Heimatkurier 04 2010

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43. JAHRGANG

DAS HISTORISCHE MAGAZIN DES NORDBAYERISCHEN KURIERS

NR. 4/2010

Wahnfried

Wochenmarkt

Flugplatz

Fuffziger

Bilder aus der 136-j채hrigen Geschichte von Wagners wonnigem Wohnhaus

Das vergessene Jubil채um: Seit 75 Jahren ist der Wochenmarkt an der Rotmainhalle

Er war einst der Stolz der ganzen Stadt: der Flugplatz in Laineck

Vor 60 Jahren begann die bessere H채lfte des zwanzigsten Jahrhunderts


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Liebe Leser, die meist gestellte Frage, die ich fast täglich von Bürgern zu hören bekam, lautete bislang: „Warum heißt die Judenwiese Judenwiese?“ Gegenwärtig gibt es indes ein neues Bayreuth-Rätsel, das die hiesigen Zeitgenossen noch mehr zu bewegen scheint: „Wo ist die Asche (das Grab) von Wolfgang Wagner?“ Beide Fragen haben eines miteinander gemeinsam: Eine schlüssige Antwort gibt es darauf bisher nicht, sieht man einmal von einer etwas kryptischen Andeutung von Katharina Wagner gegenüber „Welt online“ in diesem Sommer ab. * Todesfälle in der Familie Wagner, dem heimischen Fürstenhaus, haben die Bayreuther seit jeher stark bewegt. Ahnherr Richard sorgte schon frühzeitig für seine letzte Ruhestätte vor. Mit Sondergenehmigung des Stadtmagistrats ließ er seine Gruft schon zu Lebzeiten auf seinem Privatgrundstück anlegen. Bekannt geworden ist seine eher komische Drohung: „Wenn ihr mich ärgert, lege ich mich in meine Gruft.“ Am Sonntag, 18. Februar 1883, geleiteten schließlich seine Mitbürger die sterblichen Überreste bei leise fallendem Schnee zur Wahnfriedgruft.

inhalt Wahnfried Seite 3

Rotmainhalle Seite 4/5

Eis-Mayer Seite 6

Die 50er Jahre Seiten 7-9

Flugplatz

Seiten 10/11

Die Rotmainhalle als Kulisse für politische Kundgebungen: Hier lässt sich Franz Josef Strauß im März 1988 feiern. angelegt, in dem später auch Frau Winifred, Sohn Wieland mit Ehefrau Gertrud sowie Gudrun Wagner ihre letzte Ruhestätte fanden. Solange die Bayreuther keine Gewissheit über die Asche des „Herrn Wolfgang“ haben, müssen sie sich mit dem Gedanken trösten, dass er in ihren Herzen wohl das schönste Denkmal hat ...

schnell vom Tisch. Aber nicht nur Marktfrauen haben in der Halle ihren angestammten Platz, sogar zwei Bundeskanzler – Konrad Adenauer und Helmut Schmidt – traten hier in Aktion. Hinzu kam noch ein Dritter, der gar zu gerne Kanzler geworden wäre: Franz Josef Strauß. * Schließlich finden Sie in dieser Ausgabe noch einen Zeitungsbericht über den Flughafen der Stadt Bayreuth in Laineck. Der heute 85-jährige Lothar Siegfried Albrecht aus Bindlach berichtet über seine Jugenderlebnisse auf diesem Landeplatz, um die er von seinen Altersgenossen heftig beneidet wurde.

* In dieser Ausgabe des Heimatkuriers steht ein Bauwerk im Blickpunkt, das von manchen sehr zu Unrecht als Nazi-Bau gesehen wird: Die gute alte Rotmainhalle wird 75 und mit ihr der Wochenmarkt in ihrem Umfeld. Halle und Markt gehören zu liebgewordenen Besitzständen des heimischen Publikums. Als die Ihr Halle vor knapp zwei Jahrzehnten wegen des RotmainCenters eine Zeitlang zur * Disposition gestellt wurde, Riesige Trauerzüge wurden fegte der allgemeine Volksauch Wagners Witwe Cosima zorn solche Überlegungen Bernd Mayer und Sohn Siegfried zuteil, die im Jahr 1930 im Abstand von nur wenigen Monaten das Zeitliche gesegnet hatten. Die Asche von Frau Cosima, die nach ihrem Willen über dem Festspielhaus verstreut werden sollte, kam zum geliebten Ehegatten Richard an das Kopfende seiner Gruft. Für Siegfried Wagner wurde ein neues Grab im Stadtfriedhof

Bayreuths Mühlen Seite 12

Oblatenfabrik Seite 13

Einst & Jetzt Seite 14

Bayreuth-Quiz Seite 15

Wafners Lexikon Seite 16

Kutscherplatz Seite 16

Unser Titelbild ... zeigt die MarktplatzNordseite im Jahr 1951. Sechs Jahre nach Kriegsende erlebte das Stadtzentrum eine fieberhafte Neubautätigkeit. Auch die Parkplätze wurden bereits knapp. Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Alte Schloss war jedoch noch immer in einem ruinösen Zustand, doch der Wiederaufbau durch den Freistaat Bayern war bereits eine beschlossene Sache.

Bild links: Am 18. Februar 1883 bewegte sich ein riesiger Trauerzug mit den sterblichen Überresten von Richard Wagner vom Bahnhofsplatz über die Opernstraße zur Villa Wahnfried. Hier hatte Wagner schon zu Lebzeiten seine Gruft anlegen lassen.


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Aus Wahnfrieds Fotoalbum

Wagners Wohnhaus hat eine 36-jährige bewegte Geschichte hinter sich

egen ständiger QuereW len mit den Bauleuten hätte der leicht erregbare

Bauherr sein neues Heim am liebsten „Ärgersheim“ genannt. Schikane, Wichtigtuerei und Bosheit habe er beim Bau erleben müssen, klagte Richard Wagner. Sein Baumeister Carl Wölfel erschien ihm zeitweise sogar als tückisch. Auf den Namen Wahnfried stieß der Bayreuther Meister dann eher zufällig: Ein gleichnamiger hessischer Ortsname berührte ihn nach eigenen Worten gera-

dezu mystisch. Am 28. April 1874 zog Wagner mit Cosima und den Kindern in seiner Villa ein. Seitdem sind 136 Jahre vergangen und Wahnfried hat es längst zu internationaler Berühmtheit gebracht. Allerdings verbinden sich mit den Namen auch Erinnerungen an ein beklemmendes Kapitel deutscher Geschichte: Der Herr des Dritten Reiches ging hier bekanntlich mit Familienanschluss ein und aus. Unsere Bilder: Oben links das Haus Wahnfried zur Zeit Wagners, rechts das Junggesellenhaus von Wagnersohn Siegfried. Darunter ein Foto aus dem Jahr 1923: Wagnerenkel Wieland Wagner mit der Bayreuther SA vor Wahnfried. Das Bild in der dritten Reihe zeigt amerikanische Tanzgirls 1945 vor dem zerbombten Gebäude. Unten links die notdürftig geflickte Rückseite der Künstlervilla, die der Familie von Wieland Wagner als Domizil diente. Unten rechts die Einweihung des restaurierten Bauwerks im Juli 1976. Wahnfried ist seitdem Museum.


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Die bewegte Geschichte der Rotmainhalle Das vergessene Jubiläum: 75 Jahre Schauplatz des Wochenmarkts

Von Bernd Mayer Zu den vergessenen Jubiläen gehört in diesem Jahr das 75-jährige Bestehen der Rotmainhalle. Zugleich jährte sich im September der erste Wochenmarkt an der Hindenburgstraße ebenfalls zum 75. Mal. Eine bewegte Geschichte verbindet sich mit dieser Halle und ihrem Umfeld – mit Tiefpunkten wie die „Reichskristallnacht“, aber auch mit Höhepunkten wie der Auftritt des großen Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Bei der Einweihung der Halle sprach der damalige Zweite Bürgermeister Karl Keller von einem „kühnen Stück nationalsozialistischen Aufbauwillens“. Tatsächlich trägt das Bauwerk die subtile architektonische Handschrift von Regierungsbaumeister Walther Schmidt, die – anders als die vom Berufskollegen Hans Reissinger („Haus der Deutschen Erziehung“) – frei von ideologischem Ballast ist. Der ästhetische Zweckbau mit dem Aufriss einer Basilika wurde auch in demokratischen Zeiten als unbedingt erhaltenswert empfunden. So formierte sich Anfang der 90er Jahre eine Bürgerinitiative „Rettet die Rotmainhalle“, die das Bauwerk durch das neue Rotmain-Center akut gefährdet sah.

Die Rotmainhalle mit ihrem Umfeld bei der Einweihungsfeier am 14. Juli 1935. Blenden wir zurück in die Entstehungszeit der Rotmainhalle. Ein Jahr nach der braunen Revolution wälzte das Stadtregiment unter Oberbürgermeister Dr. Karl Schlumprecht große Pläne für das Mainflecklein. Sie veränderten in der Folgezeit das historische Gesicht dieses Stadtteils gewaltig.

Mistelbach überbrückt

Regierungsbaumeister Walther Schmidt war der Architekt der Rotmainhalle. Auch nach dem Krieg tragen zahlreiche Bayreuther Bauwerke seine Handschrift, so das Kolpinghaus und das erste Hochhaus in der Bahnhofstraße.

Das über 200 Jahre alte „Maawirtshäusla“ an der Ecke zum Graben wurde abgebrochen (Oktober 1935), der Mistelbach mit einer Betonbrücke von 22 Meter Spannbreite großzügig überspannt und eine neue Ausfallstraße angelegt, die den Namen „Marschall-Hindenburg-Straße“ erhielt. Kernstück der Neugestaltung war die Halle mit einer Gaststätte und Stallungen für das Vieh. Von Anfang an war die Halle multifunktional gedacht: als Markthalle, Viehhalle, aber auch als Messehalle und als Kundgebungshalle. Zweifellos war der Hallenbau auf der grünen Mainaue für die damalige Zeit ein hochmodernes Bauwerk mit einem Stahlskelett, das von einer Würzburger Firma geliefert und montiert wurde.

Ende August 1934 war mit den schwierigen Grundierungsarbeiten begonnen worden. Von den 55 beteiligten Bauarbeitern waren die meisten „Wohlfahrtserwerblose“, wie die NS-Zeitung Bayerische Ostmark im Dezember 1934 berichtete. Noch im gleichen Monat wurde die Hindenburgstraße dem Verkehr übergeben. Der neu errichtete Wohnblock an der Einmündung zur Casselmannstraße war zu diesem Zeitpunkt bereits bezogen. Die unmittelbare Nachbarschaft zum Städtischen Schlachthof machte die Rotmainhalle auch für die Viehhändler attraktiv. Bereits im März 1935, als die Bauarbeiter auf dem Stahlskelett Richtfest feierten, fand im Umfeld der Baustelle der erste „Verbandszuchtbullenmarkt“ (21. März) statt. Damit hatte St. Georgen sein Jahrhunderte altes markgräfliches Privileg für die Abhaltung der Viehmärkte verloren. Und noch eine uralte Tradition ging im gleichen Jahr zu Ende. Zweieinhalb Monate nach der pompösen Einweihung der Rotmainhalle (14. Juli) wechselte der Wochenmarkt am 2. Oktober seinen angestammten Standort im Stadtzentrum zuguns-

ten des Mainfleckleins. Der Andrang der Bevölkerung sei „ungeheuer“ gewesen, vermeldete die Tageszeitung. „Spannend war für uns Kinder immer der Auftrieb zu den Viehmärkten und Zuchtkörungen in der Halle“, erinnert sich Herbert Scherer an den neuen, aufregenden Anziehungspunkt in seiner damaligen Nachbarschaft. „Auch gefährliche Bullen wurden per Fuß herangetrieben. Über einen Nasenring waren sie leichter zu dirigieren, zusätzlich verhinderte ein zweiter Begleiter mit einem Strick um eines der Hinterbeine den Stier am Ausbrechen.“

Tiefpunkt im Herbst 1938 Im November 1938 wurde das neue Zentrum am Mainflecklein Schauplatz eines beschämenden Tiefpunktes in der Stadtgeschichte. In der sogenannten „Reichskristallnacht“ am 9./10. November wurden die jüdischen Mitbürger in den Stallungen an der Rotmainhalle eingesperrt, wo sie am nächsten Morgen der Schaulust vieler Bayreuther ausgesetzt waren. Zeitzeuge Herbert Scherer, Fortsetzung auf Seite 5


5 Fortsetzung von Seite 4 damals knapp zehn Jahre alt, erlebte inmitten einer Schar Erwachsener den nächtlichen Exzess: „Die meisten sahen schweigend dem Geschehen zu, das sich im fahlen Licht der Straßenbeleuchtung auf der Hindenburgstraße abspielte. Da wurden immer wieder jüdische Mitbürger, manche nur spärlich bekleidet, von schreienden, stoßenden und prügelnden SA-Leuten wie Vieh zu den Ställen getrieben. Das Geschrei der ‚Treiber‘ hatte uns aus dem Schlaf gerissen:“ Am nächsten Morgen hoben sich die Kinder nach Scherers Erinnerung gegenseitig hoch, um zu sehen, wie die Verfolgten frierend auf dem Steinboden saßen oder lagen – „ein Bild des Elends, das einen bleibenden Eindruck hinterließ“.

1945 beschlagnahmt Im Zweiten Weltkrieg diente die Rotmainhalle zeitweise als „Verteilstation“ für Bewohner aus evakuierten Ortschaften. Auf der anderen Straßenseite entstand in den 40er Jahren eine Barackensiedlung mit slumartigen Zügen. 1945 wurde die Halle von den USMilitärs beschlagnahmt. Doch schon im März 1950 war sie Schauplatz der ersten großen Handwerksmesse an der Schwelle des Wirtschaftswunders, die immerhin 32 000 Besucher anlockte. Die Wochenmärkte standen in den kommenden Jahrzehnten wieder im Mittelpunkt des Geschehens, doch wurde die 3500 Menschen fassende Halle immer wieder auch für Großkundgebungen, Sportund Musikveranstaltungen und sogar für Eisrevuen genutzt. Im Juli 1953 wurde auf dem Platz vor der Rotmainhalle der Riesenwalfisch „Jonas“ mit einer Länge von 20

Hier entsteht zur gleichen Zeit eine neue Straße, die Hindenburgstraße, sowie der mächtige Neubau der Rotmainhalle (rechts). Im Hintergrund das Mühltürlein (Winter 1934/35). Metern von den Bayreuthern bestaunt. Die vielleicht bedeutendste Veranstaltung in der 75-jährigen Geschichte der Rotmainhalle war der Auftritt des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, der am 24. November 1954 zum ersten und einzigen Mal nach Bayreuth kam. Die mit fast 4000 Menschen überfüllte Halle musste bereits eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn polizeilich geschlossen werden, weitere 3000 Bayreuther lauschten auf dem Vorplatz der Rede des 78-Jährigen. Die politischen Themen wie die „Saarfrage“, damals brandaktuell, sind längst Geschichte. Übrigens hatte ein Jahr zuvor, am 19. August 1953, auch Adenauers Gegenspieler Erich Ollenhauer (SPD) den gleichen Ort für seine große Wahlkundgebung ausgewählt. Am 21. Februar 1969

ging eine der turbulentesten politischen Kundgebungen über die Bühne der Rotmainhalle. Bei der Veranstaltung „Bayreuth sagt Nein zur NPD“ musste der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt ein minutenlanges Dauergeheul der sogenannten „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO) über sich ergehen lassen. „Einigen der Bürschlein gehörten eigentlich die Hosen von ihren Erziehungsberechtigten stramm gezogen“, kommentierte damals Dieter Hartung im Kurier die Exzesse. Als letzter großer Politiker hatte hier Franz Josef Strauß im Oberbürgermeister-Wahlkampf am 26. Februar 1988 seinen großen Auftritt. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude für eine Million Mark bereits von Grund auf saniert (1980–1984). In den 90er Jahren rückte das inzwischen zum Baudenkmal

gewordene Bauwerk mit dem Schlachtruf „Rettet die Rotmainhalle“ nochmals in den Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit. Angesichts eines drohenden Abrisses wegen des neuen Rotmain-Centers erinnerten Lokalhistoriker an die bauhistorische Bedeutung des Gebäudes. Es sei jedoch, so hieß es, für Romantik noch nicht alt genug und für die Postmoderne schon zu alt.

Protest der Gärtner Die Gärtner sammelten vorsorglich 5689 Unterschriften gegen Abbruchpläne. Die Bürgerinitiative „Rettet die Rotmainhalle“ erfreute sich eines so stürmischen Zulaufs, dass seitdem keiner mehr gewagt hat, die Zukunft des Bauwerks anzutasten. Die nächsten 25 Jahre bis zum Jahrhundert-Jubiläum dürfte es wohl unangefochten überstehen.

Die nächtliche Rotmainhalle Anfang 1935 im Rohbau. Bäuerinnen mit Huckelkorb waren am Wochenmarkt an Eine Würzburger Firma lieferte das Stahlkorsett. der Rotmainhalle in den 50er Jahren noch allgegenwärtig.


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Vom Eis- und Betten-Mayer

Lebensstationen eines unvergesslichen Originals aus dem Graben Von Herbert Scherer Ein besonderes Erlebnis in meiner Jugendzeit war die imposante Erscheinung des Bayreuther Handelsmannes Franz Mayer, dem Kurt Herterich in seinem Stadtteilbuch einen „voluminösen Körper“ zugeschrieben hat. Der volkstümliche Mann wurde deshalb landläufig „der dick’ Mayer“ genannt. Er war Kaufmann, und zwar in Betten und Speiseeis, deshalb auch als der Eis- oder BettenMayer stadtbekannt. Die Gebäude seines Wirkens sind im Zuge des Neubaus des Hohenzollernrings in den 70er Jahren verschwunden. Seit 1929 hatte Franz Mayer, 1904 in Marienweiher geboren, zusammen mit seiner hübschen Frau Anna im alten Graben Nummer 6 in Vorderund Hinterhaus das bekannte Geschäft „Betten-Mayer“ betrieben, das ursprünglich in der Carl-Schüller-Straße von Mutter Kraft gegründet wurde. Erfreulich ist, dass seit über 50 Jahren in Pegnitz am alten Friedhof Franzens Enkel Jürgen Mayer seinen „BettenMayer“ erfolgreich betreibt. Wie sich der Franz Mayer im Graben 6 in den alten Gebäuden etabliert hat, kann in einer von den Mayers selbst gefertigten „JubiläumsSchrift“ unter dem Motto „Von der Wiege bis zur Bahre ist das Bett das einzig’ Wahre“ nachgelesen werden. In Wort und Bild führt der Techniker und Tüftler Franz alle Arbeitsgänge und die zum Teil von ihm selbst konzipierten Maschinen vor. Die maschinelle Sortierung der Federn war „die große Erfindung des Firmeninhabers Franz Mayer“, wie die Schrift stolz bekundet. Zeitsparend wurde damit die Rohware in Daunen, Halbdaunen und schwere Federn getrennt. Franz betrieb mit seinem vollmechanisierten Betrieb zeitweise das größte Bettenfachgeschäft in Bayreuth. Mit einem mit Maschinen bestückten Reisewagen konnte er auch auswärts seinem Geschäft nachgehen und sich auf Ausstellungen zeigen. Er hat-

Der „Eis-Mayer“ aus dem Graben mit seinem belastungsfähigen Dreirad auf dem Marktplatz (um 1940). te immerhin einige Patente aufzuweisen. Auf dem betrieblichen Höhepunkt – nach der großen Krise zwischen 1943 und 1948 mit der Kontingentierung der Rohwaren – standen ihm zwei Verkaufsläden mit Schaufenstern, ein Maschinenarbeitsraum, zwei größere Federnlager und ein Sortier-Abfüllraum zur Verfügung. Der Wasserverbrauch bei der Federnreinigung war enorm. So wurden für eine größere Bettfüllung bis zu 1500 Liter Wasser benötigt. Was aber trieb den Franz noch um? Vielleicht war es das Erlebnis der Krise in der Kriegs- und Nachkriegszeit, das ihn noch nach einem anderen Standbein suchen ließ. Den Erzählungen seiner Enkelin Anne Böhner zufolge stieg er 1949 in die Produktion von Speiseeis ein, und zwar in der alten Stätte am Graben 6. Hier stillte er das große Bedürfnis vor allem von uns Jugendlichen und Kindern, die nach Kriegsund Hungerjahren bis zur Währungsreform 1948 süßen Genüssen sehr entwöhnt waren. Der Eis-Mayer sorgte für Abhilfe, und zwar nicht nur im angestammten Bereich Graben, sondern auch an einem Stand am Eingang zum sogenannten „Neuen Weg“ und an der Schulstraße bei der Graserschule. Schließlich war er auch mobil in anderen Stadtteilen mit seinem Drei-

rad zur Stelle. Dabei trug er eine blaue Hose und eine blaue Weste.

Hose machte Geschichte Die Hose machte sogar Geschichte. Weil seine beiden Enkel mir die Geschichte spontan und unabhängig voneinander erzählten, kann ich sie auch so wiedergeben: Ein jugendlicher Eiskäufer hatte erkannt, dass der EisMayer bäuchlings so ausgestattet war, dass er mit seinen Armen nicht weit genug nach unten greifen konnte. So traf er ihn sozusagen an einer Schwachstelle: „Herr Mayer, ihr Hosndierla is offn.“ Der Franz holte daraufhin einen kleinen Spiegel hervor und fixierte den angegebenen Ort, um dann erleichtert festzustellen, dass er gefoppt worden war. Damals soll er noch über den Scherz gelacht haben. Die zunehmende Nachahmung dieses Spaßes fand

bei ihm bald weniger Verständnis. „Ich habe es einmal erlebt, wie er mit einer Schnelligkeit, die ich ihm nie zugetraut hätte, aus seiner Bude an der Mainbrücke herausstürzte, um dem Frevler ein Holzscheitla nachzuwerfen.“ Im Jahr 1957, im Alter von 53 Jahren, ist Franz Mayer gestorben. Trotz seiner körperlichen Behinderung ging der totale Krieg nicht ganz spurlos an ihm vorbei. Zwar konnte er zum Militär nicht eingezogen werden, auch der Volkssturm hatte auf ihn verzichtet, aber gegen Kriegsende wurde noch eine wehrhafte Einrichtung geschaffen, die sämtliche männliche Reserven aktivieren wollte: die sogenannte Stadtwacht. Bayreuths Polizei war infolge des Krieges geschwächt, da sie Beamte zum Aufbau der deutschen Polizeistation im polnischen Jarocyn abgeben musste. Von einem besonderen Einsatz habe ich nicht gehört. Ich erlebte aber noch die Vereidigung der Einheit auf dem Platz vor der Rotmainhalle mit, weil mein Vater von polizeilicher Seite beteiligt war. Die Einheit marschierte in Zivil mit Armbinde herum, aber ausgestattet mit einem Gewehr. Franz Mayer marschierte wegen seiner Breite nicht in einer Dreierreihe, sondern am Ende einer Einheit. Außer gelegentlichen kleinen Wachdiensten sind mir keine Einsätze bekannt. Mit der Besetzung der Stadt am 14. April übernahmen die US-Militärs Ordnungsfunktionen, und Franz war froh darüber, endlich wieder in die Rolle des Kaufmanns zurückzukehren.

Mit seinem Reisewagen konnte Franz Mayer seine Bett federnreinigung auch ambulant betreiben.


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Eintritt in die bessere Jahrhunderthälfte Vor 60 Jahren begann ein glückliches Jahrzehnt für Bayreuth

Von Bernd Mayer Als die 50er Jahre begannen, lagen zwei fürchterliche Jahrzehnte hinter den Zeitgenossen: die 30er Jahre, weitgehend geprägt vom menschenverachtenden Nationalsozialismus, und die 40er Jahre, getrübt durch Krieg, unsägliches Leid und Nachkriegselend. Das Jahr 1950 wurde für die Menschen zur Eintrittspforte in die weitaus bessere Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seit der Währungsreform im Juni 1948 hatten auch die Bayreuther das Gefühl, dass sich nach Jahren des Stillstands in ihrer unwirtlichen Ruinenstadt endlich etwas rührte. Ein neues Stadtoberhaupt, Hans Rollwagen (SPD), setzte als exzellenter Verwaltungsjurist nach seiner Wahl am 1. Juli 1948 dem städtischen Ämterschlendrian ein Ende. Vor allem auf eine Konsolidierung der zerrütteten Gemeindefinanzen legte er großen Wert, auch wenn diese mit schmerzhaften Einschnitten vor allem im personellen und kulturellen Bereich verbunden war. Damit machte Rollwagen zusammen mit der Familie Wagner den Weg frei für die ersten Nachkriegsfestspiele 1951. An der Schwelle des Jahres 1950 konnte der Oberbürgermeister erleichtert verkünden: „Wir haben wieder festen Boden unter den Füßen gewonnen.“ Und der IHK-Präsident und spätere Ehrenbürger Dr. Konrad Pöhner fügte hinzu, jetzt müsse die „freie“ Marktwirtschaft noch zu einer „sozialen“ gemacht werden. Eine fieberhafte Bautätigkeit setzte Anfang der 50er Jahre ein. „Jeder Stein, der neu auf einen anderen gelegt ist, wird dankbar begrüßt – ganz gleich wo und wie“, rief Rollwagen aus. Tausende von Bayreuther Bürgern mussten damals noch in Baracken vegetieren – am Festspielhügel, in der Hindenburgstraße, am Flößanger, in der Hammerstatt und an zahlreichen anderen Punkten des Stadtgebiets. Die großen Wohnblocks, die nun aus dem Boden gestampft wurden (etwa in der Altstadt oder in der Hammerstatt), erhoben keinen Anspruch, später auf die Denkmalsliste gesetzt zu werden, aber sie wur-

1952: Wiederaufbau des Alten Schlosses am Marktplatz. den von unzähligen Familien als Befreiung aus zum Teil unvorstellbaren Verhältnissen empfunden. Immerhin entstanden in der ersten Hälfte der 50er Jahre auch zwei Bauwerke, die höheren architektonischen Ansprüchen gerecht wurden: die dreitürmige Christuskirche und der mächtige Neubaukomplex Kirchenmusikschule/Predigerseminar an der Wilhelminenstraße. Flott voran ging es am Marktplatz, wo die zahnlückige Nordseite nach und nach mit Neubauten aufgefüllt wurde. Der Busbahnhof, der 1950 mitten auf dem Markt angelegt wurde, beflügelte das geschäftliche Leben im Stadtzentrum spürbar, zumal auch

ein neuer Linienplan für den Stadtverkehr (ab Mai 1951) für lebhaften Zustrom sorgte. Verblüffend auch die Zunahme des Innenstadtverkehrs: Wenige Jahre nach Kriegsende wurden am Marktplatz die Parkplätze knapp.

Ampel und Parkuhren Die Bayreuther mussten sich in diesen Jahren an viele seltsame Neuheiten gewöhnen: Wie eine Ampel funktioniert, wurde den Bürgern 1952 durch die beiden Lokalzeitungen Fränkische Presse und Bayreuther Tagblatt beigebracht. Viel Ratlosigkeit löste dagegen der erste Zebrastreifen in der Opernstraße aus, und die ersten Parkuhren vor

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der Sparkasse am Markt wurden von manchem gar als etwas Unmoralisches empfunden: Wie kam die Stadtverwaltung dazu, Zeit zu verkaufen? Durchwegs freudig wurde dagegen die Aussicht begrüßt, mittels Fernsehen die Welt zu erschließen. Lange hatten die Bayreuther darauf warten müssen, bis die populären TV-Quizmaster Peter Frankenfeld und Hans-Joachim Kulenkampff auch in ihren Stuben Einzug halten konnten. Die Generalprobe für das Fernsehen fand zwar schon im Oktober 1954 auf dem Seulbitzer Berg statt, aber erst im Frühjahr 1956 erlebte die „Glotze“, wie sie bei den TV-Muffeln hieß, ihren Durchbruch im Städtchen. Manches mutet nachträglich ein wenig merkwürdig an. Da wurde in den eher puritanischen 50er Jahren allen Ernstes versucht, Bayreuth zur oberfränkischen Faschingshochburg hochzupäppeln. Mit dem Schlachtruf „Awaaf“ stürzten sich die Narren auf die seit altersher etwas „daabe“ Bevölkerung, um aus ihnen rheinische Frohnaturen zu machen. Das Spektakel der großen Faschingszüge lockte immerhin Zehntausende auf die Straßen. Das wichtigste Ereignis der 50er Jahre war der Wiederbeginn der Festspiele. Wagnerenkel Wieland revolutionierte die Opernbühne. Bruder Wolfgang erwies sich als allgegenwärtiger Organisator. Die braunen Schatten der Vergangenheit wurden zumindest künstlerisch auf dem Grünen Hügel glaubwürdig abgestreift. Doch die rechtsradikalen Parteien kokettierten noch ziemlich dreist mit dem Symbolwert Bayreuths als einstigem „Kraftzentrum“ des Nationalsozialismus. Und im Festspiel-Publikum tauchte so manches NS-Fossil im Umfeld von Winifred Wagner auf. Im Jahr 1958 wurde mit Hans Walter Wild ein neuer Oberbürgermeister gewählt, der drei Jahrzehnte im Rathaus den Takt schlagen sollte. Mit seiner Dynamik war er genau die richtige Persönlichkeit für die Herausforderungen der Zukunft. Er machte aus dem „Dornröschen ein fleißiges Lieschen“, so Wild.


Ein fotografischer Streifzug durch die vergoldeten Fünfzigerjahre Rückblick auf ein Jahrzehnt, das bei älteren Mitbürgern nostalgische Gefühle auslöst / Von Jahr zu Jahr wurde alles ein bisschen besser 1. Der Sternplatz im Februar 1950 – ohne Verkehrspolizist geht es schon fünf Jahre nach Kriegsende nicht mehr. 2. Im Mai 1950 erregen 15 „schnittige“ BorgwardAutos auf dem Marktplatz die Aufmerksamkeit der Bayreuther. 3. Das Hollfelder „Bockala“ auf der Fahrt vom Bahnhof Kreuzstein zum Bahnhof Röhrensee (1953). 4. Die Wagnerenkel Wieland und Wolfgang lauschen im Festspielsommer 1951 einer Rundfunksendung über „Neu-Bayreuth“. 5. In den Ruinen des Luitpoldplatzes regt sich Anfang der 50er Jahre neues geschäftliches Leben. 6. Im November 1954 kommt der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Bayreuth – sein erster und einziger Besuch. 7. Die verkehrsreiche Kreuzung Kanalstraße/ Schulstraße, wo sich heute der ZOH befindet (um 1956). 8. Im Frühjahr 1956 bilden sich Menschentrauben vor dem Fernseher im BELGLaden am Luitpoldplatz. 9. Dreidimensional können die Bayreuther im BaliKino mit entsprechender Spezialbrille bereits im Jahr 1953 sehen. 10. Rudolf Rösners Milchbar am Sternplatz wird ab 1955 zum beliebten Treffpunkt für junge Leute – mit über 80 Milchmix-Getränken. 11. 1957 wird innerhalb weniger Wochen der Neubau des BAT-Fabrikgebäudes im Industriegelände St. Georgen hochgezogen. 12. Schlittschuhlaufen auf dem Gelände des TennisClubs Rot-Weiß zwischen Jean-Paul und Birkenstraße im Jahr 1953. 13. Die Angst vor einem Atomkrieg treibt die Menschen auf die Straße, wie hier nach der Maifeier 1958 in der Ludwigstraße. 14. Wachablösung im Rathaus: Das alte Stadtoberhaupt Hans Rollwagen (links) prostet hier seinem Nachfolger Hans Walter Wild zu. In der Mitte Stadtrechtsrat Dr. Hans Eschlwöch (Mai 1958).

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Meine Jugend auf dem Lainecker Flugplatz Der heute 85-jährige Lothar Siegfried Albrecht erinnert sich

Von Bernd Mayer Der Flugplatz Laineck war das erste große Prestigeprojekt, das sich die Stadt Bayreuth nach dem Ersten Weltkrieg, nach wahren Hungerjahren und nach einer irrwitzigen Inflation wieder gönnte. Am 2. August 1925 wurde die neu erbaute Flughalle vor den Toren der Stadt mit einem Flugtag eingeweiht, und das damalige Stadtoberhaupt Albert Preu rief zukunftsfroh aus: „Aufwärts und vorwärts sei die Losung.“ Bald darauf war Bayreuth auch an das nationale Luftverkehrsnetz angeschlossen. Das Stadtregiment gab sich der Hoffnung hin, auf diesem Weg das deprimierende Eisenbahndilemma „einigermaßen ausgleichen“ zu können. Im August 1930 kamen beispielsweise auf dem Lainecker Landeplatz mit dem Mit einem Flugzeug wurde 1925 der Lainecker „Flughafen“ eingeweiht. stolzen Namen „Flughafen“ würden der Stadtverwaltung Siegfried auf dem Flugplatz jedoch ein dankbares Andenfür ihre Weichenstellung nach Herzenslust herumrol- ken. „Sigila, wir fliegen heulen. te nach Nürnberg und neh„ungemein dankbar“ sein. Einer, der damals schon auf Schon früh lernte er hier men auch die Mutter mit“, der Welt war und auf dem Bayreuths weiblichen Flie- sagte sie zu Jung-Siegfried. Lainecker Flugplatz auf- gerstar Lisl Schwab kennen, Ansonsten flog sie in Laineck wuchs, ist der heute 85-jähri- die vor allem als kühne Fall- neue Maschinen ein, unterge Lothar Siegfried Albrecht. schirmspringerin eine natio- nahm von hier aus viele PriSein Vater Max Bernhard nale Berühmtheit wurde. Ihre vatflüge und erwarb sich Albrecht (1890–1960) war als kleine Messerschmitt-Sport- auch als Fluglehrerin AnFlughallenwart mit dem Lai- maschine stand seit 1929 auf sehen. necker Landeplatz von An- dem Lainecker Flugplatz an Zur fliegenden Bayreuther Prominenz gehörte in den fang an eng verbunden. Er der Bindlacher Allee. frühen 30er Jahren auch der brachte für seinen Job einen NS-Gauleiter und Kultusmireichen Erfahrungsschatz Absturz des Gauleiters nister Hans Schemm, der auf mit. Ein Fliegerkrug erinnert als Reliquie an seine Dienst- Anfang der 30er Jahre ließ dem Lainecker Flugplatz am zeit in der Königlich-Bayeri- sich Lisl Schwab vor den 5. März 1935 tödlich verunDer Gaupilot schen Fliegerstation in Propagandakarren der Nazis glückte. Schleißheim während der spannen: Auf den Tragflä- Schmitt hatte beim Start mit Messerschmitt-SportJahre 1911 bis 1913. Für die- chen ihres Flugzeugs warb der se Rarität bot ein Angehöri- sie für NS-Publikationen. Fortsetzung auf Seite 11 ger der früheren Bindlacher Lothar Siegfried bewahrt ihr Lothar Siegfried Albrecht US-Garnison sogar ein kleimit dem Fliegerkrug seines nes Vermögen. Im Ersten Vaters, eine Rarität aus Weltkrieg bewährte sich der dem Jahr 1913. Vater als Flugzeugführer. Als Sohn des Flughallen119 „Luftfahrgäste“ an, 82 warts genoss Lothar SiegPersonen, meist Festspielgäs- fried Albrecht eine Reihe von te, gingen im gleichen Zeit- Privilegien, um die ihn wohl raum von hieraus in die Luft. alle Gleichaltrigen beneideIn einem Beitrag für die Hei- ten. So konnte er sich auf matbeilage „Bayreuther dem strengstens abgesperrten Land“ 1931 hieß es: „Zwar Platz völlig frei bewegen. Vanimmt keine Weltlinie von ter Max Bernhard Albrecht Bayreuth ihren Anfang, aber und Wolf Vogel, ein Bayreudoch hat der Bayreuther ther Segelflug-Pionier, basFlughafen seinen Platz ganz telten eigens für ihn sogar ein nahe der Kreuzungsstelle der Kinderflugzeug, das mit wichtigsten deutschen Süd- einem Sachs-Motor und Nord-Linie München–Nürn- einem Propeller ausgestattet Flughallenwart Max Bernhard Albrecht auf dem Landeberg.“ Spätere Geschlechter war. Damit konnte Lothar platz Laineck, im Hintergrund der Oschenberg.


11 Fortsetzung von Seite 10 maschine den Windsack der Flugzeughalle gestreift, worauf die Maschine am Boden zerschellte. „Bis heute ist es mir ein Rätsel, wie das Schmittla den Luftsack erwischen konnte“, merkt Siegfried Albrecht an. Ein Schauobjekt besonderer Art war für den Jungen auch die JU 52, mit der Hitler, Göring und Goebbels zu den Festspielen gebracht wurden. Mit Hitlers Flugkapitän Hans Bauer durfte er sogar eine Proberunde fliegen. Im Zweiten Weltkrieg be- Auf dem früheren Lainecker Flugplatz wird nach dem Krieg ein Flüchtlingslager errichsuchte Lothar Siegfried Al- tet. Die alte Flughalle muss Anfang der 60er Jahre den Kasernen weichen. brecht von 1940 bis 1943 die Fliegertechniker-Vorschule in Oschersleben bei Magdeburg. Die Flugzeugmechanikerlehre schloss er mit der Facharbeiterprüfung ab. Dann wurde er zur Luftwaffe eingezogen und kam als Bodenmechaniker nach Frankreich an den Atlantikwall. Später geriet er noch in Gefangenschaft, bevor er heil wieder in seine Heimat entlassen wurde. Mit dem Zweiten Weltkrieg endete auch die nur 20-jährige Geschichte des Lainecker Flugplatzes. Sein Gelände wurde Ende der 40er Jahre für den Aufbau eines Flüchtlingslagers genutzt. Anfang der 60er Jahre wurde die alte Flughalle aus dem Jahr 1925 abgebrochen und die Bundeswehr übernahm nun das Gelände für die Neubauten ihrer Markgrafenkaserne. Inzwischen ist auch über dieses letzte Kapitel der 400-jährigen Bayreuther Garnisonsgeschichte längst Gras geFlughallenwart Max Bernhard Albrecht vor dem Flugzeug der Stadt Bayreuth. wachsen.

Bayreuths Geschichte kompakt Bernd Mayer

Kleine Bayreuther Stadtgeschichte 168 S., 48 Abb., kartoniert, ISBN 978-3-7917-2266-5, € 12,90 (D)

„Mayers Fähigkeit, 800 Jahre Stadtgeschichte auf sportliche 150 Seiten zu raffen, machen das Buch neben den vielen lustigen und skurrilen Begebenheiten lesenswert – nicht nur für Bayreuther.“ (Fränkischer Tag)

„Es gilt ein edles Werk“: Bau- Lisl Schwab, die berühmte stein zur Anschaffung des Bayreuther Fallschirmspringe„Flugzeuges Bayreuth“ aus rin der 30er Jahre, beim Start dem Jahr 1925. zum Sternflug nach Paris.

Verlag Friedrich Pustet www.verlag-pustet.de


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Die Herrn- oder Münzmühle

Als eine von fünf Bayreuther Mühlen im Landbuch von 1421 aufgeführt Von Helmut Haas Mit der Herrnmühle (Münzmühle) an der Opernstraße setzen wir unsere Serie im Heimatkurier über Bayreuther Mühlen fort. Im Landbuch um 1421 werden fünf Mühlen aufgeführt, unter ihnen zwei an der „Rotmanßpruck“ (Rotmainbrücke). Sie wurden später zu einer zusammengelegt, der späteren Herrnmühle. Die genaue Lage der Herrnmühle (auch Münzmühle genannt) ist heute nicht mehr feststellbar, da das Haus nach einem Brand im Jahr 1903 abgebrochen wurde. Schon vorher war der Mühlkanal in diesem Bereich überbaut worden. Die Mühle stand schräg zur Opernstraße und ragte quer in die Münzgasse hinein, so dass nur ein sehr schmaler Weg zwischen dem Redoutenhaus (heute Café an der Oper) und der Mühle frei blieb. Eine Durchfahrt breiterer Fuhrwerke war somit unmöglich. Die engen Verhältnisse im Einmündungsbereich Opernstraße/Münzgasse legten einen Abbruch der Mühle nahe. Als 1894 der Durchbruch einer Straße nach St. Georgen (Wölfelstraße) von Baumeister Wölfel geplant wurde, war das Schicksal der Münzmühle besiegelt. Bereits vor dem Abbruch dieses markanten Gebäudes waren die nach dem Baumeister benannten Wölfelbauten an

Die 1903 abgebrannte Münzmühle an der Ecke Münzgasse/Opernstraße (um 1890). der Opernstraße errichtet worden. Die ursprüngliche Häuserzeile an dieser Stelle, die westlich an die Herrnmühle anschloss (unter ihnen das obere und untere Tuchhaus sowie die Hofbäckerei) musste diesem repräsentativen Gebäudeblock weichen. Das Umfeld der Münzmühle hatte sich also innerhalb weniger Jahrzehnte grundlegend verändert. Der Name Herrnmühle leitete sich von der Bezeichnung „Mahlmühle der Fürsten und Herren“ ab. Sie war also die Mühle des Hofs. In späterer Zeit wurde eine Gipsmühle angegliedert, ein zweistöcki- Hier wird der Mühlkanal in der Opernstraße überdacht. ger Fachwerkbau neben der Links die Wölfelbauten, rechts die Münzmühle mit einer Mühle. Der Gipsmüller wurde großen Reklamefläche (um 1895). auch als Gipsbrenner bezeichnet. Die Namen von 43 Müllern, die nacheinander auf der Herrnmühle saßen, wurden von Heimatforscherin Irmgard Dämmrich in ihrem Beitrag „Die Bayreuther Wassermühlen“ für den Archivband des Historischen Vereins für Oberfranken (1987) ermittelt. Die Reihe beginnt bei Hans Seitz, der 1499 die beiden benachbarten Mühlen an der „Rotmanßpruck“ zusammenlegte, und endet mit dem letzten Müller Johann Georg Schiller, der 1873 das Anwesen übernahm. Nach dem Brand der Herrnmühle 1903, bei dem ein Kind ums Leben kam, wurde noch im gleichen Jahrzehnt an der Ecke Wölfelstraße/Münzgasse/Opernstraße ein repräsentatives Bankgebäude errichtet.


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Ein industrielles Nachkriegswunder

Als in der Saas die berühmten Karlsbader Oblaten produziert wurden Von Bernd Mayer Nur mühsam kam Bayreuths Wirtschaft nach dem totalen Zusammenbruch im April 1945 wieder auf die Beine. In der allgemeinen Nachkriegstristesse, in der sich lähmende Lethargie breit machte, gab es jedoch auch einige überraschende Lichtblicke. Vor allem die von den alteingesessenen Bayreuthern anfangs we-

nig geschätzten Flüchtlinge sorgten mit ihrer Kreativität und ihrer Innovationsfreude für erfolgreiche Betriebsgründungen. Einer von ihnen war der Karlsbader Wilhelm Wolf, der zusammen mit seinem Kompagnon Berthold Dittmann „Deutschlands größte Oblatenfabrik“ auf die Beine stellte. Als Wolf 1946 aus seiner böhmischen Heimat ausgewiesen wurde, trug er nach eigener Aussage als einzige Gepäck, das ihm nicht genommen wurde, das sorgsam gehütete Familienrezept zur Herstellung der weltberühmten Karlsbader Oblaten bei sich. Die ersten Probepackungen fertigte er im August 1947 in der Richard-Wagner-Straße

an. Nach einer Zwischenstation in der Schulstraße 8 verlegte er seine Produktionsstätte nach Wendelhöfen, wo er bereits 70 Personen beschäftigte. 1948 siedelte er sich im Industriegebiet der ehemaligen NSKK-Motorsportschule in der Saas an, wo auch andere Betriebe wie die Gardinenweberei Zappe ihren Sitz hatten.

Als „Törtlasmacherin“ Die heute 84-jährige Waltraud Anderson, die Tochter von Berthold Dittmann, arbeitete zunächst als Packerin und später als „Törtlasmacherin“, von Prinzesstörtchen. Dabei wurde eine Oblate mit Kreme bestrichen und in Tortenstückchen aufgeteilt. Die leckere Produktionspalette fand im ausgehungerten Deutschland reißenden Absatz. 800 000 Oblaten wurden zeitweise monatlich hergestellt, mit einer eingebackenen Ansicht vom Festspielhaus auf der Vorderseite. Sie gingen sogar waggonweise nach Großbritannien und Frankreich.

Waltraud Anderson weiß auch die soziale Einstellung des Betriebs zu rühmen. „Wir haben sogar Betriebsausflüge unternommen, wo gab’s das damals schon?“ Dank der Backkunst von Wilhelm Wolf und dem Organisationstalent von Berthold Dittmann war der Betrieb an der Spitze gut aufgestellt. Zur Belegschaft gehörten auch einige Akademiker, die heilfroh über einen Arbeitsplatz waren. Der Betrieb boomte, und die Zeitzeugin weiß zu erzählen, dass zeitweise in mehreren Schichten gearbeitet werden musste. So beeindruckend war die Erfolgsgeschichte, dass sogar die Wochenzeitung Die Zeit darüber berichtete. In einem Interview mit der Bayreuther Lokalzeitung Fränkische Presse bezifferte Wilhelm Wolf im Januar 1949 die Belegschaftsstärke mit 174 Beschäftigten, unter ihnen zu 80 Prozent Ausgebombte und Flüchtlinge. Sorge bereitete der Geschäftsführung der Rohstoffmangel. Wolf ließ damals durchblicken, dass die Produktion bei ausreichender Versorgung mit Zucker, Mehl

Arbeiterinnen der „Ersten Bayreuther Oblatenfabrik“ in der früheren Motorsportschule in der Saas.

Waltraud Anderson als „Törtlasmacherin“ um 1949. und anderen Zutaten noch beträchtlich ausgeweitet werden könnte. Für das Bayreuther Wirtschaftsleben war die Firma laut Fränkischer Presse von erheblicher Bedeutung. Doch schon wenige Jahre später kam für die Oblatenbäckerei das Aus. Nach der Erinnerung von Waltraud Anderson wurde in der DDR ein Betriebsfahrzeug samt dem Geld beschlagnahmt. Aber auch die Konkurrenz wurde immer stärker, und der Versuch, auch andere Produkte wie Schokolade in die Produktion aufzunehmen, scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein. Nach dem Zusammenbruch des Betriebs wurde Georg Wolf Makronen- und Waffelbäcker in der Bäckerei Popp am Röhrensee. Für Waltraud Anderson begann ein neues berufliches Leben mit Nylonstrümpfen beziehungsweise mit deren Laufmaschen. Erst mit der Hand und später maschinell häkelte sie für ihre Kundinnen Laufmaschen wieder hoch, „Repassieren“ nannte man diese Tätigkeit. Die Liebe zu den Oblaten hat sie ein Leben lang bewahrt.

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Das veränderte Mainflecklein

75 Jahre liegen zwischen diesen beiden Aufnahmen

Quizgewinner

Über 1000 Einsendungen hatten wir bei unserem Bayreuth-Quiz schon lange nicht mehr. Die Frage 1 wurde leider von über der Hälfte der Leser falsch beantwortet. Die richtige Antwort: A) Goethestraße A) Bahnhofstraße C) Casselmannstaße. Die Gewinner: Christa Nawrath, Grünewaldstraße 2, 2. Preis Margot Ploss, Furtwänglerstraße 6 a, 3. Preis Erwin Brodelt, Holländerstraße 8 (alle Bayreuth). Kontaktadresse: KURIER-Lokalredaktion, Sekretariat, Telefon. 09 21/ 50 01 63. Die Preise wurden gestiftet von

Oberkonnersreuther Str. 6, Bayreuth, Tel. 09 21/5 28 83 Ein Dreivierteljahrhundert liegt zwischen diesen beiden Bildern. Als die Aufnahme oben entstand, war die alte Schlachthofbrücke bereits abgerissen. Dagegen ist noch das über zwei Jahrhunderte alte Mainwirtshäuschen zu sehen an der Einmündung des alten Grabens, wo heute der Hohenzollernring verläuft. Seine Tage waren damals je-

doch schon gezählt. In der unmittelbaren Nachbarschaft steht bereits der neu errichtete Häuserblock. Im Hintergrund breitet sich die Mainaue aus, auf der 1910 das erste Volksfest abgehalten wurde. Das Mainflecklein musste jedoch auch für so manche Großkundgebung der Nazis herhalten. Die Hindenburgstraße wurde 1934/35 zur

Ausfallstraße nach Kulmbach ausgebaut, und links neben dem Schlachthof entsteht zu dieser Zeit die Rotmainhalle (siehe auch Seite 4/5). Das Haus ganz rechts, in dem die Firma Schießl ihren Sitz hatte, zeigt die heutige Situation mit dem in den 30er Jahren neu errichteten Gasthaus zum Main und dem CineplexKino im Hintergrund.

Besuchen Sie das von Familie Schmitt geführte Restaurant Zur Sudpfanne in BayreuthOberkonnersreuth vor den Toren der Wagnerstadt.

impressum HEIMAT-KURIER Das historische Magazin des Nordbayerischen Kuriers Verantwortlich: Gert-Dieter Meier Redaktion: Bernd Mayer Mitarbeit: Dr. Sylvia Habermann, Helmut Haas, Herbert Scherer Fotos/Repros: Archiv Bernd Mayer, Dieter Härtl, Fritz Lauterbach, Rüdiger Kranz, Karlheinz Lammel, Historisches Museum der Stadt Bayreuth Historische Karikaturen: Matthias Ose Gesamtanzeigenleitung: Michael Rümmele (verantw.) Anzeigenleitung: Andreas Weiß Nordbayerischer Kurier GmbH & Co. Zeitungsverlag KG Maximilianstraße 58/60 95444 Bayreuth und Theodor-Schmidt-Straße 17 95448 Bayreuth

© 2010 Nordbayerischer Kurier


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Das historische Quiz um Alt-Bayreuth

Unser Gewinnspiel für Stadtkenner und findige Neubürger

Machen Sie mit: Schreiben Sie die richtige Lösung auf eine Postkarte, vergessen Sie nicht Ihren Namen und Anschrift und werfen Sie die Karte in den nächsten Briefkasten oder geben Sie diese in einer der Kurier-Geschäftsstellen ab. Einsendeschluss ist der 13. Januar 2011. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Bitte adressieren Sie die Postkarte an: Wie heißt dieser Bereich in der Innenstadt (um 1905)? A) Dammallee, B) Luitpoldplatz, C) August-Bebel-Platz

Nordbayerischer Kurier Heimat-Kurier/ Historisches Quiz Maximilianstraße 58/60 95444 Bayreuth

Gewinnen Sie: 1. Preis: 1 MagnumChampagnerflasche aus dem Hause Paul Goerg 2. Preis: Alfi-Isolierkanne mit zwei Cappuccino-Tassen im Zeitungsdesign

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Was läuft steht im Kurier.

Diese Straße (um 1935) führt ins Stadtzentrum. Ihr Name? A) Erlanger Straße, B) Kulmbacher Straße, C) Schulstraße


16 Mit dem Mülleimer auf Du und Du Von WAFNER Problematisch sind die Altglascontainer deswegen, weil sie in weiten Kreisen der Bevölkerung als

Säufertreffs gelten. Männer (seltener Frauen), die hier mit einem Großraum-Mercedes bzw. -BMW voller Wein- und Schnapsflaschen ankommen und dieselben in den Container werfen, wirken meistens auch alle etwas scheu und verlegen, wie frisch ertappte Sittenstrolche. Sie verdächtigen sich oft auch gegenseitig des Alkoholismus, ob-

wohl viele von ihnen auch Marmeladengläser, Essig-, Rasier- und Haarwasserflaschen einwerfen. Denselben Eindruck haben auch die Anwohner, welche die Flaschenwerfer mit dem Fernglas von ihrem Balkon aus beobachten. – Große, echte, um ihren Ruf bedachte Trinker kommen deshalb auch nur nachts (wenn das Einwerfen verboten ist) und stellen ihre Flaschen wie eine Militärparade zum letzten Appell vor den Containern auf. Dass es sich verbietet,

Vom alten Kutscherplatz

Der Bayreuther Sternplatz vor 100 Jahren Der belebteste Platz der ganzen Stadt war über Jahrhunderte der Sternplatz, der bis vor 70 Jahren noch den Namen Kutscherplatz trug. Tatsächlich befanden sich gleich an der Einmündung zur Maxstraße die Pferdedroschken, die Vorläufer unserer Taxis. Auf dem Kutschbock warteten die Kutscher auf Fahrgäste. Wenn es allzu lange dauerte, bekamen die Droschkengäule den mitgebrachten Hafersack umgehängt, um eine Fresszeit einzulegen. Im Winter stampften die „Hamberla“, wie sie im Volksmund hießen, vor Kälte mit den Hufen, und der Atem dampfte aus ihren Nüstern. Doch zur Festspielzeit kamen sie so richtig in Trab. Von den Fiakern wurden sie dann festlich herausgeputzt, mit blitzendem

ausgebrannte Glühbirnen sowie eingeglaste Hochzeitsfotos, die man nach der Scheidung nicht mehr benötigt, alte Brillen, Operngläser, Fernrohre und so weiter in den Glascontainer zu werfen, ohne dass man vorher eine sorgfältige Trennung der gläsernen Substanzen von den rahmenden Metall-, Horn- und Papiermaterialien vorgenommen hat, ist wohl selbstverständlich. Generell sollte jeder Bürger, der seinen Müllabfall so ernst nimmt wie seine Ehe und Familie, ein mehrsemestriges

Zaumzeug und einem Kopfschmuck aus Stoff mit roten und weißen Ohren. So geriet die Auffahrt zum Festspielhaus mit den ebenso herausgeputzten Gästen zu einem prachtvollen Schauspiel. Auch in den Hotels nahe dem Kutscherplatz hielt man Pferde und einen Hotelwagen. Ein Hausdiener mit grüner Schürze und einer Mütze mit der Aufschrift „Hotel Goldener Anker“ oder Hotel „Schwarzes Roß“ fuhr damit zum Bahnhof, um die Gäste mit ihren Koffern abzuholen und

bei der Abreise wieder hinzubringen. In aller Ruhe konnten Touristen vor ihren Hotels anhalten und aussteigen, denn damals störte sie kein Verkehr auf der Straße. Es war eine

gemütliche Zeit. Und wenn auch manchmal Pferdeäpfel auf die Straße gefallen waren, so holten die praktisch denkenden Bayreuther Gartenbesitzer Eimer und Schaufel herbei, und die momentane Landluft war schnell wieder verflogen. Wer beseitigt schon heute die Auspuffgase der Benzinkutschen ? Mit dem Fortschritt der Zeit wurden die einst so geduldig dastehenden Droschkengäule und ihre Kutscher von den schnelleren Autos verdrängt und der Kutscherplatz verlor seinen sinnvollen Namen. Ein anderer Name, den ihm der Volksmund gab, blieb jedoch noch lange an ihm kleben: Maulaffenplatz. Tatsächlich gab es an diesem Platz so viel zu bestaunen wie an keinem anderen Punkt der Stadt, und Ende der 30er Jahre wurden notorische Eckensteher sogar mit einem Bußgeld bedroht.

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Chemiestudium

absolvieren. Nur dann vermag er zu entscheiden, ob Eierschalen unter die nativorganischen Abfälle gezählt werden und folglich in die Biomülltonne geworfen werden dürfen oder aber ob sie dem ungiftig-anorganischen Müll zuzuordnen sind. Auch grundsätzliche Fragen wie die, ob durch die Vermengung von Klößresten mit übriggebliebenem Schokoladenpudding giftige Dioxine freiwerden können oder ob ein rostiger Nagel noch als Altmetall oder bereits als Eisenoxyd im Container für Chemiesalze abgelagert werden muss, kann nur ein chemisch geschulter Abfallsortierer letztgültig entscheiden. Die Einrichtung eines chemischen Heimlabors, wo man in Zweifelsfällen alle nötigen Analysen vornehmen kann, ist für jeden Haushalt deshalb ebenso zu empfehlen wie die einer

Müllaufbereitungswerkstatt, welche es dem müllbewussten Bürger ermöglicht, aus mehreren Materialien zusammengesetzte Wegwerfgegenstände in ihre Einzelheiten zu zerlegen und diese der entsprechenden Spezialentsorgung zuzuführen. Leere Konservenbüchsen beispielsweise müssen folgenden vier Arbeitsgängen unterzogen werden: 1. einer Vollwaschung, die sie von allen noch vorhandenen Gulasch-, Tomatensuppen-, Ravioli- und anderen -resten, welche der organischen Bioentsorgung zuzuführen sind, befreit. 2. muss die aufgeklebte Papieretikette, aus der ihr früherer Inhalt ersichtbar war, in einem warmen Wasserbad abgelöst, getrocknet und in den Altpapiercontainer geworfen werden. 3. gilt es, mit einem mechanischen oder elektrischen Dosenöffner die Unterseite der Büchse herauszuschneiden und den verbliebenen Hohlkörper sodann mit einer hydraulischen Metallpresse so zusammenzudrücken, dass von der ehemals voluminösen Konservendose nur noch eine dünne Folie im Format eines Briefkuverts übrig bleibt. Diese überstellt man zusammengebündelt tausendstückweise dem Altmetallhändler. Bei der Einrichtung einer solchen Heimwerkstatt sollte man grundsätzlich großräumig planen.


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