Und vielleicht sind wir dem Ideal eines selbstverständlichen und gleichberechtigten Zusammenlebens in der postmi­ grantischen Gesellschaft ein wenig näher gekommen. Ein Zusammenleben, in dem sich weder für das multikulturelle Engagement vom hohen Ross herunter auf die liberale Schulter geklopft wird, noch sich Menschen mit abschätzigem Blick – „und woher kommst Du wirklich?“ – beäugen. Bis dahin wäre schon viel geholfen, würden wir uns – frei nach Alexander von Humbloldt – die Welt erst einmal genau anschauen, bevor wir eine Weltanschauung haben.

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EIN AUFRUF

SOLIDARITÄT STATT HEIMAT von medico international

In den letzten Jahren hat sich in weiten Teilen Europas ein politischer Rassismus etabliert, der die Grenzen zwischen den konservativen, rechten und faschistoiden Lagern zunehmend verschwimmen lässt. Für Deutschland gilt: Der bislang größte Erfolg der AfD war nicht ihr Einzug in den Bundestag. Ihr mit Abstand größter Erfolg ist, dass man sich in diesem Land wieder hemmungslos menschenverachtend geben und äußern kann. Rassismus ist wieder ganz normales Alltagsgeschäft geworden, im hohen Haus in Berlin wie beim Bäcker um die Ecke. Bei „Spitzenpolitikern“ und Normalsterblichen, bei „Liberalen“ – und selbst unter Linken. Die Willkommensdiskurse des kurzen Sommers der Migration haben sich in feindselige Abwehrdiskurse verwandelt. Die Einschränkung des Familiennachzuges und die geplanten ANKER -Zentren beschneiden massiv die Rechte von Migrant*innen, erhöhen den existenziellen Druck auf sie und sind bloße Instrumente der Isolation und der Ausgrenzung. Länder, die von Krieg zerstört und von den Kriegsfolgen gezeichnet sind, werden zu sicheren Orten erklärt – aus den tatsächlich sicheren Amtsstuben eines Landes, das mit seiner Wirtschaftsweise systematisch zum Elend der Welt beiträgt. Heimatministerium, Abschiebeoffensive, Hetzkampagnen und institutioneller Rassismus gehören zum Alltag – doch der massive Protest aus der bürgerlichen Mitte bleibt aus. Der ganze Aufruf: https://solidaritaet-statt-heimat.kritnet.org 9



Zu Der Schimmelreiter: Ein toter Wal vor der spanischer KĂźste mit fast 30 kg MĂźll in Magen und Darm.


PREMIERE MUSIKTHEATER

VERDI: EIN MASKENBALL Wer sich in Gefahr begibt ...

„Die Freunde nennen sich aufrichtig, die Feinde sind es.“ (Arthur Schopenhauer) — Die Vorlage für Verdis Oper, Eugène Scribes Gustave III. ou Le Bal masqué, stützt sich auf historische Ereignisse: König Gustav von Schweden – ein Freund der Wissenschaft und der Künste – war 1792 eines Nachts auf einem Maskenball im Stockholmer Opernhaus erschossen worden. Scribe hatte den wahren Plot mit einer operngerechten, amourösen Dreiecksgeschichte garniert: Mann liebt Frau seines besten Freundes. Verdis Oper war zunächst ein Auftrag aus Neapel. Doch die Zensur beäugte kritisch den Königsmord auf offener Szene und zwang Verdi, jede Szene des Librettos zu rechtfertigen. Dies rief das Volk und einige Persönlichkeiten Neapels auf den Plan. Es kam zu Tumulten und Demonstrationen für die künstlerische Freiheit des Komponisten. Verdi verließ Neapel und ging mit seiner Oper nach Rom. Aber auch da blieb sein Textbuch nicht von Eingriffen verschont. DAS STÜCK

Oper in drei Akten von Giuseppe Verdi, Text von Antonio Somma nach dem Drama Gustave III. ou Le Bal masqué von Eugène Scribe; Uraufführung: 17. Februar 1859, Teatro Apollo, Rom. Gustav III. fordert das Schicksal heraus. So schlägt er die Prophezeiung der Wahrsagerin Ulrica, dass er durch die

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Hand seines Freundes Anckarström sterben würde, in den Wind. Stattdessen stellt er dessen Frau Amelia nach und ignoriert alle Warnungen, dass eine Verschwörung gegen ihn angezettelt worden sei. Und dann lässt er auch noch einen Maskenball ausrichten ... MUSIKALISCHE LEITUNG UND REGIE

Marco Comin ist ein Experte für das italienische Fach. Bis 2017 war er Chefdirigent am Staatstheater am Gärtnerplatz in München und gastierte an Häusern wie der Staatsoper Stuttgart oder der Komischen Oper Berlin. Mit Ein Maskenball übernimmt er seine erste Musikalische Leitung am Theater Bremen. Michael Talke (*1965) inszenierte u. a. am Deutschen Thea­ter Berlin, am Luzerner Theater, am Schauspiel Hannover, am Thalia Theater Hamburg, am Saarländischen Staatsthea­ter, in Düsseldorf, Dresden und Weimar. Zuletzt am Thea­ter Bremen: Rigoletto, Il barbiere di Siviglia, Strawinskys The Rake’s Progress. Premiere 21. Oktober, 18 Uhr im Theater am

Goetheplatz Musikalische Leitung: Marco Comin Regie: Michael Talke Bühne: Barbara Steiner Kostüme: Regine Standfuss Chor: Alice Meregaglia Dramaturgie: Brigitte Heusinger Mit: Patricia Andress, Romina Boscolo,

Sungkuk Chang, Stephen Clark, Iryna Dziashko, Birger Radde, Daniel Ratchev, Luis Olivares Sandoval, Zoltan Stefko, Dongfang Xie. Chor und Extrachor des Theater Bremen. Es spielen die Bremer Philharmoniker Matinee mit Michael Talke und Beteiligten der Produktion am So 7. Oktober um 11:30 Uhr im Theater am Goetheplatz (Foyer)

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PREMIERE SCHAUSPIEL

STORM: DER SCHIMMELREITER Über alle erhaben

„Es ist ein eigen Ding, die specielle Schuld des Helden für das Tragische zu verlangen. Mir sagte neulich ein Bekannter, er gedenke ein quidam über mich zu schreiben (ein Pastor in Schleswig, mein ich) und dabei nachzuweisen, wie alle meine Personen ohne eigne Schuld untergingen. Ich muß nun auch nach meinem Sinne die Schuldfrage für das Tragische viel weiter fassen: der Held (lassen wir diesen Ausdruck) fällt eigentlich nie durch eigene Schuld, sondern durch die Schuld oder Unzulänglichkeit des Menschenthums, sei dieß Feindliche in ihm selbst gelegen oder in einem außer ihm bestehenden Bruchtheil der Menschheit, möge er gegen diese oder gegen sich selbst zu kämpfen haben und dadurch selbst oder mit seinem Glück zu Trümmern gehen.“ (Theodor Storm) DAS STÜCK

von Theodor Storm in einer für das Theater Bremen neu bearbeiteten Fassung von John von Düffel Vom Bauernjungen zum Kleinknecht bis hin zum Deichgraf hat er es geschafft, der Außenseiter Hauke Haien: Ein akribischer Denker, ein Visionär, ein genialischer Naturwissenschaftler. Jedoch, er denkt an der Gegenwart seines Dorfes vorbei. Anstatt die nordfriesischen Dickköpfe, die voller Aberglauben aber auch im Einklang mit der rauen Natur leben, miteinzubeziehen in seine Gedanken und Ide-

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en von einem großen Deich, der sie nicht nur zu schützen vermag, sondern auch Landgewinn ermöglicht, geht er seinen eigenen, einsamen Weg, auf dem ihn nur seine Frau Elke begleitet. Tradiertes Denken und moderner Gestaltungswillen prallen in Storms Werk so heftig aufeinander, dass am Ende ein ganzes Dorf von der großen Sintflut zerstört wird. Warum riskieren wir die Utopie einer harmonischen Koexistenz von Mensch und Natur jeden Tag aufs Neue? So mystisch aufgeladen die Geschichte ist, so zeitgenössisch ist sie in ihrer Zeichnung der Figuren und Beziehungen und in der dringlichen Frage nach Konzepten des Lebens mit der Natur in Zeiten von Klimawandel und Naturkatastrophen. DIE REGISSEURIN

Die Arbeiten von Alize Zandwijk sind geprägt von langjährigen künstlerischen Bindungen. Einer der wohl wichtigsten Partner ist ihr Bühnenbildner Thomas Rupert, der ihrer ganz eigenen Weltwahrheit immer treffsicher den richtigen Raum gibt und auch für den Schimmelreiter die „öde Marsch“ kreiert. Auch Maartje Teussinks Musik ist aus Zandwijks Inszenierungen kaum wegzudenken. Und da alle Kontinuitäten dann und wann einen kleinen Bruch vertragen können, wird erstmals in Bremen Sophie Klenk-Wulff das Kostümbild entwerfen. Premiere 7. Oktober, 18 Uhr im Theater am Goetheplatz Regie: Alize Zandwijk Bühne: Thomas Rupert Kostüme: Sophie KlenkWulff Musik: Maartje Teussink Dramaturgie: Marianne Seidler Mit: Martin Baum, Guido Gallmann, Nadine Geyersbach, Bastian Hagen, Benno Ifland, Gabriele Möller-Lukasz, Stephanie Schadeweg, Susanne Schrader, Alexander Swoboda, Maartje Teussink

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PREMIERE SCHAUSPIEL

KNAUSGÅRD V: TRÄUMEN Schreiben, nicht leben

„Auch für die Nacht der Seele steht ein neuer Tag vor der Tür.“ (Karl Ove Knausgård) — Was denkbar unspektakulär erscheint – die Schilderung einer ganz normalen Lebensgeschichte – wird bei Knausgård zur literarischen Sensation. Seine Bücher schlugen ein wie eine Bombe, Skandinavien fiel ins Knausgård-Fieber, im Rest der Welt feiert ihn das Feuilleton als Jahrhunderterscheinung, deren Werk neue Maßstäbe setzte. DAS STÜCK

Bevor das Team um den Regisseur Frank Abt im Frühjahr 2019 zum großen Finale kommt, zum letzten Teil von Knausgårds autobiografischem Romanzyklus, der ihm sowohl den Ruf des „Proust des 21. Jahrhunderts“, wie auch viele aufgebrachte Reaktionen seiner eigenen Familie eingebracht hat, werden in Träumen, dem fünften Teil der Theaterserie, zwei Phasen seines Lebens unter die Lupe genommen. Einerseits ist es die Zeit, in der der junge Knausgård in einem psychiatrischen Krankenhaus arbeitet und seinen Wunsch, als Schriftsteller durchzubrechen, zum Scheitern verurteilt sieht. Anderseits ist es der Moment, in dem ihm, zwanzig Jahre später, mit seinem autobiografischen Zyklus der große literarische Durchbruch gelingt und seine Frau, gerade mit ihrem vierten Kind schwanger, eine schwere psychische Erkrankung durchlebt.

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„Ich wollte ein guter Mensch sein, voller Mitgefühl mit den Menschen, denen es schlechter ging als mir, aber wenn sie in meine Nähe kamen, empfand ich Verachtung und Wut, als rührten ihre Mängel an den Kern meiner selbst ... Als ich an jenem Abend auf dem Heimweg war, schoss mir ein fürchterlicher Gedanke durch den Kopf: Würde ich als Vierzigjähriger noch dort herumhängen und den jungen Studenten, die als Aushilfen kamen und gingen, erzählen, dass ich eigentlich Schriftsteller werden würde? Ich war nicht vierzig, sondern zweiundzwanzig, aber ansonsten war das Bild einigermaßen zutreffend. Ich arbeitete, um genug Geld zum Leben zu haben, und lebte, um zu schreiben, was ich jedoch nicht konnte, es war bloß etwas, worüber ich redete.“ DAS TEAM

In insgesamt sechs Abenden folgt der Regisseur Frank Abt mit seinem Team Knausgårds fesselnden Schilderungen seines Alltags. Bisher wurden vier Teile des Romanzyklus umgesetzt: das radikale Vaterporträt in Knausgård I: Sterben, die kompromisslose Suche nach Nähe und Beziehung in Knausgård II: Lieben, der mitreißende Strom an Kindheitserinnerungen in Knausgård III: Spielen und ein Erwachsenwerden zwischen Absturz und Ekstase in Knausgård IV: Leben. Premiere 27. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus Regie: Frank Abt Bühne und Kostüme: Susanne Schuboth Musik: Jan Grosfeld Dramaturgie: Viktorie Knotková Mit: Jan Grosfeld, Robin Sondermann, Fania Sorel

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SCHAUSPIEL

LA FLEUR: DIE SELBSTERNANNTE ARISTOKRATIE Ein getanztes Sittengemälde „Le roi est mort, vive le roi.“ (Chateaubriand) — Die Regisseurin Monika Gintersdorfer und der Choreograf Franck Edmond Yao alias Gadoukou La Star haben 2017 in Paris die internationale Compagnie LA FLEUR gegründet, bestehend aus einer Vielzahl von jungen und diversen Tänzer*innen, DJs, Schauspieler*innen und Showbizstars, fast alle zuhause in der afrikanischen Pariser Diaspora. In ihrer ersten Arbeit durchbricht die Gruppe Stereotypen von gestern und heute, die Gesellschaftskritik der Romane von Balzac wird in die Gegenwart transportiert. Mit dem ivorischen „Coupé Decalé“-Tanzstil und dem Phänomen der „Sapeurs“, den kongolesischen Dandys, verwandelt sich das Ensemble auf der Suche nach Anerkennung und Status in eine selbsternannte Aristokratie. Es gibt eine Aristokratie, die sich selbst erschafft! Du bestimmst, wer du sein willst! Bremen-Premiere 5. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus Regie: Monika Gintersdorfer Choreografie: Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star Mitarbeit: Katia Flouest-Sell, Elise Graton Bühne: Christin Vahl Kostüme: Abdoulaye Kone alias BOBWEAR, Sebastian Ellrich, Christin Vahl Mit: Annick Choco, Cora Frost, Jean Claude Dagbo

alias DJ Meko, Lino Makebo, Carlos Martine, Mishaa, Ordinateur, Reyod, Matthieu Svetchine, Elisabeth Tambwe, Franck Edmond Yao alias Gadoukou la Star Mit Unterstützung des CND – Centre National de la danse, accueil en résidence und des Théâtre de la Commune, CDN d’Aubervilliers. Gefördert aus Mitteln der Kulturstiftung des Bundes. In Koproduktion mit Wiener Festwochen, Kampnagel, FFT Düsseldorf, MC93 maison de la culture de Seine-Saint-Denis. 19


WIEDERAUFNAHMEN

ABENTEUER FAMILIE Drei Wiederaufnahmen für Groß und Klein

Wie Tom Sawyer und sein Freund Huckleberry Finn mit Witz und Mut für Gerechtigkeit gekämpft haben, den unschuldigen Muff Potter aus dem Gefängnis befreiten und den Bösewicht Killer Joe im letzten Moment doch noch überführten, hat in der Inszenierung von Klaus Schumacher Kinder und Erwachsene gleichermaßen begeistert. Weil gute Geschichten immer wieder erzählt werden, wird Tom Sawyer wieder in den Spielplan genommen. Zumal man sich ab November auf die Fortsetzung der Geschichte, auf Die Abenteuer des Huckleberry Finn, freuen kann. Dass das Familienleben an sich ein Abenteuer ist, beschäftigt Eltern und Kinder im täglichen Miteinander, und wie man diese Beziehung optimiert, ist in zahlreichen Erziehungsratgebern nachzulesen. Aber nur aus der Perspektive der Eltern. Wie Kinder die Spezies Eltern sehen, hat das Moks in Eltern – Ein Forschungsunterfangen untersucht und für Kinder ab 9 Jahren und ihre Eltern erhellende Erkenntnisse gewonnen: „Mit ihrem Stück Eltern trifft Hannah Biedermann den Nerv des Publikums im Brauhaus. Viele brennende Themen werden direkt mit dem Publikum verhandelt.“ (Sven Garbade, Weser-Kurier) Eine abenteuerliche Nacht, ganz ohne Eltern, erleben die Geschwister FranÇois und Marie in Nachtgeknister von Mike Kenny. In der zauberhaften Umsetzung von Theo Fransz geht es um die Magie und den Grusel von Gutenacht-

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geschichten und um die Geborgenheit, die sich Geschwister geben können. 2012 mit dem Deutschen Kindertheaterpreis ausgezeichnet, ist Nachtgeknister nach vier Jahren immer noch ein Publikumsliebling. Eltern – Ein Forschungsunterfangen: Mi 17. Oktober, 10:30 Uhr im Brauhaus Nachgeknister: Do 25. Oktober, 10:30 Uhr im Brauhaus Tom Sawyer: So 28. Oktober, 10 Uhr im Theater am Goetheplatz Karten für Tom Sawyer unter Tel 0421 . 3653-333 oder www.theaterbremen.de. Für Schulvorstellungen des Moks unter Tel 0421 . 3653-345 oder mokskarten@theaterbemen.de

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Zum letzen Mal KnausgĂĽrd IV: Leben am So 7. Oktober


TANZ

VIER TAGE TANZ

Tanz-Schwerpunkt im Herbst zwischen Gastspielen und Repertoire „Der Bildschirmschoner des Smartphones meines Sohnes zeigt ein pinkes Einhorn. Als ich ein Teenager war, blieb ich der Farbe Pink so fern wie möglich, hatte noch nie von Einhörnern gehört und Smartphones existierten nicht.“ Treffender als es der kubanische Tänzer Alexis Fernandez hier tut, lassen sich die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Eltern und ihren Kindern der Post-Millenium-Generation wohl kaum beschreiben. Als ob es nicht schon schwer genug wäre, zwischen Adoleszenz und Midlife-Crisis eine gemeinsame Ebene zu finden, vergrößern die neuen Logiken der Interaktion im digitalen Zeitalter den Erfahrungsabstand zwischen den Generationen umso mehr. Für Alexis Fernandez, der eine Hälfte des in Galizien beheimateten Kollektivs La Macana bildet, birgt dieser Konflikt das Potential zur künstlerischen Auseinandersetzung. Und so wagt er sich gemeinsam mit seinem 14-jährigen Sohn an einen Dialog auf der Bühne, in dem die beiden versuchen, über den Tanz zu einer gemeinsamen Sprache zu finden. Choreografiert von Hauschoreograf Samir Akika ist Pink Unicorns das wagemutige Doppelportrait einer spannungsreichen Begegnung zwischen Vater und Sohn – und ein aufregender Beitrag zu Vier Tagen Tanz, an denen insgesamt vier Produktionen dazu einladen, die Wartezeit bis zur ersten Premiere der neu formierten Kompanie Unusual Symptoms im November zu verkürzen.

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Pink Unicorns: Sa 13. Oktober, 18 Uhr und So 14. Oktober, 16:30 Uhr im Brauhaus Choreografie: Samir Akika, Caterina Varela & Alexis Fernández Mit: Alexis Fernández & Paulo Fernández Bühne: Tilo Schreieck Licht: Afonso Castro Video: Martina Plura Produktionsleitung: Caterina Varela Produktion: La Macana Koproduktion: Theater Bremen, Theater im Pumpenhaus, AGADIC – Xunta de Galicia.

Nach einer Brücke zwischen den Generationen sucht auch das TanzKollektivBremen um Tom Bünger, Magali Sander Fett und Mirosław Żydowicz. 50 Jahre, nachdem der Österreicher Johann Kresnik am Theater Bremen sein Choreografisches Theater gegründet hat, ist das freie Ensemble an eben jenem Haus mit der Frage zu Gast, wie ein jenseits des zeitgeschichtlichen Kontextes seiner Entstehung verorteter Umgang mit dem künstlerischen Werk des Choreografen aussehen könnte. In der Auseinandersetzung mit den eher unbekannten zeichnerischen Arbeiten Kresniks sucht das TanzKollektiv in Einundreißig Skizzen aus heutiger Sicht nach einem Ausgangspunkt für eine ganz eigene choreografische Auseinandersetzung. Einundreißig Skizzen: Do 11. Oktober, 20 Uhr ; So 14. Oktober, 18:30 Uhr; Do 25. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus Choreografie: Magali Sander Fett Mit: Neus Ledesma, Magali Sander Fett, Frauke Scharf, Anton Rudakov, Mirosław Żydowicz, Jonas Wiese Musik: Jonas Wiese Bühne: Till Botterweck Kostüm: Lilly Bosse Licht: Till Botterweck, Peter Schmidt Künstlerische Mitarbeit: Tomas Bünger Projektmanagement: Ulrike Osten Koordination: Susan Barnett Produktion: TanzKollektivBremen Koproduktion: Theater Bremen Gefördert von: Senator für Kultur, Karin und Uwe Hollweg Stiftung, Waldemar Koch Stiftung Mit freundlicher Unterstützung der Schwankhalle

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TANZ

Mit Wiederaufnahmen von Amour, Alize Zandwijks berührender Annäherung an das Thema Alzheimer und Demenz, und Frederik Rohns intensiver Trauma-Erkundung Crash, in der erstmals einige der neuen Akteur*innen des Tanzensembles zu sehen sein werden, lädt der Tanz-Schwerpunkt im Oktober zu weiteren Erkundungen bewegter Körper ein, die sich mit Physical Prologues, Einführungen und Publikumsgesprächen noch vertiefen lassen – während der YEAH YEAH CLUB am Samstag, den 13. Oktober ab 22 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus schließlich dazu einlädt, selbst das Tanzbein zu schwingen. Mit dem 2-für-1 Special schenken wir Ihnen beim Kauf einer Karte übrigens den Besuch einer weiteren Vorstellung innerhalb von Vier Tage Tanz. Let’s dance! „Ein starker Abend! Und eine ungeheuer mutige Choreografie.“ (Ute Schalz-Laurenze, Kreiszeitung) Crash: Fr 12. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus „Wiederum gerät eine Inszenierung der Schauspielspartenleiterin Alize Zandwijk zum Triumph. ,Amour‘ heißt das spartenübergreifend realisierte Demenz-Stück, ein imposantes Plädoyer für mehr Mitgefühl.“ (Hendrik Werner, Weser-Kurier) Amour: Sa 13. Oktober, 20 Uhr im Kleinen Haus

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Mirjam Rast, Denis Geyersbach und Gina Haller in Die Ratten


CLUB

PAIGEY CAKEY (UK) ONE MOTHER (PREACH & NATASCHA P./HH) The future is female Die in East London lebende Rapperin Paigey Cakey ist zweifellos eine der prägenden Stimmen der neuen britischen Rap-Generation. Mit ihrer energiegeladenen Mischung aus Trap, R’n’B und Grime erzählt sie in ihren Tracks Geschichten, die unmittelbar aus der Realität der multiethnischen Metropole gegriffen sind. Einflüsse ihrer karibischbritischen Herkunft werden darin ebenso sichtbar wie ein starker Appell für mehr Feminismus im Hip-Hop-Game. Paigey Cakey wird bereits in einem Atemzug mit MCs wie Lady Leshurr genannt, mit der sie mehrfach zusammenarbeitete und stand bereits als Support für Größen wie Lil Kim, Azealia Banks und Stormzy auf der Bühne. Preach und Natascha P. vom Hamburger Kollektiv One Mother servieren ihre Musik mit einer großen Portion Attitüde. In ihrem Sound zwischen R’n’B, Pop und Hip-Hop möchten sie neue diasporische Narrative schaffen und Raum einnehmen in einer Musiklandschaft, die zwei Musikerinnen mit klarer Agenda bitter nötig hat. Ihre Texte sind deep, ihre Beats süß oder direkt auf die Fresse. Im Anschluss Aftershow und DJ-Sets von Elypze (Zucker), Pleasure Hunter b2b Preach und Isabelle (One Mother). The future is female. Fr 19. Oktober, 22 Uhr im Kleinen Haus Einlass ab 21 Uhr. VVK 10 € / AK 13 € Präsentiert von Missy Magazine, splash! Mag und Golden Shop

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GASTSPIEL

KOSA LA VITA – KRIEGSVERBRECHEN Dokumentarisches Musiktheater der Kompanien Flinn Works und Quartett Plus

Hervorgegangen aus der Forschungsresidenz „flausen – young artists in residence“ forscht die Gruppe um den, dem Theater Bremen verbundenen Regisseur Konradin Kunze und um Ensemblemitglied Simon Zigah seit fünf Jahren an einer neuen Form des dokumentarischen Musiktheaters. Inhalt von Kosa La Vita ist der Kriegsverbrecherprozess gegen Dr. Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni. Als Präsident und Vize-Präsident der Hutu-Miliz FDLR sollen sie von Süddeutschland aus per Handy und Internet u. a. Massaker an der Zivilbevölkerung im Ost-Kongo gesteuert haben. Vier Jahre lang dauerte der zermürbende Prozess in Stuttgart. Dolmetscher stritten mit den Angeklagten über Übersetzungsdetails, desertierte Kämpfer wurden eingeflogen, anonyme Opferzeugen wurden per Livevideo befragt – ein Präzedenzfall, der selbst die Richter*innen an ihrer Aufgabe zweifeln ließ. Ist es legitim, dass sie über Kriegsverbrechen im Ostkongo urteilen? Lässt sich die Wahrheit über einen 6.000 Kilometer entfernten Konflikt von einem deutschen Gerichtssaal aus ergründen? Wo liegen die Grenzen der globalen Rechtsprechung? Sa 20. um 20 Uhr und So 21. Oktober um 18:30 Uhr im Kleinen Haus Von und mit: Konradin Kunze, Katharina Pfänder, Lisa Stepf, Sophia Stepf, Kathrina Hülsmann, Simon Zigah Komposition: Mathias Schubert

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GASTSPIEL

POETRY SLAM

Slam Bremen macht Theater

Poetry Slam ist zurück auf Bremens großer Bühne. Nach der rauschenden Premiere im Oktober 2017 gehen der im Kulturzentrum Lagerhaus beheimatete Slam Bremen und das Theater Bremen in die zweite Poesie-Runde. In Kooperation mit dem Bremer Slammer Filet und dem hannoverschen Slam-Verbund „Macht Worte!“ treten erneut fünf der besten Live-Poet*innen Deutschlands gegen die Bremer SlamElite an. Von Kurzgeschichten bis zur literarischen Comedy, von Lyrik bis Rap und Stehgreif-Prosa – erlaubt ist, was dem Auftritt Schliff, Rasanz und literarische Trefferquoten verspricht. Das Beste: Das Publikum selbst kürt die Siegerin oder den Sieger des Abends, den „Slam Bremen macht Theater-Champion 2018“. An den Lesestart gehen Leonie Warnke, Noah Klaus und Micha Ebeling aus Berlin sowie David Friedrich und Wehwalt Koslovsky aus Hamburg. Sie treffen auf die Grande Dame der Bremer Slam-Szene Rita Apel, das Slam-Team „Zweidrittel Dames Blonde“ (Oldenburg/ Berlin) und eine weitere Poet*in aus dem Bremer Slam-Raum. Sa 13. Oktober, 20 Uhr im Theater am Goetheplatz Eintritt 18 € / 12 € erm. Moderation: Sven Kamin und Sebastian Butte

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GASTSPIEL

SPACING

Eine Kunstaktion von Theater Bremen, Kunstverein St. Pauli Hamburg und Erlkönig Bremen Warum soll der Kofferraum eines Autos eigentlich nur für Gepäckstücke und Einkäufe genutzt werden? Künstler*­ innen aus Bremen und Hamburg machen den Stauraum zum Kunstraum, entdecken ihn als mobile Ausstellungsfläche für Objekte und Installationen. Insgesamt neun Autos werden zum Mini-Museum für völlig unterschiedliche Möglichkeiten, Kunst auf kleinstem Raum zu gestalten. Auf dem Goetheplatz treffen sie sich für einen Tag und bilden eine temporäre Ausstellung. Der Kunstverein St. Pauli hat bereits mehrfach durch mobile Ausstellungskonzepte auf sich aufmerksam gemacht, unter anderen mit einem fahrenden Überseecontainer, in dem Kunstexponate auf große Tour gingen. Nun verbinden sich die Hamburger*innen mit dem Bremer Künstler Pio Rahner, der gemeinsam mit Max Santo den Projektraum Erlkönig betreibt, in dem auf kleinstem Raum Kunst erfahren werden kann. Am Abend, wenn die Ausstellung abgefahren ist, sind die Künstler*innen vom Kunstverein St. Pauli zu Gast in Pio Rahners Reihe Cocktail, in der sich Theater und Bildende Kunst durch ein verbindendes Mix-Getränk begegnen. Fr 12. Oktober, 12 – 21 Uhr auf dem Goetheplatz. Eintritt frei! Cocktail #7: 21:30 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus. Eintritt 5 €

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10/2018

GEORGE STEVENS

Der Bariton, Publikumsliebling und Kurt-Hübner-Preisträger George Stevens ist tot. Nur 51jährig starb er an den Folgen einer Operation in Kapstadt, dort wo er geboren wurde, seine Karriere startete und sein umfangreiches Repertoire aufbaute. Von 1998 – 2006 war Stevens Mitglied im Opern­ ensemble des Bremer Theaters und erwarb sich schnell große Sympathien beim Publikum. Ein Lächeln auf dem Lippen, ein Witz, George Stevens war wunderbar kollegial. Und er war großzügig. Er gab – auf und hinter der Bühne. Mit Leidenschaft und enormer Bühnenpräsenz schaffte er es immer wieder, dass der berühmte Funke sofort in Zuschauerraum übersprang. Viele erinnern sich an seinen Rigoletto und die Eindringlichkeit, mit der er diese gespaltene Persönlichkeit verkörperte, an die Seelenqualen des Hofnarrens und betrogenen Vaters – ein Sängerdarsteller im besten Sinne. Auch andere Partien werden in Erinnerung bleiben: Figaro in Le Nozze die Figaro, Jago in Otello, Escamillo in Carmen, Leporello in Don Giovanni, Méfistofélès in La Damnation de Faust, Sancho Pansa in Massenets Don Quichotte oder Tomski in Tschaikowskys Pique Dame. Das Wagnerfach erschloss sich Stevens mit Wolfram von Eschenbach in Tannhäuser, und im modernen Repertoire profilierte er sich mit der Titelpartie aus Der Kaiser von Atlantis, Kelvin in Solaris und Josef Süß in der gleichnamigen Uraufführung von Detlev Glanert. Wir trauern um George Stevens.

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UND AUSSERDEM

ZU GAST: JOHN VON DÜFFEL

Schwimmen und Lesen Die zeitgenössischen Autor*innen im persönlichen Gespräch und anhand ihrer – von ihnen selbst vorgetragenen – Texte kennenzulernen, hat immer wieder zu erhellenden Begegnungen mit den Menschen geführt, die sich hinter den Stücken verbergen. Erster Gast dieser Spielzeit ist John von Düffel. Weit verbreitet sind seine Romanbearbeitungen, seine Shakespeare- und Antikenzyklen. Mit den Stücken „Rinderwahnsinn“ und „Weltkrieg für alle“ hat er herrlich überdrehte, aberwitzige Familienkomödien geschrieben und auch als Dramatiker für Kinder- und Jugendliche ist er erfolgreich. Aber John von Düffel ist auch Prosaautor. Seine Romane Vom Wasser, Klassenbuch, Die besten Jahre, sein Buch Gespräche über die Unsterblichkeit offenbaren einen kraftvollen Erzähler, der sich großen Themen mit Leichtigkeit und Humor anzunähern weiß. Im Oktober kommt seine Adaption von Der Schimmelreiter auf die Bühne und nach Tom Sawyer im vergangenen Jahr wird die Uraufführung der Abenteuer von Huckleberry Finn sehnsüchtig erwartet. Grund genug, John von Düffel ins Foyer am Goetheplatz einzuladen, um mit dem Autor, Leistungschwimmer, Dramaturg und Dozent für szenisches Schreiben über die Kulturtechniken Schwimmen und Lesen zu sprechen, über Literatur und das Theater.

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Mi 10. Oktober, 19:30 Uhr im Theater am Goetheplatz (Foyer). Eintritt 5 € Moderation: Simone Sterr

BLICKWECHSEL: NATHAN DER WEISE

Lessings Drama ist das Werk zum toleranten Umgang über Glaubensgrenzen hinweg schlechthin. In der Version des Kollektives Gintersdorfer/Klaßen ist es als „Weichmacher für den Glaubenspanzer“ untertitelt. Ein Versuch also, zu befragen, was uns trennt und was uns verbindet, wie es mit dem aufklärerischen Ideal und der lessingschen Utopie bestellt ist. Theater und Kirche treten darüber in den Dialog. So 21. Oktober, 18 Uhr in der Kulturkirche St. Stephani THEATERTREFFEN: BRIGITTE HEUSINGER

„Der Bremer Stil, er ist mir lieb“, schreibt sie im Vorwort zu ihrer ersten Spielzeit als Leitende Dramaturgin im Musiktheater. Und tatsächlich verbindet Brigitte Heusinger mit der Stadt und dem Theater Bremen ihre Kindheit und ihre ersten Theatererlebnisse. Der Weg zurück in die Hansestadt führte sie u. a. über das Landestheater Linz, das Theater Basel, das Staatsstheater Saarbrücken, wo sie erstmalig als Operndirektorin engagiert war, und das Luzerner Theater, an dem sie bis zum Ende der Spielzeit 2017/18 als Stellvertreterin des Intendanten Benedikt von Peter und Leiterin der Oper beschäftigt war. Christine Gorny stellt Brigitte Heusinger und ihre Pläne für das Bremer Musiktheater im Gespräch vor. Mo 22. Oktober, 20 Uhr im Theater am Goetheplatz (Foyer). 5 € / Eintritt frei für Bremer Theaterfreunde

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UND AUSSERDEM

NORBERT KENTRUP: DER SÜSSE GESCHMACK DER FREIHEIT

Norbert Kentrups künstlerische Bilanz kann sich sehen lassen: 51 turbulente Jahre im Theater, 25 davon in seiner Wahlheimat Bremen. Nun blickt er auf all diese Jahre der Schauspielerei und Intendanz, auf die Gründung dreier eigener Theater, sein Schaffen und seine Rolle in der Welt zurück. Es geht um das Klima der Studentenunruhen, die ersten freien Theater und seine Lehrjahre in Bremen, im legendären Ensemble von Kurt Hübner. Dann die große Zeit der Mitbestimmungs- und Freiheitssuche am Schauspiel Frankfurt und die Liebe zu der Schauspielerin und Autorin Dagmar Papula. Sa 27. Oktober, 15 Uhr im Theater am Goetheplatz (Foyer) Eintritt 5 € In Zusammenarbeit mit dem Kellner Verlag Bremen

MICHAIL SCHISCHKIN: DIE EROBERUNG VON ISMAIL

Michail Schischkin hat als einziger Autor Russlands alle großen Literaturpreise des Landes erhalten. Er wurde 1961 in Moskau geboren und lebt seit 1995 in der Schweiz. 2017 erschien in deutscher Übersetzung sein Debütroman Die Eroberung von Ismail. Der Stoff reicht von der griechischen und slawischen Mythologie bis hin zu Zeugnissen aus der Stalinzeit und dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Ein vielstimmiger Chor der Erniedrigten und Beleidigten Russlands erklingt quer durch die Jahrhunderte. Di 30. Oktober, 19 Uhr im noon / Foyer Kleines Haus Eintritt 5 € Moderation: Christine Gorny. In Zusammenarbeit mit globale° – Festival für grenzüberschreitende Literatur 36


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JUNGES.THEATERBREMEN UNDER CONSTRUCTION: MOKS BOX

Präsentation des Herbstferienprojekts [under construction] ist in diesem Jahr das Spielzeitthema im Jungen Theater Bremen. Uns reizt der Gedanke des Unfertigen, des Bauens, des sich Ausprobieren-Dürfens und des Freiraums, sich immer wieder neu zu hinterfragen und zu positionieren. Anfang Oktober besetzen fünfzig Junge Akteure eine Woche lang das Brauhaus und entwickeln an fünf Tagen einen gemeinsamen Abend, der am Ende der Woche zur Premiere gebracht wird. Seid dabei, wenn, inspiriert von unserem Spielzeitthema, die diesjährige Moks Box auf die Bühne gebracht wird. Sa 6. und So 7. Oktober, jeweils 19 Uhr im Brauhaus

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Im Jahre 2050 wird es nach ernsthaften Schätzungen mehr Plastik in den Weltmeeren geben als Fische. Im Oktober sollen die Plastiktüten, die wir tagtäglich immer noch bekommen und verwenden, jedoch produktiv recycelt werden: auf der großen Bühne des Theater Bremen. Werden Sie Teil des Bühnenbilds für den


Schimmelreiter! Wenn Sie den Stoffbeutel des Theater Bremen mit Ihren sauberen Tütchen füllen können, gibt es an der Tageskasse die Stofftasche als Geschenk und ihr eigentlicher Müll wird zum Material für das Bühnenbild. Kassenöffnungszeiten Mo – Fr: 11 – 18 Uhr, Sa: 11 – 14 Uhr


Zweidimensionale Plakativität an einer Wand. Es soll Toleranz, Gleichberechtigung, Vielfalt und Selbstbestimmung ausdrücken. Hinterfragen wir das Selbstverständliche: Die Gendersymbole für männlich und weiblich haben ihren Ursprung in der Astrologie. Der Planet Mars, benannt nach dem römischen Kriegsgott, und die Venus, die zum Vorbild die Göttin der Liebe und Schönheit


hat. Schild und Speer des Mars verkörpern auch immer Männlichkeit. Ein goldener Spiegel Weiblichkeit. Und jetzt denken wir über das Selbstverständliche hinaus. Legt Speer und Spiegel nieder! Sucht neue Planeten! Danke Theresa Kleiner! Ihre Lieblingspfeile bitte weiterhin an dramaturgie@theaterbremen.de


POET MIT FEDER UND SCHERE

20.10. 2018 – 24. 02. 2019 Ermöglicht durch:

Medienpartner:

Gefördert durch:

Mobilitätspartner:

Hans Christian Andersen, Der Botaniker, 1848, Scherenschnitt, Königliche Bibliothek Kopenhagen

Buc Ihr hen S kun e Führ ie jetz stha u t lle-b ng unt e tick remen r .de/ ets

Kulturpartner:


ERMÄSSIGTE KARTENPREISE

SCHÜLER*INNEN, AUSZUBILDENDE UND STUDIERENDE Für die Vorstellungen im Theater am Goetheplatz und im Kleinen Haus sind Karten zum Preis von 9 € erhältlich (exkl. Konzerte und Sonderveranstaltungen). ARBEITSLOSE, FREIWILLIGENDIENSTLEISTENDE UND SCHWERBEHINDERTE (AB 50 % GDB) Sowohl im Vorverkauf als auch an der Abendkasse bieten wir Ihnen gegen Vorlage eines entsprechenden Ausweises einen Preisnachlass von rund 50 % auf den regulären Kartenpreis für alle unsere Vorstellungen (exkl. Konzerte und Sonderveranstaltungen) an. Diese Konditionen gelten auch für Begleitpersonen von Schwerbehinderten. KULTURTICKETS Bürger*innen mit geringem Einkommen erhalten gegen Vorlage der „Grünen Karte“ ein Kulturticket zum Preis von 3 €. In den Bremer Bürgerhäusern und den Zweigstellen der Stadtbibliothek können die Karten für ausgewählte Vorstellungen reserviert werden. Ansonsten erhalten Sie diese immer ab Montag für Vorstellungen der laufenden Woche an der Theater­kasse, sofern noch Karten verfügbar sind – www.kulturticket.bremen.de. GRUPPENTARIFE Besuchergruppen ab 10 Personen erhalten einen Rabatt von rund 20%. THEATERCARD 50 / THEATERCARD 25 Unsere TheaterCard 50 ermöglicht einen Preisvorteil von rund 50 % und die neue TheaterCard 25 von rund 25 %. Sie sind gültig für jeden Termin, jede Spielstätte und jede Preiskategorie (exkl. Gastspiele, Konzerte und Sonderveranstaltungen) und ab dem Kaufdatum 1 Jahr gültig. BLAUER THEATERTAG Musiktheater 20 € / Schauspiel 15 € auf allen Plätzen!

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Print-à-porter Die neue taz. Getragen von Vielen. 10 Wochen täglich taz für 10 Euro. Sind Sie dabei? taz.de/new-paper

TA Z VERL AGS- UND VERTRIEBS GMBH | BERLIN, RUDI-DUTSCHKE-STRASSE 23 AB 2018: BERLIN, FRIEDRICHSTRASSE 21


10/2018

FÖRDERER BREMER THEATERFREUNDE FÖRDERKREIS JUNGES.THEATERBREMEN

Gefördert im Programm 360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft Die Kooperation mit LA FLEUR wird gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes

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Theaterkasse

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Börgerding (Generalintendant), Michael Helmbold (Kaufmännischer ­Geschäftsführer) Redaktion: Marianne Seidler Szenenfotos: Jörg Landsberg Gestaltung: ErlerSkibbeTönsmann, Tim Feßner Druck: Druck & Verlag Kettler GmbH. Änderungen und Irrtümer vorbehalten. 46


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