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Unter Bartgeiern

Unter Bartgeiern

Verantwortungsarten in und außerhalb von Schutzgebieten

Auf den vorigen Seiten wird erklärt, wieso wir Bergsportler*innen Zurückhaltung und Verzicht üben sollten in den alpinen Gebieten, die dem Bartgeier Lebensraum bieten. Der Bartgeier ist eine geschützte Art nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie der EU1. Darin sind alle europäischen Vogelarten gelistet, für deren Schutz besondere Maßnahmen ergriffen werden und Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen.

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Was sind Verantwortungsarten?

Der Bartgeier ist eine Verantwortungsart für den gesamten Alpenverein, für hüttenbesitzende Sektionen ebenso wie für bergsteigende Mitglieder. Mit dem Begriff „Verantwortungsarten“ werden Arten bezeichnet, für die eine große Verantwortung besteht, weil sie nur hier vorkommen oder weil ein hoher Anteil der Weltpopulation hier vorkommt. Auch für Schneehühner, nicht befiederte Wildtierarten oder besondere Lebensräume, die durch unser Tun beeinträchtigt oder gefährdet werden können, tragen wir Verantwortung. Dennoch werden selbst in Schutzgebieten, wie den sechs österreichischen Nationalparks, äußerst selten Betretungsverbote verordnet.

Warum dürfen manche Gebiete nicht betreten werden?

Ein für den Alpenverein symbolträchtiges Gebiet, das nicht betreten werden darf, ist die Gamsgrube. Gemäß § 9 der Verordnung2 der Kärntner Landesregierung vom 4. November 1986 über den Nationalpark Hohe Tauern wurde sie mit Zustimmung des Alpenvereins als Grundeigentümer zum Sonderschutzgebiet „Gamsgrube“ erklärt. Gemäß § 9 Abs. 2 der genannten Verordnung ist im Sonderschutzgebiet Gamsgrube jeder Eingriff in die Natur und in den Naturhaushalt sowie jede Beeinträchtigung des Landschaftsbildes […] verboten. Der Bereich des Sonderschutzgebietes darf nur auf dem Gamsgrubenweg und den beiden im östlichen und westlichen Grenzbereich angelegten und markierten Alpinsteigen begangen werden. Das Verlassen dieser Wege, das Beweiden und das freie Laufenlassen von Hunden ist verboten. Die Gamsgrube besteht aus Flugsand, der vom Kalkglimmerschiefer der umgebenden Hänge und Gipfelgrate bei Sturm abgetragen und hierher verfrachtet wird. Durch die lange Schneebedeckung, die kurze Vegetationsperiode und ständige Umschichtungen der Feinsanddünen durch Wind und Niederschlag konnte sich hier eine ganz besondere Pflanzengesellschaft bilden. Das heißt: Der ursprüngliche Weg durch die hochsensible und schutzwürdige Gamsgrube wurde – übrigens im Rahmen einer der ersten Umweltbaustellen der Alpenvereinsjugend – zurückgebaut, die Gamsgrube selber mit einem Betretungsverbot belegt und die Betretbarkeit zugunsten des Naturschutzes auf ein Minimum eingeschränkt.

liliana dagosTin

ist Juristin und Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz im Österreichischen Alpenverein.

Was ist der Unterschied zwischen Wegefreiheit, Wegegebot und Betretungsverbot?

Während ein Wegegebot die freie Routenwahl (gemeinhin als Wegefreiheit bezeichnet) aufhebt und Besucher*innen verpflichtet, auf der bestehenden Wegeinfrastruktur zu verbleiben, dürfen Gebiete mit Betretungsverbot nicht betreten werden. —

1 Richtlinie 2009/147/EG vom 30. 11. 2009 2 https://ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?A bfrage=LrK&Gesetzesnummer=10000115

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