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Unterwegs
Chauffeure unter Druck
Entlang von Autobahnen und Kantonsstrassen fehlt es an Rast- und Entladeplätzen.
Lastwagen sind unabdingbar, aber zunehmend unerwünscht. Zufahrtsschwierigkeiten, Polizeikontrollen, Verkehrsüberlastungen – die Chauffeure müssen mit zahlreichen Herausforderungen fertigwerden.
Die Zeiten, in denen die Lastwagenchauffeure als Helden in den Tälern empfangen wurden, sind lange vorbei. Xavier Berthod, Präsident der Unterwalliser Sektion des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG, erinnert sich an die Geschichten seines Grossvaters. «Die Menschen warteten ungeduldig auf ihn, denn er brachte die Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Heute wird der Fahrer, der die gleichen Produkte transportiert, als Störenfried und Umweltverschmutzer angesehen.» Und es geht nicht nur um das Image. Denn die Berufschauffeure haben stark den Eindruck, dass ihnen Steine in den Weg gelegt werden. Einerseits müssen sie den Anforderungen eines hart
3,7%
Anteil der im Wallis zugelassenen, für den Gütertransport und die Industrie eingesetzten Lastwagen (über 3,5 Tonnen) am gesamten Strassenfahrzeugbestand.
(Quelle: BFS 2018) umkämpften Marktes gerecht werden, dessen Konkurrenzdruck durch das explosionsartige Wachstum des E-Commerce noch verschärft wird und der von ihnen eine schnelle und einwandfreie Lieferung erfordert. Andererseits stossen sie auf zahlreiche Hindernisse. Angefangen bei den Strassenzufahrten. Immer mehr Zonen werden für Lastwagen über 3,5 Tonnen verboten. «Wir können beim Liefern von Heizöl oder Pellets nicht mehr an die Häuser heranfahren. Das ist doch völlig absurd. Ich musste oft für Ausnahmen und Bussgeldreduktionen kämpfen», erklärt Christian Dubuis, der acht Jahre lang die Mittelwalliser Sektion des Verbandes «Les Routiers Suisses» leitete.
Platzmangel Die Gemeinden wollen keine Lastwagen mehr in ihren Zentren, aber es mangelt an Entladeplätzen an den Stadträndern. «Wir wissen nicht mehr, wo wir die Anhänger abstellen oder die Ware umladen sollen. Sie wollen, dass wir den Job machen, aber uns ja nicht sehen», fasst Oscar Dubosson, Präsident der Sektion Chablais von «Les Routiers Suisses», zusammen. Gleiches gilt für die Zahl der Lkw-Stellplätze bei den Autobahnraststätten: Es gibt immer weniger davon, obwohl die Ruhezeiten der Fahrer streng geregelt sind. Kurzum: Die Branche ist voller Widersprüche, sogar wenn es um die politische Strategie des Bundes geht. Die Schweiz hat beschlossen, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, doch fehlt es an der
nötigen Infrastruktur. «Wir befürworten diese Verlagerung, weil unsere Strassen ausgelastet sind. SBB Cargo Schweiz stellt den Gütertransport auf der Schiene auf der Nord-Süd-Achse sicher, aber für die Ost-West-Verbindung gibt es nichts. Zudem wurden viele Güterbahnhöfe abgebaut, auch im Wallis», bedauert Xavier Berthod.
Die Herausforderungen auf den Walliser Strassen Die Strassen im Wallis sind für Berufschauffeure kein leichtes Pflaster. Ihr Unterhalt hat unter Budgetkürzungen gelitten und aufgrund der Topografie gibt es bei Problemen nur wenige Alternativen. Wird beispielsweise eine Bergstrasse durch einen Erdrutsch verschüttet, ist die Umfahrung nicht immer für den Schwerverkehr zugänglich. Xavier Berthod zeigt sich zudem besorgt über den Zustand von Kunstbauten. Da Lkws über 3,5 Tonnen das Viadukt von Riddes nicht mehr befahren dürfen, müssen diese derzeit mühsame Umwege durch die Dörfer auf sich nehmen. Aber das Schlimmste für einen Fahrer ist es, sein Fahrzeug auf dem Stellplatz abstellen zu müssen. Das ist jedes Jahr etwa zwanzig Tage lang am Fusse des Simplonpasses der Fall, sobald auch nur eine einzige Schneeflocke vorhergesagt wird. «Diese Präventivmassnahmen erscheinen uns angesichts der gut ausgestatteten Fahrzeuge übertrieben.»
Genau überwacht Die Vorschriften zur Verkehrssicherheit bestimmen den Alltag der Chauffeure. Es gibt eine Vielzahl davon und sie sind nicht immer leicht einzuhalten. Mit den neuen digitalen Fahrtschreibern kann die Polizei jederzeit die Daten des Fahrers einsehen: Fahr- und Ruhezeiten, in den letzten 24 Stunden gefahrene Geschwindigkeiten, Abstand zu anderen Fahrzeugen usw. Da reicht es schon, wenn die Fahrzeit aufgrund eines Staus überschritten oder die Pause um 30 Sekunden verkürzt wurde und sofort gibt es eine Busse.
Seit Via Sicura müssen sich die Berufschauffeure auf der Strasse tadellos verhalten – und das auch privat. «Wird ihnen bei einer Fahrt mit ihrem eigenen Auto der Führerausweis entzogen, verlieren sie ihre Arbeit», erklärt Christian Dubuis. Hinzu kommt, dass sie sich alle fünf Jahre einer obligatorischen medizinischen Untersuchung unterziehen müssen. «Manchmal werden wir auf Fehler oder Missbräuche in diesen Gutachten hingewiesen, wie bei einer Fahrerin, der man den Führerausweis entziehen wollte, weil man sie plötzlich drei Zentimeter kleiner ‹gemacht› hat.»
Je nach Fall verhandeln die Chauffeure mit den Arbeitgebern und Behörden und finden Lösungen. Trotz des Drucks geht es dem Beruf im Wallis im Vergleich zu anderen Schweizer Regionen relativ gut. Xavier Berthod unterstreicht die Bemühungen der Branche, Nachwuchs auszubilden. «Im Gegensatz zu den Grenzgebieten, wo die niedrigen Löhne der ausländischen Fahrer mit den Schweizer Löhnen konkurrieren, bieten die Walliser Transportunternehmen allen ihren Angestellten die gleichen Bedingungen.»
«Wir können beim Liefern von Heizöl oder Pellets nicht mehr an die Häuser heranfahren. Das ist doch völlig absurd. Ich musste oft für Ausnahmen und Bussgeldreduktionen kämpfen.» Christian Dubuis, Mittelwalliser Sektion des Verbandes «Les Routiers Suisses»
Leidenschaft für einen Beruf trotz Stress. Porträt einer begeisterten jungen Lkw-Fahrerin.
Jennyfer Gobet wurde nach einem Arbeitsunfall Lkw-Fahrerin.
Jennyfer Gobet fährt täglich durch das Chablais, um Baustellen mit verschiedenem Material zu beliefern. Diese Stelle bei Bellon Transports in Troistorrents hat sich die 30-Jährige nach einer Zeit der beruflichen Unsicherheit hart erkämpft. Davor war die ausgebildete Schreinerin/Tischlerin mehrere Jahre lang als Spenglerin und Dachdeckerin tätig. Nach einer schweren Verletzung am Handgelenk war für die Ärzte klar: Sie würde keine Lasten mehr tragen können und ihre Arbeit auf den Baustellen aufgeben müssen.
Die IV bot ihr eine Umschulung zur Lastwagen- und Busfahrerin an. «Ohne Hilfe hätte ich mir einen solchen Führerausweis finanziell nie leisten können. Meine Ausbildung dauerte knapp zwei Jahre. Am Anfang war es schwierig, wieder von Null anfangen zu müssen. Aber heute bereue ich nichts!», erzählt Jennyfer Gobet lächelnd. Sie liebt die Unabhängigkeit am Steuer ihres Lkws, eines 4-Achs-Multilifts von MAN, und das einzigartige Gefühl, die Strasse zu beherrschen. Ausserdem schätzt sie den täglichen Kontakt mit den Maschinisten und Arbeitern, die die Ware entgegennehmen.
Ständige Aufmerksamkeit Berufschauffeurinnen und Berufschauffeure tragen allerdings eine grosse Verantwortung. «Beim Fahren muss man ständig aufmerksam sein und die Augen überall haben. Die Gefahr geht oft von anderen Verkehrsteilnehmenden aus, die keine Rücksicht nehmen und nicht vorausschauen. Zum Beispiel von Autofahrern, die ihren Blinker nicht setzen, oder Fussgängern, die meinen, sie hätten überall Vortritt, obwohl dem nicht so ist.»
Täglich ist es eine Herausforderung, die Liefertermine im Verkehr mit all seinen unvorhergesehenen Ereignissen einzuhalten. «Unsere Zeitpläne werden oft während des Tages geändert, also müssen wir uns ständig anpassen.» Im Winter wechselt Jennyfer Gobet die Meereshöhe und die Aufgabe. In Morgins fährt sie Shuttlebusse für die Skifahrer. Der Beruf ist nicht nur abwechslungsreich und anspruchsvoll, sondern auch erfüllend. Zwei Jahre nach ihrer Umschulung hat die junge Fahrerin den Dreh bereits raus.
Verkürzung der Weiterausbildung
Im Mittelpunkt des Kurses stehen das Bremsen, das Kurvenfahren auf rutschiger Fahrbahn und das Ausweichen vor Hindernissen.
Seit Anfang des Jahres müssen Neulenker mit einem Führerausweis auf Probe nicht mehr zwei, sondern nur noch einen Weiterausbildungstag absolvieren. Weitere Änderungen sind für 2021 geplant, unter anderem der Lernfahrausweis ab 17 Jahren.
Die neuen Führerausweisvorschriften treten nach und nach in Kraft; jedes Jahr werden Neuerungen eingeführt. Nachdem Lenker mit einem Führerschein für Automatikgetriebe seit 2019 auch handgeschaltete Fahrzeuge fahren dürfen, wird ab 2020 die Weiterausbildung verkürzt. Künftig muss innerhalb von zwölf Monaten nach der Fahrprüfung nur noch ein obligatorischer Kurstag in einem Fahrzentrum besucht werden.
Die verkürzte Weiterausbildung kostet im Zentrum L2 in St. Maurice neu 380 Franken anstatt bisher 660 Franken – eine willkommene Ersparnis für die jungen Fahrer. Der Kursinhalt wurde überarbeitet, damit er entsprechend den Vorgaben des Bundes an einem siebenstündigen Kurstag vermittelt werden kann. Im Mittelpunkt stehen Bremswege, das Kurvenfahren auf rutschiger Fahrbahn, das Ausweichen vor Hindernissen und Vollbremsungen.
Begleitete Lernfahrten ab 17 Jahren Die wichtigste Neuerung bei der Revision der Führerausweisvorschriften wird 2021 in Kraft treten: So müssen Jugendliche unter 20 Jahren vor der praktischen Prüfung zwölf Monate lang begleitete Fahrerfahrung sammeln. Damit sie den Führerausweis auf Probe weiterhin mit 18 Jahren erlangen können, wurde das Alter für den Erwerb des Lernfahrausweises auf 17 Jahre gesenkt. Mit der Reform wird entsprechend der europäischen Gesetzgebung auch das Mindestalter für das Führen bestimmter Motorräder herabgesetzt: Motorräder mit 50 cm 3 Hubraum und bis 45 km/h dürfen ab dem 15. Lebensjahr und jene mit 125 cm 3 , einschliesslich Roller, ab 16 Jahren gefahren werden. Strenger werden hingegen die Voraussetzungen für das Führen der leistungsstärksten Motorräder für alle, die nicht berufsmässig darauf angewiesen sind: Wer solche fahren will, muss zuerst mindestens zwei Jahre einen Führerausweis der Kategorie A besitzen. Sämtliche Ausbildungen und Prüfungen gelten neu unbefristet. Eine Person, die mit 15 Jahren die Theorieprüfung für das Motorrad bestanden hat, muss diese Prüfung somit für den Autoführerschein nicht erneut ablegen, auch wenn sie erst zehn Jahre danach stattfindet.
Ein paar nützliche Adressen • Allgemeine Informationen auf fuehrerausweise.ch/ • Führerausweis-Gesuche und Informationen zum Vorgehen auf vs.ch/web/scn • Informationen und Anmeldung zur obligatorischen Weiterausbildung: Zentrum L2 VS in Saint-Maurice, 024 485 39 07, st-maurice@l-2vs.ch
Umtausch des blauen Papierführerausweises bis 2024
Die Inhaber von blauen Papierführerausweisen müssen diesen bis zum 31. Januar 2024 bei der Dienststelle für Strassenverkehr und Schifffahrt (DSUS) gegen einen Ausweis in Kreditkartenformat umtauschen. Danach verliert der Papierführerausweis als Legitimationsdokument seine Wirkung, die Fahrberechtigung selber bleibt jedoch gültig. Das Kreditkartenformat ist bereits obligatorisch für die Erlangung eines internationalen Führerausweises.