Elektrotechnik - think ING. kompakt 02/03 | 2025

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ELEKTROTECHNIK

MIT HOCHSPANNUNG INS STUDIUM

PORTRÄT

DER SPANNUNGSWANDLER

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ELEKTROTECHNIK

STECKDOSEN, SCHALTKREISE UND SYSTEME

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Morgens einen Toast machen, schnell auf dem Smartphone das Wetter checken und dann mit dem E-Scooter zur Uni fahren – was auf den ersten Blick so selbstverständlich erscheint, wäre ohne Elektrotechnik nicht möglich. Sie ist der Schlüssel zu modernen Technologien und spielt auch beim Klimaschutz eine zentrale Rolle. Grund genug, eine der wichtigsten Ingenieurwissenschaften einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Und das tun wir u. a. zusammen mit Elektrotechnikingenieur Daniel Ketel. Er macht die technische Infrastruktur der Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburg fit für die grüne Stahlproduktion. Denn Stahl soll künftig nicht mehr mit fossilen Energieträgern, sondern mit Wasserstoff und Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Doch welche Fähigkeiten braucht man eigentlich, um solche Zukunftsprojekte zu realisieren? Wir zeigen dir, welche Inhalte dich im Elektrotechnikstudium erwarten, wie deine Berufsaussichten als Elektrotechniker*in aussehen und welche spannenden Forschungsprojekte die Welt von morgen prägen.

Daniel Ketel an den Leistungstransformatoren, die u.a. Krane, Walzen und Gebläse versorgen.

DER SPANNUNGSWANDLER

Die Stahlproduktion der Republik soll grüner werden. Dabei spielt der elektrische Strom eine entscheidende Rolle. Der Elektrotechnikingenieur Daniel Ketel unterstützt den Wandel.

Die Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburg (HKM) breiten sich auf über 2,5 Quadratkilometer aus. Das ist größer als der Zwergstaat Monaco. Hier wird Eisenerz bei bis zu 2.000 Grad eingeschmolzen, um im zweiten Schritt daraus Stahl zu machen. Eine gigantische Industriekulisse aus braunem Backstein, Kaminen, Rauch und endlosen Verkehrswegen, auf denen auch flüssiges Eisen vom Hochofen zum Konverter gefahren wird. Es ist der Ort, an dem der Elektrotechnikingenieur Daniel Ketel arbeitet. Ein E-Techniker in einem Stahlwerk? Um das zu verstehen, muss man einen gedanklichen Umweg machen: Für eine Tonne Eisen benötigt man im Hüttenwerk rund 0,5 Tonnen Kokskohle, die das Erz bis zum Schmelzpunkt erhitzt. Dabei werden enorme Mengen Kohlendioxid freigesetzt, die zukünftig vermieden werden sollen. Dabei wiederum spielt Strom eine entscheidende Rolle.

Die riesigen Trafos haben eine Nennleistung von 31,5 Megavoltampere und bleiben – trotz Umrüstung – vorerst in Betrieb.

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think
ING / Michael Bokelmann

Die Planung der Umbauarbeiten findet über weite Strecken am Rechner statt. Häufig alleine – mitunter auch im Team.

PROBLEMLÖSER

Bisher wurde elektrische Energie im Hochofen und den angrenzenden Anlagen jedoch nur für kleine Teilbereiche wie z. B. Brennluftgebläse und Filter eingesetzt. Die hohe Energiedichte von Kohle und Gas war bislang unersetzlich für diese extremen Industrieanforderungen. Mit dem politisch angestrebten Ziel zum grünen Stahl wird Strom auch im Hüttenwerk zum Energieträger der Zukunft. Aber: „Die Anforderungen an die elektrische Infrastruktur, also Kabel, Transformatoren, Schaltanlagen und vieles mehr, der Hütte stammen aus einer Zeit, in der die Energie primär aus fossilen Energieträgern kam. Das elektrische Hüttennetz ist also für den zukünftigen elektrischen Strombedarf massiv unterdimensioniert,“ erklärt Daniel. Und genau das Problem löst er nun.

RICHTUNGSWEISEND

Daniel ist mit seinen Eltern als Kind nach Japan gezogen, ging zur Deutschen Schule Tokyo Yokohama und machte dort schließlich sein Abitur. Auf dem Weg dorthin hatte er zwei wichtige Hobbys: Er war viele Jahre einer der Tontechniker in der Schulaula und programmierte zuhause in diversen Programmiersprachen. Damit stand der Berufswunsch fest – er wollte Tontechniker werden. „Ein Lehrer meinte dann aber, ich soll doch lieber Elektrotechnik studieren, um mich vielleicht später auf Audiotechnik zu spezialisieren, weil die Tontechnik allein thematisch so eingeschränkt sei. Genau so habe ich es dann auch gemacht.“ Aber nicht in Japan, sondern in Deutschland.

ERFAHRUNGSREICH

Daniel schrieb sich an der Universität Duisburg-Essen für International Studies in Engineering ein. Genauer: Electrical and Electronic Engineering. Einige Jahre später wechselte er zur Fachrichtung Computer Science and Communications Engineering. Währenddessen arbeitete er bereits als studentische Hilfskraft in dem Hochspannungs-Prüflabor an der Uni und strebte eine akademische Laufbahn an. Die Jahre vergingen und er reifte zum Laborleiter. Bis eines Tages ein externer Großkunde das Prüflabor betrat und ihm einen Job abseits der Uni anbot. Dass zeitgleich auch Headhunter auf den nunmehr erfahrenen Masterabsolventen aufmerksam wurden, kam hinzu. Sicherlich auch, weil er überdies inzwischen an der Zukunft der internationalen Normung auf dem Gebiet der Hochspannungstechnik mitarbeitete.

ALLUMFASSEND

„Ich überlegte dann und entschied mich letztlich für die Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburg, weil allein die Einführung hier ganz besonders war und ich das Unternehmen einfach spannend finde. Nicht zuletzt meine flexiblen Arbeitszeiten inklusive Homeoffice spielen für mich als Vater von drei Kindern eine wichtige Rolle.“ Nun kümmert er sich u. a. um die Erneuerung von hunderten Kilometern Kabel, durch die die elektrischen Ströme der Zukunft im Hüttenwerk fließen. Obwohl er erst seit 2023 hier tätig ist, leitet er bereits diese Projekte im gesamten Werk –gemeinsam mit sechs Kolleg*innen. Geht es also beispielsweise um den Austausch eines alten Energiekabels, das zukünftig ein Vielfaches der Leistung übertragen muss, fängt sein Job bei der Aufgabenstellung an, reicht über ein sogenanntes Lastenheft, das alle Teilschritte beinhaltet, über die Suche nach passenden Partnern bis zur Inbetriebnahme. Dabei arbeitet er auch mit anderen Ingenieur*innen aus den Bereichen Statik, Elektrotechnik, Maschinenbau und Anlagentechnik zusammen „Ich komme so ziemlich mit jeder Zunft in Berührung, weil ich das Projekt von vorne bis hinten begleite.“

ZUKÜNFTIG

Und so zieht er sich schließlich die Arbeitsschuhe an, den Helm und die Schutzbrille auf und fährt auf den weiten Straßen des fauchenden Werks zum nächsten Projekt. Ein altes Kabel muss weichen, ein viel größeres kommt ans Netz. Bis schließlich der Strom ein neues Industriezeitalter der Stahlherstellung einläutet. Ein grünes. Und Daniel Ketel hat dafür die technische Infrastruktur an den entscheidenden Stellen begleitet.

STECKDOSEN, SCHALTKREISE UND SYSTEME DAS ELEKTROTECHNIKSTUDIUM

Die Elektrotechnik ist ein dynamisches und vielfältiges Studien- und Berufsfeld. Von der Entwicklung intelligenter Netzwerke bis hin zu Anwendungen im Bereich der künstlichen Intelligenz – die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Wir zeigen dir, was genau sich hinter der Elektrotechnik verbirgt und welche Inhalte dich im Studium erwarten.

ELEKTROTECHNIK KURZ UND KNAPP

Was ist Elektrotechnik eigentlich genau? Die Elektrotechnik beschäftigt sich mit der Erzeugung, Übertragung und Nutzung elektrischer Energie sowie mit der Entwicklung elektrischer und elektronischer Systeme. Sie ist eine der wichtigsten Ingenieurwissenschaften und wirkt sich auf nahezu alle Aspekte unseres Lebens aus.

DARUM IST ELEKTROTECHNIK HEUTE SO WICHTIG …

UND WIRD ES AUCH IN ZUKUNFT BLEIBEN

INTELLIGENTE SYSTEME SCHAFFEN

Elektrotechnik bildet die Basis für viele moderne Technologien wie Smartphones, das Internet und Elektromobilität. In unserer digitalisierten Welt sind Elektrotechniker*innen gefragt, um intelligente Systeme zu entwickeln, die Datenverarbeitung und -übertragung in Echtzeit ermöglichen. Mit dem Aufkommen von KI und Automatisierung wird Elektrotechnik auch weiterhin eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung intelligenter Systeme spielen, die in der Lage sind, immer komplexere Aufgaben zu übernehmen.

UMWELTFREUNDLICHE ENERGIEN ENTWICKELN

Elektrotechniker*innen optimieren Systeme zur Stromerzeugung, -verteilung und -nutzung. Eine wichtige Aufgabe ist die Entwicklung von erneuerbaren Energien wie Wind- und Sonnenenergie. Denn die Herausforderungen des Klimawandels erfordern innovative Lösungen zur Reduzierung des Energieverbrauchs und zur Erhöhung der Energieeffizienz. Elektrotechniker*innen tragen daher entscheidend dazu bei, umweltfreundliche Technologien zu entwickeln.

Auch wenn es von Hochschule zu Hochschule ein paar Unterschiede in der Schwerpunktsetzung gibt, stellen wir dir hier die wichtigsten Studieninhalte im Elektrotechnikstudium vor.

GRUNDSTUDIUM

1. BIS 4. SEMESTER

MATHEMATIK

Vertiefte Mathematikkenntnisse, einschließlich Analysis, lineare Algebra und Differentialgleichungen

PHYSIK

Grundlagen der Physik, insbesondere Elektromagnetismus und Mechanik

TECHNISCHE GRUNDLAGEN

Einführung in die Elektrotechnik, Elektronik, Signalverarbeitung und Netzwerktechnik

PROGRAMMIERUNG

Grundkenntnisse in Programmiersprachen und Softwareentwicklung (z. B. C, MATLAB)

PRAKTISCHE ÜBUNGEN

Labore, in denen theoretische Konzepte praktisch angewendet werden

HAUPTSTUDIUM

5. BIS 6. SEMESTER

VERTIEFUNGSFÄCHER

Du kannst spezielle Schwerpunkte wählen, wie z. B. Automatisierungstechnik, Energietechnik, Kommunikationstechnik oder Mikrosystemtechnik

PROJEKTE

Durchführung von Projekten, oft in Gruppen, um praktische Erfahrungen zu sammeln

WAHLFÄCHER

Hier hast du die Möglichkeit, zusätzliche Module aus verwandten Fachbereichen zu wählen, z. B. Maschinenbau oder Informatik

BESTE BERUFSPERSPEKTIVEN

Elektrotechniker*innen sind auf dem Arbeitsmarkt stark gefragt, sodass du nach deinem Studium beste Berufsaussichten hast. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und der Notwendigkeit für innovative Lösungen in verschiedenen Sektoren bleibt die Nachfrage nach qualifizierten Spezialist*innen auch in Zukunft hoch.

ENERGIEERZEUGUNG UND -VERTEILUNG

Konstruktion und Wartung von Stromnetzen, erneuerbaren Energieanlagen, z. B. Wind- und Solarparks, und Energiespeichersystemen.

MEDIZINTECHNIK

Herstellung von medizinischen Geräten, Diagnosetechnologien und Überwachungssystemen.

BAU- UND GEBÄUDETECHNIK

Planung und Installation von elektrischen Systemen, Beleuchtung, Sicherheitssystemen und Smart Building-Technologien.

AUTOMOBILINDUSTRIE

Gestaltung von elektrischen Antriebssystemen, Fahrassistenzsystemen und Infotainment-Technologien.

INFORMATIONSTECHNOLOGIE

Erstellung von Software und Hardware für Computer, Netzwerke und Datenspeicherung.

TELEKOMMUNIKATION

Design und Implementierung von Kommunikationsnetzwerken, Mobilfunktechnologie und Internetdiensten.

INDUSTRIEAUTOMATISIERUNG

Implementierung von Automatisierungslösungen, Steuerungssystemen und Robotik in Produktionsprozessen.

LUFT- UND RAUMFAHRT

Entwicklung von elektrischen und elektronischen Systemen in Flugzeugen und Raumfahrzeugen, einschließlich Navigations- und Kommunikationstechnologien.

VON DER IDEE ZUR REALITÄT –AKTUELLE FORSCHUNGSPROJEKTE IN DER ELEKROTECHNIK

Wenn du wissen möchtest, wie die Zukunft der Elektrotechnik aussehen könnte, reicht ein Blick in die Universitäten und Forschungseinrichtungen. Denn hier wird an den nächsten Innovationen und technischen Durchbrüchen entwickelt und geforscht. Wir stellen dir drei spannende Projekte vor.

Hier zu sehen ist ein Knotenpunkt eines Quantennetzwerks. Während das heutige Internet Informationen in Bits verteilt (entweder 0 oder 1), kann das Quanteninternet Quantenbits verwenden, die gleichzeitig 0 und 1 sein können und eröffnet damit eine Reihe neuartiger Anwendungen.

NACHHALTIGE ENERGIE

DURCH „ENERGY

HARVESTING“

Es gibt bereits viele Forschungsprojekte, die sich mit dem Energy Harvesting, übersetzt dem „Ernten von Energie“, beschäftigen. Beim Energy Harvesting wird versucht, Energie aus der Umgebung zu gewinnen und effizient zu nutzen. Dabei werden natürliche Quellen wie Sonnenlicht, Wärme, Bewegung und Vibrationen genutzt, um elektrische Energie zu erzeugen. Dies funktioniert vor allem für mobile Geräte mit geringer Leistung, wie Smartwatches oder medizinische Implantate. Das könnte den Einsatz von Batterien überflüssig machen oder die Akkulaufzeit verlängern. Energy Harvesting leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Energiewende.

MEHR SICHERHEIT MIT DEM „CYBERSECURITY FOR IOT“PROJEKT

Die IoT Security Foundation (IoTSF) ist eine gemeinnützige Organisation, die sich der Verbesserung der Sicherheit von Internet-of-Things (IoT)-Geräten und -Systemen widmet. IoT-Geräte sind mit dem Internet verbunden und können Daten sammeln, austauschen und empfangen. Dazu zählen Smart Home Geräte, Fitnesstracker, Gesundheitsgeräte

oder auch Maschinen in der Industrie. Die IoTSF erstellt Sicherheitsstandards für Hersteller und Entwickler von IoT-Geräten, arbeitet eng mit Industriepartnern oder Regierungen zusammen und gibt Workshops und Schulungen, um ihr Wissen weiterzugeben.

NEXT GENERATION INTERNET MITHILFE DER „QUANTUM INTERNET ALLIANCE“

Die Quantum Internet Alliance ist ein Zusammenschluss von europäischen Forschungseinrichtungen. Sie hat das Ziel, ein Netzwerk zu entwickeln, das die Prinzipien der Quantenmechanik nutzt, um Daten sicherer und schneller zu übertragen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Netzwerken, die mit klassischen Bits arbeiten, verwenden Quantennetzwerke Qubits. Diese können durch Überlagerung und Verschränkung Informationen effizienter speichern und übertragen. Ein wichtiges Merkmal ist die Quantenkryptografie, die eine sehr sichere Kommunikation ermöglicht. Das Quanteninternet kann Anwendungen in Bereichen wie Finanzen, Wissenschaft und künstlicher Intelligenz revolutionieren und die Zukunft der Kommunikation verändern.

Was studieren?

Du spielst mit dem Gedanken, Elektrotechnik zu studieren, suchst aber noch den passenden Studiengang? Dann schau doch mal in diesen Artikel rein. Hier stellen wir dir spannende Elektrotechnikstudiengänge mit unterschiedlichen Schwerpunkten vor. Ob Automatisierung oder erneuerbare Energien – die Elektrotechnik hält genau das Richtige für dich bereit! s.think-ing.de/studiengaenge-elektrotechnik

THINK ING. @SOCIAL MEDIA

Spannende Einblicke und Geschichten von Ingenieur*innen, Tipps, Termine und Wissenswertes rund um das Ingenieurwesen findest du auf unseren Social-Media-Kanälen und in der think ING. App.

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Herausgeber GESAMTMETALL

Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e.V. Voßstraße 16 - 10117 Berlin

Verantwortliche Leitung Indra Hadeler

Redaktion und Gestaltung concedra GmbH, Bochum

Druck

color-offset-wälter GmbH & Co. KG, Dortmund IMPRESSUM

Alle in dieser kompakt enthaltenen Inhalte und Informationen wurden sorgfältig auf Richtigkeit überprüft. Dennoch kann keine Garantie für die Angaben übernommen werden.

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