TCS Wallis Februar 2020

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UNTERWEGS

Chauffeure unter Druck

Entlang von Autobahnen und Kantonsstrassen fehlt es an Rast- und Entladeplätzen.

Lastwagen sind unabdingbar, aber zunehmend unerwünscht. Zufahrtsschwierigkeiten, Polizeikontrollen, Verkehrsüberlastungen – die Chauffeure müssen mit zahlreichen Herausforderungen fertigwerden. Die Zeiten, in denen die Lastwagenchauffeure als Helden in den Tälern empfangen wurden, sind lange vorbei. Xavier Berthod, Präsident der Unterwalliser Sektion des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands ASTAG, erinnert sich an die Geschichten seines Grossvaters. «Die Menschen warteten ungeduldig auf ihn, denn er brachte die Lebensmittel für den täglichen Bedarf. Heute wird der Fahrer, der die gleichen Produkte transportiert, als Störenfried und Umweltverschmutzer angesehen.» Und es geht nicht nur um das Image. Denn die Berufschauffeure haben stark den Eindruck, dass ihnen Steine in den Weg gelegt werden. Einerseits müssen sie den Anforderungen eines hart

3,7% Anteil der im Wallis zugelassenen, für den Gütertransport und die Industrie eingesetzten Lastwagen (über 3,5 Tonnen) am gesamten Strassenfahrzeugbestand. (Quelle: BFS 2018)

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TCS-SEKTION WALLIS Nr.  1 – 2020

umkämpften Marktes gerecht werden, dessen Konkurrenzdruck durch das explosionsartige Wachstum des E-Commerce noch verschärft wird und der von ihnen eine schnelle und einwandfreie Lieferung erfordert. Andererseits stossen sie auf zahlreiche Hindernisse. Angefangen bei den Strassenzufahrten. Immer mehr Zonen werden für Lastwagen über 3,5 Tonnen verboten. «Wir können beim Liefern von Heizöl oder Pellets nicht mehr an die Häuser heranfahren. Das ist doch völlig absurd. Ich musste oft für Ausnahmen und Bussgeldreduktionen kämpfen», erklärt Christian Dubuis, der acht Jahre lang die Mittelwalliser Sektion des Verbandes «Les Routiers Suisses» leitete. Platzmangel Die Gemeinden wollen keine Lastwagen mehr in ihren Zentren, aber es mangelt an Entladeplätzen an den Stadträndern. «Wir wissen nicht mehr, wo wir die Anhänger abstellen oder die Ware umladen sollen. Sie wollen, dass wir den Job machen, aber uns ja nicht sehen», fasst Oscar Dubosson, Präsident der Sektion Chablais von «Les Routiers Suisses», zusammen. Gleiches gilt für die Zahl der Lkw-Stellplätze bei den Autobahnraststätten: Es gibt immer weniger davon, obwohl die Ruhezeiten der Fahrer streng geregelt sind. Kurzum: Die Branche ist voller Widersprüche, sogar wenn es um die politische Strategie des Bundes geht. Die Schweiz hat beschlossen, den Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, doch fehlt es an der

nötigen Infrastruktur. «Wir befürworten diese Verlagerung, weil unsere Strassen ausgelastet sind. SBB Cargo Schweiz stellt den Gütertransport auf der Schiene auf der Nord-Süd-Achse sicher, aber für die Ost-West-Verbindung gibt es nichts. Zudem wurden viele Güterbahnhöfe abgebaut, auch im Wallis», bedauert Xavier Berthod. Die Herausforderungen auf den Walliser Strassen Die Strassen im Wallis sind für Berufschauffeure kein leichtes Pflaster. Ihr Unterhalt hat unter Budgetkürzungen gelitten und aufgrund der Topografie gibt es bei Problemen nur wenige Alternativen. Wird beispielsweise eine Bergstrasse durch einen Erdrutsch verschüttet, ist die Umfahrung nicht immer für den Schwerverkehr zugänglich. Xavier Berthod zeigt sich zudem besorgt über den Zustand von Kunstbauten. Da Lkws über 3,5 Tonnen das Viadukt von Riddes nicht mehr befahren dürfen, müssen diese derzeit mühsame Umwege durch die Dörfer auf sich nehmen. Aber das Schlimmste für einen Fahrer ist es, sein Fahrzeug auf dem Stellplatz abstellen zu müssen. Das ist jedes Jahr etwa zwanzig Tage lang am Fusse des Simplonpasses der Fall, sobald auch nur eine einzige Schneeflocke vorhergesagt wird. «Diese Präventivmassnahmen erscheinen uns angesichts der gut ausgestatteten Fahrzeuge übertrieben.»


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