Clusterreport Optik Berlin-Brandenburg

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Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg CLUSTERREPORT OPTIK

CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg

Kontakt:

Mit freundlicher Unterstützung der

TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Fasanenstraße 85 10623 Berlin

ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH Steinstraße 104 – 106 14480 Potsdam

Ansprechpartner: Prof. Dr. Eberhard Stens

www.zab-brandenburg.de

Telefon: 030 / 46302 440 www.tsb-berlin.de www.tsb-optik.de

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CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg

Titelbild: Lasermaterialbearbeitung am Institut für Optik und Atomare Physik (IOAP) © Ulrich Dahl - Pressestelle der Technischen Universität Berlin

Der Clusterreport Optik ist eine Publikation der TSB Innovationsagentur Berlin GmbH im Rahmen des Clustermanagements, welches gemeinsam durch Berlin Partner GmbH, OpTecBB e.V., TSB Innovationsagentur Berlin GmbH und ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH vertreten wird.

Dieses Projekt wird aus Mitteln der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Investitionsbank Berlin gefördert, kofinanziert von der Europäischen Union – Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. Investition in Ihre Zukunft.

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Inhaltsverzeichnis

1 1.1 1.2 1.3

Einleitung Grußwort Editorial Statusreport

6 6 7 8

2 2.1 2.2

Clusteranalyse Clusterevaluation Netzwerk- und Clusterentwicklung

10 10 16

3

Historie

20

4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6

Standorte Adlershof Humboldthain Schöneweide Teltowkanal Potsdam-Golm Rathenow

24 24 28 30 31 32 34

5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.3 5.1.3.1 5.1.3.2 5.1.3.3 5.1.4 5.1.5 5.2 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4

Forschung und Industrie Optische Technologien Lasertechnik Lichttechnik Optische Messtechnik und Sensorik Optische Prozessmesstechnik UV- und Röntgentechnologien Terahertz-Technologie Optische Technologien in Biomedizin und Pharma Photonische Kommunikationstechnik Mikrosystemtechnik Halbleiter großer Bandlücke – Berlin WideBaSe Leistungselektronik Sensorik Systemintegrationstechnologie

36 36 38 46 52 58 62 64 66 74 80 88 90 92 94

6

Aus- und Weiterbildung

96

7 7.1 7.2 7.3 7.4

Branchenplattformen Netzwerke und Transfereinrichtungen Überregionale Technologieplattformen Enterprise Europe Network Berlin-Brandenburg Laser Optics Berlin und microsys berlin

98 98 102 106 107

8

Autoren/Literatur

108

9

Impressum

110

Anhang: 114 CD mit Kontaktdaten und Profilen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen

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1.1 Grußwort

Die Hauptstadtregion gehört zu den innovativsten Regionen Europas und nimmt in vielen Schlüsseltechnologien eine führende Position ein. Dazu zählen Optische Technologien und Mikrosystemtechnik, die in der Region stark entwickelt sind. Mit dem 2011 errichteten länderübergreifenden Cluster Optik, das die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg umfasst, komplettieren wir erfolgreich das organisatorische Fundament der gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin und Brandenburg (innoBB). Selbst innerhalb der robusten konjunkturellen Entwicklung in der Bundesrepublik macht dieses Cluster mit seinen überdurchschnittlichen Entwicklungszahlen auf sich aufmerksam. Besonders für viele der kleinen und mittleren Unternehmen war 2011 ein außerordentlich erfolgreiches Jahr. Andere Branchen der Region profitieren von dieser positiven Entwicklung, da die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik in vielen Anwendungsbereichen zu finden sind, etwa in der Medizin- und Messtechnik oder in der Kommunikation. Die Zusammenarbeit von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen zahlt sich aus. Viele Unternehmen wurden bisher aus Forschungseinrichtungen ausgegründet und sind weltweit sehr erfolgreich. Sie schaffen neue Arbeitsplätze und stärken den ausgezeichneten Ruf der deutschen Hauptstadtregion als Wirtschafts- und Innovationsstandort. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat die Region mehr als 50 Unternehmensgründungen und Neuansiedlungen in der Branche verzeichnet. Die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik haben sich in der Hauptstadtregion zu einem der größten Hochtechnologiestandorte ihrer Branche entwickelt – und sie wachsen weiter. In solch einem Schmelztiegel von Unternehmen und Forschungseinrichtungen wird geforscht, erprobt und entdeckt. Die hohe Dichte der Branchenakteure schafft dabei ideale Voraussetzungen für einen wechselseitigen Transfer von Know-how zwischen Wissenschaft und Industrie.

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Der vorliegende Clusterreport Optik widmet sich dieser Erfolgsgeschichte. Er gibt einen Überblick über das vielfältige Geschehen in der Branche und rückt zugleich das enorme Potenzial in den Vordergrund, über das Berlin und Brandenburg auf diesem Technologiefeld verfügen. Die mit unserer gemeinsamen Technologie- und Innovationspolitik verbundene Erwartung, dass die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung sich in einem Gewinn an Arbeitsplätzen niederschlagen werden, ist Realität geworden. Das macht Mut, den begonnenen Weg weiterzugehen.

Sybille von Obernitz

Ralf Christoffers

Senatorin für Wirtschaft,

Minister für Wirtschaft

Technologie und Forschung

und Europaangelegenheiten

des Landes Berlin

des Landes Brandenburg


1.2 Editorial

Optische Technologien aus Deutschland haben eine lange Tradition und gehören in vielen Bereichen zur Weltspitze. Die Mikrosystemtechnik hingegen ist ein relativ junger Wirtschaftszweig, welcher sinnbildlich für die Anforderungen des globalen Wettbewerbs an innovative Produkte steht: kleiner, leistungsfähiger und kostengünstiger. So vereint Berlin-Brandenburg im Cluster Optik mit den Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik Tradition und Moderne und schafft so die Grundlage für die nachhaltige Entwicklung der regionalen Unternehmen und die Entstehung neuer Arbeitsplätze in der Branche und ihren zahlreichen Anwendungsgebieten. Der Schlüssel zum Erfolg der Region ist die ausgeprägte Forschungslandschaft mit ihrer engen Anbindung zur ansässigen Industrie. In den letzten Jahren hat sich eine Vielzahl von Netzwerkstrukturen in der Hauptstadtregion gebildet, welche Unternehmen und Forschungseinrichtungen den Zugang zu Ressourcen wie Wissen oder Kapital sowohl auf lokaler als auch internationaler Ebene erleichtern soll.

Wir laden alle Interessierten ein, sich aktiv an der Entwicklung des großen Potenzials des Clusters Optik in der Region zu beteiligen. Wenn Sie sich als Unternehmer, Wissenschaftler, Gründer oder Investor stärker engagieren und vernetzen wollen, wenden Sie sich jederzeit gerne an uns.

Seit August 2011 ist die Optik eines von fünf Clustern, auf die sich die Länder Berlin und Brandenburg im Rahmen ihrer Gemeinsamen Innovationsstrategie konzentrieren. Damit ist der hohe Stellenwert des Technologiefelds bekräftigt worden. Die Weiterentwicklung des Clusters zählt nun eindeutig zu den Prioritäten der regionalen Innovationspolitik. Der Clusterreport Optik – Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg – gibt in seiner zweiten Auflage eine quantitative wie qualitative Übersicht über die Branche in Berlin-Brandenburg und leistet so einen wichtigen Beitrag zu einer erhöhten Transparenz nach Innen und Außen.

Dr. Adolf M. Kopp

Prof. Dr. Eberhard Stens

Geschäftsführer der

Bereichsleiter Optik der

TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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1.3 Statusreport

„Viele Unternehmen in der Region haben volle Auftragsbücher“ Interview mit dem Clustersprecher Optik Prof. Dr. Günther Tränkle

Die globale Wirtschaftskrise gilt mittlerweile als überwunden, speziell in Deutschland sind die Entwicklungen sehr positiv. Wie schätzen Sie die aktuelle Situation der Optischen Technologien in Deutschland und speziell in der Hauptstadtregion ein? Die letzten Leitmessen, die Photonics West im Januar in San Francisco und die Laser München im Mai, bestätigten die positive Einschätzung. Der große Andrang an den Ständen – die Unternehmen der Hauptstadt sind in der Regel überproportional gut vertreten – zeigen den Aufwind der Branche. Viele Unternehmen haben volle Auftragsbücher und ihre Umsätze in 2010/2011 erreichen oder übertreffen das Vorkrisenniveau. Die Vielzahl von Anfragen mit einer breiten Palette von Anwendungen verheißt eine gute Ausgangsposition für die nächsten Jahre. Auch die Stellenangebote der Unternehmen sprechen für den Aufschwung. Die Gründe liegen sicher auch darin, dass die deutsche Photonikindustrie eine Spitzenposition im internationalen Wettbewerb hält und gestärkt aus der Krise hervorgeht: Viele Unternehmen haben diese Zeit für intensive F&E-Arbeiten genutzt; auch die sehr kontinuierliche und konsequente Schwerpunktbildung bei der Förderung zahlt sich aus. Optik/Photonik als Schlüsseltechnologie ist in der Hightech-Strategie der Bundesrepublik verankert und hat auch in unserer Region einen angemessenen Stellenwert erhalten. Die Optischen Technologien werden vor allem in Europa, China, USA und Japan entwickelt und produziert. Wo sehen Sie in Zukunft die jeweiligen Schwerpunkte und Kompetenzfelder bei den einzelnen Nationen? Auf welchen Sektoren von Forschung, Entwicklung und Produktion kann Berlin-Brandenburg besondere Stärken vorweisen? Solch große Volkswirtschaften bzw. Regionen kann man nicht auf einzelne Kompetenzfelder oder Schwerpunkte einschränken, sie sind in allen wichtigen Teildisziplinen der Photonik aktiv. Wir beobachten, dass alle Industrieländer große Anstrengungen unternehmen, die Optischen Technologien zu entwickeln. Besonders aktiv ist dabei Europa – auch in Hinblick auf die Konkurrenzsituation gegenüber Nordamerika und Asien, hier sind es vor allem Japan, China und Südkorea. Fest steht, dass Deutschland in der Lasertechnik und speziell bei Anwendungen für die Materialbearbeitung und die Produktionstechnologie international führend ist. Zu dieser guten Positionierung tragen viele Partner aus der ganzen Bundesrepublik bei, auch in der Hauptstadtregion, die auf das gebündelte Know-how von Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und Unternehmen zurückgreifen kann. Wie ist die Nachfrage aus den Schwellenländern China, Indien und Brasilien nach Entwicklungsergebnissen und Produkten aus BerlinBrandenburg?

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Bei den Schwellenländern ist es zurzeit nur China, das intensiv Produkte aus Berlin-Brandenburg nachfragt bzw. mit Unternehmen der Region kooperiert. Man sollte die beiden aufstrebenden Nationen Indien und Brasilien aber im Auge behalten, insbesondere Indien. Eine Aufgabe für uns könnte sein, etwa gemeinsam mit Berlin Partner, hier unsere Marktkenntnisse zu verbessern und dann erfolgversprechende Marktsegmente für unsere Unternehmen gezielt zu adressieren. Welche neuen Themen und Projekte haben für die Hauptstadtregion besondere Bedeutung für die Zukunft und können eine Leuchtturmfunktion für die regionale Branche übernehmen? Der Photonik als „enabling technology” kommt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung vieler technischer Lösungen der Zukunft zu. Für die Hauptstadtregion bedeutet dies, die regional vorhandenen Kompetenzen und das wissenschaftliche Know-how weiter zu bündeln und zu nutzen, um beispielsweise die neuen Möglichkeiten der Lichttechnik weiterzuentwickeln. Auch in der Photovoltaik als Teildisziplin der Optischen Technologien ist die Region stark vertreten. Laserbearbeitungsprozesse oder optische Messund Analyseverfahren verbessern Produktionsprozesse und die Qualität stark – wie etwa der Innovationspreis 2010 an das Unternehmen greateyes zeigt, dessen Messsystem Mikrorisse, Zellfehler und Inhomogenitäten von Solarzellen abbildet, die mit herkömmlichen visuellen Verfahren kaum oder gar nicht zu erkennen sind. Auch die Gesundheitswirtschaft ist in Berlin von zentraler Bedeutung. Neben klassischen medizintechnischen Anwendungen gilt es künftig die Lebensführung einer älter werdenden Gesellschaft zu unterstützen. Ambient Assisted Living beschreibt vielfältige Maßnahmen auf der Basis von Mikrosystemtechnik, Kommunikationstechnik und von optischen Sensoren, um die Lebensqualität gerade älterer Menschen zu erhalten. Es gibt eine politische Entscheidung, dass Berlin und Brandenburg die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik künftig zum Cluster entwickeln wollen. Was bedeutet das für die Branche in der Region, für das Cluster und das Netzwerk OpTecBB? Wir begrüßen die Entscheidung sehr, da dies die Optischen Technologien aufwertet und mit einer Schwerpunktbildung in der Region verbunden ist. Die Bedeutung geht weit über das Cluster hinaus, denn schließlich verfügen Optik und Photonik als Schlüsseltechnologien über große Anwendungspotenziale in den anderen Clustern der gemeinsamen Innovationsstrategie von Berlin und Brandenburg (innoBB). Unsere Aufgabe wird sein, diese gemeinsam mit unseren Partnern in der TSB Innovationsagentur Berlin und den regionalen Wirtschaftsförderern aktiv zu entwick-


1.3 Statusreport

Dazu bedarf es einer langfristigen Strategie, bei der Kinder möglichst frühzeitig und über alle Altersstufen hinweg Zugang zu naturwissenschaftlich-technischen Inhalten haben. Das beginnt mit der frühkindlichen, spielerischen Förderung an Kindergärten und geht weiter mit Kooperationen an Schulen und Universitäten, wie wir sie auch am FBH intensiv betreiben. Wissenschaftliche Einrichtungen können über Schulpartnerschaften, Schülerlabore und weitere außerschulische Lernangebote das Interesse an naturwissenschaftlichen Berufen wecken und bei der beruflichen Orientierung helfen. Eine wichtige Ergänzung sind auch Veranstaltungen wie der Girls’ Day, die Lange Nacht der Wissenschaften oder der erst kürzlich von uns organisierte Mädchen-Technik-Kongress zu MINTBerufen. Als außeruniversitäres Institut kooperieren wir zudem eng mit Universitäten. Dadurch bekommen Studierende die Möglichkeit als studentische Hilfskräfte Berufserfahrung zu sammeln, später folgen oft Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten. Auch im Bereich der beruflichen Aus- und Weiterbildung sind wir aktiv.

Günther Tränkle ist seit 1996 Direktor des Ferdinand-BraunInstitut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) in Berlin Adlershof. Seit 2002 ist er zudem Professor an der Technischen Universität Berlin für das Fachgebiet Mikrowellen- und Optoelektronik. Seine derzeitigen Forschungsgebiete liegen in der III/V-Halbleitertechnologie, in der Mikro- und Millimeterwellenelektronik sowie bei Hochleistungs-Diodenlasern. Günther Tränkle ist Mitgründer von fünf Hochtechnologie-Unternehmen, Vorstandsvorsitzender des Kompetenznetzes Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V., Mitglied von acatech sowie Beauftragter der Leibniz-Gemeinschaft © Foto: FBH/M. Schönenberger für Technologietransfer.

eln, wofür sich OpTecBB seit seiner Gründung stets eingesetzt hat. Wir werden uns sowohl bei der strategischen Ausrichtung als auch beim Clustermanagement einbringen und dabei unsere Mitglieder sowie weitere Akteure der Region einbinden. Welche Möglichkeiten, Notwendigkeiten und Aufgaben sehen Sie, die hohe deutsche Kompetenz bei Forschung und Entwicklung in mehr zukunftsfähige Industriearbeitsplätze zu überführen?

Mit dem Ausbildungsnetzwerk Hochtechnologie (ANH Berlin) arbeiten wir seit 2007 daran die Situation der betrieblichen Ausbildung im Hochtechnologiebereich nachhaltig zu verbessern. Durch diese breitgefächerten Angebote versprechen wir uns, junge Leute wieder stärker für unsere Themen zu begeistern. Dabei müssen wir stets klar machen, was wir zu bieten haben: spannende Inhalte und ausgezeichnete Karriereperspektiven. Die Löhne in Berlin und Brandenburg sind geringer als etwa in Süddeutschland. Hält dieses Lohngefälle Nachwuchs-Akademiker vom Zuzug ab oder kann Berlin dies durch hohe Lebensqualität bei moderaten Kosten kompensieren? Bei industriellen Arbeitsplätzen wiegen die Attraktivität Berlins und die noch vergleichsweise moderaten Lebenshaltungskosten mehr als bei denen im akademischen Bereich. Dort bietet das öffentliche Tarifsystem nur eingeschränkte Möglichkeiten. Zudem werden viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Projekte finanziert, die Stellen sind daher zeitlich befristet. Das ist gerade für junge Familien und deren Zukunftsplanung problematisch. Wenn dann der Süden eine entsprechende Perspektive anbietet, ist ein Wechsel nur verständlich. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

Wir befinden uns bereits auf einem sehr guten Weg, indem wir auf die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft setzen. So stellen wir sicher, dass grundlegende Erkenntnisse oder Weiterentwicklungen schnellstmöglich in industrielle Anwendungen einfließen. Derartige Kooperationen müssen wir weiter intensivieren und entsprechende Forschungsprojekte auf den Weg bringen. Dies ist der Weg, um auch langfristig innovative Entwicklungen zu schaffen, die sich an den Markterfordernissen orientieren und die Wettbewerbsfähigkeit sowie hochwertige Industriearbeitsplätze im Land sichern. Als Leiter eines renommierten Instituts benötigen Sie qualifizierte und kompetente Mitarbeiter. Welche Maßnahmen sind notwendig, um den Fachkräftebedarf auch künftig decken zu können?

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2.1 Clusterevaluation

Das Berlin-Brandenburger Cluster Optik in Zahlen Gerrit Rössler

Methodik der Datenerhebung Die beiden nachfolgenden Kapitel geben einen Überblick zur Struktur und wirtschaftlichen Entwicklung des Clusters Optik in Berlin-Brandenburg. Grundlage bildet eine inhaltlich abgegrenzte Gruppe von regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die dem innovativen Kernbereich der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik zugeordnet wurden. Die Berechnungen zur Entwicklung von Umsatz- und Beschäftigtenzahlen basieren im Wesentlichen auf Erhebungen aus kommerziellen Datenbanken, da amtliche Statistiken Betriebe mit weniger als 50 bzw. 20 Beschäftigten, welche den Großteil der hier zu betrachtenden Unternehmen stellen, nicht erfassen und die Klassifizierung der Wirtschaftszweige für die hier untersuchte Branche keine scharfe inhaltliche Abgrenzung erlaubt. Die Primärquelle bildet die vom Bureau van Dijk Electronic Publishing mit dem Verband der Vereine der Creditreform geführte MARKUSDatenbank, welche Struktur-, Finanz- und Beteiligungsdaten zu 1,2 Mio. handelsregisterlich erfasster Unternehmen beinhaltet.

Datenlücken wurden soweit wie möglich durch Primärdaten aus Einzelbefragungen und Recherchen ergänzt. Die Umsatz- und Beschäftigtenzahlen umfassen ausschließlich Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. Dienstleistungsund Handelsunternehmen sind nicht berücksichtigt. Bei überregional tätigen Unternehmen mit mehreren Standorten wurden nur die Beschäftigten in Berlin-Brandenburg und deren anteiliger Beitrag zum Gesamtumsatz des Unternehmens in die Berechnungen einbezogen. Von August bis Oktober 2011 hat die TSB Innovationsagentur Berlin eine standardisierte Befragung unter 390 Unternehmen und 36 Hochschulen und Forschungseinrichtungen der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg durchgeführt, an der sich 93 Organisationen beteiligten. Die ausgewerteten Daten flossen insbesondere in die Analyse von technologiefeldspezifischen Trends und Bewertungen ein.

Abb. 1: Anzahl der Unternehmensgründungen im Bereich Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, Handelsregister (Stand Oktober 2011)

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2.1 Clusterevaluation

Clusterstruktur Insgesamt konnten in Berlin-Brandenburg 390 Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes den Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik zugeordnet werden. Davon entfallen 296 auf Berlin und 92 auf Brandenburg. Im Wissenschaftssektor sind 10 Hochschulen und 26 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen in der Branche tätig, insgesamt 11 in Brandenburg und 25 in Berlin.

sich die Werte bei 8 bis 17 Gründungen pro Jahr (vgl. Abb. 1). Zu den jüngsten Branchenvertretern gehören u.a. die 2010 bzw. 2011 gegründeten Firmen FutureLED und LEDsUP (Lichttechnik), Scopis und Colibri Photonics (Optische Technologien in Biomedizin/ Pharma), DirectPhotonics Industries (Lasertechnik), CP-ProteQ und fibrisTerre (Optische Messtechnik und Sensorik) sowie der Komponentenentwickler Fisba Photonics. Der Industriesektor der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg ist sehr stark durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt. Der Anteil der Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten liegt bei 97%. 85% haben weniger als 50 Beschäftigte und zählen somit zu den Kleinunternehmen. Mit 46% stellen die zu den Kleinstunternehmen zählenden Firmen mit weniger als 10 Beschäftigten fast die Hälfte der Akteure (vgl. Abb. 2).

Technologieschwerpunkte Zwischen August und Oktober 2011 wurde eine Umfrage unter den regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen durchgeführt, um Kennzahlen für die Bewertung des Clusters Optik zu erheben, welche die Basis für die nachfolgend vorgestellte Evaluation bilden.

Abb. 2: Verteilung nach Unternehmensgröße Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, MARKUS

Die Optischen Technologien haben eine lange Tradition in der Hauptstadtregion (vgl. Kapitel 3). Unternehmen wie Schmidt + Haensch oder Osram sind hier seit dem späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhundert ansässig. Dennoch sind fast 80% der Unternehmen nicht älter als 20 Jahre. Insbesondere nach der Wende 1990 und 1991 setzte in Berlin-Brandenburg ein Boom bei den Unternehmensgründungen ein. Hintergrund war die Abwicklung zahlreicher staatlicher Forschungseinrichtungen der ehemaligen DDR, welche für viele Wissenschaftler den Schritt in die Selbständigkeit nach sich zog. Nach einem weiteren Anstieg bei der Zahl der Unternehmensgründungen zur Jahrtausendwende stabilisierten

Abbildung 3 gibt einen Überblick zur Einordnung der befragten Unternehmen und Forschungseinrichtungen in die Technologieschwerpunkte Lasertechnik, Lichttechnik, Optische Messtechnik und Sensorik, Optische Technologien in Biomedizin/Pharma, Photonische Kommunikationstechnik und Mikrosystemtechnik. Mit Ausnahme der Mikrosystemtechnik kann diese Verteilung als repräsentativ betrachtet werden. Die Bereiche Lasertechnik und Optische Messtechnik und Sensorik vereinen den größten Anteil an Akteuren auf sich, wenngleich sich diese Technologieschwerpunkte natürlich auch überschneiden. Die Lichttechnik und die Photonische Kommunikationstechnik weisen quantitativ weniger Akteure aus, umfassen aber große Unternehmen wie Osram und Semperlux für die Lichttechnik sowie Nokia Siemens Networks und u2t Photonics für die Photonische Kommunikationstechnik. Die Mikrosystemtechnik ist leider unterrepräsentiert, was u.a. der Tatsache geschuldet ist, dass sie als Querschnittstechnologie, häufig auch durch die Unternehmen selbst, anwendungsorientiert oder allgemeiner der Elektrotechnik zugehörig gesehen wird.

Abb. 3: Umfrageteilnehmer nach Technologiefeldern Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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2.1 Clusterevaluation

Abb. 4: Umsatzentwicklung Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, MARKUS

Abb. 5: Beschäftigungsentwicklung Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH, MARKUS

Entwicklung von Umsatz und Beschäftigung

vermutlich negativen Einfluss auf Personalentscheidungen der Unternehmen gehabt. Nicht zuletzt durch die anhaltend gute Auftragslage scheint sich die Vorsicht gegenüber Neueinstellungen aber gelöst zu haben. Für 2011 rechnen die Unternehmen mit einem stärkeren Beschäftigungszuwachs von ca. 5,5% auf rund 14.400 Beschäftigte (vgl. Abb. 5). Zu den größten Arbeitgebern der Optik in Berlin-Brandenburg gehören Osram (1.700), Rathenower Optik (600), Berliner Glas (500), Hach Lange (480) und Nokia Siemens Network (450 im Bereich optische Datenübertragung). Auch andere industrielle Schwergewichte wie das Medizintechnikunternehmen Biotronik oder der Halbleiterentwickler Atotech beschäftigen sich intensiv mit Optischen Technologien oder Mikrosystemtechnik, wurden hier aber nur anteilig berücksichtigt.

Der Umsatz der Berlin-Brandenburger Unternehmen stieg zwischen 2002 und 2010 von ca. 1,27 auf ca. 2,09 Mrd. Euro, was einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von über 8% entspricht. Während der Finanz- und Wirtschaftskrise ging der Umsatz 2009 um knapp 11% zurück. Bereits im Folgejahr verbesserte sich die Geschäftssituation der Unternehmen wieder, so dass die Branche das Vorkrisenniveau wieder erreichte. Für das Jahr 2011 erwarten die Unternehmen ein Umsatzplus von rund 12% auf dann 2,33 Mrd. Euro (vgl. Abb. 4). Ähnlich präsentiert sich die Beschäftigungsentwicklung. Die Zahl der Beschäftigten stieg von ca. 10.700 im Jahr 2002 auf knapp 13.700 im Jahr 2010 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 3,5%. Die Auswirkungen der Krise sind bei der Beschäftigungsentwicklung weniger stark spürbar als bei dem Umsatz. Der Rückgang im Jahr 2009 um 2% ist im Wesentlich auf den Personalabbau Osrams am Standort Berlin zurückzuführen. Im Jahr 2010 verzeichnete die Branche ein moderates Wachstum bei der Zahl der Beschäftigten. Unsicherheiten hinsichtlich der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung haben dabei

Abb. 6: Bewertung des Fachkräftemangels Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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Darüber hinaus sind über 2.200 Wissenschaftler in regionalen Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Bereich Optische Technologien und Mikrosystemtechnik tätig. Über die Hälfte der Beschäftigten im Wissenschaftssektor stellen das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut und das IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik mit jeweils 270 Mitarbeitern sowie das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (230), das


2.1 Clusterevaluation

Spitzenreiter mit 26% ist die Photonische Kommunikationstechnik. Mit einem Forschungs- und Entwicklungsanteil von 11% bzw. 12% liegen Unternehmen der Lichttechnik und der Mikrosystemtechnik innerhalb der Branche zwar weiter zurück, können aber verglichen mit anderen Industriezweigen immer noch auf überdurchschnittliche Quoten verweisen. Was die Erwartung hinsichtlich der zukünftigen Investitionen in Forschung und Entwicklung angeht, zeigen die Lichttechnik und die Mikrosystemtechnik den positivsten Trend. In der Mikrosystemtechnik rechnen 46% der Unternehmen mit einem Anstieg des Investitionsvolumens, bei der Lichttechnik sind es 42%. Insbesondere bei der Lichttechnik verwundert der Ausblick kaum, zumal sich der Markt durch die Umstellung von traditionellen Lichtquellen wie Glüh- oder Entladungslampen auf halbleiterbasierte Quellen in einem rapide voranschreitenden Wandel befindet.

Abb. 7: Einschätzung der aktuellen Geschäftssituation Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (220) und das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (170). Insgesamt verfügte die Hauptstadtregion 2011 im innovativen Kernbereich des Clusters Optik demnach über ca. 16.600 Beschäftigte. Der Umsatz pro Mitarbeiter stieg bei den Unternehmen von 119.000 Euro im Jahr 2002 auf 152.000 Euro im Jahr 2010, für 2011 werden über 161.000 Euro erwartet. Der vielzitierte Mangel an ausreichend qualifizierten Fachkräften scheint für die befragten Unternehmen und Forschungseinrichtungen kein signifikantes Problem darzustellen, wie die Abbildung 6 belegt. Die Branche scheint bei der Personalrekrutierung nicht zuletzt von der Fülle an Ausbildungsangeboten (vgl. Kapitel 6) sowie von den attraktiven Lebensbedingungen in der Hauptstadtregion zu profitieren. Die Einschätzung der befragten Unternehmen und Forschungseinrichtungen zur aktuellen Geschäftssituation stützt das positive Fazit und fällt durchweg positiv aus (vgl. Abb. 7). 71% der Teilnehmer bewerten ihre Situation positiv, negative Bewertungen gab es nicht.

Ein Indikator für Investitionen in Forschung und Entwicklung ist die Entwicklung der Patentanmeldungen der regionalen Unternehmen (vgl. Abb. 9). Bei einer Betrachtung der Entwicklung in den letzten 20 Jahren fällt auf, dass das Niveau Anfang der 1990er Jahre sehr niedrig war. Erst in den folgenden Jahren nahm die Zahl der Patentanmeldungen zu, was u.a. darauf zurückzuführen sein kann, dass junge ostdeutsche Unternehmen zunächst ums wirtschaftliche Überleben kämpfen mussten und erst mit der Konsolidierung ihrer wirtschaftlichen Lage auch in Patente investieren konnten. Aber auch methodische Verzerrungen spielen natürlich eine Rolle, da Unternehmen, die aus Gründen wie Insolvenz, Akquisition, Umzug etc. heute nicht mehr zum Cluster zählen, nicht in der Auswertung auftauchen. Höhepunkte bei den Patentanmeldungen weisen 1999/2000 sowie 2007 Parallelen zu der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung auf. So zeichnet sich auch mit Eintreten der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Rückgang bei den Patentanmeldungen ab, wenngleich eine weitere Ursache auch darin liegt, dass Patente, die angemeldet werden, erst nach ein bis zwei Jahren in der Statistik erscheinen. Zu den Inhabern der meisten Patente im Bereich Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg gehören u.a. Franz Sill, Schmidt + Haensch, MSA Auer, Acri.Tec (2007 von Carl Zeiss Meditec übernommen), Fernsteuergeräte Kurt Oelsch, Knick Elektronische Messgeräte, ADC sowie Atotech und Biotronik.

Gesamt

17%

Lasertechnik

16%

Lichttechnik

11%

Optische Messtechnik und Sensorik

17%

Optische Technologien in Biomedizin/Pharma

19%

Photonische Kommunikationstechnik

26%

Mikrosystemtechnik

12%

Industrielle Forschung und Entwicklung Optische Technologien und Mikrosystemtechnik gehören zu den forschungs- und wissensintensivsten Wirtschaftszweigen. In beiden Bereichen nimmt Deutschland eine führende Position im globalen Wettbewerb ein, welche sich besonders auf einen Wissensund Technologievorsprung gegenüber anderen Volkwirtschaften gründet. Um diese Wettbewerbsposition erhalten zu können investieren die Unternehmen überdurchschnittlich viel in Forschung und Entwicklung. Knapp 17% ihres Umsatzes haben die Berlin-Brandenburger Unternehmen der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik 2010 durchschnittlich für Aufwendungen und Personal im F&E-Bereich investiert (vgl. Abb. 8).

Abb. 8: Anteile der Investitionen in Forschung und Entwicklung im Jahr 2010 gemessen am Gesamtumsatz Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

13


2.1 Clusterevaluation

Abb. 9: Patentanmeldungen Berlin-Brandenburger Unternehmen aus dem Bereich Optische Technologien und Mikrosystemtechnik, Stand Dezember 2010 Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Außenwirtschaft Ebenfalls ein Charakteristikum von Hightech-Industrien sind hohe Exportquoten. Auch wenn Deutschland meist den wichtigsten Absatzmarkt für die Produkte der Berlin-Brandenburger Unternehmen des Clusters Optik bildet, wurden 2010 zwei Drittel der Umsätze im Ausland generiert (vgl. Abb. 10). Die höchste Quote weist auch hier der Bereich Photonische Kommunikationstechnik mit 86% aus. Signifikant geringere Exportquoten haben die Bereiche Optische Technologien in Biomedizin/Pharma (58%) und Mikrosystemtechnik (46%). Nicht zuletzt tragen sicherlich auch die gut entwickelten Branchen Elektrotechnik, Maschinenbau und Gesundheitswirtschaft in Berlin-Brandenburg zu einer starken Binnennachfrage bei. Aber auch hier erwarten die Bereiche

Gesamt

68%

Lasertechnik

63%

Lichttechnik

64%

Optische Messtechnik und Sensorik

63%

Optische Technologien in Biomedizin/Pharma

58%

Photonische Kommunikationstechnik

86%

Mikrosystemtechnik

46%

Abb. 10: Exportanteile der Unternehmen im Jahr 2010 gemessen am Gesamtumsatz Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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mit niedrigen Ausgangsquoten positive Trends. Bei der Mikrosystemtechnik und den Optische Technologien in Biomedizin/Pharma rechnen jeweils 73% der Unternehmen mit einer Steigerung der Exportquote, Spitzenreiter ist hier die Lasertechnik mit 78%. Abbildung 11 gibt einen Überblick zur Einschätzung der Relevanz geographischer Absatz- und Beschaffungsmärkte durch die Unternehmen. Die wichtigsten Absatzmärkte sind demnach das Bundesgebiet, Westeuropa und Asien, wobei erwartet wird, dass insbesondere Asien und Westeuropa zukünftig noch an Bedeutung gewinnen werden. Analog zu den Exportquoten messen 94% der Unternehmen aus dem Bereich Optische Technologien in Biomedizin/Pharma Deutschland eine große oder sehr große Bedeutung bei. Bei der Lichttechnik sind es 91%, bei der Mikrosystemtechnik 88% und bei der Photonischen Kommunikationstechnik nur noch knapp zwei Drittel. Für letztere ist Asien der wichtigste Absatzmarkt. Die bedeutendsten Beschaffungsmärkte sind im deutschsprachigen Raum zu finden: 90% attestieren Deutschland als Beschaffungsmarkt eine große oder sehr große Bedeutung, für BerlinBrandenburg tun dies mit 48% noch fast die Hälfte der Unternehmen. Starke Veränderungen dieser Strukturen werden in den nächsten Jahren nicht erwartet, lediglich Asien trauen immerhin ein Drittel der Befragten eine größere zukünftige Bedeutung zu. Auffällig ist auch, dass nur bei Berlin-Brandenburg und im Bundesgebiet die Bedeutung als Beschaffungsmarkt gegenüber der Bedeutung als Absatzmarkt überwiegt. Gründe dafür lassen sich u.a. darin vermuten, dass insbesondere Zulieferbeziehungen im Hochtechnologiesektor aufgrund ihrer Komplexität


2.1 Clusterevaluation

innerhalb eines rechtlich und kulturell einheitlichen Systems leichter zu managen und damit trotz höherer Kosten attraktiver sind. Unterstützt wird diese These auch von der Einschätzung der Forschungseinrichtungen, welche durch die grauen Balken dargestellt wird. Die Bedeutung Berlin-Brandenburgs als Standort von Kooperationspartnern für die Forschungseinrichtungen wird fast ebenso hoch eingeschätzt wie die Bedeutung des restlichen Bundesgebiets. Andere Regionen sind dagegen weit abgeschlagen. Allerdings erwarten 78% der Einrichtungen eine Zunahme von Kooperationsbeziehungen mit asiatischen Partnern, was sowohl Chancen als auch Risiken für den Standort mit sich bringen kann.

Standortevaluation Auch bei der allgemeinen Bewertung des Standorts Berlin-Brandenburg spielt die Verbindung von Forschung und Industrie eine wichtige Rolle (vgl. Abb. 12). Während es aus Sicht der Unternehmen hinsichtlich der Ansiedlung industrieller Anwender Nachholbedarf gibt, wird das Angebot an passenden Forschungseinrichtungen überaus positiv gewertet. Die Bewertung durch die Forschungseinrichtungen fällt in allen Bereichen noch positiver aus, wenngleich man sich auch hier ein größeres Spektrum an Anwendern wünscht.

Abb. 11: Bedeutung der Standorte von Abnehmern/Zulieferern von Berlin-Brandenburger Unternehmen sowie Kooperationspartnern von Berlin-Brandenburger Forschungseinrichtungen Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Die ausgeprägte Forschungslandschaft ist einer der größten Standortvorteile der Hauptstadtregion. Dazu kommen die Ballung vieler Akteure auf engem Raum und deren Vernetzungsintensität. Das nachfolgende Kapitel liefert eine tiefergehende Analyse dieser Faktoren und der Auswirkungen auf die Entwicklung des Clusters Optik in Berlin-Brandenburg.

Abb. 12: Bewertung des Standortes Berlin-Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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2.2 Netzwerk- und Clusterentwicklung

Analyse der Netzwerk- und Clusterentwicklung Frank Lerch, Gerrit Rössler

Standortfaktor Agglomeration Die Wahl des Standorts ist für Unternehmen eine der wichtigsten Entscheidungen. Insbesondere die Produktivität eines Unternehmens wird durch den lokalen Kontext maßgeblich beeinflusst (vgl. Porter 1990). Dazu gehören beispielsweise die Wettbewerbsintensität, die Verfügbarkeit von Inputfaktoren (Arbeitskräfte, Kapital, Ressourcen, Infrastruktur etc.), die Nachfragebedingungen und die Präsenz verwandter oder unterstützender Branchen (Zulieferer, Anwender, Dienstleister, etc.) in der Region. Entscheidend für den Erfolg eines Unternehmens ist dabei das Zusammenspiel dieser Faktoren. Nach modernen Clustertheorien steigt die Intensität dieses Zusammenspiels durch eine räumliche Nähe. Austauschprozesse funktionieren demnach am besten dort, wo spezifische Branchen geographisch konzentriert sind. Die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik sind wissensbasierte Branchen, die in besonderem Maße von der Interaktion mit Forschungseinrichtungen einerseits und Anwendern andererseits leben. Die räumliche Nähe der Akteure fördert dabei den Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Industrie und umgekehrt indem, mit der Interaktion verbundene, Kosten minimiert werden. Aber auch der direkte Kontakt zu den Wettbewerbern stellt einen wichtigen Informationsfluss dar (sogenannte Spillover-Effekte) und gilt somit ebenfalls als Quelle von Innovationen. Besonders junge Unternehmen profitieren dabei in hohem Maße von dem Interaktionspotenzial und dem breiten Angebot an spezifischen Dienstleistungen. So verwundert es wenig, dass sich an bestimmten Standorten in der Region Berlin-Brandenburg eine Häufung von Akteuren feststellen lässt, die zum Teil

eine lange Tradition besitzt (vgl. Abb.1 und 2 sowie Kapitel 4). Die hohe Dichte an Akteure bietet beste Voraussetzungen für komplexe Kooperationsbeziehungen zwischen den ansässigen Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Diese Vernetzungsintensität zu erhöhen ist ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung des Standorts.

Netzwerkentwicklung im Cluster Angestoßen durch die nationale Initiative zur Förderung der Optischen Technologien (Heybrock/Brinkmann 2000), durch das Förderprogramm Optische Technologien des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Heybrook et al. 2002) sowie durch die Technologie- und Regionalentwicklungsaktivitäten der Länder Berlin und Brandenburg wurde im Jahr 2001 damit begonnen, das Feld der Optischen Technologien strategisch zu vernetzen und einer reflexiven Netzwerk- und Clusterentwicklung zu unterziehen. Hierbei wurden einerseits auf bereits bestehende (Netzwerk-)Strukturen, in der Region vorzufindende Institutionen sowie die technologischen Kompetenzen der regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen aufgebaut, andererseits gänzlich neue Strukturen geschaffen. Hierzu zählt insbesondere die Gründung des Vereins OpTecBB, der als Dachnetzwerk die Vernetzungsaktivitäten in der Region seither maßgeblich unterstützt. Zudem wurden die Optischen Technologien und die eng verknüpfte Mikrosystemtechnik im Rahmen der gemeinsamen Innovationsstrategie in Berlin und Brandenburg (innoBB) zu einem förderungswürdigen Cluster erklärt. Der Strategie der reflexiven Netzwerk- und Clusterentwicklung folgend wurden insbesondere verschiedene Vernetzungsmaßnahmen zur

Abb. 1: Wissenschafts- und Industriestandorte des Clusters Optik in Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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2.2 Netzwerk- und Clusterentwicklung

Abb. 3: Technologische Schwerpunktgruppen im Beziehungsgeflecht von OpTecBB im Jahre 2006 Quelle: Lerch 2009

Abb. 4: Beziehungsgeflecht der Akteure im Feld der Optischen Technologien in 2000 Quelle: Lerch 2009

Förderung der vertikalen Vernetzung entlang bereits in der Region vorhandener Wertschöpfungsaktivitäten gleichzeitig aber auch der horizontalen Vernetzung, z.B. im vorwettbewerblichen Bereich durchgeführt.

se an Organisationen konnte in diesen Studien aufgezeigt werden.

Kritische Masse Zur Abschätzung der Entwicklungsdynamik eines regionalen Clusters lassen sich qualifizierte Aussagen erst nach detaillierter Analyse der Situation im untersuchten Cluster abgeben. Aus statistischen Erhebungen von Daten zur Beschäftigten- und Unternehmenszahl sowie der Höhe der Umsätze zu mindestens zwei Zeitpunkten lassen sich die absolute Größe des Clusters eruieren und absolute und/oder relative Veränderungsraten errechnen und analysieren (Krätke/Scheuplein 2001). Begleitend zur reflexiven Netzwerk- und Clusterentwicklung wurde die Entwicklungsdynamik ursprünglich durch OpTecBB selbst (Hornauer 2002), im Zeitraum 2003 bis 2007 durch die Forschungsgruppe Unternehmungsnetzwerke (Prof. Sydow) und neuerdings durch die TSB Innovationsagentur Berlin (TSB 2008; TSB 2010; Kapitel 2.1 des vorliegenden Clusterreports) evaluiert. Eine kritische Mas-

Vernetzte Akteure Eine der Schwächen der meisten Netzwerk- und Clusteranalysen ist der Mangel an originären Verflechtungsanalysen, der darin begründet liegt, dass Forscher, Analysten oder Berater in aller Regel nur schwer Zugang zu Informationen über regionale Zuliefer- und Abnehmerbeziehungen bekommen können. Die Netzwerkanalyse ( Jansen, 2003) bietet einen Methodenkanon, um relationale Daten zu untersuchen. Sie ist eine noch relativ neue Methode, die zur Identifizierung und Analyse von regionalen Branchenclustern und zur Analyse der inhärenten Verflechtungen zwischen Clusterorganisationen zunehmend herangezogen wird. Im Beziehungsgeflecht der OpTecBB-Mitglieder, das auf der Basis telefonischer Befragungen von fast allen OpTecBB-Mitgliedern erhoben und mit Hilfe in der Netzwerkforschung heute üblichen Analyseund Darstellungsmitteln, dargestellt wurde (vgl. Abb. 3), lassen sich neben den zentralen und peripheren Akteuren auch Subnetzwerke identifizieren.

Abb. 2: Wissenschafts- und Industriestandorte des Clusters Optik in Berlin Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

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2.2 Netzwerk- und Clusterentwicklung

Abb. 5: Wertschöpfungskette der Optischen Technologien in Berlin-Brandenburg Quelle: Lerch 2009, 216 (überarbeitet)

Im Vergleich der Vernetzungsstruktur OpTecBBs im Jahr 2006 mit dem Beziehungsgeflecht (fast) derselben Zahl von Organisationen im Jahre 2000 (vgl. Abb. 4), also ein Jahr vor Beginn des systematischen Clusterentwicklungsprozesses zeigt sich, wie sehr die Dichte der Vernetzung – und damit das Innovationspotenzial – im Laufe von nur fünf Jahren systematischer Clusterentwicklung zugenommen hat.

Wertschöpfung in der Region Wertschöpfungsketten stellen eine Kette von Wert schöpfenden Aktivitäten dar, die Produkte und Dienstleistungen im Unternehmen und in unternehmensübergreifenden Prozessen durchlaufen und damit einen Wertzuwachs erfahren (vgl. Porter 1985). Da es nicht einfach nur um eine Auflistung der Bearbeitungsstufen eines Produktes bzw. einer Dienstleistung geht, sondern die vertikalen, horizontalen und lateralen Verbindungen aufgenommen werden, ist das Instrument der Wertschöpfungskettenanalyse dazu geeignet (regionale) wirtschaftliche Zusammenhänge abzubilden. Hierbei ist u. a. ein „Cluster-Kern“ zu identifizieren, bei dem es sich um einen Endhersteller (OEM), bedeutsame (System-)Zulieferunternehmen und/oder Vertriebsunternehmen handeln kann, bei denen Zuliefer- bzw. Abnehmerbeziehungen zusammenlaufen (vgl. Krätke/Scheuplein 2001). Betrachtet man die Wertschöpfungsstufen, die in der Region Berlin-Brandenburg vertreten sind, so ist festzustellen, dass fast alle Stufen einer idealty-

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pischen Optikwertschöpfungskette durch zumindest ein Clusterunternehmen vertreten sind (vgl. Abb. 5). Unbesetzte Bereiche bilden lediglich die Entwicklung von Laserstäben sowie, seit dem weitgehenden Rückzug des Bildschirmherstellers Samsung SDI aus Berlin, Anwender Optische Technologien für die Unterhaltungselektronik. Die regionale Wertschöpfungskette in der Mikrosystemtechnik präsentiert sich ähnlich umfassend (vgl. Abb. 6). Stärken der Region liegen insbesondere bei den Input-Materialien, mikrooptischen Systemen und Anwendungen in der Medizintechnik. Ob tatsächlich vollständige Wertschöpfungsketten, d. h. durch regionale Zuliefer- und Abnehmerbeziehungen verbundene Wertschöpfungsstufen in der Region existieren, konnte aufgrund des mit einer Analyse verbundenen Aufwandes im Rahmen dieser Arbeit nicht gänzlich geklärt werden. Dem Clustermanagement liegen aber aktuelle und detailliertere Wertschöpfungskettenanalysen für Teilbereiche des Clusters vor. Auszugsweise lässt sich aber feststellen, dass die vorgelagerte und nachgelagerte Wertschöpfung der Unternehmen, d. h. der Zukauf und der Absatz von Produkten sowohl regional, national als auch international bzw. global ausgerichtet ist, wie dies eine wissensintensive und wissenschaftsbasierte Technologiebranche auch erwarten ließe. So profitieren bspw. zahlreiche KMU vom wissenschaftlichen Potenzial in der Region. In ihrer Produktentwicklung verwerten sie bspw. in den regionalen Einrichtungen entwickelte


2.2 Netzwerk- und Clusterentwicklung

Abb. 6: Wertschöpfungskette der Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg Quelle: TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Technologien oder greifen auf spezielle Zulieferprodukte von Forschungseinrichtungen zurück – verkaufen ihre Produkte aber auf dem globalen Markt für Hochtechnologieprodukte. Gleichzeitig beziehen Unternehmen Vorprodukte auch von Unternehmen aus der Region und liefern wiederum an andere Unternehmen sowohl in der selben als auch in den anderen Branchen in der Hauptstadtregion. Das Potenzial derartiger regionaler Wertschöpfung ist einerseits weiter auszunutzen, andererseits ist auf die fragile Balance zu achten, die sich im Wettbewerb aus Regionalität und globaler Wettbewerbsfähigkeit ergibt.

Zusammenfassung Die Region Berlin-Brandenburg weist ein erhebliches Clusterentwicklungspotenzial im Bereich der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik auf (vgl. Hornauer 2002; TSB 2008; Lerch 2009). Bei der identifizierten Anzahl an Unternehmen, Forschungseinrichtungen und unterstützenden Organisationen kann von einer „kritischen Masse“ ausgegangen werden. In der Hauptstadtregion lassen sich zudem die in Netzwerk- und Clusteranalysen beschriebenen Agglomerationsvorteile für Unternehmen ((1) Informationsabflüssen und Wissensübersprüngen, (2) der Bestand an ausgebildeten Arbeitskräften sowie (3) spezialisierte Zulieferern und gemeinsame Infrastruktur) beobachten und die Wirkdynamiken des Porterschen Diamantmodells (Interaktionen zwischen den vier Faktoren (1) Faktor-Input-Bedingungen, (2)

Nachfragebedingungen, (3) die Existenz verwandter und unterstützender Branchen sowie (4) Unternehmensstrategie, -struktur, und Wettbewerb) nachweisen. Gleichzeitig haben sich in den letzten Jahren zahlreiche interorganisationale Beziehungen und komplexere Netzwerkstrukturen in verschiedenen Dimensionen etabliert. Die Interaktionshäufigkeit und -dichte ist dabei immer noch zunehmend. Zudem stiegen die Zahl der am Cluster beteiligten Organisationen und deren wirtschaftliche Aktivität. In der Hauptstadtregion sind ferner wesentliche Teile der Wertketten der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik vorhanden. Akteure, die sich auf den Wertschöpfungskettenstufen gegenüberstehen treiben sich in einzelnen Fällen als direkte Wettbewerber gegenseitig an. Es ist jedoch festzuhalten, dass die Wettbewerbsdynamik, der Innovationsdruck sowie Nachfrageimpulse in einer wissenschaftsbasierten Hightech-Industrie im Wesentlichen aus internationalen Märkten stammen. Die Forschungseinrichtungen und Unternehmen des Optik Clusters unterhalten neben der umfangreichen intraregionalen Vernetzung vielfältige clusterexterne und internationale Kooperations- und Kundenbeziehungen in die verschiedensten nationalen und internationalen Zuliefer- und Absatzmärkte sowie zu Forschungseinrichtungen und unterstützenden Organisationen (z.B. Verbänden) in der ganzen Welt. Dabei bieten insbesondere Messen und Kongresse als „temporäre Cluster“ regelmäßig Möglichkeiten zum Austausch von Informationen und Know-how.

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3 Historie

Geschichte der Optischen Technologien in Berlin-Brandenburg Frank Lerch

Optische Technologien haben in Berlin-Brandenburg eine über 200-jährige Tradition, welche von turbulenten Entwicklungen und gewaltigen Umbrüchen gekennzeichnet ist. Im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sich Rathenow wie auch die Region Berlin zu einem europäischen Zentrum der optischen und feinmechanischen Industrie, in der wissenschaftliche Einrichtungen und Unternehmen eng miteinander verwoben waren (Zaun 2002). Viele ehemals führende deutsche Optikunternehmen wie Emil Busch und C.P. Goerz waren in und um Berlin zu Hause, Pintsch Neon-Leuchten © Juliexistieren heute aber nicht us Pintsch A.G., Katalog Nr. 702 mehr. Das clusterähnliche Innovationssystem beherbergte neben traditionell der Optik zurechenbaren Bereichen wie dem Mikroskopbau und dem Kamerabau auch Firmen in verwandten und angrenzenden Branchen wie der Elektrotechnik, der feinmechanischen Industrie, auf Optik spezialisierter Maschinenbau, Spezialanbieter für Bahn- und Schifffahrtswegbeleuchtung und Signaltechnik oder der lichttechnischen Industrie. Gleichzeitig bildete sich zu dieser Zeit in Berlin eine einmalige wissenschaftliche Landschaft heraus, die es nicht nur vermochte, herausragende wissenschaftliche Grundlagenerkenntnisse zu produzieren, sondern auch diese Ergebnisse der (lokalen) Industrie zugänglich zu machen. Hierzu zählten insbesondere die Berliner Universität, die Preußische Akademie der Wissenschaften, die Technische Hochschule, die Physikalisch Technische Reichsanstalt (PTR) und die Kaiser-Wilhelm-Institute. Unterstützt wurden diese Aktivitäten durch Gremien und Verbände, die in Berlin gegründet wurden und hier ansässig waren. Zusammengenommen formten sie das technologische, institutionelle und (inter-) organisationale Fundament für die Entwicklung eines frühen optischen Industriedistrikts in Berlin-Brandenburg.

Die Entwicklung der optischen Industrie in Berlin-Brandenburg bis 1945 Die Entwicklung der optischen Industrie in Berlin-Brandenburg hat ihren Ursprung in Rathenow und ist eng mit dem Schaffen der Familie Duncker verbunden. Der Prediger Johann Heinrich August Duncker, der auch eine Ausbildung in Optik und dem Schleifen

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von Glas absolvierte, ließ sich 1801 eine Vielschleifmaschine patentieren. Im gleichen Jahr eröffnete er im Rathenower Pfarrhaus die Optische Industrieanstalt. Seine ersten Beschäftigten, invalide Soldaten und Waisenkinder, produzierten auf dem Dachboden des Hauses gleichmäßig polierte Gläser für Brillen, Mikroskope und Vergrößerungsgläser. Das Unternehmen wuchs kontinuierlich und 1820 übernahm Dunckers Sohn, Eduard Duncker, die Leitung des Betriebes. Da die Firma expandierte, gleichzeitig aber Platzmangel bestand, verlieh Duncker Maschinen an seine Arbeiter, die zu Hause Teile produzierten. Viele kleine „Waschküchenbetriebe“ entstanden. Im Jahr 1845 übernahm Emil Busch, ein Neffe Dunckers, die Führung im Unternehmen, der die mittelgroße Firma zum Großunternehmen ausbaute. So wurde z.B. 1846 die erste Dampfmaschine in die Produktion eingeführt. Viele neue Produkte entstanden und wurden in den Handel gebracht. 1872 wurde das Unternehmen schließlich in eine Aktiengesellschaft überführt.

Johann Heinrich August Duncker, Emil Busch – im Hintergrund die Emil Busch AG © Kulturzentrum Rathenow / Optikindustriemuseum

Die zunehmende (lokale) Nachfrage nach optischen Komponenten führte dazu, dass in Rathenow eine Vielzahl von weiteren optischen Betrieben entstand. 1896 waren hier 163 Optikunternehmen ansässig und die Stadt wurde bereits damals als „Stadt der Optik“ weltbekannt. Die Expansion der Optikunternehmen in Rathenow konnte bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und zur anschließenden Weltwirtschaftskrise fortgesetzt werden. Trotz eines anschließenden Rückgangs waren 1930 noch immer mehr als 200 Optikunternehmen in Rathenow tätig. Während des Zweiten Weltkrieges stellten die beiden größten Rathenower Optikunternehmen Emil Busch und Nitsche & Günther fast ausschließlich Optiken für den militärischen Gebrauch her. Am Ende des Krieges la-


3 Historie

gen große Teile der optischen Industrie in Rathenow in Schutt und Asche, und die Überreste wurden schließlich als Reparation abtransportiert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Berlin eine aufblühende optische und feinmechanische Industrie, teilweise angetrieben durch die Präsenz von wissenschaftlichen Einrichtungen wie der Berliner Universität, der Charité oder der Technischen Hochschule, durch die Industrialisierung der Stadt Berlin sowie das allgemein positive Wirtschaftsklima während der Gründerjahre. In Berlin ansässige und (inter-)nationale Forschungseinrichtungen beflügelten die Nachfrage nach optischen und wissenschaftlichen Geräten. So wurden Mikroskope für das Vordringen in immer kleinere Dimensionen – z.B. in der Biologie, Medizin, Chemie und Geologie – unerlässlich.

Askania Plakat von 1929 © Askania-Werke A.G., Katalog Nr. 105

Um weiter in makroskopische Dimensionen vorzudringen wurden Teleskope, Passageund andere astronomische Instrumente nachgefragt, die größtenteils jeweils genau für die Spezifikationen der Wissenschaftler angefertigt wurden. Optische und feinmechanische Werkstätten und Unternehmen wie Askania, R. Fuess, C.P. Goerz, E. Gundlach, B. Halle, F. Schmidt & Haensch oder Steindorff produzierten derartige Instrumente.

Das seinerzeit wohl bedeutendste Optikunternehmen in Berlin in Bezug auf die angestellten Optiker und Feinmechaniker war die Optische Anstalt C.P. Goerz in Berlin-Friedenau und Berlin-Zehlendorf. Das Unternehmen wurde 1886 gegründet und produzierte Fotoausrüstung für den entstehenden Amateur-Fotografiemarkt sowie Linsen und spezielle Objektive für professionelle Anwendungen. Gleichzeitig wurden Ferngläser konstruiert und hergestellt. 1903 wurde eine spezielle Militäroptikabteilung eingerichtet und C.P. Goerz avancierte zum größten Produzenten militärischer Optiken in der Welt. Nach 25 Jahren (1911) beschäftigte das Unternehmen 2.500 Mitarbeiter und hatte bereits 300.000 Objektive produziert. Während des Ersten Weltkrieges stellte Goerz fast ausschließlich Rüstungsgüter her. Das brachte dem Unternehmen nach dem Krieg erhebliche finanzielle Schwierigkeiten, da der Versailler Vertrag deutschen Unternehmen die Herstellung militärischer Güter verbot. Die Fusion der Optischen Anstalt C.P. Goerz (Carl Paul Goerz starb im Jahr 1923) mit den Foto-optischen Unternehmen Ica AG, Dresden; Contessa-Nettel AG, Stuttgart und H. Ernemann, Dresden, die von Zeiss Jena vorangetrieben wurde und die Zeiss Ikon AG 1926 entstehen ließ, sicherte das Überleben des Unternehmens. Jedoch wurde das Produktionsprogramm von Goerz dramatisch zugunsten von Zeiss in Jena, die 53 % der Anteile an Zeiss Ikon hielten, umgestellt. Goerz produzierte fortan keine eigenen Objektive und optischen Systeme mehr. Vielmehr wurden in den ehemaligen Berliner Goerz-Fabriken Kameras montiert sowie Beleuchtungen für Projektoren und Schließsysteme produziert. Während der letzten Tage des Zweiten

Weltkrieges wird das Goerz-Werk in Berlin-Zehlendorf durch Kampfhandlungen stark zerstört, wohingegen das Friedenauer Werk den Krieg intakt übersteht. Nach dem Waffenstillstand wurden sämtliche Maschinen, Unterlagen, Materialien und Muster aus den Werken entfernt und als Reparation abtransportiert. Ein weiteres Beispiel für die hochinnovative optische Industrie in Berlin, die wissenschaftliche Erkenntnisse schnell in neue Produkte überführte und am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert stark expandierte, ist die Beleuchtungsindustrie. Während des 19. Jahrhunderts war das Gaslicht weit verbreitet. 1885 erfand und patentierte der Österreicher Carl Auer von Welsbach den Glühstrumpf und die Verwendung neuer Materialien machte das Auerlicht heller und effizienter im Vergleich zu anderen verfügbaren Lichtquellen. 1892 gründete er die Deutsche Gasglühlichtgesellschaft (Degea, später Auer-Gesellschaft) in Berlin und die Produktion von Beleuchtungsausrüstungen wurde im Auer-Hof in Berlin-Friedrichshain aufgenommen. Im Jahr 1895 wurde das Auerlicht als Berliner Straßenbeleuchtung und ein Jahr später auch bei der Preußischen Eisenbahn eingeführt. Gasglühlicht konnte jedoch Explosionen, Vergiftungen und hohe Temperaturen in seiner Umgebung verursachen. Deshalb arbeiteten Wissenschaftler und Techniker am Ende des 19. Jahrhunderts bereits an der Realisierung von elektrischem Licht. Der Erfinder Thomas Alva Edison patentierte 1880 die Kohlefadenglühlampe. Das Edison-Patent wurde in Deutschland durch die Deutsche Edison-Gesellschaft DEG (später Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG)) mit Sitz in Berlin verwertet. Ihre Produktionsstätte befand sich seit 1883/84 in der Schlegelstrasse in Berlin-Mitte, wo damit begonnen wurde Kohlefadenglühlampen herzustellen. Schon bald reichten die räumlichen Kapazitäten nicht mehr aus, und die Produktion wurde in die Ackerstraße in Berlin-Wedding verlagert. Dort produzierte die AEG auch die von Walter Nernst in Göttingen erfundene Lampe (patentiert 1897). Bei der Auergesellschaft wurde ebenfalls die Beleuchtungstechnologie weiterentwickelt. Im Jahr 1898 wurde die Metallfadenlampe und 1901 die OsLampe mit einem Glühfaden aus Osmium von Auer patentiert. 1906 registrierte er den Markennamen Osram, der sich aus den zwei Glühdrahtmaterialien Osmium und Wolfram ableitete. Auch Siemens & Halske entwickelte und produzierte Glühlampen in Berlin. Zwischen 1883 und 1901 errichteten sie das Glühlampenwerk in der HelmholtzWerbeplakat für die Allgestraße (später Osram-Werk S). meine Elektricitäts-Gesellschaft AEG, Berlin (1888) © DHM, Berlin/Sammlung Sachs

Die kontinuierliche Verbesserung der Glühlampentechnologie war nur durch das hohe Engagement dieser Unternehmen in Forschung und Entwicklung und der engen Interaktion von Wissenschaftlern, Technikern und Prozessingenieuren möglich. Der starke Anstieg der Produktionskapazitäten für Glühlampen in Berlin und die millionenfache Her-

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konnten in Ost und West nur von den noch vorhandenen Ressourcen sowie den aus dem Krieg zurückgekehrten Menschen ausgehen. In West-Berlin wurde das Osram-Werk in Wedding wieder hergerichtet, während das frühere Stammwerk und die Firmenzentrale im Ostteil der Stadt enteignet wurden. Aufgrund der späteren Insellage Berlins verlagerte Osram Teile der Verwaltung und die Forschung und Entwicklung nach Bayern. Osram bekannte sich aber explizit zu Berlin und investierte dementsprechend. 1971/1972 eröffnete Osram in der Nonnendammallee in Berlin-Siemensstadt einen neuen modernen Produktionsstandort zur Fertigung von Leuchtstofflampen und Hochdruckentladungslampen. Degea Werk in Berlin © Osram AG

stellung von Glühbirnen brachte Berlin schließlich den Titel „Stadt des Lichts“. Nach Ende des ersten Weltkrieges fusionierten Deutsche Gasglühlicht AG (Auer-Gesellschaft), Siemens & Halske und AEG 1919 die Berliner Glühlampenproduktion und gründeten die Osram Werke GmbH KG, Berlin. In den 1920er und 1930er Jahren wurden mehrere Vertriebsgesellschaften im Ausland aufgebaut sowie eine Vielzahl neuer Produkte in Berlin entwickelt und von hier aus erfolgreich in den Markt eingeführt (Bilux, Natriumdampf-Niederdrucklampen, Quecksilberdampf-Hochdrucklampen, Leuchtstofflampen). 1935 kaufte Osram die Bergmann-Elektrizitätswerke an der Seestraße in Wedding, die seit etwa 1906 auch Glühlampen produzierte. Dieser Standort (Werk B) wurde nun nach und nach zur zentralen Glühlampenproduktion von Osram in Berlin ausgebaut, wohingegen die anderen Werke eine Zulieferfunktion übernahmen. Der Firmensitz verblieb bis 1945 im Werk D in Berlin-Friedrichshain. Während des Zweiten Weltkrieges wurden zahlreiche Produktionsstätten ausgelagert. Dennoch wurden die Werke teilweise zerstört und schließlich die Reste von sowjetischen Truppen demontiert. Bis 1939 hatte sich eine Ansammlung der optischen und feinmechanischen Industrie in und um Berlin mit 2.244 Unternehmen und Werkstätten und insgesamt 27.248 Menschen herausgebildet (Statistisches Amt von Groß-Berlin 1947: 11). Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren jedoch 75-80 Prozent (in manchen Fällen 100 Prozent) der Werkanlagen und Laboratorien der optischen und feinmechanischen Industrie in Berlin-Brandenburg zerstört oder als Reparation abtransportiert. Die größten Optik-Unternehmen mit Sitz in Berlin (z.B. Philips, Kodak, Zeiss Ikon, Siemens, Osram) verlagerten Verwaltung, Produktion und/oder Forschung und Entwicklung in den folgenden Jahren aus Berlin. Andere Unternehmen verschwanden auch kriegsbedingt von der Bildfläche. Viele benachbarte Industrien in Berlin teilten ein ähnliches Schicksal und die gesamte wissenschaftliche Landschaft musste restrukturiert werden. Als Ergebnis verlor Berlin wertvolle Ressourcen und seine Position als eines der bedeutsamsten und innovativsten industriellen (und optischen) Ballungszentren in Deutschland (Leupoldt 1993).

Gespaltene Entwicklung in Ost und West zwischen 1945 und 1989 Die ersten Bemühungen zum Aufbau der optischen und feinmechanischen Industrie in Berlin-Brandenburg nach dem Krieg

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Bei Zeiss Ikon wurde nach dem Zweiten Weltkrieg die Produktion von Sicherheitsschlössern, Lampen und Kameras sowie von Kolorimetern wieder aufgebaut. Im Jahr 1948, russische Truppen blokkierten die Zufahrtswege nach Berlin, verlagerte Zeiss Ikon jedoch den Firmensitz nach Stuttgart. Trotz widriger wirtschaftlicher Umstände wurde das Goerzwerk in Zehlendorf wieder aufgebaut. 1973 wurde bei Zeiss Ikon der Ausstieg aus dem Kamerageschäft beschlossen und somit auch in Berlin aufgegeben. Der Firmensitz wurde wieder nach Berlin verlagert und im Goerzwerk konzentrierte man sich nun auf die Weiterentwicklung des Schließanlagengeschäftes. Auch wenn die wirtschaftliche Situation in Berlin als „angespannt“ zu bezeichnen war und nur eine geringere Zahl von Unternehmen der optischen und feinmechanischen Industrie in Berlin verblieb, gelang es einigen Unternehmen sich neu zu etablieren (z.B. Schmidt & Haensch, Steindorff und Semperlux, Berliner Glas). Auf dem Gebiet der (optischen) Wissenschaften nahmen umfassende Veränderungen ihren Lauf. Die Technische Hochschule in Berlin-Charlottenburg begann nach starken Zerstörungen mit dem Wiederaufbau. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik wurde nicht mehr in Berlin, sondern 1948 in Göttingen als Max-Planck-Institut für Physik wieder eröffnet und 1958 nach München verlagert. Als Reaktion auf die Unterdrückung von freier Lehre, Forschung und Meinungsäußerung an der Berliner Universität im Ostteil der Stadt wurde 1948 die Freie Universität in verlassenen Gebäuden der Kaiser-Wilhelm Gesellschaft in Berlin-Dahlem eröffnet. Der neue Fachbereich Physik bezog die Räume des alten KWI für Physik. Die Physikalisch Technische Bundesanstalt (PTB vormals PTR) wurde in Braunschweig neu eingerichtet. In Berlin jedoch wurde eine Außenstelle wieder auf dem alten Charlottenburger Campus eröffnet. Die Präsenz der PTB in Berlin war dann in den 1970er Jahren auch mitentscheidend dafür, dass in BerlinWest die Synchrotron Strahlungsquelle (BESSY) aufgebaut werden konnte. Bereits seit den frühen 1960er Jahren bildeten sich besondere Kompetenzen im Bereich der Lasertechnik heraus, später insbesondere bei Anwendungen in der Materialbearbeitung und BioMedizin (z.B. TU Berlin, FU Berlin, LMTB). Des Weiteren gehörte seit den 1970er Jahren der Bereich der optischen Datenübertragung (insbesondere Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut, Siemens, Bundespost) zu den Schwerpunkten in West-Berlin. Im Ostteil der Stadt wurde nach dem Krieg von der sowjetischen Besatzungsmacht eine umfassende Demontage von Industrieanlagen betrieben, eine umfangreiche Enteignungspolitik umge-


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setzt und Unternehmen in volkseigene Betriebe überführt. In der Wissenschaft wurde die Berliner Universität als Humboldt Universität 1946 für den Lehrbetrieb wiedereröffnet. Die naturwissenschaftliche Forschung wurde in der Akademie der Wissenschaften (AdW) konzentriert und zunehmend in Berlin-Adlershof Einfacher Rubin-Laser, 1961 angesiedelt. Zu den bedeutsa© TU Berlin men optikrelevanten Instituten, die zu Zentren der Optikund Laserforschung in der DDR wurden, gehörten z.B. das Zentralinstitut für Elektronenphysik (ZIE) und das Zentralinstitut für Optik und Spektroskopie (ZOS). Während sich das ZOS zum Zentrum für die (Kurzpuls-)Laser- und Spektroskopieforschung in Ostdeutschland entwickelte, konzentrierte sich das ZIE auf GaAsund Si-Elektronik. Das Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau (ZWG) der AdW wurde 1963 in Berlin-Adlershof angesiedelt. Es hatte eine Monopolstellung bei der Ausrüstung der wissenschaftlichen Gruppen – z. B. in weiten Bereichen der Optik- und Röntgentechnologieforschung – in der DDR inne. 1989 arbeiteten rund 5.600 Menschen für die AdW in Berlin-Adlershof. Auf der Seite der Optik-Industrie in Ost-Berlin können zwei Beispiele die Entwicklung illustrieren. Nach 1945 wurde das ehemalige AEG Oberspree-Werk in Berlin-Oberschöneweide wieder aufgebaut und die Produktion von (Radio-)Röhren wieder aufgenommen. In den 1960ern, 1970ern und 1980ern wurde das Produktionsportfolio erheblich erweitert und umschloss schließlich auch Siliziumdioden, Licht emittierende Dioden (LEDs), Photodioden, Phototransistoren, optoelektronische Koppler, Flüssigkristallanzeigen (LCDs) und Farbfernsehröhren. Bis 1989 waren im Oberspree-Werk bis zu 9.000 Mitarbeiter in der Produktion von (Fernsehbild-)Röhren und Halbleitern beschäftigt. Das Ost-Berliner Osram Werk und der Osram Firmensitz in Berlin-Friedrichshain (Werk D) wurden 1945 enteignet und in das VEB Berliner Glühlampenwerk „Rosa Luxemburg“ transferiert und die Produktion von Lampen wurde wieder aufgenommen. 1969 wurde das Werk mit den Lampenwerken in Plauen, Oberweißbach, BrandErbisdorf und Tambach-Dietharz zum Narva Kombinat zusammengeschlossen. Bis 1989 arbeiteten etwa 5.000 Beschäftigte in der Produktion von Leuchtmitteln in Berlin-Friedrichshain. Hauptgebäude der Rathenower Optischen Werke nach 1945, vor 1945 Firma Nitsche & Günther © Kulturzentrum Rathenow/ Optikindustriemuseum

In Rathenow, der „Stadt der Optik“ behinderten die immensen Zerstörungen, Reparationen und der Mangel an qualifizierten Mit-

Narva-Turm, errichtet 1906-1912 für die Deutsche Gasglühlicht AG (Auer-Gesellschaft), später Sitz der Glühlampenhersteller Osram und Narva © Frank Wolfrum

arbeiten in den ersten Nachkriegsjahren erheblich den Wiederaufbau der optischen Industrie. Die Optik-Unternehmen in der Stadt wurden nach und nach enteignet und im VEB Rathenower Optische Werke (ROW) zusammengefasst, der 1966 Teil des CarlZeiss-Jena Kombinats wurde. Bis zur Wende waren in Rathenow circa 4.420 Menschen in der Produktion insbesondere von Brillen beschäftigt.

Phoenix aus der Asche Nach 1989 durchlebte das Feld der Optischen Technologien erneut eine umfassende Transformation. Während die Entwicklung des Feldes im Westteil der Stadt eher graduell ablief und somit eine gewisse Stabilität ausstrahlte, wurden die meisten Ost-Berliner und Brandenburger Unternehmen und Forschungseinrichtungen geschlossen, verkauft oder zumindest in ihrer Größe erheblich reduziert. Was für die persönliche Situation des Einzelnen in vielen Fällen mit Arbeitslosigkeit und beruflicher Neuorientierung verbunden war, kann in der Rückschau auch als ein Segen für die Region interpretiert werden. So wurden insbesondere in Adlershof eine Vielzahl und Vielfalt neuer Optikunternehmen gegründet, die einen Ausgangspunkt für die dynamische Entwicklung, wie wir sie heute erfahren, bildeten. Zu dieser Entwicklung hat die Entscheidung des Berliner Senats beigetragen, in Adlershof eine Stadt der Wissenschaft und Wirtschaft aufzubauen. Die AdWNachfolgeeinrichtungen wie z. B. Max-Born-Institut und Ferdinand-Braun-Institut wurden ebenfalls in Adlershof eingerichtet und beschäftigten teilweise Experten und Fachgruppen aus der ehemaligen AdW. BESSY II wurde in Adlershof aufgebaut und um die Jahrtausendwende die naturwissenschaftlichen Institute der Humboldt Universität hierher verlagert, sodass sich eine einmalige und effiziente Ballung an wissenschaftlichen Einrichtungen und innovativen Unternehmen ergeben hat.

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4.1 Adlershof

Gebündelt und verdichtet – Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin Adlershof Hubert Beyerle, Jörg Israel, Bernd Ludwig

425 Technologieunternehmen. Fast 5.000 Beschäftigte. Dazu die Forschung: Die naturwissenschaftlichen Institute der HumboldtUniversität zu Berlin sowie elf außeruniversitäre Institute mit insgesamt 2.700 Wissenschaftlern. Und über 7.800 Studierende. Das ist der Wissenschafts- und Technologiepark Berlin Adlershof – ein einzigartiger Mix aus Wissenschaft, Gründerszene und Hochtechnologieproduktion, wie es ihn wohl sonst nirgendwo in Deutschland gibt.

Mehr als die Summe der einzelnen Teile – Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Adlershof

Ein Standort mit Tradition – überführt in eine neue Zeit

Den Anfang macht 1991 das Innovations- und GründerZentrum (IGZ). Es folgten Zentren für Photonik und Optische Technologien, für Umwelt-, Bio- und Energietechnologie, für Informations- und Medientechnologie und schließlich das Zentrum für Materialund Mikrosystemtechnologie, das im Jahr 2011 eröffnet wurde. Hinzu kommen das Internationale Gründerzentrum (Ost-WestZentrum OWZ) für Unternehmer aus Mittel- und Osteuropa sowie das noch im Bau befindliche Zentrum für Photovoltaik.

Als Wissenschafts- und Technologiestandort hat Adlershof eine lange Tradition, die bis weit vor die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurückreicht. Zu Zeiten der Deutschen Teilung hatte hier die Akademie der Wissenschaften (AdW) der DDR ihren Sitz – und bereits damals fand hier Forschung auf internationalem Spitzenniveau statt. Aus Adlershof kamen weltweit anerkannte Ergebnisse zu Ultrakurzimpuls-Lasern, der zeitaufgelösten optischen Spektroskopie oder in der Weltraumdiagnostik. Sowjetische Weltraum-Missionen umkreisten die Erde mit Multispektralkameras, die in Berlin entwickelt worden waren und deren Urenkel sich immer noch in Sonden wie der Mars Express finden. Nach der Wende galt es, diese Infrastruktur ins vereinigte Deutschland zu überführen. Institutionen wie die Leibniz-Gemeinschaft und die Helmholtz-Gemeinschaft übernehmen die ehemaligen Institute der Akademie in ihre Trägerschaft, außerdem sehen ehemalige Mitarbeiter ihre Chance und wagen den Schritt in die Selbstständigkeit. Die rund 60 Unternehmen, die kurz nach der Wende entstehen, werden zur Keimzelle des heutigen Standorts. Auch der Berliner Senat sieht das Potenzial und beschließt die Schaffung der „integrierten Landschaft aus Wissenschaft und Wirtschaft Adlershof“ – mit dem klar formulierten Ziel, Synergien zwischen Forschung und Industrie zu fördern und Strukturen zu schaffen, die es erlauben, wissenschaftliche Erkenntnisse möglichst schnell in vermarktbare Produkte umzusetzen.

Ein wichtiger Baustein für die Vernetzung und die schnelle Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Praxis sind die Technologiezentren, die im Zuge des Aufbaus des Technologieparks in Adlershof entstehen, teils in sanierten Altbauten, teils in Neubauten mit spektakulärer Architektur.

Gebäude des Photonikzentrums © WISTA Management GmbH

Die Zentren bieten Unternehmen Büro- und Werkstattflächen, Reinräume und hochspezialisierte Laborflächen – und damit Platz für die Herstellung innovativer Produkte. So umfasst allein das Zentrum für Photonik und Optische Technologien sechs Gebäude mit rund 19.500 Quadratmeter Labor-, Hallen und Bürofläche. Heute entstehen hier unter anderem Messeinrichtungen für die Oberflächenanalyse, die etwa in der Solarindustrie eingesetzt werden, Lasersysteme höchster Brillanz als Verstärker für die optische Datenkommunikation oder Endoskope für den Einsatz in der Medizintechnik. Hier werden aus Wissenschaft Produkte für ein besseres Leben.

Aus der Forschung schnell in die Produktion

Luftaufnahme des Photonikzentrums in Adlershof © WISTA Management GmbH

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Beispiele dafür, dass die Überführung von Forschungserkenntnissen in konkrete Produkte in Adlershof funktioniert, gibt es inzwischen in Hülle und Fülle. Eins davon ist eagleyard Photonics. Das


4.1 Adlershof

Unternehmen stellt Gallium-Arsenid-Laserdioden her. Diese Hochleistungslaserdioden werden in den unterschiedlichsten Bereichen verwendet, etwa bei der Bekämpfung von Parodontose oder als Lampe für leistungsstarke Miniprojektoren. Aufsehen erregte eagleyard, als das Unternehmen eine Laserdiode vorstellte, die grünes Licht emittiert. Damit schloss man eine Lücke, die es bis dahin unmöglich gemacht hatte, Beamer auf Laserbasis herzustellen. Das Know-how, mit dem eagleyard ins Leben gerufen wurde, stammt aus dem ebenfalls in Adlershof ansässigen FerdinandBraun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH). Die Einrichtung mit 230 Mitarbeitern ist eines der führenden Institute für anwendungsorientierte und industrienahe Forschung in der Mikrowellen- und Optoelektronik in Europa. Bis heute arbeiten eagleyard und das FBH eng zusammen. Außerdem motiviert die enge Vernetzung im Technologiepark auch immer mehr auswärtige und internationale Unternehmen, sich am Standort niederzulassen. Jenoptik Diode Lab etwa. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der Jenoptik AG – und gleichzeitig ein Spin-Off des FBH. Diode Lab ist spezialisiert auf die Fertigung von hochwertigem Halbleitermaterial, das für die Entwicklung und die Fertigung von Hochleistungsdiodenlasern eingesetzt wird. Weil man auch hier Wert auf räumliche Nähe legt, wurde die Fertigung in Adlershof angesiedelt – ein Beispiel dafür, wie Forschung Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe nach sich ziehen kann.

Die Fassade am Laborbau des Ferdinand-Braun-Instituts mit CISSolarmodulen der Firma Soltecture © FBH/P. Immerz

Und schließlich sind die jungen Adlershofer Firmen auch als Kaufobjekte internationaler Konzerne interessant. So entstand das auf Röntgenanalytik spezialisierte Unternehmen Röntec ebenfalls aus dem Know-how der einstigen AdW der DDR. Inzwischen gehört es als Bruker Nano zum Analytik-Weltkonzern Bruker – seit dem Kauf hat es seinen Umsatz verdreifacht. Eine andere Akademieausgründung ist die LTB Lasertechnik Berlin GmbH, neben dem Engagement in der Krebs-Früherkennung

Umsatz der Unternehmen der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik in Adlershof Quelle: WISTA Management GmbH

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4.1 Adlershof

inzwischen einer der führenden Hersteller von Kurzpulslasern. Die Technologie wurde im Anschluss an ein gemeinsames Projekt mit dem Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) entwickelt, einem weiteren Adlershofer Institut mit Weltruf.

Umsatz der Firmen seit Ende der Krise rasant steigt. Von 2009 auf 2010 wuchs er von rund 130 auf mehr als 170 Millionen Euro, eine Steigerung um mehr als 30 Prozent innerhalb eines Jahres.

An der Schnittstelle – Mikrosystemtechnik, Analytik und Gerätebau

Das Licht – eine Adlershofer Kernkompetenz Optik und Photonik haben in Berlin eine lange Tradition. In der „Stadt des Lichts“ forschten Max Planck und Albert Einstein. Hier gründeten Emil Rathenau und Wernher von Siemens ihre Weltkonzerne AEG und Siemens. So ist es nur folgerichtig, dass die optischen Technologien auch in Adlershof einen der wichtigsten Bereiche bilden. Gut 60 Firmen arbeiten im Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof auf diesem Gebiet. Sie erwirtschafteten im Jahr 2010 einen Umsatz von mehr als 170 Millionen Euro. Zu ihnen gehören hochinnovative Unternehmen wie etwa Optricon, deren neuer optischer Reader für Protein-Teststreifen den zurzeit einzigen quantitativen Herzinfarkt-Test der Welt ermöglicht. Oder Limmer Laser, wo man Laser für medizinische und zahnmedizinische Anwendungen entwickelt und produziert – etwa den Diolas LFD 3000, der als erster medizinischer Laser die wichtigsten urologischen Therapieverfahren in einem Gerät vereinigt. Rund 1.000 Menschen arbeiten in Adlershof in der Photonik. Wie robust und dynamisch der Bereich aufgestellt ist, lässt sich auch daran ablesen, dass die Zahl der Beschäftigten während der Finanzkrise konstant gehalten werden konnte. Und daran, dass der

Anzahl der Beschäftigten in Unternehmen der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik in Adlershof Quelle: WISTA Management GmbH

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Wo wie in Adlershof die Bereiche IT und optische Technologien stark vertreten sind, da ergeben sich auch gute Arbeitsbedingungen für diejenigen, die an der Schnittstelle zwischen den Bereichen aktiv sind. Etwa in der Mikrosystemtechnik, die sich am Standort unter anderem damit befasst, optische in elektronische Signale umzuwandeln und damit ein Beispiel dafür ist, wie in den wissenschaftlichen Institutionen entwickelte Verfahren in integrierte Systeme verwandelt werden. Als Spin-Off des Halbleiter-Konzerns Infineon arbeitet seit dem Jahr 2000 etwa die AEMtec in Adlershof und hat sich in dieser Zeit zu einem führenden Anbieter von optischen und elektronischen Multi-Chip-Modulen entwickelt. Man übersetzt mit rund 120 Mitarbeitern Ideen in Prototypen und Serienbauteile. Um den Bereich Mikrosystemtechnik noch weiter zu stärken, wurde in Adlershof auch ein entsprechendes Technologiezentrum projektiert, das im Sommer 2011 als bisher jüngstes Zentrum eröffnet wurde. Das Technologiezentrum für Mikrosysteme und Materialien (ZMM) bietet rund 7.500 Quadratmeter Reinraum-, Labor-, Werkstatt- und Büroflächen – Platz genug für mehr als 20 Unternehmen mit insgesamt rund 200 Mitarbeitern. Um für junge Unternehmen die Einstandsinvestitionen gering zu halten, bietet man


4.1 Adlershof

hoch ausgerüstete Flächen, teilweise inklusive Laborausstattung und einen gemeinsam nutzbaren Konferenzraum. In den Laboren stehen Digestorien, Be- und Entlüftung, Klimatisierung sowie mehrere Gasleitungsnetze für Reinstgase und Druckluft zur Verfügung. Bereits an den ersten Mietern lässt sich die internationale Ausrichtung des Standorts Adlershof erkennen. Sie kommen unter anderem aus den USA, Norwegen und Israel.

stand auf der Photonics West vertreten, der internationalen OptikLeitmesse in San Francisco oder auch auf der Laser – World of Photonics in München. Außerdem finden sich viele Adlershofer Unternehmen alle zwei Jahre auf der hier entstandenen Messe Laser Optics Berlin ein, die inzwischen aus Platzgründen unter dem Funkturm am ICC stattfindet und nun von Messe Berlin weiterentwickelt wird. Andere Veranstaltungen organisiert man gleich selbst. Etwa die 2006 gestartete Photonics Summer School, die Studenten, Berufsanfängern und anderen Interessierten weltweit mit Fachvorträgen und Workshops die Kompetenz des Campus Berlin Adlershof demonstriert. Ausgerichtet wird sie gemeinsam von der Adlershof-Betreibergesellschaft WISTA und der Berliner Humboldt-Universität. Zu den Organisatoren gehört ebenfalls der Berlin-Brandenburger Optik-Branchenverband OpTecBB. Außerdem fördert der Verband mit Informationen und weiteren Veranstaltungen den Informationsaustausch zwischen den Akteuren der Region – und ist mit seiner Geschäftsstelle ebenfalls in Adlershof vertreten.

Adlershof will weiter dynamisch wachsen

Zentrum für Mikrosysteme und Materialien (ZMM) © WISTA Management GmbH

Historisch bedingt – und angesichts der hohen Dichte von wissenschaftlichen Einrichtungen und forschungsorientierten Unternehmen ebenfalls nur logisch – ist, dass auch die Bereiche Messtechnik und wissenschaftlicher Gerätebau für den Standort eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen. Schon zu DDR-Zeiten war Adlershof das Zentrum des östlichen Teils Deutschlands für den Bau wissenschaftlicher Messgeräte und Vorrichtungen. Rund 1.700 Mitarbeiter entwickelten und fertigten hier Messtechnik. Eine Tradition, die sich der Standort bewahrt hat. So spielen spektroskopische Verfahren weiterhin eine große Rolle, das Leibniz-Institut für analytische Wissenschaften (ISAS) forscht in Adlershof an neuen Messprinzipien und -verfahren. Auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung sowie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt unterhalten Dependancen. Darüber hinaus schaffen neue Branchen auch neue Bedarfe, die ebenfalls vor Ort befriedigt werden. Beispiel hierfür ist Sentech Instruments. Das Unternehmen baut Messinstrumente zur Schichtdickenmessung, die zunächst in der Halbleiterindustrie eingesetzt wurden. Seit Erstarken der Photovoltaik-Industrie steht nun auch neben PV-Produktionslinien ein Instrument zur Qualitätskontrolle von Sentech zur Verfügung.

Tue Gutes und rede darüber – Vernetzung ist kein Zufall Wie entsteht ein Standort, an dem alle miteinander arbeiten und gemeinsam ihre Kompetenzen einbringen, um neue Verfahren und Produkte zu finden? In Adlershof ist es ein Mix aus Standortmanagement und Brancheninitiativen, die daran arbeiten, die einzelnen Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen und die Marke Adlershof leuchten zu lassen. Dazu dienen unter anderem vom Standortmanagement organisierte gemeinschaftliche Auftritte Adlershofer Unternehmen und Institute auf internationalen Messen. So ist Adlershof seit vielen Jahren mit einem Gemeinschafts-

In den gut 20 Jahren seines Bestehens hat sich der Forschungsund Technologiepark Adlershof zu einer einzigartigen Erfolgsgeschichte entwickelt. Heute arbeiten in Adlershof mehr Menschen als zu den Hochzeiten der DDR-Forschung. Und das wird bei weitem noch nicht das Ende sein: Bis 2020 soll sich die Zahl der Beschäftigten noch einmal verdoppeln. Forschung, Wissenschaft und die Nähe zu denjenigen, die Ideen in Produkte umsetzen können, werden weiter der Schlüssel dafür sein.

Innenansicht des ZMM © WISTA Management GmbH Kontakt:

Dr. Bernd Ludwig Leiter Zentrum für Photonik und Optik Tel.: 030 / 6392 2252 E-Mail: b.ludwig@wista.de Jörg Israel Leiter Zentrum für Mikrosysteme und Materialien Tel:: 030 / 6392 2216 E-Mail: israel@wista.de WISTA Management GmbH www.adlershof.de

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4.2 Humboldthain

Hightech im Berliner Wedding Manfred Gutzmer

Der im Zentrum Berlins gelegene Technologie-Park Humboldthain mit seinen ca. 320.000 m² Nutzfläche ist eng verbunden mit der Geschichte der Elektroindustrie in Deutschland. An diesem Standort befanden sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts die bedeutendsten Fabrikationsstätten der AEG, die mit ihren richtungsweisenden Produkten und Technologien neben der Siemens AG einer der wesentlichen Akteure von Elektropolis war. Dieser Forscher- und Entwicklungsgeist der frühen Industrialisierungsperiode ist auch heute, mehr als einhundert Jahre später, deutlich in den Unternehmen und Forschungseinrichtungen am Humboldthain spürbar.

wesen) bilden Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Segment Optische Technologien und Mikrosystemtechnik (TU Berlin, imc Meßsysteme GmbH, SysCom electronic GmbH, mks instruments, astex GmbH, LCE Lang Engineering, Radove GmbH oder Carl Zeiss MicroImaging GmbH) einen innovativen und weit über den Standort hinausgehenden Schwerpunkt mit zum Teil weltweitem Vernetzungs- und Vertriebssystem. Stellvertretend für die Kompetenz und das Know-how im Technologie-Park Humboldthain werden folgende fünf Unternehmen vorgestellt: Die Specs Surface Nano Analysis GmbH betreibt am Standort Humboldthain die Entwicklung, Herstellung und den weltweiten Vertrieb von Hard- und Software für die Oberflächenanalytik und -mikroskopie mit den Anwendungsfeldern der physikalischen Forschung, der Mikroelektronik, der Nanotechnologie sowie der chemisch-technischen Materialentwicklung.

Alte Werkshallen der AEG auf dem Gelände des Technologieund Innovationspark Berlin (TIB) © Manfred Gutzmer

In den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde im Gebiet das erste deutsche Gründerzentrum (BIG) eingerichtet und aus einer Symbiose mit der Technischen Universität Berlin hervorgehend entstand der erste Technologie- und Innovationspark Deutschlands (TIB). Befruchtet von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen, Gründerideen und Produkten innovativer Unternehmen haben sich am Standort nahezu 170 Unternehmen niedergelassen und stehen so zusammen mit über 30 Instituten und Fachgebieten der TU Berlin sowie dem Fraunhofer IZM für einen integrierten Wissenschafts-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort. Neben den Branchen Automotive (TU Berlin, Pierburg GmbH, Takata-Petri AG, airsight GmbH oder IAT Ingenieurgesellschaft für Automobiltechnik mbH), Werkzeug- und Sondermaschinenbau, Automationstechnik (pi4_robotics GmbH, Specs Surface Nano Analysis GmbH, IBIA GmbH, JKES GmbH oder Yacoub Automation GmbH), Biotechnologie und Analytik (Organo Balance GmbH, TU Berlin, Argos Control Warenprüfung GmbH, NIRx Medizintechnik GmbH), Bauphysik und -forschung, Umwelttechnologien (Akut Umweltschutz, Amovis GmbH, Toni Technik Baustoffprüfsysteme GmbH, Invensor GmbH, Synlift Systems GmbH, RCI GmbH, Cameris, a.v.e., A-IG Barske, TU Berlin – Institut für Bauingenieur-

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Endjustage eines Höchstpräzisions-Probenmanipulators © Specs Surface Nano Analysis GmbH

Der Fokus der pi4_robotics GmbH liegt auf optischer Inspektion und Robotik – beides in Kombination schafft neue Möglichkeiten für die Automatisierung. Seit Jahren ist pi4 ein führender Anbieter von Prüf- und Robotiksystemen für viele Branchen, insbesondere für die Solar-, Glas- und Kunststoffindustrie. Die gesamte Fertigungstiefe, von der Forschung und Entwicklung bis hin zu schlüsselfertigen Systemen, findet man am Firmenstandort auf dem Gelände des TIB. Das besondere Highlight des Unternehmens ist der humanoide, siebenachsige Industrieroboter pi4_workerbot, der vielfältige Montage- und Prüfaufgaben übernehmen kann. Die Digalog Industrie-Mikroelektronik GmbH entwickelt, produziert und liefert konfigurierbare Bus-Baugruppen (Europaformat), Steuerungssysteme, Feldbus-Produkte und flexible Operatorpa-


4.2 Humboldthain

nele HMI (human machine interface) inklusive Echtzeit-Entwicklungs- und Inbetriebnahmesoftware für den Serieneinsatz in Automationsprojekten per OEM-Geschäft an die Maschinen-, Anlagen- und Geräteindustrie.

terkalibrierung, Arbeitszellenkalibrierung bzw. 6D-Objekt-Vermessung. iSiOS ermöglicht mittels qualitativ neuer Technologie erstmalig eine kontinuierliche, produktionsbegleitende Maximierung der Absolutgenauigkeit von Robotern am Einsatzort bei minimalem Aufwand und höchster Kosteneffizienz. Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) unterstützt Firmen beim zuverlässigem Packaging elektronischer Produkte (auch Electronic Packaging oder Aufbau- und Verbindungstechnik genannt) und der funktionalen Integration von Elektronik in Produkte und Prozesse, etwa in Implantate, Getriebedichtringe, Gewebe etc. (Systemintegration). Am 26.10.2011 wurde das Fraunhofer IZM für die Entwicklung einer Minikamera als einer der Preisträger im Wettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ ausgezeichnet. Die vom IZM zusammen mit dem Unternehmen Awaiba entwickelte Minikamera erreicht durch eine besondere Technologie eine Auflösung von 62.500 Pixel. Die Kamera selbst ist mit einem Kubikmillimeter kleiner als ein Stecknadelkopf. Zum Einsatz kommt sie beispielsweise in der Medizin, als Aufbautechnik für die Endoskopie-Diagnostik.

Industrieroboter pi4_workerbot © pi4_robotics GmbH

Die Isios GmbH bietet Produkte und Dienstleistungen für den Einsatz von Robotern in Bereichen mit höchsten Genauigkeitsanforderungen. Kernkompetenzen sind die Entwicklung von Software und Sensorik zur Genauigkeitssteigerung, Optimierung und Steuerung von Industrierobotern sowie zur Qualitätssicherung und Fertigungsüberwachung. Das aktuelle Kernprodukt iSiOS ist ein berührungsloses laser-basiertes Metrologiesystem zur Robo-

Kontakt:

Stefan Dube Koordinierungsbüro Technologie-Park Humboldthain TPH Tel.: 030 / 467 76 330 31 E-Mail: innopark-humboldthain@t-online.de Labor des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) © Fraunhofer IZM

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4.3 Schöneweide

Schöneweide – eine traditionsreiche Industrieregion im Umbruch Helge Neumann

Die Entwicklung von Schöneweide wurde geprägt durch die AEG, einst das größte deutsche Unternehmen. Sie prägte das Gesicht dieser industriellen Berliner Region, wovon noch heute zahlreiche Bauwerke eindrucksvolles Zeugnis ablegen – Hinterlassenschaften einer Zeit, in der Berlin größte deutsche Industriestadt und die große deutsche „Elektropolis“ war. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und in der Zeit der DDR konzentrierten sich im Osten Berlins die führenden Betriebe der elektrotechnischen und elektronischen Industrie wie das Kabelwerk Oberspree (KWO), das Transformatorenwerk Oberspree (TRO) und das Werk für Fernsehelektronik (WF) im Raum Oberschöneweide und knüpften damit an die frühere AEG-Tradition an.

Auf dem ehemaligen AEG-Gelände an der Wilhelminenhofstraße haben die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) und mit ihr inzwischen etwa 8.000 Studenten eine neue Heimat gefunden. Aus Karlshorst sind vor allem die Studiengänge Gestaltung, Ingenieurwissenschaften, Angewandte Informatik, Internationale Medieninformatik, Wirtschaftskommunikation und Wirtschaftsingenieurwesen in das Industriegeiet des ehemaligen KWO gezogen. Das Gründungspotenzial ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Zwischen der HTW und den angesiedelten Unternehmen haben sich bereits interessante Kooperationslinien herausgebildet, es bestehen gute Aussichten für die Gewinnung qualifizierter Arbeitskräfte.

Gegen Ende der DDR kam es immer stärker zu Überalterungen der industriellen Anlagen – auch in der Industrieregion Schöneweide. Nach der Wende vollzog sich hier in kürzester Zeit ein struktureller Wandel – die Industrie nach altem Muster verschwand und mit ihr über 25.000 Arbeitsplätze. Viele Betriebe wurden geschrumpft oder geschlossen. Know-how und qualifizierte Arbeitskräfte wanderten ab. Schönweide wurde zu einer Problemregion.

Stammsitz der First Sensor AG in Berlin Oberschöneweide © First Sensor AG

Campus Wilhelminenhof der HTW © vitamin a design, Andrea Jaschinski, 2009

Trotz des dramatischen Niedergangs konnten durch das unternehmerische Engagement von Ingenieuren, Technikern und Wissenschaftlern wirtschaftliche Bereiche erhalten und neue mittelständische Strukturen aus den alten Industriekernen – vor allem aus der Konkurs- bzw. Restmasse von WF, KWO und TRO – aufgebaut werden. Das betrifft vor allem Technologiefelder wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Energiewirtschaft, aber auch die Optischen Technologien und die Mikrosystemtechnik. Heute befindet sich die Region im Umbruch, erste Erfolge sind sichtbar. Ein modernes Technologie- und Gründerzentrum, das TGS Spreeknie, wurde aufgebaut.

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Schöneweide hat das Potenzial für einen Zukunftsstandort: Es liegt verkehrsgünstig im zukünftigen „Flughafenkorridor“ zwischen Schönefeld und der Innenstadt und in unmittelbarer Nähe von Adlershof – einem jetzt schon führenden Wissenschafts- und Technologiepark in Europa. Umfangreiche Sanierungen haben einige architektonisch reizvolle, preisgünstige Tupfer im Wohnumfeld und bei Gewerbeimmobilien gesetzt – zum Teil in direkter Spree-Wasserlage. Zu den inzwischen bekannten Unternehmen im Bereich Optische Technologien und Mikrosystemtechnik zählen Berlin Oberspree Sondermaschinenbau, die Sensorikunternehmen iris und First Sensor, der Laserhersteller CryLaS, der Komponentenentwickler Crystal oder Leoni Fiber Optics. Kontakt:

Dr. Helge Neumann Regionalmanager Oberschöneweide WISTA Management GmbH Tel.: 030 / 5304 1110 E-Mail: helge@wista.de


4.4 Teltowkanal

Optische Technologien am Industriestandort Teltowkanal Andreas Feldo

Eine Vielzahl weiterer Unternehmen, die der Branche der Optischen Technologien zuzuordnen sind, nutzen ebenfalls den Industriestandort am Teltowkanal. Darunter befinden sich unter anderem die Adlares GmbH, Epcos AG, BioAnalyt GmbH, Elight Laser Systems GmbH, escotec Lasertechnik GmbH, GFMesstechnik GmbH, Q-mo solar AG und SMI SensoMotoric Instruments GmbH. Das wissenschaftliche Potenzial der Region wird insbesondere durch den Forschungsstandort Teltow-Seehof sichtbar. Dieser beheimatet das GKSS-Forschungszentrum und das IDM Institut für Dünnschichttechnologie und Mikrosensorik.

Technologiezentrum Teltow © Technologiezentrum Teltow GmbH

Der Industriestandort rund um den Teltowkanal, welcher insbesondere die Kommunen Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf umfasst, liegt direkt an der südlichen Stadtgrenze von Berlin und nur ca. 15 km östlich von Potsdam. Aufgrund der Nahtstelle zwischen Berlin und Brandenburg besitzt der Standort für die Hauptstadtregion einen hohen Stellenwert. Die Region um die drei Kommunen gehört zu den leistungsstärksten Regionen des Landes Brandenburg und bildet einen Standort für innovative Technologien. Besondere Schwerpunkte bilden hierbei die Biotechnologie, die Medizintechnik und die Optischen Technologien.

Im Bereich der Optischen Technologien wird die Clusterbildung durch das Kooperationsnetzwerk PhotonikBB forciert. Das Netzwerk umfasst 30 Unternehmen und Forschungseinrichtungen. PhotonikBB versteht sich als Vernetzungs- und Fachkoordinierungsstelle von Wirtschaft und Forschung für die Optik in Brandenburg und Berlin. Das Zusammenführen von Kompetenzen und die gezielte Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft führen zur regionalen Wertschöpfung und zur Erschließung der vorhandenen Potenziale. Die folgenden Innovationsfelder bilden die Schwerpunkte der Netzwerktätigkeit: • Anwendungen in der Photovoltaik • Angewandte Lasertechnik • Messtechnik und Sensorik • Photonische Komponenten

Neben der unmittelbaren Nähe zur Hauptstadt Berlin und der Landeshauptstadt Potsdam sorgen insbesondere die gut erschlossenen Gewerbegebiete für eine hohe Standortqualität. Das Techno Terrain Teltow, das Technologiezentrum Teltow, der Green Park Stahnsdorf und der Europarc Dreilinden bieten den ansässigen Unternehmen und Neuansiedlungen ausgezeichnete Standortbedingungen.

Das Netzwerk PhotonikBB wird vom Ministerium für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) aus Mitteln des Bundes und des Landes Brandenburg gefördert. Kontakt:

Im Techno Terrain Teltow haben sich über 200 Betriebe mit etwa 7.000 Beschäftigten angesiedelt. Mit über 600.000 m² Grundfläche ist das Techno Terrain Teltow der größte innerstädtische Büround Gewerbepark der Bundesrepublik Deutschland.

Andreas Feldo PhotonikBB e.V. Tel.: 03328 / 430230 E-Mail: info@photonik-bb.de

Das Technologiezentrum Teltow unterstützt innovative Unternehmen in der Gründungsphase, indem es an die Bedürfnisse angepassten Gewerberaum und Existenzgründungsberatungen anbietet. Der Green Park Stahnsdorf beheimatet über 70 Unternehmen, darunter mit der Stahnsdorfer Niederlassung der Newport Spectra-Physics GmbH und der Highyag GmbH zwei führende Unternehmen der Lasertechnologien.

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4.5 Potsdam-Golm

Spitzenforschung und Innovation im Wissenschaftspark Potsdam-Golm Thomas Ritschel

Golm, eine ehemals kleine Gemeinde westlich von Potsdam und der Öffentlichkeit früher eher als Namensgeber für das nahe gelegene Landschaftsschutzgebiet „Golmer Luch“ bekannt, hat sich im vergangenen Jahrzehnt zum wohl größten Wissenschaftsstandort des Landes Brandenburg entwickelt. Der Wissenschaftspark Potsdam-Golm beherbergt auf einer Gesamtfläche von etwa 50 Hektar mehrere Institute der größten deutschen Forschungsgesellschaften und der Universität Potsdam, aber auch forschungsnahes Gewerbe in Gründungsprojekten und in kleinen und mittleren Unternehmen. Derzeit arbeiten hier etwa 2.500 Beschäftigte, davon ca. 2.000 Wissenschaftler. Hinzu kommen noch mehr als 8.000 Studierende. Ein angenehmes Arbeitsumfeld, hohe Lebensqualität in der Kultur- und Wissenschaftsstadt Potsdam und eine ausgeprägte Familienfreundlichkeit zeichnen den Standort aus. Ein professionelles Standortmanagement fördert die Entwicklung des Wissenschaftsparks durch gezielten Ausbau der Infrastruktur und bündelt die Kräfte und Interessen aller ansässigen Institutionen und Unternehmen. Für den Wissenschaftspark Golm gilt das Prinzip der kurzen Wege: Alles ist in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen. Dies fördert unmittelbar den Transfer von Wissen und Ressourcen und bietet beste Voraussetzungen für Synergien und interdisziplinäre Projekte.

Übersicht vom Wissenschaftspark Golm © Standortmanagement Golm gemeinnützige GmbH

Optische Technologien und in zunehmendem Maße auch die Mikrosystemtechnik stellen eines der wichtigsten Forschungs- und Entwicklungsfelder in Golm dar. Zu den wesentlichen Kernbereichen zählen in erster Linie die Materialforschung auf dem Gebiet der optischen und photosensitiven Polymere sowie die Entwicklung von Verarbeitungsstrategien für optische Materialien und Funktionselemente. Optischen Methoden kommt aber auch vermehrt in den so genannten „Life Sciences“ und in der Nanotechnologie eine große Bedeutung zu. Hier seien die Bio-Sensorik sowie die optische Manipulation von Nanostrukturen genannt. Und

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schließlich das gesamte Gebiet der Photonik und Laserspektroskopie, welches von faseroptischer Spektroskopie und Sensorik über die Kontrolle spektraler Eigenschaften durch nichtlineare Optik bis hin zu Quantenoptik und Quanteninformation reicht. Eines der wissenschaftlichen Zentren und mit insgesamt acht Instituten größter Arbeitgeber ist die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Universität Potsdam. Besonders in den Instituten der Chemie, der Biochemie und Biologie, der Physik und Astronomie sowie den Geowissenschaften spielen optische Verfahren eine große Rolle. Über gemeinsam berufene Professoren und zahlreiche Projekte bestehen mit den außeruniversitären Einrichtungen vor Ort enge Kooperationsbeziehungen, die von der Grundlagenforschung bis zur anwendungsorientierten Forschung reichen. Zu den Gründungsmitgliedern des Wissenschaftsparks zählt neben der Universität Potsdam auch die Max-Planck-Gesellschaft, welche hier mit drei Instituten vertreten ist: dem MPI für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), dessen Forschungsgebiet sich von den riesigen Dimensionen des Kosmos bis hin zu subatomaren Teilchen erstreckt, dem MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie, das sich den Lebensvorgängen in pflanzlichen Zellen und Geweben widmet, und dem MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung, welches sich mit belebten und unbelebten Strukturen auf der Nano- und Mikrometerebene beschäftigt. Die Polymerforschung bildet einen zweiten wichtigen Schwerpunkt in Golm. Das ursprünglich auf einem traditionellen Standort der deutschen Polymerindustrie in Teltow gegründete Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) ist spezialisiert auf die gezielte Entwicklung nachhaltiger Verfahren und Materialien aus Biopolymeren, biobasierten und synthetischen Polymeren. Die Anwendungsfelder reichen von Biotechnologie, Medizin, Pharmazie und Kosmetik über Elektronik und Optik bis hin zu Anwendungen in Verpackungs-, Umwelt- und Abwassertechnik oder der Automobil-, Papier-, Bau- und Lackindustrie. Derzeit wird das „Anwendungszentrum für Polymer-Nanotechnologie“ errichtet, womit das IAP seine Laborflächen und die Zahl seiner Mitarbeiter um ca. 50 Prozent erhöhen will. Im Jahr 2006 eröffnete das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) einen neuen Institutsteil in Golm. Hier forschen die Abteilungen „Molekulare Bioanalytik & Bioelektronik“ und „Zelluläre Biotechnologie & Biochips“ unter anderem auf dem Gebiet der molekularen Diagnostik, der Geräteentwicklung im Bereich der Lab-On-Chip-Technologie und der Nanobiotechnologie. Optische Sensorik ist auch hier allgegenwärtig, beispielsweise in Form von Biosensoren in miniaturisierten Analysesystemen und in der in-vitro-Diagnostik.


4.5 Potsdam-Golm

Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik (IBMT) © Thomas Ritschel

Neue Arbeitsräume von innoFSPEC in Potsdam-Golm © Roland Hass (innoFSPEC)

Ein zentraler Punkt auf dem Campus ist das 2007 eröffnete GO:IN, ein naturwissenschaftlich orientiertes Innovations- und Gründerzentrum, das jungen Unternehmen neben individuell gestaltbaren Büro- und Laborflächen auch vielfältige Serviceleistungen und eine optimale Betreuung für einen erfolgreichen Start bietet. Hier befindet sich auch der GO:INcubator, eine zentrale Anlaufstelle für Ausgründungen im Wissenschaftspark Golm. Wissenschaftler, die ihre Ideen und Forschungsergebnisse in innovative Produkte und Dienstleistungen umsetzen möchten, erhalten hier ein umfassendes Serviceangebot aus einer Hand.

biologischen Umfeld oder in der Nanotechnologie spezialisiert haben, sind zum Beispiel Biocyc GmbH, Cavira Biopharmaceuticals AG, Metabolomic Discoveries GmbH, Nanolytics Gesellschaft für Kolloidanalytik mbH, OakLabs GmbH, peptides & elephants GmbH, Ripac Labor GmbH oder auch Smart nanocontainers, um nur einige zu nennen.

Eines dieser Unternehmen ist die im Jahr 2010 ins Leben gerufene Colibri Photonics GmbH. Die Ausgründung der Universität Potsdam hat sich auf die Entwicklung von Systemen zur optischen Bestimmung von molekularem Sauerstoff in biologischen Proben spezialisiert. Mit Hilfe eines weltweit bisher einzigartigen Systems können Zellwachstum und -differenzierung in Bio-Reaktoren ohne direkten Eingriff überwacht und gesteuert werden.

Beispiele für die interdisziplinäre Forschung zwischen den hier ansässigen Partnern und externen Institutionen sind das Zentrum für Innovationskompetenz innoFSPEC Potsdam (siehe Kapitel 5.1.3) sowie der BMBF-Forschungsverbund „Selbstorganisation in organischen Hybridsolarzellen“ (SOHyb). Dieser hat die Zielstellung, drei unterschiedliche Ansätze bei der Umwandlung von Sonnenenergie in elektrische Energie zu einem gemeinsamen Konzept zusammenzuführen. Langfristig soll damit eine neue Grundlage für einfach und kostengünstig herstellbare Schichtsysteme entwickelt werden. Ein solches Ziel ist nur in enger Zusammenarbeit zwischen Gruppen mit unterschiedlichen Kernkompetenzen erreichbar. Die zahlreichen Kooperationen und Synergien zeigen sich nicht zuletzt auch in der Zusammenarbeit in vielen thematischen Netzwerken vor Ort. Hierzu zählen unter anderem das Potsdam Research Network (pearls), das Netzwerk für Photonik in Brandenburg und Berlin (PhotonikBB), der Qualifizierungsverbund Potsdam (QVP) sowie das Zentrum für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik (ZMDB). Kontakt:

GO:IN Golm Innovationszentrum – ein guter Platz für Ideen © Thomas Ritschel

Die ebenfalls hier ansässige GlucoMetrix AG widmet sich der Entwicklung eines Verfahrens zur nicht-invasiven Blutzuckermessung. Auf der Basis eines Quantenkaskadenlasers soll diese unblutige Messmethode in absehbarer Zeit möglich werden. Neben Untersuchungen in wässrigen Lösungen mit Hautzellen wurden auch bereits erste in-vivo-Messungen an Patienten vorgenommen.

Friedrich W. Winskowski Standortmanagement Golm gemeinnützige GmbH Tel.: 0331 / 237 351 130 www.wissenschaftspark-potsdam.de GO:INcubator GmbH E-Mail: info@goincubator.de www.goincubator.de

Weitere Firmen und Unternehmen vor Ort, die sich ebenfalls hauptsächlich auf analytische und diagnostische Methoden im

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4.6 Rathenow

Der Optikstandort Rathenow steht für Geschichte und innovative Gegenwart Joachim Mertens

Die Entwicklung der Stadt Rathenow ist seit über 200 Jahren mit der Herausbildung einer eigenständigen optischen Industrie in Deutschland verbunden. Hier in Rathenow stand die Wiege dieses so bedeutsamen Industriezweiges. Untrennbar damit verbunden ist der Name Johann Heinrich August Duncker.

genoptischer Produktionsgerätebau, Werkstatttechnik, Verkaufsraumgestaltung und qualifizierende Aus- sowie Bildungsangebote bis zum Meisterbrief. Die Herstellung von augenmedizinischen Implantaten, die Forschung und Entwicklung optischer Technologien, die Mikroskopie und industrielle sowie laboratorische Anwendung vervollständigen diese Aufzählung.

Johann Heinrich August Duncker © Optik Industrie Museum, Archiv

Vor über 210 Jahren erfand Johann Heinrich August Duncker hier in Rathenow die Vielschleifmaschine, welche die optische Industrie revolutionierte und erhielt am 10. März 1801 das „königliche“ Privileg zur Gründung einer Optischen Industrieanstalt. Damit wurde der Grundstein für die deutsche optische Industrie gelegt. Rathenows Aufstieg zu einer wichtigen Industriestadt war in den darauf folgenden Jahren untrennbar mit der Entwicklung der optischen Industrie verbunden. Die Nachfahren Dunckers, Eduard Duncker und Emil Busch trugen hier entscheidend dazu bei. Blick in das Optik Industrie Museum im Kulturzentrum Rathenow, im Vordergrund das Modell der Vielschleifmaschine © Sylvia Wetzel, Kulturzentrum Rathenow

Rathenow entwickelte sich in kürzester Zeit zum wichtigsten optischen Industriestandort in Deutschland. Kontinuierlich vollzieht sich bis heute dieser Entwicklungsprozess, dem weder die Kriege der Vergangenheit noch der gesellschaftliche Wandel oder technologische Veränderungen etwas anhaben konnten. Auch heute ist der Traditionsstandort wieder eines der führenden augenoptischen Zentren in Deutschland. An diesem Standort haben sich Unternehmer und Bildungseinrichtungen mit einer Vielzahl von regionalen Fachunternehmen und Forschungseinrichtungen in dem gemeinsamen Netzwerk OABB optic alliance brandenburg berlin e.V. zusammengeschlossen und erfolgreich etabliert. Mit diesem Netzwerk ist ein Verbund geschaffen worden, der branchenübergreifend augenoptische Kompetenz und Innovation in der Hauptstadtregion bündelt. Die Netzwerker verfügen mit ihrem Produktund Leistungsfeld über alle wichtigen Kompetenzen wie Brillenglas, Sonderlinsen, vergrößernde Sehhilfen, Brillenfassungen, au-

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Das Technologie- und Gründerzentrum Havelland in Rathenow, Sitz von OABB e.V. © MXM Design Rathenow

Die Stärke des Standortes äußert sich in der umfassenden Kooperation und Netzwerkarbeit der regionalen Akteure auf den verschiedenen Ebenen der Wertschöpfungskette. Positive Synergieeffekte werden generiert durch die Kernkompetenzen in den Produkt- und Leistungsfeldern der augenoptischen sowie augenmedizinischen Technologiefelder, in denen die regionalen Unternehmen tätig sind. In der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist die Optik/Augenoptik mit ihren zweistelligen Wachstumsraten ein expandierender Wirtschaftszweig. Einmalig ist die Breite und Tiefe, in der die renommierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Hauptstadtregion aufgestellt und in den augenoptischen und augenmedizinischen Technologiefeldern tätig sind. OABB ist eines der Brandenburg-Berliner GRW-Netzwerke, die beide Länder als Kern einer gemeinsamen Innovationsstrategie mit dem Ziel entwickeln, ein größeres Wirtschaftswachstum zu erreichen. Ein maßgeblicher Impulsgeber für die Innovationspolitik ist der enge Dialog zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Regionale Stärken werden berücksichtigt und bewusst aufgegriffen. Engagierte Netzwerke in der Hauptstadtregion fördern die enge Zusammenarbeit und Verknüpfung von Forschung, Unternehmen, Institutionen und den regionalen Akteuren. Mit circa 1.500 Arbeitskräften ist Rathenow das Zentrum der optischen Industrie im Land Brandenburg. Der Standort verfügt über ein großes Potenzial an hochqualifizierten Fachkräften, eine exzellente Infrastruktur und über eine große Auswahl an neu erschlossenen Industrieund Gewerbeflächen. Neben Branchenführern wie Fielmann und Essilor sind in Rathenow überwiegend klein- und mittelständische Unternehmen ansässig. Der Traditionsstandort zählt mit seinen Produktionsanlagen zu den modernsten Europas. Nur hier


4.6 Rathenow

wird eine solche Wertschöpfungstiefe auf den Gebieten Augenoptik-Optik-Feinmechanik erreicht. Dieses innovative Standortumfeld wird geprägt durch eine enge Verzahnung der regionalen Unternehmenskompetenzen mit Wissenschaft, Ausbildung und industrienahen Dienstleistungen. Dies zeigt sich durch unterschiedliche technologieorientierte Kooperationsprojekte der Unternehmen zueinander sowie mit Unterstützung durch wissenschaftliche Institutionen (zum Beispiel Fachhochschulen in Brandenburg, Potsdam und Jena oder dem Fraunhofer IAP Potsdam-Golm). Die Zusammenarbeit mit der Branchentransferstelle Optik in Potsdam-Golm und der Transferstelle an der FH Brandenburg sind ein weiterer Baustein im Netzwerk geworden. Realprojekte finden inzwischen ihre Umsetzung.

Standort-Kommunikation in die Optikbranche hinein und branchenübergreifend nach außen gesetzt. Somit wird OABB zu einem überregionalen Verbindungsglied zwischen augenoptischer Industrie, augenoptischem Handwerk, Politik und Öffentlichkeit.

Der besondere Vorzug von Vernetzung, Komplexität und Vielfalt an einem Standort macht Rathenow zu einem beachtenswerten Zentrum der Branche. Rathenow hat sich zu einem der besten europäischen Standorte für augenoptische Industrieprodukte entwickelt. In der Stadt der Optik ist somit ein nachhaltiges Standortprofil entstanden, dessen Produkte eine beachtliche nationale und internationale Marktposition einnehmen. Das Netzwerk OABB optic alliance brandenburg berlin e.V. unterstützt Rathenow als Optikstandort, um es für die Zukunftsausrichtung innovativ zu profilieren. Schwerpunkte werden hier besonders auf die

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Erfolgreiche Messeauftritte, national als auch international, sorgen für eine gesteigerte Wahrnehmung des Optikstandortes, erschließen neue Märkte und platzieren das Produkt- und Leistungsspektrum auch auf den internationalen Zielmärkten. Aus der Stadt der Optik kommen zukunftsweisende, innovative, weltmarktfähige Lösungen und Entwicklungen und führen so den Traditionsstandort Rathenow und die Hauptstadtregion zu nationaler und internationaler Akzeptanz.

Joachim Mertens OABB e.V. Tel.: 03385 / 572334 E-Mail: info@oabb.de

Brachymedialfernrohr im Optikpark Rathenow © Sylvia Wetzel, Kulturzentrum Rathenow

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5.1 Optische Technologien

Eine Industrie zwischen Tradition und Moderne Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Optische Technologien haben eine lange Tradition in der Hauptstadtregion. Johann Duncker legte vor über 200 Jahren mit seiner patentierten Vielschleifmaschine und der Gründung seiner Optischen Industrieanstalt in Rathenow den Grundstein für die Optischen Technologien in Berlin und Brandenburg. Auch heute noch bildet die Herstellung optischer Komponenten wie Linsen oder technischer Gläser einen bedeutenden Wirtschaftszweig in der Region. Und neben Berlin selbst hat sich auch das brandenburgische Rathenow bis heute als führender Standort für optische Erzeugnisse behaupten können. Augenoptik und Mikroskopie gehören zu den Schwerpunkten von Unternehmen wie Fielmann, Optotec Optotechnischer Gerätebau, MOM Mechanisch-Optische-Metallverarbeitung oder Mikroskop Technik Rathenow, um nur einige zu nennen.

Linsen, Fasern, Phasenschieber – Berlin-Brandenburg liefert Optik Ein Berliner Unternehmen, welches ebenfalls in dieser Tradition steht, ist die Berliner Glas KGaA, Herbert Kubatz GmbH & Co. Seit fast 60 Jahren entwickelt und produziert Berliner Glas optische Komponenten, Baugruppen und Systeme in Berlin. Mit knapp 1.000 Mitarbeitern, über die Hälfte davon in der Zentrale in Berlin, gehört das Unternehmen zu den weltweit führenden Produzenten optischer Systeme.

Das Know-how reicht von Beschichtungsdesign bis zur Entwicklung komplexer Systeme. Das Prouktportfolio umfasst unter anderem Linsen, Planoptik, optische Beschichtungen, Filter, Spiegel, holographische Gitter, Objektive, Messsysteme, Kameras, Lasersysteme und Lichtquellen. Die Systeme kommen überwiegend in der Industrie zum Einsatz. Schwerpunkte sind Halbleiterindustrie, Weltraumtechnik, Lasertechnik, Messtechnik, Geodäsie und Analytik, Verteidigung oder die Displayindustrie. Aber auch im Alltag trifft man die Produkte der Berliner Glas an. Zum Beispiel in der Dentalheilkunde: Ein Messkamerasystem ermöglicht es dem Zahnarzt, einen zu behandelnden Zahn dreidimensional zu scannen. Eine CNC-Maschine fräst auf Basis dieser Daten ein Inlay, das schon kurz darauf eingesetzt werden kann. Zylinderlinsen von 2-850 mm für Druck-, Film- und Laserindustrie © Berliner Glas KGaA, Herbert Kubatz GmbH und Co.

Die Berliner Crystal GmbH hat ebenfalls optische Komponenten im Produktportfolio. Neben Planfenstern und -platten, Scannerspiegeln und Prismen bietet Crystal aber auch Laserkomponenten oder Substrate und Wafer aus oxidischen, fluoridischen und Halbleiterkristallen. Um von dem großen Umfeld im Bereich der Optischen Technologien zu profitieren, gründete die Schweizer Fisba Optik AG eigens eine Tochter in Berlin. Der führende Anbieter optischer Komponenten und Systeme rief 2011 die Fisba Photonics GmbH ins Leben. Das Berliner Entwicklungsteam hat sich insbesondere auf innovative Laserstrahlformungsoptik und Ansteuerungselektronik spezialisiert. Die Holoeye Photonics AG befasst sich mit diffraktiver Optik wie auch mit Lichtmodulatoren und Mikrodisplay-Technologie. Die Technik wird beispielsweise in Head-Mounted- oder Head-Up-Displays verwendet. Anwendungen dafür finden sich in der Automobilindustrie, der Luftfahrt oder in der Medizintechnik, wo die Displays Chirurgen bei komplizierten Operationen mit zusätzlichen Informationen versorgen können. Auch holographische Projektionssysteme sind möglich. Diffraktive optische Elemente aus Kunststoff © Holoeye Photonics AG

Feinkorrektur im Ionenstrahlverfahren © Berliner Glas KGaA, Herbert Kubatz GmbH und Co.

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Unterfüttert wird die Vielfalt in Sachen optische Komponenten, Systeme und Materia-


5.1 Optische Technologien

lien durch eine reichhaltige Wissenschaftslandschaft. Nennen sollte man hier auch noch die Arbeitsgruppe Photonik, Laser- und Plasmatechnologien der Technischen Hochschule Wildau. Sie forscht sowohl im Bereich Materialsynthese als auch zu Herstellung und Charakterisierung optoelektronischer Bauteile und Komponenten. Die TH Wildau unterhält darüber hinaus gemeinsam mit dem IHPLeibniz-Institut für innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) ein gemeinsames Forschungs- und Ausbildungszentrum. Im Zentrum stehen hier die Entwicklung neuartiger Konzepte für siliziumbasierte Bauelemente sowie von Technologien für die Hochgeschwindigkeitselektronik und Photonik.

Neue Materialien für die Optik Ebenfalls ein forschungsintensives Thema ist die Suche nach neuartigen Materialien mit optischen Eigenschaften, die sich etwa in der Sensorik oder für neue Formen der Lichterzeugung und -weiterleitung nutzen lassen. Berlin-Brandenburg ist auch hier gut aufgestellt. So ist das Institut für Nanometeroptik und Technologie des Berliner Helmholtz-Zentrums einer der wenigen Orte weltweit, an denen das Know-how vorhanden ist, um photonische Kristall-Resonatoren für den sichtbaren Wellenlängenbereich herzustellen. Außerdem forscht man an Einzelphotonenquellen, Lasern, Sensorik, an einfach zu produzierenden Hologrammen und an plasmonischen Wellenleitern – Licht leitenden metallischen Nanostrukturen.

punkte des IAP sind halbleitende und elektrolumineszierende Polymere und Nanokomposite für organische Leuchtdioden (OLEDs), organische Feldeffekttransistoren (OFETs) und für die organische Photovoltaik. In der Entwicklung befinden sich ebenfalls fluoreszierende Materialien für spektrale Lichtwandler bis hin zu organischen Lasern sowie chromogene Materialien für „Smart Windows“ und Display-Anwendungen. Ähnlich orientiert ist das Institut für Dünnschichttechnologie und Mikrosensorik e.V. (IDM) in Teltow. Die gemeinnützige Forschungseinrichtung entwickelt Polymere und Komposite, die sich optisch strukturieren lassen. Außerdem befasst man sich mit der chemischen Synthese optischer und sensorischer Funktionsmaterialien, der Erarbeitung von Strukturierungs-, Verarbeitungs- und Replikationsstechnologien wie auch der Entwicklung kompletter optischer und sensorischer Funktionselemente. Auch im Bereich optische Materialien ist die Forschungslandschaft eingebettet in einen Kreis ebenfalls stark forschungs- und entwicklungsorientierter Unternehmen mit ähnlichen Schwerpunkten. Ein Beispiel dafür ist PlasmaChem, ein Unternehmen mit Hauptausrichtung auf Nanomaterialien, Plasma- und Ultradünnschicht-Technologie. Neben medizinischen Implantaten und einer breiten Palette an Nanomaterialien forscht man derzeit an so genannten LED-Konvertern, die durch Quantenpunkt-induzierte Luminiszenz LED-Licht jeglicher Wellenlänge möglich machen. PlasmaChem entwickelte vor kurzem eine Synthese von äußerst langzeitstabilen Quantenpunkten und die zugehörige Konvertermatrix. micro resist technology mit Sitz in Berlin entwickelt, produziert und verkauft Materialien für mikroelektronische Bauteile, Halbleiterbauteile sowie MEMS Produkte. Im Produktportfolio befinden sich auch Photopolymere und Photoresiste. Ergänzt wird das Angebot an Optischen Technologien in der Hauptstadtregion durch zahlreiche Dienstleister aus dem OptikBereich. Das Dr. Türck Ingenieurbüro für Optikentwicklung und Software etwa berät und unterstützt bei der Lösung von Problemen aus den Bereichen Optik, Optoelektronik und Halbleitertechnik. Der Schwerpunkt liegt in der Simulation und Berechnung optischer Systeme mit entsprechender Software. Optikexpertisen Dr. Volker Raab hingegen ist spezialisiert auf Halbleiterlaser-Systeme und Spezial-Optiken. Typische Entwicklungen betreffen u.a. Optimierungen bei Faserkopplungen, Strahlformung, achromatische oder astigmatische Optiken und Spektroskopie.

Lichtmikroskopisches Bild einer holographischen Linse, eingeschrieben in ein Azobenzen-haltiges Material © Fraunhofer IAP

Polymere Funktionsmaterialien mit optischen Eigenschaften und daraus abgeleitete Funktionselemente sind ein Thema beim Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm. Die Entwicklung polymerer Funktionsmaterialien und polymerbasierter optischer Funktionselemente ist ein Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkt des Instituts. Im Blickfeld stehen dabei unter anderem voll-optisch strukturierbare und holographische Materialien für optische Komponenten, Flüssigkristalle und photoorientierbare Polymere zur Herstellung anisotroper Funktionsschichten für Display-Technologien, Retarder, Polarisatoren oder anisotrope Emitterschichten. Weitere Schwer-

In Sachen Optische Technologien gehörte Berlin-Brandenburg zu den ganz frühen industriellen Zentren. Am Stellenwert, den die Optik in der Region einnimmt, hat sich seitdem nichts geändert. Optische Materialien, Komponenten und Systeme made in BerlinBrandenburg bilden häufig die Grundlage für komplexe Wertschöpfungsprozesse in der Hauptstadtregion. Andere Technologiefelder, in denen sie eingesetzt werden können, präsentieren sich ähnlich vielseitig und verdeutlichen, warum die Optischen Technologien ein Aushängeschild in Berlin und Brandenburg sind. Dazu zählen insbesondere die Lasertechnik (Kapitel 5.1.1), Lichttechnik (Kapitel 5.1.2), Optische Messtechnik und Sensorik (Kapitel 5.1.3), Optische Technologien für Biomedizin und Pharma (Kapitel 5.1.4) und Photonische Kommunikationstechnik (Kapitel 5.1.5).

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5.1.1 Lasertechnik

Das vielseitigste Werkzeug der Welt Eberhard Stens, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Kann Licht dabei helfen, verdorbenes Fleisch von frischem zu unterscheiden? Das kann es definitiv. Mit Hilfe eines handlichen Scanners, der im Schlachthof oder im Kühlhaus direkt verrät, ob die zu prüfenden Objekte noch den Lebensmittelrichtlinien entsprechen. Denn Fleisch verändert sich stofflich, wenn es altert. Laserspektroskopische Methoden machen das sichtbar. „FreshScan“ ist nur ein Beispiel für die Fülle von Anwendungen, die sich Lasertechnik made in Berlin-Brandenburg in den vergangenen Jahren erschlossen hat. Beteiligt sind das Institut für Optik und atomare Physik der TU Berlin, das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), das FraunhoferInstitut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) sowie mehrere weitere Forschungseinrichtungen aus Berlin und Brandenburg.

das Verfahren noch auf viele andere Sorten Lebensmittel wird ausdehnen lassen.

Neue Quellen, neue Anwendungen Geht es um Forschung an und mit Lasern in der Region, dann laufen viele Fäden beim FBH zusammen. Mit 220 Mitarbeitern erforscht das Institut elektronische Komponenten auf Halbleiterbasis und entwickelt unter anderem leistungsstarke und hochbrillante Diodenlaser, hybride Lasersysteme, Galliumnitrid-Laser und UV-LEDs.

Neuartige Laserquelle liefert ns-Impulse maßgeschneiderter Länge und Folgefrequenz © FBH

Handscanner zur Messung des Frischegrads von Lebensmitteln © Fraunhofer IZM

Für die Begutachtung von Fleisch ersannen die Wissenschaftler eine Kombination aus Raman- und Fluoreszenz-Spektroskopie. Die Raman-Spektroskopie nutzt dazu ein speziell entwickeltes optisches System, in das ein rot emittierender Diodenlaser integriert ist. Die gestreuten Raman-Stokes-Photonen werden faseroptisch in einer Auswerteeinheit detektiert und mittels PC statistisch ausgewertet. Bei der Fluoreszenz-Spektroskopie wird Fleisch mit einem Laser im blauen Spektralbereich bestrahlt und die Ergebnisse werden auf ähnliche Weise ausgewertet. Ihre Forschung betrieben die Mitarbeiter des Projekts „FreshScan“ zunächst an Schweinefleisch. Allerdings sind sie davon überzeugt, dass sich

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Für Anwendungen, etwa in der Material- und Bioanalytik, Materialbearbeitung, Freiraumkommunikation oder Metrologie, entwikkelt das FBH leistungsfähige ns-Laserlichtquellen in einem Butterfly-Modul. In diesem Gehäusetyp wurden weltweit erstmalig gewinngeschaltete 1.064 nm DFB-Laserdioden mit Ansteuerelektronik integriert. Durch den speziellen Aufbau und das umfassende Schaltungs-Know-how ist eine kompakte Quelle entstanden, mit der sich maßgeschneiderte ns-Impulsfolgen im Bereich von 10 MHz bis zu Einzelimpulsen erzeugen lassen. In das Modul können Diodenlaser beliebiger Wellenlänge montiert werden. Ein weiteres Beispiel der Forschungstätigkeiten am FBH sind Diodenlaser als Pumpquellen zur Erzeugung kohärenter UV- und Röntgenstrahlung. Diodengepumpte Kurzpulslaser mit extrem hohen Spitzenleistungen sind wichtige Werkzeuge für Industrie und Forschung. Sie werden z.B. in der Mikromaterialbearbeitung eingesetzt. Ein neuartiger kompakter Ultrakurzpulslaser höchster Leistung und hoher Pulsfolgefrequenz >100 Hz entsteht derzeit in einer Kooperation des FBH mit dem Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI). Das FBH entwickelt


5.1.1 Lasertechnik

dafür gemeinsam mit Jenoptik ein neuartiges Pumpmodul auf der Basis hocheffizienter 937 nm Diodenlaser.

Diodenlaser aus dem FBH als Pumpquellen zur Erzeugung kohärenter UV- und Röntgenstrahlung © FBH/schurian.com

Am Institut für Optik und atomare Physik der TU Berlin (IOAP) befasst man sich mit einem breiten Spektrum an Themen. Hierzu zählen neben der oben angesprochenen Laserspektroskopie auch Lasermolekülspektroskopie und Umweltphysik oder Licht-Materie-Wechselwirkung in intensiven Laserfeldern. Auch im Bereich der laserbasierten Materialbearbeitung forscht die TU. Man beschäftigt sich dort u.a. mit der Entspiegelung der Endflächen von Glasfasern, die zum Aufbau von Faserlasern und zur Übertragung hoher Laserleistungen eingesetzt werden. In der AG Optische Technologien werden im Rahmen nationaler und europäischer Kooperationen innovative optische Methoden für Informationsspeicherung, Sensorik und Sicherheitsapplikationen entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt in der Entwicklung neuartiger Verfahren zur Nano- und Mikrostrukturierung geeigneter optischer Materialien einschließlich der Untersuchung und Modellierung grundlegender Phänomene der Licht-Materie-Wechselwirkung.

Das MBI, welches wie auch das FBH im Wissenschafts- und Technologiepark Berlin Adlershof beheimatet ist, besitzt seit einigen Jahren eine weltweite Spitzenposition auf dem Gebiet von Pikosekunden-Lasern hoher Pulsenergie und Wiederholrate, also hoher mittlerer Leistung. Diese Systeme können dank einer innovativen, hocheffizienten Kühlung des Lasermaterials mehr als hundertmal pro Sekunde abgefeuert werden. Um bei diesen Lasern die mittlere Leistung noch weiter zu steigern, wollen die Wissenschaftler des MBI vor allem die Energie der Einzelpulse erhöhen, zunächst auf einige Joule, später wahrscheinlich auf deutlich mehr. Solche Laser hätten dann eine mittlere Leistung im Kilowattbereich mit Pulsdauern von Pikosekunden und sehr hohen Einzelpulsenergien, was bis jetzt noch von keinem Laser erreicht wird. Dringend benötigt werden solche Laserkraftpakete zum Beispiel als technologische Basis für das europäische Großobjekt ELI. Das Kürzel steht für Extreme Light Infrastructure, den künftig weltweit leistungsstärksten Laser für die Grundlagenforschung. Erste Entwürfe für das Front-end eines 10 Petawatt Lasers, Demonstrator für das ELI-Projekt, sind bereits abgeschlossen. Lasersystem für Strukturierung im Submikrometerbereich in der AG Optische Technologien © TU Berlin

Auch an der Universität Potsdam wird im Bereich Lasertechnik geforscht. Das Arbeitsgebiet für Photonik konzentriert sich zum einen auf die nichtlineare Laserspektroskopie. Man arbeitet außerdem sowohl an Hochleistungsfestkörperlasern, als auch an der Entwicklung von breitbandigen Kurzpulslasern für die Interferometrie sowie an der Verbesserung der Strahlqualität von Laserdioden.

Den Grundlagen auf der Spur

Spiegelsystem eines gepulsten Hochleistungs-Laserverstärkers © MBI/Bellhäuser

Grundsätzlich neu erfinden möchte man am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm den Laser – als Festkörper-Laser aus organischen Polymeren. Noch

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5.1.1 Lasertechnik

weiter blickt man am Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik in die Zukunft: Man untersucht die Prinzipien von Quantenkaskadenlasern.

Auf Dioden hat sich auch Lumics spezialisiert. Das Unternehmen beherrscht von der Epitaxie bis zur Assemblierung alle Prozessschritte zur Herstellung von schlüsselfertigen Laserdiodenmodulen. Entstanden am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Festkör-

Auch das Institut für Festkörperphysik der Technischen Universität Berlin ist an Grundsätzlichem interessiert: Man forscht an den optischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Halbleitern, amorphen Schichten und Heterostrukturen. Das Wissen nutzt man zur Erforschung, Entwicklung und Charakterisierung unter anderem von direkt modulierten, modengekoppelten oder oberflächenemittierenden Lasern. Gemeinsam mit dem Institut für Physik der Berliner Humboldt-Universität, HeinrichHertz-Institut, FBH, MBI sowie weiteren Forschungspartnern ist das Institut an der Kooperation NanOp beteiligt, die es sich zum Ziel gemacht hat, Nanostrukturen und Optoelektronik zu kombinieren.

Technologie im Aufwind – Laserdioden aus Berlin-Brandenburg Viele Unternehmen nutzen die von den Forschern gewonnenen Erkenntnisse wirtschaftlich. Etwa eagleyard Photonics, eine Ausgründung des FBH. Man entwickelt, produziert und vertreibt Hochleistungslaserdioden. Jüngste Produkte im Spektrum sind neue robuste Hochleistungsdioden mit Spitzenleistungen bis 60 Watt für gepulste Anwendungen sowie eine hochbrillante Singlemode Laserdiode mit 800 mW Ausgangsleistung. Hochleistungslaserdiode für extreme, gepulste Anwendungen © eagleyard Photonics GmbH

Herstellung von Laserbarren © Jenoptik Diode Lab GmbH

perforschung, ist man heute ein führender Hersteller von Hochleistungs-Diodenlasern und Laserdioden. Auch Laser Electronics entwickelt und fertigt Hochleistungs-Laserdiodensysteme zum Pumpen von Festkörper- und Faserlasern, für die Materialbearbeitung und für industrielle und allgemeine Laboranwendungen. Auf Komplettmodule inklusive Optik und Fasern zur Weiterleitung des Laserlichts hat sich PhotonTec spezialisiert. Außerdem hat PhotonTec Festkörperlaser im Angebot. Bei 457 Nanometer Wellenlänge zum Beispiel erreichen PhotonTec-Laser zehn Watt Ausgangsleistung, ein Spitzenwert unter kommerziell verfügbaren Produkten.

Auch der Jenoptik Konzern produziert in Berlin. 2002 aus einer engen Kooperation zwischen Jenoptik und dem FBH hervorgegangen, fertigt Jenoptik Diode Lab heute mit über 70 Mitarbeitern optoelektronische Halbleiterbauelemente in Berlin, die Jenoptik Laserdiode später bei der Entwicklung und Fertigung von Hochleistungsdiodenlasern einsetzt. Rund zehn Millionen Euro investiert Jenoptik gerade in eine neue Fertigung für Laserbarren im Technologiepark Berlin Adlershof. Der Anbau an das bestehende Fertigungsgebäude wird mit modernster Produktionstechnik ausgestattet und automatisiert. In einem für die Halbleiterfertigung typischen Prozess werden Gallium-Arsenid-Wafer zu Hochleistungs-Laserbarren strukturiert und weiterverarbeitet. Die dynamische Entwicklung im Bereich Laserdioden zeigt sich an der Zahl junger Firmen auf diesem Gebiet. PBC Lasers ist eine Ausgründung aus dem Institut für Festkörperphysik der TU Berlin, man entwickelt Laserdioden, die hohe Leistung und Energieeffizienz mit einer hohen Brillanz der emittierten Strahlung verbinden. Hochleistungslaser, Lasermodule und Systeme von PBC kommen in der Materialbearbeitung zum Einsatz, perspektivisch wird auch an Anwendungen in der Medizin gearbeitet.

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Fasergekoppelter Diodenlaser für Anwendungen in der industriellen Materialbearbeitung, medizinischen Behandlungen und akademischen Forschung © PhotonTec Berlin GmbH

Spezialisiert auf kurze Pulse Andere konzentrieren sich auf Laser mit kurzen Pulsen. Zum Beispiel LTB Lasertechnik Berlin. Man bietet Kurzpuls-Laser im gesamten Spektralbereich, hochauflösende Spektrometer und lasergestützte Messtechnik. Auch am LIMES-System zur Erkennung


5.1.1 Lasertechnik

des schwarzen Hautkrebses hatte LTB einen signifikanten Anteil und vermarktet die Technik kommerziell. Bei Picoquant befasst man sich mit Diodenlasern, die ultrakurze Pulse liefern können. Die Pulszeiten liegen typischerweise im Pikosekundenbereich, im Megahertz-Bereich liegt die Wiederholrate. Auch Advanced Laser Diode Systems (A.L.S.), Tochter des Schweizer Lasertechnik-Anbieters onefive, hat sich den kurzen Pulsen verschrieben. Das Unternehmen ist führender Hersteller von Photodetektoren und schlüsselfertigen Ultrakurzpuls-Lasersystemen mit Pulslängen, die ebenfalls bis in den Pikosekundenbereich hinunter gehen.

Kraftpakete für viele Anwendungen – Festkörper-Laser

schaft, Forschung und Industrie. Wofür man die im Haus hergestellte Technik unter anderem nutzen kann, das zeigt die CryLaS-Tochter Secopta. Secopta entwickelt und produziert laserspektroskopische Lösungen für Messaufgaben in der Industrie und im Sicherheitsbereich. Mittels laserinduzierter BreakdownSpektroskopie (LIBS) und schneller neuronaler Netze zur Ergebnisauswertung können die Proben direkt im Prozess und ohne spezielle Aufbereitung beurteilt werden. Bis zu 100 Messungen pro Sekunde sind so realisierbar. Anwendungsfelder finden sich im Recyclingbereich zur Sortierung verschiedener Materialien und Legierungen, in der verarbeitenden Industrie zur Prozessüberwachung und Qualitätssicherung sowie im Sicherheitsbereich zur Detektion von Gefahr- und Schadstoffen. Weitere Einsatzbereiche, z.B. in der Biotechnologie und in der Medizin, sollen erschlossen werden.

In vielen Bereichen sind Festkörperlaser immer noch unverzichtbar. Seit rund 30 Jahren forscht und produziert IBL Innovative Laser Berlin GmbH. Produkte von IBL kommen in Bereichen wie Maschinenbau, Halbleiter und Photovoltaik, Verteidigung oder Wissenschaft zum Einsatz. Man bietet diodengepumpte FeststoffLaser mit Güteschaltung für den kontinuierlichen oder gepulsten Einsatz. Die Nd:YAG Festkörperlaser der TITAN-Serie zeichnen sich durch hohe Pulsenergien und Pulsrepetitionsraten aus. Anwendungsgebiete für diese Laser sind u.a. Materialbearbeitung, Deflashing, OPO-Pumpen, Hochleistungs-PIV, LIBS und LIDAR.

OEM laser units © CryLaS GmbH

FiberLIBS Anwendungsbeispiel © Secopta GmbH Gütegeschalteter Pulslaser mit Pulsenergien bis zu 800 mJ sowie Pulsrepetitionsraten bis zu 1 kHz © IBL Innovative Berlin Laser GmbH

Adlares hat ein Detektionsmodul im Angebot, das aus der Luft Gasleitungen auf Dichtigkeit prüfen kann. Die Polytec GmbH bietet spektroskopische Messsysteme und Faserlaser im Piko- und Femtosekundenbereich, optische Verstärker und KomponentenTestsysteme. Die Potsdamer F & K Physiktechnik bietet neben Ultraschalltechnik für die Chipherstellung auch Justagelaser für die Ausrichtung von Maschinen und Werkstücken sowie optoelektronische Messsysteme. Und Vistac aus Teltow in Brandenburg bietet einen Blindenstock, der per Laser die Umgebung scannt und vor Hindernissen warnt. Das Prinzip nutzt man zum Beispiel auch für Kollisionsschutzsensoren. Crystal Laser System, kurz CryLaS, entwickelt, produziert und liefert diodengepumpte Festkörperlaser im tiefen UV-, VIS- und IRBereich für die unterschiedlichsten Anwendungen in Wissen-

Mehr als Schweißen und Strukturieren – Forschung zur Materialbearbeitung In Sachen Laser-Materialbearbeitung wird intensiv geforscht: Wie lässt sich die Präzision vergrößern? Wie lassen sich Materialien miteinander verbinden, bei denen das früher nicht möglich war? Das Fachgebiet Füge- und Beschichtungstechnik der TU Berlin sucht nach Möglichkeiten, Materialien per Laser miteinander zu verbinden, die bisher als nicht schweißbar galten und nach Möglichkeiten für Beschichtungen oder Reparaturen an Bauteilen. Außerdem forscht man an Verbindungen, die sich einfach wieder trennen lassen. An der FH Brandenburg forscht man ebenfalls an bisher noch nicht machbaren Verbindungen. Im Fachbereich Technik hat man unter anderem das Verschweißen von sehr dünnen Drähten im Blick und von solchen mit sehr unterschiedlicher Dicke. Außerdem bietet man Unternehmen Einführungen und Kooperationen.

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5.1.1 Lasertechnik

An der Beuth Hochschule für Technik arbeitet man an neuen Techniken für Lasermaterialbearbeitung und medizinische Anwendungen. Das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) sucht nach Möglichkeiten zur Bearbeitung von sprödharten und sonstigen schwer zerspanbaren Werkstoffen, zur Strukturierung von Oberflächen und zur Herstellung komplexer Geometrien. Das Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU Berlin forscht an Laser-Schweißverfahren. Auch der Fachbereich Maschinenbau der TU Berlin ist hier aktiv, die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) kümmert sich unter anderem um Laseranwendungen in der Entwicklung von Dünnschicht-Solarzellen. Und der Lehr- und Forschungsschwerpunkt Optische Technologien an der Technischen Hochschule im brandenburgischen Wildau bietet sogar gemeinsam mit der FH Brandenburg einen Masterstudiengang Photonik. Die Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) sucht nach Methoden, mit denen sich dickwandige Bauteile per Laser- und Hybridschweißverfahren zuverlässig und produktiv verbinden lassen. Im Blick hat man dabei zum Beispiel Verbindungen von Stählen unterschiedlicher Güte. Trepanieroptik bei der Glasbearbeitung mit frequenzverdoppeltem Nd:YAG ps-Laser (532 nm) © Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin (LMTB)

Die gemeinnützige Laser- und Medizintechnik Berlin (LMTB) forscht im Bereich Materialbearbeitung praxisorientiert an neuen Verfahren zur Präzisions- und Mikrobearbeitung von Metallen, Halbleitern und Keramik. Beispiele für die Forschungsaktivitäten sind Projekte zum Abtrag dünner Schichten oder für die spannungsfreie Innenmarkierung von Glas. Man entwickelt laseroptische Komponenten für die Materialbearbeitung und hat eine neu-

artige Trepanieroptik entwickelt, die hohe Arbeitsgeschwindigkeit mit deutlich verbesserter Qualität beim Laserbohren und Laserfräsen verbindet. Außerdem betreibt man Auftragsforschung. Auch mit der Minimierung von Wärmeeinfluss und Spannungen beim Bohren von Mikrolöchern befasst sich die LMTB, außerdem sucht man Techniken zur präzisen und schonenden Teilung von Solarzellen. All dies geschieht mit Blick auf die kommende Anwendung der LMTB-Verfahren in der Industrie – neben Präzision stehen daher bereits in der Forschung Anforderungen an Geschwindigkeit und Kosten im Fokus. Im Solarbereich gelang es der Laser- und Medizin-Technologie Berlin (LMTB) zum Beispiel in der Vergangenheit, ein lasergestütztens Ritzverfahren zu entwickeln, das es erstmals ermöglichte, mono- und polykristalline SiliziumWafer sauber zu separieren, ohne dass die Photospannung der Zellen absank und ihr Wirkungsgrad gemindert wurde.

Für Mikro und Makro – Laser für die Materialbearbeitung Aufgrund der großen Bedeutung des Lasers für die Materialbearbeitung ist es kein Wunder, dass sich eine ganze Reihe der BerlinBrandenburger Hersteller auf Laser für diesen Bereich spezialisiert haben. So befindet sich in Stahnsdorf mit Newport Spectra-Physics ein Anbieter mit Weltruf und breiter Produktpalette. Zurück geht der Standort auf die Nach-Wende-Gründung LAS GmbH. Heute gehört das Unternehmen zum amerikanischen Photonik-Konzern Newport. Man entwickelt und fertigt sehr kompakte, aktivgütegeschaltete Laser im grünen und UV-Wellenlängenbereich. Ebenfalls in Stahnsdorf hat Highyag seinen Sitz, auch ein weltweit führendes Unternehmen für Werkzeuge zur Lasermaterialbearbeitung. Man bietet Bearbeitungsköpfe zum Schweißen, Löten, Schneiden, Beschichten und Bohren, außerdem Strahlübertragungssysteme und Zubehör. Vor allem in der Automobilindustrie kommt das zum Einsatz, was Scansonic im Programm hat. Man entwickelt und liefert Systeme für das Laser- und Lichtbogenfügen. Mit Scansonic-Komponenten lassen sich Karosserie- und Chassisteile aus unterschiedlichen Materialien schweißen und löten sowie stark beanspruchte Bauteile geregelt härten. Bei Compact Laser Solutions hat man sich auf ultrakompakte Systeme spezialisiert. Eingesetzt werden sie unter anderem für Kennzeichnung und Kodierung von Produkten, aber auch für Materialbearbeitungsprozesse im Mikro- und Makrobereich. Für die Lasermikrobearbeitung ist dagegen das gepulste Laserschweißsystem KPL 5000 von Komlas aus Berlin gedacht. Das KPL 5000 ist wartungsfrei und kann mit zwei Faserausgängen für das gleichzeitige Setzen von zwei Schweißpunkten geliefert werden. Canlas im brandenburgischen Wildau hat sich in der Mikromaterialbearbeitung auf die Bereiche Schweißen und Beschriften spezialisiert. Canlas-Technik schweißt Halbleiterchips auf Wärmesenken, kann aber auch medizinische Instrumente markieren oder Datamatrix-Codes auf Platinen gravieren.

Bohrung mit kegelförmiger Verdickung, eingebracht durch die Trepanieroptik © Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin (LMTB)

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Auch das MiLaBS von Smart Laser Systems ist ein System für die Mikrobearbeitung. Außerdem bietet Smart Laser Systems dio-


5.1.1 Lasertechnik

dengepumpte Festkörperlaser in kompakter Modulbauweise, die sich zum Beispiel zum Schweißen eignen. Natürlich lässt sich per Laser auch löten. Auf Systeme für das automatisierte Einzelpunktlöten hat sich ATN Automatisierungstechnik Niemeier spezialisiert. Wenn es darum geht, die Bewegungen von Lasern zu automatisieren, kommen Firmen wie Schleicher Electronic ins Spiel. Das Unternehmen bietet hochperformante, flexible und offene Steuerungstechnologie.

Mit eigenem Know-how – Hersteller und Anwender zugleich Viele Unternehmen der Region haben zwei Standbeine: Sie entwickeln und produzieren Anlagen zur Materialbearbeitung, fertigen aber auch selbst Bauteile im Kundenauftrag. Zum Beispiel Photon Laser Engineering. Am Standort Berlin entwickelt und erprobt das Unternehmen neue Methoden: Schneiden, Schweißen, Löten, Beschichten, vor allem für die Fertigung von Auto-Karosserien und -technik, Schienen- und Raumfahrzeugen. Umgesetzt wird das Know-how unter anderem in der eigenen Fertigung. Bei Photon Laser Manufacturing entstehen Blechteile, die mit Hilfe von Lasern geschnitten, gebohrt, geschweißt und gelötet wurden. Auch die Berliner Unternehmen itec Automation & Laser und Laser-Mikrotechnologie Dr. Kieburg haben mehrere Standbeine. itec fertigt einerseits Laserautomaten für Schneid- und Schweißprozesse und Sondermaschinen für komplexe Fertigungsprozesse. Andererseits produziert man im Kundenauftrag Muster und reguläre Serien. Laser-Mikrotechnologie Dr. Kieburg entwickelt und produziert Systeme zur Lasermikrobearbeitung, vom OEM-Modul bis zur kompletten Anlage. Mit der Technik lassen sich Fotoschablonen, Metallmasken, Beschriftungen und Pinholes herstellen, Silizium, Keramik und Metall dreidimensional bearbeiten sowie Materialien mikrostrukturieren, beschriften, bohren und Metallfolien bis in den Mikrometerbereich hinein feinschneiden. Andererseits bietet man die oben genannten Arbeiten auch als Dienstleister an. Auch das Ingenieurbüro Hüyüktepe, Helios Laser-Service, ist auf zwei Gebieten aktiv. Zum einen wartet und repariert man Laseranlagen. Andererseits bietet man mit eigener Technik Laserfeinbearbeitung, Schneiden, Schweißen, Bohren, Ritzen, Beschriftungen und den Abtrag von Beschichtungen an. DoroTEK wiederum vertreibt von Strausberg aus Komponenten der polnischen Solaris-Gruppe: Laserbeschriftungssysteme, Optikbauteile und Pokkels-Zellen zur Strahlmodulation. Andererseits arbeitet man auch als Lohndienstleister in Sachen Laserbeschriftung.

schweißen und Beschriften. Bei escotec Lasertechnik, ebenfalls aus Teltow, versteht man sich auf das Laser-Schweißen, vor allem für die Medizintechnik. Kanülenrohre, Edelstahl- und Titanfolien sind typische Werkstücke. Das Berliner Unternehmen acolma wiederum erledigt athermische Mikromaterialbearbeitung mittels Laser – die Herstellung von Oberflächenstrukturen im Mikro- bis Nanometer-Bereich, die Amorphisierung von Oberflächen, das Bohren von Mikrokanälen. Und Crystalix hat sich auf Glasinnengravuren spezialisiert, die man mit selbst entwickelten Maschinen durchführt. So lassen sich dreidimensionale Porträts, Firmenlogos und andere Motive gravieren.

Wer liefert Materialien und Bauteile? Wo viele Laser produziert werden, da fehlen natürlich auch diejenigen nicht, die Peripherie im Angebot haben. So befindet sich mit der APE - Angewandte Physik & Elektronik GmbH der internationale Marktführer für Komponenten und Systeme in der Ultrafast-Lasertechnologie in Berlin. Das Produktspektrum reicht von Autokorrelatoren über Komponenten zur Wellenlängenkonversion bis zu Spektrometern, von Akustooptik bis zu optisch-parametrischen Oszillatoren. Auf Komponenten für die Steuerung und Kontrolle von Laseranlagen hat sich auch Sensor- und Lasertechnik Bohmeyer spezialisiert. Zum Angebot gehören unter anderem Sensoren für Impulslaser, Anzeigegeräte zur Messung der Impulsenergie, Power- und Energiemessköpfe für VUV-Laser.

OsTech Laserdioden- und Peltiertreiber © OsTech GmbH

Laserdioden- und Peltiertreiber sowie modulare Kombinationen daraus bietet Ostech an. Alle OsTech-Treiber besitzen eine einheitliche Bedienschnittstelle, unabhängig von Strom- und Spannungsbereichen. Laser können daher ohne Änderung der Schnittstelle entsprechend der Anwendung frei skaliert werden. Mit Berliner Glas befindet sich einer der weltweit führenden Anbieter optischer Schlüsselkomponenten, Baugruppen und Systeme in der Hauptstadt. Man fertigt Linsen, Prismen, Gitter und andere Komponenten im Reinraum und liefert komplette optische, opto-elektrische und opto-mechanische Systeme.

Fertigung per Laser in der Region Natürlich gibt es in der Hauptstadtregion auch Dienstleister. Einer davon ist die Laser Micro Präzision (LMP) in Teltow. Man bietet Laserbeschriftungen bis hinunter in den Mikrometer-Bereich an, etwa für Datamatrix-Codierungen von Platinen. Außerdem versteht man sich auf Mikro-Oberflächenbearbeitung. Auch Bohrungen im 0,1-Millimeter-Bereich sind möglich. Außerdem kann man Fein-

Mittels diffraktivem optischem Element projiziertes Streifenmuster, z.B. für Anwendungen in der 3D-Messtechnik © Holoeye Photonics AG

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5.1.1 Lasertechnik

Holoeye entwickelt und produziert diffraktive optische Elemente, die u.a. in der 3D Messtechnik eingesetzt werden, sowie Komponenten zur Modulation von Amplitude und Phase. Kristallkomponenten, unter anderem für den Bau von YAG:Nd- und YAG:CR-Lasern vertreibt die ebenfalls in Berlin ansässige Crystal GmbH. Neben aktiven und passiven Laserkomponenten bietet Crystal auch die Vorfertigung von Baugruppen an. Komponenten für die Laseroptik entwickelt und konstruiert auch Ekos, unter anderem Achromate und Lichtschnittoptiken.

Und optische Fasern und Fasersysteme sind auch das Geschäftsfeld von A.R.T. Photonics. A.R.T.-Produkte werden unter anderem in der Spektroskopie eingesetzt, für Biopsien und in der Lasermedizin.

Diffusionsgebondete Kristalle © Crystal GmbH

Gemeinsam stark – Netzwerke zur Lasertechnik

Auch wer fiberoptische Komponenten benötigt, kann in BerlinBrandenburg unter mehreren Anbietern wählen. Frank Optic Products zum Beispiel ist spezialisiert auf Faseroptiken, Reflektoren, Lichtleiterkabel, Saphir- und Quarzoptik. Man entwickelt Systeme für Laser- und Medizintechnik, Automobilindustrie, Signaltechnik sowie Beleuchtungstechnik. Frank entwirft darüber hinaus Strahlführungssysteme zur Projektion und Displaytechnologie.

Aktiv gekühlter HighPower Connector für Laseranwendungen in der Materialbearbeitung © FCC FibreCableConnect GmbH

FCC FibreCableConnect GmbH bietet die Konfektionierung von Glasfasern für Laseranwendungen vom Entwurf über den Prototypenbau bis hin zu Serienfertigung. Komponenten für die speziellen Anforderungen von Lasermedizin hat FCC ebenso im Angebot wie Kabel mit aktiver Kühlung für Leistungen bis einem Kilowatt. Mit Leoni Fiber Optics unterhält ein weiterer europäischer Branchenführer in Berlin eine Niederlassung. Leoni bietet Fasern, Faserbündel und Fasersonden in verschiedensten kundenspezifischen Ausführungen, dazu periphere Komponenten.

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Die Fisba Photonics wiederum ist deutsche Tochter der Schweizer Fisba Optik. Man siedelte sich in Adlershof an, der vielen Kompetenzen in der Nachbarschaft wegen. Ziel ist, die Systemkompetenzen von Fisba im Bereich innovativer Laserstrahlformungsoptik und Ansteuerungselektronik für anspruchsvolle industrielle Anwendungen zu verstärken. Mit einem Entwicklerteam betreibt man zum einen Grundlagenforschung, bietet aber auch Machbarkeitsstudien, experimentelle Untersuchungen, Konstruktion und Entwicklung sowie Labormuster und Prototypen an. Insgesamt lässt sich externes Know-how in der Region leicht einkaufen. Freie Entwickler, wie zum Beispiel Optikexpertisen Dr. Volker Raab helfen dabei, geeignete Systeme zusammenzustellen und zu optimieren.

In den letzten Jahren hat sich eine Vielzahl von Netzwerkstrukturen für die Lasertechnik in der Hauptstadtregion gebildet, die Unternehmen und Forschungseinrichtungen den Zugang zu Ressourcen wie Wissen oder Kapital, sowohl auf lokaler als auch internationaler Ebene, erleichtern soll. So bildet die Lasertechnik sowohl innerhalb des Berlin-Brandenburger Clusters Optik, als auch beim Kompetenznetz OpTecBB einen Schwerpunkt. Auch das Netzwerk PhotonikBB räumt der Lasertechnik breiten Raum ein und setzt entsprechende Themenschwerpunkte wie den Einsatz von Lasern in der Solarindustrie. Und dem Laserverbund Berlin-Brandenburg dient die Leidenschaft seiner Macher als Motor: Man organisiert Vorträge und Tagungen, sieht sich Innovative und Große der Branche vor Ort an und schafft Gelegenheiten, die die Akteure der Branche ins Gespräch bringen. Denn auch Erfahrungsaustausch und Brainstormings gehören zu den Stärken der Laser-Region Berlin-Brandenburg. Einen detaillierten Überblick zur Lasertechnik in Berlin-Brandenburg liefert auch der, 2010 von der TSB Innovationsagentur Berlin veröffentlichte, Technologiereport Lasertechnik, welcher unter Lasertechnik www.tsb-optik.de zum Download steht. Report 2010

Berlin-Brandenburg

Report Lasertechnik in BerlinBrandenburg 2010 © TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Kontakt:

Prof. Dr. Eberhard Stens TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Tel.: 030 / 46302 440 E-Mail: stens@tsb-berlin.de


5.1.1 Lasertechnik

„Ohne Laser ist eine fortschrittliche Industrie nicht mehr denkbar“ Interview mit Prof. Dr. Hans Joachim Eichler zur Lasertechnik

rialbearbeitung verdrängen Diodenlaser die klassischen Gas- und Festkörperlaser. Eine besonders weit in die Zukunft reichende, potenzielle Anwendung ist die laserinduzierte Kernfusion. Dabei wird im Gegensatz zu Atomreaktoren nur wenig Radioaktivität erzeugt, sodass eine neue Generation sicherer Kraftwerke hoher elektrischer Leistung möglich wird, die als Brennstoff nur Schweres Wasser benötigen. Photonik gilt als Querschnittstechnologie. In welchen Branchen werden Laser dem technologischen Entwicklungsstand entsprechend eingesetzt, wo gibt es noch Potenzial?

Prof. Dr. Hans Joachim Eichler ist Leiter der Lasergruppe am Institut für Optik und Atomare Physik (IOAP) der Technischen Universität Berlin und Geschäftsführer der LMTB. Seine technischen Kompetenzen betreffen die Entwicklung von Dioden- und Festkörperlasern, nichtlineare Optik, stimulierte Raman-Streuung und Phasenkonjugation sowie Spektroskopie mit ultrakurzen Laserpulsen zum Nachweis und zur Untersuchung von Molekülen und biologischen Prozessen. Weitere Projekte sind die Herstellung und Charakterisierung von dielektrischen Schichtsystemen für Spiegel und Filter, Glasfasertechnologie sowie Silizium-Nanophotonik. © Foto: TU Berlin/Wolkenstein

Der Laser ist aus der modernen Welt nicht mehr wegzudenken, und ihm wird eine große Zukunft vorausgesagt. Welche Entwicklungen sehen Sie aus heutiger Sicht, in einem Zeitraum von 20 – 50 Jahren? Laser sind Schlüsselkomponenten für die Optik und Elektronik, die zum umfassenden Technologiefeld Photonik verschmelzen. Von zunehmender Bedeutung sind wegen Effizienz, Zuverlässigkeit und geringster Baugröße die Diodenlaser, die mit fast beliebigen Ausgangsleistungen und Wellenlängen verfügbar werden. Die meisten Laser, mehrere 100 Millionen pro Jahr, werden zur Informationsspeicherung auf Compact Discs, CDs und DVDs, zunehmend eingesetzt, ohne dass die meisten Nutzer dies bemerken. Weite Verbreitung ist auch für Mikroprojektoren zu erwarten, die, in kompakte Mobiltelefone integriert, Displays in Fernsehbildgröße auf Zimmerwänden ermöglichen. In der Automobiltechnik werden Laser bald als Scheinwerfer eingesetzt. Zur Mate-

Deutschland ist Weltmarktführer bei der Herstellung und dem Einsatz von Lasergeräten für die Materialbearbeitung und die Mikrostrukturierung. Diesen hohen Entwicklungsstand gilt es auszubauen. Berlin und Brandenburg müssen sich dabei im nationalen und internationalen Wettbewerb noch besser positionieren und die industrielle Produktion steigern. In der hervorragenden Berliner Medizintechnik sehe ich die Chance und Aufgabe, die vorhandenen Laser-Aktivitäten zu bündeln und eine Spitzenstellung mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung zu erarbeiten. Welche Rolle spielt die Lasertechnik als Querschnittstechnologie für die Entwicklung des Industriestandorts Berlin-Brandenburg? Lasertechnik wird in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt und hat daher auch starken Einfluss auf andere Technologien und Cluster. In der Informations- und Kommunikationstechnik werden Laser als Sender für die schnelle Datenübertragung über Glasfasern eingesetzt, die in den nächsten Jahren dicht bis an die Häuser und Wohnungen der Nutzer herangeführt werden sollen, was eine weitere Massenanwendung der Diodenlaser darstellt. Diese finden aber auch neuartige Anwendungen im Maschinenbau und der Mikrosystemtechnik, in den Gesundheitstechnologien und in der Mess- und Sensortechnik. Laser werden auch zur Herstellung von Solarzellen und Batterien zur Speicherung elektrischer Energie bedeutend. Ohne Laser ist eine fortschrittliche Industrie nicht mehr denkbar. Welche Projekte beschäftigen Sie an der TU gegenwärtig besonders? Wir konzentrieren uns auf Nahinfrarot-Laser um 1,5 µm mit höheren Leistungen, um Anwendungen zur wirkungskontrollierten Laserchirurgie, zum Schweißen von Kunststoffen und zum Nachweis umweltrelevanter Treibhausgase vorzubereiten. Daneben entwickeln wir Wellenleiter sowie Modulatoren auf Siliziumbasis und befassen uns mit der Integration von dielektrischen Schichtsystemen auf Glasfaserendflächen. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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5.1.2 Lichttechnik

Internationale Ausstrahlung Frank Lerch, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Spannende Zeiten für diejenigen, die beruflich mit Licht umgehen. Denn die Branche ist im Wandel: Traditionelle Leuchtmittel wie Glühlampen treten in den Hintergrund, neue Technik auf Halbleiterbasis erobert sich immer neue Anwendungsgebiete. Die Lichttechnik ist eine Zukunftstechnologie mit erheblicher Wachstumsrate und hoher Exportquote. Rund sechs Milliarden Euro werden in Deutschland mit Lampen und Leuchten umgesetzt. Und Berlin-Brandenburg gehört zu den Regionen, die dabei am hellsten leuchten: Rund 3.000 Menschen arbeiten hier in der Branche. Nicht wenige davon verdienen ihr Geld mit der Entwicklung von Lichtquellen der Zukunft. Wo sollte das auch besser möglich sein, als in einer Region, die zu den ersten weltweit gehörte, in denen ein Schalterdruck genügte, um es hell werden zu lassen?

„Stadt des Lichts“ mit langer Tradition

dammallee. Neben Entwicklung und Produktion finden sich hier Marketing- und Vertriebsabteilungen, ein Logistikzentrum und eine unternehmenseigene Spezial-Maschinenentwicklung. Mit etwa 1.700 Mitarbeitern zählt Osram zu den größten Arbeitgebern in der Stadt.

Städte weltweit leuchten lassen Berlin war Vorreiter in Sachen elektrischer Beleuchtung. Da kann es kaum wundern, dass namhafte Designer und Hersteller von Leuchten und Lichtsystemen zu den Aktivposten der Lichttechnik in der Region gehören. Zum Beispiel Semperlux: Von originalgetreuen Reproduktionen historischer Vorbilder bis zu extravaganten Formen und Designs für Außen- und Innenbeleuchtung reicht das Spektrum des Unternehmens. Mit weltweit über 400 Mitarbeitern produziert man in Berlin und Brandenburg Leuchten und gestaltet Konzepte und Designs für öffentliche Räume und Firmengebäude.

Wie die Optischen Technologien im Allgemeinen, so hat auch die Lichttechnik eine lange Tradition in der Hauptstadtregion (vgl. auch Kapitel 3). Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts produzierten Unternehmen in Berlin erfolgreich Leuchten für den Gasund Petroleumbetrieb. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts stieg die ursprünglich als „Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske“ gegründete Firma in das Geschäft mit dem Licht ein, in dem sich zunehmend auf Elektrizität basierende Lösungen durchzusetzen begannen. Einer der größten Konkurrenten, die von Carl Freiherr Auer von Welsbach gegründete Deutsche Gasglühlicht Aktiengesellschaft, war spezialisiert auf die Herstellung von Gasglühlampen mit Osmiumfäden und hatte seinen Sitz ebenfalls in Berlin. Nach dem Ersten Weltkrieg schlossen sich die beiden Wettbewerber dann zusammen. Gemeinsam mit der AEG bündelten sie ihre Aktivitäten rund ums Licht in einem Unternehmen, das noch heute am Standort arbeitet: Osram. Zusammengesetzt war der Name aus „Osmium“ und „Wolfram“, zwei gängigen Materialien für die Glühfäden von Lampen. Osram entwickelte sich in der Folge zum Global Player in Sachen Licht, eine Stellung, die das Unternehmen bis heute einnimmt. Heute ist Osram eine 100-prozentige Siemens-Tochter. Aber immer noch ist Berlin einer der größten Osram-Standorte und die Heimat des Bereichs „Specialty Lighting“: In Spandau entstehen Hochdruckentladungs- und andere Speziallampen zum Beispiel für Projektoren, Schaufenster und Straßen oder die Beleuchtung von Studios und Filmsets, für die Osram doppelt Oscar-prämiert ist. Auch LEDs für spezielle Anwendungen und Leuchtmittel für Xenonlicht im Auto kommen aus dem Werk an der Nonnen-

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Lichtlinien ganz ohne Unterbrechungen in der School of American Ballett, New York © Semperlux AG

So strahlen Semperlux-Leuchten in Beverly Hills genauso wie auf der Londoner Oxford Street oder in der School of American Ballet in New York. Man reproduzierte die historischen HardenbergKandelaber für den Kurfürstendamm und die Schupmann-Kandelaber vor dem Brandenburger Tor. Im Bundeskanzleramt sorgen Semperlux-Produkte ebenso für Helligkeit wie im Harley-Davidson-Museum in Milwaukee, USA. Übrigens stammt auch der Unternehmensname aus der Berliner Geschichte: 1948 wurde Semperlux gegründet und produzierte zunächst Batterien, die gegen die Stromsperren der Berlin-Blockade helfen sollten. „Semperlux“ heißt „immer Licht“. Auf ähnlichem Gebiet ist auch die Franz Sill GmbH aktiv. Leuchten und Strahlersysteme des 1954 gegründeten Unternehmens illuminieren Berliner Ikonen wie Brandenburger Tor oder Siegessäule genauso wie den Plenarsaal des Europarates in Strasbourg oder


5.1.2 Lichttechnik

die Nelson Mandela Bridge in Johannesburg. Rund 120 Mitarbeiter produzieren und vertreiben von Berlin aus ein breites Spektrum an lichttechnischen Erzeugnissen, unter anderem Hochleistungsscheinwerfer und -strahler, LED-Strahler, Innenraumstrahler, Bodeneinbaustrahler oder Industrieleuchten. Ein weiterer Berlin-Brandenburger Leuchtenhersteller ist die Firma Berlux-Leuchten, die 1989 von der baden-württembergischen RIDI-Gruppe übernommen wurde. In Zeuthen werden heute Lichtleisten, Downlights und Wannenleuchten produziert, außerdem stellt man Komponenten für die anderen RIDI-Werke her. Und auch die Hellux Construktions-Licht GmbH ist ein Berliner Traditionsunternehmen, das bereits seit 1891 existiert. Im Werk in Laatzen und der Lichtmanufaktur am Berliner Standort in der Nunsdorfer Straße entstehen technische und dekorative Leuchten und Laternen, Lichtstelen sowie andere Beleuchtung für Wege und Bahnanlagen, die in ganz Europa eingesetzt werden. Die VeoliaTochter Citelum wiederum befasst sich mit Konzeption, Betrieb und Unterhalt von öffentlicher Beleuchtung sowie von Signalund Verkehrsleittechnik.

Berlin-Brandenburg schafft weltweit Atmosphäre

große Farbvielfalt, Stabilität, lange Lebensdauer, Brillanz und völlig neue Designmöglichkeiten. Eine ganze Reihe von Unternehmen und Forschungsinstitutionen arbeitet in Berlin-Brandenburg mit an diesem Wandel: So befasst sich die PlasmaChem GmbH mit Sitz in Berlin Adlershof mit grundsätzlichen Dingen. Das auf Nanomaterialien, Plasma- und Ultradünnschicht-Technologien spezialisierte Unternehmen forscht an winzigen Halbleiterkristallen, so genannten Quantenpunkten oder Quantum Dots. Diese sind in der Lage, Licht einer Wellenlänge zu absorbieren und dafür das einer anderen abzugeben – abstimmbar nach gewünschter Lichtfarbe. PlasmaChem hat vor kurzem eine Synthese von superstabilen Quantum Dots und die zugehörige Konvertermatrix entwickelt. Damit würden zum Beispiel echtgrüne LEDs mit einer Wellenlänge von 555 Nanometern möglich werden. Die Firma Lumi-Con hat sich dagegen vor allem der Dimmbarkeit von LED-Beleuchtungen verschrieben. Man entwickelt und produziert eigene Dimmer, Steuergeräte und die dazu passenden hoch effizienten LED-Leuchtkörper und Lampen für den privaten und gewerblichen Einsatz.

In den letzten Jahren hat sich Berlin zu einer der Design-Hauptstädte weltweit entwickelt. Auch im Bereich Licht-Design sind viele Kreative, Industriedesigner und Lichtplaner tätig und machen Berlin zu einem Zentrum dieser Aktivitäten. So erarbeiten etwa die Mitarbeiter der Kardorff Ingenieure Lichtplanung Beleuchtungskonzepte für Museen, Einkaufszentren, Bars, Bürogebäude und andere öffentliche Orte. Von Kardorff stammen zum Beispiel die Lichtkonzepte für die Dubai Sports City, das Beijing Automobil Museum oder die Gläserne Manufaktur von VW in Dresden – und nicht zuletzt für das Brandenburger Tor. Auch das Studio Dinnebier ist spezialisiert auf die Gestaltung von und mit Licht: Man befasst sich mit Lichtplanung und dem Produktdesign von Leuchten. Stars der internationalen Architekturszene greifen gern auf die Berliner zurück. Auf der Referenzenliste stehen unter anderem Daniel Libeskind, Norman Foster, Tabanlioglu Architects oder Sunder-Plassmann Architekten. Dabei sind Kardorff und Dinnebier nur zwei von vielen guten Namen aus Berlin-Brandenburg. So entwarf Lichtvision Design & Engineering das Regenbogendesign des Sony-Centers am Potsdamer Platz ebenso wie Konzepte für AIDA-Kreuzfahrtschiffe und das Berliner Gebäude von Universal Music. Die aktuellen Projekte von Licht Kunst Licht reichen von der Telekom-Brücke in Bonn bis zum ThyssenKrupp Quartier in Essen. L-Plan Lichtplanung plant Beleuchtungskonzepte für das Berliner Bundesratsgebäude ebenso wie für die Veer Towers in Las Vegas.

Lumi-Con Dimmer © Lumi-Con Beleuchtungstechnik

FutureLED GmbH trägt das neue Leuchtmittel bereits im Namen. Das junge Berliner Unternehmen hat sich auf Speziallichtquellen für die Industrie und medizinische Anwendungen spezialisiert. Das Unternehmen entwickelt und fertigt LED-Lichtquellen und Strahlungsmodule, die im Wellenlängenbereich von 280-1.600 nm arbeiten, also nicht nur den sichtbaren, sondern auch den ultravioletten und infraroten Bereich abdecken.

Im Zentrum der Halbleiter-Revolution In der Lichttechnik vollzieht sich ein Umbruch, der fast einer Revolution gleich kommt: Traditionelle Quellen, Glüh- und Entladungslampen, werden zunehmend von Licht verdrängt, das mit Hilfe von Halbleitern erzeugt wird. Vor allem LEDs, also Licht emittierende Dioden, und ihre Verwandten, die organischen LEDs (OLED) stehen im Blickpunkt. Sie bieten hohe Energieeffizienz,

Test Bed Sunlike © FutureLED GmbH

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5.1.2 Lichttechnik

Das „Sunlike“-System des Unternehmens etwa ist eine LED-Plattform, von der aus Licht in rund 30 verschiedenen Wellenlängen zwischen 365 nm und 1.060 nm abgegeben werden kann. So will man das Tageslichtspektrum mit möglichst hoher Genauigkeit abbilden, neben weiteren Anwendungen hat man dabei die Leistungsmessung für Solaranlagen im Blick. LEDs, LED-Chips und Fotodioden für alle Arten der industriellen Anwendung produziert die Epigap Optronic GmbH im Innovationspark Wuhlheide in Berlin – als Standardprodukte oder eigens entwickelt nach Kundenspezifikationen. Dabei bietet man High-End-LED-Chips für den kompletten Spektralbereich von 280 bis 1.750 Nanometer und ist spezialisiert auf die Fertigung von kleinen bis mittleren Stückzahlen nach hohen Qualitätsstandards.

Lichtmesstechnik in Europa seinen Sitz in Berlin. Man bietet das ganze Spektrum der Licht-, Strahlungs- und Farbmesstechnik und kann bei Bedarf komplette Lichtmesslabore ausliefern, etwa für Autozulieferer oder Leuchtenhersteller. Auch PRC Krochmann ist auf dem Gebiet Lichtmesstechnik aktiv – wie der Name des Unternehmens schon sagt, denn „PRC“ steht für Photometrie, Radiometrie und Colorimetrie. PRC Krochmann liefert an Forschungsinstitutionen und industrielle Produzenten wie auch an Planer und Betreiber großer Beleuchtungsanlagen. Das Lieferprogramm umfasst Messtechnik genauso wie die benötigte Software und Normal-Lampen für die Kalibrierung.

950 nm LED Chip bei 4A Pulsstrom © Epigap Optronic GmbH

Weitere Anbieter von Lichtmesstechnik mit Sitz in Berlin sind LMT Lichtmesstechnik sowie Czibula & Grundmann. Auch diese beiden liefern das komplette Spektrum an Technik und Software für professionelle Lichtmessungen. Czibula & Grundmann plante und lieferte etwa eine 40 Meter lange Photometerbank, die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt eingesetzt wird. LMT hält eine spezielle Version seiner LIMES-Lichtmess-Software für die Bedürfnisse der Automobilindustrie bereit.

LED-Technik von Epigap kommt unter anderem in der Sensorik, Sicherheitstechnik, Medizin- und Biotechnologie zum Einsatz. Außerdem fungiert das Unternehmen als Kooperationspartner der Jenoptik Polymer Systems, die in Berlin ebenfalls optische Bauelemente fertigt: unter anderem optoelektronische Chips, Leuchtdioden, Fotodioden und Punktstrahler.

Hinzu kommen diejenigen, die als hoch spezialisierte Anbieter von Berlin-Brandenburg aus ihre Produkte anbieten. Kowalski Unterwasserlampen zum Beispiel, die Unterwasserscheinwerfer und Xenon-Taucherlampen im Angebot haben. Oder Kaufel Stromversorgungssysteme, wo man sich auf die Produktion von Notstromund Notlichtanlagen spezialisiert hat.

Auch OSA Opto Light produziert in Wuhlheide LED-Chips, -module und -lampen als Standardprodukte und nach speziellen Kundenspezifikationen. Das Spektrum reicht vom ultravioletten bis in den Infrarotbereich, von 350 bis 1.080 Nanometer.

LEDs und Gestaltung – Forschung in der Region Unterfüttert wird die vielfältige und innovative Unternehmenslandschaft der Region von einer Fülle von Institutionen, die hier Forschung auf lichttechnischem Gebiet betreiben.

Auch Licht muss vermessen werden Natürlich dürfen da, wo so intensiv die Lichttechnik der Zukunft entwickelt wird, auch Firmen nicht fehlen, die die Ausrüstung herstellen, mit der sich Lichtquellen selbst vermessen lassen. So hat mit Optronik einer der führenden Hersteller und Anbieter von

Goniophotometer © Optronik Berlin GmbH

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Zu nennen wäre hier vor allem das Fachgebiet Lichttechnik der Technischen Universität Berlin. Es zählt zu den ältesten seiner Art. Heute wie damals hat es besondere Bedeutung für die akademische Ausbildung von Ingenieuren und die Nachwuchssicherung der lichttechnischen Industrie. Die Lehre umfasst Themen wie Lichtquellen, Lichtmesstechnik, die Innen-, Außen- und Kfz-Beleuchtungstechnik, physiologische Optik, Tageslichttechnik und Farbmetrik. Die aktuellen Forschungsschwerpunkte liegen in den

Spektrallampe mit Quecksilberfüllung © TU Berlin


5.1.2 Lichttechnik

Bereichen Lichtqualität und Energieeffizienz, Verkehrssicherheit und Wirtschaftlichkeit, gesundheitsfördernde und altersgerechte Beleuchtung sowie der Entwicklung von Werkzeugen für Messungen und Diagnostik. Dabei betreibt man am Fachgebiet Lichttechnik sowohl Grundlagen- als auch anwendungsorientierte Forschung. Das weite Spektrum der Forschungsaktivitäten zeigen aktuelle Arbeiten. In diesen geht es um so unterschiedliche Themen wie die Erfassung und die Beseitigung von Innovationshemmnissen beim SolidState-Lighting auf der einen Seite, also der Weiterentwicklung von Lichtquellen auf Halbleiter-, organischer oder Polymerbasis. Auf der anderen Seite befasst man sich mit den Auswirkungen von Lichtverschmutzung, also der Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Quellen. Dabei kooperiert das Fachgebiet Lichttechnik in der Forschung mit zahlreichen Unternehmen und Institutionen innerhalb und außerhalb der TU.

Konstruktion und Fertigung sowie die spätere Serienherstellung. Wichtiger Bestandteil ist dabei die experimentelle Auseinandersetzung mit Licht. In der Lehre werden beispielsweise Seminare angeboten zu Licht und Design, Grundlagen des Leuchtendesigns und der Lichttechnik, außerdem zu Leuchtendesign im Hinblick auf neue Technologien wie LEDs und OLEDs als Lichtquellen. An LED-Technik arbeitet man auch bei OUT e.V. („Optotransmitter Umweltschutz Technologie e.V.“). In der gemeinnützigen, eigenständigen Forschungseinrichtung sind kleine und mittelständische Unternehmen, andere wissenschaftliche Institutionen sowie natürliche Personen organisiert. Man betreibt industrienahe und anwendungsorientierte Forschung und Entwicklung im Bereich Optoelektronik, Dünnschichttechnik, Sensorik und Signalverarbeitung. Auf dem Gebiet der Lichttechnik hat OUT bisher unter anderem Hochleistungs-LEDs für den sichtbaren und infraroten Bereich entwickelt. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Innovative Beleuchtung für Berlin“ realisierte man außerdem einen Demonstrator für eine Gasaufsatzleuchte auf LED-Basis. Weitere Schwerpunkte liegen im Bereich der Sensorik auf LED-Basis, bei Anwendungen von LED-Technik zum Beispiel im Automobilbau, Luft- und Raumfahrt, Medizin sowie in Beleuchtungs- und Bestrahlungstechnik. Außerdem verfügt man über die nötige optoelektronische Messtechnik, um Lichtquellen umfassend charakterisieren zu können.

»Licht und Design« Prototyp OLED Leuchtensystem in Kooperation mit Osram Opto Semiconductors, Projektarbeit von Merlin Dunkel © UdK Berlin

An der Universität der Künste (UdK) befasst man sich dagegen vor allem mit Licht als Designelement. Das Fachgebiet „Industrial Design – Technologie“ der UdK unter der Leitung von Prof. Holger

Messaufbau zur Analyse eines Hochleistungs-Excimer-Strahlers im Rahmen eines F&E-Projektes © OUT e.V.

Vom Prinzip in die Praxis

Kühlkörperoptimierung für Hochleisungs-LED Module, z. B. Unterwasserscheinwerfer bis 250W © OUT e.V.

Neumann steht für technisch ausgerichtetes Produktdesign. In den Prozess integriert werden Aspekte der Produktentwicklung,

Andere kümmern sich um die vielen Detailprobleme, die im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von LED-Technik zu klären sind. So forscht das Berliner Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) an einer Fülle von Einzelfragen: Man versucht die Wärmeabfuhr von einzelnen und gepackten LEDs zu verbessern, müht sich darum, Leistung, Lebensdauer und Wirkungsgrad zu steigern, sucht nach neuen Standards für Aufbau, Verbindung und Montage und versucht, Produktionsprozesse möglichst effizient zu gestalten. Außerdem arbeitet das IZM an Konverter-Folien, die ein homogenes weißes LED-Licht ga-

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5.1.2 Lichttechnik

rantieren sollen. Folien für die Erzeugung von Weißlicht sind zumeist nicht gleich dick, was zu Farbverfälschungen führt. Deshalb hat man nun einen speziellen Folienprozess entwickelt, mit dem sich freistehende und komplett ebene Folien erstellen lassen. Diese werden nicht – wie üblich – im Zuge der LED-Erzeugung appliziert, sondern zusätzlich aufgebracht.

Sensorik oder Bioanalytik. Erste LEDs, die Licht einer Wellenlänge von 375 Nanometer mit einer Ausgangsleistung von mehr als vier Milliwatt emittierten, konnten bereits demonstriert werden. Im Moment arbeitet man daran, sich sukzessiv kürzeren Wellenlängen anzunähern. LEDs für den ultravioletten Bereich sind auch eins der Themen von Berlin WideBaSe, in der das FBH unter anderem mit der TU Berlin sowie den Unternehmen eagleyard Photonics, LayTec, OSA Opto Light, Osram und Jenoptik Polymer Systems kooperiert. Ziel des Verbunds ist es, optoelektronische und elektronische Bauelemente auf Basis breitlückiger Halbleiter zu entwickeln. „WideBaSe“ steht für Wide-Bandgap-Semiconductors.

Homogenes Weißlicht © Fraunhofer IZM

Im diesem Rahmen arbeitet man unter anderem an der Entwicklung einer Punktstrahler-Quelle für den Bereich von 360 bis 365 Nanometer in Form eines Systems, in das die Linse zur Vorkollimation bereits integriert ist. Weitere Einzelprojekte befassen sich mit Leistungs-LED-Chips für den Wellenlängenbereich von 300 bis 350 Nanometer, mit Verlustleistungen von 1,5 Watt sowie mit der Entwicklung und Evaluierung von Gehäusen und optischen Systemen für UV-LEDs.

Wissen miteinander teilen Dagegen ist das Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm an Grundsätzlicherem interessiert: Die Forscher suchen nach neuen Polymermaterialien und Basisprozessen, die sich für OLEDs der Zukunft nutzen lassen. Dabei kooperiert man mit anderen Fraunhofer-Instituten und Partnern aus der Wirtschaft, um von der Grundlagenforschung bis hin zur Entwicklung von Verfahren für die Herstellung von kompletten OLED-Displays das ganze Spektrum in diesem Bereich abdecken zu können. Auch das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) ist in Sachen LED-Technik aktiv. Hier steht vor allem die Entwicklung von Leuchtdioden für den ultravioletten Wellenlängenbereich von 400 bis unter 250 Nanometer im Blickpunkt. Die Forschungsarbeiten sind motiviert durch eine Vielzahl an Anwendungen, die sich mit solchen Bauelementen realisieren lassen. Licht der genannten Wellenlängen könnte unter anderem dazu benutzt werden, um Wasser und Lebensmittel zu entkeimen, es könnte in der Kommunikationstechnik ebenso eingesetzt werden wie in industriellen Produktionsprozessen, in Medizintechnik,

Darum, die vielfältigen lichttechnischen Aktivitäten der Region zu koordinieren und zu vernetzen, kümmert sich eine ganze Reihe von Initiativen. So verfügt der Optik-Branchenverband OpTecBB über einen Schwerpunkt Lichttechnik, der unter anderem mit der Berlin-Brandenburger Sektion der Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) und dem Förderverein für Lichttechnik an der TU Berlin zusammenarbeitet. Gemeinsam organisiert man Erfahrungsaustausche und Workshops, in denen zum Beispiel innovative Beleuchtungskonzepte durch den Einsatz von LED-Technik thematisiert werden. Auch Forschungseinrichtungen wie OUT e.V., das Fraunhofer IZM oder das Fraunhofer IAP und Unternehmen wie FutureLED oder Semperlux organisieren Seminare und Expertengespräche – die gute Zusammenarbeit ist eine der größten Stärken der Region, die von den Akteuren stark gefördert wird. Berlin war und ist die Stadt des Lichts. Und die Fülle der in der Region vorhandenen Kompetenzen dürfte sich kaum irgendwo ein zweites Mal auf so engem Raum finden lassen. Kontakt:

Prof. Dr. Stephan Völker Institut für Lichttechnik, TU Berlin Tel.: 030 / 314 22277 E-Mail: stephan.voelker@tu-berlin.de

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UV-LEDs auf Galliumnitridbasis zur Anwendung in der Wasserdesinfektion © FBH/Schurian


5.1.2 Lichttechnik

„Berlin ist die deutsche Wiege der elektrischen Beleuchtung“ Interview mit Prof. Dr. Stephan Völker zur Lichttechnik

Berlin-Brandenburg ist bei Wissenschaft und Forschung in vielen Bereichen gut bis sehr gut aufgestellt. Danach wird die Wertschöpfungskette jedoch oft unterbrochen. Wie ist die Situation bei der Lichttechnik in der Region und welche Verbesserungen wären wünschenswert? In Berlin – damals geschmückt mit dem Beinamen Elektropolis – stand vor über einhundert Jahren die deutsche Wiege der elektrischen Beleuchtung. In der durch riesige Produktionskapazitäten und naturwissenschaftlich-technische Spitzenleistungen geprägten Elektrotechnikhauptstadt Europas erfolgte zum Ende des zweiten Weltkrieges sowie während und nach der 45-jährigen Teilung Deutschlands ein erheblicher Schrumpfungsprozess der einstmals 600.000 Industriearbeitsplätze. Als gegenwärtiger Bestand auf dem Gebiet der Lichttechnik existieren Osram-Berlin als Großproduktionsstandort für Gasentladungslampen (mit zugehörigen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten) sowie mehrere mittelständische Firmen der Lichtmesstechnik und Leuchtenhersteller. Unsere gegenwärtige Zusammenarbeit von Wissenschaft und Forschung mit der Wertschöpfungskette ist überwiegend überregional orientiert, wobei auch eine direkte Kooperation mit den oben genannten Firmen gepflegt wird.

OLED – organische LED gelten als Zukunftstechnologie mit völlig neuen Anwendungsmöglichkeiten. Wie ist der Stand der Entwicklung und welche Anwendungen sind damit in Zukunft denkbar? Obwohl seit vielen Jahren als revolutionierend angekündigt, wird die Beleuchtungstechnik noch einige Jahre auf die „Leuchtenden Tapeten” warten müssen. Weißes Licht wird bei OLED-Flächenstrahlern ohne Leuchtstoffe durch übereinander gestapelte Emissionsschichten für die drei Grundfarben erzeugt. Die Entwicklung kämpft jedoch noch immer mit grundlegenden Problemen bezüglich Effizienz, Lebensdauer und Herstellungskosten. Führende Lichtquellenproduzenten präsentieren schon seit mehreren Jahren öffentlich Versuchsmuster. Seit 2010 auch kommerziell verfügbar ist der Typ Orbeus von Osram. Eine große Produktionsanlage wird gegenwärtig von der Firma Philips in Aachen errichtet. Ob in den nächsten Jahren eine milde Innenraumbeleuchtung mit Flächenlichtquellen um sich greifen wird, erscheint jedoch eher unwahrscheinlich. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

Die angekündigte Energiewende und das sich ausweitende Glühlampenverbot leisten alternativen Beleuchtungskörpern Vorschub. LED gelten dabei als Favoriten. Welche Entwicklungen und technischen Neuerungen gibt es in diesem Bereich? Mit der ersten Leuchtdiode startete 1968 eine Entwicklung, die sich durch ständige Innovationen – unter Verdrängung herkömmlicher Lichtquellen – immer neue Anwendungsfelder, nun auch in der Allgemeinbeleuchtung, erschließt. Als jüngste Kreationen werden inzwischen von führenden Herstellern Typen angeboten, die z. B. bei Leistungsumsätzen von 12 W Lichtströme herkömmlicher 75-W-Glühlampen erreichen. Einer breiten Einführung steht trotz ihrer Lebensdauer von 25.000 Stunden nur noch der Preis von circa 40 Euro entgegen. Da durch zunehmenden Konkurrenzdruck mit schnellen Weiterentwicklungen gerechnet werden kann, ist eine baldige Ablösung der bisherigen Energiesparlampen mit gefalteten Leuchtstofflampenentladungsrohren absehbar. Die Farbwiedergabequalität und die Farbtemperatur können durch die verwendeten Leuchtstoffe in weiten Grenzen variiert werden, so dass sich prinzipiell auch für sehr anspruchsvolle Beleuchtungssituationen das passende Licht erzeugen ließe. Die Gefahren durch den in Entladungslampen enthaltenen Giftstoff Quecksilber wären damit ebenfalls beseitigt.

Prof. Dr. Stephan Völker ist seit 2008 Leiter des Fachgebietes Lichttechnik der Technischen Universität Berlin und seit 2011 Prodekan der Fakultät IV für Elektrotechnik und Informatik. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Licht- und Strahlungsmesstechnik, Lichtquellen, Mesopik, Licht, Gesundheit und Arbeitsleistung, energieeffiziente Beleuchtung, innovative Beleuchtungssysteme und Tageslicht. Vor der TU Berlin war er Mitarbeiter bei der Firma Hella im Bereich der Kraftfahrzeugbeleuchtung. Für seine Habilitation wurde ihm 2006 der Deutsche Verkehrssicherheitspreis durch Verkehrsminister Tiefensee © Foto: Jonas Groß verliehen.

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5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

Dinge in einem anderen Licht betrachten Henning Schröder, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Das Verhalten von Licht im Kontakt mit Materie dürfte eines der universellsten Themen in der Physik sein. Immer entstehen Wechselwirkungen. Die Effekte sind abhängig von der Wellenlänge des eingestrahlten Lichts, von der Beschaffenheit des Stoffes, von seiner molekularen Zusammensetzung, der Dicke, der Beschaffenheit seiner Oberfläche und von vielen anderen Größen.

Solche für die Astrophysik entwickelten Konzepte lassen sich auch in anderen Bereichen einsetzen, etwa in Medizin, Bautenschutz oder Materialprüfung. Dazu benötigte spezielle Fasern sind ebenfalls Bestandteil der Arbeit. Innovative spektroskopische Verfahren, an denen innoFSPEC forscht, sind unter anderem Photonendichtewellen-Spektroskopie, Wellenlängenmodulations-Spektroskopie und Cavity-Ring-Down-Spektroskopie.

In der Technik spielen optische Sensoren als Signalgeber eine wichtige Rolle. Die von ihnen erfassten Werte oder Zustände werden, meistens elektronisch verstärkt, in der zugehörigen Steuerung verarbeitet, die entsprechende weitere Schritte auslöst. Die Sensorikbranche in Berlin-Brandenburg zeichnet sich durch eine hohe Diversifizierung bei den Produkten und in der Kundenstruktur aus. Die Ursachen dafür sind im Wesentlichen die Vielfalt der Anwendungsgebiete und sensorischen Prinzipien sowie die überlagernden Trends hin zu stärkerer Miniaturisierung und Integration bei zumeist hohem Kostendruck. Der Einsatz von Sensoren wird dabei immer vielfältiger. Die Bedürfnisse nach Sicherheit, einfacher Bedienung und Komfort treiben die Sensorik von komplexen technischen Anlagen im Maschinenbau, Anlagenbau, Lebensmittelindustrie, Landwirtschaft oder Militärtechnik hinein in alle Branchen bis zu den Endkundengeräten. Beispiele dafür sind Automobil, Telekommunikation, Haushaltelektronik oder Medizintechnik. Berlin-Brandenburg ist in vielen Bereichen der optischen Messtechnik sehr gut aufgestellt. Gesondert dargestellte Schwerpunkte sind die optische Prozessmesstechnik (Kapitel 5.1.3.1), UV- und Röntgentechnologien (Kapitel 5.1.3.2), Terahertz-Technologie (Kapitel 5.1.3.3) sowie Lasertechnik (Kapitel 5.1.1) und Anwendungen in der Biomedizin (Kapitel 5.1.4).

Ferne Planetensysteme verstehen Einer der zentralen Akteure der optischen Messtechnik und Sensorik in der Hauptstadtregion ist innoFSPEC in Potsdam. Das interdisziplinäre Gemeinschaftsvorhaben des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) und der Universität Potsdam befasst sich mit faseroptischer Spektroskopie und Sensorik. Dabei denkt man an die astronomischen Großteleskope der kommenden Generation und an Beobachtungen von weit entfernten und lichtschwachen Himmelskörpern. Um Informationen zu sammeln, setzt man auf spektroskopische Vielkanalverfahren, die es ermöglichen sollen, in einem Arbeitsgang an möglichst viele Daten zu gelangen. Daneben stehen die Miniaturisierung der Komponenten sowie die Entwicklung von unterstützender Technik auf dem Programm, etwa von in die Fasern integrierten Bragg-Gittern, mit denen sich störende Spektrallinien automatisch ausblenden lassen sollen.

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Faseroptisches Labor © O. Reich (innoFSPEC)

Für Messungen an Himmelskörpern sind optische Verfahren vielfach erste Wahl. Deshalb arbeiten auch andere Forschungseinrichtungen der Region auf diesem Gebiet. Das Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht zum Beispiel an Spektrometern für den ferninfraroten Bereich. Mit Hilfe eines Laser-Altimeters an Bord einer Mondsonde gelang es dem DLR bereits, eine Mondkarte mit vorher nicht gekannter Genauigkeit zu erstellen.

Licht verrät viel über Stoffe Neu entdeckte Effekte in der Wechselwirkung von Licht und Materie sind oft die Grundlage für neue spektroskopische Untersuchungsmethoden. Deshalb suchen am Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin mehrere Arbeitsgruppen nach Messverfahren. Etwa nach solchen, die kleinste Dimensionen und kürzeste Zeiten abbilden können. Ein Thema ist die Lasermolekülspektroskopie, weiter sind Bildsensorik und Miniaturkameras sowie Detektoren zur Meerwasseranalyse mittels Raman-Spektroskopie im Fokus. Auch an der Humboldt-Universität existiert eine Arbeitsgruppe, die sich mit optischer Metrologie befasst. Hier entwickelt man un-


5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

ter anderem Komponenten für die geplante Weltraummission LISA, die „Laser Interferometer Space Antenna“, mit der Gravitationswellen von Doppelsternsystemen und Schwarzen Löchern aufgespürt werden sollen. Das Helmholtz Zentrum Berlin betreibt den Forschungsreaktor BER II für Experimente mit Neutronen und den Elektronenspeicherring BESSY II, der hochbrilliante Strahlung vom THz- bis in den Röntgenbereich liefert. Beide dienen als Grundlage für eine Fülle unterschiedlicher spektroskopischer Messungen, die zum Beispiel ihren Niederschlag in kommenden Generationen von Solarzellen finden sollen. Grundlagenforschung betreiben auch das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft und das MaxBorn-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie. Das Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung entwickelt spektroskopische Messmethoden, deren Möglichkeiten von Biotechnologie bis zu Messungen an Beton reichen. Am Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften (ISAS) wiederum betreibt man Grenzflächenspektroskopie und kooperiert dazu eng mit Partnern aus Forschung und Industrie. So entwikkelte man mit dem „Elias“ ein Echelle-Spektroskop, das Wellenlängen von nur 100 Femtometern unterscheiden kann. Eingesetzt werden kann das System etwa dazu, die Güte von Laserlicht zu prüfen; kommerziell vertrieben wird die Technologie von LTB Lasertechnik Berlin. Das ISAS führt daneben eigene spektroskopische Untersuchungen durch, unter anderem untersucht man so menschliche DNA. Und noch eine Forschungs- und Prüfeinrichtung gibt es natürlich, die sich am Standort Berlin mit optischen Messmethoden befasst: die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB). Sie ist die deutsche Institution in Sachen Messung, Normung und Kalibrierung. In Berlin befindet sich unter anderem der Arbeitsbereich „Medizinphysik und Metrologische Informationstechnik“. Hier wird Grundlagenforschung geleistet, aber auch ganz nah an der Praxis gearbeitet.

Reagieren auf Strahlung – die Suche nach Sensor-Materialien Wenn mit Hilfe von Licht gemessen werden soll, dann kommt Materialien und Bauteilen eine große Bedeutung zu. Im Bereich sensorischer Forschung ist Berlin-Brandenburg auf vielen Gebieten international führend – und neuartige Materialien mit optischen Eigenschaften sind die Grundlage für die Entwicklung neuartiger Sensoren. Die Entwicklung von Materialien für optische Technologien ist einer der Arbeitsschwerpunkte des Instituts für Dünnschichttechnologie und Mikrosensorik e.V. (IDM), das seinen Sitz in Teltow hat. Die gemeinnützige Forschungseinrichtung befasst sich mit der chemischen Synthese optischer und sensorischer Funktionsmaterialien, der Erarbeitung von Strukturierungs-, Verarbeitungsund Replikationstechnologien wie auch der Entwicklung kompletter optischer und sensorischer Funktionselemente. Auch das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) entwickelt photonische Komponenten auf Polymerbasis. So ersann man eine integriertoptische Sensor-Plattform zur markerfreien Multiparameteranalyse für die Bioanalytik.

Prototyp eines auf Fluoreszenz basierenden Biosensors © OUT e.V.

Wenn es dann darum geht, Funktionsprinzipien zu funktionierenden optischen Sensoren weiterzuentwickeln, kommen Institutionen wie das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) oder Optotransmitter Umweltschutz Technologie e.V. (OUT) ins Spiel. Das IZM ist Spezialist für Aufbau- und Verbindungstechnik photonischer Mikrosysteme, Systemintegration auf Wafer- und Boardlevel, faseroptische Koppeltechniken und Pixeldetektoren. OUT hat unter anderem auf Fluoreszenz basierende optische Biosensoren im Repertoire, mit deren Hilfe kleinste Konzentrationen von Mikroorganismen in flüssigen Medien gemessen werden können. Außerdem entwikkelte man einen 3D-Abstandssensor, der die Eigenschaften einer Digitalkamera mit dem Flugzeitprinzip eines Laserimpulses kombiniert. OUT implementierte auch Verfahren zur 3D-Erfassung von Objekten, etwa zur Gesichtserkennung und Zählung von Personen oder bewegten Objekten.

Messen, steuern, regeln – optische Sensoren aus Berlin-Brandenburg Optische Sensoren spielen als Signalgeber eine immer größere Rolle, in der industriellen Anwendung wie auch in unzähligen Bereichen, in denen automatisierte Steuerungen gefragt sind. „Smart Sensors“ tragen in sich gleichzeitig die Elektronik zur Signalverarbeitung. Doch jede Anwendung verlangt ihre spezielle technische Lösung: Geprägt ist der Markt von einer Vielfalt an Nischen, in den geringe Stückzahlen dominieren. In Berlin-Brandenburg arbeiten deshalb vor allem kleine und mittlere Unternehmen, die eine hohe Spezialisierung aufweisen und oft eng mit den Forschungseinrichtungen der Region kooperieren. Dabei ist das Berliner Unternehmen First Sensor mit seinen weltweit rund 750 Mitarbeitern einer der führenden Anbieter von Spezialsensorlösungen. Komponenten von First Sensor detektieren Druck, radioaktive Strahlung und Licht, das Unternehmen vertreibt seine Technik als einzelne Komponenten wie auch als Komplettsysteme. Neben regulären Fotodioden bietet man auch wellenlängenempfindliche Systeme und solche mit hoher örtlicher Auflösung. Das Unternehmen ist auf Einzelstücke ebenso vorbereitet wie auf Losgrößen von mehreren Millionen Stück pro Jahr. So wurde First Sensor zu einem der wachstumsstärksten mittelständischen Unternehmen des Jahres 2011 in Deutschland – und akquirierte Ende 2011 die Sensortechnics-Gruppe, zu der auch die Berliner Elbau gehört, ein spezialisierter Entwickler und Produzent optoelektronischer Sensortechnik.

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5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

Quadranten-Fotodiode © First Sensor AG

Auch das Mannheimer Sensorik-Unternehmen Pepperl + Fuchs ist mit einem Standort in der Region vertreten. Das Werk Berlin ist Spezialist für optoelektronische Sensoren und Sicherheitsanwendungen, nicht zuletzt befasst man sich hier mit anspruchsvollen optischen „Time-of-Fly“-Systemen, in denen die Laufzeiten von Laserstrahlen zu Messzwecken verwendet werden.

Sicherheitstechnik treibt die Entwicklung Forciert wird die Weiterentwicklung von Sensorik und optischer Messtechnik oft von den Anforderungen boomender Branchen. Treiber sind zum Beispiel Photovoltaik, Medizin, Bio- und Umwelttechnologien. Aber auch die gestiegenen Ansprüche an Sicherheitstechnik haben sich zu einer Chance für eine ganze Reihe Berliner und Brandenburger Unternehmen entwickelt. Die iris-GmbH infrared & intelligent sensors etwa verfügt über Expertise auf den Gebieten thermische Infrarotsensoren (FIR), Sensoren im Nahen Infrarot (NIR, AIR), Time-of-flight (TOF) und Signalverarbeitung. Dieses Know-how bringt das Unternehmen in die Entwicklung und Herstellung von optoelektronischen Sensorkomponenten und Produkten ein, welche insbesondere für die automatische Personenzählung im öffentlichen Nahverkehr und die Gebäudeautomation eingesetzt werden.

Das Design der pyroelektrischen Sensorchips wurde speziell auf die Anforderungen der Personenzählung ausgerichtet. © iris-GmbH

Produkte für den öffentlichen Personenverkehr liefert auch die Berliner ASAS Systemtechnik. Mit Hilfe von Infrarot-Sensoren, -Kameras und -Übertragungstechnik gibt man Fahrzeugführern den Überblick über das Geschehen. Auch bei der Objektsicherung kommt ASAS-Infrarot-Technik zum Einsatz. Hella Aglaia Mobile Vision bemüht sich darum, Zusammenstöße zu vermeiden. Man gehört zu den Weltmarktführern im Bereich intelligenter optischer Sensorsysteme – vor allem für den Straßenverkehr, aber auch für andere Anwendungsbereiche. Von Hella Aglaia Mobile Vision kommen kamerabasierte Komponenten, die mehr und mehr Standard in modernen Pkw werden, etwa Verkehrszeichen- und Hinderniserkennung. Optische Sensorik im Dienst der Sicherheit kann auch einfacheren Prinzipien folgen. Wie etwa bei den Produkten der Berliner Ident Technologies, bei der man sich auf Zugangskontrollsysteme spezialisiert hat, die auf der Basis von Fingerabdruck-Scans funktionieren. Oder wie bei einer Idee, die LTB Lasertechnik Berlin gemeinsam mit Lackhersteller Lanxess und der ebenfalls in Berlin beheimateten Gesellschaft für angewandte Informatik (GFaI) entwickelte. Dabei werden zu kontrollierende Flächen mit einem unsichtbaren fluoreszierenden Lack beschichtet. Wird an einer so behandelten Fläche manipuliert, wird die Lackschicht beschädigt. Bei der Bestrahlung fällt das auf, die Kontrolltechnik erlaubt schnelle Überprüfungen. Die fibrisTerre GmbH wiederum, eine Ausgründung der Bundesanstalt für Materialforschung, verwendet Faseroptik, um die Stabilität großer Bauwerke zu überwachen. Die Fasern werden in zu überwachende Strukturen integriert, mit ihnen lassen sich verteilt Temperatur und Dehnung im Blick behalten. So erhalten Kunden ein zuverlässiges Monitoring-System für den Einsatz in geotechnischen Strukturen, in der industriellen Sensorik und bei der Überwachung großer Infrastrukturbauwerke, etwa Brücken oder Pfeilern.

Messsysteme und Komponenten aus Berlin-Brandenburg In den Fahrgastzählsensoren der iris-GmbH kommen verschiedene Sensortechnologien zum Einsatz. Der aktuelle IRMA MATRIX arbeitet mit der 3D-Time-of-Flight-Technik © iris-GmbH

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Hinzu kommen die vielen Unternehmen der Region, die mit ihren optischen Systemen und Komponenten dafür sorgen, dass in Forschungseinrichtungen und den Entwicklungsabteilungen von Unternehmen präzise Messungen vorgenommen werden können.


5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

So stellt zum Beispiel Picoquant in Berlin Adlershof neben weiterer Labortechnik komplette Fluoreszenz-Spektrometer her. Auch L & M Laser- und Messtechnik in Werder/Havel ist auf dem Gebiet aktiv. Noch spezieller wird es bei den Produkten des Hauses Bekker & Hickl. Das Unternehmen hat sich auf die Fluorescence Lifetime Imaging Microscopy spezialisiert, kurz FLIM. Auch die IOMInnovative Optische Messtechnik bietet Messsysteme für die Fluoreszenz-Analyse. Unter anderem stellt man Fluoreszenzspektrometer mit Nanosekunden-Zeitauflösung her, Detektoren, die native Fluoreszenzen erkennen können, sowie Technik zur Prozessüberwachung. Die Optris GmbH, ebenfalls mit Sitz in der Hauptstadt, ist spezialisiert auf Technologie für die berührungslose Temperaturmessung mittels Infrarotstrahlung. Das Angebot umfasst Pyrometer für den Hand- und stationären Betrieb sowie Infrarot-Kameras. Optris-Technik eignet sich für den Einsatz in Forschung und Entwicklung genauso wie für automatisierte Anwendungen in industriellen Fertigungsprozessen.

mit spektroskopischen Analyseverfahren, wie z.B. Photoelektronenspektroskopie mit Röntgen- und UV-Licht, Augerelektronenspektroskopie und Elektronenverlustspektroskopie. Das Berliner Entwicklungsbüro Stresing ist spezialisiert auf die Entwicklung von CCD-Kamerasystemen für Forschung und Industrie. Man bietet Zeilen- und Flächenkameras für alle gängigen Anwendungen. Auch gekühlte Kameras für harte Einsatzbedingungen und komplette Spektrometersysteme für den Bereich von Ultraviolett bis Infrarot hat Stresing im Angebot. Software für die optische Messtechnik schließlich ist das Kerngeschäft von Trioptics Berlin. Seit 2010 ist das ehemals zu der schweizer Fisba Optik AG gehörende Unternehmen Teil des Messtechnik-Herstellers Trioptics, Kernprodukt ist das Softwarepaket µShape für die Interferometrie, das für eine Vielzahl von Interferometertypen verfügbar ist. Außerdem befasst man sich bei Trioptics mit Software-Entwicklung, Beratung sowie der Durchführung von Messungen im Kundenauftrag.

Quotientenpyrometer CT ratio 1M zum Einsatz in rauesten Industrieumgebungen © Optris GmbH

Vor allem in der Waferherstellung und in der Produktion optischer Komponenten kommt die optische Messtechnik zum Einsatz, die OEG - Optik Elektronik Gerätetechnik in Frankfurt (Oder) entwickelt und produziert. Man bietet Messmikroskope mit Bildverarbeitung zur dimensionellen Objektvermessung, Kontaktwinkelmessgeräte sowie Messgeräte für die optischen Parameter von Einzellinsen und optischen Systemen. OEG-Technik misst zum Beispiel Linienbreiten auf strukturierten Wafern. Auch Askania Mikroskop Technik Rathenow versteht sich auf Mikroskope. Als Ergänzung für die Labor-, Stereo- und Auflicht-Mikroskope aus eigener Fertigung bietet man auch Zubehör und Software für die digitale Bildvermessung. Die Specs Surface Nano Analysis GmbH ist ein führender Hersteller von Komponenten und Systemen für die Oberflächenanalytik. Neben mikroskopischen Methoden verfügt Specs auch über langjährige Expertise

µPhase® Kompaktinterferometer © Trioptics Berlin GmbH

Vernetzung als Erfolgsbasis Forschung auf internationalem Spitzenniveau und Unternehmen, die innovative Antworten auf hoch spezialisierte Fragestellungen liefern – die Vernetzung von Firmen untereinander und mit der Forschung ist in Berlin-Brandenburg hervorragend entwickelt. Keinen geringen Anteil daran hat OpTecBB, das Kompetenznetz Optische Technologien Berlin-Brandenburg. Hier bündelt man die Aktivitäten im Schwerpunkt „Photonik für Kommunikation und Sensorik“ (PhoKoS) – damit aus Ideen auch weiter Forschungsprojekte, Entwicklungen und marktfertige Produkte werden. Kontakt:

Spektrometer mit gekühlter VIS und IR Kamera © Entwicklungsbüro Stresing

Dr. Henning Schröder Fraunhofer IZM Tel.: 030 / 46403 277 E-Mail: henning.schroeder@izm.fraunhofer.de

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5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

„Optische Messverfahren sind für die Automatisierung ganzer Produktionslinien bedeutungsvoll“ Interview mit Prof. Dr. Norbert Langhoff zur optischen Messtechnik und Sensorik

Optische Messtechniken werden als Messverfahren immer bedeutender. Welche wesentlichen Vorteile zeichnen die optischen Messtechniken aus? Gibt es typische Schwachpunkte? Die optischen Messverfahren haben durch die Entdeckung des Laser-Prinzips und dessen vielfältigen Einsatz in technischen Anlagen sowie Konsumgütern eine enorme Erweiterung erfahren. Das betrifft neue Messmethoden, die Messproduktivität, die Messgenauigkeit sowie die Messwertauflösung gleichermaßen. Sehr bedeutungsvoll ist der zunehmende Einsatz optischer Messverfahren und Geräte im prozessnahen Bereich als Voraussetzung für die Automatisierung ganzer Produktionslinien in der Industrie. Sie zeichnen sich insbesondere durch eine berührungslose und zerstörungsfreie Technik aus. Als typische Schwachpunkte treten häufig die begrenzte Lebensdauer der Lichtquellen, der Preis von Lasern sowie der Einfluss atmosphärischer Störungen wie z. B. Feuchtigkeit oder Staub auf. In welchen Bereichen werden optische Messtechniken schon jetzt auf breiter Ebene eingesetzt? Gibt es auch kommerzielle Nutzer aus der Hauptstadtregion und für welche Aufgaben setzen diese die Technologien ein? Der Maschinenbau, die Halbleiterindustrie, der Automobilbau u. a. in ihrer ganzen Breite und insbesondere alle NC-gesteuerten Anlagen sind auf optische Messtechniken angewiesen. In BerlinBrandenburg existieren eine Reihe von Großfirmen wie Siemens (Generatorenbau), BMW (Motorräder), Mercedes-Benz (Verbrennungsmotoren), Rolls-Royce (Strahltriebwerke für Flugzeuge), die in vielfältiger Weise sowohl in der Fertigung als auch in der Qualitätskontrolle optische Verfahren nutzen. Wie sind Forschung und Wissenschaft aus Berlin-Brandenburg bei den optischen Messtechniken aufgestellt? In welchen Bereichen sind die Einrichtungen führend, wo besteht Verbesserungsbedarf? Mit dem gemeinnützigen Verein OpTecBB hat sich in den zurückliegenden mehr als 10 Jahren in der Region Berlin-Brandenburg ein Netzwerk entwickelt, das in vielfältiger Weise Mitglieder aus Forschung, Entwicklung und Fertigung vereint. In der Grundlagenforschung ist auf dem Gebiet der Ultrakurzzeit-Methoden (Femtosekunden) das Max-Born-Institut in Berlin-Adlershof weltweit führend. Ein gutes Beispiel für diese Vorrangstellung ist die erste laserplasmagestützte fs-Röntgenquelle, die gemeinsam mit dem IfG Institute for Scientific Instruments GmbH bis zur Marktreife entwickelt wurde. Eine besonders hohe Konzentration von Forschungspotenzial wie HZB, PTB, BAM, MBI, TU und Unternehmen findet man in unserer Region auf dem Gebiet der Röntgenphysik und –technologie.

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In der Hauptstadtregion fehlen oft die Unternehmen, die bedeutende Entwicklungen aus Forschung und Wissenschaft auf dem Markt platzieren. Wird das Gründungspotenzial im Bereich der optischen Messtechniken voll ausgereizt und wo gibt es Verbesserungsmöglichkeiten? Auf welche Weise können sich auch kleinere Firmen national und international behaupten? Der Wissenstransfer zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen konnte in den letzten Jahren erheblich intensiviert werden. Gute Beispiele findet man in Berlin-Adlershof und BerlinBuch. Seitens der TSB Technologiestiftung Berlin wurde dieser Prozess tatkräftig unterstützt. Dennoch sind die Möglichkeiten bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Es wäre erstrebenswert noch mehr junge Wissenschaftler mit guten Geschäftsideen zu Ausgründungen zu motivieren. Sehr positiv könnten sich die noch breiteren Publikationen von Beispielen gelungener Ausgründungen auswirken. Regelmäßige Seminare mit erfolgreichen Ausgründern an den Universitäten und Hochschulen wären eine gute Grundlage. Bei Ausgründungen spielt neben der Produkt- oder Verfahrensidee sowie dem Startkapital die nationale und internationale Vernetzung eine bedeutende Rolle. Günstig ist es, mit dem „Netzwerken“ bereits vor der Ausgründung zu beginnen. Hilfreich dabei sind Publikationen mit überzeugenden Anwendungen, die den Kundennutzen aufzeigen sowie die Teilnahme an Konferenzen, Ausstellungen und frühzeitige Kontakte zur einschlägigen Industrie. Für die optische Prozessmesstechnik gehören die industrielle Lebensmittelherstellung, die Pharmaindustrie, die Halbleitertechnologie und die Photovoltaik zu den Haupteinsatzbereichen. Welche Einsatzfelder werden in der Zukunft hinzukommen? Bei den genannten Industriezweigen (Lebensmittelherstellung, Pharma) ist die optische Messtechnik insbesondere für die Automatisierung von Herstellungsprozessen und der Qualitätsprüfung fest etabliert. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt der Einsatz in der Umweltanalytik (Wasser, Boden, Luft), den Ressourcentechnologien sowie bei der Gewinnung von Wertstoffen aus Abfällen. UV- und Röntgentechnologien sind bereits lange auf dem Markt etabliert. Welche Neuerungen gibt es auf diesem Gebiet und welche wichtigen Errungenschaften und Erkenntnisse haben die Forschungseinrichtungen aus Berlin-Brandenburg dazu beigetragen? Die Röntgentechnologien nehmen in der Region Berlin-Brandenburg im landesweiten und europäischen Vergleich eine starke Position ein. Getragen wird diese Aussage durch die „Leuchttürme“ in der Forschung wie das Helmholtz-Zentrum Berlin mit BESSY II, die PTB, die BAM, das MBI und die TU Berlin, sowie die auf dem


5.1.3 Optische Messtechnik und Sensorik

Der sehr aufwändige Freie-Elektronen-Laser, auch Röntgenlaser genannt, wird für die Branche immer bedeutender. Welche Möglichkeiten bietet er und kann diese Technologie in Zukunft auch auf breiterer Ebene zur Anwendung kommen? Mit der Verfügbarkeit von gepulstem Röntgenlicht höchster Intensität, das von Freien-Elektronen-Lasern generiert wird, können nunmehr Experimente durchgeführt werden, die der Untersuchung dynamischer Prozesse/Effekte auf der atomaren und molekularen Ebene dienen. Nach Überwindung von zur Zeit noch bestehenden technischen Problemen werden der Forschung und Entwicklung neue Horizonte für die zeitaufgelöste Röntgenanalytik im fs-Bereich eröffnet. Prof. Dr. Norbert Langhoff ( Jahrgang 1935) war von 19701991 Direktor des ZWG-Zentrum für wissenschaftlichen Gerätebau der Akademie der Wissenschaften der DDR. Bereits im Jahre 1990 gründete er mit zwei weiteren Partnern die ISTCIndustrial, Science and Technology Consult GmbH. Von 19932010 war Norbert Langhoff geschäftsführender Gesellschafter der IfG-Institute for Scientific Instruments GmbH. Die Kernkompetenzen dieses Institutes umfassen röntgenanalytische Methoden für die Stoff- und Strukturanalytik, speziell von röntgenoptischen Systemen. Er ist Mitgründer und gegenwärtig Vorsitzender des IAP – Institut für angewandte Photonik e.V. Norbert Langhoff gehört zu den Gründungsmitgliedern des Kompetenznetzes Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB e.V.), dessen Vorstand er mehrere Jahre angehörte. Auf seine Initiative ist die Gründung der VDI-Bezirkssektion Adlershof zurückzuführen, deren Ehrenvorsitzender er ist. 2011 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz erster Klasse verliehen.

Mit Ihrem Unternehmen IfG haben Sie eine Röntgenfarbkamera entwickelt. Welche Vorteile hat diese Kamera für die Medizinwelt und wie weit ist der Entwicklungsstand?

Gebiet der Röntgendetektoren führende Firma Bruker Nano GmbH, bei Röntgenstrahlungsquellen die Firma rtw Dr. Warrikhoff GmbH Neuhagen sowie das IfG Institute for Scientific Instruments GmbH auf dem Gebiet von Röntgenoptiken. Durch die Erarbeitung einschlägiger Richtlinien und Normen haben diese Firmen international beachteten Einfluss erzielt. Gemeinsame Projekte haben die Grundlagen für die Integration von röntgenanalytischen Messköpfen in industrielle Fertigungsprozesse gelegt. Maßgebend dafür waren die Minimierung von Strahlungsverlusten mit Hilfe von Optiken sowie aller Komponenten (Quellen, Detektoren).

Für die RFK wird eine spezielle pn-CCD mit ca. 70.000 Pixeln verwendet, wobei jeder einzelner Pixel wie ein energiedispersiver Detektor mit hoher energetischer Auflösung (150 eV) funktioniert. Der pn-CCD-Detektor wird mit einer Glas-Kapillarlinse zu einer vollwertigen Röntgenkamera komplettiert. Die Polykapillarlinse wirkt dabei wie ein 2-dimensionaler Kollimator, so dass die einzelnen Bildpunkte jeweils abgebildet werden auf einzelne Pixel. Die bisher erreichten Ortsauflösungen mit vergrößernden Optiken liegen bei <10 µm. Die RFK ermöglicht somit die ParallelMessung von 70.000 Spektren eines Bildausschnittes von 10 x 10 mm² (mit 50 µm Ortsauflösung) bzw. 3 x 3 mm² (mit 10 µm Ortsauflösung).

Welche Merkmale hat die „Technologische Roadmap“ der UV- und Röntgentechnik in Berlin-Brandenburg? Ein Schwerpunkt im Rahmen der Tätigkeit von OpTecBB e.V. sind die UV- und Röntgentechnologien. Um in kürzester Zeit und mit einem möglichst hohem Niveau bei Vermeidung von Informationsverlusten die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Unternehmen voranzubringen wurde in gemeinsamer Arbeit eine „Technologische Roadmap“ erstellt, die abgeleitet aus den erkennbaren Trends der Märkte, sowie der Forschung gemeinsamer Ziele für Produktentwicklungen kommerzielle Randbedingungen abgesteckt hat. Im Verlauf von 10 Jahren haben die beteiligten Unternehmen ihren Gesamtumsatz nahezu verdreifacht.

Die Röntgenfarbkamera (RFK) ist das vorerst letzte Glied in einer langen Entwicklungskette neuartiger Halbleiterdetektoren für Röntgenstrahlung der letzten 15 Jahre. Ausgangspunkt dafür waren und sind die Entwicklung spezieller Detektionssysteme im Halbleiterlabor des Max-Planck-Instituts für extraterristische Physik für Weltraumexperimente auf dem Gebiet der Röntgenastronomie. Mit Unterstützung der IfG GmbH hat die Firma Röntec GmbH (heute Bruker Nano GmbH) in Berlin Adlershof auf vertraglicher Basis gemeinsam mit dem Halbleiterlabor eine neue Generation von Silizium-Driftkammer-Detektoren (SDD) auf den Markt gebracht, die dazu führte, dass weltweit die bis dahin verwendeten Si (Li)-Detektoren abgelöst wurden. Jährlich werden mehrere Tausend solcher SDD-Detektoren verkauft.

Die bisherigen Applikationen konzentrieren sich auf analytische Problemstellung (Elementanalyse) in den Materialwissenschaften sowie Biologie. Anwendungen in der medizinischen Forschung sind in der Vorbereitung. Für die Fluoreszenzanregung werden sowohl Synchrotronstrahlung als auch Laborröntgenquellen genutzt. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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5.1.3.1 Optische Prozessmesstechnik

Lichtstrahlen überwachen die Produktion Norbert Esser, Ulrich Panne, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Optische Messmethoden können in vielen Bereichen der industriellen Wertschöpfung eingesetzt werden. Vor allem dann, wenn es gelingt, Messtechnik zu automatisieren und on-line und in-situ in Fertigungsprozesse einzubinden – sprich: Messungen kontinuierlich und automatisiert vorzunehmen und daraus folgende Korrekturen zu veranlassen, ohne dass die laufende Produktion dafür unterbrochen werden muss. Optische Methoden ersetzen in der industriellen Fertigung zunehmend die traditionelle Probenahme: Die Messung der Extinktion, Absorption, Streuung oder Reflektion erlaubt Aussagen zur Beschaffenheit der produzierten Stoffe. Solche Messungen, durchgeführt mit Licht verschiedener Wellenlängen, erlauben umfassende Aussagen zu den Eigenschaften des untersuchten Materials und zum Ablauf von Reaktionsprozessen. Liegt am Ende das Produkt in der gewünschten Güte vor? Liegen Reaktionstemperatur und -geschwindigkeit innerhalb der definierten Rahmenbedingungen? Bei Mischprozessen lässt sich optisch kontrollieren, ob das Verhältnis der Grundsubstanzen im Mischprodukt das richtige ist. Auch zur Kontrolle von Oberflächen und Oberflächenprozessen sind optische Messungen wichtig – sei es in der Halbleitertechnologie, der Photovoltaik, bei Oberflächenvergütungen oder zur Beurteilung der Qualität von Lacken und anderen Beschichtungen.

anderem mit Verfahren wie der IR- und VUV-Ellipsometrie, Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie, Ramanspektroskopie und Atomabsorptions- und -emissionsspektrometrie zur Vermessung ultradünner Schichten, sehr kleiner Strukturen und geringster Materialmengen. Am ISAS beschäftigt man sich damit, diese Methoden kontinuierlich weiterzuentwickeln. Es gilt, die Empfindlichkeit zu erhöhen, den nutzbaren spektralen Bereich zu erweitern, die spektrale Auflösung sowie Orts- und Zeitauflösung zu steigern. Denn je genauer und schneller optische Messmethoden funktionieren, desto mehr Anwendungen erschließen sich ihnen. Materialwissenschaftlich interessante und relevante Strukturen werden immer kleiner, bis in den molekularen und atomaren Bereich. Und in der Bioanalytik gilt es, immer neue Stoffe und geringste Konzentrationen mit Hilfe optischer Verfahren zu bestimmen. So lassen sich biologische Vorgänge besser verstehen und neue medizinische Therapiemethoden entwickeln.

Fertigungsprozesse werden durch optische Methoden kontinuierlich überwacht, der „Blindflug“ zwischen einzelnen Kontrollen entfällt. Anlagen können dadurch länger laufen und die Ausschussquote sinkt. Außerdem können die erhaltenen Daten verwendet werden, um Prozesse automatisiert nachzusteuern. Auch dafür müssen die Maschinen nicht mehr gestoppt werden.

Neue Materialien und Produktionsverfahren erfordern neue Prüfmethoden Neue Verfahren optischer Prozessmesstechnik befördern die Wirtschaftlichkeit vieler Zukunftstechnologien. Einen besonderen Schwerpunkt stellt dabei die Kontrolle von Grenzflächen, Filmen und dünnen Schichten dar. Die Verfahren spielen eine wichtige Rolle für die Gütekontrolle in der industriellen Zucht von Halbleiterkristallen sowie in der Produktion von LEDs und Solarzellen. Technologien, die in Berlin-Brandenburg Schwerpunkte von Forschung und Entwicklung sind. So befassen sich die Forschungsinstitutionen, die in der Region auf diesem Gebiet aktiv sind, naturgemäß auch mit den Methoden, die es braucht, um die Qualität der Produktion zu überwachen. So sind optische Materialanalyse und Grenzflächenspektroskopie wesentliche Themen des Leibniz-Instituts für Analytische Wissenschaften - ISAS. Am Berliner Standort befasst man sich unter

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Optisches Monitoring der elektrochemischen Deposition von dünnen Polymerschichten auf Silizium mittels Reflektions-Anisotropie-Spektroskopie (RAS) © ISAS in Kooperation mit LayTec AG und HZB

Optische Messmethoden machen die Medikamentenproduktion sicherer Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung verfügt am Standort Berlin über eine umfangreiche Kernkompetenz in optischen Messmethoden. Im Fokus stehen unter anderem Fragen zur Haltbarkeit von Werkstoffen, Komponenten und Strukturen sowie zur Verschleißanalyse und zur Beständigkeit von Polymeren. Außerdem betreibt man Forschung zur Entwicklung neuer optischer Verfahren im Bereich der industriellen Prozessanalytik


5.1.3.1 Optische Prozessmesstechnik

und zur Untersuchung der Umweltfaktoren Luft, Boden, Wasser sowie Abwasser und Abfall. Mit Hilfe einer Vielzahl unterschiedlicher on-line- und in-situTechniken versucht die optische Prozessanalytik der BAM einen detaillierteren Einblick in chemische Prozesse und Abläufe zu gewinnen. Man arbeitet zum Beispiel mit Fluoreszenz- und Ramanspektroskopie, aber auch mit laserinduzierter Plasmaspektroskopie und mit konventioneller Infrarot- und Nah-InfrarotSpektroskopie. Relevant sind solche Methoden unter anderem im Hinblick auf die Herstellung von Medikamenten, wo die amerikanische Zulassungsbehörde Food & Drug Administration (FDA) im Rahmen ihrer PAT-Initiative (process analysis technology) die Einführung strenger produktionsbegleitender Kontrollen forciert. Aber auch in der chemischen Industrie, der Biotechnologie und Lebensmitteltechnologie hat es in den vergangenen Jahren viele neue Ansätze zu Strategien für die Prozesskontrolle gegeben - etwa durch Entwicklungen im Bereich der Miniaturisierung, Hochdurchsatzanalytik und Modellierung von Prozessen. Bei ihrer Forschung zur Prozessanalytik hat die BAM viele unterschiedliche Ziele im Auge. Es gilt, ein besseres Verständnis von dynamischen Produktionsvorgängen zu erlangen. So lassen sich umweltfreundlichere und sicherere Fertigungsverfahren etablieren, die Qualität der Endprodukte verbessern und die Kosten der Produktion senken.

lich arbeiten kann, muss es gleichzeitig präzise die einzelnen Stoffe voneinander trennen können und in der Lage sein, große Mengen in kurzer Zeit zu verarbeiten. Die Güte des Recyclings bei Abfallströmen hängt dabei besonders von der Bestimmung der Nebenbestandteile ab. Deshalb setzen die Projektpartner auf ein schnelles und empfindliches Multielement-Analyseverfahren wie der laserinduzierten Plasmaspektroskopie (LIBS), welches auch eine direkte Analyse von Schüttgütern und anderen Stoffströmen erlaubt. Durch Multiplexbetrieb mit neuartigen Echelle-Spektrographen und entsprechenden multivarianten Ansätzen zur Quantifizierung können Materialien schnell, zuverlässig und kontaktlos sortiert werden. Ein Verfahren, das auch für Anwendungen jenseits des Wertstoff-Recyclings interessant ist.

Halbleiter, Solarzellen und LEDs – Hightech auch in der Fertigungskontrolle

Wertstoffe schnell und automatisch sortieren Optische Messverfahren helfen zum Beispiel Ressourcen besser zu nutzen: In einem Verbundprojekt zwischen BAM, ISAS und weiteren Partnern werden deshalb derzeit innovative Methoden der fasergekoppelten Vielkanalspektroskopie für Recyclingprozesse erprobt. So will man in Zukunft Abfall besser als bisher in seine Bestandteile trennen können. Neben dem Schutz der Umwelt

In-situ Sensor EpiTT für die Wachstumsanalyse während MOCVD- und MBE-Prozessen © LayTec AG

Multiplex-LIBS-Verfahren zur Sortierung von Stoffströmen © ISAS

steht dahinter auch eine starke wirtschaftliche Motivation: Denn eine hohe Wertschöpfung ist im Recycling nur mit sortenreinem Ausgangsmaterial möglich. Damit ein Sortiersystem wirtschaft-

Berlin und Brandenburg gehören zu den innovativsten deutschen Standorten in Sachen Photovoltaik und LED-Technik. Und natürlich entstehen dort, wo solche Komponenten entwickelt und produziert werden, auch Unternehmen, die die Technik bereitstellen, die nötig ist, um die Fertigungsqualität sicherzustellen. Ein Beispiel dafür ist LayTec. Gegründet im Jahr 1999 als Spin-off der TU Berlin, belegt das Unternehmen 2011 als Spitzenreiter aus

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5.1.3.1 Optische Prozessmesstechnik

der Region Berlin-Brandenburg den 8. Rang der am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen Deutschlands und wurde zum dritten Mal in Folge mit dem Deloitte Technology Fast 50Award ausgezeichnet. Auf dem Gebiet der prozessintegrierten optischen Messtechnik für Dünnschicht-Prozesse hat sich LayTec eine führende Stellung erarbeitet. Produkte des Unternehmens werden für die Entwicklung und Fertigung von Leuchtdioden, Halbleiterlasern, Solarzellen und anderen Dünnschichtbauelementen verwendet. Sie überwachen die Wachstumsprozesse benötigter Kristallschichten, etwa bei metallorganischer GasphasenEpitaxie (MOCVD) und Molekularstrahlen-Epitaxie (MBE). Das Unternehmen nutzt und kombiniert optische Messverfahren wie Reflexion, emissivitätskorrigierte Pyrometrie, Laser-Deflektometrie, Reflexions-Anisotropie-Spektroskopie, Streulicht- und Photolumineszenz-Messungen, um die Herstellung von nano-dimensionierten Dünnschichtstrukturen zu überwachen. Man prüft also mittels optischer Verfahren unter anderem Temperatur, Abmessungen, Güte und Oberflächenbeschaffenheit der zu prüfenden Elemente. Das geschieht entweder direkt während des Prozesses oder zwischen den einzelnen Beschichtungsschritten von Vielschichtstrukturen – und verkürzt so die Entwicklungszyklen und steigert die Prozessausbeute. Auch die Berliner greateyes GmbH ist Spezialist für die Prüfung von Solarzellen. Die greateyes-Systeme arbeiten mit Elektro- und Photoluminiszenz, um Zellen, Module und Wafer auf Risse, Inhomogenitäten und andere Defekte zu kontrollieren. Für das LEDbasierte Photoluminiszenz-Inspektionssystem „LumiSolarCell“ erhielt das Unternehmen im Jahr 2010 den Innovationspreis Berlin-Brandenburg. Außerdem bietet greateyes CCD-Kameras, die Strahlung vom nah-infraroten bis in den UV-Bereich detektieren können und die sich für eine große Bandbreite an spektroskopischen Anwendungen nutzen lassen.

Sensor für Haze-Messung © Sentech Instruments GmbH

Auch Sentech Instruments mit Sitz im Technologiepark Adlershof ist ein Weltmarktführer – nämlich in der Ausrüstung von Fertigungslinien für Silizium-Solarzellen. Man ist führender Anbieter von Reflektometern oder Laser- und spektroskopischen Ellipsometern, die Dicke und Brechungsindizes dünner Schichten und Schichtsysteme bestimmen. Aber auch im Bereich der Dünnschichtsolarzellen ist Sentech aktiv. Mit dem SenSol Haze hat das Berliner Unternehmen kürzlich ein neues Messsystem zur Qualitätskontrolle von transparenten, leitfähigen Oxid-Schichten (TCO) in der Massenproduktion von Dünnschicht-Solarzellen auf den Markt gebracht. Das Systemdesign ermöglicht insbesondere an den Kanten der manuell oder maschinell einbringbaren Glasplatten exakte Messungen. Mit Oerlikon Solar konnte man bereits einen führenden Ausrüster von Dünnschicht-PV-Produktionsanlagen von den Vorteilen des neuen Systems überzeugen. Darüber hinaus bietet Sentech zahlreiche weitere Sensoren an, die in das System integriert werden können.

Stoffe und Oberflächen prüfen – vom Isolierglas bis zur Kläranlage

Auch die ISRA Vision Graphikon GmbH ist Spezialist auf ihrem Gebiet. Das Unternehmen entstand durch das Zusammengehen des Berliner Unternehmens Graphikon mit ISRA, dem Weltmarktführer für Oberflächenspektroskopie. Von Berlin-Pankow aus bietet man Kontrollsysteme für die automatische optische Inspektion aller Bereiche der Solarindustrie. Systeme von ISRA Vision Graphikon kommen in der Produktionskontrolle von Wafern und Zellen, aber auch von kompletten Modulen, Spiegeln und den benötigten Glas-Komponenten zum Einsatz.

OCS Spectrophotometer © ColVisTec AG

Mehrfach-Sensor-Plattform SenSol H für Dünnschicht-Solarzellen © Sentech Instruments GmbH

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Doch nicht nur in den Boombranchen ist optische Prozessmesstechnik made in Berlin-Brandenburg gefragt. Anwendungen finden sich quer durch das Spektrum industrieller Produktion und Umweltanalyse, von der Autoindustrie bis in die chemische Industrie, von der Pharmazeutik bis zur Lebensmittelherstellung. Und vom Klärwerk bis zur Erzeugung von Biogas.


5.1.3.1 Optische Prozessmesstechnik

Wichtig ist dabei nicht allein, das passende Verfahren für die jeweilige Anwendung zu finden. Für den Einsatz in der Industrie müssen Lichtquellen, Detektoren und Peripherie unanfällig sein gegen Stäube, extreme Temperaturen, Gase, Feuchtigkeit und aggressive Chemikalien. Sie müssen standfest sein – und bezahlbar, damit sich ihre Anwendung wirtschaftlich lohnt. Solche Anwendungen sind das Geschäft der ColVisTec AG. Ingenieure und Wissenschaftler aus den Bereichen Spektralphotometrie, Optik sowie Prozess- und Produktionskontrolle gründeten das Unternehmen im Jahr 2009 in Berlin-Adlershof. Man entwikkelt, produziert und vertreibt Prozessüberwachungssysteme als Inline-Technologie, basierend auf feinauflösender Spektralphotometrie – „Inline-Farbmessung“ könnte man sagen.

sche Messtechnik für die Laborautomation im Angebot. Dazu kommen diejenigen, die Peripherie und das Know-how für den konkreten Einsatz liefern. So verdichtet 3s sensors systems solutions vorhandenes Datenmaterial zu mathematischen Algorithmen und entwickelt Kontroll- und Optimierungssoftware, die im Betrieb stetig dazulernt. Realisiert mit am Markt verfügbaren Sensor-Systemen, überwachen 3s-Lösungen Oberflächengewässer und Biomasse-Kraftwerke, prüfen, ob Klärwerke richtig arbeiten und steuern Biogas-Anlagen.

PIOX R Prozessrefraktometer © Flexim GmbH

Industrie und Wissenschaft noch enger vernetzen – BerlinBrandenburg macht Angebote

Extrusion Polymer Melt Probe © ColVisTec AG

Die ColVisTec-Systeme erlauben Messungen direkt im Verarbeitungsprozess an Materialien in flüssiger, pastöser, pulveriger oder geschmolzener Form. Mit speziellen Messsonden (Saphirlinse und Glasfaser) können Materialien von opak bis transparent überwacht werden. Die Einsatztemperaturen reichen bis 400°C, der mögliche Druck bis 345 bar. Eingesetzt werden kann die ColVisTecTechnik so von der Lack- und Getränkeherstellung bis zur Baustoff- und Kunststoffproduktion. Ebenfalls für den Einsatz bei der Verarbeitung von Flüssigkeiten sind die PIOX-Systeme des Herstellers Flexim gedacht: Die Refraktometer messen den Brechungsindex, um Konzentration, Dichte und Reinheit von flüssigen Stoffen im Produktions- oder Verarbeitungsprozess zu bestimmen. Die Technik arbeitet schnell und genau, sie ist unabhängig von Gaseinschlüssen, Trübung und Farbe. So messen PIOX-Refraktometer den Polymerisierungsgrad von Kunststoffen und die Konzentration von Lösungsmitteln in der Herstellung von Kunstfasern. Sie prüfen, ob Bier das korrekte Maß Stammwürze enthält, in der Lebensmittelindustrie helfen sie, den Zusatz von Zucker zu steuern. Und an Flughäfen überwachen sie das Enteisungsmittel.

Die optische Messtechnik entwickelt sich dynamisch. Stetig werden neue Methoden entwickelt, um Materialeigenschaften anhand von Streuung, Beugung oder Reflektion bestimmen zu können. Die Forschungseinrichtungen in Berlin und Brandenburg sind auf diesem Gebiet äußerst aktiv. Und in der industriellen Anwendung der Prinzipien steckt für die Zukunft noch sehr viel Potenzial. Doch wichtig ist es dafür, von wissenschaftlichen Erkenntnissen möglichst schnell zu praktisch einsetzbarer Technik zu kommen. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, passt sich die HochschulLandschaft der Region den Anforderungen an: Zurzeit läuft die Entwicklung eines gemeinsamen Curriculums „Optische Prozessmesstechnik“ an der Universität Potsdam sowie Technischer und Humboldt-Universität Berlin. Eine Kontaktstelle soll akademische Institutionen und Industriepartner noch enger vernetzen sowie als Anlaufstelle für Industriepraktika, Diplom-, Bachelor- und Masterarbeiten dienen. Die enge Vernetzung von Wissenschaft und Praxis ist traditionell eine der Stärken der Hauptstadtregion. Die optische Prozessmesstechnik macht hier keine Ausnahme: Berlin-Brandenburg als Kompetenzzentrum in Sachen Applikationen, Hardware, Beratung und Dienstleistung – und in enger Kooperation zwischen Forschern, Herstellern und Anwendern. Kontakt:

Noch viele weitere Unternehmen aus Berlin-Brandenburg bieten optische Prozessmesstechnik: OB Vision und pi4_robotics entwickeln optische Inspektionssysteme für die Prüfung von Flachglas. Außerdem hat pi4_robotics Lösungen zur Farbkontrolle und Laservermessung im Angebot. Die uwe braun GmbH liefert Farbund Oberflächen-Kontrollsysteme, die unter anderem in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Schmidt + Haensch hat opti-

Prof. Dr. Norbert Esser Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften - ISAS - e.V. Tel.: 030 / 6392 3530 E-Mail: norbert.esser@isas.de

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5.1.3.2 UV- und Röntgentechnologien

UV- und Röntgenlicht sind das Licht der Mikro- und Nanotechnologien Birgit Kanngießer, Frank Lerch, Robert Wagner, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

UV- und Röntgentechnologien erweitern den Anwendungsbereich der Optischen Technologien zu kleinsten räumlichen und zeitlichen Dimensionen. Sie machen Nanostrukturen sichtbar, genauso wie ultraschnell ablaufende Prozesse. Damit fördern sie die Weiterentwicklung von Medizin und Nanotechnologien – Schlüsselgebiete in der Forschung des 21. Jahrhunderts.

steht Bruker Nano in Berlin-Adlershof. Geräte zur Materialanalyse sind das Geschäft des Unternehmens. Auf dem Weltmarkt belegt man Platz drei auf dem Gebiet der energiedispersiven Röntgenfluoreszenzanalyse, der Identifikation der Zusammensetzung von Stoffen durch Bestrahlung mit Röntgenlicht.

In der Region Berlin-Brandenburg hat die Technologie eine lange Tradition, die bis ins späte 19. Jahrhundert zurückreicht. Heute besitzen Berlin und Brandenburg in diesem Bereich einmaliges Potenzial sowie eine international herausragende Stellung. Die Region bietet in gleichmäßiger Breite die gesamte Wertschöpfungskette, von der Grundlagenforschung bis hin zur Produktentwicklung in innovativen Unternehmen.

International einmalige Forschungsmöglichkeiten Zum Beispiel das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB). Seine Großgeräte zur Forschung mit Photonen und Neutronen bieten einzigartige Experimentiermöglichkeiten. Außerdem fungiert das HZB als Entwickler und Dienstleister für röntgentechnologische Komponenten. So ist das Institut für Nanometeroptik und Technologie am HZB eine der weltweit führenden Einrichtungen für die Qualitätsprüfung und Charakterisierung von Röntgenoptiken. Ein Technologiezentrum für hocheffiziente Präzisionsgitter wurde 2010 ins Leben gerufen. Es sucht nach neuen Geometrien für Beugungsgitter und nach Methoden für die hochpräzise Fertigung von tausenden Gitterlinien pro Millimeter. Auch das Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) und das Ferdinand-Braun-Institut, LeibnizInstitut für Höchstfrequenztechnik (FBH) gehören zu den international bedeutenden Forschungsinstitutionen in Sachen Röntgentechnologien. Hinzu kommen Labore für Forschung, Prüfung und Standards, allen voran die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) und die Bundesanstalt für Materialforschung und prüfung (BAM). Das Adlershofer Institut für angewandte Photonik (IAP) arbeitet als gemeinnützige private Industrieforschungseinrichtung an Projekten aus Grundlagen- und angewandter Forschung der Röntgentechnik und organisiert alle zwei Jahre die Fachtagung für prozessnahe Röntgenanalytik – PRORA.

EUV-Reflektometer-System © Bestec GmbH

Andere sind kleiner, aber hoch spezialisiert: Die Bestec GmbH fertigt Komponenten für Synchrotrone sowie Reflektometersysteme, mit denen die Oberflächen von Spiegeln für den fernen UV-Bereich auf Güte kontrolliert werden können. Die Firma sglux bietet optische und elektronische Produkte zur Messung, Steuerung und Kontrolle von UV-Strahlung an, welche größtenteils auf UV SiCPhotodioden basieren. Die Crystal GmbH fertigt optische Komponenten, mit denen sich die Strahlung lenken und filtern lässt.

Ein Ort für fruchtbare Kooperationen Möglich ist die hohe Innovationskraft nur deshalb, weil Forschungseinrichtungen und Unternehmen in Berlin-Brandenburg eng kooperieren. Um den Technologietransfer auf diesem Feld noch weiter zu befördern, wurde im Jahr 2010 das „Berlin Laboratory for innovative X-ray Technologies“ (BLiX) eröffnet. Angesiedelt ist es bei der Stiftungsprofessur für „Analytische Röntgenphysik“ an der TU Berlin. Es wird gemeinsam von der TU Berlin und dem MBI betrieben.

Die Region beherbergt Marktführer und Spezialisten Wo sich Technologie dynamisch entwickelt, ergeben sich Perspektiven für die Wirtschaft. Auch Berlin-Brandenburg wird von diesem Trend profitieren, beherbergt die Region doch eine bedeutende Zahl von Anbietern dieses Segments. Als Beispiel dafür

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Berlin Laboratory for innovative X-ray Technologies (BLiX) © TU Berlin


5.1.3.2 UV- und Röntgentechnologien

Gedacht ist das BLiX als Ort gemeinsamer Technologieentwicklung an den Schnittstellen von Forschung, Ausbildung und Innovation. Es initiiert Kooperationsprojekte zur Technologie- und Produktentwicklung und internationale Leuchtturmprojekte der Forschung, mit Blick auf die Anwendung von röntgentechnischen Methoden in den Optischen und den Nanotechnologien wie auch in der Mikrosystemtechnik. Dazu verfügt das BLiX über technische Ausstattung der Spitzenklasse: Seit Ende des Jahres 2011 steht unter anderem ein neu entwickeltes Laborröntgenmikroskop (L-TXM) zur Verfügung, ein Laborspektrometer für die dreidimensional aufgelöste Mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse (3D Mikro-RFA) sowie ein Von-Hamos-Spektrometer für die chemische Speziation im Labor. Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Forschung in der Region ist preisgekrönt. Etwa die Femtosekunden-Röntgenquelle der IfG Institute for Scientific Instruments GmbH. Ihr erster Prototyp wurde gemeinsam von IfG und der Gruppe von Prof. Thomas Elsässer aus dem MBI entwickelt. Zusammen mit der Universität Potsdam entstand ein marktfähiges Produkt, das Röntgenpulse im 100-Femtosekundenbereich liefert und nun Experimente im Labor ermöglicht, die vorher nur an Großgeräten wie Synchrotron oder Freiem Elektronenlaser durchgeführt werden konnten. Die Entwicklung wurde 2010 mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg bedacht.

Medizintechnik, daneben sind Röntgenstoff- und -strukturanalyse ein großes Thema. Und hier bestehen in der Region einmalige Kompetenzen. So wurde Technik aus Berlin-Brandenburg verwendet, um die Tiefenschichten der berühmten Qumran-Schriftrollen vom Toten Meer zerstörungsfrei zu untersuchen. Das geschah mit einer von Wissenschaftlern der TU Berlin neu entwickelten 3D-Mikro-Röntgenfluoreszenzanalyse; Wissenschaftler von BAM, TU und BESSY waren in dem internationalen Team vertreten, das die Rollen untersuchte. Auch für die Entwicklung von Zukunftstechnologien spielt die Analyse von Stoffen und Strukturen mittels Röntgenstrahlung eine große Rolle. So nimmt die Technologie in dem von HZB und TU gegründeten Kompetenzzentrum Dünnschicht- und Nanotechnologien für die Photovoltaik (PVComB) einen wichtigen Platz ein. Die regionalen analytischen Kompetenzen sollen helfen, die Effizienz von Solarzellen zu steigern, zum Beispiel indem neue Materialien mittels Röntgen untersucht und in ihren Eigenschaften charakterisiert werden. Den Hauptteil der Anwendungen stellt aber die Röntgenanalytik von Industriegütern dar. Sie ist wichtig, damit Menschen gesund bleiben und Industriegüter so funktionieren wie gewünscht. Etwa die Spurenelementanalytik mittels Röntgen, mit der kontrolliert werden kann, ob sich in Nahrungsmitteln nur das befindet, was erlaubt ist. Oder die Suche nach Fehlern und Verunreinigungen in allgemeinen Produktionsprozessen.

Viel zu tun in Forschung und Entwicklung

Mikrofokus-Röntgenquelle mit Kapillaroptik iMOXS © IfG Institute for Scientific Instruments GmbH

Generell ist IfG stark von Entwicklung geprägt. Man produziert ein weites Spektrum an Röntgenkapillaroptiken, mikro- und nanostrukturierte Glasprodukte, Röntgenquellen (iMOXS), unter anderem für die Röntgendiffraktometrie und Röntgenfluoreszenzanalyse – letztere auch als Zusatzbaugruppe für den Anbau an Rasterelektronenmikroskope. Die Röntgenfluoreszenzanalyse nutzt man auch in Messköpfen für die Prozesskontrolle, mit denen zum Beispiel die Fertigung photovoltaischer Elemente überwacht wird. Eine „Röntgen-Farb-Kamera“ von IfG kann ortsaufgelöst simultan unterschiedliche Wellenlängen des Röntgenlichts registrieren. So liefert sie eine Übersicht über die Elementverteilung in Proben.

Aus den Anforderungen der Zukunftstechnologien ergeben sich Arbeitsschwerpunkte für Forscheung und Entwicklung in der Region. Einige davon sind neue Generationen von Röntgenröhren; neue Röntgenoptiken, speziell HOPG-Optiken (highly oriented pyrolytic graphite) sowie Fresnel-Bragg-Linsen, Kapillaroptiken und andere; leistungsfähigere Röntgenhalbleiterdetektoren; laserbasierte Röntgenquellen für den weichen und mittleren Röntgenbereich, speziell für Pulse im Femto- bis Nanosekundenbereich sowie Methoden der chemischen Speziation, die unabhängig von Synchrotrons und Großgeräten sind. Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen sowie den Unternehmen in Berlin-Brandenburg wird die Arbeit so schnell nicht ausgehen. Und mit jedem Forschungsschritt wird Materialanalytik mittels Röntgenstrahlung auch andere Technologien weiterbringen. Vor allem dann, wenn es um die Auflösung von kleinen und kleinsten Strukturen geht. Denn UV- und Röntgenlicht sind das Licht der Mikro- und Nanotechnologien – und damit eines ihrer wichtigsten Werkzeuge. Kontakt:

Prof. Dr. Birgit Kanngießer Technische Universität Berlin E-Mail: birgit.kanngiesser@tu-berlin.de

Medizintechnik als Treiber, Materialanalytik an der Weltspitze Einen Schwerpunkt der Röntgentechnologien bilden bildgebende Verfahren wie Tomographie, Röntgenmikroskopie, aber auch Holographie oder kohärente Diffraktion. Großer Treiber dabei ist die

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5.1.3.3 Terahertz-Technologie

Kurze Wellen schaffen völlig neue Einblicke Heinz-Wilhelm Hübers, Kai Kolwitz

Im elektromagnetischen Spektrum sind die Wellen des Terahertz (THz)-Bereiches zwischen den Millimeter-Wellen und der InfrarotStrahlung angesiedelt. Mit ihnen verbinden sich große Hoffnungen und Erwartungen – was vor allem an ihren spezifischen Eigenschaften liegt. Materialien wie Papier, Kunststoffe oder Textilien sind für THz-Strahlung durchlässig, Metalle oder Wasser dagegen nicht. Sie lässt sich zur Durchleuchtung von Objekten ähnlich nutzen wie Röntgenstrahlung, allerdings ohne deren schädliche Eigenschaften. Und durch ihre kurze Wellenlänge ermöglicht sie in vielen Bereichen höhere Auflösungen als bisher genutzte Technologien. So lassen sich für die Strahlung viele Anwendungsbereiche denken, etwa in der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung und der Prozesskontrolle. Auch durchdringt THz-Strahlung die Kleidung und kann so darunter versteckte Gegenstände sichtbar machen, was sie für die Sicherheitstechnik interessant macht. Biomedizin und Kommunikation könnten ebenfalls Felder werden, in denen die Strahlung angewendet wird. Derzeit steht die THz-Technologie an der Schwelle von rein akademischer Forschung hin zu praktischen Anwendungen. BerlinBrandenburg ist hier sehr gut aufgestellt. Im nationalen wie auch internationalen Vergleich zeichnet sich die Region durch eine einmalige Bündelung von Kompetenzen in der grundlegenden und angewandten THz-Forschung und -Entwicklung aus. Neben der Grundlagenforschung in den Berliner Universitäten, dem MaxBorn-Institut oder dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) ziehen insbesondere die Synchrotronstrahlungsquellen des HZB und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) mit ihren dedizierten THz-Strahlrohren Interessenten aus der ganzen Welt an. Nicht zuletzt auch deshalb, weil es im Jahr 2003 am Synchrotron BESSY II des HZB in Berlin-Adlershof weltweit zum ersten Mal gelang, kohärente Strahlung im THz-Bereich zu erzeugen und ihre Eigenschaften mit speziellen Sensoren, die am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) entwickelt wurden, zu messen.

Viele Ansätze zur Entwicklung von THz-Komponenten Um Terahertz-Technologie in neue Felder praktischer und kommerzieller Nutzung überführen zu können, gilt es derzeit, die dafür notwendigen Komponenten zu entwickeln. Hier sind BerlinBrandenburger Forschungseinrichtungen auf vielen Feldern aktiv. Das Ferdinand-Braun-Institut (FBH) baut aktuell seine THz-Aktivitäten systematisch aus, der Fokus liegt auf elektronischen Komponenten im Frequenzbereich bis 0,5 THz. Die technologische Basis dafür bildet ein Transferred-Substrate-Prozess mit IndiumPhosphid-Heterobipolartransistoren zur Herstellung integrierter Schaltungen. Dies wird ergänzt durch einen Messplatz zur OnWafer-Messung bis 500 THz sowie die zugehörigen Design-Aktivitäten.

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Das Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP) konzentriert sich auf die Erforschung und Entwicklung von Silizium-Germanium-Heterojunction-Bipolartransistoren (HBTs), die nahe einer Frequenz von 0,5 THz arbeiten. Diese können beispielsweise für Höchstfrequenzschaltungen in der drahtlosen und Breitbandkommunikation eingesetzt werden. IHP und FBH arbeiten darüber hinaus an einer Integration von Indium-Phosphid-Transistoren in CMOS-Halbleiterbauelemente. Das Paul-Drude-Institut (PDI) entwickelt Quantenkaskadenlaser (QCLs) für den THz-Bereich (2,5 bis 5 THz) basierend auf dem Materialsystem GaAs/(Al,Ga)As. Diese QCLs können als schmalbandige Strahlungsquellen genutzt werden, die für spektroskopische Anwendungen und bildgebende Verfahren interessant sind. Am PDI werden die Laserstrukturen entworfen und optimiert und mittels Molekularstrahlepitaxie hergestellt. Anschließend werden Laserstreifen prozessiert und mittels Fouriertransform-Spektroskopie charakterisiert. Damit können kompakte integrierte Frontend-Module für Radar- und Kommunikationssysteme realisiert werden.

Terahertz-Spektrometer für den mobilen Einsatz Schnelle optoelektronische THz-Emitter und -Detektoren, so genannte Photomischer, die auf Indium-Phosphid-Technologie basieren, sind dagegen das Hauptthema des Heinrich-Hertz-Instituts der Fraunhofer Gesellschaft (HHI). Diese im Bereich der Telekommunikation gereifte Technologie ermöglicht die Herstellung sehr robuster und kostengünstiger THz-Komponenten, die den Frequenzbereich von 100 GHz bis 4 THz abdecken. Sie könnten beispielsweise zur In-Line Prozesskontrolle eingesetzt werden. Bereits 2009 gelang es den Forschern am HHI, einen solchen Photomischer – der Licht und elektrische Spannung in THz-Wellen und zurück wandelt – für 1,5-mue-Fasern zu entwickeln. Damit schufen sie die Voraussetzung, um sämtliche Komponenten eines THz-Spektrometers in Fasertechnik zu realisieren und auf diese Art den Bau solcher Spektrometer als Handheld-Geräte möglich zu machen. Um pyrometrische THz-Detektoren, die ohne Kühlung auskommen, bemüht sich dagegen eine Kooperation zwischen PTB und dem Unternehmen Sensor- und Lasertechnik mit Sitz im brandenburgischen Neuenhagen. Außerdem arbeitet man an Detektoren auf der Grundlage von TES-Bolometern, also supraleitende Strahlungssensoren, die bei tiefen Temperaturen unter 4,2 Kelvin betrieben werden. Ziel der Forschung am TES-Bolometer ist die Entwicklung eines sehr linearen THz-Empfängers für die quantitative Fouriertransform-Spektroskopie.


5.1.3.3 Terahertz-Technologie

Kalibrierung und Standards

Mikrostrukturierte Metalldünnfilme als THz-Absorber für TESBolometer (links: Wafer, rechts: Detail) © PTB

Auch das DLR arbeitet in Berlin an der Entwicklung supraleitender THz-Detektoren. Hier setzt man auf hochempfindliche nanostrukturierte Bolometer, die für die Fernerkundung in der Astronomie und Planetenforschung eingesetzt werden. Die Technologie kommt auch bei der Detektion kurzer THz-Pulse zur Anwendung.

Ein Berliner System in der Stratosphäre Sind die einzelnen Komponenten praxistauglich, folgt ihre Integration zu kompletten Systemen. Mit dem HHI, der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und dem DLR sind Akteure in der Region vertreten, die in der Systementwicklung für Anwendungen in der zivilen Sicherheit, in der zerstörungsfreien Prüfung und in der Luft- und Raumfahrt in Deutschland führend sind. Die THz-Komponenten des HHI sind robuste, glasfasergekoppelte Module. Sie ermöglichen die flexible Realisierung von kohärenten THz-Systemen entsprechend Kundenspezifikationen. Der konsequente Einsatz von Komponenten aus der optischen Nachrichtentechnik erlaubt es dem HHI dabei, besonders kompakte und portable THz-Spektrometer zu implementieren.

Da auf vielen Gebieten der THz-Technologien noch Pionierarbeit zu leisten ist, ist auch Normung ein großes Thema. Auf diesem Gebiet arbeitet die PTB in Berlin. Hier wird derzeit die THz-Radiometrie aufgebaut. Ziel ist es, kalibrierfähige THz-Detektoren zu charakterisieren, sowie deren Kalibrierung hinsichtlich THz-Strahlungsleistungsempfindlichkeit auf das internationale Einheitensystem zurückzuführen – in einem Frequenzbereich von 1 bis 5 THz. Die technischen Voraussetzungen dafür sind sehr gut: Der Elektronenspeicherring Metrology Light Source der PTB in BerlinAdlershof ist weltweit der erste Ring, der für die Erzeugung kohärenter Strahlung im THz-Bereich entwickelt wurde. An dem dort betriebenen dedizierten THz-Strahlrohr führt die PTB Arbeiten zur Radiometrie und Spektrometrie durch.

Zusammenarbeit wird gefördert Für die internationale Forschung im Bereich Terahertz-Wellen ist Berlin ein beliebter Anlaufpunkt. Und auch innerhalb der Region selbst sorgt Zusammenarbeit für Erfolg im nationalen und internationalen Wettbewerb. Ein Beispiel dafür ist eine Kooperation der Berliner Firma eagleyard mit dem DLR, dem FBH, der Humboldt-Universität und dem PDI, die zum Ziel hat, kompakte THzQuantenkaskadenlaser für spektroskopische Anwendungen zu entwickeln. Aus dieser Kooperation ist das weltweit kompakteste THz-Lasersystem hervorgegangen.

THz-Quantenkaskadenlasersystem für Spektroskopie und Bildgebung © DLR, PDI Glasfasergekoppeltes THz-Modul © Fraunhofer HHI

Die BAM hat bei ihren THz-Aktivitäten naturgemäß vor allem die Materialprüfung im Blick. Man entwickelt Methoden zur zerstörungsfreien Prüfung von Polymeren, Keramiken und Hochleistungsmaterialien mittels THz-Technologie. Im DLR werden dagegen THz-Systeme für Anwendungen in der Astronomie, Planetenforschung und Sicherheit entwickelt. Beispiele sind ein Heterodynspektrometer für SOFIA, das Stratosphärenobservatorium für Infrarot Astronomie in einer Boeing 747, und THz-Scanner, mit dem am Körper verborgene Objekte auf größere Distanz detektiert werden können. Auf der Basis von Quantenkaskadenlasern werden zudem kompakte THz-Systeme für Spektroskopie und Bildgebung entwickelt.

Da die THz-Firmen noch jung und klein sind, sind Austausch und Kooperation mit forschenden Einrichtungen essenziell für den wirtschaftlichen Erfolg und werden gezielt gefördert. Damit soll das Marktpotenzial für THz-Technologie weiter erschlossen werden und die Region als ein weltweit führender Akteur auf diesem Gebiet etabliert werden. Kontakt:

Prof. Dr. H.-W. Hübers Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. Tel.: 030 / 67055596 E-Mail: Heinz-Wilhelm.Huebers@dlr.de

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5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

Optische Methoden für Diagnostik, Therapie und Analytik Uwe Netz, Achim Mertens, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Ob in der Diagnostik, der Therapie oder der Analytik: In der Biomedizin basieren viele Verfahren auf optischen Methoden. Und die Optik erschließt sich kontinuierlich neue Anwendungsgebiete im medizinischen Bereich. Die Region Berlin–Brandenburg beweist auch hier Kompetenz. Sowohl in der Entwicklung neuer Verfahren und Produkte als auch in der Bereitstellung hochwertiger Geräte und Bauteile – durch enge Zusammenarbeit der ansässigen Institutionen und Firmen.

(LMTB), genauso wie die Entwicklung von Anwendungen für die erlangten Kenntnisse. Heutige Standard-Therapien wie die Laserinduzierte Thermotherapie zur Behandlung von Lebertumoren oder die Laser-Angioplastie zur Aufweitung von Blutgefäßen wurden bei LMTB in Berlin entwickelt.

Das beginnt bei grundsätzlichen Fragen: Wer neue Verfahren entwickeln will, der muss zuerst wissen, wie sich Licht in den verschiedenen Arten von biologischem Gewebe ausbreitet, wie es absorbiert, gestreut und wieder abgestrahlt wird. Dabei sind die genauen Fragestellungen abhängig davon, was erreicht werden soll. Wer mit Licht therapieren will, der muss wissen, welcher Anteil welcher Wellenlängen im Zielgewebe absorbiert wird und welche Effekte er dort auslöst. Die Streuung beeinflusst die räumliche Ausdehnung des erreichbaren Zielvolumens. Für Diagnostik und Sensorik wiederum sind neben der Absorption vor allem Streuprozesse wie Fluoreszenz oder RamanStreuung wichtig: Welcher Anteil des eingestrahlten Lichts lässt sich nach Durchgang durch das Gewebe noch nachweisen, wie weit ist er abgelenkt worden? Und lassen sich dadurch Aussagen darüber treffen, ob es, etwa durch einen Tumor, entartet ist? Quarzlichtleiter mit Millionen Streuzentren durch ultrakurze Laserpulse als Streulichtapplikator für die Lasertherapie © Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin

Der Vorteil solcher Verfahren ist, dass sie sofortige Diagnosen erlauben, ohne dass Proben entnommen und im Labor untersucht werden müssen. Aus den Spektren lässt sich die Konzentration von diagnostisch relevanten Biomolekülen bestimmen.

Mit dieser Expertise ist die Institution gefragter Kooperationspartner für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. So arbeitet LMTB im Berliner Verbundprojekt „SenTiss“ an der Entwicklung einer Reihe neuer optischer Sensoren für die Anwendung an biologischen Geweben. Nutzbar ist die Technologie zum Beispiel dafür, um herauszufinden, ob Blutkonserven noch verwendbar sind, zur Überwachung der Sauerstoffversorgung bei Herz-Lungen-Maschinen sowie zum Bestimmen der Konzentration von Substanzen wie Hämoglobin und Wasser in der Haut. Die Kooperationspartner sind der Berliner Photometerhersteller Robert Riele, der Berliner Hersteller optischer Systeme opTricon, Berliner Glas, Spezialist für optische Komponenten, sowie die Sorin Group Deutschland.

Und noch besser ist es, wenn sich aus Experimenten Modelle entwickeln lassen, die allgemeine Vorhersagen für das Verhalten von Strahlung im Körper ermöglichen. Denn das bedeutet, dass die Kenngrößen von neuen Geräten für Diagnose und Therapie theoretisch bestimmt werden können, noch bevor der erste Prototyp gebaut worden ist.

Die Frage, ob medizinische Instrumente nach ihrer Reinigung wirklich steril sind, steht im Zentrum des Vorhabens „Optische Reinigungskontrolle“. Hier werden verschiedene spektroskopische Techniken der Fluoreszenzdetektion genutzt, um sehr empfindlich Verschmutzungen über die Eigenfluoreszenz von ProteinAnhaftungen zu detektieren. Projektpartner sind neben LMTB die TU Berlin, die Berliner Vanguard AG, die sich auf die Aufbereitung von Instrumenten und Sterilgutversorgung von Krankenhäusern spezialisiert hat, sowie weitere Industriepartner.

Die Bestimmung solcher Größen und Modelle gehört zu den Kernkompetenzen der Berliner Laser- und Medizin-Technologie

Einen weiteren Forschungsschwerpunkt der LMTB bildet die minimal-invasive Chirurgie mittels Laser. Denn durch ihre thermi-

Spektroskopische Diagnosen und optische Skalpelle

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Blutbeutelsensor, Projekt SenTiss © Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin


5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

sche Wirkung ist Laserstrahlung in der Lage, gezielt Tumore, etwa in der Leber, zu zerstören. Dabei kooperiert die LMTB meist intensiv mit der Charité. Mit World of Medicine hat LMTB die FREDDY-Lasertechnologie entwickelt, welche vor allem zur Entfernung von Gallen- und Nierensteinen eingesetzt wird. Allerdings wären auch andere Anwendungen denkbar, etwa die Reinigung von Oberflächen oder Kunstwerken.

Prototyp LIMES 16-P Diagnostikgerät zur Früherkennung von schwarzem Hautkrebs © LTB Lasertechnik Berlin GmbH

Der weiße Hautkrebs lässt sich ähnlich diagnostizieren: Mittels Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie werden Schnittbilder der Haut generiert, mit deren Hilfe ein Tumor vom Arzt schnell und genau in Ausdehnung, Position und Aggressivität bewertet werden kann. Nutzen lässt sich das Prinzip auch, um Aussagen darüber zu treffen, wie sich lokal applizierte therapeutische Substanzen im Körper verteilen. Entwickelt wurde das Prinzip im Rahmen des Forschungsprojekts FluoTOM, das vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung gefördert wurde. Beteiligt waren die Berliner Kooperationspartner World of Medicine, LTB Lasertechnik Berlin und das Institut für Physik der Universität Potsdam in Zusammenarbeit mit der Elisabethklinik Berlin sowie dem Universitätsklinikum Magdeburg. Auch bei endoskopischen Untersuchungen soll die Technologie in Zukunft eingesetzt werden können, hoffen die Projektpartner.

Laserfragmentierung von Körperkonkrementen (hier ein Gallenstein) mit der FREDDY-Technologie © Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin

Und auch an medizinischer Laserscan-Mikroskopie forscht man im Forschungsverbund, außerdem sucht man nach Alternativen zum schlecht zu handhabenden CO2-Laser in der Chirurgie.

Ob Hautkrebs oder Rheuma – Licht hilft, sie früh zu erkennen Ein weiteres Beispiel für die Anwendung optischer Methoden ist der „Limes 16-P“ des Herstellers LTB Lasertechnik Berlin. Das Gerät ist in der Lage, schon im sehr frühen Stadium den gefürchteten schwarzen Hautkrebs zu erkennen. Die Diagnose funktioniert mit fast 100-prozentiger Zuverlässigkeit, Gewebeproben müssen nicht entnommen werden. Entwickelt wurde das Verfahren am Berliner Max-Born-Institut für nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie. Dort entdeckte man, dass sich im nah-infraroten Bereich, bei etwa 800 Nanometer, eine Absorption eingestrahlten Lichts detektieren ließ, mit der sich Tumor- von gesundem Gewebe unterscheiden ließ. Forscher und Unternehmen kooperierten miteinander – die Zusammenarbeit mündete in einem marktfähigen Gerät.

Immer öfter werden solche nicht-invasiven Diagnoseverfahren im medizinischen Alltag verwendet – und oft sind Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus Berlin-Brandenburg an ihrer Entwicklung beteiligt. Ein weiteres Beispiel ist die Diagnose von rheumatoider Arthritis. Sie zerstört in Entzündungsschüben auf schmerzhafte Weise Gelenkknorpel und -knochen und beeinträchtigt den ganzen Körper. Hier hat die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) gemeinsam mit der Berliner mivenion GmbH eine fluoreszenzbasierte Methode entwickelt, um die krankhaften Veränderungen in den Fingergelenken früh genug sichtbar zu machen, um eine wirksame Therapie zu ermöglichen. mivenion vermarktet den entstandenen Rheuma-Scanner unter dem Namen xiralite. Damit verbunden ist nicht nur der Ansatz, die Krankheit einfacher als bisher diagnostizieren zu können, sondern auch individueller als bisher die nötige Medikation festlegen zu können. In dem neuen Verfahren wird dem Patienten das Kontrastmittel Indocyaningrün verabreicht, dessen Fluoreszenzlicht die Beobachtung der Fingerdurchblutung ermöglicht. Ein weiterer Schwerpunkt an der PTB ist die Brustkrebsdiagnostik, die mit einer ähnlichen Methode verbessert werden könnte. Bei der optischen Mammographie kann nach Gabe des gleichen Fluoreszenzkontrastmittels ein bösartiger von einem gutartigen Brusttumor unterschieden werden.

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5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

Tumorentfernung auf den Punkt – medizinische Optik macht’s möglich Auch für den Chirurgen hat die Bildgebung eine große Bedeutung. Denn sie hilft ihm, sich im Operationsfeld zu orientieren und pathologische Areale zweifelsfrei zu identifizieren. Das Molecular Imaging kann hier vieles ans Licht bringen, was bisher nur mit Hilfe von Biopsien zugeordnet werden konnte: Die Kombination von Kontrastmittel und Nahinfrarot-Fluoreszenz macht pathologische Gewebeareale sichtbar, der Chirurg weiß dadurch genau, was im Rahmen einer Operation entfernt werden muss. Auch an solchen Verfahren wird in der Region geforscht: In einer Kooperation der World of Medicine mit dem Vivantes-Klinikum Neukölln wurde zum Beispiel FOVIS entwickelt – ein Verfahren zur Visualisierung des Lymphsystems mittels einer neu konzipierten Fluoreszenzkamera. Auch wird der Fluoreszenzfarbstoff Indocyanin Grün in das Gewebe rund um einen Tumor injiziert. Das Kamerasystem regt über eine LED-Lichtquelle die Fluoreszenz an und stellt diese in Echtzeit mit einem Farbbild überlagert dar. So können zum Beispiel Lymphbahnen und damit die Ausbreitungswege von Metastasen visualisiert werden. Auch hier sind endoskopische Anwendungen denkbar. In Zukunft könnten sogar spezielle Moleküle designt werden, die, in den Körper eingeschleust, als Tumormarker fungieren könnten. Solche fluoreszierenden Peptid-Sonden zu entwickeln, ist das Ziel des Verbundprojekts „Optoprobe“. Die Vision ist, dass eines Tages solche Sonden im Rahmen einer Operation dem Chirurgen anzeigen, welches Gewebe krankhaft verändert ist und entfernt werden muss. Hier gilt es zu klären, wie solche Moleküle in Sachen Bindekonstante, chemische Beständigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit beschaffen sein sollten. An dem vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung geförderten Projekt ist als Berliner Partner die LMTB beteiligt, deren Aufgabe die Entwicklung eines fluoreszenzoptischen Auslesesystems für die Bestimmung der Bindungskinetik der Sonden ist.

Tumorzellen emittierte Gammastrahlung reagiert, ist die einzige Handheld-Sonde auf dem Markt, die dazu in der Lage ist. W.O.M. gehört zu den Wegbereitern der minimalinvasiven Chirurgie und ist heute einer der Weltmarktführer für die dafür benötigten Komponenten. Im optischen Bereich bietet man unter anderem Kaltlichtquellen, medizinische Kameras und Lasersysteme, die beispielsweise zur Steinzertrümmerung verwendet werden können. Weiterhin gehört W.O.M. zu den Treibern der Entwicklung. Ein Beispiel dafür ist ein Projekt, in dessen Rahmen Endoskoptechnik und Kameras für die minimal-invasive Chirurgie am offenen Magnet-Resonanz-Tomographen entwickelt werden sollen. Hier kooperiert W.O.M. mit dem Endoskopiespezialisten MGB Endoskopische Geräte und der Charité, gefördert wird die Arbeit durch das Berliner Innovationsprogramm ProFIT. Das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointregration (IZM) ist wiederum an der Entwicklung von kleinen Einmal-Kameras beteiligt, die an der Spitze von Endoskopen eingesetzt werden können. Auf weniger als einem Millimeter Kantenlänge vereinen sie Optik und Sensor, so dass die gesamte Kamera auch bei kleinen Endoskopen an deren Spitze untergebracht werden kann. Und auch der Endoskopie mit 360°-Rundumblick wird in BerlinBrandenburg gearbeitet: Beteiligt am Projekt endoguide ist das Berliner Fraunhofer-Institut für Rechnerarchitektur und Software-

Optiken helfen der minimal-invasiven Chirurgie Auf anderen Feldern sind ähnliche Arten der Diagnostik schon im praktischen Einsatz: Ein Instrument zum Aufspüren von Krebs befallenen Lymphknoten hat zum Beispiel die Berliner W.O.M. World of Medicine im Angebot – der „Gamma-Scanner“, der auf die von

Mikrokamera in medizinischer Umgebung © Fraunhofer IZM/Awaiba GmbH

technik (FIRST). Hier entwickelt man einen virtuellen Prototypen sowie eine intuitiv zu bedienende Steuerungssoftware für die kommende Rundum-Endoskopie, gefördert vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.

Von Pharma bis Herzinfarkt – Analysetechnik aus der Region

Autoklavierbarer 3-Chip-Kamerakopf © W.O.M. World of Medicine AG

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Doch nicht nur geforscht wird in Sachen Endoskopie und optischer medizinischer Analytik in der Region, sondern auch produziert. So entwickelt und vermarktet das Berliner Unternehmen Scopis laserbasierte, endoskopische Navigations- und Messsysteme für die minimal-invasive Chirurgie, die unter anderem im HalsNasen-Ohren-Bereich zum Einsatz kommen. Scopis-Systeme arbeiten mit Augmented Reality, sie ermöglichen also die präoperative Planung von anatomischen Strukturen und deren intraoperative Einblendung direkt in das Endoskopiebild.


5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

OP-Einsatz MATRIX POLAR – System © Scopis GmbH

Xion, ebenfalls aus Berlin, bietet komplette Endoskopie-Systeme für die unterschiedlichsten Bereiche der minimal-invasiven Chirurgie, Endoskope, Kameras und Beleuchtungssysteme sowie die Software für Analyse, Bearbeitung und Archivierung. Und auch die Karlheinz Gutsche GmbH produziert mikrooptische Komponenten für Endoskope. Mit Analysetechnik für Fluoreszenzspektroskopie und Gewebediagnostik befasst sich dagegen die Innovative Optische Messtechnik IOM, die ihren Sitz ebenfalls in Berlin hat. So bietet man faseroptische Fluoreszenzspektrometer mit Nanosekunden-Zeitauflösung, auch zur hochselektiven Stoffwechsel-Analyse in Gewebe- und Zellkulturen kann IOM-Technologie verwendet werden. rap ID bietet Messtechnik für Ramanspektroskopie und Laserinduzierte Plasmaspektroskopie (LIPS), nicht zuletzt für den Einsatz in Pharma und Life Sciences. Nano Bio Analytics hat sich auf optische Spektrographen, Prozess-Ramansysteme und Mikropartikel-Sensorsysteme spezialisiert. Das Potsdamer Start-up Colibri Photonics wiederum entwickelt und fertigt optische Sensorsysteme für die Sauerstoffmessung. Dazu werden dem Zellgewebe kugelförmige Mikrosonden beigemischt, die durch ihre Phosphoreszenz den Sauerstoffgehalt optisch anzeigen. Die Signale werden von der Colibri PhotonicsHardware gemessen und ausgewertet. Auf diese Weise kann ein dreidimensionales Bild der Sauerstoffverteilung erstellt werden. Die Sauerstoffverteilung kann damit während des Wachstumsprozesses genau kontrolliert und mit geeigneten Regelungsmechanismen den unterschiedlichen Bedürfnissen einzelner Zelltypen angepasst werden. Die L.U.M GmbH zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Geräten zur direkten und schnellen Stabilitätsanalytik und Parkelcharakterisierung von Dispersionen, unter anderem für die Pharmaindustrie. Auch PS Prozesstechnik produziert optische Partikelmesssysteme und Technik zur Messung der Stabilität von Dispersionen sowie des Fliessverhaltens von Pulvern. Den Berlin-Brandenburger Unternehmen gemein ist die hohe Innovationskraft und die starke Orientierung auf Forschung und Entwicklung. Ganz nah zusammen liegen wissenschaftliche Ar-

Messung der Sauerstoffverteilung in Knorpelzellen © Colibri Photonics GmbH

beit und praktische Anwendung etwa bei Optricon. Das Berliner Unternehmen bietet Entwicklungsleistungen in den Bereichen lasergestützter Point-of-Care-Diagnostik und optische Bioanalytik. So entwickelte man einen optischen Tester, mit dem direkt im Notarztwagen geprüft werden kann, ob ein Patient einen Herzinfarkt erlitten hat. Das kompakte Gerät arbeitet mit Teststreifen und analysiert das Vorkommen bestimmter Markerstoffe – der schnellste Test auf Herzinfarkt weltweit, der von 8sens Biognostic vertrieben wird. Gemeinsam mit dem Institut für Chemie der Universität Potsdam wiederum entwickelte Optricon ein kompaktes Laser-Fluorometer als Zusatzmodul für die Fluoreszenz-Mikroskopie, mit dem der Sauerstoffgehalt lebender Zellen bestimmt werden kann.

LUMiSizer © L.U.M. GmbH

Licht schneidet und trägt ab – Laser in der Medizin Für den Chirurgen kann Licht aber nicht nur Orientierung bieten. Es kann auch ein direktes Werkzeug sein – gerade der Laser, der bei immer mehr Operationen zum Einsatz kommt. Mit Newport Spectra-Physics ist im brandenburgischen Stahnsdorf eines der größten Unternehmen der Welt in diesem Bereich mit einer deutschen Niederlassung ansässig. In Stahnsdorf werden vor allem diodengepumpte Festkörperlaser entwickelt und produziert. Neben dem industriellen Einsatz liegen ihre Anwendungsgebiete auch in den Bereichen Life und Health Science, Mikroskopie und Biotechnologie.

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5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

Die Betriebsart LFD (Levelled Field Density) reduziert Schäden am umliegenden Gewebe durch die Kontrolle thermischer Effekte © Limmer Laser GmbH

Auch das Berliner Unternehmen Limmer Laser ist auf die Entwicklung und Fertigung von medizinischen Lasern spezialisiert. Die Produkte des Hauses kommen in nahezu allen Fachdisziplinen der Human-, Dental- und Tiermedizin zum Einsatz, das Angebot reicht von klassischen CO2-Lasern über Diodenlaser bis hin zu Spezialgeräten. So hat man den ersten Hochleistungs-Diodenlaser im Angebot, der für medizinische Zwecke zugelassen ist. Der Diolas LFD Advanced kann zum Beispiel für die Behandlungen von Tumoren in der Blase oder für Indikationen benutzt werden, die Brustkorb und Bauchraum betreffen. Außerdem arbeitet man im Moment gemeinsam mit der Charité an Lasern, die in der Lage sein sollen, Krebsbehandlungen in engen Hohlorganen wie Harntrakt, Prostata und Darmabschnitten sowie im Uterus minimal-invasiv und schonender als bisher durchzuführen – eine Forschungsarbeit, für die die Partner bereits vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ausgezeichnet wurden. Besonderheit des zu entwickelnden Lasersystems ist der zuverlässige und präzise Abtrag von Weichgewebe, basierend auf den positiven Erfahrungen mit der sogenannten Levelled-FieldDensity-Technologie (LFD), die hohe Absorption mit niedriger Leistung verbindet. Dadurch besteht eine deutlich geringere Gefahr von Schädigungen umliegender Strukturen. Das multifunktionale LaserSystem Multiline™ © Linline GmbH

Noch mehr Unternehmen sind in Berlin-Brandenburg im Bereich medizinische Laser aktiv: Der Name Linline etwa steht für „Laser Instruments New Line“. Das Unternehmen hat zum Teil seine eigenen Verfahren entwickelt, um Laserstrahlung möglichst schonend am menschlichen Körper anwenden zu können, und war Pionier bei der medizinischen Anwendung von Pulsen im Nanosekundenbereich. Dank austauschbarer Laserköpfe kann das Multiline-System des Hauses sowohl Narben, Warzen oder Tätowierungen entfernen, als auch zur Behandlung von Gefäßkrankheiten, Laserepilation oder für die Photoverjüngung der Haut verwendet werden.

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Vernetzt forscht es sich besser – Kooperationen in Berlin-Brandenburg Im Juni 2010 wurde auf dem Charité Campus Virchow das Small Animal Imaging Center eröffnet. Neben klassischen Durchleuchtungsverfahren werden hier neu entwickelte Verfahren der Fluoreszenztomographie eingesetzt, um an Tiermodellen pathophysiologische Vorgänge zu untersuchen und die Wirksamkeit neuer Therapieansätze zu studieren. Ermöglicht wurde das neue Zentrum durch die Zusammenarbeit von Charité und industriellen Partnern – und vorangetrieben vom Imaging Netzwerk Berlin. Das Netzwerk vereint wissenschaftliche Einrichtungen der Charité, Pharmaunternehmen, Großgerätehersteller sowie kleine und mittlere Unternehmen aus Berlin. Alle Akteure eint, dass sie in der molekularen Bildgebung großes Potenzial für die Medizin der Zukunft sehen. Und mit ihr für die Region Berlin-Brandenburg: Sowohl von der Geräteausstattung als auch von der wissenschaftlichen Exzellenz bilden die Akteure die Wertschöpfungskette der Molekularen Bildgebung ab. Dabei ist das Imaging Netzwerk nicht die einzige Initiative, die sich in der Region um die Entwicklung optischer Verfahren für den Einsatz in der Medizin bemüht und Unternehmen und Forschungseinrichtungen vernetzt. So vereint DiagnostikNet-BB Diagnostik- und Geräte-Hersteller, Zulieferer und Anwender aus Kliniken und Routinelaboren sowie Forschungseinrichtungen der Region Berlin-Brandenburg, um Innovationen im Bereich der In-Vitro-Diagnostik zu fördern. Medtecnet-BB, das wie auch das Imaging Netzwerk Berlin- Brandenburg von der TSB Innovationsagentur Berlin koordiniert wird, verfolgt ähnliche Ansätze im Bereich Medizintechnik. Das Zentrum für Molekulare Diagnostik und Bioanalytik ist ein Leitprojekt der gemeinsamen Innovationsstrategie Berlin-Brandenburg. Es wird inhaltlich getragen vom Fraunhofer-Institut für biomedizinische Technik am Standort Potsdam-Golm, der Charité sowie verschiedenen Unternehmen der Region. Man befasst sich vor allem mit molekularer Bioanalytik, Therapieforschung und Therapie begleitender Diagnostik. Dabei bündelt das Zentrum Grundlagenforschung, Technologieentwicklung, klinische Forschung und industrielle Anwendung für die Entwicklung und Produktion innovativer Diagnostika in Berlin-Brandenburg. Und auch im Branchennetzwerk OpTecBB gehören optische Verfahren in der Medizin zu den Themenschwerpunkten.

Chirurgische Instrumente für die Faserchirurgie © Frank Optic Products GmbH


5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

Die Summe der einzelnen Teile – Komponenten aus BerlinBrandenburg Hinzu kommen Firmen, die Peripherie und einzelne Bauteile für Laser, Spektroskopie und andere diagnostische und therapeutische Einsätze von optischen Prinzipien in der Medizin entwickeln und herstellen. Passende Fasern und andere Komponenten für medizinische Laseroptiken kann etwa Frank Optic Products anbieten. Man stellt Produktlinien her, die mit Blick auf Wiederverwendbarkeit und automatische Sterilisierbarkeit entwickelt wurden. Strahlführungssysteme können deshalb komplett mit einem Handgriff im Autoklaven sterilisiert werden. Einsatzgebiete liegen etwa in der minimal-invasiven und der Dentalchirurgie.

technologie. Besonders versteht man sich auf die Entwicklung von Prototypen nach speziellen Kundenanforderungen und die Überführung der Technik in die Serienfertigung. Zum Spektrum gehören Single- und Multimode-Fasern für Wellenlängen zwischen 190 und 2.300 Nanometern, polarisationserhaltende Fasern sowie aus solchen Fasern hergestellte Bündel, Kabel und Sonden. Loptek aus Berlin gehört ebenfalls zu den Unternehmen der Region, die sich mit Faseroptiken, -sonden und optischen Messköpfen für den Einsatz in Medizin und Biotechnologie befassen.

Geburtsstätte einer Industrie – Augenoptik mit langer Tradition Und wohl nirgendwo sonst ist die Verbindung zwischen optischen Komponenten und Therapie enger als in der Augenoptik. In Rathenow stand die Wiege der optischen Industrie Deutschlands. Vor über 210 Jahren erfand Johann Heinrich August Duncker hier die Vielschleifmaschine. Heute arbeiten rund 1.500 Menschen in Rathenow in diesem Bereich – einer Branche, die in Berlin-Brandenburg zweistellig wächst.

Lichtquelle für den Einsatz in der Endoskopie © Berliner Glas KGaA, Herbert Kubatz GmbH und Co.

Rund 600 davon sind für Fielmann tätig. Der Brillen-Multi ist das Mutterunternehmen der Rathenower Optik GmbH und am Standort mit einem Produktions- und Logistikzentrum vertreten. Im Zweischichtbetrieb liefert man im Schnitt pro Tag mehr als 14.000 Gläser und wickelt mehr als 35.000 Aufträge ab. Mit dem französischen Konzern Essilor produziert auch ein weiterer Großer der Branche in Rathenow Brillengläser.

Berliner Glas ist eines der führenden Unternehmen in Europa, wenn es um präzise optische Komponenten, optomechanische und elektro-optische Module, Baugruppen und optische Systeme geht. Man fertigt mit weltweit rund 1.000 Mitarbeitern, unter anderem für den Einsatz in Medizin und Analytik. Das Spektrum von Berliner Glas reicht von der Zylinderlinse bis zur kompletten Baugruppe für den Einbau beim Medizingeräte-Hersteller. Komponenten des Hauses werden für die Augendiagnostik genauso genutzt wie für die Haarentfernung, man stellt Kameras, Kalt- und Fluoreszenz-Lichtquellen für die Endoskopie und die minimal-invasive Chirurgie her. FCC FibreCableConnect fertigt Laserkabel und andere faseroptische Verbindungen, unter anderem für Spektroskopie und Bio3-D-Schleifsystem zur Bearbeitung von Brillenglasmaterialien © Optotec Optotechnischer Gerätebau GmbH

Polyimidefasern zur Anwendung im Dentalbereich, Augenheilkunde und Dermatologie © FCC FibreCableConnect GmbH

Doch Rathenow definiert sich auch über die kleineren, spezialisierten Unternehmen. Etwa die Optotec, die sich auf die Herstellung augenoptischer Werkstatttechnik spezialisiert hat. Und auch wer Wert auf Exklusivität legt, wird in Rathenow bei Unternehmen wie MOM Mechanisch-Optische-Metallverarbeitung, wo man mit modernster Lasertechnik Brillengestelle aus Titan fertigt, fündig. Gebündelt wird die Kompetenz im Netzwerk OABB optic alliance brandenburg berlin e.V., in dem sich eine Vielzahl von regionalen Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrich-

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5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

tungen zusammengeschlossen haben. Gemeinsame Projekte gibt es nicht zuletzt mit den Fachhochschulen in Brandenburg, Potsdam und Jena oder dem Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung (IAP) in Potsdam-Golm, wo man an Intraokularlinsen, Kontaktlinsen oder künstlicher Hornhaut forscht. Im Jahr 2009 wurde die Golmer künstliche Hornhaut erstmals erfolgreich einem Patienten eingepflanzt. In Kooperation mit den Universitätsaugenkliniken Halle und Regenburg entwickelte Fraunhofer-Forscher Dr. Joachim Storsberg mit seinem Team dazu auf Basis eines wasserabweisenden Polymers eine Prothese, die mit der natürlichen Hornhaut des Auges verwächst. Im Jahr 2010 wurde Storsberg für die Entwicklung mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis ausgezeichnet. Branchentransferstellen in Potsdam-Golm und an der FH Brandenburg stellen die Verbindung zwischen Forschung und Wirtschaft her. Auch die Herstellung von augenmedizinischen Implantaten, Forschung und Entwicklung im Bereich der optischen Technologien, Mikroskopie und industrielle sowie laboratorische Anwendung haben ihren Platz bei OABB.

Auch an Software und Rechnerleistung stellen die neu gewonnenen optischen Informationen aus der Diagnostik hohe Anforderungen. Lösungen bieten zum Beispiel die arivis GmbH, ein Fraunhofer-Spin-off mit Sitz in Rostock und Adlershof, und die Berliner VMscope GmbH. Beide sind auf die Verarbeitung großer Datenmengen aus Bildgebung und sonstigen medizinischen Untersuchungen spezialisiert. Das Verbundprojekt „Virtual Specimen Scout“, an dem die Unternehmen beteiligt sind, soll die virtuelle Mikroskopie weiter etablieren und verfeinern. Hochauflösend gescannte Präparate werden per Software analysiert und aufbereitet. So soll die diagnostische Bewertung von Mikroskopbildern vereinfacht und ein Vergleich mit Referenzfällen ermöglicht werden. Gefördert wird das Projekt vom Berliner Zukunftsfonds, Projektpartner sind das Institut für Pathologie der Charité, die TU Berlin sowie die Frankfurter Nexus/DIS GmbH. Und fast wie Science Fiction mutet an, woran am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm geforscht wird: an Vesikeln, kleinen Kapseln, mit denen Arzneimittel gezielt zum Krankheitsherd gebracht werden können. Die Kapseln sind so beschaffen, dass sie gezielt an entarteten Zellen andocken, Wärmeeintrag per Laserstrahl ist eine Option, um sie im Körper zu öffnen. Derzeit scheint es, als ob allein die Phantasie die Anwendungen begrenzt, die in Zukunft mit optischen Technologien in der Medizin verbunden sein könnten. Doch dass sie Vorstellungskraft haben, beweisen Wissenschaftler und die Verantwortlichen in der Region täglich. Und auch, dass sie in der Lage sind, ihre Ideen in die Praxis umzusetzen. Kontakt:

Mplus Intraokularlinse im Kapselsack © Oculentis GmbH

Und auch in Berlin ist augenoptische Kompetenz vorhanden. Etwa bei Oculentis, wo man sich auf Intraokularlinsen spezialisiert hat – auf künstliche Augenlinsen, die im Krankheitsfall implantiert werden. Anwendungsgebiete für die Linsen, die unter dem Produktnamen „Lentis“ vermarktet werden, sind Erkrankungen wie Grauer Star, Hornhautverkrümmung oder Altersweitsichtigkeit. Seit der Gründung 1995 konnte sich das Familienunternehmen mit seinen innovativen ophthalmologischen Produkten international einen Namen machen und beschäftigt heute über 80 Mitarbeiter.

Nur die Phantasie setzt Grenzen – die Zukunft der medizinischen Optik Und manchmal können ganz einfache Ideen die Medizin weiterbringen. So arbeitet man am Heinrich-Hertz-Institut an der berührungslosen Steuerung von Computern. Für die Arbeit im Operationssaal ist das ein Quantensprung. Denn bisher mussten Chirurgen bei computergestützten Eingriffen mündlich die Steuerbefehle an einen Assistenten weitergeben. Selbst zu tippen kam wegen Problemen mit der Sterilität nicht in Frage.

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Dr. Karl-Heinz Schönborn W.O.M. World of Medicine AG Tel.: 030 / 39981527 E-Mail: karl-heinz.schoenborn@womcorp.com


5.1.4 Optische Technologien in Biomedizin und Pharma

„Der Laser ist weit mehr als ein Operationsinstrument“ Interview mit Prof. Dr. med. H.-Peter Berlien zu den Optischen Technologien in der Medizin

Herr Professor Berlien, als Lasermediziner an der Evangelischen Elisabeth-Klinik setzen Sie den Laser vor allem als OP-Instrument ein. Für welche Operationen ist der Laser besonders gut geeignet und wo liegen die Grenzen für den Einsatz von Lasern in der OP? Wenn wir von einer Laser-Operation sprechen, so ist dies ein Behandlungskonzept, bei dem wir das Gewebe verändern. Wir können es entfernen, verdampfen, es herausschneiden, an Ort und Stelle veröden oder auch photochemische Reaktionen auslösen, die erst in einigen Wochen zum Ergebnis führen. Grundsätzlich ist es aber so, dass der Laser keine Konkurrenz zum Skalpell darstellt: Wo die Klinge an ihre Grenzen stößt, kommen wir mit dem Laser oft zum Erfolg. Dies betrifft vor allem den Bereich der endoskopischen Chirurgie, ebenso die Behandlung von angeborenen Gefäßerkrankungen, Feuermalen und Blutschwämmen. Das dritte große Anwendungsfeld ist die Krebstherapie, namentlich die palliative Tumortherapie sowie die Behandlung von Tumorfrühstadien. In Berlin gibt es viele innovative Unternehmen wie die LTB Lasertechnik, die zum Beispiel für die Früherkennung von schwarzem Hautkrebs eine Weltinnovation auf den Markt gebracht hat. Wie entwickelt sich die Verwendung von Lasern in der Analytik und Diagnostik? In punkto Krebserkennung verfügen wir dank der Lasertechnologie mittlerweile über die Verfahren der Photodynamischen Diagnostik und der Fluoreszenz-Diagnostik. Daneben haben wir mit der Optischen-Cohärenz-Tomographie ein Mittel, um Erkrankungen, die unterhalb der Nachweisgrenze des Ultraschalls liegen, gezielt ausforschen zu können. In diesem Punkt machen wir große Fortschritte. So haben wir mit LTB Lasertechnik und dem ebenfalls in Berlin ansässigen Unternehmen World of Medicine ein gemeinsames Projekt der Fluoreszenz-Diagnostik entwickelt: In Kombination mit der Optischen-Cohärenz-Tomographie vereinen wir die Stärken beider Techniken und können so nicht nur Unregelmäßigkeiten lokalisieren, sondern auch genau bestimmen. Man muss die Grenzen der Verfahren erkennen und das Beste daraus machen. Der Laser ist weit mehr als ein Operationsinstrument. Die Hauptstadtregion ist sowohl in den Optischen Technologien als auch in der Medizintechnik gut aufgestellt. Welche Technologien und Methoden aus Berlin sind international von besonderer Bedeutung? Welche Rahmenbedingungen müssen ausgebaut und geschaffen werden, um diese Position weiter zu stärken? Wir sind von Anfang an in Berlin mit unserer strukturellen Aufstellung sehr gut gefahren und haben nie etwas von einer Person abhängig gemacht. Das ist ein immenser Vorteil von Berlin, dass die ganze Szene strukturell aufgebaut ist. Unabhängig von den einzelnen Entscheidungsträgern gewährleistet dies, dass die The-

Prof. Dr. med. H.-Peter Berlien hatte den ersten Lehrstuhl für Lasermedizin an der Freien Universität Berlin. Er war von 1996 bis 2005 Chefarzt der neugegründeten Abteilung für Lasermedizin im Krankenhaus Berlin-Neukölln und ist seit 2005 Chefarzt der neugegründeten Abteilung für Lasermedizin in der Elisabeth Klinik in Berlin. Die Abteilung vereint alle derzeit in der medizinischen Therapie und Diagnostik einsetzbaren Lasergeräte sowie ein interdisziplinäres Team von in der Laseranwendung erfahrenen Ärzten. Prof. Berlien ist Vizepräsident der International Society for the Study of Vascular Anomalies (ISSVA) und Vorsitzender der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft (BWG) sowie ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech). men über eine lange Kontinuität weiter getragen werden. Es handelt sich um ein Netzwerk, das die Bereiche aus sich heraus weiterentwickelt. Das ist auch der große Verdienst meines früheren Mentors Professor Jürgen Waldschmidt, der beförderte, dass Lasermedizin keine Spielwiese ist, sondern zur routinemäßigen Technik avancierte. Welche regionalen Projekte im Bereich Forschung und Entwicklung sind zurzeit von besonderer Bedeutung? Welche neuen Anwendungsfelder ergeben sich damit? Wie schon erwähnt arbeiten wir in unserer Abteilung an der Integration von OCT und Multiphotonenfluoreszenz. In Berlin gibt es einige weitere Arbeitsgruppen mit wichtigen Projekten, als Beispiel können die Physikalisch-technische Bundesanstalt (PTB) mit einem Diagnoseverfahren zur Rheumadiagnostik genannt werden oder das Klinikum Buch, das an der Verbesserung der Lymphknotenerkennung beim Krebs arbeitet. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

Weltrekordhalter in der optischen Datenübertragung Martin Schell, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Immer größere Datenmengen, immer schneller. Ob Wirtschaftsdaten, Telefongespräche, bewegte Bilder oder Online-Spiele. Spätestens seit dem Beginn des Internet-Zeitalters ist die Frage, wer, wie, mit welcher Bandbreite und welcher Geschwindigkeit Zugriff auf Informationen hat, zu einem entscheidenden Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg geworden. Schnelle Datenverbindungen sind ein Standortfaktor, inzwischen wohl entscheidender als die nächste Autobahnauffahrt, der nächste Bahnhof oder Flughafen. Die Menge des weltweit übertragenen Datenvolumens steigt jährlich weiterhin um 30 bis zu 50 Prozent. Wer hier überlegene Technologien anbieten kann, der sichert sich einen hervorragenden Platz in einem boomenden Markt. Und was sollte sich besser für die Übertragung von Daten eignen als Licht? Nichts reist schneller auf diesem Planeten, man kann es leiten, detektieren, lenken, auffangen und verstärken. Bis heute ist keine konkurrierende Technologie mit auch nur annähernd vergleichbarem Potenzial zur Datenübertragung über weite Strecken in Sicht.

Von 0,2 Bit auf zehn Terabit pro Sekunde In Berlin-Brandenburg hatte man das schon sehr früh begriffen: Bereits im Jahr 1832 verband der Preussische Optische Telegraph die Städte Berlin und Koblenz, die damals längste Telegraphielinie Europas. Allerdings gab es damals noch keine Glasfaserkabel und Schnittstellenmodule. Übertragen wurden Daten damals deshalb, indem ein Schwenkarm bewegt wurde. Die nächste Stelle las die Informationen per Fernglas ab und übermittelte sie ihrerseits per Schwenkarm weiter. Berlin-Brandenburger optische Datenübertragung 1832: der Preussische Optische Telegraph

Etwa 1,5 Zeichen pro Minute waren mit dieser Technik möglich, das entspricht einer Datenübertragungsrate von etwa 0,2 Bit pro Sekunde. Nach heutigen Maßstäben nicht viel, doch so ließen sich Informationen deutlich schneller übermitteln als mit der davor dominierenden Übertragungstechnologie – mit berittenen Boten. Später wurden Informationen zwar vor allem mittels elektrischem Strom übermittelt. Doch seit den Neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erlebt die Datenübertragung mittels Optischer Technologien eine Renaissance.

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Die Ziele von Forschern und Entwicklern sind heute noch die gleichen wie damals. Es gilt, die Kapazität der Übertragung zu steigern (damals 0,2 Bit pro Sekunde, heute mehr als zehn Terabit pro Sekunde), die Fehlerrate zu senken (damals ein Fehler pro drei Zeichen, heute einer pro eine Billion Zeichen) und die Latenz zu senken, die Laufzeit der Informationen im System. Zur Zeit des optischen Telegraphen lag sie bei etwa drei Stunden, heute ist sie auf unter 100 Millisekunden gesunken. Bei speziellen Verbindungen, etwa für den Börsenhandel, sogar unter fünf Millisekunden. Berlin-Brandenburg ist in Sachen optischer Datenübertragung sehr gut aufgestellt. Hier finden sich Weltmarktführer, international bedeutende Forschungseinrichtungen und hoch innovative junge Unternehmen. Die Region bietet eine Dichte an Unternehmen und Institutionen auf diesem Gebiet, die nur noch vom Silicon Valley übertroffen wird.

Heinrich-Hertz-Institut – Forscher und Weltrekordhalter Getrieben wird die Entwicklung nicht zuletzt vom Heinrich-HertzInstitut (HHI). Die Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft ist eins der weltweit führenden Forschungsinstitute für mobile und stationäre Kommunikations-Netzwerke – und es hält einen Weltrekord, der in die Zukunft der Datenübertragung via Glasfaser verweist: Wie man im März 2011 mitteilte, gelang die Datenübertragung mit einer Rate von 10,2 Terabit pro Sekunde, über eine Strecke von 29 Kilometern hinweg. Das ist mehr als das 25-fache des 40-Gigabit-Standards in kommerziellen Netzen. Pro Sekunde könnten so 240 DVDs übertragen werden.

Weltweit schnellster Arbitrary Waveform Generator (AWG). Das Inset rechts zeigt einen typischen Spannungsverlauf für komplexe Datenübertragung © Fraunhofer HHI

Ihren Rekord erreichten die Forscher durch Pulslängen von 300 Femtosekunden bei Pulswiederholraten von 800 Femtosekunden – knapp das Billionstel einer Sekunde. Zudem konnten durch Quadraturamplitudenmodulation pro Puls nicht ein, sondern vier Bit Daten übertragen werden. Auch den vorherigen Rekord hatten die Berliner Wissenschaftler schon gehalten. Er lag bei einem Viertel des neuen, bei 2,56 Terabit pro Sekunde.


5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

Bis solche Übertragungsraten zum Standard in der Praxis werden, wird es sicher noch einige Jahre dauern. Aber auch mit der näheren Zukunft befasst man sich am HHI: Im Rahmen von Projekten wie 100GET oder dem 2011 ausgelaufenen 100x100 nimmt man schon seit Jahren die Etablierung von 100 Gigabit Übertragungsrate als Standard ins Visier (100x100 steht für 100 Megabit für 100 Millionen Nutzer), gemeinsam mit Forschungspartnern wie dem Institut für Festkörperphysik der Technischen Universität Berlin, großen Netzwerkausrüstern und innovativen Unternehmen aus der Region, etwa die Berliner u2t Photonics. In diesem Rahmen wurde zum Beispiel die Idee entwickelt, Informationen nicht mehr über die Modulation der Intensität des eingestrahlten Lichts zu übertragen, sondern über dessen Polarisation. So lassen sich Fehlerquellen in Glasfasern umgehen, etwa Dispersion oder nichtlineare optische Effekte. Detektoren für die Phasenlage des Lichts wurden auf Basis integrierter Polymer-Wellenleiter-Chips entwickelt. Alternativ ließe sich die Übertragungsgeschwindigkeit mittels Multiplextechnik erhöhen. Das bedeutet, dass mehrere Laserdioden leicht unterschiedlicher Lichtfrequenz parallel als Sender verwendet werden, um zu mehr Datenrate zu kommen – vier Photodioden, die jeweils 25 Gigabit pro Sekunde liefern, liefern die gewünschten 100 Gigabit.

Am HHI forscht man mit Blick auf die praktische Anwendung – und auf alles, was nötig ist, um Daten zu senden, zu empfangen, zu codieren und zu detektieren. Außerdem befasst man sich mit Video- und Audiocodierung, mit der Entwicklung der nötigen technischen Komponenten und mit optischer Sensorik und Spektrometrie.

Planaroptischer Spektrometer mit Detektorzeile, z.B. zum Auslesen von Sensornetzwerken © Fraunhofer HHI

DVDs der Zukunft und Grundlagenforschung

4-fach Photodioden-Array auf InP-Basis mit integriertem Bias-T für 4x25 Gbit/s © Fraunhofer HHI

Die Deckenlampe übermittelt Daten Daten müssen von A nach B – und zwar möglichst schnell und möglichst sicher. Angesichts dieser Aufgabenstellung beweisen die HHI-Wissenschaftler ausgesprochen viel Kreativität. So übertragen sie Informationen auch drahtlos über sichtbares Licht. So könnte eine Deckenlampe zur Signalquelle werden: Man moduliert LED-Licht mit einer Rate von zehn Megahertz, für das menschliche Auge ist das unsichtbar. Einen Aufbau für ein Videokonferenz-System, das so funktioniert, hat man bereits realisiert. In der Praxis halten die Wissenschaftler Übertragungsraten von 100 Megabit für realistisch, als Rückkanal wäre zum Beispiel eine Infrarot-Verbindung denkbar. In der Vernetzung von Computern könnte die Licht-Technik eine Alternative zu konventionellen WLANs werden, zumal sie keine elektronischen Geräte stört – und ausgesprochen abhörsicher ist.

Kommunikation via optischer Signale erschließt sich immer mehr Bereiche, in denen bisher noch elektromagnetisch übertragen wird. Am Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) will man in dieser Hinsicht hoch hinaus. Und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Denn dort hat man ein Modul entwickelt, das via Halbleiter-Laser und Wellenlängen von 1.000 Nanometer Informationen an Satelliten überträgt. Mit der Technik lassen sich gleichzeitig die Komponenten miniaturisieren und höhere Übertragungsraten erreichen. Außerdem ist sie weniger störanfällig. Im Moment arbeitet man daran, das Prinzip fit für den praktischen Einsatz zu machen. Für das FBH ist das keine neue Aufgabe. Denn schon an der Entwicklung der VorgängerTechnologie, der Datenübertragung ins All via Halbleiterlaser-gepumpter Festkörperlaser, war man im Rahmen mehrerer Forschungsprojekte beteiligt. Und neben der anwendungsorientierten existiert in Berlin-Brandenburg auch die Grundlagenforschung auf hohem Niveau. In der Arbeitsgruppe Optische Technologien des Instituts für Optik und Atomare Physik der TU Berlin etwa werden innovative optische Methoden für Informationsspeicherung, Sensorik und Herstellung von integrierten optischen Komponenten entwickelt. Ein Schwerpunkt liegt in der Entwicklung neuartiger Verfahren zur Nano- und Mikrostrukturierung geeigneter optischer Materialien, einschließlich der Untersuchung und Modellierung grundlegender Phänomene der Licht-Materie-Wechselwirkung. Ausgangsbasis sind geeignete Polymere, strukturiert werden sie mit verschiedenfarbigen Lasern. Münden könnte diese Forschung zum Beispiel in optischen Speicherdisks, die bei Größe einer DVD den hundertfachen Dateninhalt aufnehmen können. Das Prinzip: Mit stark fokussierten Laserstrahlen werden Mikrohologramme ins Material geschrieben, dadurch kann auf den Disks dreidimen-

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5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

der TU Berlin. Hier befasst man sich mit Epitaxie von Nanostrukturen in Halbleitermaterialien und der Entwicklung neuartiger photonischer Bauelemente.

Auf Tuchfühlung mit der Forschung – Unternehmen in der Region

HoloDisk-Laufwerk zur 3D-Datenspeicherung © Optische Technologien TU Berlin

sional gespeichert werden. Eine vierte Dimension lässt sich hinzufügen, indem man solche HoloBits mit verschiedenfarbigen Lasern überlappend auf das Medium schreibt. Ähnliche Polymere lassen sich auch nutzen, um integrierte optische Komponenten herzustellen. Die Strukturierung der Materialien mit Laserstrahlen erlaubt es, nahezu beliebig geformte Wellenleiter in die Photopolymere einzuschreiben. Außerdem können in die Photopolymere auch holographische Strukturen eingeschrieben werden. Durch die einfache Kombination von refraktiven und diffraktiven Eigenschaften lassen sich zusätzliche Funktionalitäten in die Photopolymere integrieren.

Modell eines polymeroptischen MUX 4:1 mit montierten VCSELn und Monitordioden © Optische Technologien TU Berlin

Das Joint Labs Silicon Photonics von TU Berlin und dem Leibniz-Institut IHP aus Frankfurt/Oder widmet sich der Siliziumphotonik, also der Umsetzung elektronischer Schaltungsprinzipien auf den Betrieb mit Licht statt Elektronen. Es bündelt die Kompetenzen der Region und könnte Schaltungen deutlich schneller funktionieren lassen als bisher. Das Joint Lab Silicon Photonics agiert in enger Verbindung mit Firmen der Region und kooperiert europaweit mit Spitzeninstitutionen auf dem Gebiet. Und einen starken Bezug zur optischen Kommunikation hat auch das Zentrum für Nanophotonik am Institut für Festkörperphysik

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Den Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen des Zentrums für Nanophotonik erledigen Unternehmen der Region wie etwa Vertical Integrated Systems (VIS) aus Berlin. VIS entwickelt und produziert Hochgeschwindigkeitskomponenten für die optische Datenübertragung in kurzreichweitigen optischen Netzwerken, mit Übertragungsraten von bis zu 40 Gigabit pro Sekunde. Man bietet VCSEL-Module, also senkrecht emittierende Halbleiterlasermodule zum Einspeisen der Signale, HochgeschwindigkeitsPhotodetektoren für den Empfang sowie einzelne Chips. Außerdem designt und produziert man im Auftrag, mit guten Verbindungen in die benachbarte TU. Ebenfalls eng an die institutionelle Forschung in der Region angebunden ist u2t Photonics. Entstanden 1998 als Ausgründung aus dem Heinrich-Hertz-Institut, ist man heute Weltmarktführer für 40-Gigabit/Sekunde-Detektoren und eins der treibenden Unternehmen bei der flächendeckenden Etablierung des 100-Gigabit/Sekunde-Standards in der Praxis. Als solches kooperierte man mit dem HHI im 100GET- und 100x100-Projekt und produziert 100-Gigabit-Empfänger in Serie. Der CPRV1220A zum Beispiel ist das kleinste voll integrierte Empfängermodul für den 100-Gigabit-Standard auf dem Markt. Er detektiert Phasen- und Vierphasenmodulation des empfangenen

Kohärenter Empfänger © u2t Photonics AG

Lichts. Zum Einsatz kommt er nicht nur in schnellen Ethernets, sondern auch in der Langstreckenübertragung optischer Signale über unterozeanische Glasfaserleitungen.

Optische Systeme in Großserie Auf einem ähnlichen Feld ist auch SHF Communication Technologies aktiv – und ebenfalls Weltmarktführer, hier auf dem Gebiet von Elektronik und Testinstrumenten für den 100-Gigabit-Standard. Man entwickelt, fertigt und vertreibt Komponenten und Messgeräte für die Datenübertragung im Hochgeschwindigkeitsbereich, zum Beispiel Bit-Pattern-Generatoren und Error Analyzer, optische Sender und Empfänger, auch für Übertragungsraten jen-


5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

seits der 100-Gigabit. Außerdem bietet man Treiberverstärker für optische Modulatoren und passive Bauteile für die Hochfrequenztechnik an. Bit Pattern Generatoren & Error Analyser für Datenraten bis über 100 Gbit/s © SHF Communication Technologies AG

Zum Kundenkreis gehören Kommunikationsindustrie und Netzwerkausrüster genauso wie Forschungseinrichtungen. Zudem fertigt SHF industriell Systemverstärker für die 40-Gigabitübertragung, die als Standardtechnologie an Telekommunikationsausrüster geliefert werden. Die Nähe zu solcher Innovationskraft schätzen auch die Großen der Branche: So hat Nokia Siemens Networks in Berlin die Produktion von optischen Systemen für den Hochgeschwindigkeitstransport von Daten via Glasfaser konzentriert. Rund 450 Menschen arbeiten in der Hauptstadt in diesem Bereich, sie fertigen, konfektionieren und liefern kundenspezifische Lösungen an die Betreiber von Metro- und Weitverkehrsnetzen weltweit. Im Dichte-Wellenlängen-Multiplexing schaffen die Berliner Komponenten Übertragungsraten bis 3,8 Terabit pro Sekunde.

Das vielseitige Know-how Berlin-Brandenburgs im Bereich optischer Datenübertragung zog auch das US-Unternehmen COGO Optronics an. Der Entwickler optischer Transmitter-Komponenten mit sehr hoher Bitrate für Telekommunikation und Datenübertragungsnetzwerke unterhält eine strategische Partnerschaft mit dem HHI und ist seit 2010 auch in Berlin ansässig. COGO hat über 10 Mio. Euro in Berlin investiert und will seine Belegschaft bis 2013 auf 35 Mitarbeiter ausbauen. Auch Unternehmen, die Glasfasern und Lichtleiter konfektionieren, sind in der Region angesiedelt. Zum Beispiel FOC - fibre optical components, deren Faserkoppel- und Spleißtechnik weltweit eingesetzt wird, FCC FibreCableConnect oder Frank Optic Products. Lumics, eagleyard Photonics und viele andere fertigen Laserdioden und komplette Lasermodule für den Einsatz in der optischen Datenübertragung. ADVA Optical Networking, Spezialist für Komponenten für skalierbare optische Netzwerke, unterhält ebenfalls einen Standort in Berlin. Auf Mechanik und Feinwerktechnik im Zusammenhang mit optischer Kommunikation versteht sich die Astro- und Feinwerktechnik Adlershof GmbH, auf Messtechnik die Luceo Technologies GmbH.

40 Gbit/s Übertragungssystem für Weitverkehrsnetze © Nokia Siemens Networks GmbH und Co. KG

Komponenten und Komplettsysteme – Berlin-Brandenburg liefert das komplette Spektrum Doch optische Datenübertragung besteht nicht nur aus Sendern und Empfängern. Deshalb forscht und produziert man in BerlinBrandenburg auch an der Peripherie, entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Technologie. So versteht man sich am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) nicht nur darauf, technische Prinzipien in praxisgerechte integrierte Bauteile zu verwandeln, sondern entwickelte auch eine Technik, die die Herstellungskosten für optische Verbindungen entscheidend senken kann. Den Wissenschaftlern gelang es, optische Verbindungen für kurze Distanzen mit einem Verfahren ähnlich dem Drahtbonding zu realisieren. War die Herstellung wegen der nötigen Präzision bisher eine sehr teure Angelegenheit, werden bei dem IZM-Verfahren optisch transparente Polymerfasern ähnlich dem Drahtbonding miteinander verknüpft. Weil sich die Herstellung dadurch auch mit modifizierten Maschinen für das Drahtbonding erledigen lässt, dürften sich die Fertigungskosten vieler Produkte der optischen Kommunikationstechnik damit deutlich verringern.

Polymerwellenleiter für kostengünstige optische Datenübertragung © Fraunhofer IZM

Vom theoretischen Modell eines Opto-Halbleiters aus der Hand eines Festkörper-Physikers bis zum Ingenieurssupport für die Fertigung und vom Optochip für wenige Euro bis zu kompletten optischen Vermittlungsstellen im Millionen-Euro-Bereich – BerlinBrandenburg kann in Sachen optischer Datenübertragung das ganze Spektrum bieten. In der Region ist ein tragfähiges Netzwerk entstanden, das für fast alle Herausforderungen eine Lösung finden kann. Kontakt:

Dr. Martin Schell Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut Tel.: 030 / 31002 703 E-Mail: martin.schell@hhi.fraunhofer.de

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5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

„Leistungsfähige optische Netze sind die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum“ Interview mit Prof. Dr. Hans-Joachim Grallert und Dr. Ronald Freund zur photonischen Kommunikationstechnik

Die optische Kommunikation gehört zu den Übertragungstechniken der Zukunft. In welchen Bereichen der Datenübertragung ist in der nächsten Zeit mit bedeutenden Veränderungen zu rechnen? Welche Innovationen können wir mittel- bis langfristig erwarten? Hans-Joachim Grallert: Optische Übertragungstechniken haben sich insbesondere in den glasfaserbasierten Kern- und Metronetzen etabliert, die heutzutage Übertragungskapazitäten pro Glasfaser von mehreren Terabit pro Sekunde über Distanzen von einigen tausend Kilometern zur Verfügung stellen können. Durch das Einführen von neuen Diensten und die wachsende Anzahl von Internet-fähigen Endgeräten steigt das Verkehrsaufkommen in den optischen Netzen mit mehr als 50% pro Jahr. Das erfordert einen steten Ausbau dieser Netzbereiche und aktuell die schrittweise Einführung der bereits in den vergangenen Jahren entwickelten 100-Gbit/s-Technologien. Ronald Freund: Bedeutende Veränderungen sind in nächster Zeit insbesondere im Zugangsnetz- und In-house-Netzbereich zu erwarten. Die steigende Nachfrage nach mehr Bandbreite und geringerem Energieverbrauch wird in absehbarer Zeit zum flächenhaften Einsatz optischer Übertragungstechniken in diesen Netzsegmenten führen. In welchen Bereichen sind die Forschungseinrichtungen und in welchen Bereichen die Unternehmen der Hauptstadtregion im Bereich der Optischen Kommunikation führend? Wie sieht es im internationalen Vergleich aus? Ronald Freund: Forschungseinrichtungen der Hauptstadtregion sind in den Bereichen Netz/System- und Komponenten-Design sowie bei der Herstellung neuer, innovativer Prototypen weltweit führend. Bei den Unternehmen trifft das auf das Design (zum Beispiel VPIsystems GmbH und Atesio GmbH) und die Fertigung von optischen Übertragungssystemen (zum Beispiel Nokia Siemens Networks GmbH & Co. KG) sowie auf die Herstellung von Komponenten (zum Beispiel u2t Photonics AG, COGO Optronics GmbH und FOC GmbH) und Messtechnik (zum Beispiel SHF AG) zu. Diese führende Rolle der in Berlin ansässigen Firmen und Forschungsinstitute spiegelt sich in der Vielzahl ihrer Veröffentlichungen und Patente sowie in ihrer Mitwirkung an zahlreichen Standards wider. Wie beurteilen Sie die Potenziale für Gründungen im Bereich der optischen Kommunikation auf Basis wissenschaftlicher Forschungsergebnisse? In welchen Bereichen könnten die Forschungsergebnisse aus der Hauptstadtregion auf breiterer Ebene als bisher vermarktet werden?

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Prof. Dr. Hans-Joachim Grallert studierte Nachrichtentechnik an der RWTH Aachen und promovierte dort 1977. Seit dem Jahr 2004 ist er am Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) zunächst in beratender Funktion und seit 2005 als Institutsleiter tätig. 2005 wurde er zum Professor für Nachrichtentechnik an die TU Berlin in der Fakultät IV berufen. Vor dem HHI war er Geschäftsführer der Communications Ondata GmbH und Vice President von Marconi Optical Networks (2001-2003). Von 1981 bis 2001 war er bei der Siemens AG in München beschäftigt; zuletzt als Leiter der Entwicklung von Übertragungssystemen und Mitglied des Führungskreises der Siemens Information and Communication Optical © Foto: Fraunhofer HHI Networks.

Hans-Joachim Grallert: Die laserbasierte optische Nachrichtentechnik ist relativ jung und weist noch beachtliches Innovationspotenzial auf, was Forschungsergebnisse immer wieder belegen. Wichtig für den Prozess des Know-how-Transfers und die wirtschaftliche Vermarktung von Forschungsergebnissen ist eine starke Zusammenarbeit der kleinen und mittelständischen Unternehmen dieser Branche mit Forschungseinrichtungen wie dem Heinrich-Hertz-Institut. Das HHI ist grundsätzlich bereit, mit weiteren Firmen zusammenzuarbeiten und diese mit neuester Technologie und Forschungsergebnissen zu versorgen. Das vom Berliner Zukunftsfonds geförderte und vom HHI geleitete Projekt „100x100 Optics“ – 100 Mbit/s für 100 Millionen Nutzer wurde im Dezember 2011 abgeschlossen. Wie sind die Ergebnisse und welche Perspektiven gibt es?


5.1.5 Photonische Kommunikationstechnik

Hans-Joachim Grallert: Die Ergebnisse des Verbundvorhabens „100x100 Optics“ stärken den Standort Berlin im Bereich der Optischen Technologien und werden in den kommenden Jahren zum Wachstum dieser Branche beitragen. Die Beteiligung zweier Berliner Unternehmen (u2t Photonics AG und COGO Optronics GmbH) stellt die wirtschaftliche Verwertung der Projektergebnisse in der Region sicher.

für Beleuchtungszwecke eingesetzt werden. Bereiche mit ständiger Beleuchtung wie Großraumbüros, Produktionshallen, medizinische Bereiche, Flugzeugkabinen oder der öffentliche Fern- und Nahverkehr bieten in Zukunft ein großes Potenzial für die optische Drahtloskommunikation. Unter Verwendung der Wellenlängenmultiplextechnik können künftig Übertragungskapazitäten von mehreren 100 Gbit/s auch für terrestrische Freistrahl-Links und optische Satellitenkommunikationssysteme zur Verfügung gestellt werden. Herr Professor Grallert, Sie sind Leiter des Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut (HHI). An welchen bedeutenden Forschungsprojekten arbeitet das HHI zurzeit und welche Praxisinnovationen könnten daraus entstehen? Hans-Joachim Grallert: Leistungsfähige optische Netze sind die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Das HHI arbeitet mit Partnern an Lösungen, die diese optischen Netze sicherer, energieeffizienter und noch schneller machen. Zurzeit führt das HHI mit Partnern Projekte zur Entwicklung von optischen Zugangsnetztechnologien der nächsten Generation durch, die es erlauben werden, jedem Endteilnehmer einen symmetrischen Netzzugang, also mit gleicher Bitrate für Up- und Download mit einer Kapazität von mindestens 1 Gbit/s zur Verfügung stellen zu können.

Dr. Ronald Freund leitet im Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut die Abteilung Photonische Netze und Systeme mit Forschungsschwerpunkten im Bereich der optischen Kern-, Metro-, Zugangs- und In-houseNetze. Die Abteilung ist zudem im Bereich der Entwicklung von optischen Unterseekabel- und Satellitenkommunikationssysteme tätig. Weitere Forschungsthemen sind Quantenkommunikation und optische Signalverarbeitung.

Ronald Freund: Ziel des Projektes ist die Entwicklung von optischen Schlüsselkomponenten für hochbitratige Datenübertragungssysteme, beispielsweise zum Empfangen phasenmodulierter optischer Signale. Im Rahmen von „100x100 Optics“ wurde vom HHI der weltweit erste optische Phasenempfänger auf Polymerbasis entwickelt und in Übertragungsexperimenten für Datenraten von bis zu 116 Gbit/s erfolgreich getestet. Die Ergebnisse wurden im September 2011 auf der ECOC in Genf präsentiert.

Darüber hinaus arbeitet das Heinrich-Hertz-Institut an der Entwicklung der nächsten Generation von Mobilfunksystemen sowie an neuen Lösungen zur Steigerung der Übertragungskapazität in optischen Satelliten- und Unterseekabel-Übertragungssystemen sowie den dafür erforderlichen photonischen Komponenten. Außerdem beschäftigen sich Abteilungen des HHI mit der Aufnahme, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Videosignalen in der Film- und Fernsehindustrie (3D) sowie in industriellen und medizintechnischen Anwendungen. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

Infrarotports konnten sich bei Mobiltelefonen in der Vergangenheit nicht etablieren. In wie weit ist die optische Kommunikation direkt in der drahtlosen Telefonie und Internetnutzung einsetzbar? Oder findet ihre Anwendung für den Endkunden eher unbemerkt statt? Ronald Freund: Infrarotkommunikationssysteme haben sich in der Vergangenheit aufgrund der geringen Datenraten gegenüber den RF-basierten Funklösungen nicht am Markt etablieren können. Die Anwendung neuer Übertragungsverfahren ermöglicht heutzutage Übertragungsraten von bis zu 1 Gbit/s, und das auch mit sichtbarem Licht unter Verwendung von LEDs, die vielseitig

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5.2 Mikrosystemtechnik

Winzige Systeme mit vielfältigen Fähigkeiten Harald Pötter, Doreen Friedrich, Klaus-Dieter Lang, Herbert Reichl, Maik Hampicke, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Mobiltelefone enthalten Kameras und GPS-Sensoren. Autos lesen selbstständig Verkehrszeichen und ziehen sich, wenn sie schleudern, selbst wieder in die Spur. Herzschrittmacher bieten Diagnosefunktionen und übermitteln Informationen zum Gesundheitszustand ihres Trägers an die behandelnden Ärzte.

Erst eine durchgängige Produktion auf Waferlevel erlaubt eine derart kostengünstige Fertigung, dass eine Verwendung als Einmalendoskop möglich ist.

Solche komplexen, miniaturisierten elektronischen und optischen Systeme sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Und sie erobern sich immer mehr Anwendungen. Das erfordert Technik, die eine Fülle von Funktionen und Einzelbauteilen auf engstem Raum miteinander in Aktion bringt, ob in Form konventioneller Schaltungen oder monolithisch in Halbleitermaterialien und Substraten integriert. Wann immer neue Funktionsprinzipien entwickelt werden, braucht es jemanden, der sie in eine möglichst winzige und integrierte Form bringt. In Sachen Mikrosystemtechnik gehört Berlin-Brandenburg zu den stärksten Regionen Deutschlands. Schwerpunktthemen in der Region sind Halbleiter großer Bandlücke (Kapitel 5.2.1), Leistungselektronik (Kapitel 5.2.2), Sensorik (Kapitel 5.2.3) und Systemintegrationstechnologie (Kapitel 5.2.4).

Mikrosysteme vereinen die wissenschaftlichen Disziplinen Die große Stärke der Region Berlin-Brandenburg ist die Vernetzung. Und in der Mikrosystemtechnik ist sie besonders wertvoll: Am Standort Berlin Adlershof haben sich die führenden Berliner Forschungseinrichtungen bereits im ZEMI - Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin - zusammengeschlossen und bieten ihr Knowhow und ihre Infrastruktur für industrielle Projekte an. Die Bandbreite der im ZEMI zusammengeschlossenen Mitspieler reicht von der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, dem Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM), dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) sowie der TU Berlin mit den Instituten für Konstruktion, Mikro- und Medizintechnik, für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb sowie für Hochfrequenzund Halbleiter-Systemtechnologien. Äußerst gefragt, wenn es um die Miniaturisierung und Integration von Elektronik geht, ist das Fraunhofer IZM. Auch hier unterstützt man Firmen und wissenschaftliche Institutionen dabei, robuste und zuverlässige Elektronik zu entwickeln, aufzubauen und in die Anwendungsumgebung zu integrieren. Schwerpunkte des Fraunhofer IZM sind Integration auf Substrat- und Waferebene sowie Design und Zuverlässigkeit von elektronischen Mikrosystemen. Dabei arbeitet man zum Beispiel an Mikrokameras, die weniger als 1x1x1 mm messen, aber dabei 64.000 Pixel aufweisen.

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Substratlinie am Fraunhofer IZM zur fertigungsnahen Forschung © Fraunhofer IZM

Kürzlich ging das IZM im Rahmen des Forschungsratings Elektrotechnik und Informationstechnik als bestes aller 47 in diesen Bereichen tätigen deutschen Forschungseinrichtungen hervor. In Bezug auf Forschungsleistung, Effektivität, Effizienz, Nachwuchsförderung und Transferleistung bescheinigte der Wissenschaftsrat dem IZM sehr gute bis herausragende Leistungen.

Materialien und Grundlagenforschung Hervorgegangen ist das Fraunhofer IZM aus dem Forschungsschwerpunkt „Technologien der Mikroperipherik“ an der TU Berlin. Heute betreibt das Fraunhofer-Institut gemeinsam mit dieser das „Berlin Center of Advanced Packaging“, das im gesamten Spektrum der Miniaturisierung und Systemintegration aktiv ist. Auch darüber hinaus nimmt die Mikrosystemtechnik an der TU Berlin breiten Raum ein. So wurde am Institut für Festkörperphysik das Fachgebiet Optische und Optoelektronische Integration eingeführt, an dem grundlagenorientierte Forschung betrieben werden soll. Außerdem existiert der Forschungsbereich Halbleiter-Nanophotonik, an dem auch das FBH beteiligt ist – mit dem Ziel, neuartige photonische und nanophotonische Bauelemente zu entwickeln. Das Institut für Optik und Atomare Physik forscht unter anderem an Dünnschichtsystemen zur Herstellung von Filtern und Temperatursensoren. Und natürlich sind auch TU-Bereiche wie die Mikroelektronik und Institute wie die für Konstruktion, Mikro- und


5.2 Mikrosystemtechnik

Medizintechnik oder für Hochfrequenz- und Halbleiter-Systemtechnologien, in die Mikrosystemtechnik involviert. Gleiches gilt für das TU Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb, gemeinsam mit dem benachbarten Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK).

und das Institut für Optik und Atomare Physik der TU Berlin. Das Fraunhofer IZM half dabei, die Technologie in einen kompakten Handscanner zu integrieren. Der Scanner kommuniziert per Bluetooth mit dem PC und wird via Touchscreen bedient.

Auch das Fraunhofer-Institut für angewandte Polymerforschung in Potsdam-Golm arbeitet an Grundlagen für die Mikrosystemtechnik: Man beschäftigt sich mit der Entwicklung von neuen organischen Materialien für den Einsatz in der Polymerelektronik, vor allem solchen, die lichtsensitiv sind und sich durch photochemische, holographische oder sonstige Licht basierten Methoden steuern und bearbeiten lassen. Das Institut für Dünnschichttechnologie und Mikrosensorik e.V. (IDM) sucht ebenfalls nach solchen Materialien. Das Spektrum der Arbeiten umfasst die chemische Synthese optischer und sensorischer Funktionsmaterialien, die Erarbeitung von Strukturierungs- und Verarbeitungs- sowie Replikationsstechnologien bis hin zur Entwicklung optischer und sensorischer Funktionselemente. Dabei entwickelt das IDM Polymer- und Kompositmaterialien insbesondere zur photochemischen, holographischen und Elektronenstrahl-Strukturierung. Die Brandenburgische Technische Universität Cottbus und das IHP - Leibniz-Institut für Innovative Mikroelektronik in Frankfurt (Oder) betreiben auf dem Campus der Universität das Joint Lab, das vor allem an und mit Silizium forscht. Neben Anwendungen in der Photovoltaik forscht man etwa an SiliziumLichtemittern für die optische Datenübertragung on-thechip und zukünftigen Terahertz-Feldeffekt-Transistoren. Das Leibniz-Institut selbst arbeitet vor allem an der Weiterentwicklung drahtloser Kommunikationstechnik sowie an Materialien für die Mikro- und Nanoelektronik.

Diodenlasersystem für FreshScan - dank Mikrosystemtechnik nur 2x1 cm klein © FBH/schurian.com

Auch in der Industrie beschäftigen sich zahlreiche Unternehmen mit der Mikrooptik. So versteht sich etwa die AEMtec in Berlin Adlershof mit gut 100 Mitarbeitern auf die Entwicklung, Qualifikation, Industrialisierung und Produktion miniaturisierter und komplexer elektronischer und optoelektronischer Mikrosysteme. Man arbeitet mit Chip-Level-Technologien der neuesten Generation, etwa Chip on Board oder Flip-Chip und schafft im vollautomatischen Prozess Positioniergenauigkeiten im Sub-Mikrometer-Bereich.

Mikrotechnologien im Reinraum © HTW Berlin/Sonja Trabandt

Die Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft bietet sogar einen Studiengang Mikrosystemtechnik an. Sieben Semester dauert das Bachelor-Studium und bietet neben einer soliden Ausbildung in den ingenieurtechnischen Kernkompetenzen auch den Zugang zu modernen Simulations- und CAD-Techniken, zu Informatik, Elektronik, Sensorik und Mikrotechnologie.

Mikrooptik und mikrooptische Systeme

VCSEL-Array © AEMtec GmbH

Insbesondere an der Schnittstelle von Mikrosystemtechnik und Optischen Technologien hat die Region Berlin-Brandenburg einiges zu bieten. Zu den Projekten mit der größten Strahlkraft gehört FreshScan, ein Laser-System zur Überprüfung des Frischezustands von Fleisch. Beteiligt sind u.a. das Fraunhofer IZM, das FBH

Finetech ist Anbieter von Ausrüstung für eine Vielzahl von Rework- und Mikromontageanwendungen. Zu den Schwerpunkten gehören Laser-Bar-Bonden, VCSEL und Photodioden, optische Packages, welche im Wesentlichen aus optischen (Linsen, Prismen, Blenden, Filtern, etc.) und elektronischen Bauelementen be-

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5.2 Mikrosystemtechnik

stehen, sowie Chip-on-Glass (COG), eine Flip-Chip-Technologie für die direkte Montage von Schaltungen auf Glassubstrate. COG wird vorwiegend für Quelltreiber-Chips in der TFT-Technologie genutzt, also etwa für LCD- und Plasmabildschirme, bei e-ink und OLED Displays oder in 3D-Konzepten.

quid Crystal on Silicon“, also für Flüssigkristall auf Silikon. Dabei befinden sich die Flüssigkristall-Komponenten auf einem Silikonchip mit einer hoch reflektierenden Oberfläche, das verbindet gute Darstellung mit niedrigen Herstellungskosten. Lieferbar sind monochrome und farbsequentielle Displays. Hinzu kommen Unternehmen, die Komponenten liefern können, die für die Herstellung von Mikrosystemen benötigt werden. Zum Beispiel die MSG Lithoglas AG. Hier befasst man sich mit der Forschung und Entwicklung, der Produktion und der Vermarktung von Verfahren und Produkten im Bereich mikrostrukturierter Werkstoffe, vor allem von Glas. Dabei verfügt man über eine einzigartige Technologie, die hermetische und zuverlässige, strukturierte Glasschichten bei hohen Abscheideraten und niedrigen Substrattemperaturen ermöglicht. Typische Anwendungen sind Passivierungsschichten, zum Beispiel aus Borosilikatglas, gläserne Verkapselungen von optoelektronischen Bauteilen auf Wafer-Level sowie mikrofluidische Elemente.

Präzises Platzieren einer Linse in die V-Nut © Finetech GmbH und Co. KG

Auf die Entwicklung und Herstellung von mikro- und nanooptischen Systemen für die optische Sensorik und Bioanalytik hat sich die Firma Dr. Michael Himmelhaus – NanoBioAnalytics spezialisiert. Im Vordergrund stehen dabei Mikropartikelsensoren auf Basis von sogenannten Whispering-Gallery-Mode-Anregungen in Polymerpartikeln mit Größen im Mikrometerbereich. Über äußere optische Anregung zirkuliert in den Partikeln Licht wie in einem kugelförmigen mikroskopischen Wellenleiter. Die dabei entstehenden Interferenzmuster reagieren äußerst sensitiv auf jegliche Änderung in der Partikelform, -größe sowie den Eigenschaften der Partikelumgebung. Denkbar ist es dabei sogar, die Mikrosonden von lebenden Zellen fressen zu lassen und dabei die biomechanischen Kräfte zu messen, die die Zellen auf die Sonden ausüben. Registriert werden die Messdaten mit Hilfe von faseroptischen Meßköpfen und hochauflösenden Spektrometern, die NanoBioAnalytics ebenfalls liefern kann.

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Hermetische, nahezu beliebig strukturierbare Borosilikatglasschicht auf SiliziumChip © MSG Lithoglas AG

Die Firma micro resist technology entwickelt, produziert und verkauft Materialien zur Herstellung von mikroelektronischen und Halbleiterbauteilen. Vor allem bietet man Photoresiste für optische, Elektronenstrahl- und Röntgenstrahllithografie, Polymere für die Nanoimprint-Lithografie sowie anorganisch-organische Hybridpolymere für mikro- und nanooptische Anwendungen. Man ist Distributor für Dow Electronic Materials, MicroChem Corp. und DuPont und strukturiert auf Wunsch Kundensubstrate lithografisch.

Neben diffraktiven Optiken hat Holoeye Photonics auch LCOS-Mikrodisplay-Komponenten im Angebot. Dabei steht LCOS für „Li-

Ekos dagegen ist Lieferant, wenn es um Optiken geht. Neben Komponenten für Aufnahmezwecke und Laseroptik hat man auch mikrooptische Komponenten für Abtastzwecke und Zwischenabbildungen im Angebot. Auch das Produktportfolio der Frank Optic Products umfasst mikrooptische Komponenten und Systeme.

Hochauflösende LCOS Microdisplays © Holoeye Photonics AG

Mikrosystemtechnik, Mikrooptik für die Photonik © Frank Optic Products GmbH


5.2 Mikrosystemtechnik

Entwicklungskompetenz lässt sich einkaufen Auch wenn externes Know-how und Entwicklungsdienstleistungen gefragt sind hat die Region einiges zu bieten. Die Berliner Nanotest und Design GmbH zum Beispiel erbringt ingenieurtechnische Dienstleistungen in den Bereichen Mikrosystemtechnik und Nanotechnologie/Nanomesstechnik. Das Spektrum umfasst unter anderem Zuverlässigkeitsanalysen für Mikrokomponenten, Mikrosysteme und Nanomaterialien, die thermische Charakterisierung von Materialien und Materialverbünden der Mikrotechnik, die Simulation von Mikro- und Nanoaufbauten sowie die Begutachtung von Werkstoff- und Bauteilanordnungen von Aufbauten im Mikro- und Nanobereich.

zu gestalten. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IZM entstand deshalb ein Mehrlagen-Sicherheitsdokument mit integrierter Elektronik. Die Karte soll später zum Beispiel biometrische Daten ermitteln, verarbeiten und speichern können oder sogar ein flexibles Display enthalten, auf dem eine ganze Bildfolge zu sehen sein könnte. Denkbar wäre es auch, Zugangsberechtigungen zu bestimmten Bereichen an die Kodierung des Ausweises zu koppeln.

Auch die Berliner Active Space Technologies fungiert als Entwickler für Technologie in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Mikrosystemtechnik, Laser und Wissenschaft. Active Space versteht sich unter anderem auf Temperaturmanagement, Strömungsund Kühlungsprozesse, auf mechanische und CAD-Entwicklungen, Materialauswahl sowie den Bau von Prototypen und die Produktionsvorbereitung. In den Referenzen finden sich unter anderem die Europäische Weltraumagentur ESA, Thales und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Inmotec Automation ist Spezialist für Automatisierungsaufgaben. Man deckt den kompletten Bereich von Human-Machine-Interface, Steuerung und Antriebstechnik via EtherCAT, Kurvenscheiben und komplexen Mehrachsbahnsteuerungen ab und hat dabei auch die Sicherheitstechnik im Auge. Die Christian Dunkel GmbH, hervorgegangen aus dem Werkzeugbau des Werkes für Fernsehelektronik, ist Spezialist für Entwicklung, Bearbeitung und Herstellung von mikrosystemtechnischen Komponenten aus diversen Metallen, Keramiken, Gläsern und Kunststoffen. Mit mehr als 130 Mitarbeitern beschäftigt sich die Firma auch mit Entwicklung, Herstellung, Umbau und Reparatur von Sondermaschinen, Vorrichtungen, Schnitt- u. Stanzwerkzeugen, Lehren, Kunststoff- und Druckgußformen sowie der Einzelteilfertigung. Auftraggeber stammen hauptsächlich aus der Luftund Raumfahrtindustrie, der Energietechnik, der Automobilindustrie, der optischen Industrie und der Medizintechnik.

Mikrosysteme in der Sicherheitstechnik Ein wichtiger Treiber für die Weiterentwicklung von Mikrosystemtechnik ist das in den letzten Jahren stark gestiegene Bedürfnis nach technisch hergestellter Sicherheit. In der Region gibt es eine Vielzahl von Einzelakteuren, Initiativen und Netzwerken, die speziell in diesem Bereich arbeiten – allein mehr als 30 Forschungseinrichtungen, unter anderem Institute der FraunhoferGesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft sowie die drei großen Berliner Universitäten FU, HU und TU. Das Spektrum reicht von der mechanischen über die elektronische bis hin zur informationstechnischen Sicherheit. Zusätzlich werden werkstoffliche, medizinische und biologisch-ökologische Sachverhalte behandelt. Ein wichtiger Akteur in diesem Zusammenhang ist die Bundesdruckerei. Da sie unter anderem Ausweisdokumente herstellt, gehört es zu ihren Kerninteressen, diese möglichst fälschungssicher

Mehrlagen-Sicherheitsdokument mit integrierter Elektronik © Fraunhofer IZM

Solch ein Dokument wäre extrem fälschungssicher. Damit sich die Technik in ein Ausweisdokument integrieren lässt, sind die verwendeten Chips dünner als zehn Mikrometer. Außerdem muss solche Technik auch unter den Strapazen, denen ein Ausweis ausgesetzt ist, jahrelang zuverlässig funktionieren. Unter anderem sollen das mehrere tausend Zyklen von Biege- und Torsionstests sicherstellen. Ein weiteres Thema für die Mikrosystemtechnik zu Sicherheitszwecken sind Produktfälschungen. Zum Schutz vor Plagiaten und zur eindeutigen Kennzeichnung von Ersatzteilen werden diese in Zukunft vermehrt direkt im Material elektronisch gekennzeichnet werden. Hierzu muss die Elektronik in Bauteile aus metallischen oder polymeren Werkstoffen integriert werden. Außerdem muss sie widrigen Einsatzbedingungen standhalten sowie über eine Kommunikationsschnittstelle und idealerweise über eine eigene, autarken Betrieb bietende Energieversorgung verfügen.

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5.2 Mikrosystemtechnik

Lab on Substrate © Fraunhofer IZM/Döring

Mikrosysteme sorgen für Gesundheit und Lebensqualität Ein weiterer großer Anwendungsbereich für die Mikrosystemtechnik ist der medizinische Bereich. Kleine, mobile Geräte für Diagnostik und Therapie können Patienten 24 Stunden am Tag begleiten, ohne die Lebensqualität zu beeinträchtigen. Minimal-invasive Operationstechniken, möglich etwa durch miniaturisierte Kameras, hinterlassen kaum noch Spuren. Auch komplexe Analysen, die bislang im Labor stattfanden, können inzwischen in vielen Fällen mittels „Lab on Chip“- oder „Lab on Substrate“-Systemen beschleunigt und vor allem gleichzeitig durchgeführt werden. Für Berlin-Brandenburg, wo die Medizintechnik traditionell stark ist, eröffnet das viele neue Möglichkeiten. Beispiele für in diesem Bereich aktive Unternehmen sind World of Medicine und MGB, beides Berliner Firmen, die Komponenten für endoskopische und sonstige minimal-invasive Eingriffe herstellen. Biotronik, einst gegründet vom Schöpfer des ersten deutschen Herzschrittmachers, hat heute Schrittmacher im Angebot, die gleichzeitig das Monitoring des Patienten ermöglichen: Die Geräte senden kontinuierlich gesundheitliche Daten über das Mobilfunknetz – weltweit und automatisch, unabhängig davon, wo der Patient sich gerade aufhält. So kann der behandelnde Arzt über einen geschützten Internetzugang den Therapieverlauf kontrollieren. Auch für Daten wie Blutdruck, Puls oder Gewicht ist diese Art von Sensorik denkbar. Kritische Zustandsveränderungen lassen sich dadurch frühzeitig erkennen. Blinden-Langstock mit Lasersensorik für den Oberkörperschutz © Vistac GmbH

Im Bereich Intelligente Systeme und Robotik der FU Berlin läuft derzeit sogar ein Projekt,

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das Blinden einen Teil ihrer Sehkraft wieder zurückgeben soll: Geforscht wird an einer Mikrooptik-Lesebrille, also Software und Steuerung für eine aktive Kamera für Blinde, die gezielt in der Umgebung nach Dokumenten sucht, diese erfasst und über einen Synthesizer vorliest. Auch die Firma Vistac aus Teltow in Brandenburg bietet Blinden Hilfestellung. Sie hat einen Blindenstock entwickelt, der per Laser die Umgebung scannt und vor Hindernissen warnt. Das Prinzip nutzt man zum Beispiel auch für Kollisionsschutzsensoren.

Technik, die selbstständiges Leben möglich macht Gerade auch angesichts des demographischen Wandels dürften solche Angebote in den kommenden Jahren große segensreiche Wirkung zum Wohle von Gesundheit und selbstständigem Leben entfalten. Das Schlagwort „Ambient Assisted Living“ umfasst Techniken, die Älteren möglichst lange ein angenehmes, selbstständiges Leben ermöglichen sollen. Technologiedemonstrator eines Pflegearmbandes, das Hautfeuchte und Temperatur zuverlässig überwacht © Fraunhofer IZM/EMFT

Betrachtet man allein die Hauptstadtregion sind heute in Berlin 15%, in Brandenburg bereits 18% der Bevölkerung über 65 Jahre alt. Nach den Prognosen des Statistischen Bundesamts werden es im Jahr 2030 18,5 und 26% sein. An Ideen für das „Ambient Assisted Living“ mangelt es nicht: Als vielversprechender Ansatz zur Versorgung etwa von Herzinsuffizienzpatienten haben sich Telemonitoringsysteme erwiesen. Vor allem dann, wenn sie sich mit „Wearable Computing“ verbinden lassen. Dabei könnten in die Kleidung integrierte Sensoren die Gesund-


5.2 Mikrosystemtechnik

heitsdaten messen, völlig unsichtbar und damit ohne den Träger der Kleidung zu stigmatisieren.

erfolgreiche Vermarktung solcher AAL-Konzepte erarbeitet. Als offene Plattform soll MIDIS allen Interessierten die Gelegenheit bieten, ihre Ideen einzubringen.

Ein weiteres Anwendungsfeld in diesem Zusammenhang ist das „Smart Home“ oder intelligente Wohnen. Dazu zählen insbesondere Licht-, Heizungs- und Klimasteuerungen, aber auch Alarmanlagen, die Notfälle signalisieren. Weiterhin gibt es akustische und optische Orientierungshilfen, die daran erinnern können, genug zu trinken und wichtige Medikamente einzunehmen. Auch Roboter für häusliche Hol- und Bringdienste sind denkbar. Wie so etwas funktionieren könnte, lässt sich in Berlin-Brandenburg bereits praktisch erleben: Bereits 2008 rüstete eine Wildauer Wohnungsbaugesellschaft eine Musterwohnung mit innovativer Funktechnologie des regionalen Unternehmens Eldat GmbH aus. Mithilfe eines Handsenders lässt sich zum Beispiel das Licht der gesamten Wohnung steuern. Im Fall eines Falles lässt sich so auch menschliche Unterstützung aus anderen Räumen oder der Nachbarwohnung rufen.

Zudem soll über das Projekt die Kooperation von Dienstleistern und Mikrosystemtechnik-Herstellern organisiert und das methodische Vorgehen erprobt werden. Große Bedeutung kommt dabei der Usability zu: Je weniger ein Nutzer Technik bewusst wahrnimmt, desto größer ist die Akzeptanz. Im Rahmen des Projekts „1.000 Wohnungen in Berlin - Leben mit innovativer Technik“ sollen in den nächsten fünf Jahren Wohnungen in der Hauptstadt mit nachrüstbaren, intelligenten Assistenzund Unterstützungssystemen ausgestattet werden. Um Älteren ein selbstständiges Leben zu ermöglichen, sollen auch entsprechende Dienstleistungen integriert werden. Durch die Einbindung der Industrie und des Handwerks, der Akteure des Gesundheitswesens, der Kranken- und Pflegekassen, der Wohnungswirtschaft und des Bauwesens will man dabei möglichst tragfähige, umfassende Lösungen finden.

Ein weiteres Beispiel ist das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Vorhaben SELBST-„Selbstbestimmt Leben im Alter mit Mikrosystemtechnik“. In diesem Verbundvorhaben entwickeln der pme Familienservice gemeinsam mit dem Fraunhofer IZM, dem Berliner Systemtechnik-Unternehmen Esys, dem SIBIS Institut für Sozialforschung GmbH, der Universität der Künste Berlin sowie dem Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) eine benutzerfreundliche Kommunikationsplattform mit angekoppeltem Dienstleistungskonzept.

Um die Aktivitäten in dieser Richtung zu fördern und die Bedeutung des Themas zu unterstreichen, wurde unter Führung der TSB Innovationsagentur Berlin das Handlungsfeld „Vernetztes Leben“ initiiert. In enger Abstimmung mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung will man den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien fördern, die das Ziel haben, den Menschen in seiner Wohn- und Arbeitsumgebung zu entlasten.

Im Zentrum stehen ein SELBST-Bedien-Pad als Kommunikationszentrale sowie ein Sensorbaukasten zur problemlosen Nachrüstung. Leichte Bedienbarkeit und vielfältige Funktionen sollen die Kommunikation der älteren Menschen mit entfernt wohnenden Freunden und Familienangehörigen fördern und gleichzeitig die Angehörigen bei der Betreuung entlasten. Im Zusammenspiel mit dem Pad soll der Sensorbaukasten den aufmerksamen Nachbarn ersetzen und den entfernt wohnenden Angehörigen jederzeit vermitteln, ob noch alles in Ordnung ist. VERNETZTES LEBEN

in Berlin-Brandenburg 2011

THE GERMAN CAPITAL REGION excellence in ict • media • creative industries

Mit dem Handlungsfeldreport „Vernetztes Leben“ hat die TSB bereits die Potenziale der Region aufgezeigt – vor allem in den Bereichen „Wohnen“, „Unterwegs“, „Telemedizin“ und „Güter“, die Wohnen, Arbeiten und das Leben in der Stadt in den Mittelpunkt stellen. Auf der Website der TSB (www.tsbberlin.de) kann der Report heruntergeladen werden.

Report Vernetztes Leben © TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

„Ambient Assisted Living“ ist bei weitem nicht der einzige Bereich, in dem Mikrosystemtechnik das Leben besser machen und gleichzeitig ihr wirtschaftliches Potenzial entfalten kann. Aber er ist einer, mit dem sich für die Zukunft viele Hoffnungen verbinden. SELBST-Bedien-Pad © pme Familienservice GmbH

Ein weiteres Projekt in der Region ist „MIDIS - Mikrosystemtechnische Dienstleistungs-Innovationen für Senioren“. Hier geht es um Grundsätzliches: Es werden inhaltliche Grundlagen und methodische Vorgehensweisen für die kooperative Entwicklung und

Kontakt:

Prof. Dr. Klaus-Dieter Lang Fraunhofer IZM Tel.: 030 / 46403 179 E-Mail: klaus-dieter.lang@izm.fraunhofer.de

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5.2 Mikrosystemtechnik

„Die Infrastruktur für die Industrie ist in Berlin-Brandenburg vorhanden“ Interview mit Prof. Dr. Klaus-Dieter Lang zur Mikrosystemtechnik

Berlin-Brandenburg ist im Bereich Mikrosystemtechnik in Forschung und Wissenschaft sehr gut, in vielen Bereichen sogar international führend aufgestellt. Welche Technologien und Methoden aus Berlin sind weltweit von besonderer Bedeutung? Welche neuen Anwendungsfelder ergeben sich daraus? Die Stärken der Region liegen im Bereich photonischer Komponenten, Technologien und Systeme, in Bezug auf die Mikrosystemtechnik (MST) sind es beispielsweise Mikrolaser, Kamerasysteme und Kommunikationskomponenten. Speziell im Bereich der Mikrosystemtechnik liegen weitere Stärken Berlin-Brandenburgs im Bereich der Sensorik und der Signalübertragung sowie natürlich der Systemintegration. Neben den traditionellen Anwendungsgebieten Industrie, Automobiltechnik, Kommunikation und Medizin haben sich in Form von Life Science, Gebäudemanagement, Produktionstechnik und Energieeffizienz große neue Einsatzbereiche aufgetan. Dahinter steckt eine ungeahnte Anzahl an Sensor- und Verarbeitungstechniken. Bei Industrie und Wirtschaft entsprechen Zahl und Größe der Unternehmen noch immer nicht dem Potenzial. Wo sehen Sie Ansatzpunkte für eine optimierte Ansiedlungspolitik? Welche Rahmenbedingungen müssen ausgebaut und geschaffen werden, um für Neuansiedlungen einen Grundstein zu legen? Auf dem Feld der Mikrosystemtechnik gibt es hier schon einige – auch große – Unternehmen, die durchaus weltweit renommiert sind. Schließlich ist Berlin der drittstärkste Mikrosystemtechnikstandort in Deutschland. Ich habe aber den Eindruck, dass diese Leistungen durch die Vielseitigkeit der Stadt etwas untergehen. Berlin wird als Stadt der Geschichte, der Wissenschaft und vor allem der Kultur wahrgenommen, nicht aber als Industriestandort. Dabei ist die nötige Infrastruktur in großen Teilen vorhanden und könnte bei Bedarf ausgeweitet werden. Die Stadt muss sich pointierter als industrieller Technologiestandort mit einem außerordentlichen Potenzial an fähigen Mitarbeitern darstellen und so nationale wie internationale OEMs ansprechen. Die Ausrichtung der EU auf die so genannten „key enabling technologies“ könnte dies unterstützen. Welche politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen wären aus Ihrer Sicht nötig, um in der Hauptstadtregion Wertschöpfungsketten in der Mikrosystemtechnik zu realisieren? Neben der schon angesprochenen Kommunikationsarbeit für den Industriestandort Berlin-Brandenburg ist es wichtig, neue Anwendungsbereiche für den Standort zu entwickeln. So ist zum Beispiel die Lebensmittelbranche in Berlin-Brandenburg eine der umsatzstärksten Industriezweige – hier warten zahlreiche potenzielle Nutzer auf geeignete Geräte. Gemeinsam können hier alte

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Prof. Dr. Klaus-Dieter Lang studierte Elektrotechnik an der Humboldt Universität zu Berlin. Im Jahre 1993 startete er seine Fraunhofer-Karriere am Fraunhofer IZM in Berlin, wo er 2001 die Leitung der gemeinsam mit dem Forschungsschwerpunkt „Technologien der Mikroperipherik“ der TU Berlin betriebenen Projektgruppe „Microsystem Engineering“ am Berliner Zentrum für Mikrosystemtechnik (ZEMI) übernahm. Von 2006 bis 2010 war Prof. Lang Stellvertreter des Institutsleiters, bis er 2011 das Fachgebiet „Nano Interconnect Technologies“ an der TU Berlin und die Leitung des Fraunhofer IZM übernahm. Prof. Lang ist Mitglied in verschiedenen Gremien und Ausschüssen von Wissenschaft und Verbänden (z.B. des DVS, von IEEE und der VDE-GMM). Er ist Autor oder Mitautor von mehr als 130 Veröffentlichungen in den Bereichen Aufbau- und Verbindungstechnik, Mikrosystemtechnik © Foto: Jacek Ruta und Elektronik-Packaging.

Märkte verteidigt und neue Märkte erschlossen werden. Auch die Anforderungen einer Mega-City der Zukunft bieten ungeheure Chancen für die Mikrosystemtechnik. Die neuen Herausforderungen müssen mit den Protagonisten zusammengebracht werden, die schon in der Mikrosystemtechnik tätig sind. Die Politik und die entsprechenden Verbände könnten dies meiner Meinung nach forcieren. Die Systemintegrationstechnologie ist weiterhin eine bedeutende Sparte. Welche Einsatzbereiche sind zurzeit besonders gefragt? Wie wirkt sich die angestrebte Energiewende auf die Arbeit der regionalen Forschungseinrichtungen und Ihr Institut aus?


5.2 Mikrosystemtechnik

Der Entwicklungsansatz in der Systemintegrationstechnologie hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert: Früher wurden Halbleiter-Komponenten hergestellt, die dann von Systementwicklern bei Eignung weiterverwendet wurden. Heutzutage wird die Systemintegration hochgradig, wenn nicht sogar ausschließlich vom Anwender bestimmt. Wir haben heute mehr die „Systembrille“ auf als vor zehn Jahren. Jetzt ist von vornherein festgelegt, was ein Gerät leisten muss und kosten darf, und nach diesem Lastenheft wird stringent entwickelt. Aus diesem Grund haben wir neben der technologischen Weiterentwicklung auch unsere Kompetenz in den Bereichen Systemarchitektur und -design sowie Systemzuverlässigkeit erheblich ausgebaut. Wir sind heute maßgeblich ein systemorientiertes Institut. Die Lebensmittel- und Landwirtschaft rückt als Abnehmer der Mikrosystemtechnik immer stärker in den Fokus. Der mobile Frischfleischscanner „FreshScan“ ist für die Lebensmittelwirtschaft ein großer Schritt nach vorn. Auf welchen Feldern der Land- und Lebensmittelwirtschaft gibt es weitere Potenziale für Mikrosystemtechnik? Der FreshScan ist vor allem ein Produkt, mit dem Endanbieter und Verarbeiter die Lieferkette und den Zustand ihrer Ware prüfen können. Ein weiteres Projekt für die Lebensmittelindustrie ist FischFit, bei dem größeren Fischen ein Sensorsystem zur telemetrischen Gesundheitsdiagnose und Umweltüberwachung implantiert wird. Durch die Auswertung des Verhaltens der damit bestückten Fische lassen sich Rückschlüsse auf den Zustand in einer Fischzuchtanlage anstellen. Auch hier sind regionale Betriebe und Forschungseinrichtungen an dem Projekt beteiligt. Der innovative regionale Wachstumskern Berlin „WideBaSe“ soll Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von optoelektronischen und elektronischen Bauteilen auf Basis breitlückiger Halbleiter fördern. Welche herausragenden Anwendungsbeispiele gibt es? Für welche Nutzer sind die Resultate besonders interessant? Das Fraunhofer IZM ist selbst nicht Partner in diesem Wachstumskern. Soweit mir aber bekannt ist, fließen die Forschungsund Entwicklungsleistungen in erster Linie in die hochwertigen Bereiche wie UV-Optoelektronik, Mikrowellen- und Leistungselektronik ein. Durch die beteiligten Firmen ist eine Marktorientierung gewährleistet. Anwendungen auf Basis dieser Halbleiter sind vor allem in der Hochleistungselektronik zu sehen. Das bedeutet Einsatz bei hohen Temperaturen und höheren Leistungen zum Beispiel für die Hochfrequenztechnik beim Mobilfunk. Diese Bauteile sind für Kommunikationsgeräte geeignet, die in Extrembedingungen eingesetzt werden. Mikrooptische Systeme finden immer mehr Anwendungsfelder. Am Fraunhofer IZM haben Sie die kleinste Kamera der Welt entwickelt. Für welche Einsatzbereiche ist diese besonders interessant? Unser Beitrag auf diesem Gebiet ist vor allem, die miniaturisierten Systeme in die verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten einzubringen. Unsere Miniaturkamera auf Waferlevel-Basis, mit einer Größe von 1x1x1 Millimeter die kleinste der Welt, wurde primär für den medizinischen Sektor entwickelt. Ziel ist es, in der Serie auf einen Stückpreis von einigen wenigen Euro zu kommen und so für jeden Einsatz eine kostenadäquate Kamera-Systemlö-

sung zu haben. Ein Einsatz der Kamera könnte aber auch im Condition Monitoring für Automobil-, Produktions- oder Verkehrstechnik liegen. Spionage und Datenklau bedrohen Politik, Wirtschaft und Privatpersonen in immer größerem Ausmaß. In welchen Feldern der Sicherheitstechnik sehen Sie hier neue Anwendungspotenziale für die Mikrosystemtechnik? Wo ist sie bereits etabliert? In der Tat stellt die Datensicherheit eine der größten Herausforderungen dar. Wir können in diesem Bereich aber nicht nur auf sichere Software setzen. Eine hundertprozentige Nachbausicherheit der Hardware muss ebenso gegeben sein. Die Mikrosystemtechnik kann hier besonders sichere Komponenten schaffen, die nichtautorisierten Personen ein externes Auslesen der Speicherinhalte, etwa durch 3D-Integration, unmöglich machen und bei entsprechenden Versuchen unbrauchbar werden. Ambient Assisted Living (AAL) basiert zu einem wesentlichen Teil auf der Mikrosystemtechnik. Welche wichtigen Forschungsprojekte gibt es aktuell in der Region und wie können diese das Thema AAL in Zukunft verändern? Die frühe Förderung durch den BMBF und die Kommunikationspolitik des VDI/VDE-IT, etwa durch den AAL-Kongress, hat uns hier in der Region einige Vorteile beschert. Der Trend geht beim Ambient Assisted Living klar zur kompletten Vernetzung von Mensch und Umwelt. Konkret befassen wir uns in Projekten mit vernetzten Sensorsystemen, die den körperlichen Zustand oder besondere Gefährdungssituationen melden können. Außerdem arbeiten wir an intelligenten Textilien mit eingelassenen Sensoren für den alltäglichen Einsatz. Die Herausforderung dabei ist, wie auch in anderen Einsatzgebieten, dass die Mikrosystemtechnik integrierter Bestandteil der genutzten Produkte in der Anwendungsumgebung wird. Ihr Institut, das Fraunhofer IZM, wurde in diesem Jahr als beste deutsche Forschungseinrichtung im Bereich Elektrotechnik ausgezeichnet. Was ist das „Erfolgsgeheimnis“, und an welchen bedeutenden Projekten arbeiten Ihre Kollegen und Sie zur Zeit? Wir alle haben uns hier sehr über die in der Mehrheit der Kriterien hervorragende Bewertung im Rating des Wissenschaftsrats gefreut. Und auch wenn ich selbst 18 Jahre am IZM meinen Beitrag geleistet habe, möchte ich darauf hinweisen, dass zum Zeitpunkt der Erhebung noch mein Vorgänger, Professor Herbert Reichl, das Fraunhofer IZM geleitet hat. Unser Erfolg basiert, und das ist eigentlich kein Geheimnis, auf einem gut ausgebildeten und hoch motivierten Team. Alle Beteiligten müssen sich dabei über die Wechselwirkungen zwischen Grundlagenforschung und Anwendungsanforderungen im Klaren sein. Als Systemintegrator haben wir Projekte auf mehreren Arbeitsfeldern, zu denen zurzeit Forschungen und Entwicklungen beispielsweise zu den Themen Elektromobilität, Sensorik für Identifikationssysteme, 3D-Integration und Photonik gehören. Unsere Schwerpunkte liegen auf Miniaturisierung, Multifunktionalität und Zuverlässigkeit in Kombination mit einer konsequenten Anwendungsorientierung. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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5.2.1 Halbleiter großer Bandlücke

„Berlin WideBaSe“: Wirtschaft und Wissenschaft im Verbund zu Halbleitern mit großer Bandlücke Nicolas Hübener, Klaus Jacobs

Wide Bandgap Semiconductors (WideBaSe) sind Verbindungshalbleiter wie Galliumphosphid, Galliumnitrid, Aluminiumnitrid, Zinkoxid, Titanoxid oder Siliziumkarbid sowie Mischkristalle zwischen diesen. Die Eigenschaften dieser Materialien (große Bandlücke, teilweise effiziente Emission im Ultraviolett(UV)-Spektralbereich, hohe Spannungsfestigkeit, hohe Ladungsträgerbeweglichkeit, exzellente Wärmeleitfähigkeit und Funktionstüchtigkeit auch bei sehr hohen Temperaturen) ermöglichen Hochleistungssysteme in der Hochfrequenztechnik und Leistungselektronik, mit vielfältigen Anwendungen in der Kommunikations-, der Verkehrs- und Energietechnik sowie in der Sicherheitstechnik. Aus diesen Halbleitern lassen sich kompakte und effiziente Strahlungsquellen und -empfänger im blauen und im ultravioletten Spektralbereich herstellen, die neue Anwendungen, z. B. in den Bereichen Beleuchtung, Displaytechnologie, Medizin- und Sicherheitstechnik sowie Umwelttechnologie mit jährlichen Wachstumsraten von bis zu 30 %, ermöglichen (Yole Développement 2011). Im Raum Berlin-Brandenburg existiert eine europaweit nahezu einmalige Konzentration und Kompetenz in der Erforschung, Entwicklung, Fertigung und Vermarktung von Wide Bandgap Semiconductor Materialien und darauf basierenden Bauelementen. Dabei sind Einrichtungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette tätig, von der Materialerforschung und -entwicklung, der Anlagenherstellung, Epitaxie, Prozess- und Chipentwicklung, bis zur Systemintegration.

Der Wachstumskern „Berlin WideBaSe“ Seit Juli 2010 arbeiten 13 Partner, zehn Unternehmen und drei Forschungseinrichtungen, im Innovativen regionalen Wachstumskern „Berlin WideBaSe“ zusammen. Die Unternehmen und Forschungseinrichtungen in diesem Verbund können durch KoElectronic Devices

III-Nitrides

ig la n tio n

G tal it Crys Ep &

Wide Bandgap Semiconductors

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Optoelectronic Devices

Ch & M ara ea c s

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Microoptic Systems

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Substrates

Einsatzfelder von „Berlin WideBaSe“ © „Berlin WideBaSe“

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Characterization & Measurement Facilities

operation und gemeinsame Nutzung bzw. Schaffung von Ressourcen jeweils ihr eigenes Portfolio erweitern und ihre Position auf bereits bedienten Märkten verbessern sowie neue Märkte erschließen. Entlang von Wertschöpfungsketten profitieren z.B. die Anlagenhersteller wie Sentech Instruments und LayTec von der direkten Rückkopplung mit Anlagennutzern und der Möglichkeit, gemeinsam komplette Prozesse entwickeln zu können.

Pyro 400 ermöglicht die präzise Oberflächentemperaturmessung bei GaN-Wachstumsprozessen © LayTec AG

Die Firma CrysTec kann durch die Mitarbeit ihr Substrat-Portfolio auf AlN-Substrate ausweiten. Die Bauelementehersteller Jenoptik Optische Systeme, OSA Opto Light, eagleyard Photonics, Berlin Microwave Technologies und GloMic können Prozessschritte und Ausrüstungen in der Bauelementeherstellung gemeinsam nutzen und damit für eine bessere Amortisation der Investitionen und der Kosten für die Prozessentwicklung sorgen. Begleitend hierzu entwickelt RTG Mikroanalyse Analytikdienstleistungen für Nitride. Durch die in „Berlin WideBaSe“ realisierte enge Zusammenarbeit der Unternehmen mit dem Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH), dem Leibniz-Institut für Kristallzüchtung und der Technischen Universität Berlin können auch forschungsintensive technologische Anforderungen bedarfsorientiert und zeitnah erfüllt werden. Die Wissenschaftseinrichtungen tragen darüber hinaus durch Modellierung und Simulation der neuen Bauelemente und Prozesse zur Reduzierung von Zeit und Kosten bei der Technologieentwicklung bei. Mit Abdekkung der gesamten Wertschöpfungskette sichern sich die genannten Bauelementehersteller, aber auch Endanwender wie Osram, Zulieferer in der Region. Alle Bündnispartner sind in einem Umkreis von 25 km angesiedelt, die Schwerpunkte bilden die Wissenschafts- und Technologieparks Adlershof und Wuhlheide. Persönliche Treffen, Abstimmungen, Material- und Personalaus-


5.2.1 Halbleiter großer Bandlücke

tausch sowie die gemeinsame Nutzung von Laboren wird durch diese räumliche Nähe mit geringem Aufwand möglich.

Bauelemente für den UV-Spektralbereich Ein Schwerpunkt innerhalb von „Berlin WideBaSe“ ist die Entwicklung von optoelektronischen Bauelementen für den UV-Spektralbereich. UV-LEDs werden z. B. in den Bereichen Desinfektion, medizinische Phototherapie oder Belichtung, Lackhärtung und Lithographie eingesetzt. UVC-LEDs werden zukünftig konventionelle Quecksilberdampfstrahler ersetzen, die groß, nicht sehr haltbar, spektral nicht optimal angepasst und wenig energieeffizient sind. Außerdem enthalten diese Schwermetalle und müssen daher gesondert entsorgt werden. Zum aktuellen Zeitpunkt konzentriert sich „Berlin WideBaSe“ auf fokussierbare LEDs im UVA- und UVBBereich für Medizintechnik, Messtechnik und Sensorik sowie großflächige LEDs für Leistungsanwendungen, wie z. B. UV-Aushärten oder medizinische Applikationen.

Rahmen von „Berlin WideBaSe“ werden derartige Mikrowellenverstärker mit Ausgangsleistungen von mehreren hundert Watt und Effizienzen von über 70% sowohl für Anwendungen in der Kommunikationstechnik als auch für technische HochfrequenzAnwendungen wie etwa zur Plasmaerzeugung entwickelt.

Querschnittstechnologien Begleitend zu den Schwerpunkten Optoelektronik und Elektronik widmet sich der dritte Schwerpunkt den Querschnittstechnologien. So werden bspw. durch die Firma RTG Mikroanalyse Analytikdienstleistungen für Nitride erstmalig über den gesamten Zusammensetzungsbereich kalibriert und damit quantitativ verfügbar gemacht. Durch „Berlin WideBaSe“ wird auch die Entwicklung von AlN-Substraten weiter getrieben, die zukünftig wegen der guten Gitteranpassung an die aktiven Schichten sowohl für UV-LEDs mit Wellenlängen unter 300 nm als auch wegen der guten Wärmeleitfähigkeit in der Leistungselektronik von Bedeutung sein werden.

Erzeugung von Mikrowellenleistung Der zweite Schwerpunkt in „Berlin WideBaSe“ beschäftigt sich mit Konzepten und Technologien zur hocheffizienten Erzeugung von Mikrowellenleistung. Die Berliner Partner reagieren damit auf nachhaltige Änderungen des globalen Marktes, die für alle Arten von Mikrowellen-Leistungserzeugung und Mikrowellen-Sendersystemen in allen Leistungsklassen und Frequenzbereichen erwartet werden. Damit entstehen auch höhere Anforderungen an die Verstärker. Verstärker mit den notwendigen hohen Effizienzen können dann nur noch mit Galliumnitrid-Bauelementen in Verbindung mit neuen Verstärkerarchitekturen realisiert werden. Betroffen davon sind sämtliche Funkdienste: Rundfunk, Fernsehen, Mobil-, Richt- und Satellitenfunk. Darunter befinden sich auch die neuen Dienste für Rundfunk und Fernsehen Digital Audio Broadcasting (DAB) und Digital Video Broadcasting Terrestrial (DVBT) sowie die neuen drahtlosen Metropolitan Area Networks (MAN) wie z. B. WIMAX. Da Frequenzbandressourcen immer knapper werden, sind neue Übertragungstechniken mit verbesserter spektraler Effizienz nötig; die Sendesysteme müssen auch bezüglich ihrer Linearität mit Galliumnitrid-Bauelementen stetig weiterentwickelt werden. Im

Durch den Aufbau des Bündnisses „Berlin WideBaSe“, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Förderkonzept „Unternehmen-Region“ unterstützt wird, kann die erstklassige apparative Ausstattung der beteiligten Forschungseinrichtungen durch die enge Zusammenarbeit mit den regionalen Unternehmen zum Nutzen der Unternehmenspartner eingesetzt werden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit werden gegenwärtig vorhandene Lücken in der Wertschöpfungskette durch die Forschungseinrichtungen abgedeckt. Mittelfristig könnten diese durch Neugründungen oder gemeinsame Investitionen geschlossen werden. Insbesondere in den Bereichen AlN-Substratentwicklung und Epitaxie bestehen große Potenziale für neu zu gründende Unternehmen. Auch über die gemeinsame Nutzung teurer Prozessinfrastruktur im Sinne einer Halbleiter-Foundry wird bereits nachgedacht. Hierdurch können direkt die beteiligten Unternehmen profitieren, indirekt aber auch die in den Anwendungsfeldern Medizintechnik, Umwelttechnik, Verkehrstechnik, Informationsund Kommunikationstechnik tätigen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen, die Zugang zu Komponenten erhalten, die am Markt derzeit nicht verfügbar sind. Kontakt:

Nicolas Hübener Tel.: 030 / 6392 3396 E-Mail: nicolas.huebener@fbh-berlin.de Prof. Dr. Klaus Jacobs Tel: 030 / 6392 2799 E-Mail: klaus.jacobs@fbh-berlin.de Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) www.berlin-widebase.de

Current-Mode Klasse-S-Verstärker © FBH/schurian.com

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5.2.2 Leistungselektronik

Schlüsseltechnologie für die Energiewende Harald Pötter, Klaus-Dieter Lang, Martin Schneider-Ramelow, Eckart Hoene, Karl-Friedrich Becker, Kai Kolwitz

Leistungselektronik ist die Umformung elektrischer Energie mit Hilfe von elektronischen Bauelementen. Denn Strom ist nicht gleich Strom, er kann sich unterscheiden etwa in Stärke, in Spannung oder Frequenz. Um ihn so zu modifizieren, wie man ihn für bestimmte Anwendungen benötigt, braucht man Gleich- oder Wechselrichter, Spannungswandler und weitere elektronische Baugruppen. Auch gibt es Leistungselektronik, die lediglich dem Zu- und Abschalten elektrischer Verbraucher dient – und dabei mehr als ein gewöhnlicher Schalter ist. Die Notwendigkeit, Strom zu steuern, ihn zu leiten und passend zu modifizieren, wird in den kommenden Jahren stark zunehmen. Denn Strom kommt zunehmend aus regenerativen Energiequellen. Damit wird die Menge der erzeugten Energie weniger planbar als bisher. Im Stromnetz müssen Angebot und Nachfrage permanent abgeglichen werden. Eine Herausforderung für Regelungsund Informationstechnik – und auch für intelligente, vernetzte Leistungselektronik, die Anbieter und Verbraucher je nach Bedarf zu- oder abschalten muss.

Und wenn es darum geht, die nötigen Steuerungs- und Regelungsvorgänge in der dezentralen Stromerzeugung zu organisieren, kann Berlin-Brandenburg ebenfalls Kompetenz vorweisen. Ein Beispiel ist Skytron Energy aus Berlin Adlershof, wo man sich auf Monitoringkonzepte für Photovoltaik-Kraftwerke konzentriert. Man liefert Sensorik, Anschlusstechnik und die nötige Software – mit dem erklärten Ziel, aus den alternativen Anlagen ganz normale Kraftwerke in Sachen Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Effizienz zu machen. Das Skycontrol-System speist PV-Energie flexibel und stabil ins Netz, unabhängig vom Typ der verwendeten Wechselrichter.

Energieversorgung wird dezentraler

Im Auto fließen unzählige Ströme

Benötigt werden Kurz- und Mittelfristprognosen zum voraussichtlichen Angebot an Strom und Wärme. Daten müssen dazu in Echtzeit ermittelt, abgerufen und verarbeitet werden können. Autarke Sensornetze für die Bereitstellung, Hochleistungsrechner für die Verarbeitung und Powerline-Kommunikation für die Weiterleitung der Information werden das Rückgrat dieser Netze sein. Und bei der konkreten Aussteuerung wird Leistungselektronik eine noch stärkere Rolle spielen als im Moment.

Auch anderswo ist die Leistungselektronik der Schlüssel zur effizienten Nutzung und Organisation von elektrischer Energie. Ein gutes Beispiel dafür sind moderne Hybridfahrzeuge: Hier erzeugt zum Teil ein Benzin-, zum Teil ein Elektromotor die Kraft, die für die Fortbewegung benötigt wird. Außerdem kann der E-Motor auch als Generator verwendet werden, der beim Bremsen elektrische Energie zurückgewinnt und in die Akkus einspeist. Mehrere Antriebe müssen kombiniert und Energieflüsse in unterschiedliche Richtungen gesteuert werden. Außerdem muss elektrische Energie mittels Leistungselektronik auf die für den elektrischen Antriebsmotor passende Spannung und Frequenz umgewandelt werden.

Denn die durchschnittliche Kraftwerksgröße wird stark sinken: Arbeiten Kohle- und Atomkraftwerke mit Blöcken, die zwischen 500 und 1.000 Megawatt liefern, so sind es bei Offshore-Windkraftanlagen nur noch um die fünf Megawatt, bei Kraft-Wärme-Kopplung im häuslichen Bereich nur noch einige Kilowatt. Dieser Übergang steigert den Aufwand zur Netzregelung erheblich. Und Leistungselektronik muss mit dafür sorgen, dass Angebot und Nachfrage zusammenfinden. Berlin-Brandenburg hat einige Unternehmen zu bieten, die in diesem Bereich aktiv sind. So beherbergt Berlin einen nicht unwesentlichen Teil des Energieumwandlungs-Multis Converteam. In dem Unternehmen ist ein Teil des Berliner Traditionsunternehmens AEG aufgegangen. Mehr als 5.000 Menschen arbeiten weltweit für Converteam, man hat sich auf elektrische Maschinen, Automation und Stromrichtersysteme spezialisiert. In Berlin konzentriert man sich auf den Nieder- und Mittelspannungsbereich, in Sachen Energieerzeugung legt man einen Schwerpunkt auf die Windenergie.

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Auch Siemens produziert Schaltanlagen in Berlin. Im Hochspannungsbereich ist der Hauptstadt-Standort Kompetenzzentrum für alle Siemens-Fertigungsstätten dieses Gebietes weltweit. Sämtliche Prozesse von der Entwicklung über den Vertrieb bis zur Endmontage sind vertreten. Für den Mittelspannungsbereich fertigt Siemens ebenfalls in Berlin, unter anderem entstehen hier Vakuum-Leistungsschalter.

Auch in konventionell angetriebenen Autos ist die Steuerung der Stromflüsse alles andere als trivial: PKW der Mittelklasse verfügen heute über deutlich mehr als 50 Elektromotoren. In Berlin entwickelt und produziert die Brose Fahrzeugteile GmbH & Co KG, einer der größten deutschen Autozulieferer, Elektromotoren sowie Komponenten für die Elektromobilität. Man ist Spezialist für mechatronische Systeme und Weltmarktführer für elektrische Bremssysteme, Getriebeaktuatoren sowie die elektrische Lenkung. Anfang 2011 gründete Brose gemeinsam mit SEW Eurodrive die Brose-SEW Elektromobilitäts-GmbH & Co. KG. Das Joint Venture wird Antriebe und Ladetechnik für Elektro- und Hybridfahrzeuge entwickeln und produzieren. Die Berliner A.S.T. Leistungselektronik GmbH, Teil der Wolnzacher A.S.T.-Gruppe, hat sich dagegen auf die Entwicklung und Produk-


5.2.2 Leistungselektronik

tion von technisch hochwertiger Leistungselektronik für die Bahntechnik und anspruchsvolle industrielle Anwendungen spezialisiert. Man bietet Drehrichter und Frequenzumrichter als Standardware oder als Eigenentwicklung nach Kundenwunsch, außerdem Wechselrichter, Ladegeräte, potenzialtrennende DC/DCWandler, Spannungsstabilisatoren und Spannungswandler. Und natürlich haben auch diejenigen die Leistungselektronik im Blick, die sich in Berlin und Brandenburg um Elektromotoren und -antriebe bemühen. Etwa Menzel Elektromotoren, die Aggregate bis 10.000 Kilowatt im Angebot haben, AMK Tornado Antriebstechnik oder Powertronic Drive Systems.

Forschen und Entwickeln in Berlin-Brandenburg Die Forschungslandschaft in Berlin und Brandenburg trägt der Bedeutung des Themas Rechnung. Denn zu lösen sind die Herausforderungen nur in Kooperation unterschiedlicher Disziplinen. Die Region verfügt über breit gefächerte Expertise in der Energietechnik, durch eine Vielzahl leistungsfähiger Firmen und Forschungseinrichtungen. Dies gilt nicht nur für erneuerbare Energien wie Photovoltaik, sondern ebenso für Kraftwerkstechnik oder Technologien für die effiziente Verteilung und Nutzung von Energie.

schaft und der Helmholtz-Gesellschaft. So entwickelt man etwa am Fraunhofer-Institut Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) neue zuverlässige Systeme mit hoher elektromagnetischer Verträglichkeit. Hinzu kommen Untersuchungen elektromagnetischer Störphänomene und von thermischen und thermomechanischen Aspekten. Außerdem entwickelt man Aufbau- und Verbindungstechniken weiter, etwa Die-Löten oder Dickdrahtbonden.

Detailarbeit ist gefragt Die Bedeutung der Leistungselektronik nimmt zu – und in diesem Zusammenhang muss sehr viel bedacht werden: Hohe Schaltströme, Spannungen und Frequenzen sowie steigende Betriebstemperaturen müssen Komponenten aushalten, gefordert sind hohe Zuverlässigkeit und elektromagnetische Verträglichkeit. Wichtige Herausforderung ist auch die Integration von Sensorik, Schutzund Steuerelektronik. Rahmenbedingungen, die schon in frühen Entwicklungsstadien bedacht werden müssen. Der Aufbau- und Verbindungstechnik in der Leistungselektronik kommt eine wesentliche Rolle zu, gerade was Zuverlässigkeit und thermische Stabilität angeht. Außerdem gilt es, Gewicht und Größe von Modulen sowie die Komplexität der eingesetzten Technologien und Kosten zu reduzieren.

Im Zentrum der Entwicklung neuer leistungselektronischer Konzepte und der Optimierung von Komponenten und Systemen stehen zum einen die beiden Hochschulen TU Berlin und BTU Cottbus. An der TU Berlin ist die Leistungselektronik an einem eigenen Fachgebiet innerhalb der Energie- und Automatisierungstechnik angesiedelt. In Cottbus gibt es eine dem Thema gewidmete Gastprofessur mit den Schwerpunkten Kopplung von Netzbereichen, Stabilität von Netzen und Erzeugung autarker Netze, Netzstromrichter mit geringen Rückwirkungen sowie Einbindung von Energiespeichern in Stromversorgungsanlagen.

Auf dem Weg zur intelligenten Leistungselektronik – Integration von Leistungs- und Ansteuerelektronik in ein Package © Fraunhofer IZM

Außer an den Forschungseinrichtungen ist auch in der privaten Wirtschaft von Berlin-Brandenburg viel Kompetenz zu diesem Thema vorhanden. Etwa bei Digalog, wo man sich mit Hard- und Software zu Automatisierung und Störsicherheit von Elektronik auskennt. Fuss EMV hat sich auf elektromagnetische Entstörung und Filter spezialisiert. Nur zwei von vielen Beispielen aus der Region. Denn bei der Weiterentwicklung starker und zuverlässiger Leistungselektronik ist viel Detailarbeit gefragt. Die deutsche Hauptstadtregion bietet alles, was es dazu braucht. Thermo-fluidische Simulation eines Systems mit forcierter Luftkühlung © Fraunhofer IZM

Auch die fünf Fachhochschulen in Berlin und Brandenburg arbeiten im Bereich Leistungselektronik. Ergänzt wird dieses Angebot von Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gesell-

Kontakt:

Harald Pötter Fraunhofer IZM Tel.: 030 / 46403 742 E-Mail: harald.poetter@izm.fraunhofer.de

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5.2.3 Sensorik

Die Sinnesorgane der Technik Harald Pötter, Klaus-Dieter Lang, Maik Hampicke, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Was bei den Menschen die Sinnesorgane sind, stellen in der Technik Sensorik und Messtechnik dar. Moderne Elektronik wäre blind, wenn nicht Sensoren die Zustände der Umgebung aufnehmen würden. Mit dieser Eigenschaft kommt der Sensorik eine Schlüsselrolle zu: Ob Automatisierungstechnik, Automobil- oder Medizintechnik, bei allen Anwendungen sorgen Sensoren für die richtige Funktion.

Unternehmen GfM, ScatterWeb, Elbau, Converteam, Baumer Hübner und imc Meßsysteme.

So ist es kein Wunder, dass der Markt für Sensoren seit Jahren kontinuierlich wächst. Ein wahrer Boom wird für den Bereich der Konsumelektronik erwartet. Die Vielfalt an Sensoren, die sich inzwischen zum Beispiel in Smartphones oder Kraftfahrzeugen findet, dürfte hier nur markieren, was für die Zukunft auch in anderen Bereichen zu erwarten ist. Durch die weltweit führende Rolle der Berliner Elektroindustrie zu Anfang des 20. Jahrhunderts hatte auch die Sensorik in der Region schon früh einen hohen Stellenwert. Auch die starke Berliner Wissenschaft benötigte spezielle messtechnische Anlagen und befeuerte außerdem mit ihren Erfindungen und Entdeckungen die Entwicklung von Messtechnik und Messgeräten. Aktivitäten, die nicht selten zur Gründung von Unternehmen führten. Die breite Forschungslandschaft und die Vielzahl junger Unternehmen bilden auch heute die Grundlage für den Erfolg der Region.

Fast alles ist messbar Praktisch jedes physikalische Prinzip kann verwendet werden, um Dinge zu messen. Deshalb lassen sich Messtechnik und Sensorik in der vielfältigen Berlin-Brandenburger Forschungslandschaft kaum isoliert betrachten. Neben optischen Verfahren (Kapitel 5.1.3) stehen Technologien zur Messung von Größen wie Druck, Temperatur oder Beschleunigung bei der Industrie hoch im Kurs. Aktiv auf dem Gebiet sind unter anderem die Berliner und Brandenburger Universitäten und Fachhochschulen, außerdem nehmen Institutionen wie die Bundesanstalt für Materialforschung (BAM), das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK) sowie das Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB) herausragende Positionen ein. Mit einer Fülle von Projekten ist – wie in der gesamten Mikrosystemtechnik – auch das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) im Bereich Sensorik und Messtechnik engagiert. In der Regel im Verbund mit Unternehmen und anderen Forschungseinrichtungen aus der Region. So zielt eins der Fraunhofer IZM-Projekte auf die Überwachung von Papiermaschinen. Dazu wird ein Netzwerk aus kleinen, kosteneffizienten Sensorknoten realisiert, die untereinander drahtlos kommunizieren. Beteiligt sind neben dem IZM auch die TU Berlin sowie die

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Wellendichtring mit integrierter Sensorik © Fraunhofer IZM

In einem anderen Projekt haben sich Entwickler des Applikationszentrums Smart System Integration am Fraunhofer IZM der Problematik schwer zu überwachender Wellendichtringe angenommen. Zusammen mit weiteren Fraunhofer-Kollegen und der Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik GmbH & Co. KG wurde eine autarke Sensorik zur Überwachung von Dichtfunktion und Temperatur in den Wellendichtring integriert. Die energieautarke Sensorik überprüft kontinuierlich die Funktion des Wellendichtrings. Auf diese Weise können plötzliche Schäden und in vielen Bereichen auch Ausfälle von ganzen Anlagen vermieden werden, da diese frühzeitig erkannt werden können.

Marktführer und Traditionsunternehmen In Sachen Sensortechnik made in Berlin-Brandenburg ist das Angebot weit gefächert. So befindet sich mit First Sensor einer der

Drucksensorelement © First Sensor AG


5.2.3 Sensorik

Marktführer am Standort Berlin. Neben optischen Sensoren hat First Sensor auch piezoresisitve Drucksensoren im Portfolio. Das Produktspektrum reicht vom modularen Produkt bis zur Entwicklung und Fertigung individueller Lösungen. Auch ein weiteres innovatives Berliner Unternehmen gehört seit kurzem zu First Sensor: Elbau, Spezialist für Druck-, Durchfluss-, Temperatur-, Feuchte-, Gasmessungs- und magnetische Sensoren sowie optoelektronische Module. Weltweit beschäftigt First Sensor jetzt 750 Mitarbeiter an acht Standorten u. a. in Deutschland, den Niederlanden, USA, Kanada oder Singapur und platzierte sich 2011 unter den Top 100 Wachstums- und Ertragsstars, die von der Munich Strategy Group (MSG) gemeinsam mit der Tageszeitung „Die Welt“ in einem bundesweiten, branchenübergreifenden Wettbewerb ermittelt wurden. Schmidt + Haensch ist eines der Traditionsunternehmen der Hauptstadt: Die Firma existiert seit 1864, man hat Technik für Polarimetrie, Refraktometrie, Farbmessgeräte, Dosierungs- und Dichtemessgeräte im Angebot. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Laborautomation, Themen hier sind Filtration, Reinheitsrechner, Modulare Systeme, Analyseautomaten und Software.

dorf. Man bietet Sensorik für Temperatur, Füllstand, Druck, Grenztemperatur sowie Fühler für den Motorschutz. Und auch Mikrophone gehören zur Sensorik – schließlich reagieren sie auf Schall. Seit 1919 bietet das Berliner Unternehmen Holmberg Mikrophone, Schallwandler, Kopfhörer und Sprechgarnituren, für den harten Einsatz in Luftfahrt, bei Feuerwehr und Polizei, in Medizintechnik und Beschallung.

Nur die Fantasie setzt Grenzen Die Anwendungsgebiete für Messtechnik und Sensorik werden sich in Zukunft noch rasant erweitern. Was alles denkbar wäre, das zeigt zum Beispiel ein Projekt, das das Fraunhofer IZM gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei, dem HU-Institut für Agrar- und stadtökologische Projekte und der Elbau Elektronik Bauelemente realisiert hat. Unter der Überschrift „FischFit“ überwacht ein Sensorsystem Gesundheit und Mobilität von Zuchtkarpfen. Den Forschern gelang es, Komponenten zu entwickeln, die unter die Hautoberfläche implantiert werden können.

Die Geschichte von Hach Lange ist ebenfalls eng mit Berlin verbunden. Der Physiker Dr. Bruno Lange erfand in Berlin das SelenPhotoelement, das Licht direkt in Strom umwandelt und nutzte die Erfindung zum Bau von Photometern für den Einsatz in Krankenhauslaboren. Aus der Zusammenlegung der Berliner Dr. Bruno Lange GmbH und der Hach Inc. mit Sitz in den USA ging Hach Lange hervor, heute ein weltweit führendes Unternehmen in der Labor- und Online-Wasseranalytik. Auch MSA Auer geht auf ein Berliner Unternehmen mit langer Tradition zurück – die Auergesellschaft, welche durch Nachfolgeunternehmen noch bis 1992 Leuchtmittel in Berlin Friedrichshain produzierte. Die Auergesellschaft gehört heute zum amerikanischen MSA-Konzern (Mine Safety Appliances). MSA ist ein Generalist industrieller Sicherheitstechnik, in Sachen Sensorik hat man unter anderem Wärmebildkameras sowie Mess- und Warngeräte zur Messung der Konzentration von Sauerstoff und giftigen Gasen im Angebot. imc Meßsysteme bietet Hard- und Softwarelösungen im Bereich der physikalischen Messtechnik. imc-Systeme messen zum Beispiel Drücke, Kräfte, Drehzahlen, Vibrationen, Geräusche, Temperaturen, Spannungen oder Ströme. Das Spektrum der Technik reicht von der einfachen Messdatenaufzeichnung über integrierte Echtzeitberechnungen bis hin zur Einbindung von Modellen und Prüfstandssteuerung. Raytek ist Spezialist für die berührungslose Messung von Temperaturen im industriellen Einsatz. Man bietet Messköpfe, Thermometer, Sensoren und Line-Scanner ebenso wie komplette Überwachungssysteme und Wärmebildkameras. Weitere Große der Branche produzieren in Berlin und Brandenburg: Pepperl + Fuchs ist Spezialist für Näherungs-, Beschleunigungs- und Ultraschallsensoren und hat über Bildverarbeitung und Positionierungshilfen ein breites Spektrum an Sensorik im Angebot. Und Epcos, Teil von TDK-EPC fertigt in Berlin und Stahns-

FishFiT – Sensor © Fraunhofer IZM

Dort misst das System Körpertemperatur, Blutdruck und weitere Vitaldaten und sendet sie drahtlos an einen Empfänger an Land. Im Blickpunkt sind dabei zum einen lange Funktionsfähigkeit in Schmutz, Nässe und Kälte. Zum zweiten die Möglichkeit, die Sensoren drahtlos unter Wasser mit Energie zu versorgen. Wie man sieht, scheint nur die Fantasie der Anwendung von Sensorik für die Zukunft Grenzen zu setzen. Und Berlin-Brandenburg ist in Forschung und wirtschaftlicher Verwertung ganz vorne mit dabei. Kontakt:

Harald Pötter Fraunhofer IZM Tel.: 030 / 46403 742 E-Mail: harald.poetter@izm.fraunhofer.de

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5.2.4 Systemintegrationstechnologie

Kompakter, leistungsfähiger und anwendungsorientierter - Systemintegration macht den Unterschied Harald Pötter, Klaus-Dieter Lang, Martin Schneider-Ramelow, Oswin Ehrmann, Karl-Friedrich Becker, Maik Hampicke, Gerrit Rössler, Kai Kolwitz

Die vorangegangenen Kapitel zeigen es eindrucksvoll, Elektronik und Mikrosystemtechnik sind aus dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Doch in der Zukunft kommt es nicht nur auf die Komponenten sondern auch auf die Integrationstechnologien an. Denn immer häufiger verschmelzen die Elektronik und Mikrosystemtechnik in Material und Form mit dem eigentlichen Produkt: Eigenständige, nachträglich montierte Komponenten werden abgelöst von vollständig integrierten und an das Anwendungssystem angepasste Lösungen. Schlüssel dazu sind entsprechende Integrationstechnologien. Neben der schon nicht immer einfachen physischen Integration in die Anwendungsumgebung müssen diese Technologien auch gewährleisten, dass die Aufbauten miniaturisiert, robust und langlebig sind – denn die tiefe Integration von Elektronik und Mikrosystemtechnik macht dies unentbehrlich und Reparaturen kompliziert.

Nahezu unsichtbar, aber unverzichtbar: Applikationsadaptierte Multifunktionselektronik © Fraunhofer IZM

Das klassische Miteinander von Bauelementeherstellern, Baugruppenproduzenten und Anbietern elektronischer Systeme eignet sich nicht dazu, solche integrierten Lösungen zu schaffen. Stattdessen müssen diejenigen, die elektronische Komponenten in ihren Produkten verbauen wollen, von Beginn an einbezogen werden. Auch in der Forschung und bei der Entwicklung neuer Produkte sind neue Herangehensweisen erforderlich. Berlin-Brandenburg ist für die Entwicklung gut gerüstet. Denn regionale Unternehmen legen den Fokus auf technisch anspruchsvolle Produkte und integrierte Dienstleistungen. Der Trend zu immer mehr integrierter Elektronik passt da gut ins Bild, etwa im Bereich der Automobilindustrie, wo 90% aller Innovationen mit dem Einsatz von Elektronik und Mikrosystemtechnik verbunden sind. Gerade die Branchen, in denen Berlin stark ist, folgen diesem Trend und integrieren verstärkt Elektronik und Mikrosysteme in ihre Produkte: Steuerungs- und Regelungstechnik, Maschinen-

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und Anlagenbau, Energietechnik, Medizintechnik, Luft- und Raumfahrttechnik sowie Logistik. Hier können Berliner und Brandenburger Unternehmen ihre Stärken ausspielen: Starken Bezug zu Forschung und Entwicklung, exzellente Wissensbasis, Flexibilität und hohe Vernetzung sowohl untereinander als auch mit den wissenschaftlichen Institutionen, die in der Systemintegration aktiv sind.

Immer mehr und immer kleiner Namhafte Forschungseinrichtungen wie etwa die Technische Universität Berlin oder das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) stehen in Berlin bereit, um gemeinsam mit Unternehmen neue Technologien zu entwickeln und zu erproben. Beide kooperieren eng. An der TU ist hier unter anderem das Fachgebiet Mikroelektronik, Aufbau- und Verbindungstechniken an der Fakultät Elektrotechnik zu nennen, außerdem existiert hier der Forschungsschwerpunkt „Technologien der Mikroperipherik“. Gemeinsam mit dem Fraunhofer IZM sucht man hier zum Beispiel neue Konzepte für immer kleinere und hochintegrierte Systeme, sucht nach neuen Entwurfsmethodiken für solche Schaltungen, forscht an vertikalen 3D-Integrationstechniken und entwickelt das Konzept der eGrains weiter, autarker miniaturisierter Sensorsysteme für Wireless-Networking Lösungen u.a. in der Land- und Lebensmitteltechnologie. Beide Institutionen tragen auch das Berlin Center of Advanced Packaging, in dem Systemintegration gemeinsam mit Systemund Komponentenherstellern betrieben wird. Dabei ist die TU in der Tendenz für die Grundlagenforschung und das IZM für die Umsetzung in die Praxis zuständig. Eine natürliche Aufteilung, denn das Fraunhofer-Institut setzt nicht nur eigene Impulse in Sachen Systemintegration, gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie überführt es Forschungsansätze seit Jahren erfolgreich in Prototypen und Serienkonzepte.

Baugruppen auf Wafer-Level Integrierte Systeme besitzen oft nur noch Gesamtabmessungen von wenigen Millimetern. Sie bestehen aus Komponenten, die nur einige hundert Mikrometer groß sind. Um Verdrahtungsstrukturen, Kontakte oder Funktionsschichten realisieren zu können, ist es nötig, Prozesse im Nanometerbereich zu beherrschen und physikalische Effekte wie Materialeigenschaften, Wärmeableitung und ähnliches grundlegend zu verstehen. Besonders deutlich wird das, wenn man sich Integrationstechnologien auf Wafer-Level-Basis vor Augen führt. Sie kommen bereits in einer Vielzahl von Produkten zur Anwendung. Bei dieser Technologie werden alle Prozessschritte nach Abschluss der eigentli-


5.2.4 Systemintegrationstechnologie

chen Halbleiterprozesse auf Waferebene durchgeführt. Mittels Dünnfilmprozessen lassen sich Komponenten integrieren, durch Bumping-Verfahren sind Standard-Bestückungsprozesse möglich. Auf dem Gebiet des Wafer-Level-Packaging ist das Fraunhofer IZM stark engagiert. Zurzeit wird intensiv an Prozessen zum Aufbau von Systemen auf einem IC und an Wafer-Level-Moldingkonzepten gearbeitet. Zukünftig werden funktionale Lagen eine größere Rolle spielen, bei denen zum Beispiel stark gedünnte Komponenten in Kavitäten oder Polymerlagen oder Kondensatoren mittels Wabenstrukturen integriert werden. Zu den Unternehmen, die Wafer-Level-Komponenten entwickeln, gehört zum Beispiel die Berliner MSG Lithoglas, die eng mit dem IZM kooperiert. Lithoglas bietet als Pre-Packaging-Lösung im Wafer-Level aufgebondete Glaskappen mit eingeschlossener Kavität für einen frühzeitigen Schutz empfindlicher Strukturen.

Im Wafer-Level aufgebondete Glaskappen mit eingeschlossener Kavität auf 150 mm Substrat © MSG Lithoglas AG

Eine Fraunhofer-Ausgründung ist die Nauener Pac Tech, die nicht nur weltweit führendes Unternehmen in Sachen Wafer-Level-Pakkaging und -Bumping ist, sondern auch die für das Packaging nötige Technik im Angebot hat. Atotech, Berliner Unternehmen und Tochter des Total-Konzerns, gehört weltweit zu den führenden Unternehmen im Bereich Anlagen und Prozesschemie für das Wafer-Level-Packaging und die Leiterplattenherstellung.

Platinen müssen mehr als Trägerplatten sein Auch in Sachen Platinen fordert die Systemintegration neue Fähigkeiten: Die überwiegende Mehrzahl aller heute verfügbaren elektronischen Systeme basiert im Innern auf einem Substrat, auf dem einzelne Komponenten platziert sind. Das Substrat wird bisher nur zur Bereitstellung elektrischer Verbindungen und als mechanischer Träger genutzt. Doch das muss und wird sich ändern: Technologien zur Einbettung elektronischer Komponenten in Matrizen aus organischen Verbundmaterialien beziehungsweise in Verkapselungsmaterialien wie Molding Compounds lassen Systeme klein werden wie nie – und dabei gleichzeitig sehr zuverlässig. So werden basierend auf diesem Prinzip zum Beispiel bereits medizinische Implantate hergestellt. Zu den Berliner Unternehmen, die sich auf die Herstellung von Leiterplatten verstehen, gehört Heidenhain Microprint, wo man den Umgang mit einer Fülle von

Sondertechnologien und -materialien beherrscht. Contag und Andus Electronic, beide ebenfalls aus Berlin, haben sich auf die schnelle Herstellung von Prototypen spezialisiert – Beratungsleistungen und Unterstützung bei der Entwicklung von Layouts inklusive. Und natürlich weisen auch all die Unternehmen Kompetenzen in Sachen Systemintegration auf, die sich in Berlin-Brandenburg auf die Entwicklung und die Fertigung von Mikrosystemen verstehen. AEMtec etwa, wo man nicht nur Flip-Chip und Chip-on-Board beherrscht, sondern auch opto-elektronische Module mit höchster Positioniergenauigkeit im Sub-Mikrometer-Bereich bei vollautomatischen Prozessen entwickelt und produziert. Syscom bietet Service bei der Herstellung von innovativen Elektronikprodukten vom Prototypen bis zur Serie. Swissbit mit Produktionsstandort in Berlin ist eine der führenden Entwicklungsund Produktionsfirmen von Speicherkomponenten auf DRAMund Flash-Basis, die etwa in Embedded-PCs zum Einsatz kommen. Spree Hybrid- und Kommunikationstechnik ist Systemanbieter für die Fertigung elektronischer Komponenten. Man fertigt elektronische Baugruppen in SMD- und konventioneller Technik sowie Dickschicht-Hybridtechnik in mittleren und großen Losen. Außerdem unterstützt man beim Entwurf von Prototypen. alpha board wiederum hat sich auf Entwicklung und Systementwurf spezialisiert: Man designt Schaltungen und Platinenlayouts, wählt Komponenten aus, simuliert und organisiert die Fertigung. Dabei legt man Wert auf „Leading Edge“, auf der Referenzenliste stehen unter anderem Siemens, Fiat und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Layout-Ausschnitt von alpha board © alpha board GmbH

Herausforderung Systemintegration Elektronik, vollständig integriert in das aufnehmende System: Gefordert sind erweiterte Funktionsvielfalt, extreme Miniaturisierung sowie Robustheit, Langlebigkeit und niedrige Fertigungskosten. Die klassischen Systemgrenzen in Forschung und Entwicklung sind in Auflösung begriffen. Technologieentwicklung wird in Zukunft beim Produktdesign und der Materialentwicklung beginnen und bei Produktqualifizierung und Lebensdauervorhersage enden. Berlin-Brandenburg ist darauf vorbereitet. Denn Zusammenarbeit über die klassischen Ressortgrenzen hinweg gehört unverzichtbar zur Philosophie der Forschungs- und Wirtschaftsregion. Kontakt:

Harald Pötter Fraunhofer IZM Tel.: 030 / 46403 742 E-Mail: harald.poetter@izm.fraunhofer.de

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6 Aus- und Weiterbildung

Aus- und Weiterbildung in Optischen Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin-Brandenburg Katharina Kunze

Die Berufsperspektiven in den Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik (MST) sind sowohl für gewerblichen und akademischen Nachwuchs sowie für bereits ausgebildete Fachkräfte ausgezeichnet. Die Wachstumsprognosen dieser Hochtechnologiefelder lassen auch für die kommenden Jahre stetig steigende Beschäftigungszahlen erwarten. Technologieunternehmen und Forschungseinrichtungen werden in ihrer Entwicklung zunehmend vom Mangel an geeigneten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ausgebremst. Die Region Berlin-Brandenburg begegnet dieser Herausforderung mit einer Vielzahl von attraktiven Angeboten und effektiven Maßnahmen zur Hochschul- und Berufsausbildung sowie zur beruflichen Fortbildung.

Hochschulausbildung und Sommeruniversitäten

Betriebliche Ausbildung Neben dem wissenschaftlichen Personal spielen in den regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen auch passend ausgebildete Facharbeiter/-innen eine wichtige Rolle. Unternehmen der Hochtechnologien haben den Wert einer eigenen, bedarfsgerecht zugeschnittenen Ausbildung erkannt und engagieren sich in der betrieblichen Ausbildung. Neben den Hauptausbildungsberufen der Branche wie Augen- und Feinoptiker/-in sowie Mikrotechnologe/-in haben eine Reihe weiterer Berufe einen hohen Stellenwert: Chemie- und Physiklaboranten/-innen, die die Hightech-Labors in Betrieb halten, sind ebenso gefragt wie Mechatroniker/-innen und Industriemechaniker/-innen für die Bedienung modernster Maschinen. Damit der Prozess geför-

An Berliner und Brandenburger Universitäten und Hochschulen existieren über 40 Studienangebote zur Optik/Photonik und zur Mikrosystemtechnik – sowohl als eigenständige Studiengänge oder als Schwerpunkte bzw. Module in ingenieur- oder naturwissenschaftlichen Studiengängen. An den drei großen Universitäten Berlins sind jeweils mehrere Lehrstühle und Institute damit beauftragt, den wissenschaftlichen Nachwuchs auf dem Gebiet der Optischen Technologien zu fördern. Zwei Brandenburger Hochschulen, die TH Wildau und die FH Brandenburg, engagieren sich in der Nachwuchsförderung durch den kooperativen Studiengang „Photonics“. An fünf Hochschulen der Region existieren Studienangebote zur Mikrosystemtechnik. Die HTW Berlin bietet einen eigenständigen Mikrosystemtechnik-Studiengang an. Die FH Brandenburg hat 2008 den Bachelorstudiengang „Mikrosystemtechnik und optische Technologien“ eingeführt. Als Vertiefungsrichtung oder Schwerpunkt kann Mikrosystemtechnik zudem an der TU Berlin, der Beuth Hochschule für Technik Berlin und der TH Wildau studiert werden. Seit 2006 veranstaltet das Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) jährlich im September die „Microsystems Summer School Berlin“ in Adlershof. ZEMI macht damit seine Kompetenzen in der Mikrosystemtechnik als bundesweites Angebot für die akademische Weiterbildung nutzbar. Spitzennachwuchs (Studierende, Doktoranden/-innen) sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hochtechnologieunternehmen aus ganz Deutschland werden auf der fünftägigen Veranstaltung auf die Potenziale der Berliner MST-Landschaft und den Forschungsstandort Berlin aufmerksam gemacht. Ausgewählte Referenten/-innen aus den ZEMI-Forschungseinrichtungen sowie regionale Unternehmen präsentieren aktuelle Forschung und Entwicklung – von der Simulation und Konstruktion bis zum Produkt.

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Auszubildende Mikrotechnologin © ZEMI/Wiedl

dert und nicht durch den zu erwartenden Fachkräftemangel unterbrochen wird, hat ZEMI das Ausbildungsnetzwerk Hochtechnologie Berlin (ANH Berlin) aufgebaut. ANH Berlin berät und unterstützt Unternehmen und Forschungseinrichtungen in allen


6 Aus- und Weiterbildung

Fragen zur Ausbildung und hat seit 2007 mehr als 60 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze geschaffen und mit geeigneten Bewerbern und Bewerberinnen besetzt. Für die Mikrotechnologieausbildung wurde in Berlin und Brandenburg bereits 1998 der Ausbildungsverbund Mikrotechnologie gegründet. Der Zusammenschluss ist ein erfolgreiches Beispiel regionaler Vernetzung in der gewerblichen Ausbildung, in dem Ausbildungsbetriebe zusammenarbeiten und sich gegenseitig in der beruflichen Ausbildung unterstützen. So können Ausbildungsinhalte, die von einzelnen Betrieben nicht abgedeckt werden, im Rahmen des Verbundes durch andere Partnerbetriebe oder durch zentrale Lehrgänge vermittelt werden. Der Verbund wird durch die LiseMeitner-Schule, der einzigen Berufsschule für MikrotechnologieAusbildung in der Region, koordiniert und durch die Unternehmen im Rahmen des gemeinnützigen Vereins proMANO finanziert. Zur Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung entwickelt ANH Berlin Zusatzmodule für die Mikrotechnologieausbildung. In Kooperation mit der Fachhochschule Brandenburg wird damit ein Modell für die Anerkennung von Qualifikationen aus der Berufsausbildung für den Bachelorstudiengang „Mikrosystemtechnik und optische Technologien“ unterstützt, das den Übergang zwischen verschiedenen Bildungsebenen erleichtert und die Ausbildungszeit verkürzt.

Nachwuchsförderung Die Aktivitäten zur Aus- und Weiterbildung stellen sich neben der Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze und Studienangebote einer weiteren Herausforderung: der adäquaten Besetzung dieser Ausbildungsplätze. Da die Zahl der Bewerber/-innen, besonders in technischen Berufen und Studiengängen, in den letzten Jahren teilweise drastisch gesunken ist und die demografische Entwicklung den Bewerber/-innenmangel noch verstärkt, stellt das Thema Nachwuchsförderung gerade im Hochtechnologiebereich ein Aufgabengebiet mit wachsender Bedeutung dar. Die Netzwerke ANH Berlin, ZEMI und OpTecBB haben die Information und Werbung für Hochtechnologieberufe ausgebaut. Dafür werden u. a. bestehende Events wie die Lange Nacht der Wissenschaften, der Girls’Day und der Tag der Technik regelmäßig genutzt. Auf regionalen Bildungs- und Technologiemessen (Einstieg Abi, Laser Optics Berlin, microsys-Berlin etc.) wird das Thema als Schwerpunkt gezielt platziert. Gemeinsam mit den Berufsinformationszentren (BIZ) der Arbeitsagentur und einer stetig wachsenden Zahl von Schulen führt ANH Berlin zudem Informationsveranstaltungen für Schüler/-innen zu speziellen Berufen und Branchen durch. Zur gezielten Ansprache und Förderung des weiblichen Nachwuchses in den naturwissenschaftlichen/ technischen Ausbildungs- und Studiengängen hat ZEMI das Vorhaben „mst|femNet meets Nano and Optics“ ins Leben gerufen. Durch die Initiierung Runder Tische mit regionalen Akteuren und Akteurinnen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Bildung konnte die Vernetzung der MINT-Aktivitäten vorangetrieben und die gendersensible Gestaltung der einzelnen Vorhaben in den Vordergrund gerückt werden. Flankierend veranstaltete ZEMI 2011 zum zweiten Mal einen Mädchen-Technik-Kongress mit verschiedenen regionalen Partnern. Bis zu 150 Mädchen ab der 7. Klasse aus Berlin und Brandenburg konnten die Veranstaltung nutzen, um zu ex-

perimentieren, Frauen aus den Naturwissenschaften, High-TechUnternehmen und damit verbundene Berufs- und Studienmöglichkeiten kennen zu lernen. Um nachhaltige Partnerschaften zwischen Schulen und Unternehmen geht es bei der Innovationsliga, einer Gemeinschaftsinitiative des BMBF mit den Kompetenznetzen der Optik-Branche. OpTecBB zielt regional vor allem auf den Aufbau spezifischer Schulprojekte zu Optik und Photonik und hat inzwischen 77 Schulpartnerschaften initiiert.

Laborführung für Kinder am FBH © FBH/Günther

Schülerlabore an Forschungseinrichtungen und Universitäten bieten Jugendlichen Möglichkeiten, in authentischer Forschungsumgebung zu experimentieren. Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) und die LiseMeitner-Schule betreiben seit Oktober 2005 gemeinsam das Schülerlabor MicroLAB. Das Labor verbindet Experimente zur Halbleiterstrukturierung mit Einblicken in wissenschaftliche Prozesse am Forschungsinstitut als Ergänzung zum Schulunterricht. Neben Schülern/-innen nutzen vor allem Lehramtsstudierende, Referendare/-innen und Lehrer/-innen das MicroLAB. OpTecBB hat 2010 zusammen mit ZEMI erstmals den Bildungsatlas „Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg“ herausgegeben. Der Atlas gibt eine Übersicht über die relevanten Fachhochschulen und Universitäten in Berlin und Brandenburg und dient als Orientierungshilfe bei der Wahl einer passenden Ausbildungs- oder Studienrichtung. Bildungsatlas „Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg“

Kontakt:

Katharina Kunze Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin Tel.: 030 / 6392 3326 E-Mail: katharina.kunze@zemi-berlin.de

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7.1 Netzwerke und Transfereinrichtungen

Regionale Ansprechpartner für Vernetzung, Finanzierung, Ansiedlung, Technologie- und Innovationsberatung Optec-Berlin-Brandenburg (OpTecBB) e.V. Vor mehr als zehn Jahren hat eine von der Wissenschaft und der Industrie initiierte Diskussion darüber begonnen, welche Teildisziplinen der optischen Technologien in Deutschland besonders zu entwickeln seien, um international konkurrenzfähig zu werden bzw. zu bleiben und sie zu Innovationstreibern zu entwickeln. Dieses Aktionsprogramm wurde als „Deutsche Agenda Optische Technologien für das 21. Jahrhundert“ dokumentiert und führte zum BMBF-Förderprogramm „Optische Technologien Made in Germany“. Die Bildung der Kompetenznetze für Optische Technologien war Teil dieses Förderprogramms. Sie wurden zu neuen Infrastrukturelementen, die den Prozess der Clusterbildung fördern und den Wissens- und Technologietransfer von der Wissenschaft zur Industrie in wichtigen Optikregionen Deutschlands beschleunigen sollten. Mit OptecNet Deutschland wurde für alle Netze ein Dach geschaffen, das die konstruktive Zusammenarbeit aller Netze organisiert. OpTecBB ist Bestandteil dieses Strategieprozesses und wurde am 14.09.2000 von 14 Unternehmen, Forschungseinrichtungen, Universitäten und Verbänden mit Unterstützung der zuständigen Landesministerien Brandenburgs und des Senats von Berlin als Verein gegründet. Von Anfang an ist OpTecBB über OptecNet Deutschland e.V. deutschlandweit mit allen wichtigen Regionen eng vernetzt und hat darüber hinaus durch eigene Aktivitäten viele internationale Kontakte zu den wichtigen Märkten in Westeuropa, Nordamerika und Asien entwickelt. OpTecBB und seine Mitglieder haben sich folgende Ziele gestellt: • das in der Region vorhandene Potenzial im Bereich Optischer Technologien zu bündeln und zu vernetzen • den Wissens- und Technologietransfer von der Forschung zu den Unternehmen zu fördern • F&E-Projekte zu initiieren und Kooperationen zu unterstützen • eine Plattform für Information und Kommunikation zu bilden • gemeinsame Marketingaktivitäten und Messeauftritte zu organisieren, um für die Unternehmen, die Forschungseinrichtungen und die Region zu werben • die Landesregierungen und Wirtschaftsfördereinrichtungen zu informieren und zu beraten • Aus- und Weiterbildung im Bereich der Optik/Photonik zu fördern, die Region auch als Ausbildungsstandort bekannt zu machen und den Fachkräftenachwuchs zu sichern Die auf Initiative des BMBF gegründeten Kompetenznetze für Optische Technologien orientieren sich vorwiegend an den regionalen Akteuren und ihr Zusammenwirken in der Region. Fachlich konzentrieren sich die Aktivitäten auf die Handlungsfelder der

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Hauptstadtregion: Photonische Kommunikationstechnik, Lasertechnik, Lichttechnik, Optische Messtechnik (inkl. UV-, Röntgenund Terahertz-Technologie sowie Sensorik und Bildverarbeitung), Anwendungen optischer Technologien in Biomedizin/Pharma, Photovoltaik sowie Mikrosystemtechnik, deren konkrete Entwicklung im Masterplan „Optik“ Berlin-Brandenburg dargestellt sind. Mit der Bildung des Clusters Optik werden weitere Akteure der Region eingebunden, um Kooperationen entlang der Wertschöpfungskette zu ermöglichen. Dazu wird OpTecBB auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung mit der TSB Innovationsagentur GmbH, der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH und Berlin Partner GmbH das Clustermanagement aufbauen und den Clustersprecher als Repräsentanten der Optik und Mikrosystemtechnik stellen. Kontakt:

Dr. Bernd Weidner OpTecBB e.V. Tel.: 030 / 6392 1720 E-Mail: optecbb@optecbb.de www.optecbb.de

Laserverbund Berlin-Brandenburg e.V. Der Laserverbund Berlin-Brandenburg e.V. ist ein Zusammenschluss von Laserfachleuten aus der Wirtschaft und der Wissenschaft. Der Verein wurde im Dezember 1993 in Berlin gegründet und hat 110 Mitglieder. Ziel des Vereins ist die Förderung der Verbreitung der Lasertechnik vorrangig in Berlin und Brandenburg. Er fördert die Zusammenarbeit von Unternehmen und Forschungseinrichtungen auf den Gebieten Laserforschung, -entwicklung und -anwendung. Der Laserverbund bietet Seminare, Workshops und Weiterbildung zu Themen der Lasertechnik und informiert im „Laserbrief“, auf dem „Laserstammtisch“ und auf seiner Website zu aktuellen Themen aus der Branche. Unter der Gruppe „Laserverbund“ auf dem Netzwerk Xing können Sie schnell und unkompliziert Informationen austauschen. Kontakt:

Dr. Helmut Ringelhan Laserverbund Berlin-Brandenburg e.V. c/o Photon Laser Engineering GmbH Tel.: 030 / 43775858 E-Mail: h.ringelhan@photonag.com www.laserverbund.de


7.1 Netzwerke und Transfereinrichtungen

OABB optic alliance brandenburg berlin e.V.

PhotonikBB e.V.

Die Hauptstadtregion Brandenburg-Berlin ist ein traditionsreicher Standort der Klassischen Optik/Augenoptik. Sie verfügt über leistungsfähige Unternehmen, ein bedeutendes Forschungsund Entwicklungspotenzial sowie über eine ausgeprägte Infrastruktur in Bildung und Forschung. Durch Kooperation, Koordination und Bündelung dieser Potenziale wurde im Rahmen eines Branchennetzes ein landesweit und überregional wirkendes Netzwerk, die OABB optic alliance brandenburg berlin e.V. aufgebaut, welches zu Recht als eines der bedeutendsten Netzwerke auf dem Fachgebiet der innovativen Augenoptik in Deutschland und Europa gilt. Der Anspruch dieses Netzwerkes ist es, die Augenoptik der Region Brandenburg und Berlin zu einem national wie international bekannten und anerkannten Technologiestandort der Optik zu entwickeln und etablieren.

PhotonikBB ist ein Netzwerk von Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft mit dem Ziel, wissenschaftliche Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Photonik in kommerzielle Anwendungen zu übertragen. Das Netzwerk stärkt die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Hochschulen und Instituten. Dazu initiiert, koordiniert und fördert PhotonikBB das Zusammenführen von Kompetenzen in gemeinsamen Projekten. Es wird besonderer Wert darauf gelegt, kleine und mittlere, kreative Unternehmen mit der Wissenschaft in Kooperation zu bringen. Durch die nachhaltige Netzwerkzusammenarbeit sollen der Aufbau eines interdisziplinär ausgerichteten Photonik-Clusters vorangetrieben werden und die vorhandenen Potenziale der Hauptstadtregion erschlossen werden.

Ziel ist es, neue Innovationsschnittstellen zwischen Großfirmen, mittelständischen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen unter Einbeziehung des augenoptischen Handwerks in der Hauptstadtregion zu erschließen.

Mit der Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft, der Optimierung der Zusammenarbeit der Netzwerkpartner und der Vertretung der Interessen seiner Mitglieder wirkt PhotonikBB als Multiplikator und trägt damit zur Schaffung der Marke „Photonik made in Brandenburg-Berlin“ bei.

Innovation, Kompetenzentwicklung, Internationalisierung, Markterschließung sowie Branchen- und Standortprofilierung sind dabei zielführende Schwerpunkte der Arbeit von OABB optic alliance brandenburg berlin e.V.

Die folgenden Innovationsfelder bilden die Schwerpunkte der inhaltlichen Netzwerktätigkeit:

Mit ihrem Produkt- und Leistungsfeld verfügen die derzeit rund 40 Netzwerkpartner über alle wichtigen Kompetenzen in den augenoptischen und augenmedizinischen Technologiefeldern, wie: Brillenglas, Sonderlinsen, vergrößernden Sehhilfen, Brillenfassungen, augenoptischer Produktionsgerätebau, Werkstatttechnik und Verkaufsraumgestaltung. Somit stellt der Standort mit seiner Vielschichtigkeit, Bündelung und Unternehmenskonzentration eine Komplexität augenoptischer Kompetenz in Deutschland dar und kann zu den modernsten Fertigungsstätten im europäischen Raum gezählt werden.

• Messtechnik und Sensorik

Neben der Schaffung strategischer Partnerschaften in internationalen Ballungszentren augenoptischer Innovation bildet die Einbeziehung der Augenoptikerinnung des Landes Brandenburg mit ihrem Bildungs- und Technologiezentrum, der FH Brandenburg sowie des Oberstufenzentrums Havelland einen wichtigen Bereich. Hiermit stellt sich das Netzwerk aktiv der Herausforderung des weiteren Ausbaus der Region Brandenburg-Berlin als Zentrum der akademischen und beruflichen Aus- und Weiterbildung im Bereich der Optik. Kontakt:

Joachim Mertens OABB optic alliance brandenburg berlin e.V. Tel.: 03385 / 572 350 E-Mail: info@oabb.de www.oabb.de

OABB

• Laseranwendungen in der Photovoltaik

• Photonische Komponenten • Angewandte Lasertechnik Das Netzwerk PhotonikBB wird im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ aus Mitteln des Bundes und des Landes Brandenburg gefördert. Zudem beteiligen sich die 31 Vereinsmitglieder an der Finanzierung des Netzwerkes. Die Mitgliederstruktur setzt sich zu fast gleichen Teilen aus Industrieunternehmen und Forschungsinstitutionen zusammen. Die Aktivitäten des Netzwerkes beschränken sich nicht ausschließlich auf Brandenburg und Berlin. Im Rahmen von Kooperationsvorhaben ist PhotonikBB auch für überregionale und internationale Partner offen. Kontakt:

Andreas Feldo PhotonikBB e.V. Tel.: 03328 / 430230 E-Mail: info@photonik-bb.de www.photonik-bb.de

optic alliance brandenburg berlin

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7.1 Netzwerke und Transfereinrichtungen

Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) Das Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) ist ein Verbund Berliner Forschungseinrichtungen, der das regionale Forschungs- und Entwicklungspotenzial in der Mikrosystemtechnik bündelt. Als zentraler Ansprechpartner steht ZEMI für Industriekooperationen zur Verfügung und unterstützt insbesondere kleine und mittlere Unternehmen durch Technologietransfer. Um den hohen Aufwand bei der Entwicklung mikrosystemtechnischer Produkte zu minimieren, begleitet ZEMI Unternehmen von der Idee bis zum marktreifen Produkt. Dabei zielt ZEMI auf die praxisgerechte Nutzung modernster Techniken zur Herstellung miniaturisierter Bauteile. Funktionalität, Fertigungskosten und Marktfähigkeit der Produkte stehen im Vordergrund. Die Kompetenzen von ZEMI decken den gesamten Bereich der Wertschöpfungskette ab – vom Entwurf über die Entwicklung von Herstellungsprozessen, der Fertigung von Prototypen und Kleinserien bis zum Test der fertigen Mikrosysteme. Durch das umfassende Portfolio gelingt es, Entwicklungszeiten der Industriepartner zu verkürzen und damit Innovationskosten zu verringern. Neben einem kompetenten und umfassenden Projektmanagement stellt ZEMI auch bedarfsgerechte Bildungsangebote bereit, schult und berät Industriepartner und unterstützt Unternehmen in allen Fragen der Aus- und Weiterbildung. Kontakt:

Doreen Friedrich Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) Tel.: 030 / 6392 3391 E-Mail: zemi@zemi-berlin.de www.zemi-berlin.de

Die Investitionsbank Berlin (IBB) Die Investitionsbank Berlin (IBB) ist die Förderbank des Landes Berlin mit den Geschäftsbereichen Wirtschafts- und Immobilienförderung. Mit monetären Förderangeboten und einer umfassenden Finanzierungsberatung unterstützt die Bank gezielt vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Berlin. Dabei arbeitet sie eng mit den in Berlin ansässigen Geschäftsbanken zusammen. In der Wirtschaftsförderung setzt die IBB vor allem auf darlehensbasierte und beteiligungsorientierte Finanzierungen, die im Rahmen revolvierender Förderfonds angeboten werden. Zuschussprogramme ergänzen das Produktangebot vor allem bei der Technologie- und Investitionsförderung. Bei der Finanzierung von KMU legt die IBB besonderes Augenmerk auf innovative Unternehmen, die in den Berliner Clustern Gesundheitswirtschaft, IKT/Medien, Optik, Verkehr, Mobilität und Logistik sowie Energietechnik tätig sind. Neben dem wichtigen Investitionsförderprogramm GRW – Gemeinschaftsaufgabe zur „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ hat die IBB speziell für Technologieunternehmen verschiedene Programme im Angebot. Mit dem Programm „Pro FIT“ etwa fördert sie zu-

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kunftsträchtige Projekte in allen Phasen des Innovationsprozesses – von der Forschung bis zur Markteinführung. Ein weiteres Programm für innovative KMU ist „Berlin Kredit Innovativ“. Damit können Kredite für Investitionen und Betriebsmittel bis maximal 500.000 Euro finanziert werden. Ebenfalls speziell an Technologieunternehmen richtet sich das Programm „Innovationsassistent/in“. Unterstützt werden darüber innovative Projekte von Technologie-KMU, die von Universitäts- bzw. Fachhochschulabsolventen umgesetzt werden. Der Hochschulabsolvent wird von dem Unternehmen für mindestens zwei Jahre in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen. Die Förderung erfolgt über einen Personalkostenzuschuss. Nicht zuletzt gibt es über die IBB Beteiligungsgesellschaft mbH den VC Fonds Technologie Berlin. Ziel des Fonds ist die Beteiligung an jungen Berliner Technologieunternehmen mit Wachstumspotenzial, die in den Clustern Berlins tätig sind. Kontakt:

Investitionsbank Berlin Tel.: 030 / 2125 4747 www.ibb.de E-Mail: kundenberatung.wirtschaft@ibb.de

Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) unterstützt als Förderbank öffentliche und private Investitionsvorhaben in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur und Wohnungsbau. Aus Mitteln des Landes, des Bundes, der EU und aus Eigenmitteln der ILB werden Zuschüsse, zinsgünstige Darlehen, Bürgschaften sowie Risiko- und Beteiligungskapital bereitgestellt. Dazu arbeitet die ILB mit den Sparkassen sowie den genossenschaftlichen und privaten Banken zusammen. Im Auftrag des Landes werden im Rahmen der Wirtschaftsförderung gewerbliche Unternehmen, Existenzgründer und Freiberufler sowie Agrar- und Medienunternehmen durch die gezielte Bereitstellung finanzieller Mittel unterstützt. In Zusammenarbeit mit der ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB) sowie den Kammern und den regionalen Institutionen der Wirtschaftsförderung berät die ILB individuell und kostenfrei zu Fragen der gewerblichen Förderung und über geeignete Finanzierungsinstrumente. In der Technologieförderung bietet die ILB unter anderem Zuschüsse aus dem Förderprogramm „Forschung und Entwicklung für KMU“ zur Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Weitere Zuschussprogramme sind der „Innovationsassistent“ und der „Innovationsgutschein“ für KMU, mit denen der Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft gefördert wird. Mit dem „Brandenburg-Kredit für den Mittelstand“ steht ein Angebot zur Darlehensfinanzierung zur Verfügung. In punkto Eigenkapitalfinanzierung beteiligt sich die ILB über den BFB Frühphasenfonds Brandenburg und den BFB Wachstumsfonds Brandenburg an technologisch innovativen KMU in der Früh- bzw. Wachstumsphase. Ziel der Technologieförderung ist die Erhöhung der Innovations-


7.1 Netzwerke und Transfereinrichtungen

und Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen, die Einführung neuer Technologien sowie die Schaffung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze durch Unterstützung der Unternehmen bei der Übernahme des Neuerungsrisikos. Kontakt:

Dietmar Koske und Carsta Matthes Investitionsbank des Landes Brandenburg Tel. 0331 / 660 2211 E-Mail: kundencenter@ilb.de www.ilb.de

Berlin Partner GmbH Die Berlin Partner GmbH ist die zentrale Anlaufstelle in Berlin, die Investoren bei der Ansiedlung unterstützt, Berliner Unternehmen in allen Fragen der Außenwirtschaft begleitet und den Standort Berlin profiliert und vermarktet. Als Public Private Partnership wird die Wirtschaftsförderungsgesellschaft von mehr als 160 privaten Unternehmen unterstützt und ist vom Berliner Senat mit dem Hauptstadt- und Standortmarketing beauftragt. Berlin Partner bietet Investoren und in Berlin ansässigen Firmen ein großes Portfolio an Serviceangeboten, Beratungs- und Informationsleistungen. Unternehmen können spezielle Produkte wie das Business Welcome-, das Business Financing-, das Business Locating- oder das Business Recruiting-Package und vieles mehr nutzen. Darüber hinaus bietet Berlin Partner weltweite Kooperationsvermittlung sowie die Organisation von Messegemeinschaftsständen. Die Außenwirtschaftsberatung unterstützt Berliner Unternehmen mit Informationen zu Exportmärkten auf der ganzen Welt. Bei seiner Arbeit konzentriert sich Berlin Partner auf die Schwerpunkte, in denen sich die Berliner Wirtschaft besonders dynamisch entwickelt: Dienstleistungen, Industrie, Mobilität und Clean Technologies, Life Sciences sowie Medien, IT und Kreativwirtschaft.

TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Die TSB Innovationsagentur Berlin ist zentrale Anlaufstelle für Technologie und Innovation in Berlin und vernetzt Wissenschaft, Wirtschaft und Politik in den Bereichen Life Science/Gesundheit, Verkehr & Mobilität, Energie, IKT sowie Optische Technologien und Mikrosystemtechnik. Zu den Aufgaben der TSB zählen: • Clustermanagement • Technologie- und Innovationsberatung • Netzwerkinitiierung und -entwicklung • Projektinitiierung und -koordination • Gründungs- und Finanzierungsberatung • Informationsservice und Patentberatung • Kaufmännisches Projektmanagement Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Publikation von Clusterund Technologiereports, welche detaillierte Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung, Trends in Forschung und Industrie sowie Profile und Kontaktdaten von Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus Berlin beinhalten. 2010 veröffentlichte die TSB auch erstmals einen Report für eines der regionalen Schwerpunktfelder innerhalb der Optischen Technologien: die Lasertechnik. Darüber hinaus ist die TSB Mitveranstalter der internationalen Kongressmessen für Optische Technologien und Mikrosystemtechnik – Laser Optics Berlin und microsys berlin. Kontakt:

Prof. Dr. Eberhard Stens TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Bereich Optik Tel.: 030 / 46302 441 E-Mail: optik@tsb-berlin.de www.tsb-optik.de www.tsb-berlin.de

ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB) Berlin Partner stellt Investoren kostenfrei alle relevanten Informationen zum Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg im Business Location Center (www.businesslocationcenter.de) zur Verfügung. Kontakt:

David Hampel Berlin Partner GmbH Tel.: 030 / 39980 222 E-Mail: David.Hampel@berlin-partner.de www.berlin-partner.de

Die ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH (ZAB) ist die zentrale Anlaufstelle für Wirtschaftsförderung im Land Brandenburg. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Ansiedlungen, die Entwicklung eines innovativen Mittelstandes einschließlich Außenwirtschaftsförderung, die Unterstützung technologieorientierter Existenzgründer sowie die Energieberatung. Die ZAB ist partnerschaftlich verbunden mit der InvestitionsBank des Landes Brandenburg (ILB) und der Brandenburg Capital GmbH. Das Enterprise Europe Network bei der ZAB berät speziell zu europäischen Programmen und führt grenzüberschreitende Kooperationen herbei. Kontakt:

Michael Koinzer ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH Tel.: 0331 / 660 30 00 E-Mail: info@zab-brandenburg.de www.zab-brandenburg.de

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7.2 Überregionale Technologieplattformen

Photonics21

ETP Photonics21 etabliert. Eine der wesentlichen Aufgaben der heute mehr als 1.800 Mitglieder zählenden Plattform ist neben dem Zusammenbringen der verschiedenen europäischen Experten im Bereich Photonik, die Erarbeitung von Forschungs- und Entwicklungsschwerpunkten, die in die Innovationsförderprogramme der Europäischen Union einfließen sollen.

Photonics21 Jahrestreffen 2011 © VDI-Technologiezentrum

Europäische Technologieplattformen (ETP) sollen die wichtigsten europäischen Akteure in einem Forschungsbereich (Großindustrie, Verwaltung, Wissenschaft, KMUs und Endverbraucher) langfristig zusammengebringen, um eine gemeinsame Vision über die zukünftige Entwicklung für einen technologischen Bereich zu skizzieren.

Die Koordinierung dieses Prozesses erfolgt in sieben Arbeitsgruppen, die sich an den zukunftsträchtigsten Anwendungsgebieten der Optischen Technologien orientieren: Information & Kommunikation, Industrielle Produktion, Life Sciences, Beleuchtung, Sicherheits- und Messtechnik, Optische Komponenten und Systeme sowie Aus- und Weiterbildung. Des Weiteren soll die Plattform die Abstimmung von nationalen und europäischen Forschungsaktivitäten und Förderprogrammen verbessern und die Bildung von Partnerschaften zwischen öffentlichen und privaten Stellen im Bereich der Optischen Technologien fördern. Kontakt:

Im Bereich der Optischen Technologien, welche 2009 neben der Mikrosystemtechnik von der Europäischen Kommission zu einer von sechs Schlüsseltechnologien (sogenannten „Key Enabling Technologies“) ernannt wurden, hat sich die 2005 gegründete

Photonics21 Secretariat c/o VDI Technologiezentrum GmbH Tel.: 0211 / 6214 668 E-Mail: secretariat@photonics21.org www.photonics21.org

„Unser Netzwerk ist primärer Ratgeber der Europäischen Kommission“ Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Sandner zum Photonics21-Netzwerk

Das Photonics21-Netzwerk soll die europäische Optik-Branche konkurrenzfähiger machen und als Bindeglied zwischen der Photonikindustrie und der europäischen Forschungsförderung fungieren. Was sind die Stärken des Netzwerks, was läuft derzeit gut? Welche Länder sind in welchen Bereichen als führend einzustufen? Worin liegt der Schwerpunkt von Berlin-Brandenburg innerhalb des Netzwerks? Die Stärken dieses Netzwerks sind die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, um Photonik in der EU zu verankern. Die Europäische Kommission hat dafür erstmals ein eigenes Referat Photonik eingerichtet – unser Netzwerk ist dessen primärer

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Ratgeber, wenn es zum Beispiel um Aufrufe für Fördervorhaben geht. Zudem ist Photonik in die Liste der „key enabling technologies“ aufgenommen worden. Innerhalb des Netzwerks gehört Deutschland zu den führenden Ländern, sowohl bezüglich der nationalen Förderstrategie für Optik und Photonik als auch in einzelnen Branchenbereichen wie z.B. der Produktionstechnik. Diese Spitzenposition liegt sowohl an der hiesigen traditionellen Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft als auch daran, dass bei uns Optik und Photonik im Blickpunkt der Ministerien stehen – das ist nicht überall so. OpTecBB in Berlin-Brandenburg fokussiert als größtes regionales Kompetenznetzwerk auf innova-


7.2 Überregionale Technologieplattformen

tive Anwendungen durch Vernetzung von KMU und Forschungseinrichtungen, den starken Partnern einer Region, der leider noch ein paar zusätzliche Großunternehmen fehlen. Zurzeit wird der Nachfolger des 7. EU-Forschungsrahmenprogramms vorbereitet. Die Fortführung der sogenannten „Verbundprojekte“ wird intensiv diskutiert. Wie ist Ihre Einschätzung dazu und welche Konsequenzen könnten sich für Teilnehmer aus der Region Berlin-Brandenburg ergeben? Tatsächlich dürften die Verbundprojekte anfangs zur Disposition gestanden haben, da die Kommission das nächste Rahmenprogramm grundlegend neu gestalten wollte. Massive Einwände in Strategiepapieren großer Forschungsorganisationen und der Bundesregierung sowie auf internationaler Ebene hatten jedoch Erfolg: Kommissarin Geoghegan-Quinn erklärte kürzlich, dass die Verbundprojekte die Stützpfeiler des Rahmenprogramms seien und bleiben werden. Die gemeinsame Lobbyarbeit großer und kleiner Institute sowie der Regierungen hat dieses Förderinstrument offenbar im neuen Programm gesichert. Beim 7. Programm, das aktuell noch läuft, waren Forschungseinrichtungen oft erfolgreich beteiligt. KMU dagegen haben es oft schwer, sich erfolgreich zu bewerben, auch bei anderen internationalen Kooperationen im vorwettbewerblichen Bereich. Woran liegt das und wie können KMU besser eingebunden werden? Das liegt vor allem an der Komplexität der administrativen Verfahren der EU. Dass dieser Prozess einfacher werden muß, forderten auch alle Strategie- und Positionspapiere deutlich. Tritt das ein, haben KMU bessere Chancen. Es ist vor allem personalintensiv, EU-Anträge zu stellen und zu bearbeiten, KMU sind nicht weniger fähig, ihnen fehlen einfach die Ressourcen. Institute haben häufiger die Ressourcen, die internationalen Partner und auch die nötige Routine in der Interpretation der Aufrufe. Diese sind häufig in einer speziellen EU-Terminologie formuliert, was dazu führen kann, dass Anträge schon aus formalen Gründen nicht das richtige Gebiet treffen. Welche Möglichkeiten sehen Sie, den KMU bei der Beantragung von Forschungsprojekten auf EU-Ebene die bürokratischen Hürden zu erleichtern? Wie kann die regionale und nationale Politik diesen Prozess unterstützen? In Verbundprojekten, an denen Forschungsinstitute beteiligt sind, kann man sich bei der Antragstellung gegenseitig helfen. Grundsätzlich gilt: Ein Anruf in der Kommission oder gar ein persönliches Gespräch kann wochenlange Vorbereitungsarbeit in die falsche Richtung vermeiden! Dafür sollten die KMU die in Brüssel ansässigen Stabsstellen der Regionen nutzen, um sich direkt die Türen zu den Referaten öffnen zu lassen. Für Gemeinschaftsprojekte stehen auch die Büros der Forschungsorganisationen oder die „Kooperationsstelle EU der Wissenschaftsorganisationen“ (KoWi) zur Verfügung. Auch könnten die Veranstaltungen von OpTecBB, TSB und Berlin Partner in Brüssel stärker von den KMU-Vertretern frequentiert werden. Wem Brüssel zu weit weg ist, der kann auch die Repräsentanz in Berlin aufsuchen. Politische Lobbyarbeit auf EU-Ebene ist zur Unterstützung regionaler Betriebe ebenso wichtig wie die Vereinfachung der Anträge.

Prof. Dr. Wolfgang Sandner, Diplomphysiker, promovierte und habilitierte sich in Freiburg. Nach Professuren in Würzburg und Freiburg ging er 1991 als Full Professor in die USA. Seit 1993 ist er Direktor am Max-Born-Institut in Berlin-Adlershof, seit 1994 gleichzeitig C4-Professor an der TU Berlin. Aktuelle Arbeitsgebiete sind Licht-Materie-Wechselwirkung bei höchsten Intensitäten und mit kurzwelligen Strahlungsquellen. Seit 2003 leitet er das Netzwerk Laserlab-Europe der wichtigsten Laserforschungsinstitute aus 16 EU-Staaten. Er ist Mitglied zahlreicher nationaler und internationaler Gremien der Wissenschaft und Forschungspolitik, Fellow of the American Physical Society und derzeit Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft DPG. © Foto: Studio Urbschat

Für KMU funktioniert der Zugang zu Forschungsergebnissen auf regionaler Ebene durch Netzwerke und Transferstellen inzwischen recht gut. Wie könnte der Zugang auf EU-Ebene verbessert werden? Die EU fördert nur den Zugang über Grenzen hinweg. Auch hier gilt es, aktiv den Kontakt zu potenziellen Partnern aufzunehmen. Applikationslabore sind sicher eine interessante Möglichkeit, selbst wenn sie meist regional entstehen und sich dann erst europaweit positionieren. Das gemeinsam vom MBI und der TU Berlin betriebene BLiX (Berlin Laboratory for innovative X-ray Technologies) ist ein Beispiel. Zusammen mit dem FU-Lehrstuhl für Unternehmensnetzwerke entwickeln wir gerade dessen europaweite Vermarktung. Forschungsinstitute können dort ihre Prototypen aufstellen, in eine Umgebung, die nicht forschungsorientiert, sondern ein sehr industriefreundliches Applikationslabor ist. Unternehmen können an den Anlagen eigene Produkte testen und Geräte zur Vermarktung bestimmen. Das läuft bisher hervorragend, zurzeit transferieren wir ein einzigartiges, als BMBF-Verbundprojekt entwickeltes Röntgenmikroskop dorthin. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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7.2 Überregionale Technologieplattformen

Nationale Kontaktstelle Mikrosystemtechnik, BMBF Projekt COWIN, EPoSS

Nationale Kontaktstelle Mikrosystemtechnik Das 7. EU-Forschungsrahmenprogramm eröffnet deutschen Forschungseinrichtungen und Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, mit Akteuren aus anderen Ländern auf europäischer und internationaler Ebene zusammenzuarbeiten. Die Beratung zur Antragstellung und zur Durchführung von Projekten im 7. EU-Forschungsrahmenprogramm (RP7) wird durch die Nationalen Kontaktstellen (NKS) gewährleistet. Das Netzwerk der NKS ist der wichtigste Ansprechpartner für Anleitung, praktische Informationen und Hilfestellung zu allen Aspekten der Teilnahme am RP7. NKS sind einzelstaatliche Einrichtungen, die von den Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten und den assoziierten Ländern des Rahmenprogramms eingerichtet und finanziert werden. Diese Nationalen Kontaktstellen bieten persönliche Unterstützung vor Ort und in der Sprache der potenziellen Teilnehmer an. Als Betreiber der Kontaktstellen fungieren zahlreiche unterschiedliche Akteure, angefangen von Ministerien bis zu Universitäten, Forschungszentren sowie speziellen Forschungsagenturen und auch privaten Beratungsunternehmen. Das Netz der Kontaktstellen ist europaweit in 18 thematische Netzwerke gegliedert, die den Themenbereichen des Siebten Rahmenprogramms entsprechen. Die thematischen Netzwerke unterstützen regionale Interessenten bei der Umsetzung wissenschaftlich und technologisch basierter Entwicklungen im Rahmenprogramm und bieten als Informationspartner regionalen Behörden, Forschungseinrichtungen und Unternehmen Dienstleistungen, Schulung und Informationen zum Rahmenprogramm an. Die VDI/VDE Innovation + Technik GmbH fungiert als nationale Kontaktstelle des Förderprogramms Mikrosystemtechnik. Die Kontaktstelle Mikrosystemtechnik hat im Rahmen des Netzwerks der Kontaktstellen die Aufgabe, deutschen Teilnehmern (besonders KMU) den Zugang zu Projekten des Forschungsrahmenprogramms zu erleichtern und so zu ihrer intensiven Beteiligung an europäischen Projekten beizutragen. Zudem dient sie durch die Einbindung in den direkten Informationsfluss der EU und durch eine Erkenntnisrückkopplung aus europäischen Projekten in das BMBF und zur Europäischen Kommission der effizienten Interessenvertretung für deutsche MST-Akteure auf europäischer Ebene.

Unterstützung kommerzieller Anwendung von Forschungsergebnissen im Bereich der Mikrosysteme – COWIN Europa braucht innovative mikrosystembasierte Produkte, um die Wettbewerbsfähigkeit im globalisierten Kontext zu gewährleisten. Die Spitzen-MST-Technologien, die unter den verschiedenen Forschungsrahmenprogrammen der Europäischen Kommission entwickelt wurden, stellen ein wesentliches Reservoir für die Einführung von hochwertigen Produkten in den Markt dar. Der Weg von Forschungsergebnissen bis zur Markteinführung ist allerdings steinig. Forschungseinrichtungen sind meistens nicht für die Vermarktung zuständig; der Industrie fehlen innovative und bewährte Technologien, die in Produkte umgesetzt werden können. COWIN ist eine Unterstützungsmaßnahme, die im 7. EU-Rahmenprogramm zur Optimierung der Vermarktung der Ergebnisse von Forschungsprojekten im Bereich der Miniaturisierten Smarten Systeme ins Leben gerufen wurde. COWIN untersucht in der Laufzeit von 3 Jahren etwa hundert EU-Projekte im Bereich der Mikround Nanosysteme und analysiert deren Ergebnisse im Hinblick auf Innovationsgrad, Industrietransfertauglichkeit, technologische und Markt-Reife. COWIN unterstützt außerdem Projektpartner bei der Identifizierung von Markt- und Anwendungspotenzial, bei der Suche nach öffentlichen und privaten Anschlussfinanzierungen sowie nach passenden EU-Programmen für weitere Entwicklungen. Spitzenforschungsergebnisse, die sogenannten „Gold Nuggets“ der europäischen Gemeinschaftsforschung, finden bei COWIN eine wesentliche Plattform für Förderung und Kontaktanbahnung mit industriellen Anwendern und Endnutzern. Auf der anderen Seite unterstützt COWIN auch Industrieakteure dabei, EU-Ergebnisse, die einen konkreten Mehrwert und ein Marktpotenzial darstellen, zu identifizieren und zu transferieren. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie durch die Integration von innovativen MST-Technologien zu erhöhen und ihnen einen Vorteil auf dem globalisierten Markt zu schaffen. Kontakt:

COWIN Nicolas Gouze E-Mail: nicolas.gouze@vdivde-it.de

Kontakt:

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NKS Mikrosystemtechnik Thomas Köhler E-Mail: thomas.koehler@vdivde-it.de

EPoSS Petra Weiler E-Mail: petra.weiler@vdivde-it.de

VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Tel.: 030 / 310078 0 www.vdivde-it.de

VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Tel.: 030 / 310078 0 www.vdivde-it.de


7.2 Überregionale Technologieplattformen

„Die Plattform ist in der Lage, auf Trends angemessen zu reagieren“ Interview mit Thomas Köhler zum EPoSS-Netzwerk

Was sind die wesentlichen Ziele von EPoSS (European Research Platform on Smart Systems Integration)? Wie sollen diese erreicht werden? Ziele dieser industriegetriebenen politischen Initiative sind die Festlegung des zukünftigen FuE-Bedarfs und die Ausgestaltung des Europäischen Forschungsraums im Bereich der Smart Systems Integration. Namhafte Industrieunternehmen aus mehreren europäischen Mitgliedsstaaten koordinieren F&E-Aktivitäten, entwerfen eine Vision für zukünftige Entwicklungen und legen in enger Abstimmung mit der Europäischen Kommission eine Forschungsagenda fest. Welche Arbeitsgruppen und Themenschwerpunkte umfasst EPoSS? Die Struktur der Plattform spiegelt die Hauptanwendungsgebiete smarter Systeme wider: Automotive, Aerospace, Medizintechnik, Sicherheit, Kommunikation und als sogenanntes Querschnittsfeld die Schlüsseltechnologien. Die Plattform ist in der Lage, auf wesentliche Trends und Veränderungen angemessen zu reagieren. So wird derzeit überdeutlich, dass es für Europa von grundlegender Bedeutung ist, Fertigungskapazitäten in Schlüsselbereichen vorzuhalten. Der entstehende Forschungsbedarf dafür im Bereich Smart Systems wird zukünftig von einer speziellen Arbeitsgruppe „Smart Systems for Manufacturing and Robotics“ definiert und gemeinsam bearbeitet. Berlin-Brandenburg hat viele KMU. Können sich diese eine EPoSS-Mitgliedschaft vom finanziellen und zeitlichen Aufwand her leisten? Gibt es zu erfüllende Mindestanforderungen? Berlin und Brandenburg verfügen über zahlreiche innovative kleiner und mittlerer Unternehmen, die smarte Systeme entwickeln und einsetzen. Für diese Unternehmen sind die Verfügbarkeit von Informationen zu technologischen Trends, zur Marktentwicklung und zum Wettbewerbsgeschehen sowie die gleichberechtigte Einbindung in europäische Netzwerke überlebensnotwendig. Deshalb setzt die Frage nach den Kosten einen Akzent in die falsche Richtung. Die Möglichkeit, passgenaue Informationen direkt von den „key playern“ zu erhalten, an aktuellen Industrieprojekten teilzuhaben und damit europaweite Netzwerke aufzubauen sowie das Vertrauen potenzieller Kunden und Kooperationspartner zu erwerben, das ist in Geld kaum aufzuwiegen. Es ist im Fall der Plattform z. B. zum Preis einer Kammer- oder Verbandsmitgliedschaft zu haben und damit, denke ich, auch für KMU nicht zu teuer. Eine Mindestanforderung ist mit der Einbringung von eigenen Ideen die Entwicklung der smarten Systeme selbst mit voranzutreiben. Was empfehlen Sie KMU, die eine Mitgliedschaft bei EPoSS erwägen? Wie können sie von der Teilnahme am EPoSS-Netzwerk profitieren?

Thomas Köhler absolvierte das Studium der Elektrotechnik (Diplom-Ingenieur) an der Technischen Universität Dresden. Er ist seit 1977 auf dem Gebiet der Halbleitertechnologien tätig. Seit 1990 arbeitet er als technischer Berater und Experte für Mikrosystemtechnik- und Halbleitertechnologie für die VDI/VDE-IT GmbH. Seit 2004 ist er für die VDI/VDE-IT als Senior Manager im Bereich des Europäischen Technologietransfers zuständig für die Nationale Kontaktstelle Mikrosystemtechnik. Er ist Mit-Initiator der europäischen Technologieplattform „Smart Systems Integration“ (EPoSS).

Getreu dem Leitspruch „es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ sollten interessierte KMU eine Mitarbeit in einer (oder mehreren) Arbeitsgruppen aktiv anstreben, sich in die Diskussionen zu neuen Themen und Projekten einbringen und hier Erfahrungen sammeln, ohne ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Welche Inhalte und Anregungen gibt EPoSS dem kommenden achten Rahmenprogramm mit auf den Weg? Auch an der Vorbereitung des neuen Rahmenprogramms „Horizon 2020“ hat sich EPoSS mit stark beachteten inhaltlichen Beiträgen eingebracht. Eine Zusammenfassung dieser Vorschläge und Anforderungen ist auf unserer Homepage veröffentlicht. Das Interview führten Markus Wabersky und Arild Eichbaum

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7.3 Enterprise Europe Network Berlin-Brandenburg

Ihr Schlüssel zum europäischen Markt!

Ziel des Enterprise Europe Network (EEN) ist es, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei der Entwicklung ihres Innovationspotenzials zu helfen und ihnen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Kommission näher zu bringen.

werk berät KMU in technischen Fragen, etwa in Bezug auf Rechte an geistigem Eigentum, Normen und EU-Rechtsvorschriften. Damit wird in einem ersten Schritte der Weg bereitet, sich auf den Nachbarmärkten zu etablieren.

Diese im Februar 2008 eingeleitete Initiative der EU-Kommission bietet den Unternehmen eine Anlaufstelle, in der sie Beratung und eine Vielzahl leicht zugänglicher Dienstleistungen in Anspruch nehmen können. Das Enterprise Europe Network repräsentiert 554 regionale Beratungsstellen in 44 Ländern.

Förderung von Innovationen, neuen Produkten und Geschäftsmöglichkeiten

Das Unterstützungsnetzwerk für Unternehmen wird seinen Kunden bei der Suche nach Geschäftspartnern helfen, vor allem, wenn sie im Ausland tätig werden möchten. Es kann Besuche vor Ort arrangieren, die Bedürfnisse eines Unternehmens einschätzen und Beratung zu verschiedensten Fragestellungen anbieten. Eine bewährte Datenbank verbindet die verschiedenen Trägerorganisationen, die in ständigem Austausch miteinander stehen und Angebot und Nachfrage zusammenführen. Die KMU erhalten Informationen und auf sie individuell zugeschnittene Dienstleistungen.

Das Enterprise Europe Network verhilft KMU zu mehr Innovationen, denn der Austausch von Forschungsergebnissen kann den Anstoß zu neuen Ideen und Möglichkeiten geben. So wird beispielsweise die Zusammenarbeit mit Netzwerk- und Projektverbünden sowie Clusterinitiativen verbessert, indem ganz unterschiedliche innovationsbezogene Tätigkeiten besser gebündelt werden. Der Zugang zu neuartigen Technologien hilft den KMU dabei, sich im globalen Wettbewerb mit innovativen Produkten und Dienstleistungen zu behaupten. Zum Serviceangebot des EEN gehören dabei u.a. Kooperationsbörsen auf internationalen Messen und Kongressen sowie eine individualisierte Vermittlung von Kooperationspartnern aus Forschung und Industrie.

Hilfe beim Zugang zu EU-Projekten und Finanzierungsmöglichkeiten

Kooperationsbörse des EEN auf der Laser Optics Berlin © TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Unterstützung beim Schritt zur internationalen Tätigkeit Schätzungsweise eine Million europäische KMU könnten auch außerhalb des eigenen Landes Handel betreiben und Investitionen tätigen. Das Netzwerk wird dazu beitragen, dass Austauschprogramme zwischen Unternehmen und neue Ideen entwickelt, potenzielle Partnerschaften gefördert und Unternehmen zur Erweiterung ihres Horizontes angeregt werden. Außerdem veranstaltet das Netzwerk individuelle Abstimmungstreffen, bei denen Unternehmen vertrauenswürdige Partner finden können. Das Netz-

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Für Unternehmen, Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Berlin und Brandenburg bieten Finanzierungsprogramme der EU, wie z.B. das 7. Forschungsrahmenprogramm, eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Marktchancen und Wettbewerbsvorteile durch Kooperationen mit exzellenten Partnern in Europa zu erhöhen. Im Bereich der Optischen Technologien und der Mikrosystemtechnik hat diese Förderung schon mehrere erfolgreiche Produkte und Ergebnisse zu Tage gefördert. Einen erheblichen Anteil an diesen Erfolgen haben die sogenannten „sector groups“, thematische Arbeitsgruppen, die eine Art Koordinierungsgremium für europaweite Aktivität in bestimmten Technologiefeldern bilden. Unter der Internetadresse www.een-bb.de finden Sie weitere Informationen und Hinweise. Kontakt:

Gerrit Rössler TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Tel.: 030 / 46302 456 E-Mail: roessler@tsb-berlin.de


7.4 Laser Optics Berlin und microsys berlin

Die Schaufenster der Region

Impressionen von der Laser Optics Berlin © Messe Berlin GmbH

Neue Plattform für Schnittstellen zwischen Optischen Technologien und Mikrosystemtechnik Die Branchentreffs Laser Optics Berlin und microsys berlin finden ab 2012 unter einem Dach statt. Damit gibt es in der deutschen Messelandschaft erstmalig eine Businessplattform, auf der die Schnittstellen zwischen Optischen Technologien und Mikrosystemtechnik repräsentativ abgebildet werden.

Vom regionalen Branchentreffpunkt zur internationalen Plattform Im vergangenen Jahr gehörte die Mikrosystemtechnik zum ersten Mal auch zu den thematischen Schwerpunkten der Laser Optics Berlin. So fand zu diesem Thema ein eintägiger Fokusworkshop statt, eine Kooperation zwischen dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM), dem Ferdinand-BraunInstitut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) und dem Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI). Die microsys berlin hat sich seit 2001 vom regionalen Branchentreffpunkt zu einer international ausgerichteten Plattform für Unternehmen und Forschungseinrichtungen aus der Mikrosystemtechnik entwickelt. Sie ist ein Gemeinschaftsprojekt unter der Leitung TSB Innovationsagentur Berlin GmbH und wurde im Jahr 2009 in Kooperation mit dem MikroSystemTechnik Kongress des VDE und des BMBF ausgerichtet.

Mikrosystemtechnik in Ausstellung und Rahmenprogramm Intelligente Funktionen, die auf Mikrosystemtechnik basieren, haben in vielen Anwendungen und Geräten Einzug in unseren Alltag erhalten. Dazu gehören Handykameras und persönliche digitale Assistenten ebenso wie adaptive Sicherheitssysteme und die Selbstkontrollfunktion in Autos. Diese Entwicklungen werden sich auch auf der nächsten Laser Optics Berlin in Ausstellung und Rahmenprogramm widerspiegeln. Neben der Ausstellung bildet der Internationale Kongress eine wichtige Säule des Veranstaltungskonzepts der Laser Optics Berlin.

Kooperation mit Optical Society of America Diesen internationalen Kongress richtet im März 2012 erstmals die renommierte Optical Society of America (OSA) aus. Er wird aus drei Einzelkonferenzen bestehen, die aktuelle Forschungsfelder der Optischen Technologien zum Gegenstand haben. Themen sind Laser zur Erzeugung hoher und höchster Lichtintensitäten, Fragestellungen der Quanteninformationsverarbeitung und die ultraschnelle Dynamik molekularer und kristalliner Strukturen. Neben Moderatoren aus den USA, Kanada, Frankreich, der Schweiz und Österreich ist auch Prof. Dr. Thomas Elsässer, Direktor am Berliner Max-Born-Institut, aktiv an der Kongressgestaltung beteiligt. Professor Elsässer: „OSA-Kongresse gehören zu den führenden Veranstaltungen im Bereich der Optischen Technologien und erzeugen eine hohe Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit. Dies wird dem Messeteil der Laser Optics Berlin direkt zugute kommen und erschließt auch für die Aussteller neues Publikum.“ Fachforen bilden die dritte Säule des Konzepts der Laser Optics Berlin. In diesen Foren geht es um spezielle Anwendungsbereiche und Technologien, außerdem finden Branchenmeetings, Recruitingtage sowie Weiterbildungsevents statt.

Nächste Laser Optics Berlin vom 19. bis 21. März 2012 Die Laser Optics Berlin – Internationale Fachmesse und Kongress für Optische Technologien und Lasertechnik – findet alle zwei Jahre statt. In diesem Jahr hat der Branchentreff in den Messehallen am Berliner Funkturm vom 19. bis 21. März geöffnet. Weitere Informationen unter www.laser-optics-berlin.de.

Kontakt:

Kerstin Kube-Erkens Messe Berlin GmbH Tel.: 030 / 3038 2056 E-Mail: kubeerkens@messe-berlin.de

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8 Autoren/Literatur

Autoren

Karl-Friedrich Becker, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Prof. Dr. Klaus-Dieter Lang, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Hubert Beyerle, Journalist

Dr. Bernd Ludwig, WISTA MANAGEMENT GMBH

Oswin Ehrmann, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Dr. Frank Lerch, Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg

Arild Eichbaum, m.wabersky projektberatung

Joachim Mertens, OABB e.V.

Prof. Dr. Norbert Esser, Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e.V.

Dr. Uwe Netz, Laser- und Medizin-Technologie GmbH, Berlin Dr. Helge Neumann, WISTA MANAGEMENT GMBH

Andreas Feldo, Photonik BB e.V. Doreen Friedrich, Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI) Manfred Gutzmer, STATTwerke Consult GmbH Dr. Maik Hampicke, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) Dr. Eckart Hoene, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) Nicolas Hübener, Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH) Prof. Dr. Heinz-Wilhelm Hübers, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR)

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Prof. Dr. Ulrich Panne, BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Harald Pötter, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) Prof. Dr. Herbert Reichl, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) Dr. Thomas Ritschel, Universität Potsdam Gerrit Rössler, TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Dr. Martin Schell, Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik, Heinrich-Hertz-Institut (HHI)

Jörg Israel, WISTA MANAGEMENT GMBH

Dr. Martin Schneider-Ramelow, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Prof. Dr. Klaus Jacobs, Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik (FBH)

Dr. Henning Schröder, Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM)

Prof. Dr. Birgit Kanngießer, Technische Universität Berlin

Prof. Dr. Eberhard Stens, TSB Innovationsagentur Berlin GmbH

Kai Kolwitz, Journalist

Markus Wabersky, m.wabersky projektberatung

Katharina Kunze, Zentrum für Mikrosystemtechnik Berlin (ZEMI)

Robert Wagner, Freie Universität Berlin


8 Autoren/Literatur

Literatur

Heybrock, E./Brinkmann, U. (2000): Die deutsche Agenda optische Technologien für das 21. Jahrhundert. Düsseldorf: VDI Technologiezentrum. Heybrook, E./Märten, O./Prasse, H./Röhrig, R./von Schaewen, J. (2002): Förderprogramm Optische Technologien. Optische Technologien – Made in Germany. BMBF Programm. Bonn. Hornauer, U. (2002): Potenzial der optischen Technologien in Berlin. Berlin: OpTecBB e.V. Jansen, D. (2003): Einführung in die Netzwerkanalyse: Grundlagen, Methoden, Forschungsbeispiele. 2., erw. Aufl., Opladen: Leske+Budrich. Krätke, S./Scheuplein, C. (2001): Produktionscluster in Ostdeutschland. Methoden der Identifizierung und Analyse. Hamburg: VSA-Verlag. Leupolt, B. (1993): Entwicklung der Industrie in Berlin-Brandenburg. In: Geographische Rundschau BD. 45, H. 10, S. 594 – 599 Lerch, F. (2009): Netzwerkdynamiken im Cluster: Optische Technologien in der Region Berlin-Brandenburg. Online-Dissertation der Freien Universität Berlin.

Porter, M.E. (1985): Competitive advantage: Creating and sustaining superior performance. New York u.a.: Free Press. Porter, M. (1990): The competitive advantage of nations, New York 1990 Statistisches Amt von Groß-Berlin (1947): Ergebnisse der Arbeitsstättenzählung in Berlin vom 12.08.1945. Mitteilungen aus Verwaltung und Wirtschaft, Sonderheft 2, Berlin 1947 TSB Innovationsagentur Berlin GmbH (2010): Lasertechnik BerlinBrandenburg. Report 2010. Berlin Adlershof. TSB Innovationsagentur Berlin GmbH (2008): Optische Technologien und Mikrosystemtechnik Berlin-Brandenburg. Report 2008/2009. Berlin Adlershof. Yole Développement (2011): UV-LED. Internet: http://www.i-micronews.com/reports/UV-LED/199/ Zaun, J. (2002): Innovationen im optischen und feinmechanischen Instrumentenbau. Der Einfluss der Wissenschaft auf die Instrumentenentwicklung im 19. Jahrhundert. In: Technikgeschichte 69 (3), S. 207 – 222

OpTecBB e.V./ZEMI (2010): Bildungsatlas „Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg“. Berlin.

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9 Impressum

Impressum CLUSTERREPORT OPTIK Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg

Herausgeber Herausgeber dieses Reports ist die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH TSB Innovationsagentur Berlin GmbH Bereich Optik Bereichsleiter Prof. Dr. Eberhard Stens Fasanenstraße 85 10623 Berlin

porären Stand eines kontinuierlichen Arbeitsprozesses ab. Obwohl bei der Zusammenstellung der Informationen größte Sorgfalt angewandt wurde, kann die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit keine Gewähr übernehmen. In keinem Fall kann die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH für etwaige Schäden irgendwelcher Art verantwortlich gemacht werden, die durch die Benutzung oder im Zusammenhang mit der Benutzung der hier bereitgestellten Informationen entstehen, seien es direkte oder indirekte Schäden bzw. Folgeschäden einschließlich entgangenen Gewinns. Die TSB Innovationsagentur Berlin GmbH dankt allen Beteiligten für die Mitarbeit zu diesem Clusterreport, einschließlich für die Bereitstellung des Bildmaterials. Die Auswahl der portraitierten Unternehmen und Forschungseinrichtungen ist exemplarisch für die Region und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Alle Angaben ohne Gewähr.

Vertretungsberechtigter Geschäftsführer Dr. Adolf M. Kopp www.tsb-berlin.de

Redaktionelle Leitung: Gerrit Rössler

Mit freundlicher Unterstützung der ZukunftsAgentur Brandenburg GmbH Steinstraße 104 – 106 14480 Potsdam

Projektassistenz: Florian Oswald, Elisa Radtke

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Layout + Graphik: Heike Rusch, Markus Wabersky Wir weisen darauf hin, dass das Urheberrecht sämtlicher Texte und Grafiken in diesem Report bei den Autoren, vertreten durch den Herausgeber, liegt. Die begründeten Urheberrechte bleiben umfassend vorbehalten. Jede Form der Vervielfältigung z.B. auf drucktechnischem, elektronischem, optischem, photomechanischem oder ähnlichem Wege – auch auszugsweise – bedarf der ausdrücklichen, schriftlichen Einwilligung sowohl des Herausgebers als auch des jeweiligen Autors der Texte und Grafiken.

Inhalt Für die Inhalte der redaktionellen Beiträge kann der Herausgeber keine Gewähr übernehmen. Diese Buchausgabe bildet den tem-

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Druck: Druckerei Hermann Schlesener KG

Bildnachweis: Titelbild: Lasermaterialbearbeitung am Institut für Optik und Atomare Physik (IOAP) © Ulrich Dahl-Pressestelle der Technischen Universität Berlin Berlin, Februar 2012


Notizen

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Notizen

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Notizen

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Anhang: CD mit Kontaktdaten und Profilen von Unternehmen und Forschungseinrichtungen

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Internationale Fachmesse und Kongress

19. – 21. März 2012 www.laser-optics-berlin.de

g mit:

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Sprechen Sie uns an: Telefon: 030 / 2125-4747 E-Mail: wachsen@ibb.de www.ibb.de/wachsen

Kongress-Veranstalter: Research in Optical Science: OSA Optics and Photonics Congress

Max-Born-Institut


Optische Technologien und Mikrosystemtechnik in Berlin und Brandenburg CLUSTERREPORT OPTIK

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