IN PUNCTO N EUES VOM TO NKÜNS TL E R O RC H ES TER GU TEN R UTS C H ! N EUJA H R S KO NZER TE MI T D EN TO NKÜNS TL E RN IM MUS IKVE RE I N W IEN
O R C H E S T E R
Seit mehr als 20 Jahren dirigiert Alfred Eschwé die Neujahrskonzerte mit dem Tonkünstler-Orchester. Doch nicht nur das: Er stellt auch die Programme zusammen und ist mittlerweile als Moderator so beliebt, dass sich viele Menschen ein TonkünstlerNeujahrskonzert ohne ihn gar nicht mehr vorstellen können. In dieser Ausgabe des IN PUNCTO spricht er erstmals ausführlich darüber, was diese Konzert serie für ihn persönlich bedeutet und warum er noch immer Freude daran hat. Apropos Freude: Es gibt viele gute Gründe, musikalisch ins neue Jahr zu starten. Einer davon: Im Musikverein Wien bieten die Tonkünstler ihr Neujahrskonzert 2020 erstmals an drei Tagen an – mit den Dirigenten Alfred Eschwé und Lorenz C. Aichner und mit den Sopranistinnen Maria Nazarova und Sooyeon Lee. Zwei Aufführungen beginnen zur gemütlichen Nachmittagsstunde. Nach den Weihnachtsferien wird das Programm im Rahmen eines festlichen Abendkonzerts wiederholt. Die Musik der Strauss-Dynastie im Musikverein zu erleben, einem der besten und berühmtesten Konzertsäle der Welt, sorgt alleweil für gute Stimmung und optimistische Ausblicke. Am besten natürlich gemeinsam – mit lieben Angehörigen und Freunden. Und mit den Tonkünstlern.
Editorial — P 3
Neujahrskonzerte im Musikverein Wien
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LORENZ C. AICHNER
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Neujahrskonzerte — P 4
Was wäre ein Jahreswechsel ohne Musik? Etwa 20.000 Menschen in Wien und Niederösterreich können nicht irren! So viele Zuhörerinnen und Zuhörer besuchen jährlich die Tonkünstler-Konzerte zum Jahreswechsel. Im Musikverein Wien bietet
WEITERE TERMINE
das Orchester sein Neujahrskonzert 2020 erstmals an drei Tagen an:
Sopran
CLAUDIA GOEBL
Zwei Aufführungen finden an Nach-
Sopran
SOOYEON LEE
mittagen statt, danach wird das
Sopran
MARIA NAZAROVA
Programm im Rahmen eines festli-
Dirigent
LORENZ C. AICHNER
chen Abendkonzerts wiederholt.
Dirigent
ALFRED ESCHWÉ
Parallel zu den Darbietungen an den
Alternierende Besetzungen
drei großen Residenzen – auch das Publikum in St. Pölten und in Grafen-
Sa, 28.12.19, 19.30 Musikverein Wien
egg freut sich schon auf seine Neu-
So, 29.12.19, 19.30 Musikverein Wien
jahrskonzerte – beginnt die Tournee
Di, 31.12.19, 18.30 Grafenegg
durch Niederösterreich. So kommt
Mi, 01.01.19, 18.00 St. Pölten
die Musik direkt zu den Menschen: in
Do, 02.01.20, 19.30 Amstetten
vielen Gemeinden ein wichtiges
Mo, 06.01.19, 11.00 St. Pölten
Ereignis im Jahreskalender! Die
Mo, 06.01.19, 16.00 St. Pölten
Neujahrsserie der Tonkünstler um-
Mi, 08.01.20, 20.00 Schwechat
fasst damit in der Konzertsaison
Do, 09.01.20, 19.30 Langenzersdorf
19–20 erstmals 25 Aufführungen.
Fr, 10.01.20, 19.30 Brunn am Gebirge Sa, 11.01.20, 18.00 Neulengbach So, 12.01.20, 19.30 Wiener Neustadt Mo, 13.01.20, 19.30 Biedermannsdorf Di, 14.01.20, 19.00 Schrems Mi, 15.01.20, 19.00 Echsenbach Mi, 22.01.20, 19.30 Perchtoldsdorf Do, 23.01.20, 19.30 Laa an der Thaya Fr, 24.01.20, 19.30 Wiener Neudorf Sa, 25.01.20, 19.30 Breitenfurt So, 26.01.20, 16.00 Schleinbach
Neujahrskonzerte — P 5
PROGRAMM FRANZ VON SUPPÉ
Ouvertüre zur Operette «Boccaccio» LUIGI ARDITI
«Il Bacio» | «Kusswalzer» für Sopran und Orchester JOSEF STRAUSS
«Plappermäulchen» Polka schnell op. 245 EDWARD ELGAR
EMMERICH KÁLMÁN
«Salut d‘Amour»
«Ich sing‘ mein Lied im Regen
(Bearbeitung für Orchester)
und Schnee» Koloraturwalzer der Violetta aus der Operette
LUDWIG VAN BEETHOVEN
«Das Veilchen vom Montmartre»
Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 «Eroica», 3. Satz (Scherzo.
JOHANN STRAUSS SOHN
Allegro vivace)
Figaro-Polka op. 320
G A E TA N O D O N I Z E T T I
AMADEO VIVES
«Chacun le Sait»
Fandango aus der Zarzuela
Arie der Marie aus der Oper
«Doña Francisquita»
«Die Regimentstochter» JOHANN STRAUSS SOHN ÉMILE WALDTEUFEL
Bauern-Polka op. 276
«Espana», Walzer op. 236 JOHANN STRAUSS SOHN FERDINAND HÉROLD
«Tik-Tak» Polka schnell op. 365
Ouvertüre zur Oper «Zampa» CARL MILLÖCKER
«Höchste Lust und tiefstes Leid» Arie der Laura aus der Operette «Der Bettelstudent» JOSEF STRAUSS
«Sphärenklänge» Walzer op. 235
Änderungen vorbehalten
Neujahrskonzerte — P 6
« Eine gute Freundin hat mich vor vielen Jahren zu den Tonkünstlern gebracht. Als Abonnent buche ich das Neujahrskonzert heuer gleich mit. Besonders mag ich die Zusammenstellung der Programme, denn ich brauche keine wahnsinnigen modernen Kompositionen, in denen man keine Melodien, nur noch Töne hört. Und bei den Neujahrs konzerten werden ja nur ältere Stücke gespielt, obendrein hören sie immer mit dem Radetzkymarsch auf. Das gefällt mir sehr! Zu den Tonkünstler-Konzerten gehe ich sehr gern, weil ich die Professionalität des Orchesters schätze. Wichtig ist mir auch, gut zu sitzen: siebente Reihe, denn ich möchte die Musikerinnen und Musiker auch beobachten und beim Spielen ihre Gesichter sehen können. » Wolfgang Fölberbauer, Wien
« Seit 37 Jahren spiele ich im Tonkünstler-Orchester – und genauso lange auch schon die Neujahrskonzerte. Am Anfang waren es nur wenige Aufführungen, fünf vielleicht. Diese Zahl hat sich bis heute vervielfacht! Alfred Eschwé und seine lockere Art, die Konzerte zu gestalten, schätze ich sehr, er ist ein großer Experte für dieses Repertoire. Und natürlich freue ich mich auch, wenn es dem Publikum gefällt. » Peter Erhart, Violinist
MARIA NAZAROVA
Als Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper hat sich die Koloratursopranistin Maria Nazarova seit der Spielzeit 16–17 schnell einen Namen gemacht. Ihr Auftritt als
SOOYEON LEE
Adele bei der Silvesteraufführung von Johann Strauss´ «Fledermaus» 2017 führte zu einer Einladung an die Mailänder Scala. Bei den Salzburger Festspielen stand sie
Beim renommierten Gesangswettbewerb BBC Cardiff
als Papagena in Mozarts «Zauberflöte» auf der Bühne,
Singer of the World vertrat die Koloratursopranistin
in der Spielzeit 20–21 gibt sie ihre Hausdebüts an der
Sooyeon Lee im Sommer 2019 ihr Heimatland Südkorea
Opéra national de Paris und am New National Theatre in
bis in die Finalrunden. In der Spielzeit 19–20 wird sie am
Tokio. In Dnepropetrovsk in der ehemaligen Sowjetunion
Staatstheater Oldenburg, wo sie seit der Saison 16–17
geboren, erhielt sie im Alter von vier Jahren ersten
zum Sängerensemble gehört, in wichtigen Rollen wie der
Klavier- und Gesangsunterricht. Die Sängerin gewann
Lucia in Donizettis «Lucia di Lammermoor» zu erleben
mehrere internationale Wettbewerbe, darunter den Les
sein. 2018 erreichte sie die Finalrunde beim Concours
Azuriales Opera in Nizza und den Concorso Lirico Inter-
Musical Reine Elisabeth in Brüssel. Die junge Sopranistin
nazionale di Portofino.
erhielt zahlreiche Preise bei Wettbewerben, darunter der ARD-Wettbewerb, der Internationale Berliner Musikwett-
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bewerb, die Gian Battista Viotti International Music Competition und der Internationale Mozartwettbewerb in Salzburg. W
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LORENZ C. AICHNER
Der gebürtige Salzburger Lorenz C. Aichner erhielt schon während seiner Schulzeit Klavierunterricht an der Universität Mozarteum in Salzburg und gab als Schüler Konzerte im In- und Ausland. An der Volksoper Wien debütierte er 2012 mit dem Musical «Die spinnen, die
ALFRED ESCHWÉ
Römer!» von Stephen Sondheim. Seit der Spielzeit 12–13 ist er Kapellmeister des Hauses und übernahm die Alfred Eschwé gilt als berufener Sachwalter der Musik
musikalische Leitung zahlreicher Produktionen wie «Kiss
der Strauss-Dynastie, was auch durch zahlreiche
me, Kate», «Der Zauberer von Oz» und «Axel an der Him-
CD-Aufnahmen belegt ist. Vor 20 Jahren, am 28. Dezem-
melstür». In der Spielzeit 18–19 leitete er unter anderem
ber 1998, stand er erstmals bei einem Silvesterkonzert
die Wiederaufnahmen der Puccini-Einakter «Der
am Pult des Tonkünstler-Orchesters. Er wurde in
Mantel» und «Gianni Schicchi» sowie die Premiere von
Wien geboren und unter anderem von Hans Swarowsky
Thomas Adès‘ «Powder her Face» im Kasino am Schwar-
musikalisch ausgebildet. Nach einigen Jahren in
zenbergplatz.
Deutschland ging er 1989 an die Volksoper Wien, wo er seitdem das gesamte Repertoire in Oper und Operette
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« Ich bin kein besonders großer Opernfan, aber diese schöne Zusammenstellung aus leichter, lockerer Orchestermusik mit Arien aus Opern und Operetten gefällt mir sehr! Seit Jahren besuche ich die Neujahrskonzerte der Tonkünstler, wir sind eine Gruppe von sechs Leuten und hoffen immer auf gute Plätze. Das Programm, tolle Sänger und dazu das Ambiente des Goldenen Saals – dies alles gehört für mich zum Ritual: Am 1. Jänner gibt´s das Neujahrskonzert im Fernsehen und danach live mit den Tonkünstlern. » Roswitha Stummvoll, Gänserndorf
« Unsere Neujahrskonzerte sind eine super Sache! Ich spiele das gemischte Repertoire mit Arien, Polkas, Walzern und Orchesterstücken sehr gern, und am ersten Horn bin ich in wirklich jedem Konzert voll gefordert – ob im Musikverein oder in Schrems. Von Wien aus bringen wir die Musik aufs Land hinaus und tragen dazu bei, dass auch Menschen ins Konzert kommen können, die es sonst vielleicht nicht tun würden. » Sebastian Kolarz-Löschberger, Solohornist
« Für mich als Geigerin in den zweiten Violinen stehen in jedem Jahr viele Aufführungen unseres Neujahrsprogramms im Dienstplan. Aber mir fällt es leicht, diese Musik zu lieben – jeden Abend von Neuem. Zu spüren, dass das Publikum wirklich Freude daran hat, ist immer wieder etwas ganz Besonderes. » Stephanie Grandpierre, Violinistin
Alfred Eschwé Der Nestor des TonkünstlerNeujahrskonzerts über seine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Orchester, zwei entscheidende Änderungen im Format der Neujahrskonzerte und Fragen der Programmgestaltung
Mehr Nähe zum Publikum Vor etwas mehr als 20 Jahren, am 28. Dezember 1998,
Ausschnitten aus Operetten. Zum anderen habe ich die
haben Sie Ihr erstes Neujahrskonzert mit den Ton-
Moderation eingeführt, um die Distanz zwischen Podium
künstlern im Wiener Musikverein dirigiert, Veranstalter
und Publikum zu verringern.
war der Club für Kultur & Wirtschaft. Erinnern Sie sich Was ist das Geheimnis Ihrer beliebten Moderationen?
noch an das Programm? ALFRED ESCHWÉ:
Worauf achten Sie besonders?
Nein, leider.
Das gesprochene Wort darf niemals schulmeisterlich Ich habe es für Sie herausgesucht: ein reines Strauss-
wirken, das ist sehr wichtig. Anspielungen auf aktuelle
Programm! Die Ouvertüre zum «Zigeunerbaron» stand
Begebenheiten kommen immer gut an, ebenso Anekdo-
am Anfang, «An der schönen blauen Donau» am
ten, persönliche Erlebnisse. Auf jeden Fall soll die Mode-
Schluss. Dazwischen gab´s den Frühlingsstimmen-
ration unterhaltsam sein!
Walzer und die Pizzicato-Polka und als letzte von vier Zugaben den unvermeidlichen Radetzky-Marsch. Auch
Zu diesem Zeitpunkt war Ihnen das Metier der Neu-
trat schon damals eine Sopranistin mit den Tonkünst-
jahrskonzerte längst vertraut, denn zuvor hatten ande-
lern auf: Simina Ivan.
re Orchester Sie für ihre Neujahrsserien engagiert.
Natürlich, ich kenne sie. Ioan Holender hat sie damals
Von 1989 bis zum Jahrtausendwechsel war ich mit dem
als Soubrette an die Wiener Staatsoper engagiert. Ich
Wiener Johann Strauss Orchester in Japan unterwegs,
erinnere mich aber auch an Programme, in denen zu-
dort haben wir die Werkauswahl auf die Strauss-Dynastie
sätzlich noch ein Tenor mitgewirkt hat.
beschränkt.
Waren schon die ersten Neujahrsserien der Tonkünst-
Den Grund für eine entscheidende Veränderung in der
ler im Wiener Musikverein so erfolgreich, wie es die
Konzeption der Tonkünstler-Neujahrskonzerte haben
heutigen sind?
Sie bereits genannt: den Wunsch nach mehr Nähe zum
Schwierig zu sagen. Ich habe ja auch schon vorher Ton-
Publikum.
künstler-Neujahrskonzerte dirigiert, freilich in größeren
Das hat vor allem mit der Publikumsstruktur zu tun. In
Abständen und mit einer anderen Konzeption. Das waren
manchen kleineren Orten in Niederösterreich ist das
eher klassische Neujahrsprogramme in der Art, wie sie
Neujahrskonzert ein Volksfest – noch heute! In Bieder-
die Wiener Philharmoniker spielen. Wann wir den Schnitt
mannsdorf hat mir einmal ein Bürgermeister ganz stolz
gesetzt und die beiden wichtigen Änderungen realisiert
erzählt, dass sich am Tag, an dem der Kartenvorverkauf
haben, weiß ich gar nicht mehr so genau.
im Gemeindeamt startet, bereits um 6 Uhr eine Warteschlange bildet, obwohl erst um 8 Uhr geöffnet wird.
Das Format der Tonkünstler-Neujahrskonzerte hat sich ja bestens bewährt, bis heute: eine Mischung aus Oper,
Die Moderation ist inzwischen zu einem Markenzeichen
Operette und Orchestermusik – nicht nur aus der
der Tonkünstler-Neujahrsserie geworden. Nicht wenige
Strauss-Dynastie.
Menschen kommen genau deswegen in die von Ihnen
Genau. Ein Programm aus populärer Klassik; im ersten
dirigierten Aufführungen.
Konzertteil immer mit Opernarien und im zweiten Teil mit
Das freut mich.
Alfred Eschwé — P 16
Aber nicht alle Tonkünstler-Neujahrskonzerte können
Wird das Zusammenstellen der Programme
Sie selbst leiten. Holen sich die Alternativdirigenten bei
schwieriger oder leichter mit der Zeit?
Ihnen Rat?
Es wird fast schwieriger, weil ich viele Ideen habe, die
Manche fragen nach der Moderation. Ich biete dann mein
sich nicht immer verwirklichen lassen. Durch die
Manuskript an, das aber nur aus Stichworten besteht,
limitierte Orchesterbesetzung auf den oft sehr kleinen
denn ich spreche lieber frei. So kann ich, sobald ich
Bühnen sind viele Stücke nicht realisierbar. Manchmal
merke, dass das Publikum Interesse zeigt, meine Zwi-
umgehe ich dieses Problem, indem ich ein paar –
schentexte leicht erweitern.
hoffentlich unmerkliche – instrumentatorische Retuschen vornehme.
Moderieren Sie vielleicht sogar noch lieber, als Sie dirigieren?
Wie lange dauert es von der Idee bis zur Fertigstellung
Ich moderiere sehr gern, die Reaktion des Publikums ist
des Programms? Wie gehen Sie vor?
meistens positiv. Aber natürlich bin ich zuallererst Diri-
Nun, ich habe nach 20 Jahren immer noch den Ehrgeiz,
gent! Ich werde oft als Spezialist für die Strauss-Ära
fast nur Titel zu spielen, die wir in der Neujahrsserie der
bezeichnet, aber meinen Lebensunterhalt bestreite ich
Tonkünstler noch nicht präsentiert haben.
als Operndirigent. Das ist meine wahre Leidenschaft. Da gibt es gar keine Wiederholungen? Auf Ihre Initiative hin wird in den Neujahrskonzerten
Ganz wenige. Im neuen Programm, jenem für die Saison
der Tonkünstler nicht mehr nur Strauss gespielt.
19–20, finden sich zum Beispiel vier Gesangstitel, die in
Um etwas anders zu machen als die Philharmoniker?
diesem Zusammenhang noch nie gespielt worden sind.
Nein, das hat, offen gestanden, einen ganz egoistischen Grund. Ich hatte über so viele Jahre Strauss-Programme
Dürfen wir schon mehr verraten?
dirigiert, dass ich mich nach Abwechslung sehnte. Umso
Natürlich! Wir bringen den Gesangswalzer «Il bacio» von
mehr habe ich mich gefreut, dass die neue Mischung vom
Luigi Arditi und die Arie der Marie aus der «Regiments-
Publikum so positiv aufgenommen wurde. Viele Leute
tochter» von Gaetano Donizetti. Im Operettenteil sind
kamen auf mich zu, bedankten sich und sagten: Gott
Emmerich Kálmán und Carl Millöcker vertreten. Als
sei Dank, nicht mehr nur Strauss! Das gab mir den Mut,
Überraschung werden wir eine zusätzliche Solistin mit
auch populäre Stücke aus dem 20. Jahrhundert ins
einem Instrument präsentieren, das nicht eben häufig im
Programm zu nehmen: Strawinsky, Schostakowitsch und
Konzertsaal anzutreffen ist.
Chatschaturjan waren in den Programmen schon vertreten. Gibt es für die Moderation auch schon Ideen? Was sagt unser Orchester dazu?
Selbstverständlich. Die werden aber noch nicht verraten!
Die Musikerinnen und Musiker schätzen meine Zusam-
Manchmal fällt mir übrigens zuerst eine Moderation ein,
menstellungen, weil die Konzerte kurzweiliger werden.
und dann suche ich das passende Stück dazu aus. Auch
Mit jedem Stück wechselt der Stil, sie müssen sich
den eher unangenehmen Fall, dass ich drei Tage vor dem
in Sekundenschnelle umstellen. Damit ist mehr Vielfalt
ersten Konzert noch immer eine passende Einleitung für
gegeben – aber auch mehr Konzentration erforderlich.
einen Programmpunkt suche, habe ich schon erlebt.
Alfred Eschwé — P 17
Wie lange vor den Aufführungen beginnen Sie über das
aber leider nicht wiederholt werden könne. Der Saal tobte
Programm nachzudenken?
– inklusive der Prominenz.
Das ist ein permanenter Prozess. Meistens lege ich mir im Laufe des Jahres eine Liste mit Titeln an, die für das
Noch eine Anekdote, bitte.
Neujahrskonzert infrage kommen. Die Basis für das
Bei einem der Konzerte in Baden, die es früher ja auch
Programm sind die Gesangsnummern – und es ist gar
gab, konnte ich mich während einer Moderation plötzlich
nicht so einfach, vier Stücke zu finden, die von allen drei
nicht mehr erinnern, wie das nächste Stück begann.
Solistinnen oder Solisten gesungen werden können.
Ziemlich peinlich, denn ich dirigiere ja auswendig. Meine
Manchmal muss ich ihre Wünsche erfüllen und Tonarten
Rede wurde immer länger, weil ich dachte, der Anfang
anpassen. Abwechslung ist auch ein wichtiges Kriterium.
würde mir noch einfallen. Schließlich drehte ich mich um
Das betrifft sowohl den Charakter als auch die Länge der
und gab einen unverbindlichen Auftakt. Das Orchester
Stücke. Auch sollten die Werke relativ bekannt sein. Und
spielte – und meine Erinnerung war zurück.
wenn sie dann noch lustig und ungewöhnlich sind, umso besser. Ein singendes Orchester oder überraschende
Sie dirigieren alle Neujahrsprogramme auswendig,
Schüsse zum Beispiel sorgen immer für gute Stimmung.
grundsätzlich? Ich dirigiere und moderiere gern auswendig.
Wann halten Sie ein Neujahrskonzert für gelungen? Unter welchen Umständen sind Sie zufrieden, sobald
Und Sie haben, wie man so sagt, das komplette Pro-
Sie von der Bühne gehen?
gramm drauf, sobald Sie in die erste Probe gehen?
Wenn ich das Gefühl habe, dass sich das Publikum
Ich bereite mich immer sehr sorgfältig vor. Bekannte
amüsiert hat und die Qualität des Orchesters zu schätzen
Walzer und Ouvertüren kann ich natürlich jederzeit
wusste. Den Jubel nach dem Radetzky-Marsch gibt es
abrufen. Andere Werke, die ich schon einmal dirigiert
immer, das ist kein Kriterium. Manchmal sind es jedoch
habe, sind nach ein paar Tagen wieder im Kopf. Aber
die weniger beklatschten, aber auf höchstem Niveau
neue Stücke erarbeite ich gründlich und erweitere dabei
gespielten Stücke, die mich mehr zufriedenstellen.
mein Repertoire.
Wie gehen Sie mit Programmwünschen aus dem Publi-
Und in den Konzerten verzichten Sie dann auf die Parti-
kum um?
tur – aus Ehrgeiz?
Ich gehe gern auf Wünsche ein und berücksichtige auch
Ich kann so auf das Orchester mehr Einfluss nehmen,
Anregungen. Aber ein reines Wunschkonzert möchte ich
wenn ich selbst freier bin. Der Augenkontakt zu den
nicht anbieten, dann würden wir immer den Donauwalzer
Musikerinnen und Musikern ist beim Dirigieren unheim-
spielen. Gerade davon wollte ich ja wegkommen.
lich wichtig. In der Oper dirigiere ich übrigens niemals auswendig, da kann viel zu viel passieren.
Welche besonders lustige oder skurrile Begebenheit bei den Neujahrskonzerten werden Sie nicht vergessen?
Macht Ihnen das Gesamtpaket Neujahrskonzert
Ach, da fallen mir einige ein. Bei einer Aufführung in
inklusive Sängerauswahl, Programmierung, Proben-
einem kleinen Ort im Süden Wiens, der Name sei hier
arbeit mit den Tonkünstlern, Dirigat und Moderation
nicht genannt, sitzt immer die Prominenz vom Bürger-
noch immer Spaß?
meister bis zum Kaplan in der ersten Reihe. In der Pause
Es bereitet mir sehr viel Freude, denn ich liebe meinen
gibt es dann Champagner im Extra-Zimmer. Einmal blieb
Beruf. Ein Resultat zu präsentieren, das nach langer
anschließend die erste Reihe leer und nach dem ersten
Vorbereitung und intensiver Probenarbeit beim Orchester
Stück huschte das «Extrazimmer» herein. Ich begrüßte
und beim Publikum gleichermaßen gut ankommt, ist
es nochmals herzlich und drückte mein Bedauern aus,
immer ein wunderschönes Erlebnis. Dieser Prozess hat
dass das schönste Stück des Abends nun verpasst wäre,
eine enorme Anziehungskraft.
Alfred Eschwé — P 19
Sie dirigieren die Tonkünstler seit fast 40 Jahren: In
Für die meisten Musikerinnen und Musiker zählt die
Amstetten standen Sie am 2. Oktober 1980 erstmals an
alljährliche Niederösterreich-Tournee mit dem Neu-
ihrem Pult. Wie hat sich Ihr Verhältnis zum Orchester in
jahrsprogramm wegen der überwältigenden Resonanz
dieser Zeit entwickelt?
und der großen Nähe zum Publikum zu den Höhepunk-
Die Einstellung zu ihrem Beruf hat sich bei den Musike-
ten der Konzertsaison. Empfinden Sie ähnlich?
rinnen und Musikern grundlegend geändert. In meinen
Als ich aufhörte, jährlich zum Jahreswechsel nach Japan
Anfangsjahren habe ich das Orchester auf vielen Ausfahr-
zu fliegen, habe ich mich insgeheim gefragt, ob es die
ten begleitet und mich nicht immer beliebt gemacht, weil
richtige Entscheidung sei, die Suntory-Hall in Tokio
ich die oft etwas laxere Berufsauffassung mancher
gegen die, sagen wir, oftmals einfachen Konzertsäle in
Orchestermitglieder kritisiert habe. Heute gibt es Dienst
Niederösterreich zu tauschen. Heute weiß ich: Die Eu-
nach Vorschrift überhaupt nicht mehr! Die Qualität des
phorie des Publikums hier entschädigt für alles.
Orchesters ist enorm gestiegen, und die Freude, mit der musiziert wird, überträgt sich ganz spontan auf das
20 Jahre sind eine lange Zeit, in der theoretisch viele
Publikum. Dann ist plötzlich Atmosphäre im Saal. Sehr
Neuanfänge möglich gewesen wären – was motiviert
oft habe ich das Gefühl, dass sich die Musikerinnen und
Sie, dabeizubleiben?
Musiker an ihrer eigenen Leistung erfreuen. Dann geht
Ganz einfach: Ich bin stolz auf diese Serie und darauf, wie
bei mir der Daumen hoch; das Publikum sieht das gar
sie sich entwickelt hat.
nicht. Interview: Ute van der Sanden
Manchmal schon. Und wenn – es ist dann auch für die Leute ein positives Zeichen. Was sich außerdem verändert hat: Bei langen Busfahrten spreche ich oft mit Orchestermitgliedern über
Alfred Eschwé wurde in Wien geboren und unter ande-
diverse Programmpunkte und merke, dass sie sich mit
rem von Hans Swarowsky musikalisch ausgebildet.
den Stücken und ihrer Rolle darin ausgiebig beschäftigt
Zu seinen größten Erfolgen an der Volksoper in Wien
haben. Dieses Interesse war früher viel geringer.
gehörten neben anderen Tschaikowskis «Eugen Onegin», Prokofjews «Der feurige Engel», Verdis «La Traviata»
113mal haben Sie das Orchester in Wien dirigiert,
und Strauss’ «Salome». 2003 debütierte er mit Mozarts
davon 93mal im Wiener Musikvereinssaal und 69mal in
«Zauberflöte» an der Wiener Staatsoper, wo er auch
St. Pölten. Was empfinden Sie, wenn Sie diese Zahlen
Gaetano Donizettis Oper «L‘elisir d‘amore» mit Anna
hören?
Netrebko und Rolando Villazón in den Hauptrollen leitete.
In erster Linie Überraschung. Ich führe ja nicht Buch
Der Mitschnitt dieser Aufführung wurde als DVD veröf-
über meine Auftritte. Die Erinnerung an schöne Konzerte
fentlicht. Regelmäßige Gastspiele führten ihn nach Turin,
ist das eine, viel wichtiger ist mir die Vorfreude auf neue
Catania, Triest, Palermo und Helsinki. Seit 1998 ist
Projekte.
Alfred Eschwé regelmäßig auch an der Hamburgischen Staatsoper zu erleben, ebenso an der Staatsoper in
Beinahe unglaubliche 543 Tonkünstler-Konzerte nach
Berlin, am Opernhaus in Zürich, am Teatro di San Carlo
Ihrem ersten Auftritt mit den Tonkünstlern: Woran
in Neapel sowie an der Bayerischen Staatsoper in
merken Sie, dass Sie mit dem Orchester schon so lange
München. 2009 debütierte er mit Mozarts «Zauberflöte»
zusammenarbeiten?
am New National Theatre in Tokio. 2015 leitete er
Vor allem daran, dass sich eine persönliche Gesprächs-
die Neuproduktion von Lortzings «Wildschütz» an der
basis zu vielen Mitgliedern des Orchesters entwickelt hat.
Semperoper in Dresden, wo er auch 2017 gastierte.
Alfred Eschwé — P 20
« Unsere Neujahrsserie, die neben den Konzerten im Musikverein auch viele Aufführungen in niederösterreichischen Gemeinden umfasst, bedeutet mir viel. Ich finde es sehr wichtig, mit unserem Orchester die Musik in teilweise entlegene Orte zu bringen. Die Freude, die unsere Auftritte auslöst, spiegelt sich in den Gesichtern der Menschen wider. Auch unsere Orchestermusikerinnen und -musiker empfinden diese Freude und die Freundlichkeit, mit der sie vom Publikum aufgenommen werden. Unsere Neujahrskonzerte, die ich als Projektleiterin seit vielen Jahren begleiten darf, die Kontakte zu den Veranstaltergemeinden und die musikalische Neujahrsbotschaft geben dem Jänner immer wieder eine ganz besondere Stimmung. » Roswitha Wallisch-Gepart, Künstlerisches Betriebsbüro
M U S I K V E R E I N
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« Ich mag unsere Neujahrskonzerte! Freilich bedeuten sie für uns als Orchesterwarte immer auch viel Feiertags- und Nachtarbeit, und die kleinen Bühnen sind für uns immer eine besondere Herausforderung. Aber ich bin gern mit unserem Orchester unterwegs, und die Freude der Menschen zu erleben, wenn die Tonkünstler kommen, ist etwas sehr Schönes. Vor allem an den kleinen Spielorten sind die Begegnungen mit unserem Publikum sehr familiär und persönlich – und die Bewirtung ist erstklassig! » Christian Pehatschek, Orchesterwart
« Die Neujahrskonzerte der Tonkünstler besuche ich, seit es diese Aufführungen gibt – mit guten Bekannten, Freunden oder auch allein. Das tolle Orchester, seine Gäste auf der Bühne, die Art und Weise der Darbietungen im blumengeschmückten Saal: All dies finde ich super. Ich liebe den Musikverein sehr, nicht zuletzt deshalb, weil er trotz meiner etwas eingeschränkten Mobilität für mich gut erreichbar ist. Das Neujahrskonzert gehört für mich zum Jahresbeginn einfach dazu! » Gert Grabner, Wien
Frisch aus dem Presswerk: Die Tonkünstler live in der Elbphilharmonie Hamburg Konzertmitschnitt als Blu-Ray-Disk seit Juni 2019 im Handel erhältlich – und ab 20. September auch als CD!
Elbphilharmonie Hamburg — P 26
CD Gustav Mahler 5. Symphonie Live-Mitschnitt aus der Elbphilharmonie Hamburg, März 2019 Erscheinungstermin: 20. September 2019
BLU-RAY-DISK Gustav Mahler
€ 15.00
5. Symphonie Live-Mitschnitt aus der Elbphilharmonie Hamburg, März 2019 Erschienen im Juni 2019 € 18.00
Während ihrer ersten gemeinsamen DeutschlandTournee gaben die Tonkünstler und Chefdirigent Yutaka Sado am 16. März 2019 ihr umjubeltes Debüt in der Elbphilharmonie Hamburg. Vom Publikum wurde die Aufführung der fünften Symphonie von Gustav Mahler mit spontanen Standing Ovations quittiert – ein Grund mehr, den Konzertmitschnitt im Tonkünstler-Eigenlabel zunächst als Blu-Ray-Disk in bester Ton- und Videoqualität und nun auch als CD zu veröffentlichen. Mahlers fünfte Symphonie, beginnend mit einem düsteren Trompetensolo, gehört heute zu seinen bekanntesten Orchesterwerken. Das war nicht immer so: «Die Fünfte ist ein verfluchtes Werk», notierte der Komponist 1904 nach der Uraufführung in Köln. Der vierte Satz der Symphonie, das sehnsüchtige, zarte Adagietto, wurde spätestens mit seiner Verwendung als Filmmusik in Luchino Viscontis Kinoklassiker «Tod in Venedig» aus dem Jahr 1971 unsterblich.
Elbphilharmonie Hamburg — P 27
« Allein der prachtvolle Große Saal des Wiener Musikvereins ist ja schon dazu angetan, besondere Stimmung zu verbreiten. Wenn dann noch das Tonkünstler-Orchester und Alfred Eschwé das Programm bestreiten, weiß man, dass sich der Aufwand, nach Wien ins Konzert zu fahren, auch für im südlichen Niederösterreich lebende Menschen unbedingt lohnt. Ich bekam die Karte von einer lieben Bekannten zu Weihnachten geschenkt und als ich las, dass es sich um ein Konzert der Tonkünstler handelt, freute ich mich besonders, da ich schon seit einigen Jahren ein Fan des Orchesters und Yutaka Sados bin. Die kleine Enttäuschung, dass das Neujahrskonzert von Herrn Eschwé dirigiert wurde und nicht vom Chefdirigenten, machten das hervorragend zusammengestellte Programm und das Orchester wett. Insgesamt spreche ich damit eine große Empfehlung aus, Konzerte der Tonkünstler im Allgemeinen und speziell das Neujahrskonzert in Wien zu besuchen, und hoffe, dass viele Musikinteressierte das ebenso sehen! » Susanna Prikoszovich, Sollenau
TO N KÜN STL ER ORC HESTER N EUJA HRS– KO NZERT I M MU SIKVEREI N WIEN FR 3 JÄN 20 15.30 S O 5 JÄN 20 15.30 (Restkarten) DI 7 JÄN 20 19.30 Tickets von 30 bis 75 Euro T: +43 1 586 83 83 tickets@tonkuenstler.at tonkuenstler.at Gruppenanfragen gruppen@tonkuenstler.at
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Impressum Niederösterreichische Tonkünstler Betriebsgesellschaft m.b.H., Kulturbezirk 2, 3100 St. Pölten | Für den Inhalt verantwortlich: Frank Druschel, Johannes Sterkl | Text, Redaktion und Koordination: Ute van der Sanden | Lektorat: Friederike Gösweiner | Visuelle Gestaltung: parole, München | Fotos: Dieter Nagl, Kurt Pinter, Onzeg (istock), Michael Fousert, Lizelle de Wit, Shirley Suarez, Kathrin Schubert, Martina Siebenhandl, Maxim Schulz, Werner Kmetitsch, Ute van der Sanden | Druck: Druckerei Walla, Wien | Für etwaige Druckfehler wird keine Haftung übernommen. | Redaktionsschluss: 31. August 2019 | Ausgabe 15/2019 Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Österreichische Post AG/Sponsoring.Post, Vertragsnummer: GZ 02Z034306 S, BNPA: 3100 St. Pölten