5 minute read

Genießen ist Leiden

Next Article
WEITER LESEN

WEITER LESEN

Im Zuge

)

Advertisement

Sunn O)))

Sunn O))) wurden 1998 (und vor ihrem Umzug ins smogverhangene L.A.) in Seattle gegründet, haben aber mit Grunge – der Musik, für die sich die amerikanische Metropole einen Namen gemacht hat; man denke an Nirvana, Soundgarden, Pearl Jam und Alice in Chains – wenig gemein. Im Gegensatz zur schlodderigen Melancholie setzen die beiden Gitarristen Stephen O’Malley und Greg Anderson auf die kongeniale Dualität von Lautstärke und Langsamkeit allein, verzichten auf jedwedes Pipifax-Potpourri und reduzieren den Heavy Metal auf seine absolute Essenz: ein zermalmendes Riff, das bis zur Absurdität und darüber hinaus ausgedehnt wird. Schlagzeug braucht es dazu keines, und auch Gesang sucht man über weite Strecken vergeblich. Die Radiotauglichkeit tendiert gegen: Null. Aber für ein handelsübliches Metal-Festival sind sie mit ihrem kathartischen Lärm auch zu jenseitig, zu artifiziell. In den zweieinhalb Jahrzehnten seit ihrer Gründung hat sich wenig geändert – sie musizieren in der festen, ja: statischen Kern-Besetzung aus O’Malley und Anderson (mit pointiert gesetzten Gästen, darunter Attila Csihar von Mayhem, Boris, Ulver oder auch Anna von Hausswolff) und sind stringent seit ehedem mit das Härteste, was man nicht nur seinen Ohren, sondern seinem ganzen Körper zumuten kann. Wie auch der Himmelskörper, mit dem sie sich den Namen teilen, üben sie dabei aber eine enorme Anziehungskraft aus, während ihre Klangwellen mit ungebändigter Energie in die Umlaufbahn lodern. Aber: Was macht den Zauber tatsächlich aus?

Heavy Metal war immer schon avantgardistisch, auch wenn dies ein Genre-Charakteristikum ist, das selten in den Vordergrund gerückt wird. Während die Kakophonie von etwa Venom, Napalm Death, Mayhem oder Carcass zu ihren Frühzeiten von einem Gros verachtet und lächerlich gemacht wurde, sind kanonische

Künstler wie sie immer schon unglaublich progressiv, mit ihrer klanglichen Extremität Vordenker der Musikgeschichte gewesen.

Und so auch Sunn O))): Sie loten seit Anbeginn ihrer Karriere unbeirrbar die Grenzen des Möglichen aus, versuchten die Authentizität einer aus dem Klang eruptierenden Katharsis bis hinauf zum Exzess zu peitschen. Dazu gehörte es auch schon einmal, dass für das Album „Black One“ der selten eingesetzte Gesang auch schon mal aus den Untiefen kam: Sänger Malefic wurde für die Aufnahmen des Stückes „Báthory Erzsébet“, eine Hymne an die berüchtigte Blutgräfin, in einen Sarg verfrachtet und begraben. Und das, obwohl er an Klaustrophobie leidet. Extrem allein zu sein reicht freilich nicht aus. Im besten Falle ist Musik ja nicht nur ein beiläufiges Gedudel, sondern erweckt tief im Hörer bedeutungsschwangere Emotionen, wirkt also auf das Glücksareal im Hirn nicht unähnlich wie Schokolade, Sex oder Drogen – und da ist zweifelsohne die Musik die vielleicht gesündeste und an Nebenwirkungen ärmste Stimulanz. Irgendwo zwischen Erregung und Spannung nistet sich hier das Lustempfinden ein, als Resultat sind nicht selten Gänsehaut, Tränen, Flattern in der Magengegend oder Herzrasen zu vermelden. Töne dringen weit in die Tiefen der menschlichen Seele vor, gerade dröhnende oder schrille Klänge, überraschende Wechsel oder dissonant aufheulende Melodien erhöhen in ihrer Bedrohlichkeit den Herzschlag, noch bevor wir bewusst darüber nachdenken – und ziehen den geneigten Hörer somit hinein in einen spannungsgeladenen Mahlstrom, der ähnlich wie ein Kirchengang oder Meditation transzendente Gefühle erwecken kann. Es ist auffällig, dass gerade Künstler, die ihre Verstärker bis zum Anschlag hochjagen und gleichzeitig ein Wechselbad der Gefühle musikalisch und gerne repetitiv doppeln, aus Belanglosigkeit Bedeutsamkeit werden lassen. Man denke an den alten Zausel Neil n Sunn O))) gastieren mit Kali Malone in Vorprogramm am 18. September in der Arena.

Young, der auch einmal minutenlang Feedback auf Feedback durch den Verstärker jagen kann. Oder an die Swans, die atonale, krachige Momente in repetitiven Stoizismus ausbreiten, sodass sich der Boden des Konzertsaals zu einem abgründischen Klangteppich wandelt. Oder an Low, bei denen schwelgerische Passagen tiefer Harmonie auf eine exzessive Dekonstruktion der Klänge treffen. Und eben schließlich Sunn O))), die das Fundament gleichermaßen wie das Firmament erzittern lassen, wenn sich ihre schweren, mächtigen, dunklen Sub-Bass-Frequenzen ausbreiten und nicht nur die Ohren, sondern auch die Köpfe und den gesamten Körper umhüllen und die lang stehenden Töne zu Vibrationen zerfallen, die einander überlagern und schließlich tonnenschwer leibhaftig auf den Brustkorb drücken, dass gern auch einmal Atemnot herrscht. Aber nicht bloß klanglich entführen Sunn O))) in transzendentale Welten. Wenn O’Malley und Anderson auf der Bühne stehen, umschlingt sie eine Wand aus Verstärkern, sie selbst sind in Mönchskutten gewandet und von Nebelschwaden aus Trockeneis umhüllt. So rekonfigurieren sich ihre Auftritte zu Ritualen, mit einer durch die Halle wabernden Spiritualität, die in ihrer Nebulösität durch sämtliche Poren kriecht – ihre Konzerte sind also vielmehr eine Flagellation einer Generation, die vom militanten Atheismus geprägt ist. Ja, wenn man unvorbereitet über Sunn O))) stolpert, überfordert der Druck, die Lautstärke, die Vibration. Doch lässt man sich auf das Erlebnis wagemutig ein, erfährt man etwas, das der Psychoanalytiker Jacques Lacan „jouissance“ nennen würde – eine unmittelbare Befriedigung. Immerhin wusste auch schon der slowenische Philosoph Slavoj Zizek: „Genießen ist Leiden.” La Petite mort.

PAWLATSCHEN

Di. 6.6. - 19:30 Uhr

ANDY LEE LANG & WERNER AUER

Mo. 12.6. - 19:30 Uhr

FLO & WISCH

Di. 13.6. - 19:30 Uhr

JOESI PROKOPETZ

Mi. 14., Do. 15 ., Sa. 17. & So. 18.6. - 19:00 Uhr

THE STORY OF JAZZ

Di. 20.6. - 19:30 Uhr

GEORG DANZER UND VIELES MEHR!

Mi. 21.6. - 19:30 Uhr

MARIO BERGER

Do. 22.6. - 19:30 Uhr

KERNÖLAMAZONEN

Sa. 24., Fr. 30.6. & Sa. 1.7. - 19:30 Uhr

20 JAHRE

GRIECHISCHES GARTENFEST

Mi. 28.6. - 19:30 Uhr

THE UNTOUCH ABLES

Do. 29.6. - 19:30 Uhr

WIZARDS OF BLUES

TICKETS

Das FamilienMusical

SALZBURG, 17.06., 18:00 Uhr

STEYR, 18.06., 14:00 Uhr

KLAGENFURT, 01.07., 18:00 Uhr

WELS, 07.07., 19:00 Uhr

EISENSTADT, 08.07., 18:00 Uhr

ALTMÜNSTER, 13.08., 19:30 Uhr

WIEN, 30.09., 15:30 Uhr

GRAFENEGG, 14.10., 15:30 Uhr

JETZT TICKETS SICHERN!

WWW.PAULINE-MUSICAL.ORG

Altes Hallenbad & Reichenfeld Feldkirch Vorarlberg

Xavier Rudd

Haiyti

Danger Dan

Peaches

Symba Gentleman

Gretel Hänlyn

Helge Schneider

Heaven Shall Burn

Kruder & Dorfmeister

The Black Angels

The Gardener & The Tree

Sudan Archives

Poolbar

Anger

Bilal

1000Mods

Lalalar

Frittenbude

Sharktank

Digitalism

Porridge Radio Dives

Benjamin Amaru

Ferge X Fisherman

Mayberg

Ernst

Bleed from Within

Philine Sonny Acid King Yukno

Charlie Cunningham

Oddisee & Good Company

Fotos: Foto Ennevi, Universal Music, Hersteller

Der Plattenl Sterer

Die besten, größten und wundervollsten Alben der Musikgeschichte: nach fast einhelliger Kritiker-Meinung sind sie in Stein gemeißelt. Aber sind sie das wirklich? Ich finde nicht. Wie zum Beispiel „Powerslave“ von Iron Maiden. Bevor hier zu Fackeln und Mistgabeln gegriffen wird: ich liebe und schätze Iron Maiden über alles, und das schon seit das unterschätzte „Seventh Son of a Seventh Son“ gerade in den Charts war! Schließlich waren es auch die Mannen um Bandleader Steve Harris, die mich zum langen Haupthaar inspirierten. Anyway: Schon bald nach der Erweckung durch die britischen Metal-Götter also arbeitete ich mich damals durch ihren Katalog, gemeinsam mit anderen flaumbärtigen Mopedfahrern. Dabei wurde mir immer wieder (bis heute!) „Powerslave“ als das ultimative Machwerk unter die Nase gerieben. Und immer noch wählt jeder zweite Musikjournalist den 84er Longplayer an die Spitze. Warum? Gut, „Aces High“ und „2 Minutes to Midnight“ ist ein amtlicher Start, und das epische „Rime of the Ancient Mariner“ ein sensationelles Mini-Opus, aber dazwischen ist mir zu viel moreof-the-same. Darüber hinaus ist mir das Album auch zu glatt und flach produziert und lässt ein wenig die Wucht und den Rotz der Vorgänger vermissen. Ganz speziell vom wahren Meisterwerk „The Number of the Beast“. Dieses Album, übrigens das erste mit Bruce Dickinson am Mikro (und das letzte mit Clive Burr am Zeugl), setzte mit dem Titeltrack sowie „Run to the Hills“ und „Hallowed be Thy Name“ den Goldstandard nicht nur für alle folgenden Maiden-Alben, sondern für Heavy MetalProduktionen generell. Damals auf Vinyl zwar alles erst auf der B-Seite zu finden, aber auch heute als Deep Cuts gehandelte A-Tracks wie „22 Acacia Avenue“ sind sensationell, erst recht live. Apropos live: man muss „Powerslave“ fairerweise zugutehalten, dass die nachfolgende 189 Konzerte lange

„World Slavery Tour“ damals nicht nur sämtliche Rekorde brach, sondern mit dem Live-Dokument

„Live After Death“ auch eines der besten Live-Werke überhaupt möglich machte. Up the Irons!

This article is from: