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TOURISMUSMAGA ZIN | AUSGABE 06/12 | WINTER 2012/2013
ERFOLGSMODELL
© BERNHARD AICHNER
Wo liegen die Stärken des Tiroler Tourismussystems, wo seine Schwächen?
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3 StiCHWort saison
Zwischenruf
„Man profitiert als Region von der Marke Tirol.“ Martin Tschoner, nsee Tourismusdirektor des TVB ache
ERFOLGSMODELL TIROLER TOURISMUS? Zum Erfolgsmuster des Tiroler Tourismus „Rein auf Gewinn und Mammon zu setzen, verdirbt den Charakter einer Region.“ Markus Kofler, GF alpbachtal seenland Tourismus
„Größte Bedeutung hat ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehen aller touristischen Leistungsträger.“ Oliver Schwarz, GF Ötztal Tourismus
Der Blick von außen
„Die Tiroler Strategie, weg von kleinen Tourismusverbänden, hin zu großen regionalen Verbünden, ist sicherlich goldrichtig.“
„Kontinuität und Investition sind aus meiner Sicht die zwei wichtigsten Faktoren. Wenn man sich erfolgreiche Destinationen anschaut, sind dort sehr oft seit Jahrzehnten dieselben Köpfe in führenden Positionen tätig.“ Gernot Riedel, GF Kitzbüheler alpen
Urs Zenhäusern, ehemaliger Direktor von Wallis Tourismus Generalversammlung
Der Blick von innen
„Es ist werblich unbeeinflussbar, ob der Durchreisende den Polizisten als freundlich oder unfreundlich empfindet oder ob Tiroler Händler zu überhöhten Preisen verkaufen.“ Andreas Braun, langjähriger Direktor der Tirol Werbung
Zahlen, bitte! im Tirol Tourism Board sind mit je drei Sitzen der Verein der Tiroler Tourismusverbände, das Land Tirol sowie die Wirtschaftskammer vertreten, außerdem auch die Tirol Werbung mit Geschäftsführer Josef Margreiter.
Tirol Tourism Board
Verein Tirol Werbung Vorstand
STRATEGISCHE EBENE
OPERATIVE EBENE
Geschäftsleitung
Tirol Werbung GmbH
Generalversammlung
Zum Tirol Tourism Board „Das TTB ist nicht nur ein Gremium für die Tirol Werbung. Ich sehe unsere Aufgabe als Think Tank für den Tiroler Tourismus.“
„Unser gemeinsames Ziel ist es, die Synergien zwischen Tirol Werbung und Tiroler Tourismusverbänden zu steigern.“
„Wir müssen im verstärkten Wettbewerb die Kräfte bündeln.“
Franz Tschiderer, TTB-Vorsitzender
Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung
Günther Platter, Landeshauptmann
4 EDiToRiaL
Im Netz der Konsumenten
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igitale Kommunikationsrevolution, ECommerce, online shopping – unendlich viele schlagworte beschreiben ein Phänomen, das die Wirtschaft und deren Vertriebs- und Verkaufswege längst dominiert. Das netz ist zum umfassend bestimmenden Markplatz der modernen Konsumwelt avanciert. im internet wird geredet, bewertet, gekauft – die smart shoppers der always-on-Generation, die gleichzeitig nach Preisvorteilen und Qualität trachten, haben ihre augen und ohren überall. Gerade Urlaubsdestinationen lassen sich bestens vergleichen, informationen können in sekundenschnelle abgerufen werden und wo immer der beste Preis für die gesuchte Leistung zu finden ist, dort fällt auch der Zuschlag. indizien für das rasante Wachstum im E-Commerce lassen sich laufend finden. so meldeten etwa Us-Marktforscher vor wenigen Tagen, dass der Us-Einzelhandel wenig berauschend in das Weihnachtsgeschäft gestartet sei, hingegen die E-Commerce-Umsätze mit über 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen seien und erstmals der E-Commerce-Umsatz eines einzigen Tages die Milliardengrenze knackte.
Jede zweite Buchung online.
Kein Wunder also, wenn auch Tourismus-Experten immer lauter auf die Bedeutung für die touristischen anbieter hinweisen. Mehr als 50 Prozent der österreichischen Hotels würden nach wie vor auf effiziente Vermarktung im internet verzichten, obwohl bald jede zweite Buchung online durchgeführt werde. Und während die Masse der einzelnen anbieter direkte Buchungen verlieren, punkten große Buchungsplattformen mit Millioneninvestitionen in die suchmaschinenoptimierung, mit Preisschnäppchen auf Basis der von den Hoteliers zur Verfügung gestellten Bestpreisgarantien und mit dem zugesicherten Recht, mit den jeweiligen namen der Hotels aktiv Werbung machen zu dürfen. Vorbilder innerhalb der heimischen Hotellerie und Gastgeber widersetzen sich diesem allgemeinen Trend erfolgreich und gewinnen mit professioneller E-Commerce-strategie mit Fokus auf einem starken Direktvertrieb. intensiv geschulte Verkaufsabteilungen, aktive selbstvermarktung und interaktive Kommunikation auf der eigenen Website sind dabei selbstverständlich. Doch eigenständige Vertriebsstrukturen sind im Gegensatz zur industrie im heimischen Tourismus die ausnahme, wissen Fachleute. Die ernüchternden
Erfahrungen regionaler Reservierungszentralen gerade auch in Tirol bestätigen diese Entwicklung: Vermieter – so heißt es – seien hier in erschütternd geringem ausmaß bereit, ihre besten Konditionen und attraktivsten Kapazitäten zur Verfügung zu stellen. Wen darf es also wundern, wenn sich die findigen smart shoppers in ihrem netz Klick für Klick weg von der Direktbuchung des Wunschhotels entfernen und stattdessen den Bestpreis auf der anonymen, aber „günstigen” und funktional perfektionierten Buchungsplattform vorziehen?
Effektiv handeln.
Tirols Tourismus muss aus all diesen Entwicklungen nicht nur rasch lernen – sondern effektiv handeln. nicht zuletzt durch die Gründung von Tiscover, durch die Etablierung der Fachkonferenz EnTER, die den digitalen Entwicklungen immer Jahre voraus war, hat Tirol gerade auf diesem Gebiet Kompetenz. Der selbstbestimmte, wertschöpfungssichernde absatz der angebote muss das gemeinsame Ziel der Tiroler Tourismuswirtschaft sein. Ratenparität, bei der die Unterkünfte den Endkunden auf allen genutzten Vertriebskanälen die gleichen Zimmerpreise anbieten, aber auch die professionelle Mitarbeiterschulung im E-Commerce muss selbstverständlichkeit für die Hoteliers sein. auch der aktuelle Relaunch unserer Website tirol.at ist den neuen Bedürfnissen der internet-Generation angepasst – mit umfassender informationskompetenz und dem anspruch bester regionaler Reiseführer Europas zu sein, soll die Destination Tirol unter dem Motto „Content is king” überzeugen und zur Kaufentscheidung hinführen. Doch übergeordnet ist eine gemeinsame E-Commerce-strategie für die Tiroler Tourismuswirtschaft ein Gebot der stunde. Wie können sich die anbieter auch im digitalen Handelsraum besser positionieren, wie bilden wir effektive wettbewerbsfähige Kollektive auf Destinationsebene? Mit diesem brennenden Thema beschäftigen wir uns bereits im neuen Tirol Tourism Board. Damit zeigt sich auch wie sinnvoll und praxisnah der Zusammenschluss der Tiroler Regionen rund um die Tirol Werbung gestartet wurde. Denn die Tatsache ist unbestritten: Wenn Tirols Tourismus wieder zeitgemäße, gemeinsame und vor allem selbstbewusste strategien im netz entwickeln kann, dann werden sich auch betriebliche Fähigkeiten und Chancen sowie gemeinsame Präsentations- und Verkaufsbedingungen im internet verbessern. Was jetzt zählt, ist wieder einmal der Weitblick, um zu sehen, wohin die Reise geht! ×
JosEF M aRG REiTER , DiREK ToR TiRoL WERBUnG
5 editorial saison
Gerade Urlaubsdestina tionen lassen sich bestens vergleichen, Informationen können in Sekundenschnel le abgerufen werden und wo immer der beste Preis für die gesuchte Leistung zu finden ist, dort fällt auch der Zuschlag.
Während die Masse der ein zelnen Anbieter direkte Bu chungen verlieren, punkten große Buchungsplattformen mit Preisschnäppchen und dem zugesicherten Recht, mit den jeweiligen Namen der Hotels aktiv Werbung machen zu dürfen.
Tirols Tourismus muss aus all diesen Entwicklungen nicht nur rasch lernen – sondern effektiv handeln. Der selbstbestimmte, wert schöpfungssichernde Ab satz der Angebote muss das gemeinsame Ziel der Tiroler Tourismuswirtschaft sein.
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7 INHALT SAISON
SKIFAHRERNATION AM SCHWARZEN MEER
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„MAN SOLLTE WISSEN, WAS MAN TUT“
34 ZEHN JAHRE BERG.WELTEN
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© TVB MAYRHOFEN, PROHOLZ TIROL / HOTEL AROSEA , MICHAEL NAJJAR , DMAA , GERHARD BERGER (2)
MUSIZIEREN IM GRÜNEN, ZWEITER AKT
DIE KÖNIGIN DER ALPEN KEHRT ZURÜCK „DIE MARKE TIROL IST EIN RIESENVORTEIL“
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30 THEMA: ERFOLGSMODELL TIROLER TOURISMUS? 8
Das Tourismussystem wird (er)wachsen Ein Essay von Stefan Kröll über ungeregelte Verhältnisse und geordnete Spielkultur
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Think Tank mit Lust auf Entwicklung Wohin geht die Reise beim Tirol Tourism Board?
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„Die Marke Tirol ist ein Riesenvorteil“ Martin Tschoner, Direktor des TVB Achensee, über Stärken und Schwächen des Tiroler Tourismussystems
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Kein Urlauber kauft eine Destination Hinter der Marke steckt ein komplexes System, das über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet.
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Qualität, Kontinuität, Konsequenz Gibt es das Muster für den touristischen Erfolg?
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„Man sollte wissen, was man tut“ Andreas Braun im Gespräch
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„Tirol hat viel bewegt“ Der Blick von außen: Tourismusexperten aus Deutschland und der Schweiz über das Tiroler Modell
MAGAZIN 30
Zehn Jahre Berg.Welten Der Reisejournalisten-Wettbewerb feierte einen runden Geburtstag.
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„Ein potenzieller Urlaubsgast Christine Stelzer, Leiterin des Convention Bureau Tirol, im Interview
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Skifahrernation am Schwarzen Meer Reisemarkt Rumänien im Porträt
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„Die Gäste sensibilisieren“ Zum Saisonauftakt: Interview mit Peter Veider, Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung
40
Die Königin der Alpen kehrt zurück Lange Zeit galt die Zirbe als unmodern, doch nun erlebt sie eine Renaissance.
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Übers Zillertal in die Welt „Stille Nacht”: Wie man im Zillertal das Jubiläumsjahr 2018 begehen will.
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Musizieren im Grünen, zweiter Akt In wenigen Tagen bieten die Erler Festspiele erstmals Musikgenuss im Winter.
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Kommentare
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Nachgefragt
IMPRESSUM SAISON – Tourismusmagazin, Nr. 6/2012 (64. Jahrgang)
SAISON-Abohotline: 0512/58 60 20
HERAUSGEBER: Tirol Werbung, Maria-Theresien-Straße 55, 6020 Innsbruck • MEDIENINHABER UND VERLEGER: target group publishing GmbH – Zielgruppen Verlag, Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck • CHEFREDAKTEUR: Matthias Krapf • REDAKTION: Mag. Sylvia Ainetter, Steffen Arora, Mag. Sonja Kainz, Mag. Jane Kathrein, Esther Pirchner, Ernst Spreng • AUTOREN: Ernst Molden, Alois Schöpf • FOTOGRAFEN: Gerhard Berger, Emanuel Kaser, Franz Oss • LAYOUT: Marco Lösch • ANZEIGENVERKAUF: Thomas Pilgram, t.pilgram@zielgruppenverlag.at • ANSCHRIFT VERLAG: Karl-Kapferer-Straße 5, 6020 Innsbruck, Tel. 0512/58 6020, Fax DW -20, redaktion@zielgruppenverlag.at • GESCHÄFTSFÜHRUNG VERLAG: Mag. Andreas Eisendle, Michael Steinlechner • DRUCK: Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten. Die Informationen zur Offenlegung gemäß § 25 MedienG können unter der URL www.zielgruppenverlag.at/impressum abgerufen werden.
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Tirols Tourismussystem wird (er)wachsen Mit der Fusionswelle von vormals 257 Tourismusverbänden zu 34 Destinationen und dem aktuellen Zusammenrücken der Regionen mit der Tirol Werbung rund um das Tirol Tourism Board hat sich das Kräfteparallelogramm im Tiroler Tourismus nachhaltig verändert. Erfolgreiche Einzelkämpfer finden sich in neuen Netzwerken wieder. Auf dem Weg der Tourismuswirtschaft in die Beziehungswirtschaft müssen nun aus oftmals ungeregelten Verhältnissen erwachsene Verbindungen mit geordneter Kooperationskultur entstehen. E I N E S S AY V O N S T E FA N K R Ö L L
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ie Erfolgsgeschichte des Tiroler Tourismus ist gespickt mit Pionierleistungen. Mit Mut und Weitblick, aber wohl auch aus Mangel an Alternativen erschlossen Visionäre in unseren Tälern Berge, antizipierten die Chancen, die der Tourismus dem Land boten, erzeugten auf Basis der reizvollen Naturlandschaft Anziehungskraft für Reisende aus aller Welt, die hier die gastfreundliche Gegenwelt zum Alltag finden. Die Resonanz, die man erzeugte, stachelte an, beflügelte den touristischen Wettbewerb und permanenten Eifer, den jeweils anderen zu übertrumpfen. So entstanden Leuchtturmprojekte aufgrund unternehmerischer Einzelleistungen, die ganze Landstriche prägten. Urlaubsregionen mit internationalem Klang waren die Folge, Ortsnamen wie St. Anton am Arlberg, Kitzbühel oder Seefeld wurden zu Magneten der alpinen Freizeitkultur. Das Streben nach Individualität beförderte naturgemäß aber auch den Egoismus unter dem Motto „besser, schöner und schneller sein zu wollen“. Aber
ohne diese Eigenschaft hätte Tirol wohl nie seinen Erfolg als Tourismusland Nr. 1 der Alpen über Jahrzehnte manifestieren können. Das vielbeklagte „Kirchturmdenken“ im Tourismus ist Ausfluss dieser Entwicklung und fand allzu oft seine gleichermaßen vielbeschriebene wie -belächelte Ausprägung im nächtlichen Ausspionieren der Speisekarten benachbarter Gasthäuser.
Vom Ego- zum Ecosystem. Nicht zuletzt die – sinnvollerweise von der Politik forcierte – Fusionswelle, die 257 Tiroler Tourismusverbände zu 34 schlagkräftigen Destinationen zusammenschmolz, erschütterte diese etablierte Ego-Kultur, die sich auch angesichts des verschärften internationalen Wettbewerbs ad absurdum führte. Die Erfolgsmuster jener Tiroler Regionen, die im touristischen Kontext heute tatsächlich wirtschaftlich prosperieren und nachweislich eine positive Wertschöpfung erzielen, sind in der Nachbetrachtung klar zu sehen. In diesen Regionen gelang – bewusst oder unbewusst
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TIROL
Wertschätzende Kooperation.Tirols Touristiker sind über diesen Verdacht erhaben. Zu positiv sind – neben den eingangs beschriebenen Wettbewerbsegoismen – die Auswirkungen, der bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts spürbaren Einsicht zum Gemeinsamen. Alois Schöpf schreibt dazu in dieser Ausgabe der Saison auf Seite 49: „Man begriff damals bereits, dass Tourismus nur erfolgreich betrieben werden kann, wenn er Ausdruck eines kollektiven, einheitlichen Willens zur Gastlichkeit ist.“ Wie nie zuvor wird der Tiroler Tourismus in der Gegenwart zur Beziehungswirtschaft, deren Spielregeln zu beherrschen sind. Kooperation ersetzt dabei den energieverschwendenden internen Verdrängungswettbewerb, Eitelkeit wird störendes Etikett. Dominanz des einen über den anderen Partner hätte keinen Platz. Denn echte wertschätzende Kooperation
hat sehr viel mit Beziehungsfähigkeit zu tun, nichts aber mit Manipulation. Die Ausgangslage für das neu entstehende Tiroler Tourismusgeflecht könnte dabei besser nicht sein. Einerseits treffen bei der Neuordnung dieses Systems mit den Regionen und der Tirol Werbung Erfolgsmuster zusammen, die es nun zu harmonisieren und zu verstärken gilt. Andererseits kennen die verantwortlich handelnden Personen die Spielregeln funktionierender Kooperationen ganz genau. Naturgemäß werden Fragen zu stellen sein und in Folge klare Antworten die Ziele und Regeln der Zusammenarbeit bestimmen. Die Fragen dabei lauten immer: Wer kann an welcher Stelle den größtmöglichen Nutzen stiften? Welche Kompetenzen können wo am besten entfaltet und für die Gemeinschaft eingebracht werden? Was kommt dabei heraus, das wir – jeder für sich – nicht so gut schaffen würden? Kooperation ist ein evolutionäres Prinzip. Man legt zusammen, und aus eins plus eins wird drei.
Wie nie zuvor wird der Tiroler Tourismus in der Gegenwart zur Beziehungswirtschaft, deren Spielregeln zu beherrschen sind. Bei allen Erfolgen der Regionen muss die Tirol Werbung, deren Leistungen zu Recht weit über die Grenzen vielbeachtet werden, zentrale Aufgaben übernehmen. Dass diese Rolle vorbildlich mit Weitsicht und stets im Landesinteresse wahrgenommen wird, belegen die vielen Erfolgsbeispiele der Vergangenheit. Nur ein einziger Beleg sei aufgerufen: Die erfolgreiche strategische Etablierung der Marke „Tirol“, welche vor 15 Jahren professionell startete und damals vielfach unverstanden blieb, ist heute unbestrittener Wettbewerbsvorteil aus dem jeder Unternehmer und jeder touristische Anbieter des Landes seinen individuellen Nutzen ziehen kann. Beziehungen sind keine leichte Sache, das meint auch Wolf Lotter, wenn er im Schwerpunktheft „Beziehungswirtschaft“ im Wirtschaftsmagazin brand eins (07/2010) dominierende schlampige Verhältnisse beklagt: „In Sachen Beziehung stecken die meisten in der Pubertät. Und deshalb funktioniert sie oft noch nicht, die richtige Beziehung, bei der aus eins plus eins drei werden könnte.“ Ganz in diesem Sinn ist dem wachsenden Tiroler Tourismussystem an dieser Stelle der naturgemäß emotionsgetriebene Sprung von der Adoleszenz ins entspannte Erwachsensein zu wünschen. ×
ZUR PERSON Mag. Stefan Kröll war als Unternehmenssprecher zwischen 1998 und 2003 für den Bereich PR in der Tirol Werbung verantwortlich. Der gelernte Journalist gründete zusammen mit der APA – Austria Presse Agentur – den internationalen Vertriebskanal Tourismuspresse und ist seit 2003 als geschäftsführender Gesellschafter der auf Tourismuskommunikation spezialisierten Agentur pro.media kommunikation tätig.
© PRO.MEDIA
– der Umstieg vom Ego- zum Ecosystem, einem System das die Spielregeln der Natur zum Vorbild nimmt. Funktionstüchtigkeit und Erfolg eines Ecosystems sind immer durch vertrauensvolle Wechselbeziehungen bestimmt – es ist ein System, das hochgradig auf Zusammenarbeit ausgelegt ist, eine komplex orchestrierte Gemeinschaft. Im Rahmen einer Geschäftsvision erzeugt es ein partnerschaftliches Umfeld, in dem die Stärke der Gruppe deutlich größere Verbesserungen hervorbringt, als ein einzelnes Unternehmen dies jemals erreichen könnte. Auf dieser Basis entstanden in den vergangenen Jahren schlagkräftige Tiroler Tourismusdestinationen von internationaler Reputation, die nun selbstbewusst ihre Rolle im Tiroler Tourismussystem neu definieren. In diesem Sinne ist es nur folgerichtig und nachhaltig, wenn man nach der Fusionswelle die Erfahrungen, das Wissen vor Ort stärker mit einbeziehen will und die Tirol Werbung mit den 34 Verbänden im neuen Tirol Tourism Board näher zusammenrücken. Es sollte dabei gelingen, die positiven regionalen Erfahrungen nun auch auf Landesebene mit Umsicht zu implementieren, ohne spezifische Herausforderungen und Problemlagen der eigenen Destinationsentwicklung, die vielfach unterschätzt werden, durch Ersatzmanöver in Innsbruck zu verdrängen. Mit Sicherheit bleibt in diesem Zusammenhang kein Platz für einen Rückfall in das Zeitalter der Egoismen rund um Fragen, wer nun in Zukunft wen dominieren könnte. Der Vergleich mit erfolgreichen Fußballmannschaften liegt nahe: Meist sind es am Ende doch fein und motiviert abgestimmte, kollektive Mannschaftleistungen, die über Teams gespickt mit Spitzenspielern mit Tendenz zu Starallüren triumphieren. Warum sich vermeintliche Stars oft nicht in ein Kollektiv einfügen lassen, wurde mit eindeutigem Ergebnis untersucht: Wo es Menschen über die Maßen gut geht, ohne dass sie die Gründe dafür klar erfassen – also den Kontext zu ihrem Wohlstand verloren haben – blüht der Eigennutz. In solchen Systemen, das hat Paul Watzlawick schon in den siebziger Jahren gezeigt, ist die Bereitschaft zur echten Kooperation gering. Der vorherrschende Typ ist der Nörgler, Neider, der Überhebliche, einer, der sich – und andere – nicht leiden kann. Kooperation ist in dieser Welt wie Kapitulation. Eine Niederlage.
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TIROL
© TIROL WERBUNG
Gemeinsam. LH und Tourismusreferent Günther Platter, Serfaus-Fiss-Ladis-Obmann Franz Tschiderer (li.) sowie WKO-Spartenobmann Harald Ultsch (re.) freuen sich über das Zusammenrücken der touristischen Partner in Tirol.
Gipfeltreffen. LH Günther Platter mit den Obleuten des Tirol Tourism Board , Franz Tschiderer und Harald Ultsch (r.)
„Wir sind keine zusätzliche bürokratische Instanz. Es geht um konkrete strategische Umsetzungen.“ FRANZ TSCHIDERER, VORSITZENDER DES TTB
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Think Tank mit Lust auf Entwicklung Im Juni dieses Jahres wurde das Tirol Tourism Board (TTB) als neues Gremium vorgestellt. Zum Obmann wurde Franz Tschiderer gewählt. Sein Motto: miteinander diskutieren, aber auch umsetzen. DA S INTERVIEW FÜHRTE ERNS T SPRENG .
Was wurde bisher getan? Wir sind gerade erst gestartet. Wir sind kein Gremium, das sich nur zum Diskutieren triff t, sondern wir werden die Maßnahmen nach der Entscheidungsfindung auch umsetzen. Die Rolle als Think Tank erkennt man am besten daran, dass wir bereits einen Fachausschuss gebildet haben, der sich mit den Themen „Struktur und Innovation“ beschäftigt. Hier setzen wir uns mit neuen Möglichkeiten im Vertrieb, der Angebotsentwicklung oder mit der Frage, ob wir in Tirol ein Forschungsdefizit haben, auseinander. Es geht also um mehr, als die Marketingstrategie der Tirol Werbung festzulegen? Das TTB ist ein Organ der Tirol Werbung. Wenn man konkret die Marketingstrategie anspricht, so wird diese in Abstimmung mit dem TTB bestimmt. Hier haben wir das letzte Wort. Wir sind dabei keine zusätzliche bürokratische Instanz. Vielmehr geht es um die strategische Ausrichtung und um die Abstimmung aller
Tiroler Aktivitäten, welche die Marke Tirol beeinflussen. Und: In der Markenbotschaft Tirols sollen sich alle Tiroler Tourismusverbände wiederfinden. Ich finde es spannend, dass sich die Partner der Tirol Werbung – also Land und Wirtschaftskammer – im Grunde zurücknehmen und die Entscheidungen einem Fachgremium überlassen. Welche Rolle spielen in der gemeinsamen Markenbildung die Regionen? Die Marke Tirol definiert sich mit „Kraft in alpiner Lebensqualität“. In dieser Botschaft soll sich jeder wiederfinden. Es ist Zeit, gemeinsam Leistung und Botschaft Tirols zu definieren. Die Regionen sind hier gefordert, ihre Leistungsdefinitionen voranzutreiben. Es ist sicher Aufgabe des TTB, dafür zu sorgen, dass die einzelnen Tourismusverbände die Marke Tirol mittransportieren, um ihre eigene Kompetenz so noch einmal zu verstärken. Hier wurde bereits viel Vorarbeit geleistet. Den Regionen ist dieses Wechselspiel bewusst. Was wird sich für die Tirol Werbung durch das TTB ändern? Wir haben mit unserer
Arbeit gerade erst begonnen, das bitte ich zu beachten. Aber: Die Tirol Werbung wird weiterhin die Marke Tirol führen. Das hat sie bisher gut erledigt. Die Marke wurde hochwertig positioniert. Das muss beibehalten werden. In ihrer Rolle als Dach für Marketingkampagnen muss man zwei Dinge unterscheiden: Die großen Tiroler Regionen brauchen im Bereich des Marketings vermehrt eine projektbezogene Zusammenarbeit mit der Tirol Werbung für große Projekte, die man allein nicht umsetzen kann. Bei den kleineren Tourismusverbänden muss die Tirol Werbung nach wie vor als Kampagnenführer auf den Märkten auftreten. Im Marketing können sich also in Zukunft durchaus die Schwerpunkte verändern. Der dritte Punkt ist, dass sich die Tirol Werbung noch mehr als Kompetenzzentrum für den Tiroler Tourismus positionieren muss. Beispiele sind hier die Marktforschung oder große Events. Die Tirol Werbung als Kompetenzzentrum, auf das man zugreift, wenn man Hilfe braucht – das ist sicher ein Ziel. Vielen Dank für das Gespräch.
„Die Tirol Werbung wird weiterhin in bewährter Weise die Marke Tirol führen.“ FRANZ TSCHIDERER, VORSITZENDER DES TTB
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© TVB SERFAUS-FISS-LADIS
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AISON: Herr Tschiderer, wie definieren Sie die Aufgaben des Tirol Tourism Board? FRANZ TSCHIDERER: Das TTB ist nicht nur ein Gremium für die Tirol Werbung. Ich sehe unsere Aufgabe als Think Tank für den Tiroler Tourismus. Wir haben uns bisher schon abgesprochen. Aber jetzt gibt es ein Gremium, in dem Land, Wirtschaftskammer und Tourismusverbände an einem Tisch sitzen. Das war bisher nicht der Fall. Das bedeutet: So koordiniert, wie es jetzt sein könnte, das ist eine echte Chance, die wir nutzen müssen.
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STRUKTUR DER TIROLER WERBUNG STRATEGISCHE EBENE
Generalversammlung Land,
Tirol Tourism Board Land, +
WKT,
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Verein Tirol Werbung
VTT
WKT,
TTFF,
VTT
TTB
Vorstand
GF TW GmbH
Land,
WKT,
TTFF,
VTT
OPERATIVE EBENE
Geschäftsleitung
Tirol Werbung GmbH
Generalversammlung
DAS TIROL TOURISM BOARD Im Tirol Tourism Board sind mit je drei Sitzen der Verein der Tiroler Tourismusverbände (VTT), das Land Tirol sowie die Wirtschaftskammer vertreten, außerdem auch die Tirol Werbung mit Geschäftsführer Josef Margreiter. Vorsitzender des Tourism Board ist der Obmann des TVB Serfaus-Fiss-Ladis, Franz Tschiderer, Stellvertreter ist Wirtschaftskammer-Spartenobmann und Hotelier Harald
Ultsch. Im Gremium sitzen zudem Alfons Parth (TVB Ischgl), Karl Gostner (TVB Innsbruck und seine Feriendörfer), der VP-Landtagsabgeordnete Hannes Staggl, Gerhard Föger (Leiter Tourismusabteilung des Landes), Günther Frischmann (Land Tirol), Wirtschaftskammer-Direktor Horst Wallner und der Zillertaler Seilbahner Klaus Dengg.
Josef Margreiter, Geschäftsführer der Tirol Werbung:
Landeshauptmann Günther Platter:
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AISON: Herr Margreiter, wie sind die bisherigen Erfahrungen mit dem TTB? JOSEF MARGREITER: Es hat bisher zwei intensive Sitzungen gegeben, die sehr konstruktiv waren. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg.
Welche Kernaufgaben sehen Sie für das TTB? Hauptaufgabe des TTB wird sein, – zusammen mit uns – die Marketingstrategien weiterzuentwickeln. Dazu gehören eine gemeinsame Markenstrategie sowie Themen- und Märktefokussierungen, die für die Tirol Werbung und TVBs gleichermaßen gültig sind. Auch die gemeinsame Basis für wichtige Synergieprojekte ist zu schaffen. Darüber hinaus widmen sich die Fachausschüsse des TTB weiteren wichtigen Fragen für den Tiroler Tourismus rund um die Themen Marketing, Innovation und Finanzen. Welchen Hauptvorteil sehen Sie im TTB? Durch die engere Verbindung mit den Verbänden sollte es leichter bzw. schneller gehen, die gemeinsamen Entscheidungen auch in den Regionen umzusetzen.“ Welche Ziele hat sich das TTB gesteckt? Unser gemeinsames Ziel ist es, die Synergien zwischen Tirol Werbung und Tiroler Tourismusverbänden zu steigern und dafür zu sorgen, dass wir im Rahmen einer Gesamtstrategie miteinander bestmöglich für den heimischen Tourismus arbeiten.“ ×
AISON: Herr Landeshauptmann, warum wurde das Tirol Tourism Board eingeführt? GÜNTHER PLATTER: Es war mein erklärtes Ziel, die Tourismusverbände mit ihrer Erfahrung und ihrem Know-how vor Ort noch stärker mit einzubeziehen. Tirol Werbung und Verbände sollen näher zusammenrücken. Das war und ist nach der Fusionswelle der letzten Jahre als logischer Schritt eines nachhaltigen Tourismus in Tirol zu sehen. Ist das TTB für Sie mehr Entwicklungsplattform oder Entscheidungsplattform? Das TTB ist ein strategisches Lenkungs- und Kontrollgremium. Gemeinsam mit der Tirol Werbung soll mehr Planungssicherheit, Effizienz und Effektivität am Markt erzielt werden. Wir müssen im verstärkten Wettbewerb die Kräfte bündeln. Wie sind aus Ihrer Sicht die ersten Erfahrungen mit dem neuen System? Es haben bereits sehr konstruktive Sitzungen stattgefunden. Sowohl von der Tirol Werbung als auch vom Vorsitzenden, Franz Tschiderer, wird mir von positiven Gesprächen berichtet. Ziel muss es sein, Tirol als Tourismusdestination noch weiter zu stärken. ×
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„Die Marke Tirol ist ein Riesenvorteil“ Martin Tschoner, Tourismusdirektor des TVB Achensee, spricht im Interview über die Stärken und Schwächen des Tiroler Tourismussystems und warum es trotz der enormen „Strahlkraft“ einzelner, großer Regionen gelingen kann, einen Weg einzuschlagen, der für alle Seiten Vorteile bringt. DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .
Sommerdestination Achensee. „Man profitiert als Region von der Marke Tirol.“
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AISON: Herr Tschoner, im Zuge der Diskussion rund um das Budget der Tirol Werbung für das kommende Jahr sind Spannungen zwischen Tirol Werbung und den Tourismusverbänden einer größeren Öffentlichkeit bewusst geworden. Haben sich die Wogen inzwischen geglättet? MARTIN TSCHONER: Ich glaube nicht, dass die Wogen allzu groß waren. Es ist ein normaler Prozess, dass es zu Diskussionen kommt, wenn Veränderungen stattfinden. Das hängt auch damit zusammen, dass sich die Landkarte des Tiroler Tourismus sehr stark verändert hat. Vor mittlerweile 14 Jahren, als diese Fusionswelle stattgefunden hat und aus 250 34 Tourismusverbände wurden, hat das bei einzelnen Tourismusregionen einen starken Professionalisierungsschub bewirkt. Ich glaube, dass das Verhältnis zwischen Regionen und Tälern und der Tirol Werbung ein anderes ist. Es befindet sich mehr auf Augenhöhe. Die Tirol Werbung musste sich ebenfalls umstellen. Sie hatte nicht mehr so viele Partner, dafür einzelne schlagkräftige Regionen. Diese Regionen können sich mehr oder weniger selbstständig am Markt behaupten. Macht für diese schlagkräftigen Regionen die Kooperation mit der Tirol Werbung Ihrer Meinung nach überhaupt noch Sinn? Die Kooperationen mit der Tirol Werbung haben nach wie vor einen wichtigen Stellenwert. Ich kann jetzt nicht für ganz Tirol sprechen, aber für den Achensee auf jeden Fall. Man profitiert als Region von der Marke Tirol. Es wird sicher weiterhin der Fall sein, dass manche Destinationsmarken eine extrem große Strahlkraft auf bestimmten Märkten haben, aber die Kooperation mit der Tirol Werbung ist sicherlich nicht schlecht und sollte meines Erachtens auch weiterhin forciert werden,
genau wie die Zusammenarbeit mit der Österreich Werbung. Es gibt einige Destinationsmarken, die in Russland schon lange tätig sind und dort vielleicht schon eine ganz andere Stellung haben als die Tirol Werbung. In diesem Fall geht es darum, Synergien zu nutzen und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Die Marke Tirol ist international stark positioniert. Davon können die Großen wie die Kleinen gleichermaßen profitieren? Ja, davon gehe ich aus. Wir als Achensee wollen die Marke Tirol natürlich mittransportieren. Wir haben mit der Marke Tirol einen riesigen Vorteil gegenüber anderen Regionen. Das fängt schon beim Logo an. Nehmen wir zum Beispiel Salzburg, da gehen die Schwierigkeiten schon beim gemeinsamen Logo los. Was funktioniert aus Ihrer Sicht am Tiroler Tourismussystem gut? Ich glaube, wir haben durch das Tiroler Tourismusgesetz einen riesigen Vorteil gegenüber ande-
„Ich glaube, es ist ganz natürlich, dass jede Region in einer Kooperation versucht, für sich das kleine bisschen mehr herauszuholen. Wichtig ist, dass man das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verliert: als Tirol wahrgenommen zu werden.“ MARTIN TSCHONER
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ren Regionen, weil wir dadurch gewisse Grundbudgets zur Verfügung haben. Von außen betrachtet, werden wir oft um die Tirol Werbung beneidet. Dass es trotzdem auch Spannungen und Diskussionen gibt, ist normal. Es war wichtig, dass man sich gefragt hat: Wo wollen wir hin? Welche Märkte wollen wir stärker bearbeiten? Denn eines können wir mit Sicherheit nicht, auch nicht die größten unserer Regionen: auf allen Märkten präsent sein. Man muss sich deshalb spezialisieren, herausfinden, wo für uns die wichtigsten Märkte sind, und diese dann gemeinsam bearbeiten.
Familienfreundlich. Die Region Achensee im Winter
Was ist vielleicht noch verbesserungswürdig? Die Tirol Werbung hat in den letzten Jahren einen ständigen Wandel vollzogen. Im Mitarbeiterbereich gab es starke Fluktuationen. Wir wissen alle, dass man gerade im Tourismus stark von Kontakten profitiert. Ein Beispiel ist der Pressebereich, der sehr auf persönlichen Kontakt angewiesen ist. Es ist eines der Ziele, dass im Mitarbeiterbereich mehr Beständigkeit Einzug hält.
tig zu bekommen, damit sich die einzelnen Regionen darauf einstellen konnten.
Wir haben eingangs bereits von Spannungen gesprochen. Wo hakt es Ihrer Meinung nach derzeit genau? Es gibt einzelne Regionen, die sich von der Tirol Werbung nicht so gut vertreten fühlen. Ich glaube, es ist ganz natürlich, dass jede Region in einer Kooperation versucht, für sich das kleine bisschen mehr herauszuholen. Wichtig ist, dass man das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verliert: als Tirol wahrgenommen zu werden. Ein ganz wesentlicher Punkt ist meiner Meinung nach auch die Abstimmung der Marketingpläne zwischen Tirol Werbung und den einzelnen Regionen, aber auch mit der Österreich Werbung. Nur wenn diese Pläne abgestimmt sind, vermeiden wir Doppelgleisigkeiten. In den letzten Jahren war es oft schwierig, diese Pläne rechtzei-
Es gibt derzeit 34 Tourismusverbände, die sich in ihren Stärken, in ihrer Größe und Finanzkraft deutlich unterscheiden. Sitzt man nicht zwangsläufig zwischen allen Stühlen, wenn man alle Interessen unter einen Hut bringen will? Das denke ich nicht. Man muss meiner Meinung nach einfach die Besten, und das sind nicht zwangsläufig die Größten, zum Thema herausnehmen. Ich denke da etwa an die Region Imst-Gurgltal, die beim Thema Klettern eine hervorragende Rolle spielt. Es ist wichtig, dass man sich zu verschiedenen Themen verschiedene Partner sucht, um ein perfektes Angebot präsentieren zu können. Man braucht aber auch als Region den Mut zur Lücke. Niemand kann alles anbieten. Das ist weder budgetär noch angebotsseitig möglich. Diese Themen-
„Eines können wir mit Sicherheit nicht, auch nicht die größten unserer Regionen: auf allen Märkten präsent sein.“ MARTIN TSCHONER
ZUR PERSON Martin Tschoner, Jahrgang 1968, startete nach dem Betriebswirtschaftsstudium seine berufliche Laufbahn bei der deutschen Incentive Agentur Alpine Convention. Von dort wechselte er zum Tourismusverband Pertisau. Nach einer Zwischenstation als stellvertretender Geschäftsführer des Tourismusverbandes Innsbruck und seine Feriendörfer kehrte er in den Tourismusverband Achensee zurück, zunächst als Vorstandsmitglied. Seit 2006 führt Tschoner die Geschäfte des TVB.
kompetenz herauszuarbeiten, ist genau das, was jetzt versucht wird. Ich finde, dabei können alle voneinander profitieren. Besteht nicht die Gefahr, dass, wenn sich diese Tendenzen verstärken und große finanzkräftigere Verbände zunehmend auf einen Alleingang setzen, die Kleineren dabei unter die Räder kommen? Ob sie unter die Räder kommen, weiß ich nicht. Es ist überall so, nicht nur im Tourismus, dass größere Unternehmen massiver auftreten können. Kleinere Regionen werden sich noch stärker darauf spezialisieren müssen, in ihrem Angebot noch spitzer zu werden. Meine Meinung ist, dass auch größere Regionen, die das eine oder andere auch alleine stemmen können, gut beraten sind, gemeinsam mit der Tirol Werbung aufzutreten.
17 gemeinsam einen Markt bearbeitet, wirkt sich das auch positiv aus. Aus budgetären Gründen kann man als Gesamt-Tirol viel größer auftreten als alleine. Die Tirol Werbung versucht außerdem Themenführerschaft zu übernehmen und fragt sich, was die neuen Trends sind und ob man sie auf ganz Tirol umlegen kann. Außerdem leistet die Tirol Werbung sehr viel Arbeit im Bereich der Marktforschung. Das sind ganz wichtige Aufgaben.
© GERHARD BERGER, ACHENSEE TOURISMUS (2)
Seit 2006 Geschäftsführer: Martin Tschoner
Warum? Ein Vorteil ist, dass Tirol eine starke Marke ist und jede Tiroler Region unter dem Dach Tirol gut aufgehoben ist. Jeder weiß: Wenn man kooperiert und
Sie bezeichnen Ihre Region, den Achensee, gern als atypisch, da sie unter anderem zu den wenigen Regionen zählt, die im Sommer stärker sind als im Winter. Fühlen Sie sich im derzeitigen System ausreichend vertreten? Es ist sicher eines meiner Anliegen, diese Themen verstärkt zu positionieren. Ich denke, die Tirol Werbung ist sehr froh, eine Region zu haben, die den Bergsommer so perfekt repräsentiert wie der Achensee. Man muss sich darüber klar werden, wie man sich richtig positioniert. Wir sind nicht die Skiregion mit den meisten Pistenkilometern, dafür sind wir beispielsweise gut geeignet für Wiedereinsteiger oder Familien.
Seit Kurzem gibt es mit dem Tirol Tourism Board ein Gremium, das die Tourismusverbände stärker einbinden soll. Wie bewerten Sie diese Neuerung bisher? Das ist der Beweis, dass die Regionen sehr wohl an einer Zusammenarbeit mit der Tirol Werbung interessiert sind. Sonst hätten die Tourismusverbände nicht so intensiv an der Entstehung solcher Gremien gearbeitet. Ich sehe das sehr positiv. Es ist aber noch zu früh, um über erste Ergebnisse zu sprechen. Die Idee ist jedenfalls sehr zu begrüßen. Man wird sehen, wie es in der Praxis aussieht. Es ist ganz wichtig, dass die Praktiker mitarbeiten können. Oft heißt es, viele Köche verderben den Brei. Könnte das nicht auch in diesem Fall passieren? Bei einer Kooperation ist es wichtig, nicht nur auf sein ureigenstes Ortsinteresse zu schauen, sondern gemeinsame Ziele zu entwickeln. In der Küche gibt es ja auch nicht nur einen Koch. Wenn das Team gut zusammenarbeitet, kommt mit Sicherheit auch ein sehr gutes Menü heraus. Vielen Dank für das Gespräch.
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18 ERFOLGSMODELL SAISON
TIROL
Kein Urlauber kauft eine Destination Wer Urlaub bucht, entscheidet sich für das Produkt hinter dem Namen. Für den Markenexperten Robert Trasser ist die Marke der Platzhalter für ein komplexes System, das über den wirtschaftlichen Erfolg entscheidet. VON ERNS T SPRENG
D
er VW Phaeton ist ein Systemfehler. Er ist groß, luxuriös und passt eigentlich nicht zur Marke VW. Dennoch ist er erfolgreich. Wie kann so etwas funktionieren? Mit Erfolgsmustern für touristische Regionen
Thema Erfolgsmuster sehr spontan zwei Worte ein: Konsequenz und Konsistenz. „Eine touristische Region muss über längere Zeiträume konsequent agieren, wobei ich hinzufügen möchte: Konsequent falsch kann auch richtig sein“, meint
„Wo Hotels, Tourismusverbände und Leitbetriebe zusammenarbeiten, ist der Erfolg zum Greifen nah.“ © TRASSER
ROBERT TRASSER, MARKENEXPERTE
beschäftigen sich Experten seit vielen Jahren. Touristischer Erfolg ist kein Kuchenrezept. Aber es gibt einige Parameter, die den Weg zum Erfolg ebnen können. Markenexperte Robert Trasser fallen zum
Trasser und verweist auf das Beispiel VW Phaeton. Mit Konsistenz meint Trasser, dass Strategien in sich schlüssig umgesetzt werden und jede Aktivität kritisch hinterfragt wird: „Dahinter steht immer
die Frage: Passt das, was ich mache, zu mir und meiner Region?“
Schulterschluss. In einem Punkt sind sich die meisten Experten einig: Grundlage für touristischen Erfolg ist die enge Zusammenarbeit innerhalb der Region. Hotelbetriebe, die großen Leitunternehmen (Seilbahnen, Thermen usw.) und der Tourismusverband müssen eng zusammenarbeiten. „Wo die Zusammenarbeit passt, da sieht man den Erfolg“, fasst es Robert Trasser zusammen. Eng mit dem Erfolgsfaktor „Schulterschluss“ verbunden ist die Innovationsfreude. „Innovation bedeutet nicht, dass man sich ständig neu erfinden muss“, meint Trasser. „Vielmehr verstehe ich darunter das Bestreben, wieder in sich schlüssig ständig am guten Produkt zu arbeiten. Der Urlauber kauft keine Destination. Er kauft ein gutes, stimmiges Produkt.“
Geld und Ressourcen.
Innovationsfreude ist eng mit Investitionsfreude verbunden. „Es ist so, dass sich Regionen leichter tun, Erfolg zu generieren, wenn
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„Alleingänge haben wenig Sinn“ Die gebürtige Tirolerin Katrin Androschin ist Expertin für Corporate Identity, Corporate Design und Branding internationaler Marken. Seit 2002 ist sie Managing Partner der Markenagentur Embassy in Berlin. Androschin ist seit vielen Jahren in der Lehre tätig, u. a. von 2002 bis 2008 an der Freien Universität Bozen. Kooperativ. In einem Punkt sind sich die meisten Experten einig: Grundlage für touristischen Erfolg ist die enge Zusammenarbeit innerhalb der Region.
„Jeder Mensch positioniert sich mit seinem Urlaub gegenüber seinem sozialen Umfeld.“
S sie über entsprechende finanzielle Ressourcen verfügen und diese für eine Entwicklung einsetzen“, erklärt Robert Trasser. Geld allein ist aber kein Erfolgsgarant. Für den Markenexperten ist es genauso wichtig, dass der Tourismus in vielen Bereichen Verantwortung übernimmt: „Wer pro Jahr mehrere Millionen Menschen zu sich einlädt, hat eine enorme Verantwortung. Dieses verantwortliche Handeln beginnt bei uns und unserer Natur selbst, geht weiter über den Gast und beinhaltet auch Aspekte wie den Schutz eines historischen Ortsbildes.“
Ein wenig Glück.
Nicht zuletzt ist ein Erfolgsfaktor nicht programmierbar: das Glück. Ein Beispiel ist aktuell, dass hohe Reisekosten und sinkende Reisezeiten dem zentral in Europa gelegenen Tourismusland Österreich in die Hände spielen. Das war nicht immer so. „Manche touristischen Strömungen haben wirklich mit Glück und Pech zu tun und lassen sich nicht beeinflussen“, meint Robert Trasser. „Aber: Es sind immer die Tüchtigen, die vom Glück wirklich profitieren.“ ×
AISON: Frau Androschin, kann Erfolg für eine touristische Marke programmiert werden? KATRIN ANDROSCHIN: In Markenprozessen wünschen sich viele ein allgemein gültiges Schema für Erfolg. Den Raster, den man einfach abarbeitet, und dann hat man Erfolg, den gibt es für touristische Regionen nur sehr begrenzt. Man kann aber schon sagen, dass jene Regionen Erfolg haben, die eine starke Marke aufbauen. In einem gesättigten Markt braucht der Kunde Entscheidungshilfen. Diese Entscheidungshilfe ist die Marke und damit verbunden eine klare Positionierung. Positionierung bedeutet für Sie? Jeder Mensch positioniert sich mit der Wahl seines Urlaubsinhaltes gegenüber seinem sozialen Umfeld. Ist man der Abenteurer, der Sportler, der Genießer? Erzähle ich meinen Freunden von meinem Urlaub, nehme ich eine Positionierung vor? Deshalb muss sich eine Tourismusregion auf ihre Besonderheiten fokussieren. Für den Urlauber wird man interessant, weil man diese herausgearbeitete Besonderheit vertritt und aktiv lebt. Hinter dieser Positionierung steht die Frage: Was kann uns kein anderer nachmachen?
© EMBASSY
KATRIN ANDROSCHIN, MARKENEXPERTIN
Gibt es weitere Erfolgsgaranten? Eine Tourismusregion muss ihre Zielgruppe kennen und versuchen, die Vorreiter dieser Zielgruppe zu gewinnen. Das ist ein bedeutender Schritt. Es ist falsch zu sagen: Wir wollen, dass alle kommen! Denn dann sucht man den kleinsten gemeinsamen Nenner, wo alle zufrieden sind. In Wahrheit befindet man sich dann im Bereich einer Einheitssuppe, mit der niemand zufrieden ist. Welche Voraussetzungen braucht es für den Erfolg innerhalb der Region? Es braucht den Schulterschluss zwischen Tourismus, Politik und Verbänden. Die Verantwortlichen müssen auch befähigt werden, diese Positionierung umzusetzen und zu leben. Das bedarf einer sehr offenen Kommunikation nach innen und außen. In solch einem offenen Kommunikationsumfeld ist man echt und authentisch. Alleingänge unter dem Motto: „Das boxe ich jetzt durch“ haben wenig Sinn. Der Wunsch nach Veränderung muss auf breiten Schultern getragen werden. Vielen Dank für das Gespräch.
×
20 ERFOLGSMODELL SAISON
TIROL
a: „Neben außergewöhnlichen natürlichen Voraussetzungen, die einen klaren Startvorteil bedeuten, ist es vor allem das Zusammenspiel aller Beteiligten in der Region, die zum Erfolg führen. In diesem positiven regionalen Netzwerk muss man sich auf eine gemeinsame und klare Positionierung festlegen.“
Qualität, Kontinuität und Konsequenz Gibt es das Muster für den touristischen Erfolg? Die SAISON hat Geschäftsführern einiger Tiroler Tourismusverbände zwei Fragen dazu gestellt:
© KITZBÜHEL TOURISMUS © ZILLERTAL TOURISMUS
a: Was macht eine Tourismusregion im Allgemeinen dauerhaft erfolgreich?
a: „Eine Tourismusregion ist nachhaltig erfolgreich, wenn sie eine klare Markenbotschaft hat und der potenzielle Gast diese als Nutzen wahrnimmt. Wichtig ist, dass diese Markenbotschaft zur jeweiligen Region passt und vom Gast als authentisch wahrgenommen wird. Diese Wahrnehmung wird durch die Leistungsträger vor Ort plausibilisiert.“
b: Was sind die Erfolgsmuster Ihrer Region?
b: „Das Zillertal ist sich seiner Kernwerte bewusst und kommuniziert diese in den relevanten Kernmärkten. Unsere vier Tourismusverbände nehmen die Wertewelt des Zillertals auf und adaptieren sie entsprechend ihrer vor Ort vorhandenen Rahmenbedingungen.“ GERNOT PAESOLD, GF ZILLERTAL TOURISMUS
b: „Kitzbühel ist eine starke Marke, die sich ihrer Wurzeln und der Erfolge aus der Vergangenheit bewusst ist und diese neu interpretiert. Einerseits baut Kitzbühel als legendärste Sportstadt der Alpen auf der Vergangenheit auf, andererseits werden mit perfekter Infrastruktur, neuen Betrieben und viel Selbstbewusstsein heute Spitzenleistungen erbracht. Es findet seit Jahren ein konsequentes Upgrading statt. Kitzbühel erfindet sich dabei neu, ohne dabei auf die Vergangenheit zu vergessen.“ PETER MARKO, GF KITZBÜHEL TOURISMUS
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a: „Die touristischen Leistungsträger müssen sich und ihrer ursprünglichen Region treu bleiben. Rein auf Gewinn und Mammon zu setzen, verdirbt den Charakter einer Region. Wichtig ist eine Weiterentwicklung hinsichtlich Qualität, Service und Kundennutzen. Das ist oft wichtiger, als immer und immer wieder etwas Neues zu probieren.“
© ÖTZTAL TOURISMUS
b: „Wir handeln genau nach oben genannten Strategien. Die Region ist das Ötztal und unsere Top-Winterdestinationen sind Sölden sowie Obergurgl/Hochgurgl! Diese Marken wurden in einem aufwendigen Prozess strategisch klar positioniert und in all unserem operativen Tun und Handeln halten wir uns strikt an diese Bedienungsanleitung. Das klingt simpel, aber wie man sich vorstellen kann, ist es im touristischen Alltag nicht immer einfach.“ OLIVER SCHWARZ, GF ÖTZTAL TOURISMUS
b: „Das Markenversprechen unserer Region ist ‚Tirol pur‘. Die Region steht für Tradition, Gemütlichkeit und Ursprünglichkeit. Wir bauen auf diesen Werten auf und können aufgrund der Querverbindungen zum Thema Wissen (Europäisches Forum Alpbach – Dorf der Denker) auch Innovationen erlauben. Das Prinzip der Gegensätze kann sehr gut harmonieren, man darf es nur nicht übertreiben. Unsere Region ist sehr jung. Wir haben einen Markenbildungsprozess hinter uns, eine Evaluierung und leichte Kurskorrektur ist gerade in Arbeit. Die heterogene Zusammensetzung der Orte unserer Region ist eine Herausforderung in jeder Hinsicht.“ MARKUS KOFLER, GF ALPBACHTAL SEENLAND TOURISMUS
© SISSI FURGLER
© ALPBACHTAL SEENLAND TOURISMUS
a: „Die Grundlage bildet eine klare strategische Ausrichtung, die durch die operativen (Marketing-)Maßnahmen umgesetzt wird. Größte Bedeutung hat ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehen aller touristischen Leistungsträger. Vor allem die „Leuchttürme“ in einer Region müssen konform der gemeinsam erarbeiteten Strategie an einem Strang und in die gleiche Richtung ziehen!“
a: „Kontinuität und Investition sind aus meiner Sicht die zwei wichtigsten Faktoren. Wenn man sich erfolgreiche Destinationen anschaut, sind dort sehr oft seit Jahrzehnten dieselben Köpfe in führenden Positionen tätig. Dadurch finden keine laufenden Richtungswechsel in der Themenausrichtung sowie Positionierung statt.“
b: „Wir müssen den Berg und Landschaft nachhaltig inszenieren, sprich für die Gäste erlebbar machen. Qualitätsstrategien müssen an oberster Stelle stehen, denn nur über Qualität tritt der Preiskampf in den Hintergrund. Qualität vor Quantität lautet die Devise. Aus meiner Sicht geht es also nicht unbedingt um ein Mehr an Nächtigungen, sondern um möglichst wertschöpfungsintensiven Tourismus – und das funktioniert nur und ausschließlich auf der Qualitätsebene.“ GERNOT RIEDEL, GF TVB KITZBÜHELER ALPEN ST. JOHANN
© Gerhard Berger
„Ich freue mich enorm über jede substanzielle Innovation, weil es dieser kostbare Raum verdient hat, dass man sich anstrengt. Aber die Gedankenlosigkeit, die hierzulande manchmal herrscht, tut weh.“ Andreas Braun
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TIROL
„Man sollte immer wissen, was man tut“ Er möchte zumindest einmal in Gramais gewesen sein, bevor er sich auf Bali eine Hybridspeise servieren lässt, sagt Andreas Braun. Er stand vierzehn Jahre lang an der Spitze der Tirol Werbung und hat sich mit vielen Klischees auseinandergesetzt. Von zukünftigen Touristikern wünscht er sich mehr Geschichtsbewusstsein. D A S I N T E R V I E W F Ü H R T E J A N E K AT H R E I N .
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AISON: Herr Braun, machen Sie eigentlich Urlaub in Tirol? andreas Braun: Mit Tirol geht es mir ähnlich wie mit meinem Geschichtswissen, ich will in meinem kurzen Leben genug Zeit haben, um das nahe besser kennenzulernen. Bevor ich mich für John Cage interessiere, möchte ich den Palestrina verstehen. Ich möchte einmal in Gramais gewesen sein, bevor ich in einem balinesischen restaurant von einem schweizer Küchenchef hybridspeisen serviert bekomme. es war schon immer die Lust in mir, die Welt in konzentrischen Kreisen ein kleines bisschen für mich zu erobern. als die Kinder noch klein waren, war ich an den Wochenenden systematisch in ganz Tirol unterwegs und bin mit ihnen neue hütten abgegangen. diesen unglaublich vielfältigen Mikrokosmos zu entdecken, machte spaß. Würden Sie sagen, Sie kennen sich in Tirol aus? Wenn ich mit irgendwem über Tirol fliegen kann, freut mich das. Wenn diese Furchen und nebelfetzen zwischen Flugzeug und Landschaft stehen, bin ich immer ganz erregt, ob ich dann schon weiß, über welchen Gipfel wir als nächstes fliegen. und bin auch immer wieder erstaunt, wie die anderen reagieren, wenn sie dieses Tirol aus der Vogelperspektive sehen. sie fragen mich dann, woher ich das alles weiß. Wir haben den raum zerstört und leben mehr oder weniger in einer raumlosen Onlinezeit und da braucht es wieder so etwas wie die rückeroberung des raumgefühls.
In der Natur liegt die Kraft, ein gängiger Slogan. Stärken auch Sie sich dort? Ich sage immer, wenn es dir schlecht geht, gehe ein oder zwei stunden um dein haus herum und lerne deine Landschaft kennen. Pack den Fotoapparat und fotografiere reduziert in schwarz-Weiß. das habe ich einige Male gemacht, als es mir nicht besonders gut ging. es ist wie ein meditatives Innehalten. Man erkennt, wie fahrlässig unaufmerksam wir durch die Welt gehen. Würde ich aus diesem Wissen ein Geschäft machen wollen, so würde ich sofort eine religion begründen, das hat schon der schillernde scientologyBegründer ron hubbard formuliert und umgesetzt. Ein wertvoller Kosmos, den man schützen sollte. Lässt sich das mit einer touristischen Entwicklung vereinbaren? Wenn ich in einer Landschaft unterwegs bin und sehe, es fügen sich Verbauung und natur so zusammen, dass ich das Gefühl habe, gänzlich in der natur zu sein, ist das gelungen. das sind natürlich raumplanerische Fragen, die sich stellen. es darf nicht sein, dass durch zufällige eigentumsver-
hältnisse von Grundstücken ein gesamtes Tal verunstaltet wird. Bei den knappen ressourcen, die wir in Tirol haben, sägen wir damit am eigenen ast. die Therapie ist unendlich schwierig. da sind hunderttausende verschiedene Interessen unter einen hut zu bringen. Fallen Ihnen gelungene Beispiele ein? In südtirol und im Voralpengebiet ist das relativ gut gelungen. du wirst in Oberbayern nicht so viel metastasierende Gräulichkeit finden wie hierzulande – da ein Gewerbegebiet, dort ein hotel und rundherum diese wunderschöne natur. es ist ja wirklich so, wie der Kreisky in den 60er-Jahren gesagt hat: die Frau hitt wird aber schön weinen, wenn sie das Olympische dorf da unten sieht. das sind ästhetische Gesamterschütterungen. es geht auch im Tourismus anders, wie die Therme Vals in der schweiz beweist. dort hat man jahrelang nachgedacht, immer wieder ausgefiltert und ist dann plötzlich zu diesem Bauwerk gekommen, das sich in seiner architektur in diese almwiesen hineinfügt. du stehst dort und hast das Gefühl, das tut dir gut. solche situationen sind für mich
„Wir sprechen reiche Leute in Shanghai und Moskau an, was völlig legitim ist, aber wie bindet man die Bewohner Tirols emotional und kommerziell an ihre eigenen Winterkulturstätten?“ andreas Braun
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beglückendere elemente an ästhetischer nachhaltigkeit. auch mein Freund reto Gurtner lässt immerhin neben der modernen seilbahn einen ausgedienten Lift stehen. auch gut. Das Reto Gurtner dann aber als besonders innovativ verkauft hat? Ich freue mich enorm über jede substanzielle Innovation, weil es dieser kostbare raum verdient hat, dass man sich anstrengt. aber die Gedankenlosigkeit, die hierzulande manchmal herrscht, tut weh. so viele Menschen haben durch Jahrhunderte diesen alpenraum mit herzblut gepflegt und tradiert. Wir können die Zukunft dann optimal gestalten, wenn wir viel über die Vergangenheit wissen. Ich würde mir wünschen, dass auf allen Tourismusschulen auch die Bildung über den alpenraum aufgenommen wird. der Touristiker lernt wenig über die Geschichte der alpinen architektur oder die narrative, die sich um Gegenden ranken. Wenn ich dieses Wissen habe, kann ich die Vergangenheit in die Zukunft übersetzen. die reflexion ist dann spürbar. Mit der Tiroler Wirtshauskultur ist Ihnen diese Rückbesinnung damals gelungen. Bei uns passiert die reflexion ja sehr stark im Bereich der Lebensmittel, was ich schon damals mit der Gründung der Tiroler Wirtshauskultur unterstützt habe. die Besinnung auf die traditionelle gute Küche, die schnapskultur, die Vielfalt der Obstsorten – das sind alles kulturelle rückbesinnungen. setzt man die Produktion des schnapses in eine reflektierte architektur, gelingt die Übersetzung in die Gegenwart und die traditionelle Produktionstechnik ist wieder zukunftstauglich. Manche Winzer im Burgenland oder in südtirol haben das gut verstanden. Junge Leute sind quer durch die Welt gereist, haben Bildung erworben und diese in beachtliche Gesamtensembles umgesetzt. diese Wein-Bauern sind zu kulturellen Qualitätssendern geworden, dabei war es eigentlich nur eine rückbesinnung. Herz der Alpen. Starkes Land. Das sind zwei starke Begriffe, die Sie erfunden haben und die bis heute wirken. War Ihnen das damals bewusst? Man sollte immer wissen, was man tut. Tirol ist an sich schon ein starkes Wort. und deshalb habe ich versucht, diese diffuse Bedeutung in den beiden Begriffen „herz der alpen“ und „starkes Land“ zu kondensie-
ren. Ich glaubte, das ist bedeutend und ich vermehrte diese Bedeutung durch die semantik. Wenn es nicht bedeutend gewesen wäre, wären diese Vokabeln von innen her nicht angenommen worden und von außen her lächerlich gewesen. Tirol ist ein starker Begriff, den man nur auf augenhöhe unterfüttern kann. historisch, auch quantitativ. aussagen wie „das Land mit den meisten nächtigungen“ schaffen Bedeutung. heutzutage sagt man „starke Marke“ dazu. das wird sie per se durch alle möglichen Faktoren, unabhängig davon, ob ich sie als solche speziell bewerbe. Sprechen Sie damit die Tiroler Gastfreundschaft an? da gibt es diese Millionen von einzelerlebnissen, die die Marke füttern oder nicht füttern. Begegnungen, mediale resonanzen. das, was so eine touristische Landesbewerbung macht, ist ja nur marginal das Beeinflussende. es ist werblich unbeeinflussbar, ob der durchreisende den Polizisten als freundlich oder unfreundlich empfindet oder ob Tiroler händler zu überhöhten Preisen verkaufen. 100.000 Faktoren stärken und schwächen eine Marke, das muss man sich vor augen
halten und die hohe relativität dessen, was man da im Kleinen zusammenbraut an Markenarchitektur. Sie haben in den 90er-Jahren den nackten Oberkörper auf das Werbeplakat gebracht. Damals ein Aufreger. Heute sind diese Tirol-Bilder Kult. Waren Sie der Zeit voraus? 1981 haben wir unter Zielgruppen in europa abgefragt, was sie mit Tirol verbinden. Junge Leute mit 20 Jahren haben uns geantwortet: da fahre ich hin, wenn ich 60 Jahre alt bin. es herrschte das Knickerbocker-und-rote-stutzen-Image. also habe ich nackte Oberkörper und Freeclimbing als visuelle Vehikel genommen, um dieses Image aufzubrechen. es war eine relativ scharfe Gegenansage. Was ich strategisch mit einem nackten Oberkörper vermitteln wollte: Junge Tiroler sollen sich mit dem Plakat identifizieren und aus der ganzen Welt sollen junge Leute nach Tirol kommen. Was halten Sie von der aktuellen BilderKampagne der Tirol Werbung? dass man negligierte, vergessene, letzte Welten von Tirol anders visuell einfängt, um Vielfalt
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„Es ist werblich unbeeinflussbar, ob der Durchreisende den Polizisten als freundlich oder unfreundlich empfindet oder ob Tiroler Händler zu überhöhten Preisen verkaufen. Da gibt es diese Millionen von Einzelerlebnissen, die die Marke füttern oder nicht füttern.“
© Gerhard BerGer
andreas Braun
zu zeigen, und Kontraste herausarbeitet, ist grundsätzlich nicht falsch. das würde heißen: Komme nach Tirol und erlebe dieses abseits der Klischees, auch du wirst überrascht sein. Ob das außen so verstanden wird oder intendiert ist, weiß ich nicht. Wenn ich Tirol beworben habe, habe ich das nicht in einer leicht dekodierbaren art
gemacht. Ich habe den Wanderer und den eroberer in einer Ästhetik des Low-Tech und high-Touch immer wieder in den alpenraum neu hineingestellt. Ich wollte damals vielstöckige Klischees und habe sie dem Fotografen vorgegeben. das wirkt leicht, ist aber schwer.
high-Touch-Zugang – wenn uns das gelänge, das könnte eine Formel sein. es ist uns ja selber so ergangen. Mit einer uralten rodel und den Kindern an der hand hat es eigentlich großen spaß gemacht, einen normalen Weg hinaufzugehen und hinunterzurodeln.
Klimawandel, fehlender Nachwuchs, schrumpfende Haushaltseinkommen. Der Wintersport hat es schwer, weiterhin als touristisches Zugpferd zu existieren. Setzt man in Tirol auf ein lahmendes Pferd? solange man nicht gezwungen wird, Innovationsmodelle zu versuchen, greift man verständlicherweise auf erprobte Muster zurück. Tendenziell habe ich immer versucht, Tirol in Ganzjahreszeiten zu sehen. der schnee von morgen müsste also integrativ in ein Ganzjahreserbauungsprogramm eingebaut werden. dazu würde mich die Wahrnehmung der einheimischen interessieren. Wie attraktiv sind Wintersportorte überhaupt? Welche Ganzjahresattraktivität haben diese Megamaschinen für den normalen Tiroler unterschiedlicher sozialer herkunft vor dem hintergrund einer hohen verdeckten armutsquote? Wir sprechen reiche Leute in shanghai und Moskau an, was völlig legitim ist, aber wie bindet man die Bewohner Tirols emotional und kommerziell an ihre eigenen Winterkulturstätten?
Ist das schlichte Rodeln attraktiv genug für den heutigen Gast? das ist sicher nicht leicht. hat man das selbstvertrauen zu sagen, das ist high-Touch, und kann man dafür etwas verlangen oder ist das ein armeleute-angebot? Tourismus war für mich immer ein alltagskulturelles Phänomen und keine Profitmaximierungsmaschine. es geht wiederum maßgeblich von der Wahrnehmung des einheimischen aus. dann ändern sich auch die Werbebilder. die nebelfreiheit ist dann gleich valide wie die eineinhalb Meter schneehöhe. aus sicht der Wertschöpfung überzeugt natürlich der ansatz, je motorisierter und teurer ich mich in die natur hinausbewege, desto besser. aber aus dem persönlichen Gefühl heraus müsste es wieder eine Gegenbewegung geben. der alpenraum hat ja etwas Monastisches. Wenn sich plötzlich eine Felswand auftut, ist das schauderhaft und archaisch. du könntest daher frei nach Goethe sagen: die nachfrage könnte im pseudozeitgeistigen Genuss verschmachten.
Was hieße das umgesetzt auf den Wintertourismus? Man muss sich vorausschauend überlegen, wie ich die Wahrnehmung der Winterlandschaft attraktiviere. das bloße Faszinosum, das erleben der Landschaft im Winter mit einem Low-Tech-
Erfolgsgeschichten und Visionen
D
en einfachen Weg hat andreas Braun nie gewählt. Mit der Plakatserie „starkes Land“ wollte er als Chef der Tirol Werbung mit dem almhütten-und-Knickerbocker-Klischee in der Tourismuswerbung aufräumen und war damit erfolgreich. In holland erklärte andreas Braun dann, dass acht von zehn Gulasch in Österreich schlecht seien, und trat damit eine Qualitätsdiskussion los. er wollte damit nicht nur provozieren, sondern zeigen, dass der Tourismus Qualität
und Kultur braucht, um ein alleinstellungsmerkmal zu erlangen.
P-P-P-Modell in Wattens. 1994 wechselte andreas Braun zu swarovski und verwirklichte gemeinsam mit andré heller die Kristallwelten, die sich zu einer touristischen erfolgsgeschichte entwickelten. Mit 700.000 Besuchern jährlich gehören die Glitzerwelten in Wattens zu den gefragtesten sehenswürdigkeiten in Österreich. ende 2011
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Tiroler Tourismus? Ich würde mir wünschen, dass jenen, die im Tourismus nicht glücklich sind, der ausstieg aus demselben erleichtert wird. Vielen Dank für das Gespräch.
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übergab andreas Braun die Führung und kümmert sich seitdem in der destination Wattens regionalentwicklung Gmbh um gesellschaftspolitisch relevante Projekte. das unternehmen swarovski und die Gemeinde Wattens wollen mit dem Private-Public-Partnership-Modell bestehende netzwerke verstärken und die entwicklung der region in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Bildung fördern. als erstes Projekt wurde ein großflächiges Fernwärmenetz initiiert und damit ein ökologisches heizsystem in der region eingeführt. Langfristig sollen sich neue regionale Perspektiven und arbeitsplätze ergeben. ×
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„Tirol hat viel bewegt“ Die Erfolgsgeschichte des Tourismuslandes Tirol ist einzigartig. Und sie kommt nicht von ungefähr, sondern ist das Ergebnis strategischen Handelns. SAISON hat Experten aus Deutschland und der Schweiz um ihre Einschätzung zum Tiroler Weg im Tourismus gebeten. VON S TEFFEN AROR A
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© WALLIS TOURISMUS
b wir im Jahr 2012 noch vom Tourismus leben können, ob das Geschäft mit der Freizeit dann noch unsere Lebensund Arbeitsräume erhält und mitgestaltet, ob wir rund ums Jahr Gäste begrüßen dürfen – all das wird davon abhängen, ob wir heute die richtigen Schlüsse aus den Erkenntnissen des ‚Tiroler Wegs‘ ziehen.“ So lautete vor vier Jahren das Schlusswort im Strategiepapier zum „Tiroler Weg“. Die Zeit hat diese Frage eindeutig beantwortet. Das Tourismusland im Herzen der Alpen hat trotz weltweiter Krisenstimmung eine Sommer- und eine Wintersaison hinter sich, die neue Rekordergebnisse brachten. Der Tourismus hat sich als stabile und unverzichtbare Wirtschaftslokomotive für den Standort Tirol erwiesen. Doch es
bevor sie 2011 die Geschäftsführung abgab und als Lehrbeauftragte für Destinationsmanagement an die Hochschule München wechselte. Zudem ist Wiedenmann als Unternehmensberaterin im Tourismus tätig. Urs Zenhäusern war bis Oktober 2012 Direktor von Wallis Tourismus und gilt als einer der profiliertesten Tourismusexperten der Schweiz.
Experten mit Außenblick. Sowohl Wiedenmann als auch Zenhäusern kennen den Tiroler Tourismus bestens, war die Region doch für beide in ihren Positionen als Regionsvorstände ein Hauptkonkurrent. Zugleich teilen beide die Anerkennung für die Leistungen ihres österreichischen Mitbewerbers, wie Zenhäusern sagt: „Im Moment ist Tirol gut aufgestellt und nimmt,
„Die größte Herausforderung für die Zukunft ist sicherlich, dass sich auch Tirol als Tourismusdestination ständig weiterentwickeln muss. Das Tempo ist mittlerweile enorm und permanent muss investiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ URS ZENHÄUSERN
wäre fatal, sich nun auf dem Erreichten auszuruhen. Es ist vielmehr an der Zeit, selbstkritisch Bilanz zu ziehen. SAISON hat zu diesem Zweck zwei namhafte Touristiker aus dem benachbarten Ausland, Sybille Wiedenmann und Urs Zenhäusern, um ihre Einschätzung zum Tiroler Tourismusmodell gebeten. Wiedenmann war mehr als zehn Jahre lang treibende Kraft hinter Bayern Tourismus,
was den Tourismus anbelangt, sicherlich eine Vorreiterrolle im Alpenraum ein.“ Auch Sybille Wiedenmann zollt dem Status quo des Tiroler Tourismus Respekt: „Die starke Marke Tirol wird von allen Wirtschaftsbereichen genutzt. Treiber ist die dynamische und innovative Tourismuswirtschaft Tirols. Tourismus ist in Tirol Leitökonomie und Tagesgespräch. Er bewegt viele, weit über die Tourismusbranche hinaus: vom
Landeshauptmann angefangen über die Kulturszene bis in die Stammtische hinein. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine starke Tourismusentwicklung.“ Hinzu komme eine sehr gute Vernetzung mit der Wissenschaft, so Wiedenmann, die das MCI und das Wissensportal Tirol Tourism Research (TTR) als Beispiele dafür nennt, wie in Tirol Theorie und Praxis verbunden werden.
Mehr Eigeninitiative. Die bayrische Tourismusexpertin attestiert Tirol auch großen Innovationsgeist, was die Schaffung neuer Angebote anbelangt: „Die Ausrichtung der ersten Olympischen Jugendwinterspiele im Januar dieses Jahres ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Aber auch in der Vermarktung werden immer wieder neue, mutige Schritte gegangen, wie etwa das Projekt ‚Sight–_Seeing‘. Die Künstler wurden eingeladen, Tirol aus ihrem Blickwinkel zu zeigen. Das hat für viel Diskussion gesorgt, aber neue Wege geschaffen, um anspruchsvolle Zielgruppen anzusprechen.“ Die Innovations- und Durchsetzungskraft Tirols habe sich weit über die Grenzen deutlich gezeigt, so Wiedenmann. Der Schweizer Zenhäusern teilt diese Meinung grundsätzlich, weist aber darauf hin, „dass Tirol immer dafür bekannt war, dass es dort bessere öffentliche Rahmenbedingungen für den Tourismus gab. Bessere als etwa in der Schweiz.“ Die gesamte Region Tirol sei schon immer sehr tourismusaffin gewesen, sagt Zenhäusern: „Doch man hört, dass sich
URS ZENHÄUSERN war bis Oktober 2012 Direktor von Wallis Tourismus und gilt als einer der profiliertesten Tourismusexperten der Schweiz.
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dies mittlerweile etwas verändert hat und auch in Tirol die Unterstützung durch die öffentliche Hand zurückgeht, wodurch sich die Leistungsträger künftig mehr selbst engagieren und besser aufstellen müssen. Das ist sicherlich eine Herausforderung für Tirols Tourismus.“
wie 2012, aber die Konkurrenz war auch noch nie härter. Das Wachstum im letzten Sommer in Tirol hat etwas stärker bei den Ferienwohnungsanbietern stattgefunden. Die Spitzenhäuser haben ihr Geschäft auch gemacht. Die Anbieter dazwischen ohne eine klare Positionierung sind am Kämpfen.“ Wiedenmann sieht in der Frage der Wertschöpfung eine globale Herausforderung, die „Tirol mit vielen reifen Destinationen teilt“.
„Das geht nie.“ Einigkeit herrscht bei
Das ewige Thema. Die vielleicht größte Schwäche im Tiroler Modell ist für die beiden Experten die Frage der
Der künftige „Tiroler Weg“. © SYBILLE WIEDENMANN
den Experten, wenn es um das Thema Regionalisierung im Tourismus geht. Wenngleich dies nicht immer so war, wie Wiedenmann einräumt: „Das Land Tirol hat hier eine unglaubliche Konsequenz an den Tag gelegt. Als ich vor rund zehn Jahren zum ersten Mal von diesem Plan hörte, dachte ich: ‚Das geht nie‘. Heute ist dieser Plan Realität und ich berichte in meinen Vorlesungen mit großem Respekt davon. Die Destinationen wurden dadurch sehr gestärkt und haben an Schlagkraft gewonnen. Dieser Prozess ist wahrscheinlich nie ganz am Ende, da immer wieder neu um die beste Art und Weise der Zusammenarbeit und Kräftebündelung gerungen werden wird, aber hier hat Tirol sehr viel bewegt.“ Urs Zenhäusern blickt sogar fast ein wenig neidisch auf diesen Tiroler Weg: „Die Tiroler Strategie, weg von kleinen Tourismusverbänden, hin zu großen regionalen Verbünden, ist sicherlich goldrichtig. Wir wollten diesen Weg auch im Wallis gehen, was aber leider nicht geglückt ist. Denn bei uns in der Schweiz werden solche Entscheidungen im Rahmen der direkten Demokratie vom Volk gefällt. Der vom Tourismus gewünschte und dringend nötige Strukturwandel war jedoch beim Volksentscheid mit einem umstrittenen neuen Finanzierungsmodell gekoppelt. Dieses Finanzierungsmodell fand keine Zustimmung, wodurch leider auch der in der Abstimmung daran gekoppelte Strukturwandel abgelehnt wurde. Hier ist Tirol gegenüber der Schweiz klar im Vorteil, weil dieser Wandel hin zu großen, regionalen Verbänden von der Landesregierung verordnet wurde.“ Zenhäusern wünscht sich bei derart wichtigen, richtungsweisenden Entscheidungen auch für die Schweiz mehr „Bestimmung von oben“, um nicht den Anschluss zu verlieren: „Denn die Konkurrenz im Tourismus nimmt ständig zu und da ist es wichtig zusammenzurücken.“
„Tourismus ist in Tirol Leitökonomie und Tagesgespräch. Er bewegt viele, weit über die Tourismusbranche hinaus: vom Landeshauptmann angefangen über die Kulturszene bis in die Stammtische hinein. Das ist eine wichtige Voraussetzung für eine starke Tourismusentwicklung.“ SYBILLE WIEDENMANN
Wertschöpfung, wie Zenhäusern erklärt: „Die Region Tirol ist zwar klar führend in den Alpen, was die Nächtigungszahlen angeht, aber im Wallis bleibt uns unterm Strich mehr von den Gästen, weil wir mehr auf das direkte Geschäft, ohne die Reiseveranstalter dazwischen, setzen.“ Auch Wiedenmann sieht hier für Tirol Nachholbedarf: „An diesem Punkt arbeitet die ganze Tourismuswelt: Von Neuseeland, die ihre Wertschöpfung 2013 um 3 Prozent steigern wollen, über die Sonnenziele bis in den Alpenraum. Es waren zwar noch nie mehr Gäste international unterwegs
Die aktuelle Tourismusstrategie „Tiroler Weg“ läuft 2012 aus. In den vergangenen vier Jahren „wurde in Tirol auf allen Ebenen viel geschaffen“, ist Sybille Wiedenmann überzeugt. Für die Zukunft empfiehlt sie einen stärkeren Fokus auf Nachhaltigkeitskonzepte in Sachen Destinationen und Hotellerie sowie eine profilierte Angebotsentwicklung auf Destinationsebene: „Eine Marke ist ein Leistungsbeweis und kein Versprechen. Das hohe Vertrauen der Gäste in die Marke Tirol muss auch in Zukunft eingelöst werden.“ Urs Zenhäusern sieht die Zukunftsaussichten des Tiroler Tourismus ebenfalls positiv, wenngleich dies mit einigem Aufwand verbunden sein wird: „Die größte Herausforderung für die Zukunft ist sicherlich, dass sich auch Tirol als Tourismusdestination ständig weiterentwickeln muss. Das Tempo ist mittlerweile enorm und permanent muss investiert werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“ Wiedenmann ist fest davon überzeugt, dass der Tiroler Tourismus diese Herausforderungen annehmen und auch bewältigen wird: „Tirol hat alle Voraussetzungen, auch in Zukunft eine führende Rolle im Alpenraum einzunehmen: eine starke Marke, eine innovative Tirol Werbung, gut aufgestellte Destinationen, mutige Unternehmer, Rückenwind aus der
SYBILLE WIEDENMANN lehrt Destinationsmanagement an der Hochschule München und ist als Unternehmensberaterin tätig. Zuvor war sie Geschäftsführerin von Bayern Tourismus.
Politik, Vernetzung mit der Wissenschaft, profilierte Produkte und herzliche Gastgeber. Wenn diese starken Partner sich als ein Team sehen, wird Tirol auch in Zukunft ganz sicher auf dem Stockerl stehen.“ ×
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MAGAZIN
© PROMEDIA/JOCHUM
Stolze Preisträger bei der Verleihung des „Best Ski Resort“-Awards 2012 (v. l.): Valentin König (CEO Aletsch Bahnen Management AG, 3. Rang), die Gesamtsieger Georg Geiger (GF Bergbahnen Serfaus) und Hubert Pale (GF Bergbahnen Fiss-Ladis), Rainer Flaig (CEO Saas Fee Bergbahnen AG, 2. Platz) und Studienleiter Mike Partel.
Preisgekrönt Der „Best Ski Resort“-Award 2012 wurde verliehen.
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as Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis ist zum besten Skigebiet der Alpen gekürt worden, gefolgt von den beiden Schweizer Ski-Resorts Saas Fee (Platz 2) und der Aletsch-Arena (3.). Im Rahmen der Kundenzufriedenheitsanalyse wurden im Winter 2011/12 über 40.000 Wintersportler in den Top-Skigebieten
der Alpen befragt. Damit ist „Best Ski Resort“ die größte und aussagekräftigste On-Mountain-Umfrage im Alpenraum. „Best Ski Resort“ ist eine unabhängige Kundenzufriedenheitsstudie, die im Zwei-Jahres-Rhythmus von der Mountain Management Consulting durchgeführt wird. In der Wintersaison 2011/12 wurden dabei 41.846 Skifahrer und Snowboarder in 55 Skigebieten in Österreich, Deutschland, Italien, Frankreich und der Schweiz hinsichtlich ihrer Zufriedenheit und Prioritäten befragt. ×
experten präsentiert. Die Veranstaltung findet am 24. Jänner 2013 von 10 bis 18 Uhr im Rahmen der ENTER 2013 im Congress Innsbruck statt.
© CMI
Austausch seit 20 Jahren. ENTER
Aktuelle Trends auf der ENTER
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nter dem Motto „20 Jahre ETourismus in Österreich – Erfolgsgeschichten und Herausforderungen für die Zukunft“ werden beim Austrian eTourism Day aktuelle Trends und erfolgreich umgesetzte Projekte zu den Themen Onlinevertrieb, smarte Technologien und E-Marketing von Tourismus-
ist die weltweit größte Konferenz zum Thema Informations- und Kommunikationstechnologien im Tourismus. Praktiker, Vertreter der Tourismusindustrie und Wissenschaftler treffen sich von 23. bis 25. Jänner zum Austausch der aktuellsten Trends, Entwicklungen und Anwendungen in diesem Bereich. ENTER wurde vor 20 Jahren in Innsbruck begründet und kehrt anlässlich dieses Jubiläums wieder zu den Wurzeln zurück. Ein detailliertes Programm und Informationen zur Registrierung finden Interessierte unter www.enter-2013.org.
© CINE TIROL
29 Die Referenten des Seminars „Filmtourismus“ Mike Peters (MCI), Josef Gottschall (Wien Kanal), Daniela Kirchner (Film London) und Johannes Köck, Leiter der Cine Tirol (v. l. n. r.)
KULTURTIPPS
VON ES THER PIRCHNER
© LAUTTENCOMPAGNEY, IDA ZENNA
Tirol im Film Wie lassen sich Filmproduktionen touristisch nutzen? Dieser Frage widmete sich die Cine Tirol Ende Oktober bei einem Fachseminar. Im Rahmen der Fachveranstaltung „Filmtourismus – über die touristische Verwertung von Filmproduktionen“ am 23. Oktober setzten sich zahlreiche Tiroler Touristiker nun mit dem Thema auseinander. Zu den Vortragenden zählten A.-Univ.-Professor Mike Peters (MCI), Daniela Kirchner (Film London) und Josef Gottschall (Wien Kanal). ×
ERSEHNTE ANKUNFT Die Ankunft des Messias vertonte Georg Friedrich Händel in einem Oratorium, das vor allem zu Weihnachten und Ostern aufgeführt wird. In der Reihe musik+ spielen es die Lauttencompagney, die Capella Angelica und Wolfgang Katschner. 21. Dezember 2012, 20:15 Uhr, Congress, Innsbruck
© KINDERTHEATER STROMBOMBOLI
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ilme beeinflussen Urlaubsentscheidungen. So zumindest das Ergebnis einer britischen Studie: Immerhin 27 Prozent der Befragten gaben an, sich bei ihren eigenen Urlaubsplanungen von Filmen inspirieren zu lassen. Das bestätigt die Arbeit von Cine Tirol, die rund 400 Filmproduktionen aus dem In- und Ausland nach Tirol geführt hat.
BUCHTIPP
VOM GLÜCK DES GEHENS
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ERHOFFTE FLUGKUNST Wenn sich ein Schwein, ein Vogel und ein Fisch anfreunden, gibt es viel Neues zu lernen: Fliegen, gehen und schwimmen kann zwar nicht jeder auf Anhieb, aber im Kindertheaterstück „Wir können noch viel zusammen machen“ ist alles möglich. 3. Januar 2013, 15 h, Kulturlabor Stromboli, Hall
© NIKLAS GOLDBACH, TEN, 2010
© HAYMON VERLAG
ergwandern hält nicht nur den Körper gesund, sondern auch den Geist fit. Sogar Alois Schöpf, bekennender Nicht-Geher, postuliert das nun in seinem Essay „Glücklich durch Gehen. Über die Heilkraft des Bergwanderns“. Seine Erkenntnisse lässt er wissenschaftlich von Dr. Peter Gartner absichern – zumindest da, wo es möglich ist. Doch Alois Schöpfs Essay kommt nicht so bierernst daher, wie es die Inhaltsangabe vermuten lässt. Denn der Autor schaut mit einer großen Portion Selbstironie auf seine eigene „Geh“-Biografie und spart nicht mit ehrlichen Bekenntnissen. Und so schaff t er es mit seinem Essay, den Leser nicht nur zum Gehen, sondern auch zum Lachen zu bringen. × Alois Schöpf: Glücklich durch Gehen. Über die Heilkraft des Bergwanderns. Limbus Verlag.
VERLIEBTES SELBSTBILD
Im Bilde
Im „Spiegel des Narziss“ sehen sich Künstler seit der Antike. Die Galerie im Taxispalais zeigt Historisches und Zeitgenössisches zum Thema Selbstverliebtheit, unter anderem von Niklas Goldbach (Foto), Luis Camnitzer und Anan Tzuckermann. Bis 10. Februar, Galerie im Taxispalais, Innsbruck
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m Jahr 1854 begann der erste Tiroler die Fotografie als Gewerbe zu betreiben. Bald schon traten mehrere einheimische Fotopioniere mit beachtlichen Leistungen in Erscheinung. Zwei, drei Jahrzehnte später war das neue Medium aus dem gesellschaftlichen und kulturellen Leben nicht mehr wegzudenken. Seit 1936 ist die Firma Durst ein Teil der Tiroler Fotografiegeschichte. Eine Ausstellung aus Anlass ihres 75-jährigen Bestehens und das Katalogbuch dazu spannen am Beispiel von 75 Fotografinnen und Fotografen aus allen Landesteilen des historischen Tirol einen Bogen von den Pionierzeiten bis zur Gegenwart. Ihr ganz persönlicher fotografischer Blick und die Vielfalt an Möglichkeiten und Facetten des Mediums stehen im Mittelpunkt. ×
WEITERE VERANSTALTUNGEN
Michael Forcher, Meinrad Pizzinini (Hrsg.): Tiroler Fotografie 1854–2011. Haymon Verlag.
Supp’n Sound: Just Before Christmas mit Suppe, Keksen und Musik von M185, Woodpidgeons u. a. 23.12.2012, 19 h, Die Bäckerei, Innsbruck, www.diebaeckerei.at Neujahrskonzert der Wiltener Sängerknaben 2.1.2013, 20:30 h, Tux-Center Lanersbach Quadriga Consort: Mystery & Crime 11.1.2013, 20 h, Collegium Canisianum, Innsbruck, www.lebensmusik.at Maskerade und Mummerey, Kinderworkshop 2.2.2013, 14:30 h, Schloss Ambras, Innsbruck, www.khm.at/ambras
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ie Geschichte des Berg. Welten-Preises ist schnell erzählt. Alles fing in den 90er-Jahren an: Das Land Tirol verlieh jährlich einen Reiseliteratur- und einen Reisejournalistenpreis. Die Tirol Werbung war angetan von dem Konzept des Journalistenpreises und unterstützte ihn mit finanziellen Mitteln. Als das Land Ende der 90er-Jahre beschloss, den Preis einzustellen, rief die Tirol Werbung Anfang der Nullerjahre kurzerhand selbst einen Reisejournalisten-Bewerb ins Leben. „Berg. Welten“ war geboren. Jedes Jahr wird seither einem journalistischen Text, der sich mit dem Thema „Berg“ befasst, der Berg.Welten.Wort-Preis verliehen. Später kam eine weitere Kategorie dazu: Bei Berg.Welten.Bild wird das schönste Bergfoto, das im vorhergehenden Jahr publiziert wurde, gekürt.
Zehn Jahre Berg.Welten Die Berge als der kleinste gemeinsame Nenner: Der Reisejournalistenbewerb Berg.Welten führte schon in den Schwarzwald, nach Ischgl und nach Nepal. Heuer feierte Berg.Welten seinen zehnten Geburtstag. V O N S Y LV I A A I N E T T E R
Hohes Niveau.
Doch warum das Ganze? „Berg.Welten ist für uns ein ideales Mittel,um Netzwerkpflege mit den für uns wichtigen Journalisten aus dem deutschsprachigen Raum zu betreiben und deren Leistungen in den Vordergrund zu rücken. Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass sich die Texte mit dem Thema Berg beschäftigen – denn der Berg ist ein wesentlicher Teil der Marke Tirol. Damit trägt der Bewerb zur Aufladung unserer Marke bei“, erklärt Florian Neuner, Projektleiter von „Berg.Welten“. Der Preis ist unter Journalisten sehr begehrt. Jährlich werden rund 90 Texte und etwa 135 Fotos eingereicht. Texte und Bilder könnten dabei unterschiedlicher nicht sein: Der diesjährige Siegertext handelt von einer riskanten Bergrettungsaktion im Himalaya, im Jahr davor begleitete der siegreiche Autor den Volksmusikstar Herbert Pixner auf seiner Tournee. Erschienen sind beide Texte im „Geo“. Das Niveau der ausgezeichneten Texte ist generell hoch, sie wurden in namhaften Medien wie „Geo“, „Die Zeit“ oder der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ publiziert. Damit erziele man außerdem einen Imageeffekt bei den Journalisten, so Neuner: „Tirol wird mit hoher Qualität assoziiert.“ Die Tirol Werbung nahm stets in Kauf, dass sich das mediale Interesse am Berg.Welten-Bewerb in Grenzen hält. „Zeitungen berichten in der Regel nicht darüber, wenn ein Redakteur eines Konkurrenzmediums einen Preis bekommt“, erklärt Neuner, „das wussten wir aber von Anfang an.“
„Berg.Welten ist für uns ein ideales Mittel, um Netzwerkpflege mit den für uns wichtigen Journalisten aus dem deutschsprachigen Raum zu betreiben.“ FLORIAN NEUNER, PROJEKTLEITER TIROL WERBUNG
Nachdenkpause. Dennoch soll der Berg.Welten-Bewerb künftig einen noch größeren werblichen Nutzen erzielen. „Wir gönnen uns eine Nachdenkpause. Im kommenden Jahr wird kein Preis vergeben
werden“, sagt Florian Neuner. Das Konzept soll in dieser Zeit überarbeitet, neue Ideen eingebracht werden. Mit dem Ziel, mehr Medienpräsenz zu erreichen und Berg. Welten neue Impulse zu verleihen. ×
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Siegerbild 2012. Michael Najjars Montage „High Altitude“ stellt den NasdaqKursverlauf von 1980 bis 2009 dar.
DIE DIESJÄHRIGEN BERG.WELTENGEWINNER Berg.Welten.Wort: Tom Dauer entschied mit „Was ein Leben kosten darf“, einer Reportage über eine dramatische Bergrettungsaktion im Himalaya, den Bewerb für sich. Die Jury begründete ihre Entscheidung unter anderem damit, dass die Reportage „spannend wie ein Krimi“ sei und „den Leser von der ersten Zeile an packt“. Berg.Welten.Bild: „High Altitude“ von Michael Najjar heißt das diesjährige Siegerbild. Dabei handelt es sich um eine stark bearbeitete Fotografie: Die Bergkette gibt es nicht, sie entspricht dem Verlauf des Börsenindex Nasdaq von 1980 bis 2009. Als Grundlage diente ein Foto, das Najjar während der Besteigung des fast siebentausend Meter hohen Aconcagua in Südamerika gemacht hat.
© MICHAEL NAJJAR, TIROL WERBUNG
ANEKDOTEN Der Gewinner des Jahres 2005, Bartholomäus Grill, brachte zur Preisverleihung nicht nur seine Freunde und Familie mit, sondern rückte mit einer Abordnung der Musikkapelle aus seinem Heimatort an. Freddy Langer, Preisträger des Jahres 2003, glaubte beim telefonischen Überbringen seines Sieges, dass ihm das Satiremagazin „Titanic“ einen Streich spielt.
Zum Touristiker geboren? Kompetente Beratung rund um Aus- und Weiterbildung im Tourismus – einfach – schnell – kostenlos: Telefon: 05 90 90 5 - 1215 E-Mail: thomas.geiger@wktirol.at Internet: WKO.at/tirol/tourismus
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„Ein Kongressgast ist ein potenzieller Urlaubsgast“ Die Kunden haben dem Convention Bureau Tirol kürzlich eine hervorragende Note ausgestellt. Es wurde zum besten seiner Art in Mitteleuropa gewählt. Leiterin Christine Stelzer erklärt im Interview, was den Erfolg ausmacht und warum die Kongresswirtschaft für Tirol wichtig ist. DA S INTERVIEW FÜHRTE SONJA K AINZ .
Wie lässt sich der Erfolg eines Convention Bureaus generell messen? Das ist natürlich sehr schwierig, weil die Daten nicht in dem Ausmaß vorhanden sind, wie das beim klassischen Urlaubsgast der Fall ist. In Österreich haben wir erst seit drei Jahren eine Kongressstatistik, in der Tagungen, Kongresse und andere Firmenevents erfasst werden. Diese Statistik lebt allerdings von der Eingabe. Derzeit können wir damit ungefähr 90 Prozent der Kongresse erfassen, bei den Firmentagungen sieht es schon anders aus. Viele Firmen wollen diese Daten nicht veröffentlichen. Hier sind wir abhängig von den Betrieben, die die Veranstaltungen melden. Kongressstatistiken mit Wertschöpfungsberechnungen gibt es bisher nur für Wien, dort arbeitet man allerdings schon seit 30
Jahren daran. Unser Ziel ist es, auch für Tirol genauere Zahlen und Wertschöpfungsberechnungen zu bekommen. Lässt sich aus den Zahlen dennoch etwas herauslesen? Laut der letzten Kongressstatistik 2011 wurden in Tirol insgesamt 1.000 Veranstaltungen gemeldet, die rund 350.000 Nächtigungen generieren. Man kann also nicht davon sprechen, dass das Segment vernachlässigbar ist. Außerdem entsprechen diese Zahlen niemals den Veranstaltungen, die tatsächlich stattfinden. Wir haben sicher weit über 1.000 Firmenveranstaltungen im Jahr. Unterscheidet sich ein Kongressgast von einem klassischen Urlaubsgast? Die Wertschöpfung ist bei einem Kongressgast bis zu dreimal höher als bei einem Urlaubsgast. Die Nächtigungskosten sind meist viel höher, außerdem schaut er nicht so aufs Geld. Er ist meist nur einen oder zwei Tage vor Ort und gönnt sich dann vielleicht ein besseres Abendessen. Die höheren Tagesausgaben hängen auch damit zusammen, dass Gäste außerhalb des Kongresses oft Networking
betreiben. Mit den Kollegen geht man dann eher in ein Restaurant der gehobenen Preisklasse. Viele verlängern auch ihren Aufenthalt. Außerdem ist der Kongressgast auch ein potenzieller Urlaubsgast. Welche Bedeutung hat der Kongress- und Firmentourismus derzeit für Tirol? Der Kongressbereich ist auf jeden Fall standortrelevant. Als Convention Bureau Tirol haben wir pro Jahr zwischen 300 und 350 Kundenanfragen, die wir direkt betreuen und Betriebe vermitteln, die meisten Anfragen
„In den vergangenen Jahren ist ein Bewusstsein entstanden, dass man heutzutage am Markt gemeinsam auftreten muss. Man muss Mittel bündeln, sonst hat man keine Chance gegen die Mitbewerber.“ CHRISTINE STELZER
© FRANZ OSS
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AISON: Frau Stelzer, das Convention Bureau Tirol hat kürzlich eine schöne Anerkennung erhalten. Es wurde vom Fachmagazin „The MICE Report“ zum besten Convention Bureau Mitteleuropas gewählt. Warum ist die Wahl auf Tirol gefallen? CHRISTINE STELZER: Es war eine Wahl der Kunden. Tirol punktet damit, dass wir auf den Märkten sehr geschlossen auftreten. Der Kunde weiß, dass er ein Netzwerk vor sich hat. Ein weiterer Punkt ist die Professionalität unserer Anbieter. Wir haben teilweise Kongresszentren, die seit über 30 Jahren erfolgreich tätig sind. Das bringt einen großen Vertrauensvorsprung. Tirol setzt man mit Vertrauen, Professionalität und Netzwerken gleich. Wenn wir mit unseren Partnern gemeinsam auftreten, ist das immer sehr familiär. Das kommt bei den Kunden sehr gut an.
Kongressland Tirol. Zentren wie der Congress Innsbruck, der Congresspark Igls (l. u.) oder das Congress Centrum Alpbach können zum Teil durchaus mit Einrichtungen in Großstädten mithalten.
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© CONGRESS INNSBRUCK, MICHAEL RATHMAYR, LOIS HECHENBLAIKNER/CONGRESS CENTRUM ALPBACH
Innsbruck sehr gut gegenüber Großstädten wie Barcelona oder Prag punktet. Das liegt darin, dass wir kurze Wege haben und man von A nach B zu Fuß gehen kann. Die Teilnehmer verlaufen sich nicht. Die Flughäfen in Innsbruck und München bieten außerdem eine sehr gute Anbindung für internationale Kunden.
gehen aber direkt an die Betriebe. Diese Anzahl steigt, anfangs waren es rund 100. Aus einem Drittel der Anfragen wurden im vergangenen Jahr auch tatsächliche Buchungen, was für die Qualität der Anfragen spricht. Bei unserer Arbeit steht vor allem die Beratungstätigkeit im Vordergrund. Ein potenzieller Kunde meldet sich bei uns und erklärt, was für eine Art von Veranstaltung er plant und was er sich vorstellt. Wir beraten ihn und vermitteln ihn an die Partner mit dem entsprechenden Angebot weiter. Welche Vorteile hat es für die Anbieter in der Region, mit dem Convention Bureau zusammenzuarbeiten? Ein Vorteil ist, dass es ein Netzwerk gibt, in dem man sich austauschen kann. Durch dieses Netzwerk Convention Bureau ist der Zugang untereinander leichter. Man ergänzt sich, nützt Synergien. Wir haben ganz unterschiedliche Partner – Kongresszentren, Hotels, verschiedene Locations und Agenturen. In den vergangenen Jahren ist ein Bewusstsein entstanden, dass man heutzutage
am Markt gemeinsam auftreten muss. Man muss Mittel bündeln, sonst hat man keine Chance gegen die Mitbewerber. Die starke Marke Tirol ist ein Riesenvorteil für diese Betriebe. Was spricht für Firmenevents in Tirol? Von unseren Kunden hören wir sehr oft, dass es vor allem die Berge sind und die Verbindung zwischen Stadt und Berg wie in Innsbruck. Weitere Punkte sind der gute Wirtschaftsstandort, die internationalen Unternehmen, die hier angesiedelt sind und natürlich die universitären Einrichtungen. Es passiert hier sehr viel. Der Wirtschaftsstandort hat sich in den letzten Jahren massiv entwickelt. Wir konkurrieren zum Teil mit Großstädten. Sind Großstädte im Kongresstourismus nicht von vornherein in einer überlegenen Position? Das ist total unterschiedlich. Es gibt Kongresse, die generell nur in Hauptstädten stattfinden. Teilweise haben diese Veranstaltungen so viele Teilnehmer, dass wir sie gar nicht entsprechend unterbringen könnten. Es gibt aber auch Fälle, in denen
Wir leben derzeit in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Macht sich das im Tagungstourismus bemerkbar? Ja, schon. Das bedeutet aber nur bedingt Rückgänge. Unser Vorteil ist, dass viele Firmen, die früher für ihre Veranstaltungen weiter weggeflogen sind, jetzt eher im Nahbereich bleiben. Man merkt es allerdings stark bei der Höhe der Ausgaben. Der Kunde ist sehr viel preisbewusster geworden und kalkuliert sehr eng. Es werden wenige bis gar keine Rahmenprogramme veranstaltet. Darauf müssen sich auch die Anbieter einstellen. Das Schlagwort Nachhaltigkeit ist derzeit auf vielen Ebenen präsent, auch im Tagungsbereich. Könnten Green Meetings für Tirol zum wichtigen Markt werden? Mit Ressourcen umzugehen, ist in Tirol immer schon ein Thema gewesen, nur wäre vor fünfzehn Jahren niemand auf die Idee gekommen, es zu vermarkten. Jetzt ist es Marketingthema geworden und ganz Europa springt darauf auf. Das Kongresszentrum Alpbach ist hier Vorreiter. Das ganze Dorf lebt dort das Thema Nachhaltigkeit. Agenturen überlegen sich mittlerweile spezielle Programme, weil es die entsprechende Nachfrage gibt. Das ist ein starker Trend. Wir haben das Glück, dass es in Tirol weitere Anbieter wie Congress und Messe Innsbruck gibt, die sich dazu Gedanken machen. Die Tatsache, dass wir solche Angebote haben, kann ausschlaggebend sein, dass ein Kunde sich dafür entscheidet, eine Veranstaltung in Tirol zu realisieren. Vielen Dank für das Gespräch.
×
CONVENTION BUREAU TIROL Das CBT wurde 2005 gegründet. Seine Aufgabe ist es, zielgruppenorientierte Destinationswerbung zu betreiben. Die Zielgruppe sind unter anderem internationale Kongressveranstalter, Tagungsveranstalter und Eventagenturen. Die größten Zielmärkte für Tirol stellen Deutschland, das in Europa zu den größten Veranstaltern von Firmenevents zählt, Österreich, Großbritannien und die Benelux-Länder dar. Das Convention Bureau Tirol befindet sich unter dem Dach der Tirol Werbung.
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RUMÄNIEN
Skifahrernation an der Schwarzmeerküste Der Marktanteil der Gäste aus Rumänien ist zwar noch relativ bescheiden, das Land gilt allerdings als der Zukunftsmarkt schlechthin. Eine aufstrebende Mittelschicht entdeckt das Reisen für sich und Tirol steht weit oben auf der Liste der Wunschurlaubsziele. VON SONJA K AINZ
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ehr als 17 Stunden beträgt die Fahrtzeit mit dem Auto von Bukarest nach Innsbruck, trotzdem ist Tirol innerhalb Österreichs eines der beliebtesten Ziele rumänischer Urlauber. Geschlagen wird es nur von Wien. „Rumänien ist für uns der neue Zukunftsmarkt“, sagt Holger Gassler, Leiter der Märkte Großbritannien, Nord-, Zentral- und Osteuropa sowie Fernmärkte, weshalb derzeit relativ stark investiert werde. Dass auf dem Land an der Schwarzmeerküste so große Hoffnungen ruhen, hat eine Reihe von Gründen. Zum einen sind es die geradezu utopisch anmutenden Zuwächse der vergangenen Jahre. Innerhalb von zehn Tourismusjahren (2001/02 bis 2011/12) erhöhten sich die Nächtigungen um 1.403 Prozent. Auch in absoluten Zahlen kann sich das Plus noch sehen lassen, auch wenn der Marktanteil insgesamt noch gering ist. Derzeit liegt Rumänien mit einem Anteil
von 0,5 Prozent bei den Übernachtungen auf Rang 14 der Herkunftsmärkte. „Wir glauben, dass das Potenzial noch nicht erreicht ist“, sagt Gassler.
Skifahren sehr beliebt. Ein weiteres Argument für die Bedeutung als Hoffnungsmarkt ist, dass Rumänen sehr wintersportaffin sind. „Die Rumänen sind begeisterte Skifahrer.“ Acht von zehn Wintergästen fahren Ski. Skigebiete gibt es zwar auch in ihrem Heimatland, diese seien aber vergleichsweise klein, teuer und überfüllt. In Tirol schätzen diese Gäste deshalb besonders die gute Infrastruktur und das gute Preis-Leistungs-Verhältnis. Außerdem lieben sie das Tiroler Lebensgefühl und die Feierkultur nach dem Sport. „Après-Ski kennt man dort nicht“, so Gassler. Tirol hat bei den Urlaubern aus dem Land am Rande Europas anscheinend einen besonderen Stein im Brett. „32 Prozent der Rumänen, die im Winter
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© TVB MAYRHOFEN
Wohl bekomm‘s. Rumänische Gäste lieben das gemütliche Beisammensein und die Tiroler Gastfreundschaft, zu der – wie hier im Zillertal – gerne auch einmal ein Schnapserl gehört.
in die Alpen fahren, kommen nach Tirol“, gibt Gassler an. Tirol genieße einen hervorragenden Ruf als Wintersportdestination und habe gegenüber den anderen österreichischen Regionen einen klaren Wettbewerbsvorteil, führt er weiter aus. Zwischen 2005/2006 und 2010/11 betrugen die Zuwächse in Tirol beispielsweise 315 Prozent, in Kärnten 294 Prozent, in ganz Österreich 205, in Salzburg 180. Die Haupturlaubszeit für den Winterurlaub in Rumänien ist der Jänner. 60 Prozent des Gästeaufkommens fallen auf die ersten beiden Monate des Jahres, der Jänner ist mit 38,1 Prozent der stärkste Monat, eine Zeit, in der es in Tirol traditionell wieder etwas ruhiger wird.
Keine Billigtouristen.
Außerdem will Gassler mit dem Vorurteil aufräumen, es handle sich bei diesem Gästesegment um Billigtouristen. „Das stimmt nicht. Rumänien hat eine der höchsten Wirt-
„32 Prozent der Rumänen, die im Winter in die Alpen fahren, kommen nach Tirol.“ HOLGER GASSLER, LEITER DER MÄRKTE GROSSBRITANNIEN, NORD-, ZENTRAL- UND OSTEUROPA SOWIE FERNMÄRKTE
schaftswachstumsraten innerhalb Europas.“ Zwischen 2006 bis 2008 betrug das jährliche BIP-Wachstum zwischen 6,3 und 7,9 Prozent. Dennoch zählt es zu den ärmsten Ländern Europas. 2008 brachen die zuvor beeindruckenden Wachstumsraten aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise ein, auch 2012 dürfte sich, wenn überhaupt, nur ein bescheidenes Plus ausgehen. Fürs kommende Jahr wird allerdings wieder mit einer Erholung der Wirtschaft gerechnet. Zu den ökonomisch am stärksten entwickelten Regionen Rumäniens zählt der Großraum um Bukarest. Dort ist auch
die Kaufkraft dementsprechend hoch. Die Werbemaßnahmen der Tirol Werbung beschränken sich deshalb auf den Ballungsraum rund um die Hauptstadt und die historische Region Siebenbürgen, auch bekannt als Transsilvanien, die sich im Zentrum des Landes befindet. „Wir betreiben hier das ganze Jahr über Verkaufsförderung und PR. Im Winter laufen Imagekampagnen zusammen mit Partnern“, erklärt Gassler. Rumänien ist bisher vor allem ein Winterreisemarkt, der Sommer hinkt deutlich hinterher. „Der Alpenurlaub hat sich dort noch nicht so positioniert.“
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Auto wichtiges Statussymbol.
TIPPS FÜR DIE MARKTBEARBEITUNG • Rumänen legen großen Wert auf ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis und buchen sehr gerne All-inclusive-Pakete (inkl. Skipass). • Rumänische Gäste schätzen besonders die berühmte Tiroler Gastfreundschaft und eine familiäre Atmosphäre – gerne werden sie auf einen Schnaps eingeladen. • Sagen Sie beim Anstoßen niemals Prost – das ist in Rumänien ein Schimpfwort (rumänisch: noroc). • Shopping und Wellness gehören für die Rumänen zu wichtigen Zusatzaktivitäten im Winterurlaub. • Für rumänische Reiseveranstalter bzw. Journalisten ist der persönliche Kontakt überaus wichtig.
KONTAKT Mag. Christina Ruhfass, Marketing Rumänien Tel.: +43 (0)512/5320-646 christina.ruhfass@tirolwerbung.at
REISEMARKT RUMÄNIEN IN ZAHLEN: WINTERAKTIVITÄTEN: 8 von 10 Wintergästen aus Rumänien fahren Ski. Shopping hat eine überdurchschnittliche Bedeutung. DER TYPISCHE RUMÄNISCHE WINTERGAST ist mit 40 Jahren jünger als der Tirol-Schnitt (43 Jahre).
ANREISE: 85 Prozent der Rumänen kommen mit dem eigenen Pkw, 10 Prozent mit dem Bus, 5 Prozent reisen mit dem Flugzeug an.
AUFENTHALTSDAUER WINTER 2011/12: 6,3 Tage (Tirol gesamt: 4,9), Sommer 2012: 3,8 Tage (4,0)
BUCHUNGSGEWOHNHEITEN: Etwa 50 Prozent buchen ihre Reise direkt.
BEVORZUGTE UNTERKUNFT: 37 Prozent nächtigen in Ferienwohnungen (Tirol-Schnitt 28 Prozent), 29 Prozent entscheiden sich für die gehobene Hotellerie (Tirolschnitt 33 Prozent).
Im Winter Rang 13 (0,8 Prozent), im Sommer Rang 26 (0,2 Prozent), gesamt 14 (0,5 Prozent) REISEHÄUFIGKEIT: Die wichtigsten Herkunftsregionen sind der Großraum Bukarest sowie der Norden und Westen des Landes – die Regionen Banat (Timisoara), Crisinau (Oradea) und Transsilvanien (Sibiu Cluj)
INFORMATIONSQUELLE: Internet (65 Prozent)
NÄCHTIGUNGSZAHLEN: Winter 2011/12 198.321 (+0,8 Prozent), Sommer 2012 32.763 (-13 Prozent)
TAGESAUSGABEN IM WINTER (INKL. ANREISE): 118 Euro (Tirolschnitt 138 Euro)
REISEVOLUMEN 2008: 4,5 Millionen Auslandsreisen
MARKTANTEIL IM GÄSTEMIX 2011/12:
BIP PRO KOPF: 4.200 Euro (EU 23.000 Euro)
© TIROL WERBUNG
Metropolregion. Zu den ökonomisch am stärksten entwickelten Regionen Rumäniens zählt der Großraum um Bukarest.
Dafür sind Österreich und vor allem Tirol im Winter umso beliebter. „Das liegt zum einen an der Historie, Teile Rumäniens gehörten zu Zeiten der Habsburger zur Österreich-Ungarischen Monarchie, zum anderen ist Österreich dort nach wie vor wirtschaftlich in vielen Bereichen stark engagiert und damit präsent“, begründet Gassler. Wer sich einen Tirol-Urlaub leisten kann, ist in der Regel überdurchschnittlich gebildet und spricht sehr gut Englisch. Mit 118 Euro pro Tag gibt der rumänische Gast weniger aus als der durchschnittliche Tiroler Wintergast (138 Euro). Rumänien ist ein klassischer Autoreisemarkt. 85 Prozent kommen mit dem eigenen Fahrzeug. Der Pkw gilt als wichtiges Statussymbol. Die beliebtesten Regionen in Tirol sind das Ötztal, gefolgt vom Zillertal, Paznaun-Ischgl und Innsbruck mit seinen Feriendörfern. Rumänen verreisen gerne mit ihrer Familie oder auch in größeren Gruppen. „Häufig fahren zwei Familien zusammen in den Urlaub“, sagt Gassler. „Womit man sich wirklich gut positionieren kann, ist mit einem sehr guten Familienangebot“, rät der Marktleiter und räumt besonders Familienskigebieten gute Chancen ein. ×
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© EMANUEL KASER
S „Alle, die im Tourismus arbeiten, sollten die Gäste sensibilisieren“ Peter Veider, Geschäftsführer der Bergrettung Tirol, über gegenseitiges Geben und Nehmen, die Suche nach immer extremeren Abenteuern und die Tiroler Vollkasko-Mentalität. D A S I N T E R V I E W F Ü H R T E J A N E K AT H R E I N .
AISON: Herr Veider, dem Bergretter haftet bis heute der Nimbus des Helden an. Er rettet Leben und verlangt keine Gegenleistung. Sind die Bergretter selbstlos? PETER VEIDER: Die 4.300 Bergretter, die es in Tirol gibt, arbeiten auf ehrenamtlicher Basis. Sie bekommen keinen Euro für ihren Einsatz. Trotz dieser hohen Mitarbeiteranzahl haben wir die vielleicht flachste Struktur, die es gibt. Bis auf den Geschäftsführer und das Büroteam, das aus drei Mitarbeiterinnen besteht, arbeiten alle ehrenamtlich. Das entlohnen wir über eine Umwegfinanzierung. Zwei Mal im Jahr bieten wir in einem Intranet-Bestellshop ausgewählte Produkte speziell für Bergretter an. Es ist also ein gegenseitiges Geben und Nehmen, die jungen Leute gehen nicht alle zur Bergrettung, weil sie ein Helfersyndrom haben. Sie bekommen die notwendige Ausrüstung zu geförderten Preisen und sie erhalten die beste Ausbildung. Viele Vereine klagen über fehlenden Nachwuchs. Wie geht es der Bergrettung? Das haben uns viele vorhergesagt, nachdem wir unsere Aufnahmekriterien für Freiwillige verschärft haben. Das Interesse an der Bergrettung ist groß, zwischen 150 und 200 Bewerbungen jährlich gehen bei uns ein. Die Bewerber müssen ein strenges Ausleseverfahren durchlaufen, bei dem verschiedene Fähigkeiten überprüft werden. Zur Aufnahmeprüfung wird man erst zugelassen, wenn man ein Jahr Vorbildung in einer Ortsstelle hat.
Vielfältige Einsatzgebiete. Die 4.290 ehrenamtlichen Tiroler Bergretter rücken im Jahr zu etwa 4.000 Einsätzen aus.
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Im Sommer 2007 wurde das Ausbildungszentrum im Jamtal eröffnet. Was wird dort geübt? Wir legen Wert auf den alpintechnischen Anspruch, deswegen bilden wir nicht hier in der Zentrale in Telfs aus, sondern im Paznaun. In unmittelbarer Nähe der Hütte kann jedes Einsatzszenario geübt werden, von der Lawinenrettung über die Rettung aus einer Gletscherspalte bis zur Bergung aus einem Lift, den wir eigens dafür mit der Firma Doppelmayr gebaut haben. Das ist keine Retortenausbildung, sondern eine unter den speziellen alpinen Bedingungen, die im Westen herrschen. Die Anwärter müssen elf Kilometer ins Tal hinein gehen und schon vorher checken, ob sie das überhaupt schaffen. Damit wirkt die Bergrettung authentisch. Natürlich haben wir überlegt, wie wir die Bergrettung attraktiv machen können. Es muss alles sehr solide ablaufen und dem Naturell eines Bergretters entsprechen. Das sind Leute, die gerne in der Natur sind und helfen. Durch eine gezielte Medienberichterstattung ist es uns gelungen, dass wir mit dem Begriff Unfallprävention in Verbindung gebracht werden und nicht aus den Adabei-Seiten lachen. In der Öffentlichkeit haben wir einen guten Namen, darauf achten wir und deswegen haben wir jetzt auch einen eigenen Schriftzug entwickelt, mit dem wir die Bergrettung Tirol autonom vermarkten. Um ein Marketingprofi zu sein, muss man nicht unbedingt studieren. Es reicht der Hausverstand, um zu wissen, wie man an seine Kunden kommt. Seit einem Jahr werden die Rettungseinsätze in Tirol durch das Notfall-App unterstützt. Ein Schritt in die richtige Richtung? Wenn einer in den Bergen verunglückt, ist das Notfall-App eine gute Sache. Aus finanztechnischer Sicht ist es für uns eigentlich schlecht, weil wir schneller beim Patienten sind und dadurch weniger Geld einnehmen. Darum geht es uns aber nicht. Das App wurde letzten Winter eingeführt und funktioniert seit Februar. Wie bei allem Neuen wurde in Tirol zunächst einmal kräftig dagegen argumentiert, mittlerweile ist die Akzeptanz groß und
Skischulen sowie Wirtschaftsverbände möchten verlinkt werden. Auch ein Traditionsverein kann sich nicht mehr auf dem Knickerbocker-Image ausruhen, sondern muss neue Wege gehen. Sind das Wege, die bundesländerübergreifend gegangen werden? Das App funktioniert nur in Tirol. Die Leitstelle arbeitet nur in Tirol. Hier funktioniert das App gut, das habe ich auch persönlich ausprobiert, denn wenn ich „Ja“ zu einer Sache sage, dann stehe ich auch dazu.
In der Schweiz gibt es etwas Ähnliches, aber ob so etwas auch in den anderen Bundesländern angedacht ist, dazu kann ich nichts sagen. Wir tragen das App mit unserem Logo als Partner mit, abseits davon entwickeln und vermarkten wir aber unsere eigenen Produkte. Immer mehr Menschen klettern, die Freerideszene boomt. Welche Herausforderungen kommen dadurch auf die Bergrettung zu? Seit einigen Jahren schießen Klettersteige aus dem Boden
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einfach zu erleben. Da hilft einem aber die ganze Sicherheitsausrüstung nichts, wenn man die Technik nicht beherrscht und abstürzt. Wir sind viel im freien Skiraum unterwegs und dadurch auch mehr gefordert. Das Einsatzprozedere hat sich verändert.
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Was meinen Sie damit? Vielleicht wird es künftig weniger Lawineneinsätze geben. Vielleicht muss man die Leute irgendwann nur mehr am Wandfuß einsammeln, nachdem sie heruntergefallen sind. 1.800 bis 2.000 Einsätze hat die Bergrettung in einem Jahr. Mehr Unfälle passieren im Sommer, das überrascht immer wieder. Die Unfälle im Winter sind aber spektakulärer. Ein Lawinenunglück ist noch immer ein riesiges Medienereignis. Warum auch immer – dazu müsste man einmal einen Psychologen befragen. Die Wanderer, die sich im Sommer verknöcheln, müssen wir auch holen, und davon gibt es viele.
ZUR PERSON Peter Veider, staatlich geprüfter Berg- und Skiführer, ist seit 2004 Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung sowie seit 1996 Ausbildungsleiter und Manager des Ausbildungszentrums im Jamtal. Die 4.290 Tiroler Bergretter, darunter rund 200 Frauen, arbeiten auf ehrenamtlicher Basis von 93 Ortsstellen aus. Sie werden von 66 Suchhunden bei ihren Einsätzen unterstützt. Die zentrale Stelle befindet sich seit 2001 in Telfs. www.bergrettung.at
und die Freerideszene kommt massiv auf uns zu. Der Mensch muss durch die beruflichen Herausforderungen mehr leisten und braucht daher eine schnellere Erholungsphase. Diese bekommt er nicht in der Warteschlange am Lift. Die klassischen Skifahrer werden das nicht hören wollen, aber Skifahren, wie es vor 20 Jahren war, ist nicht mehr sexy. Die Leute fahren immer extremere Sachen. Das wird sicher auch von den vielen gut gemachten Freeride-Filmen unterstützt, die einem vormachen, der Sport wäre risikofrei und
Nach einem Unglück wird in den Medien viel über die Ursachen diskutiert. Den Verunglückten wird dann oft Unwissenheit oder auch Fahrlässigkeit vorgeworfen. Eine einseitige Diskussion? In Tirol herrscht eine Vollkasko-Mentalität. Wir als Bergrettung versuchen jeden zu bergen, aber speziell im Winter nach einem Lawinenabgang kommen wir aufgrund des Zeitfensters oft zu spät. Die Sensibilisierung muss schon früher beginnen: in den Beherbergungsbetrieben. Viele Vermieter betreuen die Leute, die bei ihnen wohnen, wie die eigenen Schäfchen. Es ist diese Gastfreundlichkeit, weswegen die Leute in Tirol Urlaub machen. Und es sind die Touristiker, die auf die Gäste schon im Vorfeld einwirken können, sodass viele Unfälle erst gar nicht passieren oder wir nicht in den Einsatz gehen müssen, nur weil ein Skifahrer bei einer Schneebar versumpft ist und vergessen hat, dem Vermieter Bescheid zu geben. Hoteliers, Vermieter, Seilbahnbetreiber, alle, die im Tourismus arbeiten, sollten die Gäste sensibilisieren und gemeinsam mehr Eigenverantwortung wahrnehmen. Vielen Dank für das Gespräch.
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Die Königin der Alpen kehrt zurück Die Zirbe galt lange Zeit als unmodern und war aus vielen neueren Tourismusbetrieben schon fast verschwunden. Doch nun erlebt sie eine Renaissance. VON SYLVIA AINETTER
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ie Zirbenstube steht seit jeher für Tiroler Gemütlichkeit. In jedem Bauernhof, jedem Hotel war eine zu finden. Der Duft der Zirbe hält sehr lange an, das Holz gilt als äußerst widerstandsfähig. War sie jahrhundertelang als Möbelholz nicht aus Wohn- und Bauernhäusern wegzudenken, so kam sie in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend aus der Mode.
Gerade in modernen Hotels der oberen Sternekategorie war Zirbenholz als Möbelholz verpönt: Der Geruch war zu eindringlich, die Astlöcher zu markant und alles in allem mutete die Zirbe immer ein wenig rustikal an. Doch seit einiger Zeit erlebt die Zirbe eine Renaissance: Auch moderne Hotels, die sonst jede Anlehnung an die oft kritisierte alpenländische „Lederhosenarchitektur“ tunlichst
vermeiden, statten ihre Zimmer plötzlich wieder mit Möbeln aus Zirbenholz aus. Doch nicht nur das: Die Zirbe wird nicht nur geduldet, im Gegenteil: Vermehrt wird auch mit ihr und ihrer heilsamen Wirkung geworben. Zirbenschlafzimmer, Zirbensaunen und Wellness-Anwendungen mit Zirbenöl werden als Attraktion verkauft. Tradition triff t Moderne.
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© WWW.ZIRBENLÜFTER.AT, PROHOLZ TIROL / WALDKLAUSE
SAISON
„Der Lüfter wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden unserer Gäste aus. Die Zirbe senkt den Puls und reduziert Stress. Außerdem verbessert der Lüfter die Raumluft, was sich positiv auf die Atemwege auswirkt.“ ANDREA CSIC, GESUNDHEITSZENTRUM LANSERHOF
Gute Luft. Der Zirbenlüfter im Gesundheitszentrum Lanserhof reichert die Raumluft mit Zirbenöl an (oben), im Naturhotel Waldklause sollen Zirbenzimmer für ruhigen Schlaf sorgen (links).
Wirkung auf die Gesundheit. Der Grund dafür liegt wohl an den wiederentdeckten positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. Das renommierte Joanneum Research Institut wies in einer medizinischen Studie den Einfluss der Zirbe auf das Wohlbefinden nach. So hatten Testpersonen, die in einem Zirbenzimmer körperlichen und mentalen Belastungen ausgesetzt wurden, eine niedrigere Herzfrequenz als die Kontrollgruppe in Zimmern ohne Zirbenausstattungen. Auch die Untersuchung der Schlafqualität zeigte eindeutige Ergebnisse: Die Probanden schliefen in einem Zirbenbett deutlich tiefer und besser, weil durch den reduzierten Puls eine bessere Erholung möglich war. Etwa 3.500 Schläge „spart“ das Herz in Zirbenholzumgebung ein. Ein weiterer interessanter Aspekt: In Zirbenholzzimmern konnte eine höhere „soziale Extravertiertheit“ festgestellt wer-
den. Vielleicht ein Grund, warum Gaststuben früher mit Zirbenholz verkleidet waren. Und in einer weiteren Studie an der Universität Salzburg wurde nachgewiesen, dass Zirbenholz im Vergleich zu anderen Holzarten antibakteriell wirkt.
Zirben-Luftbefeuchter.
Nicht nur dem Zirbenholz, sondern auch anderen Zirbenprodukten wird eine medizinische Wirkung zugeschrieben: So sagt man Zirbenöl nach, dass es, wird es inhaliert, gegen Erkältungen und Nebenhöhlenentzündungen hilft. Die Atemwege werden freier, bei Husten wird der Schleim gelöst. Zudem soll es entzündungshemmend und durchblutungsfördernd sein und bei Konzentrationsschwäche, Schlaflosigkeit und mentaler Erschöpfung helfen. Zirbenschnaps hingegen soll gegen Magenverstimmung und Übelkeit, Nervenschwäche und allgemeinen Schwä-
chezustand wirken. Wissenschaftlich belegt ist das aber nicht. Die Zirbe als Naturprodukt, das Tradition und Heilwirkung vereint, bietet sich für den Tiroler Tourismus geradezu an. „Alpine Wellness“ ist hier das Stichwort. Aber nicht nur Wellnesshotels, sondern auch renommierte Gesundheitseinrichtungen nutzen die Zirbe. So sind etwa im Gesundheitszentrum Lanserhof Zirbenlüfter zu finden. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um einen Luftbefeuchter aus Zirbenholz, der die Raumluft gleichzeitig befeuchtet und mit Zirbenöl anreichert. „Der Lüfter wirkt sich positiv auf das Wohlbefinden unserer Gäste aus. Die Zirbe senkt den Puls und reduziert Stress. Außerdem verbessert der Lüfter die Raumluft, was sich positiv auf die Atemwege auswirkt“, erklärt Andrea Csic, Prokuristin im Lanserhof. Der Lüfter sei aber ein Zusatzangebot und keine medi-
ZIRBENPRODUKTE IM TIROL SHOP Auch die Tirol Werbung setzt auf die Kraft der Zirbe: Schon seit Längerem befindet sich ein Kissen im Tirol-Shop-Angebot, das mit Zirbenspänen und Johanniskraut gefüllt ist. Neu sind in diesem Jahr eine Glaskaraffe mit Zirbenholzkugel und ein Flachmann aus Zirbenholz.
zinische Anwendung, betont sie. Und die Gäste fühlen sich auch wirklich wohl: „Wir werden oft darauf angesprochen, wie gut es nach Zirbe riecht“, erzählt Csic. Wesentlich häufiger ist die Zirbe jedoch im Wellnesssegment zu finden: Im Natur&Spa-Hotel Panorama im Pitztal können Gäste gleich mehrere „Zirbentage“ verbringen: Inkludiert sind neben Übernachtungen im Zirbenzimmer auch Behandlungen mit Zirbenöl, etwa ein Honig-Zirben-Bad. Das Kinderhotel Almhof im Zillertal verfügt über eine Zirben-Schaukellounge, die laut Eigenbeschreibung der perfekte Ort ist, „um gemütlich ein Buch zu lesen oder den Abend gemütlich ausklingen zu lassen“. Das Seehotel Einwaller am Achensee wiederum wirbt mit seinem Zirbenruheraum, im Hotel Bergland in Sölden schlürft man an der Bar Zirben-Cocktails.
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Wellnessprodukt Zirbe.
Energetisch. Das Life Balance Hotel Arosea in Südtirol setzt auf eine Mischung aus Zirbenwellness und Design.
Ein Boom, der aus dem Nichts kommt? Wohl kaum. Dass die Zirbe diesen Image-Wandel erlebte, ist wohl auch intensiven MarketingAnstrengungen zu verdanken. Bereits seit 1999 sind Waldbesitzer und Vertreter der Holzwirtschaft aktiv in der Vermarktung der Zirbe tätig. Die Studie des Joanneums Graz und jene der Universität Salzburg wurden vom Tiroler Waldbesitzerverband und dem Südtiroler Bauernbund in Auftrag gegeben. Unterstützt wurde dieses Projekt über das EU-Interreg-III-Programm zwischen Österreich und Italien. Ausschlaggebend für diese Initiativen war der stagnierende Absatz der Zirbe auf dem Holzmarkt. Seit 2004 ist das Netzwerk Zirbe, eine Initiative des Holzclusters (pro:Holz), aktiv (siehe Interview). Damit die Zirbe auch in Zukunft modern bleibt. ×
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Marketing ist alles.
DIE ZIRBE Die Zirbe, auch „Zirbelkiefer“, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Kieferngewächse. Die Zirbe kann bis zu 25 Meter hoch werden, ihre Nadeln schwinden kaum. Die Samen werden „Zirbelnüsse“ genannt und ähneln Pinienkernen.
Der Zirbe das verstaubte Image nehmen pro:Holz Tirol ist mit seinem Netzwerk Zirbe aktiv am Image-Wandel des Zirbenholzes beteiligt. Geschäftsführer Rüdiger Lex im Gespräch.
Was unterscheidet die Zirbe von anderen Hölzern? Die Zirbe wächst an der Waldgrenze – sie ist also eng mit dem Bergerlebnis und der Natur verbunden. Die positiven Auswirkungen auf den Menschen sind wissenschaftlich bewiesen und sie lässt sich sehr gut als Möbelholz und generell im Innenausbau verwenden. Im Außenbereich wird die Zirbe gerne für Terrassenböden verwendet. Interessant ist sie natürlich auch für den touristischen Bereich: Die Zirbe gibt es nur in unseren Breiten und sie ist ein wichtiger Teil der Tiroler Tradition.
Wie wichtig sind die Studien zur Wirkung von Zirbenholz auf den menschlichen Organismus für die Vermarktung? Sehr wichtig. Wer auch immer mit Zirbenholz arbeitet, seien es Tischlereien, Designer, Möbelhändler, alle werben mit den Studienergebnissen. Es gibt auch kaum einen Presseartikel, der sich nicht auf diese Studien bezieht.
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AISON: Herr Lex, welches Ziel verfolgt das „Netzwerk Zirbe“? RÜDIGER LEX: Wir versuchen, eine Plattform zu bieten, auf der sich Anbieter der gesamten Wertschöpfungskette, vom Waldbesitzer bis zum Tischler, gut präsentieren können. So können Produzenten und Interessierte schnell und unkompliziert miteinander Kontakt aufnehmen. Wir sprechen aber nicht nur Endverbraucher an, sondern etwa auch Tischler, die ein Sägewerk oder einen Forstbetrieb suchen, die Zirbenholz anbieten. Das passiert in erster Linie online über www.zirbe.info. Hier sind zurzeit etwa 80 Netzwerkpartner aktiv. Wir bekommen aber auch immer wieder telefonische Anfragen zur Zirbe.
Was plant das „Netzwerk Zirbe“ in der Zukunft? Im nächsten Jahr werden wir mit unserer neuen Homepage online gehen. Seit Kurzem sind wir auch im Social-Media-Bereich tätig, den wir noch weiter ausbauen möchten. Und natürlich sind wir weiterhin dran, möglichst viel Medienpräsenz zu bekommen. Vielen Dank für das Gespräch.
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© STILLE NACHT GESELLSCHAFT (2)
Autograph von „Stille Nacht“ von Franz Xaver Gruber.
Übers Zillertal in die Welt Noch ist es einige Zeit hin. Aber nicht erst, wenn 2018 das berühmteste aller Weihnachtslieder 200 Jahre alt wird, wollen die Zillertaler „ihre“ „Stille Nacht“ nach allen Regeln der Kunst feiern. VON ESTHER PIRCHNER
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und um den Erdball stimmen Menschen am 24. Dezember das Lied von der „Stillen Nacht“ an, um das Weihnachtsfest zu feiern. In rund 300 verschiedenen Sprachen und Dialekten von „Silent Night“ und „Douce Nuit“ bis „Püha öö“, „Sessiz Gece“ und „Heims um ból“ existiert das Lied, das 1818 von den Salzburgern Josef Mohr (Text) und Franz Xaver Gruber (Musik) komponiert wurde, aber erst durch die Zillertaler Sängergemeinschaften weltweit Verbreitung fand. Entstanden ist es als Notlösung, um das Weihnachtsfest 1818 nicht ganz ohne festliche Musik verstreichen zu lassen. Da die Kirchenorgel der Oberndorfer Pfarrkirche defekt geworden war, vertonte Gruber die sechs Strophen in der Besetzung Bass, Tenor, gemischter Chor und Gitarre und führte es zusammen mit Mohr und Chor bei der Weihnachtsmette auf.
Nicht ganz „ächtes“ Tirolerlied. Das reparaturbedürftige Kircheninstrument sollte der Orgelbauer Karl Mauracher aus Kapfing bei Fügen im Zillertal wieder in Ordnung bringen, der riet jedoch zum Neubau und erledigte diese Arbeit 1824/25. In dieser Zeit soll er auch „Stille Nacht“ gehört und aus Oberndorf ins Zillertal gebracht haben, wo es vom Kirchenchor gesungen wurde. In der Folge floss es ins Repertoire der damals gerade internationale Anerkennung erlangenden Zillertaler Sängergemeinschaften ein. Unter den bekanntesten von ihnen, die Tourneen bis nach Moskau und in die USA unternahmen, waren vor allem die Strasser und Rainer für die Verbreitung von „Stille Nacht“ von Bedeutung. Erstere sangen das Lied unter anderem in Leipzig 1832, woraufhin es als eines von „Vier ächten Tyroler Liedern“ in einer minimal abweichenden Version zum ersten Mal gedruckt wurde –
und bis in die 1850er-Jahre gemeinhin als Tiroler Lied galt. Mit der Sängergemeinschaft Rainer, die über zwei Generationen tätig war, gelangte es nach New York, wo die Musiker es am Weihnachtstag 1839 vor der Trinity Church an der Wall Street zum Besten gaben. Und von da aus war es nur mehr eine Frage der Zeit, dass das Lied auf der ganzen Welt bekannt wurde.
Auf ins Jubiläumsjahr 2018. Zu Recht sind die Zillertaler also stolz darauf, zur Hebung der weihnachtlichen Stimmung beigetragen zu haben – Anlass genug, in Hinblick auf das Jubiläumsjahr 2018 das Zillertal als Stille-Nacht-Region vermehrt ins Blickfeld zu rücken. Getragen von Gemeinden, regionalen und überregionalen Tourismusinstitutionen, Kulturschaffenden aus dem Zillertal und koordiniert mit den Salzburger Aktivitäten zum Stille-Nacht-
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„STILLE NACHT“ IM MUSEUM
1918 feierte man in Salzburg das 100-jährige Jubiläum der „Stillen Nacht“.
www.hmv-fuegen.at
Jahr soll die Adventzeit ab 2014 ganz im Zeichen des berühmten Liedes stehen – mit einem Höhepunkt der Feierlichkeiten 2018 und nachhaltigen Projekten darüber hinaus. Auf Initiative der Ersten Ferienregion im Zillertal und ihres Geschäftsführers Manfred Pfister ist man derzeit dabei, Ideen zu sammeln und eine Projektstruktur zu entwickeln. Neben Pfister selbst und dem Fügener Tourismusobmann Ernst Erlebach gehören der Gruppe Josef Geisler und Thekla Hauser vom Planungsverband Zillertal, Gernot Paesold von Zillertal Tourismus sowie der Zeller Bürgermeister Robert Pramstrahler an. Zillertal Tourismus, Tirol Werbung und Österreich Werbung sollen in das Projekt eingebunden werden und das Konzept nach außen tragen. Ziel ist einerseits, die bisher schon vorhandenen Aktivitäten in der Adventzeit zusammenzufassen, andererseits einen „roten Faden zu spinnen“ (Pfister) und neue, koordinierte Aktivitäten zu setzen. Spätestens im Herbst 2013 sollen dann – um die Zillertaler „Stille Nacht“ bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 präsentieren zu können – die Eckpfeiler des Programms stehen.
Zur Ideenfindung trugen sowohl der Leiter des Stummer Schrei, Roland Silbernagl, als auch die Veranstalter des Steudltenn und der Tiroler Filmemacher Erich Hörtnagl bei. Im Raum steht derzeit beispielsweise ein Spielfilmprojekt von Hörtnagl, das von der Geschichte des Weihnachtsliedes inspiriert ist, laut Manfred Pfister wäre aber auch ein dokumentarisches Filmprojekt denkbar, in dem die historischen Fakten aufgerollt werden. Eine zweite Idee verfolgen die Betreiber des in Uderns gelegenen Steudltenn, die sich unter anderem mit Kinderveranstaltungen einen Namen gemacht haben und auch im Rahmen der Stille-Nacht-Programme Kultur für Kinder anzubieten planen.
hinaus wahrgenommen werden, die Rolle der Zillertaler Sänger bei der Verbreitung des Liedes bekannter wird und dass es vor allem einen nachhaltigen kulturellen, wohl auch touristischen Nutzen daraus gibt. Wenn sich die Initiatoren des Projekts im Dezember das nächste Mal zusammensetzen, werden sie diesen Zielen wohl um einiges näher rücken. ×
Ein Advent wie 1830.
Mit einem Konzept, das Roland Silbernagl im Herbst vorgelegt hat, sind weitere Anhaltspunkte für vorweihnachtliche Aktivitäten geschaffen, die dem Geist der „Stillen Nacht“ entsprechen. Aus dem „bunten Strauß künstlerischer Ideen“ (Silbernagl) müssen erst die am besten umsetzbaren ausgewählt werden. Für ihn vorstellbar wäre beispielsweise ein Weihnachtsmarkt, der an die Zeit um 1830, als das Lied in die Welt hinausgetragen wurde, anknüpft und die Ruhe und Besinnlichkeit des Weihnachtsfestes wieder zurückbringt. Andere Projektvorschläge umfassen die Nutzung neuer Medien auf den Spuren der Sängergemeinschaften und ihrer weltumspannenden Tourneen oder verschiedene zeitgenössische künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema „Stille Nacht“, Wege in die Stille, (kulinarische) Verbindungen zu den von den Rainern und Strassern besuchten Städten und vieles mehr. Genaueres wollen Pfister und Silbernagl aber vorerst nicht verraten. Wichtig sei, so meinen sie übereinstimmend, dass die Projekte auch über das Zillertal
© TIROLER LANDESMUSEEN
Das Museum in der Widumspfiste ist geöffnet von Weihnachten bis Ostern und von Juni bis Oktober, jeweils Dienstag und Freitag von 16 bis 19 Uhr.
Über zwei Generationen bereisten die RainerSänger die Welt mit ihren Liedern. Aber erst die Nachfolger der hier abgebildeten ersten Besetzung von 1827 waren für die Verbreitung von „Stille Nacht“ auch in New York verantwortlich.
© HEIMATMUSEUM FÜGEN
Eine umfangreiche Dokumentation zu den Zillertaler Sängern und zur Verbreitung des Weihnachtsliedes „Stille Nacht“ findet sich im Museum in der Widumspfiste in Fügen: Der Heimat- und Museumsverein hat dort Bilder, Musik, Noten und Erinnerungsstücke zusammengetragen.
Zum selber Singen Mit der Weihnachtsliedersammlung des Tiroler Volksliedarchivs kommt erst die richtige Weihnachtsstimmung auf. Das Notenheft enthält bekannte und weniger bekannte Weihnachtslieder aus Tiroler Überlieferung, darunter „Stille Nacht“ in der Version der Strasser-Sänger. Weihnachtslieder aus Tirol zum selber Singen, aus dem Tiroler Volksliedarchiv, Sonderausgabe 2012, erhältlich beim Tiroler Volksliedarchiv und auf www.tiroler-landesmuseen.at um € 5,–. ×
46 Magazin saison
© DMAA
Autograph von „Stille Nacht“ von Franz Xaver Gruber.
Musizieren im Grünen, zweiter Akt Wenn am 26. Dezember 2012 Gustav Kuhn den Taktstock hebt, tut er dies zum ersten Mal bei einer Winterausgabe der Tiroler Festspiele Erl und das erste Mal vor Publikum im neuen Erler Festspielhaus. Mit der Eröffnung des Opernhauses auf der grünen Wiese erfüllt sich ein lang gehegter Wunsch des Dirigenten und Festspielleiters. Von Esther Pirchner
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ünfzehn Jahre ist es her, dass Gustav Kuhn und sein Team im kleinen Grenzort Erl die ideale Spielstätte für sommerliche Festspiele ausmachten: das Passionsspielhaus von Robert Schuller mit seiner hervorragenden Akustik und Platz für rund 1.500 Zuschauer, perfekt geeignet für die Aufführung großer romantischer Opern vor allem von Richard Wagner und Richard Strauss, die ein großes Orchester und einen ebensolchen Raum benötigen. Bedauerlich nur, dass sich das Passionsspielhaus für die viele andere Musik, die Gustav Kuhn so schätzt, als weniger passend erwies. Für die Kompositionen von Monteverdi über Händel und Bach bis Mozart auf der einen und die Opern des 20. Jahrhunderts auf der anderen Seite wünschte sich der Dirigent ein kleineres Festspielhaus, zudem eines, das über eine bessere technische Ausstattung verfügt und – nicht zuletzt – beheizbar ist. Mit ein
Grund dafür war auch die umfangreiche Lehrtätigkeit Kuhns an der Accademia di Montegral und die Tatsache, „dass man einen Sänger für das große romantische Repertoire erst einsetzen kann, wenn er ungefähr 35 ist“, erklärt Kuhn. „Wir haben aber wahnsinnig gute Leute, die schon früher zu uns kommen. Das Repertoire, das sie einstudieren, konnten wir aber nicht aufführen.“
Musiknoten und Banknoten. Dass Intendant Kuhn seine „Lebensidee“ verwirklichen konnte, hat mit der speziellen Konstellation der Tiroler Festspiele Erl Betriebsges. m. b. H. zu tun, der seit 2005 der Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner als Präsident vorsteht. Die Aufgabenbereiche – „Musiknoten hier, Banknoten da“ – sind strikt voneinander getrennt, gegenseitiges Interesse und gegenseitige Wertschätzung das Um und Auf der
Zusammenarbeit. Haselsteiner zeigt sich von Kuhns „Kompromisslosigkeit in der Kunst und seiner Fähigkeit“ beeindruckt, „die Authentizität einer Musikliteratur darzustellen“. Kuhn lobt an Haselsteiner, dass „er ein wirklicher Mäzen, ein wahrer Freund der Kunst ist“. Irgendwann habe sich Haselsteiner „ein großes Herz gefasst und geschaut, ob er ein bisschen Kleingeld übrig hat, und dieses Haus gebaut“. Das „bisschen Kleingeld“, von dem hier die Rede ist, sind rund 40 Millionen Euro, jeweils 8 Millionen davon haben Bund und Land Tirol übernommen, der Rest stammt aus der Haselsteiner Familien-Privatstiftung, die auch für den laufenden Betrieb der Festspiele aufkommt.
Formschön und funktional. Aus einem Architekturwettbewerb ging das Wiener Büro Delugan Meissl Associated Architects hervor, das neben das weiße, nach
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Was die Sommerresidenz nicht kann, leistet das Winterhaus: Das Festspielhaus von Delugan Meissl Associated Architects bietet Infrastruktur, Technik, Heizung – und einen Auff ührungssaal für bis zu 862 Besucher.
© sTRaBaG sE
Haselsteiner zeigt sich von Kuhns „Kompromisslosigkeit in der Kunst und seiner Fähigkeit“ beeindruckt, „die Authentizität einer Musikliteratur darzustellen“. Hans Peter Haselsteiner, Präsident der Festspiele Erl
gibt. Dafür wurde der akustiker Karl Bernd Quiring engagiert, der auch schon den Erweiterungsbau des Wiener Musikvereins akustisch ausgestattet hat.
Reizvolles Angebot. abgesehen von
oben hin spitz zulaufende Passionsspielhaus einen anthrazitfarbig verkleideten, horizontal ausgerichteten Baukörper setzte. so konträr die beiden Bauten von außen wirken, so gut sollen sie sich im inneren ergänzen: Was dem Passionsspielhaus fehlt – vor allem Heizung, infrastruktur und Technik –, ist im Festspielhaus vorhanden. Garderoben, Büros, Proberäume, Lagerräume und eine Garage finden sich hier ebenso wie im aufführungssaal eine qualitätvolle, aber nicht überzogene Licht-, Ton- und Bühnentechnik. Der orchestergraben ist in seiner vollen Größe fahrbar, sodass er auf der Ebene der Bühne, des Zuschauerraumes oder versenkt eingesetzt werden kann. Die sitzreihen bieten 732 bis 862 Zuschauern Platz und sind so steil angeordnet, dass jeder Besucher einen unverstellten Blick auf die Bühne genießt, und auch beim Raumklang wurde dafür sorge getragen, dass es bis in die hinteren Ränge keinen Qualitätsverlust
der außergewöhnlichen Lage am ortsrand des Dorfes Erl unterscheidet sich das Haus also nicht besonders von anderen modernen opernhäusern. auch das Publikumsinteresse ist laut Kuhn und Haselsteiner sehr zufriedenstellend. Trotz längerer anfahrtswege und obwohl die Tiroler Festspiele Erl von 26. Dezember 2012 bis 6. Jänner 2013 erstmals ein Winterprogramm anbieten, mussten keine besonderen anreize geschaffen werden, um Zuschauer anzulocken. Das liegt zum einen an dem guten namen, den sich die Tiroler Festspiele Erl seit 1998 erworben haben, zum anderen womöglich an der anderen ausrichtung des Programms. Mit Mozarts „Le nozze di Figaro“ und Verdis „nabucco“ sowie mit zwei der wichtigsten liturgischen Werke, der „Messe in h-Moll“ von Johann sebastian Bach und der „Missa solemnis“ von Ludwig van Beethoven, ergänzt durch die „Petite Messe solennelle“ von Gioacchino Rossini, kann Gustav Kuhn endlich die ganze Bandbreite seines Repertoires ausspielen. Bei der aufführung der Mozart-oper – später sollen noch die anderen beiden nach Da-Ponte-Libretti folgen – setzt er auf Klangsinnlichkeit. „Es wird ein erotischer Mozart werden, in dem
man hört, dass es um die auseinandersetzung zwischen Mann und Frau geht.“ Beim frühen Verdi sei hingegen wichtig, die nähe zum Kreis der Belcanto-Komponisten Donizetti und Rossini zu unterstreichen. Damit schließt sich auch wieder ein Kreis in Richtung der accademia di Montegral und Richard Wagner. an der accademia unterrichtet Gustav Kuhn den Belcanto-Gesang und das italienische opernrepertoire, auch um die sänger auf die interpretation der Wagner-opern vorzubereiten. schließlich habe Wagner als junger Komponist nichts anderes gekannt als Belcanto, erklärt Kuhn, und besonders seine frühen opern – „Der fliegende Holländer“, „Lohengrin“ und Tannhäuser“ – würden an diese Musiktheatertradition anschließen. in Zukunft können alle diese Zusammenhänge in Erl noch besser dargestellt werden als bisher. nach zwei Winterfestivals in dieser und der kommenden saison und einem etwas kleiner gehaltenen sommerfestival 2013, wenn im Passionsspielhaus die Passionsspiele stattfinden, können im sommer 2014 beide Häuser erstmals gleichzeitig bespielt werden: mit den ausufernden Romantikern des 19. Jahrhunderts im alten und der reduzierteren Kunst des 17., 18. und 20. Jahrhunderts im neuen Festspielhaus. ×
TIROLER FESTSPIELE ERL – WINTER 26. Dezember bis 6. Jänner Mühlgraben 56a, 6343 Erl www.tiroler-festspiele.at
„Es wird ein erotischer Mozart werden, in dem man hört, dass es um die Auseinandersetzung zwischen Mann und Frau geht.“ © ToM BEnZ
GUsTaV KUHn, inTEnDanT DER FEsTsPiELE ERL
Mit aufführungen von: Wolfgang amadeus Mozart: Le nozze di Figaro, 26.12.2012, 5.1.2013, Giuseppe Verdi: nabucco, 29.12.2012, 4.1.2013, Johann sebastian Bach: Messe in h-Moll, 28.12.2012, Gioacchino Rossini: Petite Messe solennelle, 30.12.2012, silvesterkonzert mit Musik von Rossini, Donizetti, Verdi u. a., 31.12.2012, neujahrskonzert mit Musik von Johann strauß Vater und sohn, Franz von suppé, Josef strauß u. a., 1.1.2013, Beethoven: Missa solemnis, 6.1.2013
Peter König
Photo: Shootandstyle.com // Location: Schloss Tratzberg
Professional Snowboarder
Check out Peter in
GLORYFY HEROES // CHRIS SÖRMAN // PETER KÖNIG // PATRICK CINCA // STEVE GRUMSER // DANIEL MÖSL
49 KOMMENTARE SAISON
T
V O N A LO I S S C H Ö P F
irol ist ohne Zweifel ein schönes Land. Zu behaupten, es sei mit dieser Schönheit einmalig, wäre allerdings übertrieben. Auch anderswo ist es schön, sehr schön sogar, allerdings mit dem Unterschied, dass es dort der Bevölkerung nicht in dem Ausmaß gelungen zu sein scheint, daraus touristisch ein Geschäft zu machen. Bei Tirol kommt zu den idealen Voraussetzungen also noch etwas hinzu, das in unserer geschichtsvergessenen Zeit leicht aus dem Blickfeld gerät. Denn schon 1910, also noch tief in der angeblich innovationsfeindlichen Kaiserzeit, beschlossen unsere Vorfahren ein erstes Landesfremdenverkehrsgesetz. Die zahllosen neu gegründeten Verschönerungsvereine wurden in den Rahmen einer halbamtlichen Körperschaft, des „Landesverkehrsrates“, gestellt. Man begriff damals bereits, dass Tourismus nur erfolgreich betrieben werden kann, wenn er Ausdruck eines kollektiven, einheitlichen Willens zur Gastlichkeit ist. Dass dies nicht nur leere
Jahren einen Teil seines touristischen Erfolgs. Dass dieser nun in subtiler Weise gefährdet wird, ergibt sich unerwartet aus dem längst notwendigen Zusammenschluss der über 250 Tourismusverbände zu 34 größeren Einheiten. Einige von ihnen sind inzwischen so stark, dass sie die aus dem Einheitsdenken hervorgegangene „Landesfremdenverkehrswerbung“ fast schon überflügeln und sich daher immer weniger zu etwaigen landeseinheitlichen Aktionen und Beteiligungen verpflichtet fühlen. Im Gegenteil, sie drängen zum Zwecke einer von ihren eigenen Mitgliedern eingeforderten Instrumentalisierung sogar in die Geschäftsführung der Tirol Werbung und sehen den Dachverband nur noch als nachrangige Serviceeinrichtung. Damit besteht jedoch die Gefahr, dass die Ursache, weshalb die vielen kleinen TVBs zu großen fusioniert wurden, erneut auf höherer Ebene schlagend wird: Für einen effizienten Marktauftritt sind nämlich auch die großen Verbände zu klein und zu markenschwach, hingegen mächtig „Für einen effizienten Marktauftritt sind nämlich auch um die Strategien der für das ganze Land die großen Verbände zu klein und zu markenschwach.“ genug, operierenden Tirol Werbung zu verwässern, sodass auch ihr eine effiziente Marktpräsenz durch Worte waren, zeigt sich in einer findigen Tourismusabgabe, zu das Chaos der Auftritte erschwert wird. der alle Branchen beitragen müssen, die potenziell vom Gast Hier besteht im Sinne der touristischen Einheit des Landes profitieren: der Hotelier ebenso wie Friseure und Ärzte. Handlungsbedarf! × Solchen in konkrete Maßnahmen gegossenen BekenntAlois Schöpf lebt als Journalist und Schriftsteller in Lans. nissen zur Zusammenarbeit verdankt das Land seit über 100
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Landeshauptstadt
m zwölften Jahr meiner Arbeit für dieses schöne Magazin, und weil in Kürze eh die Welt untergehen soll, werde ich diesmal über Innsbruck schreiben. Ich werde sogar bekennen, was ich an dieser Stelle noch nicht bekannt habe: Ich habe ein halbes Jahrzehnt direkt neben Innsbruck gelebt, in einer kleinen flussabwärts gelegenen Stadt, wo ich in einem katholischen Institut die Oberstufe des Gymnasiums absolvierte. Damals fuhr ich an föhnigen Nachmittagen und gelangweilten Wochenenden nach Innsbruck hinauf. Ich habe es damals gehasst. Jetzt, dreißig Jahre später, habe ich es neu entdeckt. Ich finde es gut. Was ist passiert? Damals, Anfang/Mitte der Achtziger, musste ich aus familiären Gründen aus Wien nach Westen. Ich war fünfzehn. Wien erbebte gerade im grellen Licht der New Wave, erschien mir aufregend, ätzend und sexy. Innsbruck hingegen, das jetzt schlicht die Stadt war, in die ich fuhr, weil der junge, hormonell und hedonistisch gesteuerte Mensch halt manchmal in die Stadt muss, war bürgerlich bis zur Erstarrung. Eduard Wallnöfer hatte gerade das dritte Jahrzehnt seiner Landeshauptmannschaft angebrochen. Die braven Buben trugen karierte, glänzende Sakkos mit Schulterpolstern und die schlimmern Buben, die ich suchte, waren gefühlte zehn an der Zahl. Die trafen sich etwa im Akt, dem späteren Bogen 13, unter der Eisenbahn. Da rauchte man dann gehetzt ein „Tschointele“, nervös, umstellt und begaff t von den Philistern, die irgendwelche Dinge sagten, die immer direkt dem „Hausverstand“ entsprangen. Nach der Matura, tja, war ich weg, husch, zurück nach Wien, das damals eh auch eine fade, ten-
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Ohne Macht gibt es keine Einheit!
VON ERNS T MOLDEN
denziell versackte Stadt war, aber wenigstens größer und freier. Und heute? Wenn heute die Agentur anruft und sagt, ich soll, was heißt: darf in Innsbruck spielen, rufe ich Juhu und packe mein Binkerl. Was soll ich sagen: Innsbruck ist meine liebste Landeshauptstadt geworden. Mein dortiger Veranstalter hat mich in den letzten Jahren in zahlreiche geile Locations gesteckt – ins PMK etwa, vor allem in die Bäckerei in der Dreiheiligenstraße, die ich überhaupt unglaublich super finde.
„Ich weiß auch nicht, warum, aber die Innsbrucker sind so cool geworden.“ Da treffe ich dann auf mein Innsbrucker Publikum, und nachher würde ich diese Menschen immer am liebsten in den Gitarrenkoffer schaufeln und nach Wien mitnehmen. Ich weiß auch nicht, warum, aber die Innsbrucker sind so cool geworden. Dabei aber keine Euro-Klone, sondern Kinder ihrer Landschaft mit Blick auf die Welt. Ich hatte einen mittlerweile verstorbenen Dichterfreund, der immer so von Boulder, Colorado, schwärmte. Vergesst New York, vergesst L.A., sagte der immer. Fahrt in die Rockies, nach Boulder. Dort ist der Geist frei. Innsbruck heute, das hat auch so etwas. Im Frühjahr komme ich übrigens wieder.× Ernst Molden lebt als Dichter und Songwriter in Wien. Für seine Alben und Bücher wurde er mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erschien seine neue Platte A SO A SCHEENA DOG (monkeymusic).
50 NACHGEFRAGT SAISON
10 FR AGEN AN ...
Franz Tschiderer DREI SCHÖNE ORTE AUF DER WELT (AUSSERHALB TIROLS): Bhutan, Vall d‘Or (Mallorca), Malediven DIE GRÖSSTEN TUGENDEN IM TOURISMUS: Offenheit, Innovationsfreude, Neugier DIE GRÖSSTEN SÜNDEN IM TOURISMUS: Überheblichkeit, Selbstüberschätzung DIE STÄRKEN DES TIROLER TOURISMUS: Die vielen tollen Touristiker (und vor allem Touristikerinnen), die unsere Berge erst zum Leben erwecken. WELCHE BEDÜRFNISSE HABEN FAMILIEN IM URLAUB? Jede(r) für sich und alle gemeinsam viel erleben! WIE IST MAN IM SEGMENT FAMILIENURLAUB ERFOLGREICH? Man muss über Jahrzehnte jeden Tag versuchen, genau das zu bieten, was Familien begeistert. Und zwar jedem Familienmitglied individuell und in der Gemeinsamkeit. DIE SCHWÄCHEN DES TIROLER TOURISMUS: Fehlende Demut, die dann zu Trägheit führt. Die Mitbewerber freuen sich, aber sie leiden glücklicherweise oft unter derselben Schwäche. DIE BESTE TOURISTISCHE IDEE DER LETZTEN FÜNF JAHRE: Es gibt sooo viele … LETZTER EIGENER URLAUB (WANN UND WO?): Gestern für einen Tag: ein Konzert im Musikverein Wien mit Claudio Abbado. Herrlich!
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ICH LERNE VON: Am meisten von den großen griechischen Philosophen.
Dr. Franz Tschiderer studierte an der Universität St. Gallen und arbeitete am dortigen Tourismusinstitut als Assistent. Seit über 30 Jahren ist er erfolgreicher Tourismusunternehmer. Franz Tschiderer prägt in der Funktion des Obmanns im TVB SerfausFiss-Ladis die Entwicklung der Region seit 24 Jahren maßgeblich mit.
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