hoch³ #3/2024

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Fokus

Belebend

Neue Wege für einen zukunftsfähigen Campus: TUNachhaltigkeitsexpertin Deniz Uzman im Interview.

Seite 4

Wissen

Beflügelnd

Gleich vier junge Forschende der TU Darmstadt haben einen begehrten ERC Starting Grant erhalten.

Seiten 26 – 27

Die Zeitung der Technischen Universität Darmstadt www.tu-darmstadt.de

Abschluss

Bestechend

TU-Mitarbeiterin Lea Schell hat ein besonderes Hobby: Die Odenwälder Honigkönigin im Porträt.

Seite 28

Lebensräume

Grüner, sicherer, klimabeständiger: Die Neugestaltung der Eugen-Kogon-Straße ist ein Kernelement beim nachhaltigen Umbau des Campus Lichtwiese. Im Nachhaltigkeits-Kompass, dem dynamischen Nachhaltigkeitsbericht der TU, gibt es weitere spannende Projekte und Aktivitäten an der Universität zu entdecken. Im Fokusthema stellen wir einige davon vor. Seiten 4 – 6

Liebe Leserin, lieber Leser,

mit Workshops, Führungen und einem Markt der Möglichkeiten haben wir an der TU Darmstadt gerade den Tag der Nachhaltigkeit begangen. Dieser stand unter dem Motto »Common Ground – Verständigung für eine nachhaltige Zukunft«. Als globale Gesellschaft stehen wir vor der Herausforderung, wirksame Antworten für drängende Zukunftsfragen zu finden und notwendige Veränderungen anzustoßen, um eine lebenswerte Zukunft auch für zukünftige Generationen zu ermöglichen. Gleichzeitig scheint unsere Gesellschaft in diesen wichtigen Zukunftsfragen immer weiter auseinanderzudriften, beobachten wir die Zunahme unterschiedlicher Wirklichkeitswahrnehmungen und voneinander abgeschlossener Kommunikationsräume. Im Mittelpunkt des Tags der Nachhaltigkeit stand daher die Frage, wie wir kommunizieren können, um auch bei kontroversen Themen zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.

Denn Hochschulen sind inklusive Orte des pluralen Diskurses. Dieser Anspruch prägt auch die Nachhaltigkeitsstrategie für unsere Universität, die wir aktuell entwickeln. Wir wollen Ideen für eine

nachhaltigere Zukunft vorausdenken und diese Zukunft aktiv mitgestalten. Dazu orientieren wir uns an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen. Durch die unbegrenzten Ideen im Zusammenwirken aller können wir gute Lösungen finden, um begrenzte Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Wir setzen dabei auf den offenen Diskurs innerhalb der Universität und mit unseren Partner:innen in starken Netzwerken. Wir ermutigen zum verantwortungsvollen Mitwirken und zur Erweiterung der eigenen Kompetenzen. Wir wollen Vorbild sein und auf unserem Campus in Experimentierräumen Neues ausprobieren und in Reallaboren gemeinsam die Innovationen von morgen voranbringen.

Diesen Aktivitäten widmet die neue Ausgabe unserer Universitätszeitung hoch³ einen Themenschwerpunkt. Deniz Uzman aus unserem Büro für Nachhaltigkeit erläutert im Interview, wie unser Campus zukunftsfähig werden soll und wie sich Interessierte an den vielfältigen Projekten beteiligen und neue initiieren können. Zudem stellen wir weitere Initiativen für mehr Nachhaltigkeit vor, darunter eine Workshopreihe zum besseren Verständnis der Klimakrise, das

neue DELTA-Forum als experimentelle Raumstruktur für Begegnung und Austausch sowie ein partizipatives Urban-Gardening-Projekt im Schlossgraben. Neben dem Fokusthema erwarten Sie in der neuen hoch³ weitere spannende Themen. Unter anderem blicken wir zurück auf 60 Jahre Elektronenbeschleunigung in Darmstadt und auf den diesjährigen Dialogue unserer Universitätsallianz Unite!, dessen Gastgeberin wir kürzlich sein durften. Außerdem stellen wir Ihnen insgesamt sieben exzellente Forschende der TU vor, die nun entweder mit renommierten Starting Grants des Europäischen Forschungsrats (ERC) oder als Athene Young Investigators gefördert werden. Den Abschluss macht ein Porträt unserer Mitarbeiterin Lea Schell aus dem Dezernat Immobilienmanagement, die ein außergewöhnliches Ehrenamt bekleidet: Sie ist amtierende Odenwälder Honigkönigin. Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre!

Ihre Tanja Brühl

Präsidentin der TU Darmstadt

RISIKO UNTER DEN REBEN

Forschende der TU Darmstadt haben erstmals Mikroplastik in Weinbergen nachgewiesen. Die Schadstoffe können sich negativ auf die Bodenfunktionen auswirken.

20 MILLIONEN EURO FÜR ROBOTIK-SPITZENKONSORTIUM

Die führenden deutschen Robotik-Standorte wollen gemeinsam das Robotics Institute Germany (RIG) aufbauen. Es soll künftig die zentrale Anlaufstelle für Robotik in Deutschland werden.

60 JAHRE MIT LICHTGESCHWINDIGKEIT

Das Institut für Kernphysik hat das 60-jährige Bestehen der Elektronenbeschleunigung in Darmstadt gefeiert. 1964 war der DALINAC an der damaligen Technischen Hochschule in Betrieb genommen worden.

AUS ALEPPO NACH DARMSTADT

Das HessenFonds-Stipendium soll besonders begabte geflüchtete Studierende fördern. Der syrische Maschinenbaustudent Hatem Aljaber, der an der TU Darmstadt Aerospace Engineering studiert, ist einer von ihnen.

ZEITMASCHINE: 30 JAHRE GLEICHSTELLUNGSARBEIT

Wichtiger Meilenstein in der Geschlechterpolitik: Mit Verabschiedung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes 1994 wurde es für öffentliche und kommunale Einrichtungen verpflichtend, Frauenbeauftragte zu bestellen.

Mit ihrer interdisziplinären Spitzenforschung leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Darmstadt wichtige Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung. Doch auch die Universität selbst setzt sich mit zahlreichen Angeboten und Projekten für Beschäftigte und Studierende für mehr Klima- und Umweltschutz, Ressourcenschonung und eine nachhaltige Campusgestaltung ein. Ein Themenschwerpunkt.

Mehr Grün

Urban Gardening am Schloss

Den Schlossgraben auf dem Campus Stadtmitte zieren nun mehrere Hochbeete. Das Urban-Gardening-Projekt entstand aus einer Kooperation zwischen der AG Nachhaltigkeit des Fachbereichs Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften und dem Projekt »Grüner Campus« des Büros für Nachhaltigkeit. Die Hochbeete werden von Mitgliedern der AG bepflanzt und gepflegt. Ziel des Projekts ist es, den Campus grüner und nachhaltiger zu gestalten und gleichzeitig Studierenden und Mitarbeitenden die Möglichkeit zu geben, aktiv an der Gestaltung ihres Umfelds mitzuwirken.

Entworfen wurden die Hochbeete mit integrierten Sitzbänken von einer Studentin aus dem Büro für Nachhaltigkeit. Die Fertigung übernahm die TU-eigene Schreinerei »Dach und Fach«. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf die Nutzung nachhaltiger Materialien gelegt: Das verwendete Holz stammt aus Verkehrssicherungsfällungen aus dem TUWald. Auch auf der Lichtwiese waren zuvor Hochbeete eingerichtet worden. Sie werden vom Fachbereich Material- und Geowissenschaften betreut.

Durstlöscher to go

Neue Trinkbrunnen auf der Lichtwiese

Die TU Darmstadt hat den ersten Trinkbrunnen auf dem Campus Lichtwiese in Betrieb genommen. Damit macht die Universität allen Besucher:innen kostenloses Trinkwasser auf dem Außengelände öffentlich zugänglich. Besonders Studierende und Beschäftigte profitieren von diesem Angebot vor Ort, das zudem die Aufenthaltsqualität auf dem Campus auf nachhaltige Weise erhöht. Der Brunnen steht vor dem Institutsgebäude des Fachbereichs Architektur, ein zweiter Brunnen vor dem Maschinenbau-Institutsgebäude soll folgen.

Neue Wege für einen zukunftsfähigen Campus

Interview mit Deniz Uzman vom Büro für Nachhaltigkeit

Das Projekt »Grüner Campus« des Büros für Nachhaltigkeit soll die Klimaresilienz, Biodiversität und Aufenthaltsqualität am Campus der TU stärken. Warum ist das auch ein Thema für die Universität?

Deniz Uzman: Derzeit befinden wir uns in der sogenannten Zwillingskrise: Sowohl Klimawandel als auch Biodiversitätsverlust schreiten stetig voran und bedrohen unsere Lebensgrundlage und die zukünftiger Generationen. Beide Krisen sind miteinander verknüpft und verstärken sich gegenseitig. Für unseren Campus als Herzstück der TU liegt es in unserer Verantwortung, ihn zukunftsfähig und lebenswert zu gestalten. Städtische und stadtnahe Gebiete wie die Lichtwiese können mit geschickter Planung, naturbasierten Lösungen und neuen Ideen eine hohe Biodiversität aufweisen, Extremwetterereignisse abfangen und somit für uns alle eine hohe Aufenthaltsqualität bereithalten. Wie werden diese Themen auf dem Campus umgesetzt?

Uzman: Mit dem Projekt »Grüner Campus«, gefördert durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, erproben wir neue Wege, setzen Pilotprojekte um und arbeiten an kleinen und großen Konzepten für eine zukunftsfähige Campusgestaltung. Ein bunt blühendes Beispiel findet sich im Schlossgraben, wo im letzten Bauabschnitt bewusst von der bisherigen, klassischen Parkgestaltung zugunsten einer naturnäheren und klimaresilienteren Gestaltung abgewichen wurde. So ergänzt die neu angelegte Streuobstwiese mit heimischen Bäumen wie dem Speierling und Sorten aus anderen Klimaregionen wie der Feige und die mit Regiosaatgut angelegte Blühwiese die Gesamtanlage um einen Biodiversitätsbaustein, der nicht nur das Auge, sondern auch viele Vögel und Insekten erfreut. Neben anderen kleinen Projekten, die bereits sichtbar sind – wie den neuen Hochbeeten – spielt

sich vieles derzeit noch hinter den Kulissen ab. Wir hoffen, im nächsten Jahr mit Pilotprojekten zum Thema Beschattung mancherorts am Campus für Abkühlung sorgen zu können.

Das Projekt will auch das Bewusstsein der TU-Mitglieder für Umweltthemen schärfen. Wie wird das angegangen?

Uzman: In der ersten Projekthälfte lag der Fokus darauf, das Bewusstsein auf betrieblicher Ebene zu schärfen, Netzwerke aufzubauen und Ansätze für eine grünere Campusgestaltung herauszuarbeiten. Zu verschiedenen Teilprojekten gab es Kooperationen mit Fachbereichen und TU-Institutionen, die ihre Expertise einbrachten, zum Beispiel bei der Konzeptionierung eines Lehrund Lernraums im Freien unter Mitwirkung der HDA und Studierender und Lehrender des Fachbereichs Architektur. Studierende haben auch im Rahmen von Lehrveranstaltungen Ideen in unsere Projekte eingebracht und umgesetzt, wie bei einem Mini-Stegreif zu Wildbienen-Nisthilfen. Wir führen Pflanz- und Pflegeaktionen durch, sind auf Info-Veranstaltungen präsent oder führen auf Anfrage Campus-Rundgänge durch. Im nächsten und letzten Projektjahr planen wir eine Workshop-Reihe für TU-Angehörige zu verschiedenen Biodiversitätsthemen. Hier nehmen wir gerne Wünsche entgegen!

Werden denn noch Mitstreitende gesucht?

Wie kann man sich beteiligen?

Uzman: Wir versuchen, Gruppen und Initiativen mit konkreten Projektideen zu unterstützen, und prüfen, was umsetzbar ist. Für unsere Pflanzund Pflegeaktionen suchen wir immer helfende Hände und bauen dazu einen Verteiler auf. Für allgemeine Nachhaltigkeitsthemen findet im Büro für Nachhaltigkeit immer mittwochs von 12 bis 13 Uhr eine Sprechstunde statt, für die man sich unter nachhaltigkeit@tu-darmstadt.de anmelden kann.

Wie sind andere Bereiche der TU eingebunden?

Uzman: Ein schönes Beispiel ist das Biodiversitätswiesenprojekt am Campus Lichtwiese. Aus einem Workshop zu insektenschonender Mahd, den wir gemeinsam mit dem Projekt BioDivKultur für unser Gärtner:innen-Team organisiert haben, ist eine Projektidee zur Pflegeumstellung auf drei geeigneten Flächen entstanden. Hier

konnten wir eine Arbeitsgruppe bilden, bei der neben dem Dezernat IV auch der Fachbereich Biologie und der Botanische Garten involviert sind und sich betriebliche und fachliche Expertise ergänzen. Mithilfe von flächengenauen Pflegeplänen und begleitender Forschung sollen die Artenvielfalt und Lebensraumbedingungen für Wildpflanzen und Insekten in dem Pilotvorhaben verbessert werden und die bisher gemulchten oder rasenartig genutzten Flächen zu wertvollen Wiesenlebensräumen entwickelt werden. Konkret heißt das: Es wird in Abschnitten gemäht, das Schnittgut wird abgeräumt und mehrjährige Saumstreifen werden als Refugien und Ausbreitungskorridore für Insekten belassen sowie wichtige Praxiserfahrungen gesammelt. Das gemeinsame Ziel sind bunte und lebendige Wiesen, die zukünftig zahlreichen Arten wie der Blauflügeligen Ödlandschrecke, dem Kleinen Feuerfalter oder dem Großen Wiesenknopf einen wertvollen Lebensraum bieten sollen. Haben Sie noch ein weiteres Beispiel für eine gelungene Kooperation?

Federführend verantwortete das Büro für Nachhaltigkeit die Planung und Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren. Zur Umsetzung trugen viele Hände bei: Mitarbeitende aus dem Technischen Betrieb des Baudezernats, mehrere studentische Mitarbeitende des Büros für Nachhaltigkeit sowie Kolleg:innen des infrastrukturellen Gebäudemanagements des Dezernats Immobilienmanagement.

Uzman: Ja, den neu entstandenen Campusacker, in dem Studierende Lehrmethoden für Lehrgärten an Schulen erproben. Wir konnten die Fachdidaktik Biologie bei der Umsetzung der Projektidee in Zusammenarbeit mit Acker e. V. erfolgreich unterstützen. Die Studierenden entwickelten nach Anlage des Ackers zudem Entwürfe für einen Teich und eine Steinmauer als Habitatelemente, deren Realisierung wir abermals durch Übernahme der Materialkosten unterstützen konnten. Eine solche multifunktionale Nutzung zahlt auf das Gesamtziel unseres Projekts ein, wäre aber ohne das Engagement von Einzelnen nicht möglich. die fragen stellte bettina bastian.

Dr. Deniz Uzman ist Umweltwissenschaftlerin und im Büro für Nachhaltigkeit der TU Darmstadt zuständig für das Projekt »Grüner Campus«. Projektbeschreibung auf der Seite des Büros für Nachhaltigkeit: bit.ly/4es2Bgj

Kontakt: gruenercampus@tu-darmstadt.de

Foto:PatrickBal
Foto:DenizUzman
Foto: Jannik Hoffmann
Foto:JannikHoffmann
Deniz Uzman

DELTA Sharing-Hub: Raum für Teilen statt Besitzen

Schon seit Längerem betreibt der AStA auf dem Campus Lichtwiese die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt »Radschlag«. Sie ist ein Angebot des Mobilitäts- und Sharing-Hubs Lichtwiese, der an der TU Darmstadt im Bundesforschungsprojekt DELTA entwickelt wird. Nun wurden auch die Flächen rund um die Werkstatt-Container feierlich in Betrieb genommen. »Die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt passt perfekt zur dynamischen Entwicklung des Campus Lichtwiese vom Lehr- und Lernraum hin zum menschengerechten Lebensraum für alle«, betonte TU-Kanzler Martin Lommel bei der Eröffnung der Veranstaltung.

Die ehrenamtlich betriebene Werkstatt »Radschlag« entstand im Rahmen des DELTA-Projekts (»Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung«) in Zusammenarbeit zwischen dem Dezernat V und der Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt »zwanzig°« vom Campus Stadtmitte. Im entsprechenden Teilprojekt 6 von DELTA werden klimagerechte, nachhaltige Sharing-Ansätze und zukunftsorientierte urbane Sharing-Modelle entwickelt und umgesetzt. Durch den Ansatz »Teilen und nutzen statt besitzen« sollen Ressourcen geschont und Treibhausgasemissionen eingespart werden. Der erste Baustein des dabei entstehenden Sharing-Hubs an der Lichtwiese ist die Fahrradwerkstatt. ual

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/3TR2NNI

Die Selbsthilfe-Fahrradwerkstatt »Radschlag«

Die Klimakrise verstehen

Büro für Nachhaltigkeit bietet »Climate-Fresk«-Workshopreihe an

Wieso wird es auf der Erde aktuell immer wärmer? Und was war nochmal der Albedo-Effekt? Antworten auf diese Fragen erhalten Interessierte in einem »Climate-Fresk«-Workshop.

Die Inhalte der Veranstaltungen basieren auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und wurden in Form von Postkarten mit Bildern und Beschreibungstexten anschaulich aufbereitet. Im Workshop arbeiten die Teilnehmenden in Teams zunächst daran, die Karten zu verstehen und in einem Wirkungszusammenhang zu verbinden. Im Anschluss findet ein angeleiteter Austausch über die eigenen Gefühle angesichts der Klimakrise statt. Abschließend sucht die Gruppe nach Handlungsoptionen für eine gute Zukunft.

FORMAT HAT SICH WELTWEIT VERBREITET

Das Format »Climate Fresk« wurde in Frankreich entwickelt und hat sich inzwischen weltweit verbreitet. In Darmstadt wird es in einer Kooperation zwischen dem Green Office der Hochschule Darmstadt und dem Büro für Nachhaltigkeit der TU Darmstadt angeboten. Seit 2023 finden regelmäßig öffentliche Workshops statt. An der TU Darmstadt gab es zudem Kooperationen mit den internen Weiterbildungen, den interdisziplinären Studienschwerpunkten sowie den Schlüsselkompetenzen der Hochschuldidaktischen Arbeitsstelle. Gerne können auch Workshops für Veranstaltungen oder spezifische Zielgruppen angefragt werden.

VORHANDENES WISSEN FESTIGEN

Die primäre Zielgruppe sind Studierende und Mitarbeitende der Hochschulen, die vorhandenes Wissen festigen, neues dazugewinnen

oder selbst Weiterbildungen zu Klimathemen geben möchten.

Die Vision ist, dass Klimabildung fester Bestandteil sämtlicher Studiengänge wird und alle an der Universität die Möglichkeit haben, sich intensiv mit ihrem Klimaengagement auseinanderzusetzen. Mit den »Climate-Fresk«Workshops leistet die TU dazu einen Beitrag. clara brossmann/büro für nachhaltigkeit

Weitere Infos zu den Workshops: bit.ly/3XEbld5

Projektbeschreibung auf der Seite des Büro für Nachhaltigkeit: bit.ly/4dWkT8Z

Foto:HannaRichter
Foto: PaulAbendschein
Foto:ClausVölker
ClaraBrossmann
Foto: Paul Abendschein

Ein Ort für Begegnung und Austausch

DELTA-Forum auf dem Campus Lichtwiese feiert vorläufige Fertigstellung

Im Rahmen des Clusters »Energie-Akademie« des DELTA-Projekts ist an der Lichtwiese der TU Darmstadt das DELTA-Forum entstanden – eine experimentelle Raumstruktur als Veranstaltungs- und Austauschort. Im Sommer feierten die Projektbeteiligten mit einem Pre-Opening die vorläufige Fertigstellung der Holzstruktur. An der Struktur wird in den kommenden Monaten weiter geplant, experimentiert, verändert –ganz im Sinne eines Reallabors.

Der Entwurf für das DELTA-Forum entstand in einem in die Lehre eingebundenen »Research-Design and BuildProjekt« am Fachbereich Architektur unter Leitung von Professorin Johanna Meyer-Grohbrügge (Fachgebiet

Grüne Fassaden

Entwerfen und Raumgestaltung).

Kooperationspartner war das Dezernat Baumanagement und Technischer Betrieb der TU. Nach einer Entwurfsphase setzten Studierende die Konzeption in eine Ausführungsplanung

Pilotprojekt am Parkhaus Lichtwiese

Die TU Darmstadt setzt ein weiteres Zeichen für Nachhaltigkeit: Am Parkhaus Lichtwiese startet ein Pilotprojekt zur Fassadenbegrünung. Rank- und Schlingpflanzen wie Schlingenknöterich, Rostrote Weinrebe und Kletterhortensie sollen die Nord-, sowie Teile der Süd- und Westfassade schmücken. Unterstützt von einer externen Fachberaterin wurde eine Pflanzenauswahl getroffen, die eine reiche Vielfalt in Blatt- und Blütenbild bietet und Lebensräume für Insekten schafft.

Ziele sind neben der Förderung der Biodiversität auch die Verbesserung des Mikroklimas im Quartier rund um die Gebäude des Bauingenieurwesens, die Bindung von Feinstaub infolge der Parkraumnutzung, Schutz vor sommerlicher Überhitzung und die Verbesserung der Aufenthalts- und Umgebungsqualität. Eine Begrünung des Parkhauses Ruthsstraße am Campus Stadtmitte ist ebenfalls geplant.

um, die anschließend gemeinsam mit Fachfirmen auch baulich realisiert wurde.

NACHHALTIGES,

RESSOURCENBEWUSSTES BAUEN

Bei der Planung und Umsetzung des DELTA-Forums achteten die Beteiligten in enger Abstimmung mit den Verantwortlichen des Dezernats auf konsequente Ressourcenschonung. Für die Tragkonstruktion wurde Holz von Bäumen aus dem nahegelegenen Kranichsteiner Wald verwendet, das durch Borkenkäferbefall als schadhaft klassifiziert war. Die elf Tragrahmen als Zangenkonstruktion wurden von den Studierenden mit Unterstützung einer Zimmerei unmittelbar neben dem Baufeld in wenigen Tagen montiert.

»Stadtradeln« fürs Klima TU Darmstadt erneut auf Platz eins

Das Team der TU hat beim diesjährigen Darmstädter »Stadtradeln« wieder den ersten Platz belegt. Insgesamt 44.407 Kilometer legten die 248 aktiven TURadelnden innerhalb von 21 Tagen zurück. Damit lag die Universität vor den Teams des Ludwig-Georgs-Gymnasiums und der Hochschule Darmstadt. Die Preisverleihung fand auf dem Fahrradaktionstag der Stadt Darmstadt statt.

Bei der vom Klima-Bündnis veranstalteten internationalen Kampagne »Stadtradeln« geht es darum, drei Wochen lang möglichst viele Alltagswege klimafreundlich mit dem Fahrrad zurückzulegen. Ziel ist es, die urbane Mobilitätswende voranzubringen und nebenbei etwas für die eigene Gesundheit zu tun. In den vergangenen drei Jahren hatte die TU ebenfalls jeweils den ersten Platz in der Teamwertung erreicht.

Die Verbindungen der Holzbauteile sind – wie für Holzkonstruktionen üblich – rückbaubar und in Einzelteile zerlegbar. Für weitere Bauteile der Raumstruktur wie beispielsweise Abdeckbleche oder die Dacheindeckung konnte auf Material aus dem Rückbau anderer Gebäude auf der Lichtwiese zurückgegriffen werden.

REALLABOR FÜR DIE URBANE ENERGIEWENDE

Das übergreifende Forschungsvorhaben DELTA (Darmstädter Energie-Labor für Technologien in der Anwendung) ist Reallabor und Schaufenster für die urbane Energiewende. Im Reallabor soll nachgewiesen werden, dass die technischen Potenziale zur Steigerung der Energieeffizienz und -flexibilisierung

von urbanen Quartieren wirtschaftlich nutzbar sind. In das Forschungsvorhaben sind viele verschiedene Institutionen der TU Darmstadt involviert, in Kooperation mit der Industrie und Wirtschaft sowie Partner:innen aus der Stadtpolitik und -verwaltung. benjamin trautmann/sip

Abhängig von den geplanten Veranstaltungsformaten wird das DELTAForum vielfältig bespielt und soll als offener, einladender Ort allen Menschen an der Lichtwiese zur Verfügung stehen. Bei Interesse, eine Veranstaltung dort durchzuführen, wenden Sie sich an das DELTA-Projektteam: info@delta-darmstadt.de www.delta-darmstadt.de/c3

Foto:JannikHoffmann

Projekte und Aktivitäten aus der gesamten TU werden im Nachhaltigkeits-Kompass sichtbar, dem stetig wachsenden digitalen TU-Nachhaltigkeitsbericht.

Bild: Benjamin Trautmann
Das DELTA-Forum auf dem Campus Lichtwiese

Nächster erfolgreicher Schritt

Rhein-Main-Universitäten reichen Anträge auf Exzellenzcluster ein

In der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder haben die Rhein-Main-Universitäten (RMU) in der Förderlinie Exzellenzcluster die Vollanträge eingereicht. Vier der von den RMU neu eingereichten Clusterinitiativen waren vom Expertengremium der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Vollantrag aufgefordert worden. Zudem wurden seitens der RMU zwei Folgeanträge gestellt.

Professor Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und amtierender RMU-Sprecher, bezeichnete die Einreichung der Vollanträge Ende August als weiteren wichtigen Schritt in der Exzellenzstrategie. »Mein Dank gilt allen Beteiligten, die in den vergangenen Monaten intensiv an den Anträgen gearbeitet und alles daran gesetzt haben, zum heutigen Tag herausragende Anträge vorlegen zu können«, betonte er. »Ich bin sehr stolz auf die außerordentliche Leistung und das bemerkenswerte Engagement aller beteiligten

Das Navi im Kopf

TU-Forschende entschlüsseln,

RMU-Mitglieder. Wir freuen uns nun darauf, ab Oktober den Gutachtenden die Forschungsstärke des Rhein-Main-Gebiets präsentieren zu dürfen.« Die Entscheidung, welche Exzellenzcluster ab 2026 gefördert werden, fällt am 22. Mai 2025.

LANGJÄHRIGE UND WERTSCHÖPFENDE

KOOPERATION

Krausch erklärte weiter: »Die Konkurrenz in der nationalen Wissenschaftslandschaft ist groß. Der bisherige Erfolg in der Förderlinie Exzellenzcluster

bestätigt uns als Rhein-Main-Universitäten jedoch einmal mehr darin, dass wir als Verbund mit unserer langjährigen und wertschöpfenden Kooperation über alle Leistungsdimensionen hinweg einzigartige Ergebnisse erzielen. Als RMU arbeiten wir daher bereits an den nächsten Entwicklungsschritten zur Stärkung unserer Allianz.«

DANK AN ALLE BETEILIGTEN FÜR EINSATZ UND ENGAGEMENT

Die Präsidentin der TU Darmstadt, Professorin Tanja Brühl, unterstrich: »Das Präsidium der TU Darmstadt dankt allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie den Kolleginnen und Kollegen aus den wissenschaftsunterstützenden Bereichen herzlich für ihren Einsatz und ihr Engagement. Nur dadurch wurde es uns als TU Darmstadt möglich, gleich drei spannende Exzellenzclusteranträge einzureichen.« rmu

DIE CLUSTERPROJEKTE DER TU DARMSTADT

Die TU Darmstadt hat Vollanträge zu insgesamt drei Clusterinitiativen eingereicht. Neben dem Forschungsverbund CoM2Life unter Federführung der JGU sind dies die Projekte Reasonable Artificial Intelligence (RAI) zu vernünftiger Künstlicher Intelligenz unter Federführung der TU Darmstadt sowie The Adaptive Mind (TAM) zur Anpassungsfähigkeit des menschlichen Geistes, ein gemeinsamer Antrag mit der Justus-Liebig-Universität Gießen und der Philipps-Universität Marburg.

Zum ausführlichen Artikel mit mehr Informationen zu den Clusterprojekten: bit.ly/3TzsToe www.rhein-main-universitaeten.de

Wie können menschliches Navigationsverhalten und dabei entstehende Unsicherheiten vorhergesagt werden? Das zeigt ein Team aus Forschenden rund um TU-Professor Constantin Rothkopf in einem in der renommierten Zeitschrift »Nature Communications« erschienenen Artikel.

Demnach nutzt das Gehirn für die Navigation sowohl Informationen des Körpers (wie etwa die motorische Erinnerung an den zurückgelegten Weg) als auch eine interne mentale Karte. Dabei berücksichtigt es, dass diese zur Verfügung stehenden Informationen meist unvollständig, ungenau und unsicher sind – und berechnet den Weg kontinuierlich unter Berücksichtigung der jeweiligen Unsicherheiten.

GEHIRN KONSTRUIERT UND AKTUALISIERT

EINE MENTALE KARTE

Während wir uns in unserer Umwelt fortbewegen, denken wir selten darüber nach, welche Prozesse dabei in unserem Gehirn ablaufen. Wir brauchen eine Vorstellung davon, wo unser Ziel relativ zu uns liegt – beispielsweise, weil wir es sehen oder uns daran erinnern, wo es liegt. Um unserem Ziel näher zu kommen, sehen und fühlen wir, wo wir uns relativ zu diesem befinden

und wie wir uns gedreht und fortbewegt haben. Unser Gehirn gleicht aber nicht nur unsere derzeitige Position mit der Zielposition ab, sondern konstruiert und aktualisiert eine mentale Karte und plant beziehungsweise korrigiert unseren Weg anhand dieser.

Was so einfach klingt und sich im täglichen Leben meist mühelos anfühlt, stellt unser Gehirn insbesondere in der Dunkelheit oder in unbekannten Umgebungen vor große Herausforderungen. Viele neurodegenerativen Krankheiten zeigen sich daher früh in einer Verschlechterung der Orientierung und der Navigationsleistung.

FORSCHUNG FINDET AN DER SCHNITTSTELLE

VIELER DISZIPLINEN STATT

Die Erforschung des Navigationsverhaltens findet an der Schnittstelle vieler Disziplinen statt, inklusive der Cognitive Science, der Neurowissenschaft

und der Künstlichen Intelligenz. Viele Fragen sind bisher unbeantwortet. Selbst für technische Systeme ist es schwierig, Position und Orientierung immer eindeutig zu bestimmen. Daher zeigt beispielsweise Google Maps neben der vermuteten Position mittels einer Ellipse den wechselnden

Grad der Unsicherheit seiner Positionsdaten an.

Auch für das menschliche Gehirn ist es wichtig, die wechselnde Unsicherheit seiner Positionsbestimmung zu jedem Zeitpunkt zu bestimmen, um die nächsten Schritte zu optimieren. Anders als bei technischen Systemen kann die Unsicherheit in unserem Gehirn verschiedene Ursachen haben, beispielsweise eine ungenaue mentale Karte oder Ungenauigkeiten in der subjektiven Wahrnehmung.

ANALYSE VON NAVIGATIONSDATEN AUS DEN VERGANGENEN 15 JAHREN

Dass Navigationsverhalten nicht nur von der Integration mehrerer Informationen aus verschiedenen Quellen bestimmt wird, sondern auch deren wechselnde Unsicherheiten dynamisch berechnet und in die Navigationsentscheidungen mit einbezieht, konnte das Forschungsteam nun anhand der Analyse von Navigationsdaten dreier internationaler Labore aus den vergangenen 15 Jahren zeigen. Mit einem von ihnen

DIE PUBLIKATION

Die Veröffentlichung ist eine Fokuspublikation des Projekts »The Adaptive Mind« (TAM) zur Anpassungsfähigkeit des menschlichen Geistes. TAM ist bei der prestigeträchtigen Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder im Rennen um ein Exzellenzcluster.

Fabian Kessler, Julia Frankenstein, Constantin A. Rothkopf: Human navigation strategies and their errors result from dynamic interactions of spatial uncertainties. In: Nature Communications 15/5677, 2024. DOI: 10.1038/s41467-024-49722-y

entwickelten Computermodell lässt sich das in den Experimenten gefundene menschliche Navigationsverhalten inklusive der entstehenden Fehler und der Variabilität vorhersagen. mih

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/3Y7xEby

Die Rhein-Main-Universitäten (RMU) haben in der Förderlinie Exzellenzcluster die Vollanträge eingereicht.

Forschen für eine vernünftige KI

LOEWE-Spitzen-Professur für Datenmanagement-Experten Carsten Binnig

Professor Carsten Binnig, Experte für Künstliche Intelligenz (KI) und Datenmanagement, erhält eine LOEWE-Spitzen-Professur an der TU Darmstadt. Das Land Hessen unterstützt damit das Forschungsvorhaben »Reasonable Artificial Intelligence (RAI)« im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder. Die Professur wird über fünf Jahre mit rund zwei Millionen Euro aus LOEWE-Mitteln gefördert.

Der hessische Wissenschaftsminister Timon Gremmels äußerte sich sehr erfreut darüber, dass es der TU Darmstadt gelungen ist, Binnig als »herausragenden Forscher für die hochrelevante Weiterentwicklung von ›vernünftiger‹ Künstlicher Intelligenz zu halten«. Binnig sei

nicht nur in RAI, sondern auch in die Strategie der TU Darmstadt maßgeblich eingebunden. »Ihn am Standort zu halten ist von großer Bedeutung für den Erfolg der TU Darmstadt und der hessischen Forschung im Bereich der KI insgesamt«, sagte Gremmels.

Aktuellen Systemen der KI mangelt es an logischem Denkvermögen, sie haben Schwierigkeiten im Umgang mit neuen Situationen, müssen kontinuierlich angepasst werden und benötigen umfangreiche Ressourcen. Der geplante Exzellenzcluster »Vernünftige Künstliche Intelligenz« unter Federführung der TU Darmstadt in Zusammenarbeit mit den Universitäten Frankfurt,

Der Wirkung eines Herzmedikaments auf der Spur

Forschungsarbeit in renommiertem Journal veröffentlicht

Der menschliche Herzschlag und die Funktion von Nervenzellen werden durch spezielle Ionenkanäle reguliert, die sogenannten HCN-Kanäle. Ein Forschungsteam aus Mailand und Darmstadt hat entschlüsselt, wie der Wirkstoff Ivabradin aus einem viel genutzten Herzmedikament in diesen Kanälen wirkt.

Die Entdeckung, die im renommierten Journal »Proceedings of the National Academy of Sciences« veröffentlicht wurde, könnte zu neuen, präziseren Medikamenten führen, die Herzprobleme behandeln, ohne unerwünschte Nebenwirkungen im Gehirn zu verursachen.

BISHER NUR EIN WIRKSTOFF

ZUGELASSEN

Der Rhythmus des Herzschlags wird durch die Funktion eines bestimmten Typs an Ionenkanälen im Gewebe reguliert. Die sogenannten Hyperpolarisations-aktivierten zyklischen

Nukleotid-gesteuerten Kanäle, kurz HCN-Kanäle, bestimmen die Frequenz von elektrischen Oszillationen in unseren Zellen.

Trotz dieser immensen Bedeutung in der Steuerung von so zentralen Prozessen in der Physiologie des Menschen gibt es bisher nur einen einzigen zugelassenen Wirkstoff, Ivabradin, um Fehlfunktionen der HCN-Kanäle zu korrigieren und so bestimmte Krankheiten zu behandeln. Ivabradin wirkt dabei als Blocker eines HCN-KanalSubtyps, der vorwiegend im Sinusknoten im Herz vorkommt.

Das Problem ist, dass es im Gehirn weitere HCN-Kanal-Subtypen gibt, die von Ivabradin blockiert werden. So erzeugt das Medikament erhebliche Nebenwirkungen. Daher gibt es Bestrebungen, Blocker zu finden, die genau die HCN-Subtypen im Herzen spezifisch blockieren, ohne die Kanäle im Gehirn zu tangieren.

DETAILLIERTES BILD

Eine Gruppe von Forschenden um Professorin Anna Moroni und Professor Andrea Saponaro von der Universität Mailand sowie Professor Gerhard Thiel

Bonn und Würzburg strebt die Entwicklung der nächsten Generation von KI an: Systeme, die mit einer »vernünftigen« Menge an Ressourcen auf Basis »vernünftiger« Datenqualität und »vernünftigen« Datenschutzes lernen.

»VISIONÄRER UND ÜBERZEUGENDER GESTALTER«

Professorin Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt, betonte: »Carsten Binnig prägt mit seiner exzellenten Forschung zum Datenmanagement nicht nur den Bereich der Künstlichen Intelligenz an der TU Darmstadt maßgeblich, er ist darüber hinaus einer der visionären und überzeugten Gestalter des dynamischen und weiter wachsenden hessischen KI-Ökosystems.« Binnig sei mit seiner international ausgewiesenen und ausgezeichneten Expertise einer der führenden Köpfe von RAI.

Binnig ist seit 2017 Professor für Datenmanagement an der TU Darmstadt und leitet das Fachgebiet Daten und AI Systeme. Er ist Gründungsmitglied des Hessischen Zentrums für Künstliche Intelligenz hessian.AI sowie Leiter des Forschungsbereiches Systemische KI für Entscheidungsunterstützung am Darmstädter Standort des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz DFKI.

AUSSTATTUNG VON BIS ZU ZWEI MILLIONEN EURO FÜR SECHS JAHRE

Mit LOEWE-Spitzen-Professuren können exzellente, international ausgewiesene Forschende für fünf Jahre zwischen 1,5 und drei Millionen Euro für die Ausstattung ihrer Professur bekommen. LOEWE-Start-Professuren richten sich an exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem frühen Stadium ihrer Karriere, die mit einer Ausstattung von bis zu zwei Millionen Euro für den Zeitraum von sechs Jahren für den Wissenschaftsstandort Hessen gewonnen oder hier gehalten werden. hmwk/pg

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/3MOcqZx Informationen zum LOEWE-Programm: www.wissenschaft.hessen.de/Forschen/ Landesprogramm-LOEWE

aus dem Fachbereich Biologie der TU Darmstadt hat mittels Kryo-Elektronenmikroskopie die Struktur des HCN4Kanals im Komplex mit dem Blocker Ivabradin in der Pore aufgelöst. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler:innen im Journal »Proceedings of the National Academy of Sciences« (PNAS).

»Durch die Ergebnisse können wir verstehen, wo genau der Blocker im Kanal bindet und wie genau der Mechanismus der Wirkung ist«, erläutert Thiel. Durch molekular-dynamische Simulationen am Lichtenberg-Hochleistungsrechner konnten Jan Krumbach und Professor Kay Hamacher (Fachbereich Biologie) an der TU Darmstadt die Dynamik des Blockers im Protein nachverfolgen. Daraus ergibt sich ein detailliertes Bild darüber, wo Ivabradin in der Pore bindet und wie es

mittels elektrostatischer Abstoßung den Fluss von Ionen durch die Kanalpore blockiert.

Die Zusammenarbeit ist ein Baustein in einer erfolgreichen Kooperation zwischen der Gruppe an der Universität Mailand und dem Centre for Synthetic Biology an der TU Darmstadt im Hinblick auf ein Verständnis der HCN-Kanalfunktion. Das Centre for Synthetic Biology ist auch beteiligt am Clusterprojekt »CoM2Life«, das im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder einen Vollantrag für die Förderlinie Exzellenzcluster eingereicht hat. »CoM2Life« zielt darauf ab, eine grundlegend neue Generation weicher Biomaterialien zu entwickeln. sip

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/3XOFGFO

Bild: Katrin
Binner
Professor Carsten Binnig

Risiko unter den Reben

Forschende der TU Darmstadt weisen erstmals Mikroplastik in Weinbergen nach Auch in den Böden von Weinbergen findet sich umweltschädliches Mikroplastik. Das geht aus einer Studie unter Leitung der TU Darmstadt hervor. Dabei weisen Weinbaugebiete sogar einen höheren Gehalt an Mikroplastik auf als andere landwirtschaftlich genutzte Böden. Ob die Flächen biologisch oder konventionell bewirtschaftet werden, hat indes offenbar keinen Einfluss auf die Schadstoffmenge. Allerdings ist die Vielfalt der gefundenen Kunststoffe (Polymere) unter biologischem Anbau deutlich geringer.

Die räumliche Verbreitung von Mikroplastik deutet darauf hin, dass die kleinen Kunststoffteilchen bei stärkerem Regen zur Erosion tendieren. Das berge ein Risiko, dass die Schadstoffe in Flüsse oder Seen weitertransportiert werden könnten, warnen die Forschenden in der im renommierten Journal »Science of The Total Environment« veröffentlichten Studie der TU Darmstadt und der Universität Trier. In den Gewässern wiederum nehmen beispielsweise Fische das Mikroplastik auf. Außerdem kann dieses ins Trinkwasser gelangen.

abbaubar und damit problematisch für die Umwelt sind. Im Weinbau kommt Plastik in vielerlei Formen zum Einsatz: Netze schützen Trauben vor Vögeln. Sie bestehen ebenso aus Plastik wie beispielsweise Klammern, die zum Befestigen der Rebstöcke genutzt werden. All das sind potenzielle Quellen von Mikroplastik in Weinbergsböden.

Untersuchung gibt daher zunächst lediglich Aufschluss über die Verbreitung von Mikroplastik in typischen Weinbergsböden dieser Region. Es kann aber vermutet werden, dass auch in anderen Weinanbaugebieten die Belastung ähnlich hoch ist.

und gereinigt. Anschließend analysierten die Forschenden die Partikel mittels chemischer Bildgebungsverfahren und Bildauswertung mit einem Infrarot-Spektroskop.

KEINE DIREKTE GEFAHR FÜR WEINANBAU UND WEIN

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Als Mikroplastik werden winzige Kunststoffreste bezeichnet, die schwer

Bei der aktuellen Erhebung handelt es sich um die weltweit erste Untersuchung von Weinbergsböden auf Mikroplastik. Die Forschenden inspizierten dafür Böden in verschiedenen, sowohl konventionell als auch biologisch bewirtschafteten Weinbergen in den Anbaugebieten Mosel und Saar. Die

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entnahmen Bodenproben und bereiteten sie im Labor des Fachgebiets Bodenmineralogie und Bodenchemie am Institut für Angewandte Geowissenschaften (Fachbereich Material- und Geowissenschaften) der TU Darmstadt auf. Dabei wurden Mikroplastikpartikel mit einer Größe bis zu 20 Mikrometer aus dem Bodenmaterial extrahiert

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»Mikroplastik im Boden kann sich negativ auf die Bodenfunktionen wie den Nährstoffumsatz auswirken«, sagt KoAutor Dr. Collin J. Weber, Bodenchemiker an der TU Darmstadt. »Jedoch kann derzeit keine direkte Gefahr für den Weinanbau oder gar den Wein aufgezeigt werden.« Dr. Manuel Seeger, Geograf an der Universität Trier, erklärt, Hauptquelle des Mikroplastiks in Weinbergen seien vermutlich die Alterung und der Zerfall von Plastikgegenständen, die im Weinanbau verwendet werden. »Chemische Pflanzenschutzmittel, die ebenfalls Mikroplastik beinhalten können, spielen vermutlich eher eine nachgeordnete Rolle«, sagt er.

Die gewonnenen Erkenntnisse könnten genutzt werden, um künftig Kunststoffeinträge in Böden durch den Weinbau

zu vermindern. »Veränderte Managementstrategien der Weingüter sowie eine Nutzung anderer, kunststofffreier Materialien könnten die Umweltbelastung deutlich verringern«, erklärt Weber. »Das wäre ein wichtiger Schritt zum Erhalt und Schutz unserer Böden als Lebensgrundlage.« Der Einsatz von Plastik im Weinbau ist bisher nicht gesetzlich geregelt.

Die TU Darmstadt übernahm bei dem Projekt die Konzeption, Planung, Methodenentwicklung, Analytik und Datenauswertung. Die Universität Trier stellte insbesondere den Kontakt zu den Weingütern her, unterstützte die Geländearbeiten und Probenahmen und trug Fachwissen zur Bodenerosion in Weinbergen bei. weber, uni trier/mih

Die Publikation: Jenny Klaus, Manuel Seeger, Moritz Bigalke und Collin J. Weber: Microplastics in vineyard soils: First insights from plastic-intensive viticulture systems. In: Science of The Total Environment 947, 2024. DOI: 10.1016/j.scitotenv.2024.174699). shorturl.at/FzOEG

Auch in Weinbergen ist Mikroplastik nachzuweisen.

VERÖFFENTLICHUNGEN IN RENOMMIERTEN JOURNALEN

Forschende des Adolphe-Merkle-Instituts (Université de Fribourg, Schweiz), der TU Darmstadt und weiterer internationaler Forschungsgruppen haben eine neue Methode zur Herstellung dünner, energieumwandelnder Membranen entwickelt, die die Struktur und Funktion biologischer Zellmembranen nachahmen. Diese Entdeckung könnte bedeutende Anwendungen in Bereichen haben, die von implantierbaren künstlichen elektrischen Organen bis zur Wasserentsalzung reichen. Professor Nico Bruns vom Fachbereich Chemie der TU Darmstadt entwarf mit dem Team in Fribourg die Idee für dieses Projekt.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1038/s41586-024-07481-2

Forschende der TU Darmstadt haben den jahrzehntelang bekannten Effekt, dass gleitende Tropfen Oberflächen elektrisch aufladen, näher untersucht. Nun ist es möglich, das Phänomen gezielter zu erforschen und für Anwendungen zu nutzen. Das gelang dem Forschungsteam um Aaron Ratschow und Lisa Bauer vom Fachgebiet für Nano- und Mikrofluidik am Fachbereich Maschinenbau der TU Darmstadt. Die Forschenden berichten darüber im renommierten Fachjournal »Physical Review Letters«.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.132.224002

Die Bewegung der Kernteilchen sowie deren Eigendrehimpulse induzieren magnetische Momente. Im Zusammenspiel führt das dazu, dass Atomkerne winzige Magnete sein können. Ihr magnetisches Moment lässt sich gut messen, entsprechende Berechnungen waren bislang aber unzureichend. Das Problem haben Forschende um Professor Achim Schwenk vom Fachbereich Physik der TU Darmstadt

jetzt gelöst, wie sie im Fachjournal »Physical Review Letters« berichten. Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.132.232503

Neutronensterne sind extreme Himmelskörper, in deren Inneren Materie exotische Formen annehmen kann. Forschende um Professor Achim Schwenk vom Fachbereich Physik der TU Darmstadt und des Niels-BohrInstituts in Kopenhagen haben nun den Zustand der Kernmaterie in der inneren Kruste von Neutronensternen mithilfe eines neuen theoretischen Ansatzes untersucht. Sie zeigten, dass dort nicht nur Neutronen, sondern auch Protonen aus Atomkernen »herausfließen« und die »nukleare Pasta« stabilisieren können. Über ihre Ergebnisse berichten sie in »Physical Review Letters«.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.132.232701

Millisekundenpulsare sind rotierende Neutronensterne, die wie Leuchttürme regelmäßig elektromagnetische Signale aussenden. Der Pulsar PSR J0437-4715 ist der erdnächste und damit auch der Signal-hellste. Forschende unter Beteiligung der TU Darmstadt, darunter Melissa Mendes, Isak Svensson und Achim Schwenk, haben nun neue Erkenntnisse über den Radius des Neutronensterns und dessen Auswirkungen auf die Zustandsgleichung dichter Materie gewonnen. Die Ergebnisse wurden in einer Reihe von Artikeln in der namhaften Fachzeitschrift »The Astrophysical Journal Letters« veröffentlicht.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.48550/arXiv.2407.06790

Jede Flüssigkeit hat eine bestimmte Oberflächenspannung: Dieser Effekt trägt unter anderem dazu bei,

ENTWICKLUNG ERLEBEN: DUALES STUDIUM BEI FEIG!

dass manche Insekten über Wasser laufen können und leichte Gegenstände darauf schwimmen. Doch wie verhält sich ein Flüssigkeitsfilm unter Vibration? Das hat nun ein Team um Professor Steffen Hardt vom Fachgebiet Nano- und Mikrofluidik am Fachbereich Maschinenbau anhand von Experimenten und theoretischen Überlegungen entschlüsselt. Die Ergebnisse erschienen im Journal »Physical Review Letters«.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.133.034001

KI-Modelle wie ChatGPT sind laut einer neuen Studie unter führender Beteiligung der TU Darmstadt durch Professorin Iryna Gurevych, Leiterin der Arbeitsgruppe Ubiquitous Knowledge Processing (UKP) am Fachbereich Informatik, offenbar weniger selbstständig lernfähig als bisher angenommen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die sogenannten Large Language Models (LLMs) anfingen, ein allgemeines »intelligentes« Verhalten zu entwickeln, das ihnen etwa ein planvolles oder intuitives Vorgehen oder komplexes Denken ermögliche, heißt es in der Untersuchung.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.48550/arXiv.2309.01809

Fehlfunktionen wichtiger Proteine im menschlichen Körper – beispielsweise aufgrund genetischer oder umweltbedingter Faktoren – können Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer verursachen. Ein Team unter der Leitung von Professor Frederik Lermyte vom Fachbereich Chemie der TU Darmstadt mit beteiligten Wissenschaftler:innen aus Deutschland, China und den USA hat eine Methode entwickelt, mit der Untersuchungen von Proteinen erheblich beschleunigt werden können. Die Ergebnisse wurden in der renommierten

Fachzeitschrift »Nature Methods« veröffentlicht.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1038/s41592-024-02279-6

Forschende der TU Darmstadt, darunter Professor Gabriel Martínez-Pinedo vom Institut für Kernphysik, haben einen bedeutenden Fortschritt in der Astrophysik erzielt. In einer Studie, die von »Newsweek« veröffentlicht wurde, wurde der sogenannte vr-Prozess als neuer Mechanismus für die Nukleosynthese vorgestellt. Dieser Prozess erklärt, wie subatomare Vorgänge in Sternen die Produktion von Neutrinos beeinflussen.

Die Veröffentlichung: https://www.newsweek.com/ how-p-nuclei-created-neutrinosphysics-1900516

Ein internationales Konsortium unter Beteiligung der Arbeitsgruppe Theoretische Quantenoptik um Professor Enno Giese (Fachbereich Physik der TU Darmstadt) hat auf der Internationalen Raumstation ISS im Cold Atom Laboratory der NASA erstmals experimentell Quantensensoren realisiert. Die Wissenschaftler:innen publizierten ihre Forschungsergebnisse in »Nature Communications«.

Die Veröffentlichung: https://doi.org/10.1038/ s41467-024-50585-6

Eine in der Fachzeitschrift »Nature Ecology & Evolution« veröffentlichte Studie zeigt, dass unabhängig vom Ökosystemtyp die Vielfalt von Pflanzen durch ihren positiven Einfluss auf die Vielfalt anderer Organismen die Mehrzahl der in einem Ökosystem ablaufenden Funktionen erhöht. Unter den Autoren ist Dr. Michael Staab von der Arbeitsgruppe Ökologische

Netzwerke am Fachbereich Biologie der TU Darmstadt. Die Veröffentlichung: https://www.nature.com/articles/ s41559-024-02517-2

Die grundlegenden bruchmechanischen Eigenschaften, die zu mächtigen Schneebrettlawinen führen können, sind noch weitgehend unbekannt, aber entscheidend für genaue Vorhersagen von Lawinenauslösungen. Forschende um TU-Wissenschaftler Dr.-Ing. Philipp Rosendahl präsentieren in der Fachzeitschrift »Nature Communications« eine neuartige Methodik, die es ermöglicht, die Bruchzähigkeit schwacher Schneeschichten unter kontrollierten Bedingungen im Feld zu messen.

Die Veröffentlichung: https://www.nature.com/articles/ s41467-024-51491-7

Wie können Millimeterwellen- und Terahertz-Funksysteme effizienter gestaltet werden? Ein Team um Robin Neuder und Athene Young Investigator Alejandro Jiménez Sáez hat sich mit dieser Fragestellung beschäftigt und eine innovative Flüssigkristall-basierte Architektur für rekonfigurierbare intelligente Oberflächen entwickelt. In einem Artikel in der Zeitschrift »Nature Communications Engineering« beschreiben die Autoren, wie die vorgestellte Technologie durch vergleichsweise schnelle Reaktionszeiten, große Bandbreite und geringe Verluste sowie durch ihre Eignung für kostengünstige Massenfertigung neue Möglichkeiten für die Weiterentwicklung von Millimeterwellen- und Terahertz-Funksysteme eröffnet.

Die Veröffentlichung: https://doi. org/10.1038/s44172-024-00214-3

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Stipendien für mehr Chancengerechtigkeit

Sechsmonatige Unterstützung

Das Referat International Student Services am Dezernat Internationales der TU vergibt im Rahmen des DAAD-Programms STIBET I Stipendien für mehr Chancengerechtigkeit. Diese richten sich an internationale Studierende, die finanzielle Schwierigkeiten haben und besondere Herausforderungen im Studium bewältigen müssen. Diese Herausforderungen können unter anderem durch die Tatsache, als Erste aus der Familie ein Studium aufzunehmen, durch Fluchthintergrund, Behinderung oder chronische Erkrankungen bedingt sein. Das Stipendium bietet finanzielle Unterstützung in Form von sechs Monatsraten zu je 500 Euro, insgesamt also 3.000 Euro. iss/bjb

Detaillierte Informationen zu den Fristen, Vergabekriterien, Bewerbungsanforderungen und dem Auswahlprozess: shorturl.at/ZE6VH

Neu: Freudenberg Award Digital-Science

Für TU-Absolvent:innen

Der Freudenberg Award – Digital Science ist in diesem Jahr zum 175-jährigen Firmenjubiläum der Freudenberg-Gruppe aus Weinheim initiiert worden. Das globale Technologieunternehmen zeichnet damit jährlich zwei Bachelorarbeiten und eine Masterarbeit von Studierenden und Absolvent:innen der TU Darmstadt aus. Gesucht werden herausragende Studienabschlussarbeiten zur Digitalisierung an der Schnittstelle zwischen Grundlagen und Anwendungen. Der Preis wird im Jahr 2024 zum ersten Mal und unabhängig von den Forschungsinteressen der Freudenberg-Gruppe verliehen. Das Preisgeld für die beiden Bachelorarbeiten beträgt jeweils 5.000 Euro, das Preisgeld für die Masterarbeit 10.000 Euro. Die Vergabekommission besteht aus Mitgliedern der vier Fachbereiche Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, Maschinenbau, Elektrotechnik und Informationstechnik sowie Informatik und Vertretenden der Freudenberg-Gruppe. Die Preisverleihung findet am 13. Dezember 2024 statt. eml

Freudenberg Award – Digital Science: shorturl.at/XSlD8

Das ist spitze

Darmstadt unter den Top 5 der Gründungsstandorte

Deutschlandweit gab es in der ersten Hälfte 2024 eine deutliche Steigerung der Startup-Gründungen um 15 Prozent. Der StartupVerband, der diese Daten in seinem »Startup Monitor 2024« veröffentlicht hat, sieht darin Anzeichen für eine Trendwende. Mit 1.384 Gründungen in diesem Zeitraum nimmt die Dynamik wieder klar zu. Nach dem starken Rückgang 2022 bestätigt sich nun ein positiver Trend. Darmstadt gehört zu den Top-5Gründungsstandorten in Deutschland.

Besondere Potenziale liegen laut Startup-Verband in den Regionen: Neben Berlin und München haben hochschulnahe Ökosysteme deutlich erkennbare Entwicklungschancen. So liegt Darmstadt – bezogen auf die Einwohnerzahlen – hinter München, Berlin und Aachen auf Platz vier.

STARKES ÖKOSYSTEM

»Darmstadt zeigt damit, dass es nicht nur ein starker Innovationsstandort im Rhein-MainGebiet ist, sondern auch deutschlandweit eine führende Rolle in der Gründerszene einnimmt«,

Gemeinsam für MINT-Studierende

TU Darmstadt und Thomas Weiland-Stiftung unterzeichnen Kooperationsvertrag

Die TU Darmstadt und die Thomas Weiland-Stiftung stellen ihre langjährige Zusammenarbeit auf eine dauerhafte Grundlage. Beide Seiten schlossen eine Kooperationsvereinbarung, wonach die Stiftung die Förderung von weiterhin rund 20 Studierenden der TU pro Jahr fest zusagt. Die Universität verpflichtet sich ihrerseits, die infolge der Zusammenarbeit anfallenden administrativen Aufgaben zu übernehmen. Die Weiland-Stiftung und die TU Darmstadt arbeiten bereits seit fast zehn Jahren zusammen.

Ziel der Kooperationsvereinbarung ist es, die Förderung von begabten Studierenden an der TU weiter zu verbessern. Die Thomas WeilandStiftung vergibt hierfür regelmäßig Stipendien an herausragende MINT-Studierende der TU Darmstadt. Die Administration der Studierenden wird von der Verwaltung der TU Darmstadt übernommen. Auch das in den vergangenen Jahren erfolgreich erprobte Instrument von Vertrauensprofessorinnen und -professoren der TU Darmstadt zur fachlichen Förderung und

individuellen Betreuung der Stipendiatinnen und Stipendiaten wird fortgeführt.

DIE CHANCE, FREIRÄUME ZU NUTZEN TU-Präsidentin Brühl erklärte anlässlich der Unterzeichnung: »Mit der Vergabe ihrer Stipendien trägt die Thomas Weiland-Stiftung ganz entscheidend zur Förderung unserer Studierenden der MINT-Fächer bei – dafür danke ich Herrn Weiland sehr herzlich! Durch das Stipendium

betont Harald Holzer, Geschäftsführer des Innovations- und Gründungszentrums HIGHEST der TU Darmstadt.

SOFTWAREBRANCHE BESONDERS DYNAMISCH

Diese Tech-Startups und Sciencepreneurs können in Darmstadt auf ein starkes Ökosystem zurückgreifen. Neben HIGHEST unterstützen Yubizz der Hochschule Darmstadt, CESAH, hessian.ai, StartupSecure.Athene und das HUB31 mit erfolgreichen Beratungs- und NetzwerkFormaten wie dem foundersXchange.

Die Softwarebranche erweist sich als besonders dynamisch: Mit 302 Neugründungen im ersten Halbjahr 2024 ist jedes fünfte neue Startup in diesem Sektor tätig. Diese Entwicklung unterstreicht die zunehmende Bedeutung der Digitalisierung und den wachsenden Bedarf an innovativen Softwarelösungen, die vor allem durch Künstliche Intelligenz (KI) vorangetrieben werden.

FAST 60 PROZENT KI-BASIERTE SKIZZEN An der TU Darmstadt nehmen die KI-Gründungen stetig zu: Unter den beim TU-Ideenwettbewerb 2024 eingereichten Skizzen waren fast 60 Prozent KI-basiert. Ein großer Teil der von HIGHEST aktuell betreuten und geförderten Startups entwickelt Softwarelösungen auf Basis von KI. HIGHEST betreut derzeit fast fünfzig Startups. highest/claudia becker

Beispielhafte von HIGHEST betreute Start-ups: shorturl.at/QwEPK

erhalten einige unserer größten Talente die Chance, während ihres Studiums Freiräume zu nutzen: Freiräume, um über den Tellerrand zu schauen – einen Auslandsaufenthalt zu wagen oder sich sozial zu engagieren. Freiräume, um innovative Ideen weiterzudenken und so die Welt von morgen mitzugestalten.«

Stifter Professor Thomas Weiland betonte: »Mit der Kooperationsvereinbarung zwischen der TU Darmstadt und der Thomas Weiland-Stiftung wird die erfolgreich erprobte Zusammenarbeit nun auf eine dauerhaftere Basis gestellt und noch stärker an der TU Darmstadt verankert. Ich freue mich sehr, dass wir auf dieser Grundlage langfristig Stipendien für herausragende MINT-Studierende der TU Darmstadt bereitstellen können.«

BISLANG RUND 100 STIPENDIEN

Die Thomas Weiland-Stiftung vergibt seit 2014 Stipendien für Bachelor- und Masterstudierende in MINT-Fächern, also Fächern mit Bezug zu Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und

Technik. Die Studierenden erhalten monatlich einen Betrag von 750 Euro für sechs (Bachelor) beziehungsweise vier (Master) Semester. Bislang hat die Stiftung rund 100 Stipendien vergeben. Ferner stellt die Stiftung im TU-Ideenwettbewerb den Sonderpreis Wissenschaft zur Verfügung, der originelle und fundierte Ideen im MINT-Bereich mit hohem Neuerungsgrad und Anwendungspotenzial honoriert. Benannt ist die Stiftung nach Professor Thomas Weiland, der an der TU Darmstadt viele Jahre das Institut Theorie Elektromagnetischer Felder leitete. 1988 wurde der Physiker und Ingenieur mit dem Leibniz-Preis geehrt, der höchsten deutschen Wissenschaftsauszeichnung. Weiland ist Gründer der CST AG, eines über lange Jahre namhaften Unternehmens in der ingenieurtechnischen Simulationssoftware, das inzwischen in Dassault Systèmes aufgegangen ist, einem der größten Softwarekonzerne in Europa. mih

Thomas Weiland-Stiftung: shorturl.at/ZRueM

Die Darmstädter Innenstadt aus der Luft

60 Jahre mit Lichtgeschwindigkeit

Institut für Kernphysik feiert Jubiläum der Elektronenbeschleunigung in Darmstadt

Es war schon ein besonderer Moment, als 1964 der erste Elektronenstrahl mit einem Tempo von 99,99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit im Martinsviertel durch den »Darmstadt Linear Accelerator« (DALINAC) schoss. Die Freude der Wissenschaftler:innen und Studierenden am erst im Vorjahr gegründeten Institut für Technische Kernphysik war groß, als ihr »Elektronenmikroskop für Atomkerne« in Betrieb ging.

Sieben Jahre hatten die Vorbereitungen gedauert; Tonnen von Stahlbeton wurden in der Schlossgartenstraße für die Errichtung der Experimentierhalle gegossen, zahllose Vakuumkomponenten und Elektromagnete zur Kontrolle des Strahls installiert. Geleitet wurde der Aufbau von Peter Brix, im Jahr 1957 als Professor an die damalige Technische Hochschule (TH) Darmstadt berufen und zum Gründungsdirektor des Instituts bestellt. Erklärtes Ziel war es, die Größe, räumliche Gestalt und Struktur von Atomkernen zu erforschen. Brix legte größten Wert auf eine höchstmögliche Auflösung der von ihm verwendeten

1964 ging der DALINAC in Betrieb.

Mikroskope – nicht zuletzt beeinflusst durch seine Arbeit mit dem späteren Nobelpreisträger und TH-Alumnus Gerhard Herzberg.

SCHNELLER START DER FORSCHUNG

NACH INBETRIEBNAHME

Die Forschung begann unmittelbar nach der Inbetriebnahme. Bereits im Juni 1964 erschien der erste wissenschaftliche Artikel über einen angeregten Quantenzustand des Isotops Kohlenstoff-12. Einen Monat später schwärmen die

Autoren Gudden, Fricke, Clerk und Brix in einem Überblicksartikel von den ihnen eröffneten Forschungsmöglichkeiten: So ließen »(…) sich mit der elastischen Streuung die mittleren quadratischen Kernradien unmittelbar messen«. Bescheiden schreiben sie weiter: »Die beschriebene Anordnung ist durch ein relativ gutes EnergieAuflösungsvermögen charakterisiert (…).« Mit ebendieser war der DALINAC anderen Großbeschleunigern, etwa in den USA, bei der Erforschung niederenergetischer Quantenzustände von Atomkernen überlegen.

Schaumstoff-Reste in über 3.000 Metern Höhe

Mutmaßlich letzte Notunterkunft »Iglu« in Peru entdeckt

Eine Forschungsreise nach Peru brachte materielle und schriftliche Zeugnisse der historischen Notunterkunft »Iglu« zutage. Rund 500 Iglus waren nach einem Erdbeben 1970 in der Katastrophenzone errichtet worden. Zu dem Zeitpunkt stellten Notunterkünfte aus Schaumstoff eine technologische Innovation dar und wurden für lange Zeit weitergenutzt.

An der von Erdbeben und Tsunamis bedrohten Steilküste vor der peruanischen Hauptstadt Lima thront seit 2015 das Dokumentationszentrum Lugar de la Memoria, la Tolerancia y la Inclusión Social. An dem von der Bundesrepublik mitfinanzierten Erinnerungsort wird der Opfer und der Vertriebenen der 1980er- und 1990er-Jahre gedacht, als der bewaffnete Kampf linksextremistischer Gruppen in Peru zu einer Spirale der Gewalt geführt hatte.

Die Opfer und Vertriebenen durch Naturkatastrophen kommen am LUM nicht zur Sprache, dabei können sie zu den traurigen Präzedenzfällen in der Geschichte Perus gezählt werden: Am 31. Mai 1970 forderte ein

Erdbeben Tausende Opfer und Verletzte. Im andinen Hochland löste das Beben in der Folge Geröll- und Schlammlawinen aus, die den Ort Yungay unter sich verschütteten. Die Überlebenden flohen nach Lima oder erhielten vor Ort eine Notversorgung.

WELTWEITE SOLIDARITÄT NACH NATURKATASTROPHE

Das Erdbeben löste weltweite Solidarität aus. Humanitäre Hilfe erreichte Peru auch aus der Bundesrepublik: Die Notunterkunft »Iglu« für die Stadt Caraz war das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem Chemiekonzern Bayer AG und dem Deutschen Roten Kreuz.

Eine Forschungsreise im Frühjahr 2024 konnte Archivquellen und Publikationen in Peru sichten, die von der internationalen Katastrophenhilfe zeugen. Sie erfolgte im Rahmen des historischen Forschungsprojekts »Build Back Better!«, das von der Gerda Henkel Stiftung gefördert wird, und wurde in enger Abstimmung mit dem Centro de Historia an der staatlichen Universidad Nacional de Ingeniería in Lima durchgeführt.

LOKALISIERUNG EINES DER LETZTEN IGLUS

Dank der tatkräftigen Unterstützung durch Zeitzeug:innen des Erdbebens von 1970 konnte das mutmaßlich letzte Iglu in der Stadt

MESSBARE DATENMENGE UM VIELFACHES GESTEIGERT

In den 1980er-Jahren wurde von Prof. Achim Richter, Brix’ akademischem Nachfolger, ein noch leistungsfähigerer Beschleuniger entwickelt. Durch die Verwendung von supraleitenden Hohlraumresonatoren konnte die messbare Datenmenge um ein Vielfaches gesteigert werden. So wurde im Jahr 1991 aus dem DALINAC der S-DALINAC (für »superconducting«, deutsch »supraleitend«), wie wir ihn heute kennen. Aktuell arbeiten am Institut für Kernphysik (IKP) rund 250 Personen, darunter Physiker:innen, Techniker:innen, Mechaniker:innen, Strahlenschützer:innen und administratives Personal.

Alle sind sie daran interessiert, die Elektronenbeschleunigung in Darmstadt auch in ihrem 60. Jubiläumsjahr auf dem neuesten Stand der Technik zu halten. Und das mit Erfolg: Im vergangenen Jahr gelang es, den S-DALINAC in einem weltweit einzigartigen Energierückgewinnungsmodus zu betreiben. Dabei wird die Energie, die zur Beschleunigung der Elektronen eingesetzt wird, nach der wissenschaftlichen Nutzung des Strahls abgebremst und zu einem großen Teil wiedergewonnen. Die erstmalige Demonstration dieses Prinzips erfuhr weltweit große Beachtung und wurde 2023 im renommierten Fachjournal »Nature Physics« veröffentlicht.

IKP-DIREKTOR PIETRALLA: »EIN JUWEL FÜR DIE FORSCHUNG«

Professor Norbert Pietralla, seit 2008 Direktor des heutigen IKP, hält fest: »Die hochauflösende Kernspektroskopie mit Elektronenstrahlen ist eine über sechs Jahrzehnte aufgebaute Expertise an der TU Darmstadt, und ihr Elektronenbeschleuniger ist ein Juwel für die Forschung, technologische Innovation und die wissenschaftliche Ausbildung junger Fachkräfte in Hessen.« phyllis mania Bild:

Caraz lokalisiert und aufgesucht werden. Im andinen Hochland der Provinz Ancash gelegen, war das Schaumstoffmaterial nach mehr als einem halben Jahrhundert in Nutzung verwittert und hatte an Volumen verloren. Fotografien des Iglus von Caraz wurden vor Ort angefertigt und als Forschungsdaten publiziert. Die Forschungsreise legte damit die Grundlage für mögliche künftige, wohl interdisziplinäre Forschungsvorhaben, die über das Fach Geschichte hinausreichen. Denkbar wären als Anknüpfungspunkte etwa eine baugeschichtliche Untersuchung, eine Materialanalyse sowie eine Kartierung des Iglus. adrian franco

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/4eo9QoW

Der Autor ist Promotionsstudent am Institut für Geschichte der TU Darmstadt und war im Rahmen der Forschungsreise zu Gast an der staatlichen Universidad Nacional de Ingeniería (UNI) in der peruanischen Hauptstadt Lima.

www.ikp.tu-darmstadt.de

Mentoring Hessen: Bewerben jetzt möglich

Maßgeschneiderte Angebote

Studentinnen und Wissenschaftlerinnen können sich mit Mentoring Hessen im Rahmen von maßgeschneiderten Mentoring-Programmen optimal auf ihre Karrieren in Wissenschaft und Wirtschaft vorbereiten. Die Förderlinien bestehen aus einem Eins-zu-eins-Mentoring sowie Training- und Networking-Angeboten. Mentoring Hessen bietet Informationsveranstaltungen zu den beiden Programmen ProCareer.MINT und ProCareer.Doc an. Bewerbungen sind bis zum 1. Dezember 2024 möglich.

Weitere Informationen: www.mentoringhessen.de

Rückfragen an Elisabeth.Wiedekind@tudarmstadt.de

In der Anlage werden Elektronen auf sehr hohe Geschwindigkeiten beschleunigt.
IKP Archiv

Digitale Transformation des Mittelstands

Zehn Jahre Mittelstand-Digital Zentrum Darmstadt

Im Jahr 2016 wurden durch das Bundesministerium für Wirtschaft (heute BMWK) in einer bis dahin einmaligen Initiative die sogenannten »Mittelstand 4.0-Kompetenzzentren« ins Leben gerufen. Seitdem werden durch über 20 bundesweit verteilte Verbünde aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Kammern kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei der Digitalisierung unterstützt. Das Mittelstand-Digital Zentrum Darmstadt (MDZ) spielt seitdem beim Thema Digitalisierung von KMU eine wichtige Rolle in Hessen und über seine Grenzen hinaus.

Unter der Führung des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen PTW am Fachbereich Maschinenbau haben drei weitere Fachgebiete der TU Darmstadt, zwei Fraunhofer-Institute und die IHK Darmstadt in mittlerweile über acht Projektjahren zahlreiche Erfolge zur Stärkung der heimischen Wirtschaft erzielt:

• Über 5.000 Unternehmen nutzten die Unterstützung des Zentrums – davon 76 Prozent KMU

• Über 20.000 Personen wurden innerhalb der Angebote geschult

• Innerhalb von 37 Kurzprojekten in Kooperation mit KMU wurde das forschungsseitige Digitalisierungsknowhow direkt in die Praxis übertragen

• Durch 34 Demonstratoren wurde digitale Technologie umgesetzt und wortwörtlich »begreifbar« gemacht

Die jüngste Laufzeitverlängerung um weitere zwei Jahre bis 2026 unterstreicht die positive

Das Mittelstand-Digital Zentrum Darmstadt (MDZ) besteht seit acht Jahren.

Sichtweise des Projektträgers auf das Wirken des Darmstädter Zentrums. Auf Basis anwendungsnaher Forschung haben wissenschaftliche Mitarbeitende KMU Zugang zu digitalen Problemlösungen und neuesten Technologien (zum Beispiel KI in der Produktion) eröffnet. Projekte zum Green Shopfloor Management, der Nutzung von KI zur Reduktion von Verpackungsmüll und dem Einsatz von aktivem Schallschutz im Schienenverkehr sind nur einige Beispiele. Die Arbeit des Zentrums zeigt, dass sich Forschung und Transfer auch aus der Sicht einer Universität ausgezeichnet ergänzen.

Klimaschutz im Industriemaßstab

Projekt »CARMEN« testet CO2-Abscheidung unter realen Bedingungen

Deutschland will bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Das ist aus Sicht von Fachleuten nur möglich, wenn in der Industrie große Mengen klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) abgetrennt und dauerhaft gebunden oder gespeichert werden. An einer Methode dafür arbeiten Forschende in dem Projekt »CARMEN « unter Federführung der TU Darmstadt.

In vielen Industrieprozessen lassen sich CO2 -Emissionen nicht vollständig vermeiden. Das gilt etwa für die Zementherstellung und die Müllverbrennung. Um dort den Ausstoß zu verringern, gibt es verschiedene Methoden, CO 2 aus Abgasen zu entnehmen (abzuscheiden) und anschließend zu speichern oder weiterzuverwenden.

ÜBER ZWÖLF MILLIONEN EURO FÖRDERUNG

So profitiert auch die TU Darmstadt seit über acht Jahren von der Arbeit des Zentrums. Anwendungsnahe Forschung und ihre praktische Anwendung wurden TU-seitig inzwischen mit insgesamt über zwölf Millionen Euro gefördert. Wissenschaftliche Mitarbeitende konnten die Sichtweise produzierender Unternehmen einnehmen und ihre Forschungsergebnisse in der Praxis validieren.

Energiesysteme und Energietechnik (EST ) der TU Darmstadt bereits seit 2008 erfolgreich und gehörten damit zu den Ersten weltweit.

BAU EINER MOBILEN PILOTANLAGE

INNOVATIONSMOTOR FÜR DEN MITTELSTAND In diesem Sinne hat das Zentrum dazu beigetragen, die TU Darmstadt als Innovationsmotor für den Mittelstand zu positionieren. Für die kommenden zwei Jahre hat sich das Team des Zentrums zum Ziel gesetzt, das geschaffene Netzwerk aus Forschung, Industrie und Verbänden weiter auszubauen, um innovative Forschung mit der Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft zu verbinden. nik weisbrod

digitalzentrum-darmstadt.de

anschließend gemeinsam mit den Betreibern betreut. Sie soll Ende kommenden Jahres in Betrieb gehen.

NACHRÜSTUNG AN JEDER INDUSTRIEANLAGE MÖGLICH

zu dekarbonisierenden, eintretenden Abgase, deren Qualität, Zusammensetzung und Temperatur vollkommen unempfindlich und daher gut an verschiedene Anlagen anpassbar«, sagt Epple.

Auf diese Weise gelangt das Treibhausgas gar nicht erst in die Atmosphäre und treibt somit den Klimawandel nicht weiter an.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Projekt » CARMEN « arbeiten hier mit dem sogenannten Carbonate-Looping-Verfahren (CaL): Dabei wird das Treibhausgas nach der eigentlichen Verbrennung an natürlich vorkommenden Kalkstein gebunden und so abgeschieden. Diese Methode testeten Forschende am Fachgebiet

Im Rahmen von » CARMEN « gehen sie nun einen Schritt weiter: Sie wollen das CaL-Verfahren unter realen Bedingungen untersuchen. Dazu planen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gemeinsam mit Partnern den Bau einer mobilen CaL-Pilotanlage. Diese soll in fünf energieintensiven Industrieunternehmen mit den realen Abgasen der jeweiligen Anlage eingesetzt werden.

Dabei handelt es sich um zwei Müllverwertungsanlagen, eine Papierfabrik, ein Kalk- und ein Zementwerk. Die Pilotanlage wird von der TU Darmstadt als Projektleiterin gebaut und

Das CaL-Verfahren habe den Vorteil, dass es an jeder beliebigen Industrieanlage nachgerüstet werden könne, ohne in bestehende Prozesse einzugreifen, erklärt Professor Bernd Epple, Leiter des Fachgebiets EST am Fachbereich Maschinenbau.

NUTZUNG FÜR EFFIZIENTE STROMUND WÄRMEERZEUGUNG

Ein weiterer Vorzug sei, dass bei der Methode extrem heiße Abwärme von über 650 Grad Celsius anfalle, die für eine effiziente Strom- und Wärmeerzeugung genutzt werden könne. »Zudem ist der Prozess hinsichtlich der

NEUN PARTNER AN VERBUNDPROJEKT BETEILIGT Mit »CARMEN « soll das CaL-Verfahren näher zur Marktreife gebracht werden. Das Verbundprojekt aus insgesamt neun Partnern wird mit mehr als fünf Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Es läuft über vier Jahre bis Oktober 2027. mih

Robotik-Netzwerk für die Spitzenforschung

20 Millionen Euro für Robotics Institute Germany – TU Darmstadt am Konsortium maßgeblich beteiligt

Die führenden deutschen Robotik-Standorte haben sich zu einem Konsortium zusammenschlossen, um gemeinsam das Robotics Institute Germany (RIG) aufzubauen. Es soll künftig die zentrale Anlaufstelle für Robotik in Deutschland werden. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für die kommenden vier Jahre mit 20 Millionen Euro geförderte Projekt startete im Juli. Die TU Darmstadt leitet im RIG das Arbeitspaket Bildung und Ausbildung.

Intelligente Robotiklösungen werden nicht nur die Wirtschaft transformieren, sondern auch das Leben umgestalten. Denn sie beeinflussen das Gesundheitswesen, die Bildung, Mobilitätslösungen und den Umweltsektor gleichermaßen.

Das RIG verfolgt das Ziel, mit der Robotik an Innovationen in der Chemie, der Pharmazie und der Automobilindustrie anzuschließen, die Deutschland in der Vergangenheit als Industrienation etabliert und über Jahrzehnte Wohlstand und Wachstum gesichert haben.

Die TU Darmstadt wird im RIG das Arbeitspaket Bildung und Ausbildung leiten, in dem es darum geht, die nächste Generation von Robotikforschenden und -ingenieurinnen und -ingenieuren anzuziehen und auszubilden. Das Ergebnis wird ein Curriculum sein, das

an verschiedenen Universitäten umgesetzt werden kann. Die TU Darmstadt kann hierbei ihre besondere Expertise aus den Masterstudiengängen »Autonome Systeme und Robotik« sowie »Artificial Intelligence and Machine Learning« einfließen lassen.

ZEHN UNIVERSITÄTEN AN KONSORTIUM BETEILIGT

Als stellvertretende Standortkoordinatorin wird Professorin Georgia Chalvatzaki vom Arbeitsgebiet Interaktives robotisches Wahrnehmen und Lernen den thematischen »Robot Learning«-Cluster vorantreiben. Im Bereich Wissenschaft wird sich die TU Darmstadt darüber hinaus vielfältig einbringen, unter anderem in den thematischen Clustern »Intelligentes verkörpertes Verhalten«, »KI-basierte Robotik«, »Mensch-Roboter-Interaktion und -kollaboration«, »Kognitive Robotik«, »Manipulation datengetriebener Robotik«, »Computer Vision für Robotersysteme« sowie »Intuitive Roboterprogrammierung«.

»Die TU Darmstadt ist aufgrund ihrer herausragenden wissenschaftlichen Kompetenzen in der KI-basierten Robotik ein wichtiger Verbundpartner im Robotics Institute Germany. Darmstadt ist nicht nur der universitäre Verbundpartner mit dem stärksten KI-Ökosystem, sondern ragt wegen seiner einzigartigen Stärke zum Robot Learning heraus. Darüber hinaus ist Darmstadt stark beim jährlichen Roboter-Wettkampf RoboCup und bei Multi-Robot Systemen.«

Professor Jan Peters vom Fachgebiet Intelligente Autonome Systeme (IAS), der das Darmstädter Teilvorhaben des RIG koordiniert

Professor Roderich Groß vom Arbeitsgebiet Resiliente Cyber-Physische Systeme (RCPS) wird sowohl ein virtuelles als auch ein reales Labor für verteilte Robotersysteme aufbauen. Professor Oskar von Stryk vom Fachgebiet Simulation, Systemoptimierung und Robotik (SIM) wird – basierend auf seinen Erfahrungen bei Teilnahme an führenden internationalen Roboter-Wettbewerben und -Challenges – sowohl diesen Bereich als auch das Benchmarking der Robotersysteme vorantreiben.

Einzigartige Therapien erforschen

TU Darmstadt koordiniert EU-Konsortium zu Makrozyklen

Makrozyklen sind eine spezielle Klasse von Medikamenten mit komplexen Strukturen, die zum Teil einzigartige Eigenschaften besitzen und so einmalige therapeutische Ansätze ermöglichen können. Nun widmet sich das EU-finanzierte Konsortium »MC4DD « unter Leitung der TU Darmstadt gezielt dem Verständnis und der Zugänglichkeit von Makrozyklen, um die Möglichkeiten der Arzneimittelentwicklung zu erweitern.

Makrozyklen sind arzneimittelähnliche Substanzen, bei denen mehr als zwölf Atome zu kleinen Molekülringen verbunden sind. In der richtigen Konstellation kann diese Molekülklasse Therapeutika ermöglichen, bei denen andere pharmakologische Ansätze versagen. Die zyklische Natur von Makrozyklen bringt jedoch auch technische Schwierigkeiten mit sich, die ihre breitere klinische Anwendung bisher eingeschränkt haben. Dieser Herausforderung stellt sich nun in einem koordinierten Ansatz unter der Leitung der TU Darmstadt das multinationale Konsortium »Macrocycles for Drug Discovery (MC4DD)«, das von der Europäischen Union als Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme finanziert wird.

Dazu bündeln Universitäten und Pharmaunternehmen aus Deutschland, Schweden, der Ukraine, Italien, den Niederlanden, der Schweiz und Großbritannien ihre Kräfte, um die synthetische Zugänglichkeit, die computergestützte Vorhersagbarkeit und das Verständnis der pharmakologischen Eigenschaften zu verbessern. Dies soll anhand von derzeit schwierigen Wirkstoffzielen für Krebs, Depressionen, Fettleibigkeit oder chronische Schmerzen demonstriert werden.

VIELVERSPRECHENDER BEREICH DER ARZNEIMITTELFORSCHUNG

»Dieses Konsortium bietet eine großartige Gelegenheit, die führende Position Europas in einem vielversprechenden Bereich der Arzneimittelforschung auszubauen«, sagt Felix Hausch, Professor an der TU Darmstadt und Koordinator

»Deutschland ist sowohl in der KI- als auch der Robotikforschung bereits sehr gut aufgestellt. Der Moment für KI-basierte Robotik ist deshalb genau jetzt. Hierfür bauen wir unser neues ›Robotics Institute Germany‹ (RIG) aus und bringen so die besten Talente zusammen. Dabei entsteht ein dezentraler Verbund von Standorten der Spitzenforschung. Auf diese Weise schaffen wir die Voraussetzung, das riesige Potenzial der KI in robotische Systeme zu integrieren.«

Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger

Insgesamt gehören dem Konsortium zehn Universitäten und vier außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an. Konsortialführerin ist die TU München. rig/cst

von »MC4DD«. Und es ermögliche die Ausbildung von 17 hochqualifizierten Doktorandinnen und Doktoranden zu Expertinnen und Experten auf diesem Gebiet.

»MC4DD« wird für drei Jahre gefördert und beinhaltet einen intensiven Austausch zwischen den beteiligten Laboren. Die Partner:innen werden entweder direkt von der EU, von der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich als assoziierten Ländern finanziert. Das Konsortium wird außerdem von mehreren assoziierten Partnern unterstützt, die einzigartiges Fachwissen einbringen und bei speziellen Aspekten der makrozyklischen Arzneimittelforschung zusammenarbeiten. hausch/mih

Konsortium »Macrocycles for Drug Discovery (MC4DD)«: www.mc4dd.com

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/4dYkjrr

Das RIG soll zur zentralen Anlaufstelle für Robotik in Deutschland werden.

Fünf Jahre Unite!: Europäische Hochschulallianz zu Gast in Darmstadt

Fünf Jahre Unite!, zehn Unite! Dialogues und zwei Unite! Branding Events mit mittlerweile rund 500 Gästen – Unite! wächst. Das ist auch im Alltag der neun Partneruniversitäten zu spüren. 460 Studierende der TU studieren derzeit an Unite!-Partneruniversitäten, zehn gemeinsame Studiengänge wurden bisher auf den Weg gebracht und viele gemeinsame virtuelle Veranstaltungen realisiert. Auch bei Forschungsprojekten und der Förderung von Existenzgründern arbeiteten die Unite!-Partner erfolgreich zusammen.

Das sei besonders in diesen Zeiten nötig, betonte TU- und Unite!-Präsidentin Professorin Tanja Brühl in ihrer Eröffnungsrede zum Dialogue Ende September in Darmstadt. »Wir brauchen heute mehr denn je engagierte Europäerinnen und Europäer, die bereit sind, den europäischen Geist zu leben – einen Geist, der sich durch vertrauensvolle Zusammenarbeit, Aufgeschlossenheit, den Willen zu einem tieferen gegenseitigen Verständnis und die Bereitschaft, die vor uns liegenden Hindernisse zu überwinden, auszeichnet«, sagte sie. Genau dafür stehe Unite!.

www.unite-university.eu

Podiumsdiskussion beim Unite! Dialogue in Darmstadt

Aus Aleppo nach Darmstadt

HessenFonds unterstützt syrischen TU-Studenten Hatem Aljaber

Mit den HessenFonds-Stipendien will das hessische Ministerium für Wissenschaft und Forschung besonders begabte und leistungsstarke geflüchtete Studierende fördern. Der syrische Maschinenbaustudent Hatem Aljaber, der an der TU Darmstadt Aerospace Engineering im Master studiert, ist einer davon. Bevor er flüchten musste, war er an seiner Alma Mater in Damaskus unter den besten Studierenden seines Jahrgangs.

Ein bisschen Stolz schwingt mit, wenn Hatem Aljaber von seiner Studienzeit in Syrien berichtet. Seinen Bachelorabschluss in Luft- und Raumfahrttechnik hat der 32-Jährige 2015 am Höheren Institut für Angewandte Wissenschaften und Technologie in Damaskus gemacht. »Dort wurden nur die besten 15 Prozent der Abiturienten in meinem Land aufgenommen«, erzählt er. Danach arbeitete er fünf Jahre als Ingenieur, bevor er mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg in seiner Heimat fliehen musste. Aljaber stammt aus Aleppo, der Metropole im Norden des Landes, die heute in Ruinen liegt und zum Symbol des blutigen Konfliktes geworden ist. Er floh zusammen mit seiner Frau nach Deutschland, seit 2022 ist er an der TU Darmstadt immatrikuliert.

BEWUSSTE ENTSCHEIDUNG FÜR

TU DARMSTADT

Der junge Syrer hat sich für den englischsprachigen Masterstudiengang Aerospace Engineering eingeschrieben. »Für Darmstadt aber habe ich mich wegen der TU entschieden, die

meiner Meinung nach eine der wichtigsten technischen Universitäten in Deutschland und Europa ist«, sagt er. Auch seine Frau, eine Elektroingenieurin, will an der TU weiterstudieren und ihren Master machen. Aljaber stammt aus einer Akademikerfamilie. Seine gesamte Familie lebt heute in Deutschland, auch die Eltern.

FÖRDERUNG HERAUSRAGENDER LEISTUNGEN

Vom HessenFonds-Stipendium hat er über die Zentrale Koordinierungsstelle für Flüchtlingsintegration an der Universität erfahren. Das Unterstützungsprogramm des Landes für Geflüchtete und Verfolgte existiert seit 2016/2017 in drei Förderlinien – neben Promovierenden und Wissenschaftler:innen ist eine davon auch für geflüchtete Studierende aufgelegt worden. Gefördert werden sollen Bewerber und Bewerberinnen, die mit herausragenden Leistungen hervorstechen.

Die Universität, berichtet Birgit Brandes, die für die Koordination der Stipendien und Geflüchtetenprogramme an der TU zuständig ist, erstellt eine

Rangliste geeigneter Kandidat:innen. Die Auswahl trifft dann hessenweit das Ministerium. Entscheidend sind gute Studienleistungen und das Gutachten des betreuenden Professors oder der Professorin. 2024 hat die TU einen Kandidaten vorgeschlagen und das war Hatem Aljaber, wie Brandes erklärt. 48 Studierende, Promovierende und Forschende der TU haben seit 2016 ein solches Stipendium des Landes erhalten. Es sieht eine monatliche finanzielle Unterstützung von 300 Euro für ein Jahr vor, die um ein weiteres Jahr verlängert werden kann.

HOFFNUNG AUF JOB IN DER LUFTUND RAUMFAHRT

Der 32-Jährige fühlt sich an der TU Darmstadt wohl – von Beginn an. An seinem Studium schätzt er vor allem die praktischen Anteile, »die ich für Ingenieure und das spätere Berufsleben sehr wichtig finde«, betont er. In den vergangenen Semestern habe er in Designprojekten und Tutorien viele Erfahrungen sammeln können. Die Prüfungen an der TU Darmstadt hat Aljaber bisher alle mit sehr guten Noten gemeistert. »Ich hoffe, dass ich nach meinem Abschluss mein Wissen durch meine berufliche Karriere nochmals erweitern kann. Es wäre perfekt, wenn ich einen Job in der Luft- und Raumfahrt finden könnte«, hofft er. Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht, schließlich ist die ESA mit ihrem Satelliten-Kontrollzentrum gleich um die Ecke. astrid ludwig

»Die TU war ein wichtiger Baustein für meine Entwicklung«

Alumnus Eginhard Jungmann bedankt sich mit Großspende bei seiner Alma Mater

Eginhard Jungmann kam als junger Spätaussiedler aus dem ehemaligen Oberschlesien 1958 nach Deutschland. Weil er die Veröffentlichungen zweier Darmstädter Professoren kannte, führte ihn sein Weg an die damalige TH. Mehr als 60 Jahre und eine erfolgreiche Karriere im Siemens-Management später bedankt er sich bei seiner Alma Mater und seinem Fachbereich Elektrotechnik mit einer großzügigen Spende. 1945 wurde aus Eginhard Jungmann »Jan Jedrzej«. Mit seinen Eltern hatte der damals Achtjährige in Beuthen gelebt, als nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus Oberschlesien polnisches Staatsgebiet, der Vater als Buchhalter zwangsverpflichtet wurde und die Familie nicht mehr ausreisen durfte. Er und seine Eltern wurden »polonisiert«, berichtet der heute 87-Jährige.

Als Jan Jedrzej besuchte er fortan polnische Schulen, machte ein sehr gutes Abschlusszeugnis und bewarb sich erfolgreich um ein Stipendium des polnischen Staates in Moskau. Ab 1955 studierte er am »Institut der Energetik des Ordens Lenin« sechs Semester am Fachbereich Regelungstechnik. Als im Zuge der Familienzusammenführung die Ausreise von Deutschen aus Polen möglich wurde, bemühten

sich seine Eltern um die Emigration nach Deutschland. Im Ruhrgebiet lebten Verwandte der Mutter. »1958 kamen wir im Lager Friedland an und wurden dann nach Aurich verlegt«, erinnert sich Jungmann. Nach einer zähen Auseinandersetzung mit der Bürokratie wurde dort aus Jan Jedrzej wieder Eginhard Jungmann.

FORTSETZUNG DES STUDIUMS IN DARMSTADT

Für den jungen Elektrotechniker war klar, dass er sein Studium in Deutschland fortsetzen wollte. Zum Glück traf er im Lager auf einen katholischen Priester, der ihn in dieser schwierigen Zeit beriet. Und manchmal sind es die Zufälle oder kleinen Begebenheiten, die den Ausschlag geben. »Ich kannte mich in der deutschen Hochschullandschaft

nicht aus, aber ich kannte den Namen Winfried Oppelt, Verfasser des ›Kleinen Handbuches der Regelungstechnik‹, und ich wusste, dass er Professor in Darmstadt war«, erzählt Jungmann. Hinzu kam, dass der Geistliche im Lager ihm das Buch »Der NS-Staat« von Eugen Kogon zu lesen gab. Der berühmte Soziologe hatte den ersten Lehrstuhl für Politikwissenschaft an der TH Darmstadt inne. »Danach stand für mich fest: Bei diesen Professoren wollte ich studieren«, sagt er. »Als bettelarmer Spätaussiedler« wurde Jungmann im Sommersemester 1959 an der damaligen Technischen Hochschule Darmstadt immatrikuliert. Und tatsächlich saß er in Vorlesungen bei Professor Oppelt und auch Professor Kogon.

KARRIERE BEI SALZGITTER

INDUSTRIEBAU UND SIEMENS

Sein Diplom in Elektro- und Regelungstechnik legte er 1962 mit einer sehr guten Note ab. Anschließend arbeitete Jungmann zunächst für die Firma Salzgitter Industriebau, wo er sich rasch hocharbeitete. Als er seine Frau Franziska kennenlernte, die in München Geschichte studierte, wechselte er nach Bayern zur Firma Siemens. Auch dort machte Jungmann bald Karriere, stieg in die oberen Führungskreise auf

»Ich danke Herrn Jungmann herzlich für sein großzügiges Engagement für seine Alma Mater, die TU Darmstadt! Der akademische und auch berufliche Werdegang von Herrn Jungmann in der schwierigen und in vielen Punkten ungewissen Nachkriegszeit beeindruckt mich. Ich freue mich sehr, dass aus seiner seit seinem Studium andauernden Verbindung und Verbundenheit zu unserer Universität nun neue Möglichkeiten für Austausch, Kooperation und persönliche Entwicklung erwachsen.«

Professorin Tanja Brühl, Präsidentin der TU Darmstadt

und arbeitete von 1990 bis zu seiner Rente 2006 als Direktor der Abteilung Zentrale Fertigungsaufgaben.

FÖRDERUNG GEHT ZUM TEIL AN FRÜHEREN FACHBEREICH

»Die TU Darmstadt war ein wichtiger Baustein für meine Entwicklung in Deutschland«, sagt Jungmann. Das ist auch der Grund, warum er und seine Frau sich jetzt entschlossen haben, die TU mit einer Großspende zu bedenken. 100.000 Euro flie-

ßen aus der privaten Schatulle nach Darmstadt. Ein Teil der Fördersumme kommt seinem früheren Fachbereich Elektrotechnik zugute, »aber ich habe der Universität Spielraum gelassen, wie sie die Mittel einsetzen möchte«, betont er. So sollen nun von der Spende eine Unite!-Gastprofessur finanziert, Deutschlandstipendien und Schulaktivitäten gefördert werden. astrid ludwig

Zum ausführlichen Porträt: bit.ly/4drnfMl

Hatem Aljaber
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Die TU Darmstadt hat 2024 weitere drei exzellente junge Forschende als Athene Young Investigators ausgezeichnet. Hier stellen wir sie vor.

Literatur trifft Kultur trifft Ökonomie

Athene Young Investigator Dr. Lisa Wille im Porträt

Wie haben die Literatur und das Bürgertum des 18. Jahrhunderts unser heutiges Verständnis von Individualität, Einzigartigkeit und auch Geschlecht geprägt? Wie haben Amerikanisierung und US-amerikanische Konsumkultur seit der Weimarer Republik unsere Gesellschaft beeinflusst? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Dr. Lisa Wille in ihrer Forschung. Die neue Athene Young Investigator verfügt zudem über einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften.

Geisteswissenschaft und Ökonomie?

Zwei Studienrichtungen, die auf den ersten Blick nicht unbedingt zusammenpassen. Für Dr. Lisa Wille war das jedoch kein Hindernis. Sie hat in Kassel erst Germanistik, Philosophie und Kunstwissenschaft studiert und dann parallel dazu noch Wirtschaftswissenschaften belegt. »Literatur- und Kulturgeschichte haben mich immer schon interessiert, doch ökonomische Denkprozesse bedingen unseren Alltag und sind allgegenwärtig. Ich wollte daher die wirtschaftlichen Zusammenhänge verstehen, die natürlich auch die Bereiche Literatur und Kultur beeinflussen«, sagt die 37-Jährige. Das Doppelstudium eröffnete ihr in persona einen sehr interdisziplinären Blick auf ihr Forschungsgebiet – eine Art Alleinstellungsmerkmal, das die TU Darmstadt nun mit der Athene-YoungInvestigator-Förderung unterstützt.

BREITGEFÄCHERTE THEMEN

SPIEGELN SICH WIDER

Wille ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sprach- und Literaturwissenschaft am Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften. Ihre breitgefächerten Themen spiegeln sich in ihren Forschungsschwerpunkten wider. »Ich arbeite vor allem kulturwissenschaftlich«, betont sie. Schon seit ihrer Promotion 2019 an der TU Darmstadt beschäftigt sich die junge Wissenschaftlerin mit der Literatur und Kultur des 18. Jahrhunderts, mit Aufklärung, Sturm und Drang und Empfindsamkeit; insbesondere mit der bürgerlichen Identitätsproblematik dieser Zeit. Untersucht hat sie diese in ihrer Doktorarbeit anhand der sozialkritischen Dramen von Heinrich Leopold Wagner, einem Jugendfreund Goethes.

DIE ENTSTEHUNG DER MODERNEN INDIVIDUALITÄT

»Wir alle definieren uns heute als einzigartig und individuell. Begriffe wie Identität oder Individualität sind für uns – vermeintlich – völlig klar. Entstanden ist diese Vorstellung von Einzigartigkeit aber erst im 18. Jahrhundert«, erklärt sie. In der Literatur ließen sich diese Entstehungsprozesse gesellschaftlicher Denkformen gut nachvollziehen. In Wagners Dramen wie »Die Reue nach der Tat« oder »Die Kindermörderin« etwa zeige sich der Zwiespalt zwischen bürgerlichen Freiheitsansprüchen und gesellschaftlicher Unterdrückung besonders deutlich.

FRAGE NACH HISTORISCHEN WANDLUNGSPROZESSEN

Thematisch passt dazu ein weiterer Schwerpunkt – die literaturwissenschaftliche Geschlechterforschung, die Wille ebenfalls historisch breit untersucht. Gemeinsam mit der Germanistikprofessorin Franziska Schößler hat sie ein Studienbuch verfasst, das sich mit der Geschlechtergeschichte seit dem 18. Jahrhundert bis heute beschäftigt und in interdisziplinäre Theorien und Methoden der Gender Studies einführt. »Mich hat früh interessiert, wie heutige und damalige Gesellschaften konstituiert sind und welche Bezüge sich erkennen lassen.

Welche historischen Wandlungsprozesse gibt es? Nach welchen Wert- und Normvorstellungen handeln wir heute? Und welches Wissen hält für diese Fragen die Literatur bereit?«, betont sie.

AMERIKANISIERUNG IM 20. JAHRHUNDERT

In ihrem aktuellen Forschungsprojekt rücken wirtschaftliche Aspekte und

das Spannungsfeld Literatur, Kultur und Ökonomie in den Mittelpunkt. So widmet sie sich der Amerikanisierung im 20. Jahrhundert im Spiegel der Konsumkultur, die maßgeblich auch über den Literatur- und Kulturbereich transportiert wurde. Unter Amerikanisierung versteht die Forscherin den wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Einfluss der USA auf ein anderes Land, und das verbunden mit der Übernahme und Adaption US-amerikanischer Ideen, Werte, Güter und Verhaltensweisen. Für Deutschland nimmt sie dafür den Zeitraum der Weimarer Republik bis nach dem Zweiten Weltkrieg in den Blick. Während der 1920er- und 30erJahre haben Massenkultur und -konsum Einzug in die Gesellschaft gehalten, was sich beispielsweise im Kino oder in Form erstmals aufkommender Beststellerlisten in der Literatur gezeigt habe. Nach 1945 wurde dann durch die alliierte Besatzungspolitik der »American Way of Life« populär gemacht. In diesem Zusammenhang seien etwa Amerika-Häuser entstanden, die der deutschen Gesellschaft die US-Kultur näherbringen sollten. »Nicht zu vergessen ist die erfolgreiche Amerikanisierung über die Populärkultur, als eine intensive Bewegung ›von unten‹«, erklärt Wille. Das geschah unter anderem durch Hollywood, Elvis und den Rock ’n’ Roll. Mehrmonatige Gastaufenthalte im Rahmen des Ernst-Ludwig-Mobilitätsstipendiums an der Georgetown University in Washington, D.C., und an der University of British Columbia in Vancouver halfen der Germanistin, ihre Forschung zu diesem Thema, aber auch im Hinblick auf ihre Gender Studies weiterzuentwickeln

und ein transatlantisches Netzwerk auszubauen. »Der Forschungsaufenthalt ist bis heute fruchtbar und hat nachhaltige Projekte und Kooperationen entstehen lassen«, sagt Wille, die auch als Stipendiatin in alle drei Förderprogramme von Mentoring Hessen aufgenommen wurde.

ZIELE UND ZUKÜNFTIGE PROJEKTE ALS ATHENE YOUNG INVESTIGATOR

Die Förderung als Athene Young Investigator sieht die 37-Jährige nun als eine »großartige Möglichkeit, meine Forschungsthemen sichtbarer zu machen«. Sie will ein Forschungsprojekt

beantragen, eine internationale Tagung initiieren sowie eigenverantwortlich eine Nachwuchsgruppe aufbauen und ab Sommer ihre erste Doktorandin betreuen. Die Allianz der Rhein-MainUniversitäten bestehend aus TU Darmstadt, Goethe-Universität Frankfurt und Johannes Gutenberg-Universität Mainz biete gute Anknüpfungspunkte an ihre Forschungsthemen. Zudem wird sie an ihrer Habilitation weiterarbeiten. »Mein Ziel ist eine Professur«, sagt sie. »Die Auszeichnung als Athene Young Investigator ist auf diesem Weg ein wichtiger Meilenstein.« astrid ludwig

DAS PROGRAMM ATHENE YOUNG INVESTIGATOR

Das Programm Athene Young Investigator (AYI) der TU Darmstadt soll herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fünf Jahre lang auf ihrem Karriereweg unterstützen. Ziel ist es, die frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit der Nachwuchsforschenden zu fördern und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe für die Berufbarkeit als Hochschullehrerin beziehungsweise Hochschullehrer zu qualifizieren. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter werden mit bestimmten professoralen Rechten und einem eigenen Budget ausgestattet.

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Bild: Katrin
Binner
Dr. Lisa Wille
Bild: Katrin Binner

Neue Horizonte eröffnen

Athene Young Investigator Dr. Andrea Belluati im Porträt

Bei der Synthese künstlicher Zellen ist dem Forscherteam um Dr. Andrea Belluati ein Durchbruch gelungen. Der Biotechnologe der TU Darmstadt war daran beteiligt, künstliche Zellen zu erschaffen, die echten ähneln – ein Erfolg, der das Gesundheitswesen nachhaltig verändern könnte. Belluati forscht am TU-Zentrum für Synthetische Biologie und wurde als neuer Athene Young Investigator ausgewählt.

Seine Forschung könnte vieles verändern. »Das Potenzial für die Medizin ist riesig«, ist der junge Wissenschaftler aus Turin zuversichtlich. Vielleicht müssen Menschen, die an Leukämie oder Immundefekten erkrankt sind, künftig nicht mehr aufwändig nach der passenden Stammzellenspende suchen? Womöglich ist es auch ein neuer Weg in der Krebstherapie, um todbringende Zellen unschädlich zu machen?

In jedem Fall hat die Forschung des Wissenschaftlers, der Gruppenleiter am Zentrum für Synthetische Biologie der TU Darmstadt ist, neue Horizonte eröffnet. »Es ist gelungen, Zellnachahmung zu schaffen, die nicht nur strukturell biologischen Zellen ähneln, sondern auch funktionell sind«, betont Dr. Andrea Belluati.

Seine Forschung konzentriert sich seit vielen Jahren schon auf das Zusammenspiel von Polymeren (chemischen Verbindungen, die aus langen Molekülketten bestehen) und Zellen. Sein Bestreben ist, synthetische Materialien zu entwickeln, die sich so ähnlich wie echte Zellen verhalten – ein Ziel, das mit der neuen internationalen Studie

unter seiner und der Leitung von TUProfessor Nico Bruns sowie Forschenden der Universität Fribourg nun erreicht scheint. Künstliche Zellen, erläutert er, sind mikroskopische Strukturen, die die Eigenschaften lebender Zellen imitieren. Sie sind wichtige Werkzeuge, werden eingesetzt, etwa als Mikroreaktoren, um chemische Prozesse zu verbessern, für das molekulare System-Engineering oder als Wirtszellen in der synthetischen Biologie. Ihm und seinem internationalen Team gelang es, den flüssigen Inhalt von Bakterienzellen einzukapseln und auf diese Weise künstliche Zellen zu schaffen, die – wie lebende Zellen – verschiedene Proteine in ihrem Inneren produzieren können.

DIE NATUR NACHAHMEN

Dem Athene Young Investigator schweben innovative Ansätze vor: »Synthetische Nanostrukturen können mit lebenden Organismen verschmelzen, was zu halbsynthetischen Organismen führt. Dies könnte den Fortschritt in der bioorganischen Chemie vorantreiben, die im Idealfall zu Kreationen wie etwa künstlichen Geweben führen.«

Andrea Belluati ist sicher, dass seine Forschung auf dem Gebiet der synthetischen Nanostrukturen und Lebewesen die Grenzen der Materialwissenschaft erweitert und auch zu Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und nachhaltige Innovationen im Gesundheitswesen beiträgt. »Auf diese Weise können wir die Natur nachahmen, Zellen besser machen und mit neuen Funktionen und Wirkungsweisen versehen.« Er hofft, dass seine Forschung in den nächsten fünf Jahren von der Industrie für medizinische oder medizintechnische Anwendungen aufgegriffen wird und von Nutzen ist.

STUDIERENDE BEGEISTERN

Belluati hat seinen Master in »Industrial Biotechnology« 2015 an der Universität in Turin gemacht. Seine Masterarbeit entstand in Kooperation mit dem Institut National des Sciences Appliquées im französischen Toulouse. Er promovierte an der Universität in Basel und verbrachte ein halbes Jahr als Postdoc in Prag, bevor er 2021 in das Forschungsteam von Professor Bruns an die University of Strathclyde in

Glasgow wechselte. Dort arbeitete der aus Biella stammende Wissenschaftler bereits sieben Monate, als das komplette Team von Schottland an die TU Darmstadt umzog – ein Wechsel, den er nicht bereut hat. »Die Forschung in Deutschland ist flexibel und auf einem hohen Niveau. Ich habe hier viel Unterstützung und kompetente Kollegen und Kolleginnen gefunden«, sagt er.

Die Förderung als Athene Young Investigator schätzt Belluati sehr: »Ich

Systematisch Unsicherheiten erkennen

Athene Young Investigator Dr. Henning Bonart im Porträt

Dr. Henning Bonart ist Gruppenleiter am Fachgebiet Nano- und Mikrofluidik des Fachbereichs Maschinenbau und neuer Athene Young Investigator der TU Darmstadt. Der Fluidverfahrenstechniker will statistische Methoden der Unsicherheitsquantifizierung und physikgetriebenes maschinelles Lernen dafür nutzen, um Simulationen am Computer und aufwändige Laborexperimente oder Prozesse in der Mikrofluidik zuverlässiger als bisher aufeinander abzustimmen.

Henning Bonart ist auf Mikrofluidik spezialisiert, das heißt auf gleitende Tropfen auf mikrostrukturierten Oberflächen, auf dünne Filme oder Strömungen in Mikrokanälen. Die Bandbreite der Anwendungen ist groß. Mikrofluide Biosensoren können Viren detektieren oder rutschenden Tropfen als elektrischer Bioreaktor dienen. »Hier gibt es viel zu entdecken und viele Erklärungen für Effekte stehen noch aus«, findet der Forscher. Bonart mag es besonders, wenn es kompliziert wird. Herausforderungen motivieren ihn. »Ich wende gerne anspruchsvolle Mathematik und Statistik auf fluiddynamische Probleme an und entwickele und kombiniere für die Lösung dann verschiedene Methoden und Software-Codes miteinander.«

In den Ingenieurwissenschaften, berichtet der 35-Jährige, gebe es sehr viele technische Systeme, die sich nur schwierig experimentell vermessen lassen. »Es ist meist sehr teuer und

aufwändig bis unmöglich, bestimmte Prozesse im Labor oder in der praktischen Anwendung in der Industrie detailliert zu beobachten. Moderne Simulationen ermöglichen zwar, die interessanten Abläufe und Interaktionen gut im Computer abzubilden. Leider ist aber unklar, wie sicher diese Modelle und Vorhersagen sind.«

Der Athene Young Investigator setzt auf die Kombination aus experimentellen Daten und detaillierten Simulationsmodellen, die zusammen erst die erwünschten Informationen über das System und auch den Grad der Unsicherheit ergeben. »Darauf lässt sich dann die weitere Vorgehensweise aufbauen. Das macht es schneller und billiger«, ist Bonart überzeugt.

Die systematische Kombination aus Computer, Experiment oder Messung, die zuverlässige Informationen liefert, wird bereits angewandt. »Allerdings lassen sich komplexe Modelle wegen begrenzter Rechenkapazitäten und

Methoden nur sehr schlecht verwenden – es dauert einfach zu lange. Meist wird deshalb auf einfachere, aber weniger genaue Modelle zurückgegriffen.«

Das will er als Athene Young Investigator ändern. In seiner AYI-Forschung will er Softwaresensoren mit teuren Simulationen entwerfen: »Das heißt, man nimmt eine Größe eines echten Systems, die sich gut vermessen lässt, steckt diese in ein detailliertes, komplexes Modell und erhält so Informationen, die sich schlecht messen lassen. Diese virtuellen Messungen kann ich dann nutzen, um das echte System besser zu verstehen, zu designen und zu steuern«, erläutert Bonart.

SIMULATIONEN UND MESSUNGEN

AUFEINANDER ABSTIMMEN

Anwenden will er diese Methode vor allem auf sehr aufwändige, tagelange Simulationen von Tropfen, die auf Oberflächen prallen. Dazu verwendet er aktuelle Methoden des maschinellen Lernens wie physikbasierte Modellreduktion und stochastische Ersatzmodelle. Rückschlüsse erhofft sich Bonart auf diese Weise auch auf das optimale Design von Experimenten. Simulationen am Computer und aufwändige Messungen könnten so künftig zuverlässiger als bisher aufeinander abgestimmt werden.

Und hier kommt Thomas Bayes und die Uncertainty Quantification (UQ) ins Spiel. Bayes war ein englischer Statistiker, Philosoph und Geistlicher im 18. Jahrhundert. Er entwickelte eine

kann unterrichten und mein eigenes Team bilden.« Er möchte Studierenden seine Forschung nahebringen, sie begeistern und das Fachgebiet bekannter machen. Wichtig ist ihm, dass er sich in der Wissenschaftsgemeinde mit seiner eigenen Forschung präsentieren kann und sichtbar wird. »Ich möchte meine Ideen einbringen«, betont er. astrid ludwig

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/3XQkuOF

Formel zur Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten, einen systematischen Weg, um Hypothesen oder Aussagen an gemachte Erfahrungen oder Erlebnisse anzupassen. Das Feld der Unsicherheitsquantifizierung (UQ), so Bonart, liefere statistische Methoden, um systematisch Messfehler und Unsicherheiten erst zu quantifizieren und dann zu reduzieren. »So können wir zum Beispiel herausfinden, wo wir nochmal nachmessen sollten, um eine sichere Aussage über einen beobachteten Effekt treffen zu können. Und wir können auch sagen, wie sicher wir uns mit der Prognose sind.«

Zu diesem Zweck vertiefte er sich in die Bayes’sche Statistikphilosophie. Den Anstoß dazu gab sein erster Forschungsaufenthalt 2019 in der Uncertainty Quantification Group von Professor Youssef Marzouk am Massachusetts Institut of Technlogy (MIT) in Cambridge. Bayes’sche Statistik führe zu leicht interpretierbaren Wahrscheinlichkeitsaussagen und sei perfekt für die Ingenieurwissenschaft und Lehre geeignet, findet er. astrid ludwig

Zum ausführlichen Artikel: bit.ly/4ePAUhh

Dr. Andrea Belluati
Dr. Henning Bonart

PERSONALIA

25-jährige Dienstjubiläen

Sandra Schwarz, Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt, am 1.8.2024

Jennifer Loos, Referat IIC, Campus Management – Referatsleitung und Stab, am 1.8.2024

Marco Gerner, Fahrzeugtechnik, Fachbereich Maschinenbau, am 1.8.2024

Benjamin Stuckert, Gruppe Verwaltung, Organisation und Ressourcen, am 1.8.2024

Professor Dr. rer. nat. Jörg Schneider, Anorganische und Mesoskopische Chemie, Fachbereich Chemie, am 1.9.2024

Frank Bockhard, Fachbereich Material- und Geowissenschaften, am 1.9.2024

Brigitte Schult, Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik, Fachbereich Humanwissenschaften, am 13.9.2024

Professorin Dr. agr. Britta Schmalz, Ingenieurhydrologie und Wasserbewirtschaftung, Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, am 15.9.2024

Monika Schmidt, Institut für Soziologie, Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, am 15.9.2024

Kerstin Schmitt, FG Leichtbau und Strukturmechanik, Fachbereich Maschinenbau, am 1.10.2024

Ruth Bakic, Amtsrätin, Dezernat IV, Referat IV B, am 1.10.2024

Gabriele Moske, IVC – Reinigungsdienst, IVC –Fachgruppe Gebäudedienste, am 1.10.2024

Dr. rer. nat Kathrin Hofmann, Akad. Oberrätin, Eduard-Zintl-Institut für Anorganische und Physikalische Chemie, am 1.10.2024

Dr. phil. Olga Zitzelsberger, Pädagogik, Institut für Allgemeine Pädagogik und Berufspädagogik, Fachbereich Humanwissenschaften, am 1.10.2024

Alexandra Martin, Oberinspektorin, Dezernat IV, Referat IVB B, am 1.10.2024

Sven Frank , Fachgebiet Physikalische Metallkunde, Fachbereich Material- und Geowissenschaften, am 1.10.2024

40-jährige Dienstjubiläen

Andreas Schmidt, Institut für Geotechnik, Fachbereich Bau-und Umweltingenieurwissenschaften, am 1.9.2024

Herry Wedel, Fachbereich Material- und Geowissenschaften, am 11.10.2024

Jochen Ott, FG Mechatronische Systeme im Maschinenbau, Fachbereich Maschinenbau, am 1.11.2024

Neue Professorinnen und Professoren

Dr.-Ing. Bettina Abendroth, Institut für Arbeitswissenschaft, Fachbereich Maschinenbau

Professorin Dr. ret. nat. Tanja Franken, Technische Chemie, Fachbereich Chemie

PD Dr. Stefan Immel, Angewandte Theoretische Organische Chemie, Fachbereich Chemie

Dr.-Ing. Sandra Meireis, Architekturtheorie und -wissenschaft, Fachbereich Architektur

Professor Dr. Viktor Stein, Protein Engineering: Biosensorik und Transport, Fachbereich Biologie

Die Neuen

Frisch berufene Verstärkungen in Fachbereichen der Universität Jahr für Jahr werden rund zwei Dutzend neue Professorinnen und Professoren an die TU Darmstadt berufen. Woher kommen sie, und welche Impulse wollen sie setzen? Was sind ihre Schwerpunkte in Lehre und Forschung? Und was würden sie tun, wenn sie noch einmal in die Rolle der Studierenden schlüpfen könnten? In jeder Ausgabe der hoch³ stellen wir einige der Neuen in Kurzporträts näher vor. Nachgefragt bei …

Name: Fatemeh Mirzapour

Alter: 35

Fachbereich: Biologie

Forschungsgebiet: Vaskuläres Tissue-Engineering Vorherige wissenschaftliche Stationen: Technische Universität München (Institut für Physik, Arbeitsgruppe Theorie biologischer Netzwerke)

Wichtigster wissenschaftlicher Meilenstein: Die Entwicklung eines menschlichen vaskulären Gewebe-on-Chip-Modells, um die vaskuläre Entwicklung unter langfristigem Blutfluss und der Verabreichung von Medikamenten gegen vaskuläre Tumore zu untersuchen

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was ist das Spannende daran?

Vaskuläre Biologie und Technik sind faszinierend, weil sie an der Schnittstelle von Medizin, Ingenieurwesen und Biologie liegen. Das Verständnis, wie sich Blutgefäße entwickeln, umgestalten und mit ihrer Umgebung interagieren, ist entscheidend für die Behandlung von Krankheiten wie Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für die Förderung der Geweberegeneration. Die Entwicklung von vaskulären Modellen auf Chips ist besonders aufregend, weil sie uns ermöglicht, menschliche Gewebe im Labor nachzuahmen und die Reaktion auf Medikamente zu untersuchen, was letztlich zu effektiveren Therapien führt. Ohne Vaskularisation können wir die Herausforderungen hinsichtlich Größe und Komplexität bei der Konstruktion funktionaler menschlicher Gewebe oder organähnlicher Strukturen im Labor nicht überwinden.

An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

Meine Forschung hat starke Schnittstellen zu den Ingenieurwissenschaften und den Materialwissenschaften. Die vaskuläre Gewebetechnik umfasst sowohl die Entwicklung von Biomaterialien als auch Mikrofluidik-Technologien, was die Zusammenarbeit mit Expert:innen der Materialwissenschaft erfordert, um geeignete Umgebungen für das Zellwachstum zu schaffen, und mit Ingenieuren, um präzise Flusssysteme zu entwerfen, die physiologische Bedingungen nachahmen. Zudem spielt die Biophysik eine entscheidende Rolle beim Verständnis der Physik des Blutflusses und von dessen Auswirkungen auf die Gefäße, während die Chemie für die Entwicklung neuer Materialien, die das Gewebewachstum und die Funktion unterstützen, unerlässlich ist. Diese interdisziplinären Bemühungen sind entscheidend, um Modelle auf Chips voranzubringen, die die menschliche Physiologie genau abbilden.

In welchem Fachbereich würden Sie gerne einen Tag verbringen, um ihn kennenzulernen? Warum?

Ich würde gerne einen Tag am Fachbereich Informatik verbringen. Mit dem Aufstieg von KI, maschinellem Lernen und rechnerischen Modellen werden diese Bereiche zunehmend wichtig

für die Analyse komplexer biologischer Systeme und großer Datensätze. Ein Einblick in fortgeschrittene computergestützte Techniken würde meine Fähigkeit verbessern, vaskuläre Dynamiken zu simulieren, und die Vorhersagekraft von Modellen auf Chips in meiner Forschung verbessern. Darüber hinaus birgt das maschinelle Lernen großes Potenzial, um auf Chips aufgebaute Systeme mit Zellen von einzelnen Patienten zu nutzen, um Behandlungsergebnisse vorherzusagen und personalisierte, effektivere Behandlungsstrategien zu entwickeln. Der beste Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag ist ... … für mich, die Zeit im Freien zu verbringen, sei es beim Wandern, Laufen oder einfach beim Genießen der Natur. Sport hilft mir, meinen Kopf freizubekommen und mit neuer Energie zur Arbeit zurückzukehren. Ich genieße auch das Lesen von Büchern und das Kochen, um mich zu entspannen. Zeit mit meiner Familie zu verbringen und mit ihnen über meine Arbeit zu sprechen hilft mir nicht nur, die Begeisterung für meine Arbeit zu teilen, sondern erinnert mich auch an das große Ganze und bietet emotionale Unterstützung, die mir hilft, mein Arbeits- und Privatleben in Balance zu halten.

Name: Alexander Friedrich

Alter: 45

Fachbereich: Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften

Forschungsgebiet: Denomination »Theoretische Philosophie«, Forschungsschwerpunkte: Sprach- und Technikphilosophie, Digitale Hermeneutik und Metaphorologie, Biopolitik und historische Epistemologie Vorherige wissenschaftliche/berufliche Stationen: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin, TU Darmstadt

Wichtigster wissenschaftlicher/beruflicher Meilenstein: Im vergangenen Jahr habe ich mit Dr. Stefan Höhne (KWI Essen), Juniorprofessorin Suzana Alpsancar (Uni Paderborn) und Professor Bronwyn Parry (Australian National University Canberra) einen ERC Synergy Grant eingeworben. In dem mit 9,91 Millionen Euro geförderten Projekt »The Cultures of the Cryosphere. Infrastructures, Politics and Futures of Artificial Cooling« wollen wir die kulturellen Voraussetzungen und Konsequenzen des Gebrauchs künstlicher Kälte untersuchen.

An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

Ich arbeite seit meiner Dissertation durchgängig an interdisziplinären Themen und Problemstellungen – sei es in kulturwissenschaftlicher, wissenschaftshistorischer, biologischer, ingenieurswissenschaftlicher oder linguistischer Ausrichtung. Im Zusammenhang mit meinem aktuellen Forschungsprojekt hat die Erforschung der sozialökologischen Kontexte des Gebrauchs künstlicher Kälte natürlich vielfältige Bezüge zum Forschungsfeld Energy and Environment (E+E) der TU Darmstadt. Ein wesentlicher Teil meiner Arbeit für das ERC-Projekt wird aber auch in der Weiterentwicklung und Anwendung neuer Methoden der digitalen Begriffsgeschichte für die Erforschung verschiedener »Kältekulturen« bestehen. Da freue ich mich sehr auf einen fruchtbaren Austausch mit Kolleg:innen der Darmstädter Digital Humanities, etwa auf den

Gebieten digitale Diskursanalyse, digitale Hermeneutik und Natural Language Processing. Die am Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften angesiedelten Forschungsprojekte zum Schwerpunkt Transformation der Energie- und Klimapolitik sowie zur Infrastruktur-, Umwelt- und Technikgeschichte bieten ebenfalls reichhaltige interdisziplinäre Anknüpfungspunkte. Und nicht zuletzt gibt es bereits einen interessierten Austausch mit Kollegen vom Fachbereich Material- und Geowissenschaften in Sachen innovative Kühltechnologien, den wir in den nächsten Jahren weiter vertiefen wollen. Wenn ich heute Student wäre, würde ich ... … vermutlich auch heute nicht mein Studium in der Regelstudienzeit abschließen. Ich habe 15 Semester studiert, dabei auch Studienfächer gewechselt. Dann kamen noch andere Dinge dazwischen; vor allem das Leben. Und immer wieder neue Gedanken, Bücher und Projekte, die mit einem Studienplan im engeren Sinne nichts

zu tun hatten. Sich offenzuhalten für die vielen Fragen, Ideen und Wissensformen, die einen in Menschen, Texten und Diskursen an einer Universität begegnen, sich davon überraschen und gelegentlich entführen zu lassen, diesen Möglichkeitsraum eines Studiums sollte man nicht ohne Not verengen, selbst wenn die Studienpläne heute, nach der Bologna-Reform, vielleicht sehr viel geradlinigere Wege nahelegen. Der beste Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag ist ...

… morgens: im Wald zu laufen und dem Rhythmus der Natur zu folgen; abends: Musik zu machen und sich auf improvisierte Rhythmen und Klänge einzulassen. Beides hilft, Stressoren des Alltags auf Distanz zu bringen, die einen sonst zu sehr in Beschlag nehmen. Ausschließlich denkend ist eine solche Distanz – jedenfalls für mich – nicht zu erreichen. Aber sie ist unerlässlich, um sich die Freiheit des Denkens und Arbeitens bewahren zu können.

Bild:PatrickBal Bild:Patrick Bal

Name: Martino Tattara

Alter: 48

Fachbereich: Architektur

Forschungsgebiet: Entwerfen und Wohnen

Vorherige wissenschaftliche/berufliche Stationen: KU Leuven (Belgien), Architekturbüro Dogma

Wichtigster wissenschaftlicher/beruflicher Meilenstein: Gewinn des Charles Jencks Awards 2023 (Royal Institute of British Architects) mit Dogma, DAM Architectural Book Award 2022

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was macht diese spannend?

Meine Lehrtätigkeit an der TU Darmstadt wird sich an realen Problemen und neuen Herausforderungen orientieren. Ich plane, mit meinen Studierenden an aktuellen Themen im Zusammenhang mit Wohnen und Wohnraum zu arbeiten, wie zum Beispiel der Erschwinglichkeit von Wohnraum, alternativen Formen von Eigentum, Bau, Verwaltung und Instandhaltung sowie der Umgestaltung von Nachkriegswohnungen. Um

Echtzeit-Projekte zu unterstützen, ermutige ich Studierende gerne dazu, in die Praxis zu gehen und mit Initiativen zusammenzuarbeiten, zum Beispiel (sozialen) Wohnungsbaugesellschaften, die ihnen dabei helfen können, ihre Ideen und ihre Designarbeit besser zu entwickeln. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Ansatz die künftigen Studierenden für das Wohnbauwesen

begeistern wird. Ich bin mir sicher, dass der soziale Wandel für künftige Studierendengenerationen zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, wie wir es zum Beispiel bei der jüngsten Bewegung für Klimagerechtigkeit oder bei den ersten Anzeichen einer vierten feministischen Welle sehen.

An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

In den kommenden Jahren möchte ich mich mit Themen wie der Nachrüstung bestehender Bausubstanz und der Frage des bezahlbaren Wohnraums befassen. In Bezug auf das erste Thema könnten wichtige Kooperationen beispielsweise mit dem Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften und insbesondere mit dem Institut für Bauwesen und Baustoffe oder Konstruktives Entwerfen und Bauwesen aufgebaut

werden. Was das zweite Thema betrifft, so wäre ich daran interessiert, Synergien mit den Instituten für Soziologie und Politikwissenschaft zu erkunden, insbesondere im Hinblick auf die Erforschung alternativer Wohnbesitzmodelle. In welchem Fachbereich würden Sie gerne einen Tag verbringen, um ihn kennenzulernen? Warum?

Ich bin sehr fasziniert vom Labor als Forschungsstätte, aber auch als einem von Forschenden gemeinsam bewohnten Raum. Ich glaube, dass es auch für Architekten viel zu lernen gäbe, wie Forschung im Labor kollektiv entwickelt wird, wie Wissen produziert und geteilt wird, und aus diesem Grund würde ich mich freuen, einen Tag in einem Fachbereich zu verbringen, in dem Forschende viel Zeit in Laboren verbringen. Ich denke da zum Beispiel an die naturwissenschaftlichen Fachbereiche.

Name: Florian Müller

Alter: 37

Fachbereich: Informatik

Forschungsgebiet: Mobile Human-Computer Interaction

Vorherige wissenschaftliche/berufliche Stationen: TU Darmstadt, LMU München

Wichtigster wissenschaftlicher/beruflicher Meilenstein: Promotion mit summa cum laude, Nominierung für den Dissertationspreis der Gesellschaft für Informatik, 6 Best Paper und Honorable Mention Awards bei der wichtigsten Konferenz im HCI Bereich (ACM CHI).

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was ist das Spannende daran?

In den letzten 15 Jahren hat das Smartphone revolutioniert, wie wir mit Informationen interagieren: weg von feststehenden Geräten wie Desktop-PCs und hinaus in die physische Welt. Wir checken unsere E-Mails, während wir auf den Bus warten, erledigen unsere Bankgeschäfte im Café und planen unseren Urlaub an der Bar. Dabei ist das Smartphone eigentlich kein besonders gutes Gerät zur mobilen Interaktion: In der Tasche ist es zu groß und unhandlich, während der Benutzung ist das Display zu klein. Zusätzlich existieren Informationen getrennt von der physischen Welt: Wenn ich Informationen über die physische Welt wie Navigationsanweisungen oder Gefahrenmeldungen ansehe, dann muss ich ständig versuchen, diese Informationen von dem 2D-Display in meine physische Umgebung zu übertragen. Mit der zunehmenden Verbreitung von AugmentedReality-Geräten wie der Apple Vision Pro stehen wir vor der nächsten Revolution der mobilen Interaktion, welche viele dieser Probleme lösen kann. Informationen durchbrechen sinnbildlich das Glas der heutigen Geräte und verbreiten sich in unserer physischen Welt. Gerade im Zusammenspiel mit AI-Technologien, welche die

physische Welt verstehen können, ermöglicht dies faszinierende neue Anwendungen, stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen hinsichtlich der Interaktion, da Informationen ihre »Anfassbarkeit« verlieren. Zusätzlich werden wir in ein paar Jahren rein visuell nicht mehr unterscheiden können, was Teil unserer physischen Welt ist und was virtuell hinzugefügt wurde, was ethische und regulatorische Fragestellungen nach sich zieht.

An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

In meinem Forschungsbereich – der HumanComputer Interaction (HCI) – ist interdisziplinäre Arbeit keine Option, sondern eine absolute Notwendigkeit. Während mein persönlicher Hintergrund ein relativ technischer ist – ich habe Informatik studiert – erfordern viele Forschungsfragen im HCI-Bereich eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Dementsprechend tummeln sich in unserer Community nicht nur Techniker, sondern allerlei unterschiedliche Fachrichtungen: von der Psychologie, um zu verstehen, wie Menschen mit Maschinen kommunizieren, über Design, um intuitive und visuell ansprechende Schnittstellen zu schaffen, bis zur Soziologie, um die Auswirkungen der

Technologie auf unsere Gesellschaft zu untersuchen. Diese Diversität der Forschungscommunity finde ich total bereichernd, da sie unterschiedliche Perspektiven und Denkweisen zusammenbringt. Dementsprechend freue ich mich darauf, auch innerhalb der TU Darmstadt mit anderen Fachbereichen zusammenzuarbeiten, um durch einen Blick über den Tellerrand neue Dinge zu lernen. Wenn ich heute Student wäre, würde ich ... … die Zeit nutzen, um in möglichst viele unterschiedliche Bereiche reinzuschnuppern. Das bezieht sich sowohl auf verschiedene Studiengänge als auch auf die unterschiedlichen Schwerpunkte innerhalb eines Studiengangs –eine verfrühte Spezialisierung verengt den Blick und erhöht das Risiko, nicht in dem Bereich zu landen, der einem am meisten Spaß macht. Ich bin davon überzeugt, dass gerade der Spaß an dem, was man tut, der zentrale Faktor für zukünftigen Erfolg ist. Ohne Spaß an dem, was man tut, fällt es schwer, die Motivation dafür aufzubringen, auch schwierige oder stressige Phasen durchzustehen. Deshalb kann ich nur empfehlen, sich weniger von aktuellen Trends oder von Analysen leiten zu lassen, in welchem Bereich es die besten Jobaussichten gibt oder das meiste Geld zu verdienen gibt, und stattdessen auf das Herz zu hören.

PERSONALIA

Eintritt in den Ruhestand

Prof. Dr.-Ing. Jörg Lange, Universitätsprofessor Stahlbau, Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, am 30.9.2024

Prof. Dr. phil. Franz Bockrath, Universitätsprofessor Sportpädagogik und -geschichte, Fachbereich Humanwissenschaften, am 30.9.2024

Apl. Prof. Dr. rer. nat. Steffen Roch, Akademischer Rat, Fachbereich Mathematik, am 30.09.2024

Prof. Dr. rer. nat. Max Mühlhäuser, Universitätsprofessor Telekooperation, Fachbereich Informatik, am 30.9.2024

Dipl.-Ing. Hildegard Diekamp, Akademische Rätin, Fachbereich Architektur, am 30.9.2024

Prof. Dr. rer. nat. Michael Schäfer, Universitätsprofessor Numerische Berechnungsverfahren, Fachbereich Maschinenbau, am 30.9.2024

Verstorben

Professor Dr. rer. nat. Egon Scheffold, Universitätsprofessor, Fachbereich Mathematik, Ruhestand ab dem 1.10.2006, verstorben am 3.8.2024

Professor Dr. Peter Nixdorff, Universitätsprofessor, Fachbereich Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften, Ruhestand seit 2005, verstorben am 7.8.2024

Name: Christian Hofstadler

Alter: 57

Fachbereich: Bau- und Umweltingenieurwissenschaften

Forschungsgebiet: Baubetrieb

Vorherige wissenschaftliche/berufliche Stationen: u.a.

Lehr- und Forschungstätigkeit an den Technischen Universitäten Darmstadt und Dortmund, Gastvorlesungen an der Al-Qassim University (Saudi-Arabien) und der Durban University of Technology (Südafrika) Wichtigster wissenschaftlicher/beruflicher Meilenstein: Ruf an die TU Darmstadt als Universitätsprofessor für Baubetrieb im Fachbereich Bau- und Umweltingenieurwissenschaften

Warum sollten Studierende sich für Ihre Themen interessieren? Was ist das Spannende daran?

Bauen ist anspruchsvoll, aufregend, kompliziert und komplex. Bauen bedeutet eine Weiterentwicklung der Zivilisation unter Wahrung des Respekts gegenüber der Erde, ihren Ressourcen und anderen Lebewesen. Jedes Bauprojekt bringt dabei andere Herausforderungen mit sich – sei es im Hinblick auf die Komplexität, das Umfeld oder den Baubetrieb. Eine Auseinandersetzung mit diesen Themen erfordert unter anderem technisches und rechtliches Wissen, Managementfähigkeiten, soziale Kompetenz, Kreativität und Agilität. Beim Baubetrieb handelt es sich also um einen vielseitigen und lebendigen Fachbereich, welcher vor allem durch die notwendige Kombination aus strategischen Überlegungen und praktischen Umsetzbarkeiten ein spannendes

Forschungsgebiet und Betätigungsfeld darstellt. Speziell die von mir in den Fokus gestellten Themen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Baubetrieb stellen einen zukunftsorientierten Ansatz dar, der den Studierenden gemeinsam mit dem Erlernen systemischer Arbeitsweisen sowie der lebhaften Interaktion zwischen Theorie und Praxis einen Wissensvorsprung für den Start in eine erfolgreiche berufliche Laufbahn liefert. An der TU Darmstadt wird Interdisziplinarität großgeschrieben. Wo gibt es in Ihrem Arbeitsfeld Schnittstellen zu anderen Fachgebieten?

Meine Grundpfeiler in Forschung und Lehre orientieren sich stark an den Aspekten und gesellschaftlichen Herausforderungen der Interdisziplinarität, Modellierung, Simulation und Digitalisierung sowie eines gesamtheitlichen Prozessverständnisses in Bezug auf Bauprojekte,

um zukünftig verstärkt das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus zu rücken. Dabei spielt vor allem ein grundlegendes Verständnis der Bauprozesse eine entscheidende Rolle für die weiterführende interdisziplinäre Vernetzung. Ich sehe dahingehend vielversprechende Schnittstellen mit einer Vielzahl von Fachgebieten wie Bau- und Gebäudetechnik, Maschinenbau, Elektrotechnik und technische Informatik oder auch Material- und Umwelttechnologie. Ebenso erkenne ich eine enge Verknüpfung des Fachbereiches Baubetrieb mit den Rechtswissenschaften sowie betriebs-, volks- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen. Nur eine ganzheitliche Perspektive auf Bauprojekte, die sowohl ökonomische als auch rechtliche, ökologische und soziale Faktoren berücksichtigt, gewährleistet eine zukunftsfähige Ausrichtung des Baubetriebs.

In welchen Fachbereich der TU würden Sie gerne mal einen Tag schnuppern? Warum?

Wie die Antwort auf die vorherige Frage bereits gezeigt hat, hege ich im Sinne der Interdisziplinarität großes Interesse an unterschiedlichsten Fachbereichen. Wenn ich mir allerdings nur einen davon für einen Schnuppertag aussuchen dürfte, dann würde meine erste Wahl auf den Fachbereich Informatik fallen. Der Grund ist einerseits die enge Verknüpfung mit der Bauinformatik und andererseits meine unbändige Neugier für an dieser Schnittstelle angesiedelte Bereiche wie die Automatisierung, die Robotik und die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) für Bauprozesse. In diesen Disziplinen verorte ich enorme Potenziale für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Bauwesen.

Bild:Patrick Bal
Bild:Patrick Bal

Ausgezeichnet

Namhafter Preis für

TU-Professor Thies

Für herausragende Forschung

TU-Professor Justus Thies ist mit dem German Pattern Recognition Award ausgezeichnet worden. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wird jährlich von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mustererkennung (DAGM) vergeben. Er würdigt herausragende Beiträge junger Forschender auf den Gebieten der Mustererkennung, des maschinellen Sehens und des maschinellen Lernens.

Thies, der seit 2023 an der TU Darmstadt als Professor für 3D Graphics & Vision tätig ist, forscht zu Computergrafik, Bildverarbeitung und Deep Learning. Der Europäische Forschungsrat (ERC) erkannte ihm kürzlich einen mit 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant zu (ausführlicher Bericht auf S. 27). eml

Hohe Auszeichnung der Mongolei

Professor Glesner geehrt

Der emeritierte TU-Professor Manfred Glesner ist mit einer ranghohen Ehrung der Mongolei ausgezeichnet worden. Er erhielt den sogenannten PolarsternOrden des ostasiatischen Landes in der Hauptstadt Ulan-Bator. Glesner wurde für seine Verdienste um die Bildungszusammenarbeit zwischen Deutschland und der Mongolei in mehr als 35 Jahren geehrt. Der frühere Leiter des Fachgebiets Mikroelektronische Systeme am Fachbereich Elektro- und Informationstechnik der TU Darmstadt arbeitete eng mit der Mongolian University of Science and Technology (MUST) in Ulan-Bator zusammen. Zudem unterstützte er den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) beim Aufbau der Hochschule German-Mongolian Institute für Resources and Technology (GMIT), die sich um einen fairen und ressourcengerechten Abbau von Bodenschätzen in der Mongolei kümmert.

Der auch als »Altan Gadas Odon« bekannte Polarstern-Orden ist die höchste staatliche Auszeichnung der Mongolei für ausländische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. Über die Vergabe entscheidet der Staatspräsident. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören unter anderen der ehemalige US-Präsident Barack Obama und die frühere US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton. mih

Zukunftsweisend, mutig, nachhaltig

Kurt-Ruths-Preis 2024 geht an Dr.-Ing. Andrea Rossi

Der mit 12.000 Euro dotierte Kurt-Ruths-Preis geht in diesem Jahr an den italienischen Architekturforscher Dr.-Ing. Andrea Rossi, der am Fachbereich Architektur der TU Darmstadt promoviert hat. Mit dem Preis wird Rossis Dissertation zu computerbasierten Entwurfsmethoden und Softwarewerkzeugen gewürdigt, mit deren Hilfe sich Gebäude bereits von der Planung an nachhaltiger entwerfen lassen.

Schon länger befassen sich Forschende damit, Wege für nachhaltiges und klimaschonendes Bauen zu finden. Ein Ansatz besteht darin, Bauteile und Materialien mehrmals zu verwenden oder sie zu recyceln und so dem Wertstoffkreislauf wieder zuzuführen. Mit Modulen, also vorgefertigten Bauelementen, lassen sich bereits heute nachhaltigere Gebäude realisieren.

Der diesjährige Kurt-Ruths-Preisträger ging noch einen Schritt weiter: In seiner Doktorarbeit untersuchte Rossi, ob es möglich ist, die Module noch kleinteiliger zu gestalten, sodass die vorgefertigten Elemente nicht mehr aus Raumeinheiten wie etwa Decken, Wände oder Böden bestehen. Stattdessen werden sie aus reversibel gefügten Einheiten zusammengesetzt, die erst durch ihre Einbauposition und den Kontext eine Funktion erhalten.

VORANTREIBEN EINER BAUWENDE

»Diese Herangehensweise vergrößert die Chancen einer zukünftigen Wiederverwendung und damit auf ein ressourcenschonendes Bauen«, sagt Professor Oliver Tessmann vom Fachgebiet Digital Design Unit des Fachgebiets Architektur der TU Darmstadt, der die Dissertation betreut hat. »Modularisierung und

Vorfertigung von Bauteilen können eine Bauwende hin zu weniger Ressourcenverbrauch und CO2 -Emissionen vorantreiben.« Algorithmische Werkzeuge zum Entwerfen, Planen und Umsetzen neuer innovativer modularer Konstruktionen seien dabei ein wichtiger Schritt.

PROZESS DES ENTWERFENS VERÄNDERT

Rossi hat für seinen Ansatz eigene computerbasierte Entwurfsmethoden und Werkzeuge entwickelt. Die Software des von ihm erstellten digitalen »Werkzeugkastens« für Architekt:innen und Ingenieur:innen übertrug er dabei auf eine öffentlich zugängliche Online-Plattform. »Vorbildlich und mutig« bewertet Tessmann diese Vorgehensweise. »Die Veröffentlichung des Programmcodes bereits während der Entwicklung ist ein für die Wissenschaft richtiger Umgang mit Forschungsdaten, birgt aber auch die Gefahr, dass Ideen und Konzepte ohne korrekte Quellenangabe übernommen werden.«

WICHTIGER BEITRAG ZUM

NACHHALTIGEREN BAUEN

Rossis Kalkül ging auf, seine Entwicklungsarbeit konnte durch Feedback und Ideen von außen stark profitieren. Um seine Software,

die bereits von vielen Einrichtungen genutzt wird, ist mittlerweile eine große Wissenschaftscommunity entstanden.

Dies würdigte auch die Jury des Ruths-Preises. Rossis Forschung leiste einen ganz wichtigen Beitrag zum nachhaltige(re)n Bauen, denn sein Open-Source-Softwaremodul verändere den Prozess des Entwerfens – in einer Art und Weise, die zu mehr Recycling und damit zu mehr Nachhaltigkeit führe.

ARCHITEKTURSTUDIUM IN MAILAND UND DESSAU Rossi hat in Mailand und Dessau Architektur studiert. Danach arbeitete er zunächst als wissenschaftlicher

KURT-RUTHS-PREIS

Mitarbeiter im Architekturbüro Coop Himmelb(l)au und an der ETH Zürich, ehe er – ebenfalls als wissenschaftlicher Mitarbeiter – an die TU Darmstadt wechselte. Seine Forschungsarbeit setzte er an der Universität Kassel fort.

DISSERTATION 2023 MIT AUSZEICHNUNG ABGESCHLOSSEN 2023 schloss er seine Dissertation »Mediated Assemblies – An Open Source Software Approach to Combinatorial Design and Fabrication« mit Auszeichnung an der TU Darmstadt ab. Seit seiner Promotion arbeitet Rossi als Postdoc an der Universität Kassel sowie als Berater im Bereich Open-Source-Software für Architektur. cst

Der seit 1989 jährlich verliehene Kurt-Ruths-Preis ist mit 12.000 Euro dotiert. Er würdigt herausragende wissenschaftliche Leistungen aus den Fachbereichen Architektur, Bau- und Umweltingenieurwissenschaften sowie Chemie und wird an Early-Career-Forschende der TU Darmstadt verliehen, die sich durch herausragende Dissertationen ausgezeichnet haben. Der Preis geht zurück auf Kurt Ruths, den langjährigen Sprecher der Geschäftsführung der Braas-Gruppe.

Innovative Projekte ausgezeichnet

TU-Ideenwettbewerb 2024

Die Technische Universität Darmstadt hat erneut herausragende Projekte von Studierenden und Wissenschaftler:innen im Rahmen des TU-Ideenwettbewerbs 2024 ausgezeichnet. Dabei zeigt sich eindrucksvoll das breite Spektrum innovativer Ideen – von medizinischen Anwendungen über nachhaltige Energielösungen bis hin zu Verbesserungen in Alltagstechnologien.

In der Kategorie »Studierende« ging der erste Preis an das »Rettungsgassen-Warnsystem«, eine innovative Lösung zur effizienteren Bildung von Rettungsgassen im Straßenverkehr. Mit diesem System können Rettungskräfte direkt über die Fahrzeuglautsprecher kommunizieren, um das Freimachen von Rettungsgassen zu beschleunigen. »Beton als CO 2 -Speicher« wurde mit dem zweiten und »E-Sense –Ejection Fraction Sensor« mit dem dritten Platz ausgezeichnet. In der

Kategorie »Wissenschaftler:innen« gewann das Projekt »MetalH2eat« den ersten Preis. Die neue Methode nutzt Metalle wie Aluminium oder Eisen, um erneuerbare Energie zu speichern und Wasserstoff sowie Hochtemperaturwärme zu erzeugen. »Lärmarme Kreissägeblätter« und »Fenexity« belegten die Plätze zwei und drei. Der Sonderpreis der Thomas Weiland-Stiftung ging an »TUcanSense«, einen KreatininSensor zur kontinuierlichen Überwachung der Nierenfunktion. Der

Merck-Nachhaltigkeitspreis ging ebenfalls an »MetalH2eat«, was die besondere Bedeutung dieses Projekts für nachhaltige Energielösungen unterstreicht.

»Diese Auszeichnungen beweisen erneut unsere enorme Innovationskraft und reflektieren den hohen Wert, den die prämierten

Teams generieren. Denn Innovationen schaffen echten Benefit – für Mensch, Umwelt und Gesellschaft«, betonte Professor Thomas Walther, TU-Vizepräsident für Innovation und Internationales. highest

Bild: Rüdiger Dunker
Andrea Rossi (Mi.) mit TU-Präsidentin Tanja Brühl und Julian Wareyka-Ruths
Die Gewinner des TU-Ideenwettbewerbs

Die TU-Informatikprofessorin Iryna Gurevych erhält als erste Wissenschaftlerin in Deutschland und als erste Universitätsprofessorin den renommierten »Milner Award« der britischen Royal Society.

TU-Mathematikprofessor Ulrich Kohlenbach erhält als erster Preisträger den Ernst-Zermelo-Ring der Deutschen Vereinigung für Mathematische Logik und für Grundlagenforschung der exakten Wissenschaften.

Markus Roth, Professor für Laser- und Plasmaphysik an der TU Darmstadt und Mitgründer des Fusionsenergie-Startups Focused Energy, ist in den Beirat Fusionsforschung berufen worden, der das Bundesministerium für Bildung und Forschung berät.

Professor Malte Göttsche, Lehrstuhl für naturwissenschaftliche Friedensforschung, ist neues Mitglied im Stiftungsvorstand der Deutschen Stiftung Friedensforschung.

Dr. Allison Stagg von der TU ist mit dem renommierten Ewell L. Newman Book Award für ihr Buch »Prints of a New Kind« ausgezeichnet worden, das sich mit den frühen amerikanischen Karikaturisten des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts beschäftigt.

Oliver Preuß, Doktorand am Institut für Materialwissenschaft der TU Darmstadt, ist bei der »FEMS Junior Euromat« in Manchester mit dem FEMS Master Thesis Award geehrt worden.

Die TU-Wissenschaftlerin Sofia Navarro-Báez vom Arbeitsbereich Angewandte Kognitionspsychologie von Professorin Monika Undorf ist für ihre herausragende Forschung mit dem renommierten J. Frank Yates Student Travel Award der Psychonomic Society ausgezeichnet worden.

Bernadette Lang-Eurisch, Masterabsolventin des Fachbereichs Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, hat mit ihrer Masterthesis den studentischen Sonderpreis der

DGNB Sustainability Challenge 2024 gewonnen.

Studierende aus den Fachbereichen Elektro- und Informationstechnik sowie Maschinenbau der TU Darmstadt haben beim Studierendenwettbewerb des Schwerpunktprogramms »Sensorintegrierende Maschinenelemente« der Deutschen Forschungsgemeinschaft den ersten Preis gewonnen.

Der Institutionenpreis Deutsche Sprache 2024 geht an das Liebesbriefarchiv mit Sitz in Darmstadt und Koblenz. Das Projekt hat sich zur Aufgabe gemacht, private und authentische Liebesbotschaften, die dem Liebesbriefarchiv von Bürgerinnen und Bürgern als Spende überlassen werden, zu digitalisieren und zu archivieren.

Die TU Darmstadt ist im aktuellen QS World University Ranking weltweit auf Platz 241 gelistet und gehört damit zu den 16 Prozent der am besten bewerteten internationalen Universitäten. Besonders positiv wurden Aspekte

der Nachhaltigkeit und der internationalen Zusammensetzung eingeordnet.

Die TU Darmstadt hat im Bereich »Industrie, Innovation und Infrastruktur« des University Impact Rankings der bekannten internationalen Rankingagentur THE einen internationalen Spitzenplatz erreicht und liegt dort in den Top Ten.

Im aktuellen Hochschulranking der Zeitschrift »WirtschaftsWoche« belegt die TU Darmstadt im Fach Wirtschaftsinformatik weiterhin den zweiten Platz. Auch in den Fächern Elektrotechnik, Informatik, Maschinenbau und Wirtschaftsingenieurwesen bleibt die TU in der Spitzengruppe der zehn deutschen Universitäten vertreten, deren Absolvent:innen besonders gerne von Unternehmen rekrutiert werden.

Das an der TU Darmstadt herausgegebene Online-Journal »ing. grid« ist beim Enter Award 2024 als eine der vier besten Einreichungen

ausgezeichnet worden. Die Platzierung in der Kategorie »Infrastruktur« würdigt die Bedeutung des Engagements von »ing.grid« für offene Forschung und Wissenstransfer.

Fünf innovative Gründungsideen aus der TU Darmstadt werden mit Stipendien von Hessen Ideen gefördert: »Aerospection« (KI-gestützte Drohnen zur Inspektion von Windrädern), »IFE« (Intelligentes Informationsmanagement fur Einsatzkrafte), »MediEM« (KI-gestütztes Pfleger:innenrufsystem), »TwinWatt« (vertikale Windkraftanlagen) und »Zenaris« (TV-Box-System).

Die TU-Startups »DïoT« und »Link2AI« für visionäre Lösungen im Bereich Cybersecurity werden durch das Accelerator-Programm »SpeedUpSecure« gefördert.

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30

Jahre für mehr

Gleichberechtigung

Einladung zum Festakt

Zum 30-jährigen Bestehen des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes lädt die Gleichstellungsbeauftragte der TU Darmstadt alle Mitglieder der Universität herzlich zu einem Festakt am 13. November 2024 ein. Das Gesetz dient als Grundlage für die Arbeit der Gleichstellungsbeauftragten in Hessen und hat die Verwirklichung von Chancengleichheit und die Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen zum Ziel.

Bei der Veranstaltung referiert die Juristin Professorin Dr. Ulrike Lembke aus verfassungsrechtlicher und feministischer Perspektive über Herausforderungen, die trotz der gesetzlichen Verankerung von Gleichstellung weiter in allen Lebensbereichen bestehen. Im Anschluss diskutiert Lembke mit der Journalistin Susanne Kaiser und der TU-Gleichstellungsbeauftragten Dr. Uta Zybell über Fortschritte und die Gefahren eines Backlashs. bit.ly/3MNHhp4

Geschichtswerkstatt ausgezeichnet

Mit Lübcke-Demokratie-Preis

Die Darmstädter Geschichtswerkstatt, die in den 1980er-Jahren von Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern des Instituts für Geschichte an der damaligen TH Darmstadt gegründet wurde, wird mit dem Walter-Lübcke-Demokratie-Preis 2024 ausgezeichnet. Der gemeinnützige Verein erforscht und vermittelt die Geschichte von Minderheiten und »kleinen Leuten«; zu den thematischen Schwerpunkten zählen jüdisches Leben und Alltagsgeschichte.

Der Walter-Lübcke-Demokratie-Preis wird von der hessischen Landesregierung seit 2020 an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich besonders für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie engagieren. Er erinnert an den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der 2019 von einem Rechtsextremisten erschossen wurde.

ZEITMASCHINE

30 Jahre Gleichstellungsarbeit an der TU Darmstadt

Im Jahr 1994 wurde in Hessen ein wichtiger Meilenstein in der Geschlechterpolitik erreicht: Mit der Verabschiedung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes wurde es für öffentliche und kommunale Einrichtungen verpflichtend, Frauenbeauftragte zu bestellen. Diese Position wurde geschaffen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts entgegenzuwirken.

Die Etablierung der Funktion der Frauenbeauftragten war eine Reaktion auf die zunehmende gesellschaftliche Forderung nach Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Schon in den 1980er-Jahren wuchs der Druck auf die Politik, Maßnahmen zur Förderung von Frauen zu ergreifen, die in vielen Bereichen des öffentlichen und beruflichen Lebens benachteiligt waren. Die erste Frauenbeauftragte der TU Darmstadt war Ellen von Borzyskowski. Die Sozialwissenschaftlerin übernahm zwölf Jahre lang die Aufgabe als Ansprechpartnerin für verschiedene Belange von Frauen vor Ort sowie die Überwachung der Einhaltung des Frauenförderplans, denn gerade in den technischen und naturwissenschaftlichen Fächern sollten mehr Studentinnen angeworben, mehr Frauen eingestellt und in Studium und Wissenschaft vernetzt werden. Ihre Arbeit war jedoch nicht von Anfang an auf breite Zustimmung und Verständnis gestoßen. So wurde beispielsweise 1996 im »Darmstädter Echo« berichtet, dass Ellen von Borzyskowski zunächst mit dem Vorurteil aufräumen musste, dass Frauen gar keine technischen Fächer studieren wollten. Sie konnte jedoch das Gegenteil beweisen. Bei Stellenausschreibungen und Studiengangsinformationen wird mittlerweile darauf geachtet, dass sie öffentlich einsehbar sind und alle Geschlechter gleichermaßen ansprechen. Das Gewinnen von Frauen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, trug dazu bei, dass sich der Frauenanteil unter den Studierenden und den Beschäftigten erhöhte.

Seit 2006 ist Doktorin Uta Zybell die Frauenbeauftragte beziehungsweise seit Herbst 2016 die Gleichstellungsbeauftragte der TU Darmstadt. Sie entwickelt die Gleichstellungsarbeit an der TU thematisch weiter. Die umfassenden Konzept- und Strategiepapiere werden regelmäßig erneuert und an die Anforderungen der verschiedenen Fachbereiche angepasst.

Gleichstellungsbeauftragte der TU

Außerdem fokussiert gegenwärtige Gleichstellungsarbeit nicht nur Ungleichheiten, die Frauen betreffen, sondern alle Geschlechter. Des Weiteren wird die intersektionale Perspektive in den Blick genommen; sie verdeutlicht, dass Gleichstellungsarbeit mit weiteren Merkmalen wie zum Beispiel ethnischer und sozialer Herkunft verknüpft werden muss. Wichtig ist auch, dass Gleichstellungsarbeit keine Angelegenheit allein von Frauen ist, die nur diese zu bewältigen hätten, sondern von allen. Ungleichheitserfahrungen kann man nur gemeinsam entgegenwirken.

Die Verabschiedung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes vor 30 Jahren war ein wichtiger Schritt hin zu mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wissenschaft. In den vergangenen drei Jahrzehnten haben Gleichstellungsbeauftragte einen großen Beitrag zur Sensibilisierung für Gleichstellungsthemen geleistet. Doch trotz der erreichten Erfolge bleibt die Gleichstellung in vielen Bereichen eine Herausforderung: Wie können wir die Gleichberechtigung aller Geschlechter erreichen? Wie verhindern wir Diskriminierungen, und wie können wir in solchen Fällen die Betroffenen unterstützen? Wie können wir Barrieren abbauen, und wie können wir es erreichen,

dass die Arbeit an Hochschulen (sei es als Studierende oder als Beschäftigte) mit einem Familienleben vereinbar ist?

Es ist wichtig, genau auf die jeweiligen Fälle und die persönlichen Lebensumstände zu achten, um individuelle Lösungen zu schaffen, die für die Betroffenen passend sind. Doch darf dabei nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern dass wir es mit strukturellen Benachteiligungen zu tun haben. Noch immer verdienen Frauen weniger, tragen die Hauptlast der Carearbeit, sind von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen und werden wegen ihres Geschlechts ausgegrenzt. So gilt es auch weiterhin, diese Strukturen aufzuzeigen, kritisch zu hinterfragen und nach Veränderungsmöglichkeiten zu suchen, um eine nachhaltige Entwicklung anzuregen, sodass Chancengleichheit und ein diskriminierungsarmes Arbeitsumfeld für alle Mitglieder der TU Darmstadt ermöglicht wird. sara-luise spittler Die Autorin ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte und Dezentrale Gleichstellungsbeauftragte des Fachbereichs Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften.

Foto: Katrin Binner
Die
Darmstadt, Doktorin Uta Zybell (li.), mit ihrer Vorgängerin
Ellen von Borzyskowski (Archivfoto aus dem Jahr 2014)

Erstmals vier ERC-Grants für einen TU-Forscher

Maschinelles Lernen für Elektronenmikroskopie: Leopoldo Molina-Luna erhält EU-Förderung

Leopoldo Molina-Luna, Professor für Elektronenmikroskopie an der TU Darmstadt, wird als erster TU-Forscher zum vierten Mal vom Europäischen Forschungsrat (ERC) gefördert. Nach einem Starting und einem Consolidator Grant erhielt Molina-Luna erneut einen Proof of Concept Grant. Das neue Projekt »BED -TEM «, das für 18 Monate mit 150.000 Euro gefördert wird, hat zum Ziel, Methoden maschinellen Lernens für die Anwendung der Elektronenmikroskopie benutzerfreundlich zugänglich zu machen. Es soll auf diese Weise dabei helfen, das Design von Experimenten zu optimieren.

»BED-TEM« (»Bayesian Experimental Design for in situ (Scanning) Transmission Electron Microscopy«) ist darauf angelegt, Forschenden ein neues Werkzeug zur Arbeit mit In-situ-(Raster)Transmissionselektronenmikroskopen, kurz (S)TEM, an die Hand zu geben: eine Softwareplattform, die dabei hilft, die Parameter von Experimenten zu optimieren.

Das Projekt zielt darauf ab, eine Softwareplattform einzuführen, die Bayes’sche Optimierung zur optimalen Versuchsplanung – eine spezielle Methode der Versuchsoptimierung, bei der maschinelles Lernen eingesetzt wird –mit der Analyse von Bildern verbindet, die von den (S)TEM geliefert werden. So können Forschende effizient die Parameter ihrer Experimente auswählen

und festlegen. Dieser Prozess wird derzeit oft noch von Versuch und Irrtum bestimmt. Die Plattform umfasst eine Benutzeroberfläche, Bildverarbeitungsund Versuchsplanungsmodule, die einen rationalisierten Arbeitsablauf und eine gute Benutzerfreundlichkeit bieten.

Zu den Herausforderungen des Vorhabens gehören die Anpassung des

ZUR PERSON

Leopoldo Molina-Luna ist seit März 2020 Professor an der TU Darmstadt und leitet das Fachgebiet Advanced Electron Microscopy (AEM) am Institut für Materialwissenschaft (Fachbereich Material- und Geowissenschaften) sowie das In Situ Microstructural Analytics Lab des Center for Reliability Analytics (CRA).

Er wurde im Fach Physik an der Eberhard Karls Universität Tübingen promoviert. Sein Postdoc-Fellowship am EMAT in Antwerpen wurde durch einen ERC Advanced Grant gefördert. Im Jahr 2018 erhielt er einen ERC Starting Grant (für das Projekt FOXON) und 2020 eine ERC Proof of Concept Grant (für das Projekt STARE) sowie einen MIT-Germany Global Seed Fund. Im Jahr 2023 erkannte der ERC ihm einen Consolidator Grant für sein Projekt »ELECTRON« zu. Molina-Lunas aktuelle Forschungen konzentrieren sich auf das Verständnis von Struktureigenschaftskorrelationen in funktionalen Materialien für die Energietechnik sowie auf die Entwicklung von in situ/operando Transmissionselektronenmikroskopie.

PROOF OF CONCEPT GRANT

Ein Proof of Concept Grant ist eine Förderung, die die Forschungsgrants des Europäischen Forschungsrats (European Research Council, ERC) ergänzt. Er richtet sich ausschließlich an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die bereits einen ERC-Grant innehaben und ein Forschungsergebnis aus ihrem laufenden oder abgeschlossenen Projekt vorkommerziell verwerten möchten. Dies ist der erste Schritt zum Technologietransfer. Ziel eines Proof-of-Concept-Projekts soll es sein, das Marktpotenzial einer solchen Idee zu überprüfen.

ERC-Grants an der TU Darmstadt: https://shorturl.at/ZBsQo

maschinellen Lernens an (S)TEM-Daten und die Sicherstellung der Marktnachfrage nach der Softwareplattform. Diesen Punkten wird das Projekt unter anderem durch enge Zusammenarbeit mit Praktiker:innen und Industriepartner:innen begegnen.

So soll eine Softwarelösung entstehen, die an den Bedürfnissen der Benutzer:innen ausgerichtet und wirtschaftlich tragfähig ist.

IN-SITU-EXPERIMENTE KÖNNTEN REVOLUTIONIERT WERDEN

Das Team um Molina-Luna schließt durch den Einsatz von Fachwissen im Bereich des maschinellen Lernens und Expertise beim Thema (S)TEM eine Lücke zwischen komplexen Versuchsaufbauten und der praktischen Anwendung von Bayes’schen Methoden. Damit könnte die Durchführung

von In-situ-Experimenten revolutioniert werden.

»BED-TEM« hat zudem großes Potenzial auch für die Wissenschaft und die Weiterentwicklung der Materialwissenschaften als Disziplin. Die neue Software soll eine präzise Charakterisierung des Verhaltens von Materialien auf der Nanoskala unter realen Bedingungen ermöglichen. Potenzielles Anwendungsfeld ist unter anderem die Nanoelektronik.

AUFBAU AUF ERC-GEFÖRDERTEM PROJEKT FOXON

Mit dem Projekt BED-TEM baut Molina-Luna auf das Projekt »Functionality of Oxide based devices under Electricfield: Towards Atomic-resolution Operando Nanoscopy« (FOXON) auf, für das er 2018 einen ERC Starting Grant erhielt. sip

Professor Leopoldo Molina-Luna
Foto: Cruz Garcia
Fotos: Lilly Seigfried

Gleich vier junge Forschende der TU Darmstadt sind vom Europäischen Forschungsrat (ERC) für exzellente und innovative Grundlagen- und Pionierforschung mit einem Starting Grant ausgezeichnet worden. Die ausgewählten Early Career Researchers erhalten für ihre Projekte über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt je rund 1,5 Millionen Euro. Das sehr gute Abschneiden zeigt einmal mehr die Forschungsstärke der TU Darmstadt – auch im internationalen Vergleich.

Nachhaltig, sicher, bezahlbar

Das geförderte Projekt »MAG-TOOL« von Dr. Pelin Tozman

Dauermagneten sind von zentraler Bedeutung für grüne Technologien. Ihre Produktion erfordert aber teure und umweltschädliche Rohstoffe. Die Materialwissenschaftlerin Dr. Pelin Tozman von der TU Darmstadt forscht deshalb im Projekt »MAG-TOOL « an ressourcenschonenden Alternativen.

Dauermagneten auf Nd-Fe-B-Basis (Neodym, Eisen und Bor) sind seit ihrer Erfindung im Jahr 1984 das Material der Wahl für Anwendungen, die hohe Leistungen erfordern. Heute sind sie zum Beispiel in Elektrofahrzeugen und Windturbinen im Einsatz. Allerdings müssen für den Betrieb der Magneten bei Temperaturen von über 100 Grad Celsius schwere Seltene Erden wie Dysprosium und Terbium verwendet werden – äußerst kritische und knappe Rohstoffe. Das macht die Technik sehr kostspielig, umweltgefährdend und anfällig in den Lieferketten.

Allerdings wurde trotz jahrzehntelanger Forschung noch keine praktische Alternative zu Nd-Fe-B-Magneten gefunden. Das will Pelin Tozman nun ändern. Sie forscht an Magneten mit Inhaltsstoffen überwiegend aus Eisen zusammen mit Samarium, die zum Teil sogar bessere magnetische Eigenschaften haben als Nd-Fe-B und einen geringeren Anteil an Seltenen Erden benötigen. Mit neuartigen Legierungen will die Wissenschaftlerin die magnetischen Eigenschaften der Komponenten optimieren.

Neue Wege in der Kernphysik

Das geförderte Projekt »DeformedNuclei« von Dr. Alexander Tichai

Alexander Tichai erhält für sein Projekt »DeformedNuclei – Ab initio Beschreibung von deformierten Kernen« einen Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (European Research Council – ERC). In dem Projekt aus der physikalischen Grundlagenforschung entwickelt der theoretische Physiker neue Methoden, um deformierte Atomkerne mithilfe von Kernwechselwirkungen gezielt zu untersuchen und die Auswirkungen der Wechselwirkungsmodelle auf die vorhergesagten Kernformen zu analysieren.

Die Kernphysik bildet eine wichtige Grundlage für unser derzeitiges Verständnis des Universums. Die Beschreibung von Atomkernen und Kernmaterie verbindet mikroskopische Systeme mit makroskopischen Objekten in der Astrophysik. Ein genaues Verständnis der vielfältigen Kernphänomene und ihrer Entstehung aus der Wechselwirkung zwischen Neutronen und Protonen wirkt sich auf viele Teilbereiche der modernen Physik aus. Trotz enormer Fortschritte in den vergangenen Jahrzehnten fehlt es noch immer an einer vollständig kontrollierten Beschreibung der Kerne über die gesamte Nuklidkarte. Insbesondere viele experimentell relevante Kerne weisen exotische Formen auf, bei deren Beschreibung Kernphysiker:innen immer noch auf

Im Rahmen ihres Projekts »MAG-TOOL« will Tozman, die am Fachgebiet Funktionale Materialien (Fachbereich Material-und Geowissenschaften) unter Leitung von Professor Oliver Gutfleisch arbeitet, auch Künstliche Intelligenz in Form von maschinellem Lernen einsetzen, um die Eigenschaften unterschiedlicher Zusammensetzungen vorherzusagen. Ein hochmoderner Werkzeugkasten wird die Zahl der dafür notwendigen Experimente drastisch reduzieren. Die Kombination aus innovativer experimenteller Materialbearbeitung und maschinellem Lernen macht das Forschungsprojekt einzigartig. Das Ziel ist die Entwicklung eines neuen Mittel- und Hochleistungsmagneten, der Ressourcen schont und dessen Elemente sicher, bezahlbar und nachhaltig sind. mih

ZUR PERSON

Alexander Tichai promovierte 2017 an der TU Darmstadt bei Professor Robert Roth und absolvierte Forschungsaufenthalte an der Michigan State University in den USA. Zwei Jahre arbeitete Tichai zudem als Postdoc an der CEA Saclay in Frankreich, bevor er 2019 an das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und die TU Darmstadt wechselte. Dort ist er derzeit ein Athene Young Investigator Fellow in der Arbeitsgruppe von Professor Achim Schwenk.

Das Verständnis des Ursprungs deformierter Kerne und die Unsicherheiten in deren theoretischer Beschreibung sind zentrale Aufgaben des Forschungsvorhabens. Als übergreifende Fragestellung ergibt sich laut Tichai: »Was ist der effizienteste Weg, exotische Kerne zu beschreiben?« bjb gefördert wird. Sie hat am Trinity College in Dublin promoviert und mehrere Jahre in Japan als Postdoc am Research Center for Magnetic and Spintronic Materials gearbeitet sowie als Research Fellow am International Center for Young Scientists des National Institute for Material Science in Tsukuba nahe Tokio.

phänomenologische Ansätze zurückgreifen, die auf unkontrollierten Näherungen beruhen und daher nur begrenzte Vorhersagekraft besitzen. Mit seinem Forschungsprojekt versucht Alexander Tichai vom Institut für Kernphysik der TU Darmstadt das zu ändern. Er entwickelt neue systematische Methoden, um deformierte Kerne mithilfe von Kernwechselwirkungen gezielt zu untersuchen und die Auswirkungen der Wechselwirkungsmodelle auf die vorhergesagten Kerneigenschaften zu analysieren.

Foto:KlausMai

Der KI einen Roboterkörper geben

Das geförderte Projekt SIREN von Professorin Georgia Chalvatzaki

Das Forschungsprojekt »SIREN « an der TU Darmstadt ist vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting Grant ausgezeichnet worden. Professorin Georgia Chalvatzaki erforscht neuartige KIRoboter-Softwarearchitekturen, die es menschenähnlichen Robotern ermöglichen, anspruchsvolle Aufgaben in unstrukturierten und dynamischen Umgebungen zu erfüllen.

Menschen können die verschiedensten anspruchsvollen Aufgaben in unserer unstrukturierten und unsicheren realen Welt mühelos erledigen. Doch bis zur Entwicklung einer »verkörperten« Künstlichen Intelligenz ist es für Roboter noch ein weiter Weg. Dank leistungsstarker neuronaler Modelle und umfangreicher Datensätze hat das Lernen von Robotern zuletzt bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Dennoch bleiben offene Forschungsfragen: Brauchen wir massive Architekturen und Daten, um Roboter mit einer »Künstlichen verkörperten Intelligenz« auszustatten, damit sie lernen, Aufgaben zu lösen, die für Menschen intuitiv sind? Und wie können wir wesentliche Fortschritte auf dem Weg zu robusten und anpassungsfähigen lernenden Robotersystemen machen, die in der dynamischen realen Welt zuverlässig funktionieren?

Das Projekt SIREN (»Structured Interactive Perception and Learning for Holistic Robotic Embodied Intelligence«) von Georgia Chalvatzaki widmet sich der Beantwortung dieser Fragen. Im Rahmen ihres vom ERC geförderten Projekts wird die Wissenschaftlerin die Prinzipien erforschen, die der komplexen Interaktion zwischen Roboter und Umgebung zugrunde liegen und bestimmen, wie sich diese Interaktion entwickelt.

SIREN schlägt eine neue systemische Sichtweise vor, wie Roboter lernen können: eine einzigartige, ganzheitliche Darstellung des Roboters und seiner Umgebung als integriertes System. Im Rahmen des Projekts wird untersucht, welche Merkmale des Aktions-Wahrnehmungs-Zyklus für die Entwicklung einer verkörperten Roboterintelligenz entscheidend sind.

NEUE WEGE FÜR KÜNFTIGE

BAHNBRECHENDE FORSCHUNGEN

Die Ergebnisse von SIREN werden es Robotern wie humanoiden mobilen Manipulatoren – Robotersystemen mit Armen, Kopf und einer mobilen Basis – ermöglichen, sich in unstrukturierten, menschenähnlichen Umgebungen eigenständig zurechtzufinden. Zudem wird es ihnen so möglich, anspruchsvolle Aufgaben zu erfüllen, die eine reibungslose und effiziente Koordination von Wahrnehmung und Handlung erfordern. Der von SIREN vorgeschlagene Paradigmenwechsel eröffnet neue Wege für zukünftige bahnbrechende Forschung, die auf den Ergebnissen von SIREN für kontinuierlich lernende Robotersysteme beruht, die in ihre Umgebung integriert sind und sich mit ihr weiterentwickeln. sip

Der überzeugende digitale Doppelgänger

Das geförderte Projekt »Learning Digital Humans in Motion« von Professor Justus Thies

TU-Professor Justus Thies wird für sein Projekt »Learning Digital Humans in Motion« vom Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting Grant gefördert. Das spannende Forschungsziel: Bildverarbeitung und Grafik zu entwickeln, mit denen sich lebensechte digitale Abbilder von Menschen für die immersive digitale Welt erzeugen lassen.

Wenn die Rede davon ist, dass Menschen im digitalen Raum unterwegs seien, heißt das längst mehr, als am Rechner oder Smartphone über die Tastatur zu kommunizieren. Die Art, wie Menschen sich im Digitalen wahrnehmen und interagieren, ist im Umbruch begriffen und rückt näher an »reale« Begegnungen heran. In der Entwicklung sind neue Technologien, mit denen Menschen in 3D digitalisiert werden, sodass ihre digitalen Doppelgänger (digitale Menschen) in Anwendungen der virtuellen Realität betrachtet werden können. Diese digitalen Menschen sind vor allem für die immersive Telepräsenz interessant: virtuelle Welten, die den Nutzenden das überzeugende Gefühl geben, ein realer Teil davon zu sein.

In der erweiterten (Augmented Reality) oder virtuellen (Virtual Reality) Realität können digitale Menschen sich gegenseitig sehen und miteinander agieren. Anwendungsmöglichkeiten sind beispielsweise die immersive Telekommunikation, virtuelle Spiegel im E-Commerce oder Unterhaltungsmöglichkeiten wie Computerspiele.

Die besondere Herausforderung dabei: Ein überzeugendes, immersives Erlebnis erfordert eine qualitativ hochwertige Wiedergabe des Aussehens und der subtilen Bewegungen der abgebildeten Menschen.

Professor Justus Thies und sein Team konzentrieren sich im Rahmen des ERC-geförderten Projekts »Learning Digital Humans in Motion« auf die Bildverarbeitungs- und Grafikaspekte der Erfassung von Menschen. Die Forschenden werden analysieren, wie sich

ZUR PERSON

Menschen bewegen und datengesteuerte Bewegungssynthesemethoden entwickeln. Ziel ist die Realisierung kontaktreicher, digitaler Menschen mit handelsüblicher Hardware. Dabei soll unter anderem die Frage beantwortet werden, ob natürliche Sprache für die Rekonstruktion, Darstellung und Modellierung des Aussehens, der Bewegung und der Interaktionen digitaler Menschen genutzt werden kann. sip

Justus Thies ist seit 2023 Professor für »3D Graphics & Vision« am Fachbereich Informatik der TU Darmstadt sowie unabhängiger Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe »Neural Capture & Synthesis« am Max-Planck-Institut Intelligente Systeme in Tübingen, wo er seit 2021 tätig ist. Er promovierte in Informatik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und forschte als Postdoc an der TU München. Die European Association for Computer Graphics zeichnete Thies mit dem angesehenen Eurographics Young Researcher Award 2024 aus. Thies ist Mitglied des Hessischen Zentrums für Künstliche Intelligenz (hessian.AI). Seine Forschungsgruppen arbeiten an der Schnittstelle zwischen Computergrafik, Computer Vision und maschinellem Lernen.

ZUR PERSON

Georgia Chalvatzaki ist seit 2023 Professorin für Interaktive Roboterwahrnehmung und Lernen (PEARL) und leitet seit 2021 die DFG Emmy Noether-Forschungsgruppe iROSA (Intelligent Robotic Systems for Assistance) an der TU Darmstadt, zunächst als unabhängige Forschungsgruppenleiterin, seit 2022 als Assistenzprofessorin. 2021 wurde Chalvatzaki von der Deutschen Gesellschaft für Informatik zum »KI-Newcomer des Jahres« und zum »RSS-Pionier des Jahres« gewählt. Chalvatzaki ist Mitglied von hessian.AI, dem hessischen Zentrum für Künstliche Intelligenz. Ihre Forschung im Bereich autonomer Roboter konzentriert sich auf robotisches Greifen, Manipulation, mobile Manipulation, Bewegungs- und Aufgabenplanung sowie Mensch-Roboter-Interaktion.

ERC STARTING GRANT

»ERC Starting Grants« werden vom Europäischen Forschungsrat (ERC) an Wissenschaftler:innen aus allen Disziplinen bis zu sieben Jahre nach der Promotion vergeben. Mit der Auszeichnung will die Europäische Union herausragende Forschung und Early-Career-Wissenschaftler:innen fördern. Der »Starting Grant« richtet sich an Forschende am Beginn ihrer Karriere, die schon exzellente Arbeiten vorweisen können und eine eigenständige Forschung oder eine eigene Arbeitsgruppe aufbauen möchten.

Foto:Katrin Binner
Foto:PatrickBal

Ohne sie läuft wenig…

TU-Beschäftigte im Porträt

Lea Schell hat neben ihrer Tätigkeit im Dezernat IV der TU Darmstadt ein außergewöhnliches Ehrenamt: Die 28-jährige Imkerin ist amtierende Odenwälder Honigkönigin. Wir haben ihr ein paar Fragen zu ihrer Arbeit und ihrem Hobby gestellt.

Liebe Frau Schell, wie würden Sie Ihre Tätigkeit an der TU Darmstadt kurz beschreiben?

Meine Hauptaufgabe ist das Prozessmanagement des Dezernats IV. Das heißt, ich entwickele gemeinsam mit den einzelnen Referaten die Arbeitsabläufe und Prozesse unseres Dezernats. Ich identifiziere dabei Schnittstellen und suche nach Optimierungspotenzialen.

Meine Erfahrung in diesem Bereich bringe ich als Kernteammitglied auch in das Projekt Pro4TU (Einführung von Prozessmanagement an der TU Darmstadt) ein.

Zudem bearbeite ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen verschiedene Grundsatzthemen.

Anhand welcher Beispiele erklären Sie Außenstehenden, wie Ihr Arbeitsalltag konkret aussieht?

Ich unterstütze die Mitarbeitenden des Dezernats IV mithilfe von Prozessmanagement bei der Erreichung verschiedener Ziele. Dazu zählen beispielsweise die Beantwortung der W-Fragen (Wer? Wann? Was? Warum?) im Hinblick auf die Arbeitsabläufe. Ein Teil davon ist auch die Standardisierung dieser Abläufe. Gemeinsam arbeiten wir außerdem an der Erstellung einer aktuellen Datenbank mit allen Prozessen. Wo gibt es in Ihrer Arbeit Schnittstellen zu anderen Gebieten?

Schnittstellen lassen sich in fast allen Bereichen des Dezernats finden. Das Dezernat IV ist zum Beispiel für die Schließanlagen und die Flächenvermietung für Veranstaltungen zuständig. Beides Themen, bei denen das Dezernat mit allen Bereichen der TU in Kontakt kommt.

Als Prozessmanagerin spielen gerade diese Schnittstellen eine wichtige Rolle in meiner Arbeit, da das Prozessmanagement unter anderem dazu dient, die Arbeitsschritte an diesen Schnittstellen zu harmonisieren und so einen reibungslosen Prozessablauf zu gewährleisten. Ich arbeite also täglich an Schnittstellen.

Der beste Ausgleich zu einem stressigen Arbeitstag ist …

… das Imkern! Bei der Arbeit mit meinen Bienen vergesse ich alles andere. Wenn ich mal etwas mehr Zeit habe, erkunde ich beim Gerätetauchen gerne die Unterwasserwelt.

Wie haben Sie den beruflichen Weg in die TU Darmstadt gefunden?

Nicht direkt! Nach dem Abitur hatte ich keinen konkreten Berufswunsch und habe daher erst einmal mein Interesse zu Asien verfolgt, indem ich an der Goethe-Universität Sinologie (Chinesische Sprache, Kultur und Geschichte) studiert habe. Das dritte Semester fand in Shanghai an der Fudan-Universität statt. Durch das Auslandssemester wurde ich völlig aus meinem Alltagstrott gerissen und hatte viel Zeit zu reflektieren. Dabei habe ich erkannt, dass ich mir keine berufliche Zukunft auf diesem Weg vorstellen kann.

Zurück in Deutschland habe ich recherchiert, was stattdessen zu mir passen könnte. So habe ich den dualen Studiengang »Bachelor of Public Administration« gefunden. Die Mischung aus Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften hat das Studium für mich sehr interessant gemacht. Der theoretische Teil findet an der »Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit« in Wiesbaden statt und der praktische Teil bei einer Behörde. Beim Vorstellungsgespräch an der TU Darmstadt hat es dann gepasst.

Welches Ereignis aus Ihrem Arbeitsalltag werden Sie so schnell nicht vergessen?

Zum einen wären da die Praxisphasen meines dualen Studiums an der TU. Während meines Studiums konnte ich viele Bereiche der zentralen Verwaltung erleben: Dezernat I, Dezernat III, Dezernat IV, Dezernat VII und Dezernat VIII. Beispielsweise habe ich 14 Wochen im Referat VIII C verbracht. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich die Erfahrungen aus meiner Zeit in China anwenden konnte, da ich

IM GESPRÄCH MIT …

Name: Lea Schell

Alter: 28

Dezernat/Einrichtung: Dezernat IV, Stabsstelle Strategie und Grundsatz

Aufgabengebiet: Prozessmanagement und Grundsatzthemen

Letzte berufliche Station vor der TU: Sinologie- Studium an der Goethe Universität Frankfurt Dienstjahre an der TU: sechs

im Referat VIII C unter anderem Kontakt zur Partneruniversität in Shanghai, der TongjiUniversität, pflegte.

Zum anderen erinnere ich mich noch gut an den Wiedereinzug in das Schloss. Zu dieser Zeit war ich noch im Flächenmanagement tätig und habe den Einzug in das Schloss begleitet. Das war eine sehr interessante, aber auch intensive Zeit.

Neben Ihrer Tätigkeit an der TU haben Sie ein besonderes Ehrenamt: Sie sind amtierende Odenwälder Honigkönigin. Wie sind Sie dazu gekommen, und was macht Ihnen daran besonders viel Freude?

Ich war bereits seit einiger Zeit Mitglied im Imkerverein Erbach-Michelstadt und im Kreisverein Odenwälder Imker. Das Amt der Odenwälder Honigkönigin war zu dieser Zeit vakant, und ich wurde von meinem Verein für die Position nominiert.

Ich habe mich sehr über diese Ehre gefreut und die Rolle daher angenommen. Seitdem darf ich die Region und die Imker sowohl national als auch international vertreten.

Am meisten Freude bereiten mir die zahlreichen Veranstaltungen, auf die ich eingeladen werde, wie nach Südtirol oder auf die Grüne Woche nach Berlin. Im Jahr sind das bis zu 50 Events.

Ich freue mich auch immer auf die interessanten Menschen, die ich auf diesen Reisen treffe. Zum Beispiel habe ich im September Ministerpräsident Boris Rhein auf Schloss Biebrich getroffen und Anfang des Jahres den Minister für Umwelt- und Landwirtschaft Ingmar Jung kennengelernt.

Neben diesen repräsentativen Tätigkeiten habe ich es mir selbst zur Aufgabe gemacht, Informationen zu verbreiten. Dazu nutze ich zum Beispiel meine Social-Media-Kanäle. Zu meinen Herzensthemen gehören Wildbienen und die Aufklärung über Schottergärten.

Lea Schell
Foto: Barbara Hawlitzki
Die Odenwälder Honigkönigin Lea I.

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