NEWS TO-GO jan ––– feb 2015 NO 42
8-Pages S. 13
ZEITGESCHEHEN S. 6
Private Viewing
Pegida gehört zu Deutschland
Mode S. 22
Feuilleton S. 8
Generationskonflikt am Arbeitsplatz Wetter S. 10
Stockholm, New York, London und Berlin
Anita Tillmann: Das Leben das sie lebt Mode S. 24
Fashionwork Wirtschaft S. 26
Die Schattenseite der Wunder-Pflanze REISE S. 28
Sport S. 11
Das Tor dass die Welt erschütterte Berlin fashion week special S. 13
IMG Mercedes-Benz Onsite + Offsite, Premium, Seek und Events
free press
Sidneys Top Ikonen einer eigenständig-australischen Küche
Berlin • Düsseldorf • Frankfurt • Hamburg • Köln • Ludwigsburg • München • Sindelfingen • Wien
impressum
Nina Trippel
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Contri butors
Nina Trippel ist diplomierte Modedesignerin und arbeitet als freischaffende Redakteurin, Autorin und Stylistin für Fashion- und Lifestyle-Themen. Ihre Texte und Interviews sind diversen deutschen und internationalen Print- und Online Magazinen wie Harper‘s Bazaar, Cosmopolitan, FAZ Magazin, Under The Influence und NEO2 erschienen. Von ihrer Geburtsstadt Frankfurt am Main aus ist sie via Mailand, Bremen und New York in Berlin gelandet. Um die Wahlheimat jede Woche neu zu entdecken, hat sie seit 2011 den wöchentlichen Berlin-Newsletter Cee Cee gegründet und verschickt seither jede Woche fünf Empfehlungen für das hauptstädtische Stadtleben. ninatrippel.net ceecee.cc
Barbara Russ
Briony Ridley
Nach einer Weltreise und Arbeits- sowie Studienstationen in München, Frankfurt, New York und Paris ist Berlin für Barbara Russ eine Herzensangelegenheit. Die frisch zum Jahreswechsel von der Hauptstadt nach Düsseldorf umgezogene Mode- und Kulturjournalistin ist vom Standort Berlin und von der Wichtigkeit der Mode für diesen Wirtschaftsstandort überzeugt. Deshalb sprach sie für diese Ausgabe von TRAFFIC News to-go mit der Königin der Berliner Mode, Anita Tillmann, über die Zukunft der deutschen Mode und Frauen an der Macht.
Die Australische Fotografin Briony Ridley lebt und arbeitet derzeit in Berlin. Aufgewachsen auf einer Rinderfarm im entlegenen Australischen Outback, hat sie die Passion zur Fotografie durch ihre Obsession mit den familiären Fotoalben entdeckt. Ihre Arbeit ist geprägt durch ihrer Wahrnehmung von Licht und Raum und den vielen Persönlichkeiten der Menschen, die sie fotografiert. Briony absolvierte das Studium der Fotografie in Melbourne, wo sie auch lebte und arbeitete, bevor es sie nach Deutschland zog. Neben ihrer Arbeit an Lookbooks und Kampagnen, widmet sie sich derzeitig einem Bildband mit Sommeraufnahmen und ihrem persönlichen Projekt Going Home With Girls. brionyridley.com
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Fotografin: Briony Ridley Stylist: Jessica Klimach Make-Up & Hair: Carina Wittmann Model: Nadia Soma @ Seeds Management Sweater: Maiami Pants: Augustin Teboul Rings: Maria Black Vibe Harslof
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Studio Hausherr, studiohausherr.com Creative Director: Sven Hausherr Art Direction: Max Winter Grafik: Anders Bakken, Carmen Reina García-Matres
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DBM Druckhaus Berlin-Mitte GmbH MITARBEITER DIESER AUSGABE
Thorsten Denkler, Stefan Elfenbein,
N /O 42 – JAN / FEB 2015 TRAFFICNEWSTOGO.DE
Robin Hartmann, Jessica Klimach, Frances Marabito, Millicent Nobis, Nina Pfeiffer, Briony Ridley, Barbara Russ, Catharina Schick, Dr. Inge Schwenger-Holst, Jacques C. Stephens, Nadia Soma, Anita Tillmann, Cornelia Tomerius, Nina Trippel, Carina Wittmann ISSN
1869-943 X Korrektur
Auf Seite 4 Der Dez14/Jan15 Ausgabe wurde der Name des Mitwirkenden Robin Hartmann falsch geschrieben.
zeitgeschehen
Pegida gehört zu Deutschland Wie der Islam, wie Buddhisten
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und Christen. Wie Atomkraftfreunde und Umweltschützer. Warum ernstnehmen keine Option ist. Aber ihr Recht auf freie MeinungsäuSSerung geschützt werden muss.
von Thorsten Denkler
Kürzlich am Brandenburger Tor. Es ist Abend, 18:30 Uhr um genau zu sein. Es regnet. Beginn der Bärgida-Demonstration auf dem Pariser Platz. Bärgida, das ist der Berliner Ableger der Pegida-Bewegung: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. In Berlin sind es eben keine Patriotischen Europäer, sondern BÄRliner. Das mit dem Ä soll wohl sympathisch wirken. Zwei unterhalten sich, zeigen mit dem Finger durch das Brandenburger Tor auf die andere Seite, zur Straße des 17. Juni. Da stehen fast 4 000 Gegendemonstranten und buhen und pfeifen, dass die knapp 400 Bärgida-Anhänger kaum ihr eigenes Wort verstehen. Hinter den Gegendemonstranten steht etwas, dass eine große Bühne sein könnte. »Da haben die mit Steuergeld eine Bühne für die anderen hingestellt«, sagt der eine. Und der andere: »Jawoll, das haben wir bezahlt!« Und dass das eine Sauerei sei, dass für diese Linken da der Staat auch noch Geld für eine Bühne ausgibt, damit die gegen die Bärgida demonstrieren können. Ich frage nach: »Ist ein Scherz, oder?« Die beiden schauen zurück, als verstünden sie die Welt nicht mehr. Wieso Scherz? »Das dahinten«, erkläre ich, »ist das Zelt für die Fashion-Week.« Rückfrage: »Ist das eine gesicherte Information?« Nein, hier hat keiner Angst vor einer Islamisierung. Hier kommen einfach jene zusammen die irgendwie gegen alles sind. Und die immer schon glauben, es definitiv besser zu wissen. Besser jedenfalls als die da oben oder die von der Lügenpresse. Die einfach mal ihre Ressentiments gegen alles und jeden öffentlich und unter Applaus in die Welt trompeten wollen. In Dresden kommen an dem Abend 20 000 Menschen zur Pegida-Demo zusammen. Ein Rekord. Die Veranstalter sprechen von 40 000 Menschen. Forscher der TU Dresden haben über Wochen hinweg 400 Teilnehmer befragt, was sie treibt. Wichtigstes Ergebnis: Nicht
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eine angeblich drohende Islamisierung. 54 Prozent der Befragten gaben an, ganz allgemein unzufrieden mit der Politik zu sein. Nur fünf Prozent hatten Angst vor religiöser Gewalt. Irgendwie unzufrieden. Nicht ernstgenommen. Nicht wahrgenommen. Es ist so ein Auf mich hört ja keiner!-Habitus. Das Überraschende: Nicht unbedingt Verlierertypen sind das, die da seit Wochen jeden Montag auf die Straßen gehen. Die Dresdner Forscher fanden heraus, dass die Mehrzahl der Befragten einen überdurchschnittlichen Bildungsabschluss und ein ebenso überdurchschnittliches Einkommen hat. Nicht mal erkennbar hart rechts sind sie. Zwei Drittel wollen mit gar keiner Partei was zu tun haben. 17 Prozent allerdings mit der AfD. Auch so ein diffuser Haufen, geprägt von strammen Rechtsauslegern wie dem Thüringer Fraktionschef Björn Höcke bis zu konservativen Liberalen wie dem früheren Chef des Bundesverbandes der deutschen Industrie, Olaf Henkel. Höcke fand übrigens kürzlich: »Glücklich der Staat, der solche Bürger hat.« Er meinte die Pegida-Bewegten. Der Denkfehler liegt darin, dass mit diesen Bürgern eben kein Staat zu machen ist. Andererseits: Auch Pedigda gehört zu Deutschland. So wie der Islam, die Zeugen Jehowas, Neonazis, Sozialdemokraten, Umweltschützer und Atomkraftfreunde. Eben alle, die in diesem Staat ihr Leben leben. Die Pegida-Leute reden Unsinn. Genau wie Neonazis. Eine Islamisierung gibt es nicht, ist durch Zahlen nicht ge-
zeitgeschehen
deckt. Die größte Gruppe der Zuwanderer sind Christen. Aber wenn das ihre Meinung ist, bitte. Sollen sie dafür auf die Straße gehen. Sollen sie Parteien gründen. So wie die Nazis und ihre NPD. Sie werden merken, dass sie nicht das Volk sind, wie sie es gerne in den Dresdner Nachthimmel brüllen. Aber sie sind dennoch Teil des Volkes. Die Pediga-Leute reden davon, dass es keine Meinungsfreiheit in diesem Land gebe. Sie sollten sich umsehen und sich mal die Hunderten von Polizisten anschauen, die um sie herum stehen. Da steht der Staat, der nichts anderes macht, als ihr Recht auf freie Meinungsäußerung zu schützen. Notfalls mit Gewalt. Ich finde Pegida und Nazis überflüssig wie ein Kropf. Aber keine freie, demokratische Gesellschaft kann verhindern, dass sich ein paar Wenige in so einer Gesellschaft verirren, ihren Platz nicht finden. Und es sind Wenige. In Deutschland leben 80 Millionen Menschen. Selbst wenn es in Dresden an diesem Montag wirklich 40.000 gewesen sein sollten, es sind eben nur 40.000. Die Wahlerfolge der AfD mögen auf den ersten Blick erschrecken. Sind aber dennoch bescheiden. Echte Macht hat die AfD nicht. Was zeigt: die Demokratie funktioniert. Sie hält das aus. Es ist kaum nachzuvollziehen, was diese Menschen an krudem Zeug von sich geben. Aber für ihr Recht auf Meinungsfreiheit sollte jeder jederzeit auf die Straße gehen.
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Foto: Greeny The Kid
123 Wie Bücher uns die Welt erklären Es gibt Situationen, da weiß man gar nicht, wie man sich korrekt verhalten soll und steht verunsichert in der Gegend rum. Zum Beispiel, wenn ein Krieg ausbricht. Der friedensverwöhnte Mitteleuropäer kann – sofern er ein gewisses Alter unterschritten hat – auf keinen eigenen Erfahrungsschatz zurückgreifen und höchstens Mutti anrufen, was aber nur hilfreich ist, wenn diese über 80 ist. Anders die Litauer. Deren Regierung hat jüngst in einem Handbuch nützliche Verhaltenstipps für den Fall versammelt, dass sich Russland nach der schönen Krim im letzten Jahr nun auch Litauen einverleiben möchte. Schließlich hat das Baltikum ebenfalls seinen Reiz und zumindest in einer Sache wäre man schon mal einer Meinung: Homophobie haben sowohl Russland als auch Litauen gesetzlich institutionalisiert, letzteres bereits 2009 mit dem so genannten »Moralgesetz« – für die Litauer ist dies aber lange kein Grund, warum ihnen der gleichgesinnte Bruder nun auf die Pelle rücken sollte. Was also tun, wenn die Russen kommen? Einen klaren Kopf behalten und nicht in Panik verfallen, so schreibt es das Handbuch vor. »Schüsse direkt vor Ihrem Fenster bedeuten nicht das Ende der Welt.« Wir hoffen sehr, dass das stimmt.
Litauen
Überhaupt sind Bücher toll, um sich in der Welt zurechtzufinden. Wer war zum Beispiel gleich noch mal dieser Richard III, dessen morsche Knochen man kürzlich unter einem Parkplatz in Leicester fand? Schlag nach bei Shakespeare! Als Bösewicht tritt der König von England (1483-1485) da auf, so hässlich »dass Hunde bellen« und absolut nicht abgeneigt, über Leichen zu gehen. Wer indes nicht bei Shakespeare sondern in den Knochen und Genen liest, erhält ein etwas anderes Bild. So hässlich war er wohl gar nicht, weder von außen, noch von innen. Wurde Richard gar Opfer einer Rufmordkampagne seiner Nachfolger, gemobbt von den Tudors? Schon ist in einem Buch vom »Guten König Richard« die Rede. Und wer seiner Beerdigung im März beiwohnen möchte, muss 2500 Pfund für einen Sitzplatz in der Kirche haben. Auch die Umstände seines Todes konnten durch die späte Obduktion geklärt werden. Demnach, so die Wissenschaftler, »kämpfte er tapfer bis zum Tod«.
England
Reichlich spät untersucht wurden auch die Umstände eines jüngeren Todesfalls: der des Khalid I. in Dresden. Als man den jungen Mann aus Eritrea in einem Plattenbaugebiet mitten in einer Blutlache fand, schlossen die Beamten eine »Fremdeinwirkung« zunächst aus. Was die Frage aufwarf, warum ein junger, gesunder Mensch einfach so mir nichts dir nichts blutüberströmt tot umfalle. Da die Polizei darauf keine schlüssige Antwort fand, veranlasste sie schließlich – Tage später – eine Spurensicherung und eine Obduktion der Leiche. Überraschendes Ergebnis: Der 20-Jährige ist »durch mehrere Messerstiche in den Hals- und Brustbereich zu Tode gekommen«. Und zwar an einem Montagabend, wo sich Zehntausende Dresdner bekanntlich gern zusammenfinden, um gegen die angebliche Islamisierung des Abendlandes und den Zustrom von Menschen anderer Hautfarbe zu demonstrieren. Keiner versteht sie, die Jungs und Mädels von Pegida. Keiner, bis auf die AfD, die Alternative für Deutschland. Einer ihrer Mitglieder und Stadtrat in Stuttgart hat kürzlich übrigens den Koran mit Hitlers »Mein Kampf« verglichen. Womit wir wieder bei Büchern wären...
Sachsen
von Cornelia Tomerius N /O 42 – JAN / FEB 2015 TRAFFICNEWSTOGO.DE
Medizin
FEUILLETON
von Dr. Inge Schwenger-Holst. Medizinerin und Autorin von des Buches »Let’s Polo« mit dem englischen Trainer Sean Dayus. schlossgut.eu
A Man‘s World
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Männergesundheit ist das (nicht mehr ganz so) neue Stichwort für eine aufkommende medizinische und Wellnesssubkultur. Richtig so, denn das vom y-Chromosom heimgesuchte Geschlecht stirbt durchschnittlich 6–7 Jahre früher, ist weniger hormongeschützt u.a. vor Herzinfarkten, dafür aber hormongeplagt in Richtung pädophiler und anderer therapiebedürftiger Triebe, geht wenn überhaupt erst kurz vor knapp zum Arzt und wird sowieso von der aktuellen Gender-Politik eher gemobbt als gehypt. Auch das Bundesgesundheitsministerium ist nun in dieser Hinsicht aufgewacht und veranstaltete 2014 seinen zweiten (!) Männergesundheitskongress, eine Initiative, die im Regionalverband Saarbrücken bereits in ihr 11. Jahr geht. Inhalt dieser mit den üblichen Verdächtigen bestückten Zusammenkünfte scheint es vor allem zu sein, den Zivilisations domestizierten Jäger (und Krieger?) in die Fänge der Präventions- sprich Diagnostik- und Vorsorgeindustrie zu drängen indem man Ihm den Panikspiegel gehäufter Krebs- und chronischer Krankheiten ( denn hier sind Männer Spitze) vor Augen hält Neulich beim Aryuveda Hotelfrühstück: Die Frauen (gut 2/3) verständigen sich über den »Tag danach« und darüber, wie man die offensichtlich ungesunden Lebensumstände verändert, die Männer arbeiten während des Essens mit dem I-Pad und bereiten sich auf den Wiedereinstieg in die offensichtlich krankmachende aber nicht angezweifelte Karrieremühle vor. Denn: Ein Indianer kennt keinen Schmerz, darf er auch nicht, sonst wäre das teilweise Tage erfordernde Jagen einer Antilope kaum möglich, ebenso wenig wie eine erfolgreiche Behauptung gegenüber Geschlechtsgenossen im Kampf um die besten Weibchen. Nur: Inzwischen gibt es Supermärkte und die besten Weibchen haben in der Regel keinen Bock auf nur Six-Packs am Bauch und in der Vita. »Zu guter Letzt zeigen alle Daten, dass die Aussicht, gesund zu bleiben, am stärksten vom sozioökonomischen Status beeinflusst wird. Effektive Prävention muss hier ansetzen und für Lebensbedingungen sorgen, die Gesundheit ermöglichen.«( Prof. Dr.med Lothar Weißbach, Vorstand der Stiftung Männergesundheit, 2014) Für Männergesundheit sorgen könnte schon die Kita: Mehr männliche Bezugspersonen und Verständnis für nonverbale Auseinandersetzungen – neudeutsch: Raufen!
Generationengerechtigkeit am Arbeitsplatz:
Mit den besten Wünschen für Ihre berufliche Zukunft! Der Chef kommt ins Meeting und hat die neuesten Nachrichten nicht dabei. Seine Sekretärin hat die E-Mail nicht ausgedruckt, er faucht. / Die Abteilung benötigt dringend eine neue Datenbank für Kontakte, die Adressverwaltung ist veraltet. Doch anstelle das Büro mit neuer Software auszustatten und Kollaboration anzutreiben, legt der Chefeinkäufer fest, dass ein Student eingestellt wird - befristet na klar - und Excel-Tabellen befüllt.
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Die Firma wächst um ganze Abteilungen, doch keine Führungskraft setzt professionelle Standards ein, ganze Etagen arbeiten noch mit Fax. Keine Ordnung in den Verzeichnissen, keine Vorgaben für Dateien, fachliche Weiterbildung Fehlanzeige. Stattdessen überall passwortgeschützte Sonderzonen einzelner Bürofürsten. Beispiele unproduktiven Arbeitens gibt es zu Hauf. Ob Starrsinn oder Unvermögen, viele Veränderungen und notwendige Reformen werden im täglichen Büroleben verhindert und unterbunden, nicht selten durch Hierarchie, immer öfter durch ältere Vorgesetzte. Das Fehlen junger Menschen in Deutschland ist auch im Arbeitsleben ein Problem. Sie sind eine Minderheit gegenüber den älteren, die die Bevölkerungspyramide umgedreht haben. Der geburtenstärkste Jahrgang, den Deutschland je erlebt hat, ist im vergangenen Jahr 50 geworden. Die Alten sind inzwischen zur relevanten Käuferschicht aufgestiegen, dürfen längeren Urlaub machen haben die Sonnendecks der Kreuzfahrtschiffe erobert. Außerdem besetzen sie Denkhoheit und Führungsanspruch auf manchen Chefsesseln, die längst Methodenerneuerung und digitalen Fortschritt benötigen. Junge Menschen bekommen das zu spüren. Als letzte in der Befehlskette sollen sie ihre Fähigkeiten zu Einsteigegehältern in den Firmen anwenden. Sie bedienen Software sicher und effizient, sie sprechen verschiedene Sprachen und finden durchs Internet. Was früher der Dienstleister übernommen hat, machen heute die Einsteiger. Am besten dauerhaft, damit die Machtstrukturen schön erhalten bleiben. Natürlich gibt es auch Vorbildunternehmen. Im Interesse von Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit werden Arbeitsmittel und Abläufe dort modern gestaltet. Mitarbeiter werden darauf geschult, innovativ zu sein und damit die Firma zu sichern. Startups etwa sind ein idealer Ort, Verkrustungen zu sprengen und Arbeitsprozesse neu aufzustellen. Neue Personalansprache, Motivation, bessere Work-Life-Balance und dennoch Arbeitseffizienz. Doch es bleiben zahlreiche Arbeitgeber im Bereich der öffentlichen Verwaltung, des Gesundheitssektors, der Justiz und auch des kleinen Mittelstandes, die von den Veränderungen im Miteinander des Berufslebens keine Notiz nehmen wollen. Was tun die Nachrücker dort? Sie ertragen das
FEUILLETON
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Hohelied der Erfahrung der Alten, die in den Jahren Erlebniswissen angehäuft haben, das nun mit der Absicherung durch das Senioritätsprinzip angewendet wird. Tarifverträge und Gesetze sichern diese »Sitzzulagen« bei den Entgelten, im Kündigungsschutz, bei Urlaub oder Arbeitszeiten und irgendwie auch in Methodik, Arbeitsweise und Umgang. Kein Wunder, dass es hier zum Zusammenprall kommt. Wissenschaftlich ist dieser Konflikt zwischen den Generationen bereits beschrieben worden. Die Generation Y, also die zwischen 1979 und 1999 Geborenen, werden als sehr Ich-bezogen und technikaffin charakterisiert. Sie verstehen die Babyboomer nicht, also die Kollegen, die in der Zeit zwischen 1946 und 1964 groß geworden sind und die sich an Hierarchien orientieren. Sie trennen Arbeit von Privatem, haben Versagensängste und hohe Sicherheitsinteressen. Dazwischen liegt die ehrgeizige Generation X, die sich von Hierarchien nicht einschüchtern lässt, sondern kreativ und anpassungsfähig arbeitet. Von der Erfahrung steigender Arbeitslosen- und Scheidungszahlen geprägt, verlassen sie sich vor allem auf sich selbst. Man kann von Glück sprechen, dass die nächste Gruppe, die Millenium-Kinder, heute erst 15 ist. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen: die Nachteile überwiegen, wenn altersgemischte Teams zusammenarbeiten. Sind drei Generationen in einem Team, gibt es Schwierigkeiten. Die einen sind stolz auf ihr Tempo, ihre Wendigkeit und viele Ideen. Die anderen bauen auf Erfahrung und Erprobtes, was gern mit dem Lebensalter gleichgesetzt wird. So verhärten die Fronten. Da gelten die Alten als langsam und umständlich und technikfern, während sich die Jungen den Vorwurf anhören dürfen, sie seien nicht selten vorlaut, hektisch und respektlos. So steigt der Druck für Unternehmen, aktiv zu werden. Wenn immer mehr Menschen immer später in Rente gehen und die Absolventen durch Bachelor-Abschlüsse früher auf den Arbeitsmarkt drängen, dann bedeutet das eine wachsende Spannung zwischen den Altersgruppen. Friedlich und effektiv miteinander zu arbeiten, das wird zur Herausforderung. Wo also hin? Wenn ein Drittel der Wähler über 50 Jahre alt ist? Wenn sich der Einfluss der alten Mehrheit in der Politik nicht nur auf die Renten erstreckt und die konservative Grundmentalität der Republik von den Älteren gesichert wird? Die Antwort fällt schwer. Die Stiftung »Für die Rechte zukünftiger Generationen« zeichnet für das Arbeitsleben ein düsteres Bild. Von politischer Machtverschiebung ist die Rede, von einer Arbeitswelt für junge Menschen, die die Jungen zu Arbeitnehmern zweiter Klasse macht. Laut Stiftung arbeite die Hälfte der jungen Beschäftigten in Deutschland zu Niedriglöhnen und prekären Bedingungen. Die Leiharbeit hat sich unter jungen Beschäftigten nahezu verdoppelt. Jede zweite Neueinstellung ist nur noch befristet. Nur jeder dritte Jugendliche mit abgeschlossener Ausbildung wird unbefristet übernommen. Junge Beschäftigte haben zudem geringeren rechtlichen Schutz vor Kündigungen und werden schneller entlassen. Die Generationengerechtigkeit am Arbeitsplatz ist regulatorisch wie auch menschlich ausgehebelt. Eine Lösung des Konflikts liegt noch weit weg. Zunächst müsse der Missbrauch von Job-Befristung verboten werden, sagt die Stiftung. Der gesetzliche und tarifliche Kündigungsschutz dürfe junge Menschen nicht länger benachteiligen. Und auch die Entlohnung dürfe sich nicht am Lebensalter festmachen, heißt es in einem Positionspapier, das jetzt erst noch politische Freunde finden muss.
Bis dahin dürfen so manche junge Angestellten weiterhin Faxe senden und analoge Aktenordner füllen und bis zur Beförderung in fünf Jahren warten, um ein arbeitsfähiges Notebook oder einen Blackberry zu erhalten. Sollte es Streit geben, dürfen sich die Jungen einen Anwalt nehmen. Die folgende Trennung wird dann mit atmosphärischen Differenzen im Team begründet. Selbstverständlich gibt es ein ausgezeichnetes Zeugnis und eine Referenz, mit den besten Wünschen für die weitere berufliche und persönliche Zukunft.
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Nina Pfeiffer Foto
Florian Klauer
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wetter präsentiert neue Produkte und Erkenntnisse, die die Menschheit braucht.
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von Nina Trippel
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0 Foto: Emmi Roosling
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Stockholm
59° 20‘ N, 18° 3‘ O 3°, ungewöhnlich bedeckt
Mit dem Jahreswechsel gute Vorsätze zu schmieden, schien lange passé, doch Ambitionen zu zeigen ist wieder in Mode. Und wer möchte schon die Chance verpassen, das Jahr 2015 zu einem erinnerungswürdigen zu machen? Vorsatz Nummer 1: Unverwechselbar sein. Praktisch in die Tat umsetzen lässt sich das mit einem Entwurf des Japaners Shogo Hirata. Der Wahl-Stockholmer hat sich in seinem jüngsten Projekt einem Klassiker der Männergarderobe angenommen, dem Hemd. Statt den Stoff einheitlich einzufärben, erzeugt der Ex-Grafikdesigner-jetzt-Textildesigner mittels Cyanotypie – einer analogen Technik aus der Fotografie – Muster mit Eyecatcher-Effekt. Das Ergebnis wird durch die äußeren Faktoren, wie Ort und Wetter mitbestimmt. Jedes Hemd ist demnach ein Unikat. Wer eines sein eigen nennen möchte, kann es sich nach Maß auf dem Körper schneidern lassen und per Post in die Heimat senden lassen. Preis auf Anfrage. shogohirata.com
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Berlin
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23° 33‘ N, 13° 22‘ O 12°, beständig klar
Vorsatz Nummer 2: In Form kommen. Bei dieser Tasche des Frankfurter Labels Tsatsas folgt die schöne Form eindeutig der Funktion. Dank des asymmetrischen Designs mit einzelnem Tragegriff, ist das Ergebnis aber nicht quadratisch, Bauhaus, gut, sondern geräumig mit einer Prise Eigenwilligkeit. Der aparte Knick entsteht durch den unsichtbaren Magnetverschluss auf der Innenseite. Das Modell namens »Fluke« ist außerdem ein Stück Luxus fürs Handgelenk: Tsatsas wurde 2012 von der studierten Architektin Esther Schulze-Tsatsas und Dimitrios Tsatsas gegründet, dessen Familie mehr als 30 Jahren Erfahrung in der Lederverarbeitung hat und alle Modelle werden in Offenbach am Main gefertigt. Obschon das Duo nicht im Saison-Rhythmus arbeitet, werden die neuen Entwürfe im Rahmen der Modewoche jetzt im Januar in Berlin vorgestellt. Zu kaufen gibt es Tastsas bereits weltweit; in Deutschland unter anderem bei Andreas Murkudis in Berlin. tsatsas.com
New York
40° 45‘ N, 74° 0‘ O -3°, frischer Wind
Die schlichten Armreifen des New Yorker Schmucklabels Giles & Brother schaffen die Balance zwischen elegant und brachial und haben die magische Gabe vornehme Garderobe lässiger wirken zu lassen und umgekehrt. Die Ambivalenz wurzelt in der Konstellation der Macher: Philip und Courtney «Giles” Crangi sind Bruder und Schwester. Ihre »Railroad Spikes« erinnern an überdimensionale Nägel und die gute alte Zeit – als harte Arbeit noch mit Blut, Schweiß und Tränen verknüpft war – und einen Spruch aus eben jener Ära: Von Nichts kommt nichts. Aber auch wer in seinem Arbeitsleben keinen echten Nagel auf den Kopf treffen muss, hat einen guten Grund die Spikes umzulegen, denn Resolution Nummer 3 lautet: In die Zukunft investieren. Die Armreifen sind aus 14-karätigem Rosé- oder Gelbgold, Sterlingsilber oder Rhodium mit Messing- oder Silberoxid-Finish erhältlich und online bestellbar. gilesandbrother.com
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London
51° 31‘ N, 0° 5‘ O 8°, heiter
London ist grau? Während sich in Deutschland Wolkenschleier über unseren Köpfen vorbeischieben, erfreut sich die Inselnation zu gleicher Zeit bisweilen durchaus an Sonnenschein. Warum sonst sollte sich Larissa Hadjio – Wahl-Londonerin mit deutschen Wurzeln – am Sonnenschild abarbeiten? Eben. Die Designerin hat sich mit Taschen in Tierformen einen Namen gemacht und ihr Sortiment mittlerweile mit diversen Leder-Accessoires erweitert. Den Tieren bleibt sie treu: statt Shrimps unter Arm nun Katzenohren auf den Kopf. Der »Visor« wird aber auch seinem praktischen Effekt gerecht: Er schirmt grelle Strahlen ab – Augenzusammenkneifen adé! Das macht schließlich weder gute Laune noch Miene. Und die brauchen wir für dieses Jahr bestimmt. Letzter Vorsatz: Entspannt bleiben. Und online bestellen. larissahadjio.com
SPORT Retro News
Ein Tor wie eine Naturgewalt
Manchmal prägt ein einziger
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Moment ein ganzes Leben. José Perdomo hat das erlebt. Vor zwanzig Jahren schoss der Uruguayer das wohl bis
ßen, das war sehr schön«. Seine weitere Karriere verarmen sich, brüllen gemeinsam ihre Freude heraus. läuft, wie auch schon vorher, verhältnismäßig unspekEin blau-weißes Fahnenmeer, Perdomo läuft bis zum takulär. 1994 beendet er seine Profilaufbahn bei dem Mittelkreis, umarmt erst seinen Trainer, danach wird heute spektakulärste Tor Club, wo sie auch begann: Peñarol de Montevideo. er von seinen Mitspielern gefeiert. »Dann schaute ich Perdomo, heute 50 Jahre alt, wird immer noch auf sein auf, und die Fans sprangen alle gleichzeitig auf und ab, in Lateinamerikas FuSSballErdbebentor angesprochen. Obwohl er bereits 1987 so dass sich die Tribüne unter ihnen bog. Ich bekomme mit Peñarol die Copa Libertadores gewonnen hatte heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.« historie. und zwischen 1987–90 27 Spiele für die NationalEl Lobo, wie Gimnasia auch genannt wird, gewinnt das mannschaft Uruguays bestritt, markiert dieser MoSpiel dank Perdomos Treffer mit 0:1. Keine der weitement zweifellos den Glanzpunkt seiner Laufbahn. ren 12 Partien geht verloren, die Qualifikation für die Zum 20. Jahrestag des Erdbebentores war Perdomo im Copa Libertadores. Was Perdomo zu diesem Zeitpunkt Der 5. April 1992, ein warmer Sonntagnachmittag in der April 2012 noch einmal in vielen lateinamerikanischen noch nicht weiß: Er hat gerade das Tor seines Lebens argentinischen Stadt La Plata, es tobt der 113. Clásico Medien. geschossen. Und trägt ab diesem Tag einen Spitznazwischen den Stadtrivalen Gimnasia y Esgrima und Über das wichtigste Tor seiner Karriere sagt er: »Der men, den Fans, nicht nur von Gimnasia, auch heute Estudiantes de la Plata. Siebter Spieltag, 0:0, die zweite Verantwortliche für solche Freistöße war eigentlich noch ehrfürchtig aussprechen: Das Erdbeben. Halbzeit läuft bereits. Ein langweiliges Derby – bis zur mein Mitspieler Odriozola. Doch an diesem Tag bat ich Denn zeitgleich zu Perdomos Tor verzeichnet der Seis54. Minute. ihn um den Ball. Ich hätte niemals gedacht, dass so etmograph des Astronomischen Observatoriums der Na»Ich brauche dich heute«, hatte Gimnasia-Trainer Grewas passieren könnte. Es war einfach unglaublich.« tionalen Universität La Plata eine Erdbewegung mit gorio Peréz vor dem Auswärtsspiel zu seinem Mitteleiner Stärke von mehr als Sechs auf der stürmer José Battle Perdomo Teixeira gesagt. Der UruRichterskala. Die Wissenschaftler sind guayer fühlt sich nicht hundertprozentig fit, läuft aber old.ole.com.ar/diario/2001/10/30/r-01601a.htm zunächst ratlos, finden dann aber eine trotzdem auf. Jetzt steht er 35 Meter vom gegnerischen Hören Sie hier die Originalmoderation von Daniel Dalschier unfassbare Erklärung: der Jubel der GimnaTor entfernt, direkter Freistoß, vor ihm eine dichte to zu José Perdomos Tor: sia-Fans über Perdomos Siegtreffer im Derby war derMauer aus sechs Gegenspielern. Das Estadio Jorge Luis art frenetisch, dass die VibraHirschi erhebt sich, die Fangesänge schwellen an, betionen ein kleines Erdbeben sonders in Block 57, die Anhänger von Gimnasia rieeldia.com.ar/reproductor.swf?mp3=/ediciones/20090402/perdomo.mp3 ausgelöst haben. chen wohl, dass etwas in der Luft liegt. Nicht nur das Stadion bebt an diesem Tag, sondern José Perdomo ist ein Veteran, hat bereits in Italien mit auch die Stadt La Plata. Nora Sabbione, damals Leitedem FC Genua und in Spanien mit Betis Sevilla einige rin der Seismologischen Station, sagte Jahre später Derbys bestritten. »Ich wusste aber, dass in diesem dem Online-Portal Olé: »Technisch gesehen war das Clásico noch viel mehr Leidenschaft steckt«, wird er eigentlich unmöglich, aber alle, die an diesem Tag in später El Gráfico sagen. der Station waren, haben die Ausschläge gesehen.« In 120 elgrafico.com/ar/2008/01/31/C-348-perdomo-el-futbol-uruguayo-esta-en-decadencia.php Ländern wird der Erdstoß verzeichnet, der US-amerikanische Fernsehsender CNN Ortszeit 17:10 Uhr, Perdomo steht weit vor der Mauer, bringt als Bestätigung ein Video von dem Treffer. drei Schritte Anlauf, dann ein strammer Schuss mit rechts. Der Ball hebt sich über Perdomos Gegenspieler, senkt sich spät und schlägt keine zwei Sekunden später youtube.com/watch?v=Wqll3dVBSHA neben dem verdutzten Estudiantes-Keeper Arturo Perdomo nimmt es locker und feiert sein Tor nach dem Marcelo Yorno im unteren rechten Eck ein. Spiel mit seiner Frau und seinen Kindern: »Wir sind In diesem Moment explodiert Block 57, explodiert das dann gemeinsam essen gegangen und haben angestoStadion, der Jubel der Fans ist ohrenbetäubend, sie um-
von Robin Hartmann
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FASHION WEEK
Berlin
19. Januar — 25. Januar
MAIN EVENTS 1
H AU P
IMG MERCEDES-BENZ TENT Brandenburg Gate at Strasse des 17. Juni Jan. 19th
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8pm Guido Maria Kretschmer (runway) 8:30pm Julian Zigerli (runway)
10am Charlotte Ronson (runway) 10:30am Ivanman (stage) 11:30am Sadak (runway) 1pm Odeur (runway) 2pm DYN (stage) 3pm Sopopular (runway) 4:30pm Pearly Wong (runway) 5pm Nian/Nihan Buruk (stage) 6pm Laurél (runway) 6:30pm Augustin Teboul (Kronprizenpalais, Unter den Linden 3, 10117 Berlin) 7pm Kilian Kerner (Kosmos, Karl-Marxallee 131a, 10243 Berlin) 8:30pm It‘s showtime Maybelline New York 100th anniversary show (runway)
Jan. 22nd
10am Isabell de Hillerin (runway) 10:30am Thomas Hanisch (stage) 11:30am Ewa Herzog (runway) 1pm Studio 30ph (runway) 2pm Vektor (stage) 3pm Irene Luft (runway) 4:30pm USE UNUSED (runway) 5pm Whitetail (stage) 6pm Marina Hoemanseder (runway) Jan. 23rd
6pm Shop the Runway by Fashion id (runway)
Jan. 20th
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10am Anja Gockel (runway) 10:30am Aleks Kukowski (stage) 11am Schacky and Jones @ Hotel de Rome 11:30am Lena Hoschek (runway) 12pm Bobby Kolade (Halle an Berghain, rüdersdorfer straße 70) 1pm Minx by Eva Lutz (runway) 2pm Barre Noire (stage) 3pm Rebekka Ruétz (runway) 3:30pm Green showroom (Postbahnhof) 4:30pm Marc Cain (runway) 5pm Anne Gorke (stage) 6pm Riani (runway) 7:30pm Malaikaraiss (Faz Atrium, Mittelstraße 2-4 | 10117 Berlin) 7:30pm Marcel Ostertag (Magazin in der Heeresbäckerei, Köpenicker strasse 16/17, 10997 Berlin) 8pm Dimitri (runway) 8:30pm Kasee (stage) 9pm Holy Ghost (Ho Project Space, Holzmarktstr. 66, 10179 Berlin)
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SEEK Monday, January 19. | 10am - 7pm Tuesday, January 20. | 10am - 7pm Wednesday, January 21. | 10am - 5pm Arena Berlin, Eichenstrasse 4
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BRIGHT TRADE SHOW Monday, January 19. | 10am - 6pm Tuesday, January 20. | 10am - 6pm Wednesday, January 21. | 10am - 5pm Brunnenstrasse 19-21
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10am Dorothee Schumacher (Villa Elisabeth, Invalidenstraße 3, 10115 Berlin) 11:30am Paper London presented by Mercedes-Benz and Elle (runway) 12pm Capara (Palazzo Italia, Unter den Linden 10, d-10117 Berlin) 1pm Glaw (runway) 1:30pm Hien Le (Kronprinzenpalais, Unter den Linden 3, 10117 Berlin) 2pm Ioana Ciolacu (stage) 3pm William Fan (runway) 3:30pm Ben Weide (Hoba Baustoffhandel, Greifswalder str. 80c, 10405 Berlin) 4:30pm Rike Feurstein (runway) 5pm Zukker (stage) 6pm Esther Perbandt (runway) 6:30pm Perret Schaad (Kronprinzenpalais, unter den linden 3, 10117 Berlin) 7pm Kaviar Gauche (Palazzo Italia, Unter den Linden 10, d-10117 Berlin)
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PREMIUM Monday, January 19. | 10am - 7pm Tuesday, January 20. | 10am - 7pm Wednesday, January 21. | 10am - 6pm Luckenwalder Straße 4-6
SHOW & ORDER Monday, January 19. | 10am - 7pm Tuesday, January 20. | 10am - 9pm Wednesday, January 21. | 10am - 4pm Kraftwerk Berlin Mitte, Köpenicker Strasse 70 PANORAMA Berlin Monday, January 19. | 9am - 6pm Tuesday, January 20. | 9am - 6pm Wednesday, January 21. | 9am - 6pm Berlin ExpoCenter City Jafféstraße / Eingang Süd, 14055 Berlin GREEN SHOWROOM Monday, January 19. | 10am - 7pm Tuesday, January 20. | 10am - 7pm Wednesday, January 21. | 10am - 6pm Postbahnhof, nur auf Einladung BREAD & BUTTER - Back to the Street Monday, January 19. | 10am - 7pm Tuesday, January 20. | 10am - 7pm Wednesday, January 21. | 10am - 7pm Münzstrasse 13 / Enter via Rochstrasse 10178 Berlin - Mitte
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SIDE EVENTS 25
Project Galerie / Designer Sample Sale 19-25 January 2015 Vektor Shop in the Gormannstraße 23, 10119 Berlin-Mitte
Tommy Hilfiger Store Opening Tuesday, January 20. | 7pm - 9pm Tommy Hilfiger Store, Münzstraße 21-23, 10178 Berlin
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TUSH Magazine Party Thursday, January 22. | 6pm Tush Magazine, Jacks Beauty Department Bikini Berlin, Budapester Straße 38-50, 10787 Berlin
Barbour x White Mountaineering Collection Tuesday, January 20. | 6pm - 9pm SOTO, Torstraße 72, 10119 Berlin
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Aftershow-Party Marina Hoermanseder Thursday, 22.01.2015 | 9pm until Karl-Liebknecht-Straße, 10178 Berlin
TERSONI SHIRT POLO Wednesday, January 21. | 2pm - 6pm Velvet Room, Hotel de Rome Behrenstraße 37, 10117 Berlin
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The Kooples Party Tuesday, January 20. | 8:30pm until The Chelsea Bar, Torstrasse 59, 10119 Berlin R.S.V.P: thekooples@svr-pr.de Limited space
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MCM STORE BERLIN MITTE GRAND OPENING Wednesday, January 21. | 7pm MCM Store Berlin Mitte, Rosenthaler Straße 38, 10178 Berlin
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Mario Testino «In Your Face» Friday, January 23. | 10am - 6pm Matthäikirchplatz, 10785 Berlin
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UNIQLO x w/ French Top Model Ines de la Fressange Thursday, January 22. | 9am - 10am Tauentzienstr. 7b/c, 10789 Berlin
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House of Vans Party Tuesday, January 20. | 10pm until Revaler Straße, 10245 Berlin
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Anita Tillmann: Queen of Fucking Everything
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Nicht erst seit Cheryl Sandbergs Buch Lean In sind weltweit Frauen in Führungspositionen auf dem Vormarsch. Die Modeindustrie hat außerdem eine starke Tradition von Frauen an der Spitze von Unternehmen. Dennoch ist Anita Tillmann eine Ausnahmeerscheinung: die Chefin der Premium, Seek und Berliner Fahrradschau, Mitinhaberin der Station Berlin, Gründerin der Panorama und Trägerin des Verdienstordens des Landes Berlin sieht keinen Tag älter aus als 35, ist stets tadellos angezogen und ist außerdem noch Mutter von Zwillingen im Alter von sechs Jahren. Man kann sie getrost als die Königin der Berliner Messelandschaft bezeichnen, aber das würde ihr nicht annähernd gerecht.
Frau Tillmann, wie sieht ein typischer Tagesablauf bei Ihnen aus? Wir, mein Mann und ich, stehen um 6.00 Uhr auf und wecken die Kinder. Am Abend vorher haben wir schon alles vorbereitet. Wir wechseln uns ab mit Frühstück-machen und Kinder- anziehen. Dann bringen wir um 8.00 Uhr die Kinder zur Schule. Im Sommer joggen wir dann zusammen zurück. Jetzt im Winter ist mir das zu kalt, mein Mann macht es trotzdem. Danach fahre ich zur Arbeit, wo ich ein Team von ca. 50 Personen leite, das sich mit der Premium und der Seek sowie dem Management der Station Berlin, die wir als Eventlocation vermieten, beschäftigt. Da ist alles minutiös durchgetaktet mit wenig Toleranz für spontane Veränderungen. (lacht) Wie schaffen Sie das alles? Das geht nur, weil ich einen großartigen Ehemann habe, der auch selbständig und somit zeitlich flexibel ist, das muss ich ganz klar sagen. Außerdem hilft meine Mutter und eine Nanny mit den Kindern. Und wie entspannen Sie von diesem stressigen Alltag? Mir gefällt das ja, so wie es ist. Ich leide darunter nicht. Aber ich bin meistens schon froh, wenn ich einfach schlafen kann. Am Wochenende versuche ich wenigs-
tens ein Mal Yoga zu machen, per App zu Hause, dann geht das nicht von der Zeit mit den Kindern ab. Die turnen dann auch mit und haben Spaß dabei. Zurück zur Mode, was sagen Sie zum Aus der Bread & Butter? Ich habe großen Respekt und Achtung vor dem Lebenswerk von Karl-Heinz Müller und es tut mir aufrichtig leid, dass es die Bread & Butter nicht mehr gibt. Auf Berlin als Modestandort hat das Aus der Bread & Butter keine Auswirkungen. Der Teil der Marktes, der im wesentlichen auf der Bread & Butter präsentiert wurde, definiert sich bereits seit mehreren Saisons neu. Es war seit Längerem absehbar, dass das Konzept der Bread & Butter Innovationsbedarf hat und dass eine Neu-Definition nötig gewesen wäre, um die BBB zu stabilisieren. Alle relevanten Segmente sind abgedeckt und neue kreative Formate werden initiiert. Berlin ist stark. Berlin gehört die Zukunft. Worauf freuen Sie sich besonders zur Fashion Week? Ich freue mich besonders auf die PREMIUM und die SEEK . Auf beiden Veranstaltungen haben wir diesmal die besten Marken-Portfolios, die wir je hatten, und darauf bin ich sehr stolz. Auch wenn das Wort eines ist, das ich nur selten benutze. Darüber hinaus veranstal-
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ten wir, PREMIUM, SEEK in Partnerschaft mit der re:publica ein neues Konferenzformat. #FASHIONTECH greift alle Themen rund um die digitale Zukunft der Mode auf. In unserer Kick-off-Veranstaltung am 20. Januar geht es vor allem um die Themen Wearables und Smart Textiles. Der Zuspruch ist riesig! In einem früheren Interview mit Traffic sagten Sie, es brauche »demnächst« ein deutsches Pendant zur »Camera della Moda« oder zur »Chambre Syndicale«. Bisher gibt es das noch immer nicht, was sehen Sie als den Grund? Bestrebungen, eine solche Institution ins Leben zu rufen, sind im Gange. Woran derzeit gearbeitet wird, ist eine Art Fashion Council – Sprachorgan für die Deutsche Mode, Plattform für Designer und Supporter zur Förderung von jungen Talenten. Aber so etwas braucht seine Zeit. Meine letzte Frage: Sind sie eine Feministin? Ich mag generell keine Pauschalisierungen, also würde ich mich nicht unbedingt als Feministin bezeichnen. Aber ich würde jede andere Frau dazu ermutigen, in ihrem Leben beides zu suchen: Erfüllung im Job und in der Familie. Mir haben meine Kinder so viel gegeben insbesondere Gelassenheit, die Fähigkeit, Kontrolle abzugeben und mit Stress besser umzugehen. Ich habe natürlich auch Freundinnen, die nur Mütter sind und die sind genauso glücklich, aber ich selbst wüsste gar nicht, wohin mit meiner Energie – die armen Kinder! (lacht)
Interview
Barbara Russ Foto
Juergen Schabes
TO-GO Boutique von Millicent Nobis, Schmuckgestalterin
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Fashionworks Mode wird von vielen nicht als eine Form von Kultur
CLEAN MAKEUP Consider your face as less of a barrier and more of a sponge, which means any weirdarse ingredient used to make you look pretty is heading straight to your blood stream. Keep it clean baby. RMS Living Luminizer, €38, Quartier 206, Friedrichstrasse Berlin
wahrgenommen. Aber Mode ist ein Ausdruck von Persönlichkeit und Empfindungen und somit eins: Kunst.
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Die QuinoaKontroverse
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Die Quinoa-Pflanze wird als Wunderwaffe im Kampf gegen den Welthunger gefeiert. Doch die damit verbundene, steigende Nachfrage bedroht schon heute Kleinbauern in Lateinamerika in ihrer Existenz. Tragen Nationen wie Deutschland Schuld daran?
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wirtschaft
von Robin Hartmann
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Wenn in den letzten Jahren in Expertenforen weltweit über Mittel zur effektiven Bekämpfung des Welthungers diskutiert wurden, fiel dabei fast immer der Name Quinoa. Die Pflanze scheint tatsächlich eine Art Wunderwaffe zu sein: Das auch als Pseudogetreide bezeichnete Gewächs ist reich an Eiweiß und ungesättigten Fettsäuren, zudem fast glutenfrei und enthält zahlreiche Vitamine der B- und E-Gruppe und außerdem Calcium, Magnesium, Eisen und Zink. Es hat einen höheren Fettgehalt als Weizen und kann bei Verzehr sogar entzündungshemmend wirken. Quinoa gedeiht auch unter extremsten Witterungsbedingungen und selbst auf den nährstoffärmsten Böden und wird daher in der Andenregion, besonders in Peru und Bolivien, schon seit Jahrtausenden angebaut. Vor allem in Bolivien, wo geschätzt 80% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, ist Quinoa ein beliebtes Grundnahrungsmittel – zumindest bisher. Vieles deutet leider darauf hin, dass sich die Ärmsten der Armen dieses Nahrungsmittel in Zukunft nicht mehr leisten werden können, denn Quinoa erlebt aufgrund seiner Eigenschaften gerade weltweit einen derart beispiellosen Nachfrage-Boom, dass der Marktpreis innerhalb weniger Jahre bis 2013 um 86% gestiegen ist, wie Ursula Chávez Zander vom Institut für alternative und nachhaltige Ernährung erklärt. »Der Anstieg des Quinoa-Preises auf dem internationalen Markt ist ein Anreiz, nur für den Export, aber nicht für den internen Konsum zu produzieren. Hier sehe ich eine Gefährdung für die Ernährungssicherheit in den ärmsten Haushalten.« Gerade Bevölkerungsschichten mit weniger Ressourcen griffen so zu Lebensmitteln mit geringerer Nährstoffdichte, was langfristig zu Mangelernährung führen könne. Es scheint also fast so, als dass Quinoa das Hunger-Problem, dass es eigentlich lösen sollte, (zumindest regional) sogar noch verschärft. Laut einem Bericht des »Guardian« ist ein Kilo Quinoa in Peru mittlerweile doppelt so teuer wie ein Kilo Hühnchen – und vier mal so kostspielig wie die vergleichbare Menge Reis. Wilfried Bommert vom Institut für Welternährung sieht hierin sogar eine Gefahr für die gesellschaftliche Stabilität in den Erzeugerländern: »Mit den explodierenden Preisen kann die arme Bevölkerung nicht mithalten. Sie wird ihren Konsum verringern und auf andere Nahrungsmittel ausweichen. Doch mit Reis oder Mais wird die ernähr ungsphysiolog ische Bandbreite von Quinoa nicht erreicht werden können. Damit wächst die Gefahr von Fehl- und Mangelernährung und in der Folge Krankheiten. Gesellschaftlich bedeutet dies eine Zunahme von Armut und Verelendung und weiteres Auseinanderdriften von Armen und Reichen.«
Ein weiteres Problem: Durch den Anbau von Qinoa haben sich in vielen Regionen bereits Monokulturen etabliert, die eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht darstellen – denn durch Monokulturen werden einerseits traditionelle Anbaumethoden verdrängt, zum anderen besteht auch eine Gefahr für die Biodiversität an sich. Erschwerend hinzu kommt der Fakt, dass zwischen Großproduzenten und Kleinbauern mittlerweile ein gnadenloser Kampf um Anbauflächen tobt, auch um vorher scheinbar nutzloses Land werden erbitterte Revierkämpfe geführt. »Aktuell ist die Lage in Bolivien beispielweise so, dass mehr als 95% der Agrarfläche von rund 20% der Betrieben genutzt wird«, warnt Ursula Chávez Zander. » Die sozialen Unterschiede könnten somit weiterhin verschärft werden, sollten keine klaren rechtlichen Regelungen bei der Wertschöpfungskette Quinoa eingeführt werden.« Kollege Wilfried Bommert fürchtet gar: »Die Verteilung des Bodens und damit des gesellschaftlichen Wohlstandes geht zu Lasten der Kleinbauern. Sie werden durch den Quinoa-Rausch von ihrem Land verdrängt. Die Folge ist Landflucht, eine Elendswanderung in die Städte und dort Ausdehnung der Slums. Dieses Wachstum der Elendsquartiere führt zu wachsenden politischen Spannungen bei weiter steigenden Lebensmittelpreisen und damit zum Verlust an politischer Stabilität ganzer Regionen.« Schuld an diesem Klassenkampf ist die explodierende Nachfrage in westlichen Ländern. Ein Grund dafür mag sein, dass die Vereinten Nationen 2013 zum »Jahr der Quinoa« erklärten, doch schon früher fand die Pflanze ihren Weg über Reformhäuser sogar in angesagte westliche Restaurants, die Quinoa als hippe und teure Alternative zu zum Beispiel Bulgur anbieten. Vor allem in den USA, Kanada, Europa und China ist Quinoa extrem beliebt, bereits 2011 wurden weltweit über 80 000 Tonnen geerntet. Und so wollen die Hauptexporteure Peru und Bolivien in Zukunft ihren Anbau noch stärker professionalisieren und vermarkten. Doch bereits heute wird Quinoa probeweise auch in den USA, Kanada, aber auch Kenia angebaut, was langfristig sogar zu einem Konkurrenzkampf zwischen Anbauländern und Industrienationen und da-
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mit zu Preisschwankungen am internationalen Markt führen könnte – diese gingen dann wiederum zulasten der urspünglichen Erzeuger. Ursula Chávez Zander fordert daher Strategien auf internationaler Ebene, damit arme Länder konkurrenzfähig blieben. Dem stimmt Wilfried Bommert zu und regt zudem »informierte Diskussionen gerade im Kreis der Gesundheitsbewussten« an. Eine Lösung für Deutschland wäre hier zum Beispiel seiner Meinung nach das Modell des »Fairen Handels«, um KleinGenossenschaften als gleichwertige Handelspartner aufzubauen. Zudem steht zu hoffen, dass sich Quinoa nicht nur als vorübergehender Nahrungsmitteltrend erweist, denn die Folgen wären katastrophal, wie Bommert warnt: »Die Fakten, die durch den Trend geschaffen wurden, nämlich Umverteilung von Land und Wohlstand wie auch die Verelendung von Kleinbauern, werden nicht umkehrbar sein.« Ursula Chávez Zander verweist daher noch einmal auf die eigentliche Funktion von Quinoa: »Es sollte nicht nur um einen Ernährungstrend gehen, sondern um den Versuch, durch eine ernährungsphysiologisch wertvolle Pflanze den Hunger in den ärmsten Gebieten der Welt zu bekämpfen.«
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© Bioversity International, S. Padulosi
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schwanz. »Wir waren damals, auch kulinarisch, am allerersten Anfang«, sagt er, »noch gefangen, kolonial, aber schon am Suchen. Gegessen wurde englisch, als Koch galt nur, wer Frankreich kannte, Unbekanntes kam nicht auf die Teller.« Wie auch Mark Best, ging Perry nach Europa. »Dort wurde ich auf einmal sauer – keine weiteren Vorschriften mehr! Mein Vater fiel mir ein, die Fische, der Reichtum von Australiens unglaublicher Natur«, sagt Perry. »Ich Mark Bests Karriere begann tief unter der Erde, war doch gleich viel wert, auch als Mensch und Koch aus als Elektriker in einer Goldmine. Selbst die Kumpels Down Under.« Neil Perrys eimochten, was er in der Lunch-Box hatte; Frisches, gene, individuelle, gute Küche sollte es im Rockpool geben! Grünes, auch mal Exotisches, Erinnerungen an Mark Best nannte seine erste die Kindheit auf der Farm, an Obstbäume und an die Speisekarte Mein Familienstammbaum. Mama, die machte ein - Mango & Mustard, die
in Rosenform geschnitzte Mango mit exakt der Mayonnaise mit Senfkörnern und Malzessig, die es zum sonntäglichen Braten gab, einer der Klassiker in Bests Marque in Surry Hills, hat er ihr gewidmet. Neil Perry dagegen flog, noch grün hinter den Ohren, schon von der ersten Schule. Er hatte sich geweigert, die Haare abzuschneiden. Mit dem Papa, einem Fischer, zog er durch die Riffe, ging mit auf See. Australien vor rund vierzig Jahren, noch kaum bekannt, isoliert, eben down under! Heute sind Best und Perry Sydneys Top-Ikonen, die Vorreiter und -denker einer eigenständig-australischen Küche, die ja jetzt bis nach Europa Wellen schlägt. Deshalb sind wir hier.
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Aber genug im Block gekritzelt, erste Gedanken sind sortiert! Feine Röstaromen kitzeln in der Nase, kombiniert mit süßen Saucen-Noten. Wir schauen auf: Vier mächtige, gusseiserne Säulen tragen den eleganten Raum, gegossen noch in England. Die Lüster aus Stahl und Messing sind modern, auf dem Boden Mahagoni. Bei Neil Perry sind wir, im neuen Rockpool, erst vor Kurzem ist Perrys legendäres Flagschiff umgezogen, nach 24 Jahren, in die Halle des einstigen Handelskontors von 1901. Im Marque waren wir gestern. Einer der Klassiker hier im Haus ist das mit Pilzen und Porridge würzig gefüllte butterzarte Spanferkel mit einem Tausendjährigen Ei und dem am Tisch mit Algenbutter übergossenem Gemüse. Die dazu servierte, heißdampfende, schön kross frittierte Ferkelhaut knackte, krachte auf dem Teller, wie Kaminholz. Die über Lorbeerblättern und –zweigen geräucherte Wachtel kam mit einer wunderbar abgeschmeckten süßlich-pfeffrigen Brühe mit Szechuanpfeffer. Herrlich kombiniert war die in Sojakaramell geschmorte Süßkartoffel mit Miso-Eis, kandierten Kräutern und urenglischem Lemon Curd. Viele der Gerichte der ersten Stunde sind natürlich weiterentwickelt. Am Rockpool-Herd steht der junge Phil Wood. Neil Perry ist aber auch da selbstredend mit langen Haaren, seinem Pferde-
Nächste Denkpause! Die Bank im Hyde Park ist perfekt. Auf der einen Seite der Sydney Tower, 305 Meter hoch, mit Aussichtsplattform, auf der anderen St. Mary’s Cathedral und die Hyde Park Barracks, in denen die Gefangenen waren. Schweiß tropft von der Stirn. War in Deutschland nicht gerade noch Winter? Ja, und den Pullover im Koffer hätte man auch zuhaus’ lassen können! Eine Gruppe Schulkinder läuft vorbei, immer zwei nebeneinander, Hand in Hand, alle in Uniform, hellblaue Halstücher, breite Sonnenhüte, wie auf Safari. In den Parkrabatten schießen Urzeit-Farne in die Höhe, die Blüten der Aronstabgewächse sind groß, wie Elefantenohren und auf den Bäumen sitzen die Kakadus, wie bei uns die Spatzen. 1788 kamen die ersten elf Schiffe an, mit 736 Sträflingen an Bord die Gründung von Kolonie und Stadt, benannt nach Lord Sydney, dem britischen Innenminister, der die Idee zur Besiedlung hatte. 1988 wurde Zweihundertjähriges gefeiert. Im Jahr 2000 war in Sydney dann die Olympiade. »Und genau dies war der Wendepunkt«, sagt Russ Lusted, Küchenchef in The Bridge Room und Neil Perry-Schüler, »2000 schaute die Welt auf uns, kam
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zu Besuch, aß hier, war begeistert.« Sydney, Australien, das waren auf einmal die Surfboys und –girls von Bondi Beach, die Oper, die Harbour Bridge, das purpurrot-orange Outback, der Ayers Rock. Elegant geschwungene Holztische und –stühle stehen in Lusteds schönem, lichtem Restaurant mit moderner Wanddeko, das Parkett hat Fischgrätmuster, ein Mix aus Art déco und Sixties. Serviert wird auf Keramik, Porzellan ist tabu, in Tontöpfchen sprießen Sukkulenten, indigene Arten. Auch was auf den Tellern liegt, ist fremd und überrascht. Vor der fußballgroßen, tomatenroten spanner crab von Fraser Island etwa würden wir uns live im Wasser mehr als gruseln. Lusted bringt ein noch lebendiges Exemplar aus der Küche. Gekocht, zerlegt und kombiniert mit Johannisbeeren, grüner Mango, kandierten Limonenschalen und einer frischen, leichten Sauce mit Pfirsichsaft und Pfirsichtee schmecken sie fantastisch. Die aromatischen Moreton Bay bugs, eine Langustenart, serviert Lusted kurz angebraten, mit in Eukalytptushonig eingelegten und gegrillten, wunderbar süß-bitteren Endivienherzen, süß-scharfer gerösteter Chili-Tamarinden-Paste und bestäubt mit zu Puder zerstoßenem Meersalz mit Sellerie. Perry, Best, auch Peter Doyle, der heute im Est. kocht, hätten, sagt Lusted, »als erste eine eigene Küche kreiert, ihre eigene!« Erst mit der Olympiade sei aber das Bewusstsein für eine gemeinsame eigenstän-
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dige australische Küche gewachsen, »ohne zwingende Vorbilder, vogelfrei«, mit der Lust, das Land und sich als Nation zu entdecken. »Und wenn man, wie ja alle gesagt hatten, angeblich so weit ab vom Schuss war, könnte man doch auch machen, was man wollte! Oder?« Und was man machte kam an, die Gäste zogen mit. The Bridge Room war auch Sydneys erstes Gourmetrestaurant in dem die steifen, weißen Tischdecken verschwanden. Noch freier, mutiger, innovativer, wilder, beinahe schon neu-australisch, kocht nun aber schon die nächste Generation, die jungen Köche und Köchinnen im Ester in einer einstigen Garage im gerade angesagten Industrieviertel Chippendale oder im Nomad in einer umgebauten Lagerhalle im schon bunten Szenestadtteil Surry Hills. Star unter den Neuen ist das Sixpenny in einem alten Krämerladen im ehemaligen Arbeitervorort Stanmore. 4,6 Millionen Menschen leben heute in Australiens größter Stadt, die sich von der so fotogen zerklüfteten Pazifikküste mit Buchten und Stränden bis hin zum Nationalpark in den Blue Mountains erstreckt. 15 Minuten braucht das Taxi nach Stanmore mit langen Reihen idyllischer Backsteinhäuschen mit Veranda, Mini-Balkon, fast wie in England – nur: In den Vorgärten stochern hühnergroße Ibisse im Gras, und am Himmel schwebt schon die Armada tausender Flughunde, die sich allabendlich über Früchte und Beeren selbst in der Innenstadt hermacht. Dass sich die ersten freien Siedler, an das hielten, was sie kannten, kann man verstehen. »Wir machen das Gegenteil«, sagt Daniel Puskas, der gemeinsam mit
James Parry die Küchencrew im Sixpenny leitet. Serviert wird ein Menü, acht Gänge, aus 100 % Australischem, vieles nun auch Bio. Gekonnt ausbalanciert waren die fein nussigen und würzig-süßen Noten beim Salat aus herrlicher frischer mud crab, Mangroven-Krabbe, Macadamianuss und Kamillenblüten mit geräucherten Nussflocken und einem Dressing aus Macadamia-Milch. Im Brotkorb lagen mit Ricotta und grüner Tomatenmarmelade gefüllte english Muffins und hausgemachte Chips salt & vinegar, wie früher in Sydneys alten Pubs. »Für genau einen Sixpenny, den halben Schilling, bekamen freie, einstige Häftlinge dort eine Malzeit!«– daher, so Puskas,der Name! Der gegarte, schön bissfeste blue eye trevalla, ein Hochseefisch, kunstvoll eingepackt im Wasserkressemantel, kam mit kurz frittierten Süßkartoffelblättern, mit fermentiertem Roggen vermischter Buttermilch, Fingerlimette und bunten Blüten aus dem tropisch-duftenden Küchengarten hinterm Haus. Der kleine, gemütlich-familiäre Restaurantraum in Creme und Grau mit schlichten Holzmöbeln wirkt dagegen eher nordisch. »Ja, wir, die Jungen«, sagt Puskas »haben natürlich Internet, wir tauschen uns auch wieder aus, mit den Guten!« Nordisches, Baskisches etwa, fließe nun in die Australische Küche mit ein. Partner James Parry war gerade im Mugaritz. Nicht nur selbst gefunden habe man sich, man sei Teil der cooking world community. »It’s happening!« ruft James Parry aus der Küche, »es geht gerad’ richtig los!«
von Stefen Elfenbein
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Das Bild fügt sich zusammen. Zurück in die Innenstadt, in den engsten, wuseligtsen Teil, in die Bridge Street. Restaurant Row wird die Straße schon genannt. The Bridge Room ist dort, auch das Rockpool - das Taxi hält direkt davor. Im einstigen Kontorhaus gleich daneben führt ein runder Torbogen in die überraschend engen Gassen und Höfe in denen die alten Lagerhäuser sind. Dort tobt das Leben; Herren im schicken Anzug, Damen im kleinen Schwarzen, Girls in Miniröcken. Erst vor Kurzem hat Sydney auch seine liquor laws gelockert, die Regeln zum Alkoholausschank. Auch kleine Bars, die vielen neuen small bars, dürfen nun ausschenken, manche bis in die Nacht. Auch Szenerestaurants mit Barbereich sind entstanden. Wichtigstes, schönstes, angesagtestes ist Mr. Wong: zwei Etagen, oben Tische und Bänke aus rohem Holz, unten traditionelle runde chinesische Banketttische, Kunst im Mao-Stil, dazu Doris Day als Hintergrundmusik, die mächtigen Balken sind erhalten, an den Backsteinwänden hängen ja-
degrüne Vasen mit Kamelien und über den Köchen in der Showküche baumeln, wie in Chinatown, die Entenleiber an Fleischerhaken. Serviert wird kreativ Chinesisches. Das Kurobuta-Schwein süß-sauer kam in Form von zur Pyramide aufgetürmten, saftigen Würfeln mit Chili und frischem Koriander. Langusten, Krabben, pipis, Mini-Venusmuscheln, darf man vorm Zubereiten selber aus den Wassertanks angeln. Highlight im Haus sind die 22 Sorten Dim Sum; schön kombiniert und aromatisch waren die mit wood ear mushrooms, Judasohren, und schwarzem Trüffel gefüllten Teigtaschen und die Reis-roll mit Abalone, Limone und Fenchel. »In jeder Stadt, Siedlung, selbst im Outback, gab es früher ein chinesisches Restaurant, auch heute noch«, erklärt Dim Sum-Küchenchef Eric Koh, der schon im Hakkasan in London war. »Die Chinesen sind Australiens zweitälteste Immigranten-Gruppe, sie kamen als Angestellte und während des Goldrauschs.« Vom Kindheits-China-Restaurant hatte auch Neil Perry erzählt, daher das Tausendjährige Ei beim Rockpool-Klassiker mit Lamm! Nun sind die einst verarbeiteten Erinnerungen schon Szene-Retro-Schick. Unser letzter Sydney-Abend, unbedingt in Richtung Oper, Harbour Bridge! Am Circular Quay, da, wo 1788 die Schiffe landeten, verkaufen junge Aborigines ihre eigene Musik und buntbemalte Bumerangs, Schlangen, Echsen kriechen durch’s Dekor. Besucher und Touristen kommen aus aller Welt, viele aus Asien. Mit dem Boom und neuen Selbstverständnis durch die Olympiade kam auch eine neue Neugierde und Offenheit; auch die Köche besuchten China, Japan, man interessierte sich fürs bush food, die ur-australische Küche und die Produkte der Ureinwohner. Beides, Busch und Asien, vereint Peter Gilmore im Quay - und die Lage ist absolut perfekt. Gilmore kocht im Terminal der Kreuzfahrtschiffe, genau gegenüber, auf der anderen Hafenseite, steht die Oper. Sollte sie zumindest! Es ist 18.30 Uhr. Wir sind früh. Das Restaurant ist ganz aus Glas und Spiegelflächen, vor uns eine aschgraue Wand, der Rumpf der Queen Mary 2. Als Amuse kommen muntries in Sauercreme mit Pistazien und Portulak, eine Wildbeerenart mit wunderbar süß-saurem Apfel-Cranberry-Aroma. »Asien ist ja quasi um die Ecke, das haben wir erst spät bemerkt«, sagt Gilmore und an den asiatischen Küchen faszinierten ihn vor allem die Texturen, die Küche der Aborigines allerdings gehöre zur australischen Küche zwingend dazu. »Und keine Sorge - zum ersten Gang legen
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die Schiffe ab!« Ja, und plötzlich Vorhang auf! Die Queen Mary fährt gen Pazifik! Die Oper schwebt über dem Wasser, davor die grün-gelben Fähren, die in den Strandvorort Manly gehen. Den tasmanischen Trompetenfisch serviert Gilmore mit würziger Sardellenpaste und rohen, geräucherten und getrockneten rock oysters, Sydneys unglaublich frischen aromatischen Felsenaustern, die Kombination der Texturen ist genial. Dazu ein Salat aus barilla, karkalla, sea parsley, einheimischen Pflanzen, die auf Dünen und an den Klippen wachsen. Die leichte Salzigkeit bringt das Meer vor uns auf den Teller. Die Sonne geht unter, und auf einmal löst sich der Restaurantraum scheinbar auf, die Lichter, das Glitzern von draußen, spiegelt sich in Fenstern, Wänden, die Spotlights auf den Tischen wirken wie die Sterne über der nun magisch beleuchteten Oper. Klassiker im Quay ist das Snow Egg, Gilmores Kreation aus süßem Ei-Schaum, Mus aus exotischen Früchten und einem Dotter aus Bratapfel-Eis, eingeschlossen in einer mit Puderzucker bestäubten Schale aus hauchdünnem Karamell. Beim ersten Löffelschlag platzt das Schnee-Ei auf. »Schnee war für unsere Eltern und Großeltern Symbol für das ferne Europa, als Kinder haben wir von Schnee geträumt«, sagt Peter Gilmore. Das hat uns auch Mark Best schon am allerersten Abend erzählt. »In unsere Küche«, so Gilmore, »sind selbst Erinnerungen eingeflossen, die wir nicht mal schmecken konnten.«
b links Mr Wong Restaurant
© Gayan Wijesinghe l rechts Quay Restaurant d © Sara McCleary i
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