6 minute read
Toyota - Bestseller mit mehr Biss
Highlight des im Sommer 2020 aufgefrischten Hilux ist der neue 2,8-l-Diesel mit 204 PS und 500 Nm Drehmoment. Bildquelle: Treffpunkt.Bau
Bestseller mit mehr Biss
Kantig, kultig – kenn ich. Über 16 Millionen Exemplare küren den Hilux zum weltweit meistverkauften Pick-up im Marktsegment der Midsize-Modelle. Sein Erfolgsgeheimnis: Ausdauer. Seit 53 Jahren schultert der wackere Arbeiter alle möglichen und schier unmöglichen Lasten vom harmlosen Heuballen bis zur feurigen Geschützlafette, vom sehnigen Sportgerät bis zur tonnenschweren Palette. Die aktuelle achte Generation ist seit 2015 im Handel. Im Sommer 2020 präsentierte Toyota eine aufgefrischte Version mit mehr Leistung, modernisiertem Design und verbessertem Fahrkomfort.
Vier Ausstattungslinien von Duty bis Invincible überbrücken beim Hilux die weite Spanne vom pragmatischen Last- zum luxuriösen Lifestyle-Auto. Wichtigste Neuerung ist der 2,8-l-Diesel, der stramme 204 PS Leistung und souveräne 500 Nm Drehmoment liefert. Ihn gibt es ab der gehobenen Ausstattungsstufe Comfort als Option, bei Executive und Invincible ist der Top-Motor Serie. Am konsequentesten Nutz- statt Freizeitfahrzeug ist der Duty Single Cab. Roher, schwarzer Kunststoff an der Schnauze und schnöde Stahlfelgen kennzeichnen das kernige Hilux Basismodell von außen. Unter der Haube werkelt auch 2021 weiterhin ausschließlich der 150 PS 2,4-l-Diesel, geschaltet werden die sechs Gänge von Hand.
Nur den Duty gibt es auch mit der kurzen Single Cab, womit sich die Ladefläche auf 2.315 mm streckt. Mit der Extra Cab sind es immer noch stattliche 1.808 mm, die passagierfreundliche Double Cab reduziert die Länge der 1.540 mm breiten Ladefläche auf 1.525 mm. Zuladen kann der Hilux je nach Ausstattungsumfang rund eine Tonne. Die zulässige Anhängelast gebremst liegt bei 3,5 t (3,0 t beim Duty Single Cab).
Unser Testwagen ist ein Hilux in der zweiten Ausstattungsstufe Comfort mit der Extra Cab. Die schmale Rückbank bietet zwei Notsitze, die Erwachsenen allenfalls für Kurzstrecken zumutbar sind. Im Alltag dient der Extra-Platz in der Kabine also meist als Kofferraum für alle Utensilien, die nicht im Freien transportiert werden sollen.
Kraft und Komfort
Den Treffpunkt.Bau-Testwagen hat Toyota grundsätzlich so ausgestattet, wie viele Bauunternehmer und Handwerker ihr Fahrzeug konfigurieren, die ihren Pick-up tatsächlich für die tägliche Arbeit einsetzen und nicht nur am Wochenende für den Bootstrip oder zum Campingurlaub aus der Garage holen.
Erste Wahl bei der Motorisierung ist klar der neue 2,8-l-Diesel, der in Kombination mit einer 6-Stufen-Automatik geliefert wird. Er hat 204 PS und 500 Nm, der ebenfalls erhältliche 2,4-l-Motor 150 PS und 400 Nm. Das Leistungsplus, das der Fahrer bei jedem Gasgeben spürt, gibt’s für einmalig rund 2.100 Euro. Wer lieber von Hand schaltet, muss den kleinen Motor nehmen. Allrad ist außer beim Duty Single Cab immer an Bord. Der Vierradantrieb wird per 4x4-Wählschalter aktiviert, auch eine 100-prozentige Hinterachsdifferentialsperre lässt sich zuschalten.
Die Comfort-Ausstattungslinie unseres Hilux beinhaltet bereits die wichtigsten Funktions- und Komfortausstattungen. Was unserem Testfahrzeug allerdings (schmerzlich) fehlt, ist eine Anhängerkupplung, die für 545 Euro extra bestellt werden muss. Zu den Highlights mit hohem Alltagsnutzen zählen die Smartphone Integration mit Apple Carplay und Android Auto, eine Scheinwerfer-Reinigungsanlage, die Rückfahrkamera und eine Klimaautomatik. Die einzigen beiden Sonderausstattungen an unserem Hilux sind der Blicke heischende Metalliclack in Inferno-Orange und das Toyota Safety Sense-Paket, das vier neu entwickelte, aktive Sicherheitstechnologien umfasst: Pre-Collision System, Spurhalteassistent, Fernlichtassistent und Verkehrsschilderkennung.
Das Ganze summiert sich zu 43.206,60 € (brutto) Listenpreis und untermauert die Erkenntnis, dass der Hilux viel Auto fürs Geld bietet. Die auf dem Verlagsparkplatz abgestellten SUVs stellt der wuchtige orange Riese buchstäblich in den Schatten. Hinsichtlich Größe, Nutz- und Anhängelast misst er sich lieber mit den Transportern. Die Kastenwagen packen zwar noch mehr weg, aber beim Prestige und den Fahrleistungen prescht der 204-PS-Pick-up voran.
100 Prozent baustellentauglich
5.325 mm lang und 1.855 mm breit ist der an der Dachkante mannshohe Hilux und fühlt sich auch wegen seines Wendekreises von 12,8 m auf freier Strecke wohler als bei der Parkplatzsuche in der Innenstadt. Unser Testwagen war bei den Kollegen sehr gefragt und musste fleißig Kilometer fressen. Die größte Gaudi hatten wir beim schlammlastigen Offroadfahren, wo der mit Allterrainreifen, 310 mm Bodenfreiheit und sperrbarer Hinterachse gewappnete Hilux nicht zu stoppen und hinterher kaum mehr wiederzuerkennen war. Wie ein Chamäleon wechselte er flugs Farbe und Charakter, schlüpfte aus dem strahlenden Metallickleid in den matten Tarnfleckdress und bewies mit unbändigem Vorwärtsdrang, warum er auch als Militärfahrzeug und in Ländern mit schlecht ausgebautem Straßennetz so beliebt ist. Dank des sperrbaren Hinterachsdifferentials und der üppigen Bodenfreiheit wühlt sich der 4x4-Pick-up unerschrocken durch Pkw-feindliches Terrain und folgt tapfer Radladern und Allradkippern auf tief ausgefahrenen Spuren durch Kiesgruben und Baustellen.
Souverän in allen Situationen
Hauptsächlich ging es mit unserem Hilux jedoch über Land und für flotte Etappen auch mal auf die Autobahn. Stets gute Noten bekam der Antrieb, wobei der 2,8 l große Diesel nicht mit spektakulären Einzelleistungen auftrumpft, sondern mit seiner ruhigen, souveränen Art gefällt. Dazu passt die Automatik, die zwar nicht superschnell schaltet, dafür sanft die Fahrstufen wechselt und dabei gerne das bullige Drehmoment des Motors nutzt, das ab 1.600 1/min anliegt. Niedertourig, gut gedämpft vor sich hin brummelnd verführt der große Diesel im Hilux zur gelassenen Fahrweise. Auch schlechtere Straßen werden nicht zur Tortur. Das serienmäßige „Comfort“-Fahrwerk federt und dämpft manierlich, die blattgefederte Hinterachse bockt auch bei unbeladenem Fahrzeug nicht unangenehm. Wer die 1 t Nutzlast seines Hilux regelmäßig ausschöpfen will, kann ein härteres „Heavy Duty“-Fahrwerk ordern.
Auf der Langstrecke bewährt sich der Hilux ebenfalls, wenn ihn sein Fahrer artgerecht bewegt. Bei 130 km/h liegen kommode 2.000 1/min an, die Fahrgeräusche sind angenehm und das Fahrgefühl sicher. Über der Richtgeschwindigkeit wird es zunehmend zäher, bei 175 km/h ist Schluss. Kraft für Zwischensprints ist vorhanden, auch beladen muss sich der Hilux nicht hinter Lkw verstecken, sondern erobert sich mit kurzem Kickdown-Aufheulen einen Platz auf der linken Spur. Von 0 auf 100 geht’s in knapp 11 Sekunden, wobei der Antrieb im Alltag mehr mit Effizienz als mit Sprintstärke beeindruckt. Toyota gibt den kombinierten Verbrauch mit 7,0 l/100 km an. Wir kamen auf rund 9,0 l/100 km, inklusive Autobahn und spritfressendem Offroadspaß.
Unsere Meinung
Das Urteil der Treffpunkt.Bau-Testmannschaft ist einhellig positiv. Der Hilux punktet gleich beim Erstkontakt mit seinem kraftvollen Auftritt. Einfach ein Auto, dem man seine Tüchtigkeit ansieht und mit dem man gerne vorfährt, auch und gerade, wenn der eigene Firmenname draufklebt. Gelobt wurde von den Kollegen besonders die angenehm hohe und bequeme Sitzposition, die den Fahrer gefühlt zum König der Landstraße erhebt, sowie die saubere Verarbeitung und gute Bedienbarkeit.
Ebenfalls gut für ein Firmenfahrzeug, das von verschiedenen Fahrern genutzt wird: Der Hilux verzichtet auf Experimente bei den Armaturen. Der Tacho ist analog, bei jedem Licht gut ablesbar und für die zentralen Funktionen gibt es statt Touchflächen jeweils einen physischen Knopf oder Schalter – und zwar dort, wo wir ihn sinnvollerweise erwarten. Grundsätzlich positiv bewertet wurde auch der kraftvolle Antrieb, wobei die Life-Style-orientierte Fraktion sich von den 500 Nm mehr mitreißende Emotion erwartet hätte. Für Pkw-Fahrer gewöhnungsbedürftig sind die Abmessungen des Hilux – kein Thema für Bauprofis, die ganz andere Dimensionen von ihren Maschinen gewohnt sind.
Text und Bilder: David Kern und Peter Hebbeker/Treffpunkt.Bau