un-plaqued Magazin für Mensch und Bildung
No 20 Leben un-plaqued Magazin für Mensch und Bildung
Leben
AUSGABE No 20 / D 8 €
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auf der IDS 2013 unsere zukunftsweisenden Weltpremieren und
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derner Zahnärzte und Zahntechniker entwickelt. So auch mit
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BdZA und VDDI laden euch herzlich ein in die GENERATIONLOUNGE auf der IDS 2013: _ entspannte Atmosphäre und Raum für Gespräche _ Treffpunkt der nationalen und internationalen Studenten und jungen Zahnärzte _ Aktion »Dein Rat an die nächste Generation« _ tägliche Gewinnspiele mit iPads, Reisen, Fahrertraining uvm. _ Generationlounge Think Tank mit Diskussionen, Interviews und Seminaren
1
Editorial
9
Contributor
10
Zahn der Zeit
12
Leben in Zahlen
THEMA 14
*†
16
So ist das Leben
22
Der seltene Vogel Mensch
28
The best things in Life are for free
38
Leben in Freiheit
42
Ein Interview mit dem Gesundheitsminister
46
Grübelst du noch oder lebst du schon?
52
Leben – daneben!
56
Am Anfang war das Licht
63
Was ist dein Leben? Interviews
80
Die Suche nach Unsterblichkeit
IDS 92
Bigger & Better
FOREVER YOUNG 102 Was vom Leben übrig bleIbt 106 Ein Plädoyer für ein lebendiges Leben 112 After Winter comes Summer 116 10. VOCO Dental Challenge 120 Das Leben der Rose
THEORIE & PRAXIS 126 Wissen lebt! 130 Kann man Lebensqualität implantieren?
6 | un-plaqued No 20
134
Ich lebe! Meine Mitarbeiter auch?
136
Äpfel sind nicht nur für Zähne gut
140
Clubbing mal anders
142
Making of »You are the Voice«
un-plaqued No20
Good bye dentist 146
Das echte Leben
154
Onons Traum Teil 2: Alles neu!
158
Zahnheilkunde für Pferde
UN-PLAQUE YOUR LIFE 164
Das aufregende Leben der CassandraMichelle: 32 Leben
168
Musik, Harmonie und Angst
172
Music in the Box
174
Wusstet ihr schon?
176
Der gesunde Menschenverstand
un-plaqued No 20 | 7
IMPRESSUM un-plaqued # 20 Leben Auflage Erscheinung Format Bezugspreis
12.000 Winter 12/13 / deutschlandweit 230 x 160 mm 8 Euro
Herausgeber Ingmar Dobberstein Verlag un-plaqued:multimedia Verlagsgesellschaft mbH Oranienburger Str. 91, 10178 Berlin un-plaqued REDAKTION Chefredakteur Ingmar Dobberstein / i_dee @ un-plaqued.com Chefin vom Dienst Hanna Buttenberg / hanna @ worldoptimizer.com Politik Eric Weigel / eric @ un-plaqued.com Wirtschaft Jan-Philipp Schmidt / jp.schmidt @ bdza.de Hochschule Karen Dobberstein / kmd @ un-plaqued.com Mila Greiwe / mila.greiwe @ stud.uni-goettingen.de International David Rieforth / david @ un-plaqued.com Wissenschaft Hans-Christian Lux / h-c-l @ alumni-magazine.com Ina Scharenberg / ina@un-plaqued.com Fortbildung Patrik Halfin / maisterhp @ gmx.de Lifestyle Eike Wendland / icke @ graphicenvironment.com Musik Mieze Katz / mieze @ un-plaqued.com Mike Hellmich / mikerubin @ gmx.net Redaktionsassistenz Sascha Kötter / sascha @ un-plaqued.com Bildredaktion Anna K. Olthoff / annako @ un-plaqued.com Britta Zwarg / b @ quasigrafik.de Illustration Ion Jonas Schmidt / i @ quasigrafik.de Steffen Seeger / info @ steffenseeger.com Fotografie anna.k.o / Ingmar Dobberstein Schlussredaktion Dr. Antje Taffelt Gestaltung quasigrafik / pixel @ quasigrafik.de 8 | un-plaqued No 20
Kontakt info @ un-plaqued.com un-plaqued.com alumni-magazine.com Anzeigen Ingmar Dobberstein / i_dee @ un-plaqued.com / +49.170.559 23 05 Sascha Kötter / sascha @ un-plaqued.com / +49.151.1169 09 16 Druck Königsdruck, Alt-Reinickendorf 28, 13407 Berlin Unser Dank gilt allen wachen Geistern, die ihren Alltag mit bewussten Sinnen wahrnehmen, Fragen stellen, wenn Antworten gewünscht sind und Aussagen treffen, wenn Ruhe erbeten wurde, denen, die ihre Meinung äußern, auch wenn es gerade nicht der allgemeinen Auffassung entspricht. Und all denen, die ihr Leben leben, des Lebens wegen, auf allen Wegen. Ganz besonderer Dank geht an meine Familie und besten Freunde, weil sie mich immer wieder auffangen, wenn ich gerade Zick-Zack laufe & Hanna, Phili, Apparat und seiner Musik, Mila, Melchior, Karen, Britta & Jonas & Anouk, Mike, Eric, Lars, Alexander, Axelander, Adriane & Robin, Onon, Nadja, Barbara & Birgit, Sascha, Basti, meene Oma Erni, die Dobbersteine und die Freunde und Familien. Und an alle Frauen in meinem Leben ... =) Für die schönen Fotos unter dem Motto »The best things in life are for free« danken wir unseren lieben Fotografen: Birgit Kaulfuß / birgitkaulfuss.com Alexander Klebe / alexanderklebe.de Franziska Taffelt / franziskataffelt.com Max Blume / flickr.com/photos/mxblume Szary of Modeselektor / modeselektor.com Die in den Artikeln und Mitteilungen ausgedrückten Meinungen sind die der Autoren und nicht unbedingt die der Redakteure oder des Herausgebers. Redakteure und Herausgeber lehnen jede Verantwortung oder Haftung für den Inhalt ab und geben keinerlei Garantie, Gewährleistung oder Empfehlung für die Produkte, für die in dieser Zeitschrift geworben wird, oder für die Behauptungen, die von den Herstellern derartiger Produkte oder Dienstleistungen gemacht werden. Eine Haftung für Folgen aus unrichtigen oder fehlerhaften Darstellungen wird in jedem Falle ausgeschlossen. Die im Magazin veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Vervielfältigung oder Verwertung der Texte und Bilder sind mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ohne Einwilligung des Verlages strafbar.
© un-plaqued:multimedia 2013//
CONTRIBUTOR Karen Dobberstein ist Diplom-Psychologin und Coach, und arbeitet im Bereich Burn-out-Prävention, Resilienzberatung und Kommunikationstraining. Die Urberlinerin berät die UN-PLAQUED-Redaktion seit vielen Jahren in allen psychologischen Fragestellungen. In dieser Ausgabe geht sie der Frage auf den Grund, warum es Psychologen gibt, was sie tun, wie sie arbeiten und wozu es nützlich ist, ab und zu ein professionelles Gespräch über das eigene Leben mit seinen Herausforderungen und Zielen zu führen (ab Seite 46). Karen Dobberstein ist als Coach und Trainerin bundesweit tätig und berät verschiedene Unternehmen und Zahnarztpraxen in den Bereichen Kommunikation, Qualitätsmanagement und Mitarbeiterführung.
Melchior Moss lebt in Berlin und gründete zusammen mit seiner Schwester Felicia Kraus das Modelabel slowmo. Unter dem Motto »organic is not a fashion. it is a commitment.« entwerfen und produzieren sie Mode, die Natur und Großstadtflair verbindet. Der Ansatz der Nachhaltigkeit bildet die Grundlage für alle Produkte und Aktivitäten des Labels. Alle Kollektionen bestehen aus 100% kontrolliert-biologischen Materialien und sind frei von Kinderarbeit, Genmanipulation und Umweltverschmutzung. Melchior, der nebenbei das Magazin SLOWMAG herausgibt, schreibt zum ersten Mal für UN-PLAQUED – über Nachhaltigkeit in der Modeindustrie und die Herausforderung, lokale Unternehmen zu fördern … ab Seite 38.
Mila Greiwe lebt und studiert in Göttingen. Ihre große Leidenschaft sind ferne Länder und Kulturen und nicht zuletzt die Zähne. Von grenzenloser Neugier gepackt, zog sie nach dem Abitur einmal um den Globus, bevor sie in Osnabrück das Handwerk der Zahntechnik erlernte und im Anschluss für einige Monate in Südamerika praktizierte. Leben heißt für sie, all ihre Leidenschaften zu kombinieren. Fasziniert von den Geschichten der Menschen hinter den zahntechnischen Arbeiten, begann sie das Studium der Zahnmedizin. Mit dem Göttinger Magazin »Plaquativ« und der UN-PLAQUED entdeckte sie ihre Leidenschaft für´s Schreiben. Für die UN-PLAQUED »Leben« interviewte Mila unter anderem Gesundheitsminister Daniel Bahr, ab Seite 42.
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SVZM: Die Sommer-BuFaTa 2013 in Berlin!
Hause buchen, denn auch der wird euch viel zu
Nach 12 Jahren ist es wieder soweit: die Bundes-
Meldet Euch schnell an, die Teilnehmerzahl ist
fachschaftstagung kehrt zurück in die Haupt-
auf 200 begrenzt. Das BuFaTa-Hauptstadt-Pa-
stadt. Die Berliner Zahnis sind stolz, den Fach-
ckage wird 75 Euro kosten, nicht umsonst sind
schaftlern aus ganz Deutschland die Klinik für
wir arm, … aber sexy.
Zahn- Mund- und Kieferheilkunde in Berlin Wil-
Wir freuen uns auf Euch. //
früh vorkommen.
mersdorf im Südwesten der Stadt präsentieren
bufata-berlin.de
zu können. Die BuFaTa wird im Sommersemester 2013, vom 3. bis 5. Mai stattfinden. Alle Teilnehmer wohnen gemeinsam im »Happygolucky«-Hotel und werden am Freitagabend den legendärganz im Zeichen der studentischen Zusam-
Zaend: 2030 fehlen in Deutschland 300.000 medizinische Fachkräfte
menarbeit und mit Klinikführung, Workshops
In wenigen Jahren werden bei Ärzten und Pfle-
und Seminaren beginnen. Hier sollte man sich
gekräften mehrere zehntausend Vollzeitstellen
rechtzeitig über www.bufata-berlin.de anmel-
unbesetzt bleiben. Dies berichtet die »Welt«
den, denn die Plätze in den Workshops sind be-
und bezieht sich auf eine Studie der Unter-
gehrt und schnell vergriffen. Der Fachschafts-
nehmensberatung PricewaterhouseCoopers.
aussprache wird ab 14.00 Uhr stattfinden und
Auffallend sei, dass viele Absolventen auf die
einige Überraschungen bereit halten. Wir bit-
Facharztausbildung verzichteten und in berufs-
ten die Fachschaftsvertreter all ihre Gedanken,
fremde Branchen abwanderten.
Sorgen und Vorschläge zu sammeln, damit wir
In dem Bericht der »Welt« heißt es, dass zudem
eine produktive Diskussionsplattform schaffen
fast jeder vierte Arzt die ärztliche Tätigkeit frü-
können. Natürlich wird zu guter letzt die tradi-
her oder später aufgebe und in die Pharmain-
tionelle Präpolympiade mit Live-Übertragung
dustrie, die Wirtschaft oder die Verwaltung
in den großen Hörsaal veranstaltet werden. Bis
wechsele.
dahin heißt es üben, üben, üben! Nur die Bes-
In den medizinischen Berufen könnten 2020
ten kommen in den Präpolymp.
rund 33.000 Vollzeitstellen nicht besetzt werden,
Samstag Abend wird voll von Überraschungen
bei den Pflegekräften seien es sogar 212.000. Für
sein, damit die Gäste Berlin auf keinen Fall ver-
2030 werde prognostiziert, dass knapp 18 Pro-
gessen werden! Der Dresscode ist typisch Ber-
zent aller benötigten Vollzeitstellen unbesetzt
lin: So wie du bist und mit viel guter Laune.
blieben. In Rheinland-Pfalz und Brandenburg
Berliner Nächte sind lang und nehmen gerne
liege die Quote des Fachkräftemangels bei 28
unerwartete Ausgänge. Wer seinen Weg ins
Prozent.
Hotel zurück gefunden hat, kann mit den Berli-
Als hauptsächliche Gründe führe die Studie die
nern am Sonntag zum Alexanderplatz und nach
weiterhin ungünstige demografische Entwick-
ausführlichem Brunch die Stadt bei Tag erkun-
lung und den daraus resultierenden steigen-
den. Definitiv solltet ihr den letzten Zug nach
den Bedarf an Fachpersonal im medizinischen
en Stadtbezirk Mitte erkunden. Samstag steht
10 | un-plaqued No 20
Bereich an. Demgegenüber stünden vor allem
IDS 2013: Die Welt zu Gast in Köln
bei Ärzten veränderte Vorstellungen zur Ver-
Vom 12. bis 16. März findet die 35. Internationa-
einbarkeit von Privat- und Arbeitsleben. //
le Dental-Schau in Köln statt und wird ein weiteres Mal über 100.000 nationale und interna-
Ärzte Zeitung: Krank nach der Krise
tionale Besucher anziehen. Mit Sicherheit wird
Die Sparbemühungen in Folge der Finanzkri-
die Leitmesse in der Zahnmedizin und Zahn-
se gehen in mehreren EU-Mitgliedstaaten zu-
technik weltweit viele technische Innovatio-
lasten der Gesundheitsbudgets und treffen vor
nen bereit halten, immerhin findet sie nur alle
allem Patienten mit chronischen Krankheiten.
zwei Jahre statt.
Wachsende Arbeitslosigkeit in der EU hat zu einer Zunahme der Suizidraten und psychischer
Die größten Fortschritte sind weiterhin im Be-
Erkrankungen geführt. Dies zeigt der OECD-
reich des digitalen Workflows durch alle Ebe-
Gesundheitsbericht 2012. »Arbeitslosigkeit
nen und Fachbereiche hinweg zu erwarten.
und Hausverlust treiben Selbsttötungsraten
Ganz neu wird in diesem Jahr aber auch die
und Depressionen erschreckend in die Höhe«,
»Generationlounge« des BdZA in Kooperation
erklärte Professor Martin McKee von der Lon-
mit dem VDDI sein. Neben der Präsenz des Ver-
don School of Hygiene and Tropical Medici-
bandes auf dem Stand der Bundeszahnärzte-
ne. Eine jüngste Studie aus London belege die-
kammer gibt es nun erstmals die Möglichkeit,
sen Zusammenhang. Demnach geht ein Anstieg
im Rahmen der IDS ein auf junge Zahnärzte und
der Arbeitslosenrate um einen Prozentpunkt
-ärztinnen abgestimmtes Programm zu gestal-
mit einem Anstieg der Selbsttötungen um 0,79
ten. Die Generationlounge bietet neben einer
Prozent einher. Steige die Arbeitslosenrate um
entspannten Rückzugsmöglichkeit im Messetru-
mehr als drei Prozentpunkte, steige die Sui-
bel vor allem die Austauschmöglichkeit mit den
zidrate sogar um 4,45 Prozent. So suchten bei-
nationalen und internationalen Kollegen, Assis-
spielsweise in Spanien deutlich mehr Menschen
tenten und Studenten. Unter der Aktion »Dein
wegen psychischer Probleme wie etwa Depres-
Rat für die nächste Generation« werden tägli-
sionen einen Arzt auf als vor der Krise. In Grie-
che Gewinnspiele stattfinden und satte Preise
chenland stieg 2010 im Vergleich zum Jahr zuvor
verlost.
die Zahl der Aufnahmen in öffentliche Krankenhäuser um 24 Prozent. Außerdem werden dort
Der BdZA bemüht sich, mit Projekten wie der
je 1000 Einwohner die meisten Kernspinauf-
Generationlounge die Kommunikation und das
nahmen im OECD-Vergleich gemacht. Gleiches
Verständnis zwischen den Generationen der
gilt für die Zahl der Fachärzte je 1000 Einwoh-
Zahnmedizin zu fördern. Kommt vorbei.
ner. Dagegen ist der Anteil an Pflegekräften so
Passage zwischen Halle 4 und 5 //
niedrig wie in keinem anderen OECD-Land. // ec.europa.eu
generationlounge.de
un-plaqued No 20 | 11
THEMA / Leben
Leben IN ZAHLEN Zahl der Menschen, die 1970 auf dem Jakobsweg pilgerten················ 68
Menschen, die 2006 in Deutschland die katholische Messe besucht haben ·························3,6 Mio
Anteil der Kleinkinder, für die es in der DDR im Jahr 1989 einen Krippenplatz gab ···································80 %
Zahl der Menschen, die 2007 auf dem Jakobsweg pilgerten······114.026
Menschen, die in der Bundesliga-Fußball-Saison 2005/06 die Stadien besucht haben··············11,7 Mio
Anteil der Kleinkinder, für die es in Deutschland im Jahr 2011 einen Krippenplatz gab ···································25 %
Quellen Statistisches Bundesamt; »Die Welt in Zahlen 2012«; brand eins; statista.com
Jahresbruttolohn und -gehalt je Arbeitnehmer, in Euro 1980········15.052 1990········20.584 2000········25.347 2010········28.421
Lebensversicherungsbeiträge je Einwohner, in Euro 1980········214,30 1990········430,40 2000········744,30 2010········1.066,20
Anteil der Deutschen, die glauben, dass Stress hässlich macht ····································57 %
Anteil deutscher Arbeitnehmer, die 2009 pro Woche 50 Stunden und mehr gearbeitet haben ·······································5 %
Anteil der Deutschen, die nie unter Stress leiden ····································17 %
Anteil türkischer Arbeitnehmer, die 2009 pro Woche 50 Stunden und mehr gearbeitet haben ·······································45 %
Anzahl der Deutschen die glauben, dass Außerirdische insektenähnlich aussehen ···············30 %
Jährliche Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben in den USA, in Dollar······················7.410 Jährliche Pro-Kopf-Gesundheitsausgaben auf Kuba, in Dollar·························503 Durchschnittliche Selbstbeteiligung der Bürger an den Arztkosten in den USA··75,8 % Durchschnittliche Selbstbeteiligung der Bürger an den Arztkosten auf Kuba·····0 % Zahl der Ärzte pro 10.000 Einwohner in den USA············································26,7 Zahl der Ärzte pro 10.000 Einwohner auf Kuba···············································64
12 | un-plaqued No 20
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Thema / Leben
* 14 | un-plaqued No 20
Thema / leben
â€
un-plaqued No 20 | 15
so ist das leben TEXT und Foto Ingmar Dobberstein
16 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
A
nkommen möchte ich! Endlich ankom-
nur ein Moment und nie ein Dauerzustand sein
men, eine wohlige Ruhe spüren und Ge-
wird, schon allein deshalb, weil die Lebensre-
wissheit haben, dass die Dinge so, wie
alität uns schnell wieder erdet. Es ist unzwei-
sie sind, richtig sind.
fehaft so, dass das Leben nun mal nicht in einer geraden Linie verläuft, sondern eher einer
Was für ein Gefühl ist das eigentlich, und wel-
verworrenen Zickzackstruktur entspricht. Den
ches Bedürfnis steckt dahinter? Würde man
Gang des Lebens zu verstehen, ist vielleicht
den chinesischen Philosophen folgen, wäre
zum Ende unseres Lebens möglich. So oder so,
der Weg das Ziel und damit ein Ankommen gar
ganz gleich welches Bedürfnis wir betrachten,
nicht erstrebenswert. Würde man Heisenbergs
und unabhängig davon, wie viel Zeit und Auf-
Unschärferelation als quantenphysikalisches
wand wir investieren, um es zu erfüllen – es gibt
Naturgesetz hinzuziehen, könnten wir ohne-
einfach keine Garantie für das Gelingen oder
hin nicht unsere Position und die Bewegung un-
für die dauerhafte Befriedigung aller Grund-
seres Lebens gleichzeitig bestimmen. Da Bewe-
bedürfnisse.
gung, Dynamik und damit Veränderung ebenso zu den geltenden Naturgesetzen gehören, kann
Ohne Zweifel gibt es aber einen »Ort«, an dem
ein Ankommen maximal für einen Moment gel-
wir längst angekommen sind, wo wir höchst
ten, für eine Zwischenbilanz – für das ganze Le-
präsent sind: der neue Tag im Hier und Jetzt.
ben bleibt es nahezu unmöglich.
Wie lässt sich verstehen, dass wir zwar mit bei-
Und wo würden wir denn eigentlich ankom-
den Beinen im Hier und Jetzt stehen und Anwe-
men wollen? Unsere Grundbedürfnisse nach Si-
sende in unserem Leben sind, aber gleichzeitig
cherheit, sozialer Anerkennung oder auch un-
immer wieder von dem träumen, was wir noch
ser Streben nach Sinn und Glück sind in ihrem
nicht haben? Ist das das höhere Streben, das
Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken. Marcus Aurelius
komplexen Zusammenhang verständlich, aber
den Menschen ausmacht? Ist das die viel be-
bei genauerer Betrachtung kaum stetig und in
sagte Rastlosigkeit des menschlichen Wesens?
Gänze erfüllbar: Der Zufall in Gestalt von Unfällen, Krankheiten und anderer unvorherseh-
Dass das Schneller-höher-weiter-Prinzip nicht
barer Ereignisse kann trotz guter Lebensweise
zu den Naturgesetzen gehört, ist seit vielen
unsere Sicherheit aufs Schwerste erschüttern;
Jahren an der Entwicklung der abendländi-
und Anerkennung ist nie nur von unserem Ver-
schen Wohlstandsgesellschaft ablesbar. Nicht
halten und unseren Fähigkeiten abhängig,
nur dass sich statistisch nachweisen lässt (gap-
sondern immer auch von der sozialen Grup-
minder.org), dass die Entwicklung des Men-
pe, in der wir agieren. Und auch das Streben
schen auf einem gewissen Punkt der Quantität
nach Sinnhaftigkeit wird so sehr durch unser
stagniert und sich im Anschluss vielmehr auf
Wertesystem bestimmt, dass beides der glei-
der Ebene der Qualität fortentwickelt, auch
chen steten Veränderung unterliegt. Nicht zu-
der Blick in die Natur, auf biologische Prozes-
letzt das Glück, das bei genauerer Betrachtung
se lehrt uns, dass bestimmte Lebensumstände un-plaqued No 20 | 17
THEMA / Leben
das Einstellen eines Gleichgewichtes bewir-
wird außerdem deutlich, dass die meisten
ken, bei dem die Quantität als angestrebtes Ziel
westlichen Länder mit den vermeintlich höchst-
nicht vorkommt. Wir selbst sind der beste Be-
entwickelten Gesellschaften nicht im ersten
weis für dieses Phänomen, wenn man bedenkt,
Drittel der Glückseligkeit zu finden sind. Man
dass wir uns seit Jahren mit Krisen herumschla-
könnte daraus schließen, dass je höher der
gen, die durch unser eigenes Denken, Handeln
Wohlstand, umso geringer die Fähigkeit ausge-
und den fehlenden Willen zur Veränderung der
prägt ist, diesen Wohlstand als Glück zu emp-
Gesellschaft hervorgerufen wurden. Beispiels-
finden. Können wir also den Rachen einfach
Das einzige Mittel, das Leben zu ertragen, ist: es schön zu finden.
Rudolf Leonard
weise das Streben nach maximalen Gewinnen
nicht voll kriegen? Oder haben wir in der Situ-
auf Basis eines Wertpapierhandels, der zu oft
ation, nahezu nichts mehr entbehren zu müs-
einer wirtschaftlich-produktiven Grundlage
sen, verlernt, das Glück in unserem Hier und
entbehrt, oder der weitläufig verbreitete An-
Jetzt überhaupt wahrzunehmen?
satz der Industrie, durch vermeintliche Opti-
Vielleicht schlägt sich in den Statistiken nie-
mierungen der Produktion, meist auf Kosten
der, dass der Happy Planet Index zusätzlich
der schaffenden Menschen, jeden letztmögli-
den ökologischen Fußabdruck eines Landes
chen Cent aus dem System zu quetschen. Unter
berücksichtigt und ihn in den Gesamtindex mit
diesen Vorraussetzungen muss sich niemand
der subjektiv empfundenen Lebensqualität so-
wundern, wenn die Bürger dieses Landes, das
wie der statistischen Lebenserwartung in Rela-
eines der reichsten und bestentwickelten der
tion stellt. Allerdings ist Deutschland auch in
Welt ist, wieder Marx lesen und das System in
anderen Indizes bei Weitem nicht auf den vor-
Bezug auf seine Gerechtigkeit hinterfragen.
deren Plätzen. In der Database of Happiness
Beim Vergleich der persönlichen materiellen
landen wir gerade mal auf Platz 30, im Better
Ressourcen mit denen der Hilfs- und Rettungs-
Life Index der OECD auf Platz 17.
pakete für versiebende Banken und Länder
Ist alles nur eine Frage der Akzeptanz des ei-
kann der Gedanke aufkommen, die Bürger wä-
genen Glücks – eine Frage der Wahrnehmung?
ren Stückvieh der Gesellschaft, die zur Produktion verdonnert, aber nicht wirklich um echte
Das Leben ist ungerecht, ohne Zweifel. Man
Mündigkeit und Mitarbeit an der Gesellschaft
würde das auch Menschen in Deutschland sa-
gebeten werden.
gen hören, aber wirklich ungerecht kann man das Leben erst beim Blick auf die gesamte
In Deutschland haben wir dennoch die Mög-
Menschheit nennen. Wahrscheinlich ist es heu-
lichkeit, eines der schönsten Leben zu genie-
te genauso entscheidend wie vor 2.000 Jahren,
ßen, die auf diesem Planeten möglich sind. Er-
in welche Region, welche Familie und welchen
staunlicherweise sind die Deutschen im Happy
sozialen Stand man hineingeboren wird. Bewe-
Planet Index gerade mal auf Platz 46 gelandet,
gen wir uns einmal aus dem nationalen, ja so-
und das nach Ländern wie Costa Rica (Platz 1),
gar europäischen Dunstkreis hinaus, werden
Nicaragua (Platz 8) und Cuba (Platz 12). Betrach-
wir in vielen Ländern, die über uns gerankt
tet man die Statistik auf happyplanetindex.org
sind, Lebensumstände vorfinden, die deutlich
18 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
ungerechter sind als hierzulande. Die Beispie-
Menschen ist ja durchaus normal und notwen-
le dafür sind uns allen bekannt, denn sie wer-
dig, um sich irgendwo einordnen zu können.
den täglich in unseren Medien ausgestrahlt.
Wichtiger aber ist die Frage, wie man mit den
Obwohl wir diese Informationen auf allen uns
Ergebnissen dieser Standortbestimmung des
zur Verfügung stehenden Kanälen erhalten,
eigenen Lebens umgeht. Diese können schnell
scheinen sie keine Veränderung in der Wahr-
negativ wirken, wenn sie verdeutlichen, dass
nehmung unseres eigenen Glücks, nicht unter
andere Menschen in ihrem Leben mehr »er-
derartigen Umständen leben zu müssen, her-
reicht« haben. Vergleiche helfen aber auch
beizurufen. Klagen und Unzufriedenheit über
dabei, sich der eigenen Lebensentscheidungen
die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten –
bewusster zu werden. Dieser eigenverantwort-
landauf, landab immer wieder zu hören – sind
liche Ansatz wird entweder die Wahrnehmung
ein armseliges Zeugnis unserer mangelnden
des persönlichen Lebensglücks ermöglichen
Fähigkeit zu erkennen, dass gerade in diesem
oder aber die nötige Handlungsfähigkeit her-
Teil der Welt nahezu jede Chance besteht, sein
beiführen, neue Weichen für ein erfüllteres Le-
Leben mit Sinn und Glückseligkeit zu erfüllen.
ben zu stellen, sich der Dynamik des Lebens an-
Zumindest solange man sich dafür entscheidet
zupassen und trotz aller Veränderungen in der
und sich ein klein wenig dafür einsetzt.
Außenwelt eine Glücksfähigkeit zu entwickeln.
Diese Einstellung hat allerdings weder mit dem Gefühl des Ankommen-Wollens zu tun noch mit
Wir sollten uns allerdings bewusst machen,
der Forderung an die Gesellschaft, Glückselig-
dass Veränderung immer etwas mit dem Ver-
keit für seine Bürger bereitstellen zu müssen.
lassen des sicheren Hafens zu tun hat und es
Die Indizes wie auch die ganz persönlichen
nur menschlich wäre, wenn uns das zunächst
Glücksmomente des eigenen Lebens betrach-
verängstigt. Doch gibt es keine Alternative,
tend, wird man mit etwas Ehrlichkeit feststel-
keinen Weg, die Naturgesetze der Dynamik
len, dass Glücksempfinden unter Umständen
und Veränderung zu beeinflussen.
nicht zu unserem vorherrschenden Wertesys-
Wir können denken und uns zurechtreden, was
tem passt. Dabei haben schon Janet Jackson
wir wollen, die sogenannte Natur oder auch die
und Luther Vandross davon gesungen, dass
biologischen, chemischen und physikalischen
In der einen Hälfte des Lebens opfern wir unsere Gesundheit, um Geld zu erwerben. In der anderen Hälfte opfern wir Geld, um die Gesundheit wiederzuerlangen. Voltaire
die besten Dinge im Leben ohne Geld zu haben
Naturgesetze sind da völlig wertfrei und ken-
sind. Der Materialismus in unserem Denken,
nen das Bedürfnis nach Sicherheit nicht. Das
das Verständnis von Erfolg und angestrebten
Leben ist Veränderung!
Zielen scheinen dabei häufig sogar der Auslö-
Gerne unterscheide ich meine Mitmenschen
ser für unglückliche Momente zu sein. Der Ver-
in diesem Zusammenhang in Systement-
gleich des eigenen Lebens mit denen anderer
wickler und Systemerhalter, sowohl auf die un-plaqued No 20 | 19
THEMA / Leben
gesellschaftlichen und sozialen Prozesse als
über und hat eher zur Vernichtung einer Popu-
auch auf das jeweilig persönliche Leben bezo-
lation beigetragen als zu deren Zukunftsfähig-
gen. Dass der Mensch die Fähigkeit zu großen
keit. Beim Blick auf die Menschheitsgeschichte,
Veränderungen hat, wurde in der Geschich-
von unserem Sesshaft-Werden bis in die Mo-
te der Menschheit unzählige Male bewiesen.
derne, wird mehr als offensichtlich, dass nicht
Ebenso wie der Fakt, dass diese Veränderun-
wir Menschen dem Planeten sagen, wo die Rei-
gen nur aus einem selbst kommen können.
se hingeht, sondern er uns. Die Limitierung des
Natürlich wird alles, was wir tun und lassen,
Erreichbaren könnte uns heute klarer sein denn
durch äußere Reize oder andere Menschen be-
je zuvor, wenn wir den Gedanken nur akzeptie-
einflusst, aber eben auch nicht mehr. Die Su-
ren könnten. Er würde uns in das Hier und Jetzt
che nach Sinnhaftigkeit, Glückseligkeit und
katapultieren und die Fähigkeit herstellen, den
dem Ort unseres »Ankommens« ist also viel-
Moment zu genießen, gerade weil man nicht in
mehr eine Frage der eigenen Entscheidung als
jeder Situation nach etwas noch Höherem und
Das Leben ist hart und demnächst vorbei.
Klaus Olthoff
die der äußeren Lebensumstände – eine Ein-
doch Unerreichbarem streben würde. Der Blick
stellungsfrage also , die viel mit dem erlern-
in die Möglichkeiten des Augenblicks offen-
ten Wissen über Menschen, Gesellschaft und
bart die sehr realistische Handlungsfähigkeit,
Umwelt zu tun hat und an deren Anfang Selbst-
in diesem Moment entweder glücklich zu sein
erkenntnis und Selbstbekenntnis stehen: Ich
oder sich auch dagegen zu entschieden, weil lei-
darf so sein wie ich bin, natürlich unter Wah-
den gerade mehr zu einem passt.
rung der Regeln des sozialen Miteinanders,
Leonardo da Vinci sagte: »Wer das Leben nicht
aber eben auch unter Wahrung meiner Indi-
schätzt, der verdient es nicht.« Und ja, das Le-
vidualität inklusive des eingeschlagenen Le-
ben hat uns alle Fähigkeiten zum Empfinden
bensweges.
und Herstellen von Glückseligkeit gegeben: ein Gehirn zum bewussten Wahrnehmen der
Bei genauerem Blick auf meine Mitmenschen,
unbewussten Sinne und Gefühle; die Zeit, dies
aber auch auf mich selbst ist es erstaunlich, wie
zu üben, ohne dass wir uns dabei um das Funk-
häufig wir tradierten und überlieferten Le-
tionieren des biologischen Lebens unseres Kör-
benskonzepten und -weisheiten folgen. Dabei
pers kümmern müssten, sowie die Fähigkeit,
ist nichts gegen Traditionen zu sagen, die Kultur
dies an nachfolgende Generationen zu vermit-
bewahren und eine Herkunft vermitteln. Zu viel
teln, auf dass die Erfahrungen des Lebens nicht
Bewahrung stand allerdings schon immer eben
einfach mit dem Tode verpuffen.
dieser naturgesetzlichen Veränderung gegen-
So ist das Leben – Just do it! //
DAS LEBEN IST SCHÖN.
20 | un-plaqued No 20
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un-plaqued No 20 | 21
Thema / Leben
Der seltene Vogel Mensch TEXT Eric Weigel
Dieses Leben ist eines der schwierigsten. Für alle diejenigen, denen es noch nicht ins Auge gefallen ist: Der Begriff Leben erfährt in unserer Kultur eine inflationäre Verwendung. Ein Werbeblock, ein Blick in die gängigen Lifestylemagazine genügt, um festzustellen, dass mit dem Begriff »Leben« gespielt, gearbeitet, gedacht wird. Mach mehr aus deinem Leben! Besser leben! Wahres Leben! Es überhäufen sich die rezeptartigen Heilsversprechungen der Industrien angesichts einer wachsenden Zivilisationsnachfrage auf der Suche nach dem ›guten Leben‹. Offensichtlich gibt es einen ideellen Bedarf nach Hilfestellung bezüglich dieser Frage. Woraus resultiert dieser Bedarf? Ist dies eine den Menschen schon immer belastende Frage? Oder gibt es ein kritisches Geschichtsmoment, in dem die Frage nach dem guten Leben besonders intensiv wird? 22 | un-plaqued No 20
K
THEMA / leben
aum jemand charakterisiert die indivi-
Form zu verleihen, ein ethisches Moment, das
duelle Befindlichkeit des Menschen in
dem Gläubigen jederzeit und in jeder Lebens-
der Moderne so eindringlich wie der por-
lage beratschlägt, tröstet und führt. Gott war
tugiesische Schriftsteller Fernando Pessoa.
sozusagen der stets an die postmortale Exis-
Sein Tagebuchroman, »Das Buch der Unruhe«,
tenz im Jenseits erinnernde, beängstigende
ist ein perfekt ausformulierter Existenzialis-
Lifestyleberater im Diesseits. Diese Fremdbe-
mus avant les lettres, lange bevor Sartre ver-
stimmtheit ist eine psychologisch kuschelige
sucht hat, seiner Existenzphilosophie litera-
Blase: Das Leben scheint einfacher und leichter,
risch-illustratives Leben einzuhauchen. Schon
wenn eine höhere Instanz das Denken und die
Gott war sozusagen der stets an die postmortale Existenz im Jenseits erinnernde, beängstigende Lifestyleberater im Diesseits.
Entscheidungen abnimmt. Es ist bequem und verteilt die Verantwortung auf viele Schultern. Neben religiösen Anleitungen giert der Mensch praktisch nach ihn erleichternden Autoritäten: einem Gott, Therapeuten, Chef oder sogar dem Fernsehen. Die Kant´sche Maxime »Wage dich, zu denken« unterfütterte das ideelle Substrat, sich von religiösen Führungen zu lösen. Die Konsequenz dieses Paradigmas ist dichterisch erlebbar in Goethes Prometheus:
der Beginn eröffnet die Problemrahmung eines veränderten Zeitgeistes, der unmittelbar die
Ich dich ehren? Wofür?
Abwesenheit vormals lebensanleitender Ins-
Hast du die Schmerzen gelindert
tanzen feststellt:
Je des Beladenen? Hast du die Tränen gestillet
»Als die Generation geboren wurde, der ich an-
Je des Geängstigten?
gehöre, fand sie die Welt ohne Stützen […] vor.
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die zerstörerische Arbeit der vorangegangenen
Die allmächtige Zeit
Generation hatte bewirkt, dass die Welt […] uns keinerlei Sicherheit in religiöser Hinsicht, kei-
So weicht die Idee von einem führenden Gott
nerlei Halt in moralischer Hinsicht und keinerlei
der Idee von einem selbstbestimmten Men-
Ruhe in politischer Hinsicht bieten konnte. […]«
schen, der als Konsequenz (zunächst) befreit erscheint. Tenor ist stets, dass der Mensch
Tatsächlich lässt sich anhand gebündelter ide-
stark genug sei, durch eigene Kraft das Leben
engeschichtlicher Entwicklungen argumen-
zu meistern. Die der Macht Gottes vorbehalte-
tieren, dass spätestens mit dem ausgehenden
nen Wunder des Lebens wurden entkräftet. Die
19. Jahrhundert, der Mensch zu neuen Lebens-
Welt wurde durch Wissenschaft entzaubert.
wahrnehmungen gezwungen wird. Grob skizzierte Gründe dafür sind vor allem die zuneh-
Euphorisch warf man sich in dieses neue Zeital-
mende Verwissenschaftlichung der Welt und
ter, aber gerade jene Hineingeworfenheit wur-
damit des eigenen Lebens, gepaart mit einer
de alsbald zum Problem. Nunmehr losgelöst
überstürzenden Flut von Möglichkeiten ide-
sind wir aufgefordert, unser Leben selbst zu
eller und technischer Art. Von den Religionen
bestimmen. Die Moderne gewährt uns ein kaum
kann behauptet werden, es sei geradezu ihre
zu fassendes Angebot an Lebensentwürfen und
Elementarfunktion, dem sonst haltlosen Leben
aus der Werbung allseits bekannte lebensopti-
eine sinnstiftende und strukturierte moralische
mierende Mittelchen. Der Soziologe Gerhard un-plaqued No 20 | 23
Thema / Leben
Schulze formuliert, »Erlebe dein Leben!« sei
stehenden, anderen, besseren Lebensentwür-
der kategorische Imperativ unserer Zeit.
fe lässt uns zweifeln. Wieder mal sind die Hölle
Die Suche danach beginnt mit der Frage, wie
die anderen: Diesmal die anderen Leben. Diese
das eigene Leben sein soll? Bin ich eigentlich
offensichtliche ideelle Nachfrage ist der perfek-
kein Tankwart, sondern Deutschlands neu-
te Nährboden vermeintlich lebensbereichern-
er Superstar? Mit wem möchte ich mein Leben
der Konsumgüter. Ständig versprechen uns die
verbringen? Wo sollte ich wohnen, um mein Le-
Konsumstrategen, Instrumente für ein besser
ben optimal entfalten zu können? Wie möchte
gelingendes, glücklicheres Leben bereitzustel-
ich aussehen, damit ich glücklicher durch mein
len: Man sei glücklicher mit dem neuen iPho-
Leben gehe?
ne, das Leben werde gesünder durch die neu-
Die Entwicklung führte den Menschen zu einer
en linksdrehenden Joghurtkulturen, durch die
Kultur des »Ich-könnte«. Zwar kann man auch
sichere Altersvorsorge werde mein Leben auch
einer mittlelalterlichen Magd Träume von ei-
im Alter gut sein. Die Biorhythmus-App rech-
nem anderen Leben zutrauen, aber nie war
net anhand unserer Atmung aus, wann wir auf-
das Bewusstsein für die tatsächlich ergreifbare
stehen sollten, um ausgeruhter durch das an-
Möglichkeit eines anderen, erfüllten Lebens in
strengende Leben zu gehen. Mit Ritalin führst
einem so großen Machbarkeitsbereich wie heu-
du ein aktiveres, erfolgreicheres Leben. Jedem
te. Jeder ist sich über die Einzigartigkeit seines
Lebensbereich und jedem Lebensalter steht ein
Lebens im Klaren. Nach einem ersten Befrei-
gigantischer Werkzeugkasten der Optimierung
ungsrausch wächst alsbald der Druck, die Tor-
zur Verfügung: pharmazeutisch, technologisch,
schlusspanik, ein Entfaltungs- und Verwirkli-
fiskalstrukturell, stilistisch und auch in den Fra-
chungszwang und damit eine sich hinterrücks
gen der Liebe.
einschleichende Verzweiflung. Bilderreich beschreibt der häufig zitierte Verzweiflungsex-
Dabei sollen wir nur kurzfristig glücklicher wer-
perte Sören Kierkegaard moderne Möglich-
den. Unverkennbar ist die Industrie daran inte-
keitsverkettungen:
ressiert, den modernen Menschen nur bis zur nächsten Möglichkeit glücklich zu machen. So
»Man kann sich in der Möglichkeit auf jede
entspinnt sich ein sich ständig neu entfachen-
mögliche Weise verirren […] Wie sooft in Mär-
der Brand, ein sich immer wieder von selbst neu
chen und Volkssagen von einem Ritter erzählt
mit der Möglichkeit des Wunsches.«
Nie war das Bewusstsein für tatsächlich ergreifbare Möglichkeiten in einem so großen Machbarkeitsbereich wie heute.
Der seltene Vogel ist das mögliche Leben, das
schürendes Feuer, das unsere Konsumbereit-
wir führen könnten, das unablässige Verfol-
schaft atemlos auf Stand-by stellt. Kaum noch ist
gen, der subtile Druck, die Gier, das bestmög-
es nötig, dass der Markt uns befragen muss, was
liche Leben zu erreichen. Die Nacht ist die über
wir gerne hätten, denn wir selbst bringen unse-
das Individuum hereinbrechende Verlorenheit.
re geheimsten Wünschen zu den Märkten: mit
Das Wissen um die eventuell zur Verfügung
jedem gegoogelten Begriff, jedem »I like« und
wird, der einen seltenen Vogel erblickt, dem er unablässig verfolgt, wobei es anfangs so aussieht, als wäre er ihm ganz nah – aber dann fliegt er wieder weiter, bis es Nacht darüber geworden ist und er von den Seinen abgekommen ist, ohne den Weg in der Einöde finden zu können, in der er sich jetzt befindet: so ist es
24 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
mit jeder Treue-Kunden-Payback-Herzchen-
systematisch gewinnbringend bestellt und be-
Karte. Jede App, die wir herunterladen, zeigt
ackert, um den optimalen Ertrag zu erzielen.
dem interessierten Markt unsere Bedürfnisse,
Somit wird der Faktor Menschenleben zu ei-
Wünsche und Hoffnungen. Und unsere Lebens-
nem industriellen Bestandsstück, das versorgt
leerstellen, also all jenes, was wir uns für un-
werden will. Die dahinter wirkenden real-emo-
ser Leben wünschen. Perfekt, um neue Produk-
tionalen Existenzen sind dem auf Gewinnmaxi-
te zur Lebensverbesserung zu entwerfen. Jede
mierung ausgerichteten Markt egal; er stopft
Ecke des Lebens wird hinsichtlich ihrer ideellen
sie nur, mehrt sie, unterfüttert sie, bedient sie
und praktischen Bedürfnisse durchleuchtet. Für
und schürt neue Bedürfnisse.
jede Altersgruppe und jede Sinnkrise überbietet sich der Markt mit Angeboten. Im Sinne des
Wie also sollen wir in diesen Zeiten leben? Wie
deutschen Philosophen Martin Heideggers lässt
sollte unser Leben dem Leben begegnen, um ein
sich mit einer gewissen Kälte sagen, der Mensch
glückliches zu sein? Sicherlich sind Möglichkei-
wird innerhalb dieses Systems zu einer Art be-
ten begrüßenswert. Die Rückkehr in möglich-
stellbarem Feld. Die Bedürfnisse des Menschen
keitsärmere Gefilde wäre ein Rückschritt. Zu-
können bestellt werden, wie ein Bauer das Feld
weilen beobachtet man eine Lebensführung in un-plaqued No 20 | 25
Thema / Leben
der Askese; oft ideell untermauert von der Re-
ebene eine bestimmte ästhetische Haltung zum
kursion auf fernöstliche Lehren. Motiviert ist
Leben kultiviert werden, die uns helfe, das Le-
diese Methode leider allzu oft von einer reakti-
ben besser zu verstehen.
onären Nostalgie, die ihr Heil in der Entsagung sucht. Die Systemflucht wird zur Lebensflucht,
Zumindest unterhaltsam ist das Leben in ei-
die nichtsdestotrotz systemintern bleibt. Was
ner möglichkeitsüberfluteten Zeit. Blendend
also empfiehlt die Philosophie? Paradoxerwei-
ist das strahlende Lächeln der glücklichen jun-
se hat man auch hier die Auswahl zwischen un-
gen Menschen oder des Werbeidylls. Still und
zähligen lebensanleitenden Modellen, denn ein
unterschlagen sind die Momente, in denen uns
Großteil der Philosophie hat als Endkonsequenz
das Lachen vergeht. Allein und alleingelassen
Wage dich, zu denken.
besucht uns die Sorge um das eigene Leben in manchen Nachtstunden, wenn der Zweifel Einkehr hält. Tröstend ist die Einsicht, dass es kaum ein Erdenalter gab, in dem das Leben so span-
immer die Absicht, natürlich auch das Leben zu
nend war, in dem das Leben so von Geschichten
verbessern, und sei es durch die Einsicht in eine
angereichert, frei und narrativ war. Wir wan-
mitunter schmerzliche Wahrheit. Methodisch
dern durch ein Sammelsurium an hell erleuch-
kommen diese oft daher wie eine philosophi-
teten, uns anschreienden Artefakten. Glücklich
sche Dreiländerwirtschaft, wenn a) ein vergan-
scheint derjenige Idiot zu sein, dem es gelingt,
gener paradiesischer Zustand skizziert wird,
ein dichterisches Leben zu führen, das Leben
b) der Zerfall dieses Idylls analysiert wird, um
dichterisch wahrzunehmen, die Sorge umzukeh-
dann c) zu einer weiseren Rückkehr ins Paradies
ren in ein Erlebnis. Langsam werden wir muti-
zu gelangen. Der olle Schiller glorifiziert bei-
ger darin, auch Zweifel und Verzweiflung zu ar-
spielsweise in seinen »Briefen zur ästhetischen
tikulieren und sehen voller Erstaunen, dass die
Erziehung« dauernd den Hellenismus, dem eine
anderen mit ihren Schwächen mitleiden, mit-
Lebensführung inne gewesen wäre, die die quä-
fühlen, sich mitteilen, sich solidarisieren. Und
lende Kluft zwischen rein mechanischem Trieb
siehe da: Wir bemerken, wir sind nicht allein.
und zivilisierter Sittenkultur mittels einer äs-
Der Ritter, der dem seltenen Vogel folgt und
thetischen Wahrnehmung geschlossen hätte.
sich darüber verliert, reitet nicht alleine aus. Es
Interessanterweise entspinnt sich seitens mo-
sind ganze Armeen, mit denen wir unsere Le-
derner Philosophen immer wieder die Idee ei-
bensmöglichkeiten und die damit verbundenen
ner versöhnlich wirkenden und dadurch lebens-
schmerzlichen Symptome teilen können. Ma-
bereichernden Ästhetisierung des Denkens.
chen wir also selbst verloren im tiefsten Nacht-
Vollkommen systemintern solle auf Individual-
wald noch ein wärmendes Feuer. //
26 | un-plaqued No 20
Ein Sortiment mit unendlichen Möglichkeiten. Es gibt für alles eine Lösung. Von A wie AlphaKite bis Z wie ZR-Schleifer. Denn bei Komet finden Sie eines der umfassendsten Hersteller- und Lieferprogramme an rotierenden Instrumenten und Systemen für die Zahnheil-
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Thema / Leben
Das Leben in Freiheit TEXT Melchior Moss
F
reiheit in meinem Leben ist, meine Meinung äußern zu können, mich frei zu bewegen, frei zu sein von Hunger oder anderen Nöten. Freiheit bedeutet für
mich auch, die Wahl zu haben, eigene Entscheidungen zu treffen und mein Leben selbst gestalten zu können.
Nicht immer sind wir uns der Freiheiten im Alltag bewusst, und oft bemerken wir sie erst, wenn sie uns entzogen wurden oder wenn wir auf sie aufmerksam gemacht werden. Erst wenn sie nicht vorhanden sind, spürt man, wie wertvoll sogar die kleinsten Freiheiten sein können. Wir haben die Wahl und können deswegen Entscheidungen treffen. Je freier wir dabei sind, desto stärker wächst die Verantwortung. Unsere Entscheidungen beeinflussen dabei nicht nur uns selbst, sondern ebenso unsere Mitmenschen und unsere natürliche Umwelt. Die Tatsache, dass die Erde sieben Milliarden Menschen als Lebensgrundlage dient, sollte Grund genug sein, ihren Erhalt und Schutz in unsere Wahl mit einzubeziehen. Doch inwieweit stellen wir uns dieser Notwendigkeit, wenn wir eine Entscheidung treffen? Wo ziehen wir dabei die persönlichen Grenzen? Denkt man nicht eher zuerst an sich und die eigene Sicherheit? Schließen wir unsere Familie, Freunde, Bekannten und Verwandten selbstverständlich in unsere Entscheidungen mit ein? Denkt man auch an die Menschen, denen wir noch nie begegnet sind und die wir vielleicht auch niemals treffen werden, die aber genauso von unseren Entscheidungen betroffen sein könnten?
38 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Solange wir Entscheidungen frei treffen können, stehen wir auch in der Verantwortung für die Konsequenzen. An dieser Verantwortung gibt es nichts schönzureden, denn nur so geben wir auch allen anderen das Recht auf ein freies Leben, und das wäre der einfachste Weg zur Wertschätzung unserer eigenen Freiheit. Die Basis. Vor sieben Jahren habe ich eine Entscheidung getroffen, die mein Leben komplett verändert hat. Seither wächst meine Bewunderung für jene Menschen, die ihre Kraft und ihr Wissen in das Wohl aller investieren und die Gemeinschaft an ihrem immateriellen Reichtum teilhaben lassen. Damals hatte ich zusammen mit meiner Schwester Felicia das Modelabel slowmo gegründet. Unsere größte Herausforderung erwuchs aus der Frage: Ist es möglich, ein nachhaltig wirkendes, faires Unternehmen zu gründen und damit am Markt bestehen zu können? Der gemeinschaftliche Erfolg und die Wertschätzung jedes einzelnen Arbeitsschrittes sollten dabei im Vordergrund stehen. Faire Entlohnung für freie Arbeit. Es sollte ein Raum geschaffen werden für die persönliche Weiterentwicklung und die Freude an dem, was man tut, ohne dies auf Kosten anderer auszutragen. Slowmo war der passende Name für ein Unternehmen mit solchen Zielen. Das Wort ist abgeleitet von dem englischen Begriff »slow motion«, welches in der direkten Übersetzung »Zeitlupe« bedeutet. Für mich bedeutet slowmo jedoch eher eine Aufforderung zur Entschleunigung in der Gesellschaft. Ein Aufruf, sich Zeit zu nehmen, bewusst zu leben. Wie schwer dieses Unterfangen werden sollte, zeigte sich von Anfang an. Wir begannen im halbjährlichen Rhythmus eine Damen- und Herrenkollektion zu entwerfen und sie regional produzieren zu lassen. Mit der Textilbranche hatten wir uns allerdings einen der Wirtschaftszweige gewählt, der nach der Lebensmittelbranche weltweit die meisten Beschäftigten unterhält, einem enormem Konkurrenzdruck am Markt ausgesetzt ist und der ebenso zu den verantwortungslosesten Industrien zählt. In diesem Umfeld schienen Entscheidungen für eine soziale Struktur und einen gesunden Kreislauf in der Herstellung zunichte gemacht zu werden. Fast alle in der Branche ansässigen Unternehmen haben sich über die Zeit un-plaqued No 20 | 39
Thema / Leben
ausschließlich auf Gewinnmaximierung ausgerichtet. So fanden auch die Banken den slowmo-Businessplan aufgrund des Finanzteils mangelhaft. Unser anfänglicher Traum wurde schnell vom Alltag überschattet. Und neben der Verantwortung stieg auch der finanzielle Druck. Für Veränderungen muss man sich einsetzen, man muss an sie glauben, und glücklicherweise kommt nach jedem Tal, auch wenn es teilweise endlos schien, auch wieder ein Gipfel oder zumindest eine Aussicht. Die wichtigste Erkenntnis dabei war, die Firmenphilosophie nicht dem Finanzdruck unterzuordnen. Wir suchten nach alternativen Möglichkeiten für eine lokale Produktion und mussten schnell feststellen, dass viele der benötigten Maschinen für unsere Produktion schon längst nicht mehr vorhanden waren. Bis heute fehlt der Nachwuchs, und die Schwierigkeiten und Probleme der verbliebenen Textilmanufakturen und Strickereien sind enorm. Noch gibt es einige dieser alten Betriebe und vor allem auch das große, traditionsreiche Wissen dahinter. Für unsere Zwecke fanden wir Firmen in Berlin, Thüringen und Sachsen, die wir je nach den zu verarbeitenden Materialien nutzen. Wir haben hier die Möglichkeit, durch den engen Kontakt zu den regionalen Herstellern unsere Firmenphilosophie und Entscheidungen umzusetzen. Dabei ist vor allem wichtig, dass sowohl die Arbeitsbedingungen, egal wo auf dieser Erde, als auch eine faire Entlohnung unseren Entscheidungen als Grundlage dienen sollten. Gerade weil Mode immer auch eine Geschmacksfrage bleiben wird und weil sie von Überproduktion geprägt ist, ist es von so hoher Bedeutung, dass große und kleine Unternehmen hier einlenken, umdenken und neue Wege beschreiten. Das Jahr 2013. Wir stehen weiterhin hinter unserer Grundentscheidung für eine regionale Produktion. Alle verwendeten Stoffe und Garne sind kontrolliert biologisch oder recycelt hergestellt. Ein Beispiel dafür, wie wichtig das Umdenken für die gesamte Branche sein wird, zeigt die industrielle Produktion der am häufigsten verwendeten Baumwolle. Der konventionelle Anbau von Baumwolle auf allen sechs Kontinenten dieser Erde ist für etwa sechs Prozent des globalen Süßwasserverbrauchs verantwortlich. Obwohl Baumwolle nur auf 2,5 Prozent der weltweit verfügbaren landwirtschaftlichen Nutzfläche 40 | un-plaqued No 20
16 % RUBRIK THEMA / leben
18 16
Anteil der Insektizide, der für
14
Baumwolle verspritzt wird
12 10 8
Anteil von Baumwolle auf
6
weltweit verfügbarer Landwirtschaftsfläche
4
2,5
2 0
angepflanzt wird, werden 16 Prozent aller Insektizide auf Baumwolläckern verspritzt. Für kein anderes landwirtschaftliches Produkt werden so viele Pflanzengifte eingesetzt. Nach Schätzungen der WHO sterben weltweit pro
Jahr 20.000 Menschen an einer Pestizidvergiftung beim Baumwollanbau. Doch neben den Fragen zum alternativen, ökologischen Anbau von Baumwolle muss man sich auch der Frage stellen: Ist Baumwolle überhaupt noch ein zeitgemäßes Material?
Es gibt unzählige weitere Beispiele dafür, warum es lohnenswert ist, sich für etwas Wichtiges einzusetzen. Und es gäbe noch mehr Beispiele dafür, die Freiheit des Lebens zu beschützen und dabei sein nahes, fernes und auch unbekanntes Umfeld in die unzähligen Entscheidungsprozesse mit einfließen zu lassen. Dass dies nur möglich ist, wenn ich mein eigenes Leben schätze und mir der Freiheiten, Zusammenhänge und Verantwortungen bewusst bin, versteht sich von selbst. Nehmen wir uns doch einfach etwas mehr Zeit für die weiteren anstehenden Entscheidungen. // un-plaqued No 20 | 41
Thema / Leben
Ein Interview mit Dem Gesundheitsminister Interview Mila Greiwe 路 FOTO Bundesministerium f眉r Gesundheit
42 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Vor 37 Jahren wurde Daniel Bahr in der Nähe von Koblenz im beschaulichen Lahnstein geboren. Nach Abschluss der Ausbildung zum Bankkaufmann, studierte er Volkswirtschaftslehre und Business Management an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Kurz vor der Jahrtausendwende begann seine politische Karriere als Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen. Seit 2011 ist er Bundesminister für Gesundheit in Deutschland und somit verantwortlich für das Wohlergehen von 80 Millionen Menschen. Dieser Verantwortung begegnet der Familienmensch Daniel Bahr mit großer Leidenschaft und dem Anspruch, neue Wege für ein soziales Gesundheitswesen zu finden. Für UN-PLAQUED beantwortet er einige essenzielle Fragen um die Zukunft der Gesundheitsversorgung und den Umgang mit den Menschen im Gesundheitswesen und natürlich auch zum Leben eines Gesundheitsministers.
UN-P: Angesichts der langjährigen Diskussi-
ärztlichen Versorgung – also mit ihren Ärztin-
onen über Vergütungen bei Ärzten und
nen und Ärzten – zufrieden sind. Auch speziell
Zahnärzten auch unter Berücksichtigung
für die Zahnärzte sieht es gut aus: 90 Prozent der
der sich demografisch wandelnden Gesell-
Deutschen bleiben ihrem Zahnarzt langfristig
schaft: Wie steht es um die Wertschätzung
treu und sind mit ihrem Zahnarzt »zufrieden«
der Millionen von Beschäftigten im Gesund-
bzw. »sehr zufrieden«. Zu diesem Ergebnis kam
heitswesen in Deutschland?
eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Al-
DB: Ärzte und Zahnärzte leisten eine wichti-
90 Prozent der Deutschen bleiben ihrem Zahnarzt langfristig treu.
ge und unverzichtbare Arbeit, und ihre Leistung muss angemessen honoriert werden. Das steht außer Frage, und dafür habe ich mich immer eingesetzt. Anfang 2012 ist die neue Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in Kraft getreten. Auch ohne Erhöhung des Punktwertes gibt es einen Honorarzuwachs von 345 Millionen
lensbach (IfD) in Zusammenarbeit mit dem Ins-
Euro. Das sind umgerechnet im Schnitt mehr als
titut der Deutschen Zahnärzte. Auch aus mei-
6.000 Euro für jeden Praxisinhaber. Manch ei-
nen Gesprächen mit Ärztinnen und Ärzten weiß
ner mag sich mehr erwartet haben. Tatsache ist
ich, dass ihnen die Bestätigung durch ihre Pati-
aber, dass dies die erste GOZ-Novellierung seit
entinnen und Patienten viel wert ist. Und dass
1988 war, wir den Stillstand überwunden ha-
sie das täglich erfahren dürfen!
ben und Zuwächse von sechs Prozent erreicht wurden. Auch wurde auf die Einführung ei-
UN-P: Hat ein soziales Gesundheitssystem in
ner Öffnungsklausel – ein Hauptanliegen der
Deutschland zukünftig noch eine Chance?
Zahnärzteschaft – verzichtet, und die Kassen-
DB: Wir haben in Deutschland ein weltweit ein-
zahnärztlichen Vereinigungen haben wieder
zigartiges Modell: Ein weitgehend selbstver-
die alleinige Verantwortung für die Honorar-
waltetes Gesundheitswesen sowie ein duales
verteilung erhalten.
Krankenversicherungssystem, das sich durch die Koexistenz von gesetzlicher Krankenver-
Wertschätzung bedeutet aber mehr als das,
sicherung und privater Krankenversicherung
was auf dem Girokonto landet. Erst Mitte De-
kennzeichnet. Sowohl das Eine als auch das An-
zember gab es eine Studie der Bertelsmann Stif-
dere ist historisch gewachsen. Obwohl es ei-
tung und der Barmer GEK, die feststellte, dass
nem ständigen Reformbedarf unterliegt, ste-
90 Prozent der Befragten mit der ambulanten
hen wir zu diesem Modell. Wir wollen weder un-plaqued No 20 | 43
Thema / Leben
eine Staatsmedizin noch die Einheitskasse oder
liche Versorgung immer Bestandteil der medi-
ein steuerfinanziertes Gesundheitswesen mit
zinischen Grundversorgung der Menschen sein.
Wartelisten für wichtige Therapien. Unser Sys-
Die Voraussetzungen für den Beruf des Zahn-
tem ist anspruchsvoll – aber es funktioniert. Es
arztes sind gut. Ich appelliere an die Mobilität
ist gut für die Leistungserbringer und sorgt für
junger Zahnärztinnen und Zahnärzte: Gehen
eine hohe Qualität der medizinischen Versor-
Sie dort hin, wo man Sie braucht!
gung. UN-P: Wodurch haben Sie erkannt, was Sie UN-P: Was macht die Arbeit im Gesund-
im Leben machen wollen?
heitswesen in Zukunft attraktiv?
DB: Ich gehöre der Spezies Homo politicus an.
DB: Im Jahr 2010 waren in Deutschland rund
Politik hat mich schon immer interessiert und
4,8 Millionen Menschen im Gesundheitswesen
fasziniert.
beschäftigt. In keinem Wirtschaftszweig arbeiten mehr Menschen. Angesichts der demo-
UN-P: Wie steht es um Ihre Work-Life-Ba-
grafischen Entwicklung wird der Bedarf noch
lance?
steigen. Klar ist, dass wir hierfür verlässliche
DB: Die Arbeitsverdichtung seit meinem Antritt
Rahmenbedingungen brauchen. Wir haben im
als Gesundheitsminister ist in der Tat enorm.
Gesundheitswesen stabile Finanzstrukturen,
Aber ich mache das gern und ziehe viel Kraft
das hat sich in der jüngsten Wirtschaftskrise ge-
aus den Terminen. Trotzdem muss man sich In-
zeigt. Was die ambulante ärztliche Versorgung
Ich appelliere an junge Zahnärztinnen und Zahnärzte: Gehen Sie dort hin, wo man Sie braucht!
betrifft, haben wir hier mit dem Versorgungsstrukturgesetz zukunftsweisende Entscheidungen getroffen. Wir haben hier gezielte Anreize gesetzt, dass Ärztinnen und Ärzte Leistungsgerechtigkeit und Motivation gerade dort erfahren, wo die Anforderungen an sie besonders hoch sind – beispielsweise in strukturschwachen urbanen und ländlichen Gebieten. Auch haben wir Regelungen getroffen für eine bessere Ver-
seln schaffen, die »heilig« sind, zum Bespiel
einbarkeit von Familie und Beruf, zum Beispiel
die Zeit mit meiner Frau und meiner Familie,
die längeren Vertretungszeiten nach der Geburt
Essen mit Freunden usw. Ein Schlüssel für Aus-
eines Kindes. Bürokratie ist unattraktiv – wir
geglichenheit ist für mich Sport, ohne regelmä-
wollen daher den Bürokratieabbau im Versor-
ßige sportliche Betätigung könnte ich mir mein
gungsalltag weiter abbauen. Der jüngste Mei-
Leben nicht vorstellen.
lenstein ist hier die Abschaffung der Praxisgebühr zum 1. Januar 2013. UN-P: Was würden Sie jungen Zahnärzten/ -ärztinnen für die Zukunft mit auf den Weg geben? DB: Berufswahl ist und bleibt eine persönliche Entscheidung. Was möchte ich im Leben erreichen? Was bringt mir Spaß? Was füllt mich aus? Motivation ist immer eine gute Basis. Was die berufliche Zukunft betrifft, wird die zahnärzt44 | un-plaqued No 20
UN-P: Vielen Dank! //
RUBRIK / leben
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Thema / Leben
GRÜBELST du noch oder lebst du schon? Wozu braucht man Psychologen?
Die Landschaft sah für Psychotherapeuten, Coaches und Berater noch nie so gut aus wie heute. Therapeuten haben monatelange Wartezeiten, und für die menschlichen Probleme, die keiner psychischen Störungsdiagnose zugeordnet werden können, gibt es unzählige Coaches zum Abnehmen, zur Raucherentwöhnung und fürs Auftreten und Sprechen vor Gruppen. Egal, ob es um Ernährung, Bewerbungen, Paarbeziehungen, Kindererziehung oder Führungskräfte geht – für alles und jeden gibt es einen Spezialisten.
46 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Text Karen Dobberstein · IllustrationEN Maximilian Buttenberg
B
raucht ein Mensch all diese Angebote
zur
Optimie-
rung seines Lebens? Nein.
Aber ein Mensch, der sich mit Problemen konfrontiert sieht, die er aus eigener Kraft nicht lösen kann, braucht Unterstützung genau für sein Problem. Das könnte das Übergewicht sein, das lästig gewordene Raucherverhalten oder auch der Umgang mit ei-
»Man muss eine Weile nachdenken, um zu erkennen, dass man unglücklich ist, doch es lohnt sich.« Shirley Bassey
oder Psychologen ist nicht selten mit dem Klischee behaftet, man sei zu schwach, um es allein zu schaffen, oder zu doof, um ein Problem selbst zu lösen. Jede Medaille hat zwei Seiten, und daher lohnt es sich, nicht erst auf den totalen Zusammenbruch, ein Burn-out oder die Trennung vom Lebenspartner zu warten. Rechtzeitig aktiv zu werden und
nem hektischen Chef oder der
das eigene Verhalten und Den-
ungeliebten Kollegin.
ken zu hinterfragen und zu än-
Im Prinzip sind die meisten Men-
dern, ist mehr als sinnvoll.
schen kompetente Macher ihres Alltagslebens. Sie wissen, wie sie
Zu Beginn dieses dritten Jahrtau-
sich in bestimmten Kontexten zu verhalten ha-
sends vollzieht sich ein enormer gesellschaftli-
ben, und erleben positive Gefühle wie Wohl-
cher Wandel. Ich habe den Eindruck, dass der
befinden, Zufriedenheit und Freude. Diese Le-
rasante technische Fortschritt dabei zum Teil
benskontexte bleiben jedoch selten lange so,
auf Kosten der so hoch gepriesenen mensch-
wie sie sind. Die Welt ist ständig in Bewegung,
lichen Ressourcen geht. In Zeiten von Arbeits-
und so ist es auch unser Leben. Der Umgang mit
platzunsicherheit, sich verändernden Lebens-
anderen Menschen ist ebenso dynamisch und
bedingungen, ständiger Erreichbarkeit und
herausfordernd. Mit meiner Tätigkeit als Coach
Informationsflut sowie einer Vielzahl von Zu-
und Trainerin zeige ich Wege auf, die das Zu-
kunftsängsten, die allesamt Stress auslösen,
sammenarbeiten und Zusammenleben erleich-
wird die individuelle Gesunderhaltung immer
tern und neue Perspektiven für sich wandelnde
wichtiger.
Lebenskontexte eröffnen.
Training und Coaching sind für Unternehmen immer interessanter geworden, da Kranken-
Im Sportbereich ist es gang und
fehltage und Mitarbeiter, die in-
gäbe, sich zur Verbesserung kör-
nerlich gekündigt haben, ein Un-
perlicher Leistungen eines Per-
ternehmen mehr kosten, als dass
sonal Trainers zu bedienen. Kein
sie nutzen. Die Zunahme dieser
ne Trainer und Coaches zurück-
»Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.«
zugreifen. Der Gang zum Coach
Albert Einstein
Ressource hier falsch gewählt
Spitzensportler ist ohne ein umfangreiches Trainer- und Coaching-Team erfolgreich. Für die Entwicklung unserer geistigen Fähigkeiten oder unseres allgemeinen Wohlbefindens scheint es hierzulande allerdings immer noch verpönt zu sein, auf exter-
Ausfälle geht nicht zuletzt auf erhöhte Arbeitsanforderungen und den zunehmenden Druck auf die Arbeitnehmer zurück. Die Frage drängt sich auf, ob dies der angemessene Umgang mit den angeblich so geschätzten human resources ist. Mir scheint, dass auch der Begriff
un-plaqued No 20 | 47
Thema / Leben
sein könnte. Im Schulunterricht bedeuteten Res-
Die Fähigkeit zu schwimmen, wie in obiger
sourcen das Vorkommen von Bodenschätzen in
Flussmetapher beschrieben, entspricht einer
verschiedenen Regionen der Erde. Diese Boden-
Persönlichkeitseigenschaft, die Antonovsky
schätze wurden entdeckt, ein Zugang zu ihnen
»Kohärenzgefühl« (Sense of Coherence, SOC)
geschaffen und sodann abgebaut, bis sie aufge-
nennt. Dieses Kohärenzgefühl setzt sich nach
braucht waren. Übertragen auf das Arbeitsle-
Antonovsky aus drei Komponenten zusam-
ben bedeutet das für mich, Menschen werden
men: Erstens einem Gefühl von Verstehbarkeit
ausgebildet, für die besten, sprich produktivs-
(Sense of Comprehensibility), zweitens einem
ten Jahre ihres Lebens ausgebeutet und dann
Gefühl von Handhabbarkeit bzw. Bewältigbar-
wieder in das »Restleben«
keit (Sense of Manageability)
entlassen.
und drittens dem Gefühl von Sinnhaftigkeit bzw. Bedeut-
In der Gesundheitspsycho-
samkeit (Sense of Meaning-
logie werden personale, so-
fulness). Diese drei Gefühle
ziale, externe und interne
stellen gleichzeitig fundamen-
»Ressourcen« und Fähigkei-
tale Bedürfnisse des Menschen
ten diskutiert und ihre Wirk-
dar. Antonovsky beschreibt
samkeit auf das individuelle
diese drei Aspekte in seiner De-
Wohlbefinden erforscht. Be-
finition des Kohärenzgefühls als
sonders die personalen Res-
»… eine globale Orientierung,
sourcen können und werden
die das Ausmaß ausdrückt, in
im Coachingprozess erforscht,
dem jemand ein durchdringen-
gestärkt und ausgebaut.
des, überdauerndes und den-
Das Konzept der Salutoge-
noch dynamisches Gefühl des
nese von Antonovsky fragt
Vertrauens hat, dass 1.) die An-
im Gegensatz zur Pathogene-
forderungen aus der inneren
se nicht, wie Krankheiten entstehen, sondern
oder äußeren Erfahrenswelt im Verlauf des Le-
wie sich Gesundheit entwickelt, wie sie erhal-
bens strukturiert, vorhersagbar und erklärbar
ten bleibt und gefördert werden kann. Das fol-
sind und das 2.) die Ressourcen verfügbar sind,
gende Zitat beschreibt den Ausgangspunkt von
die nötig sind, um den Anforderungen gerecht
Antonovskys Überlegungen: »… meine funda-
zu werden und dass 3.) diese Anforderungen
mentale philosophische Annahme ist, dass der
Herausforderungen sind, die Investition und
Fluss der Strom des Lebens ist. Niemand geht
Engagement verdienen«. (Antonovsky, 1993).
sicher am Ufer entlang. Darüber hinaus ist für mich klar, dass ein Großteil des Flusses sowohl
Die Arbeitspsychologen Udris und Rimann
im wörtlichen als auch im übertragenen Sinn
stellten sich in einer Untersuchung der Fra-
verschmutzt ist. Es gibt Gabelungen im Fluss,
ge: »Warum bleiben Menschen trotz Belastun-
die zu leichten Strömungen oder in gefährliche
gen gesund?«, und benutzten die SOC-Skala
Stromschnellen und Strudel führen. Meine Ar-
zur Messung des Kohärenzgefühls. Die Längs-
beit ist der Auseinandersetzung mit folgender
schnittstudie zeigte, dass eine »hohe Belastung
Frage gewidmet: Wie wird man, wo immer man
und wenig Ressourcen« zu einer überdurch-
sich im Fluss befindet, dessen Natur von histo-
schnittlichen Schwächung des Kohärenzgefühls
rischen, soziokulturellen und physikalischen
führten, während eine Stärkung des Kohärenz-
Umweltbedingungen bestimmt wird, ein guter
gefühls bei »hoher Belastung und viel Ressour-
Schwimmer?« (Antonovsky, 1997)
cen« eintrat. Das Kohärenzgefühl beeinflusst
48 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
dementsprechend die subjektive Einschätzung
nahmen vorgestellt, die unter anderem die Ba-
der Anforderungen und Belastungen.
sis meiner Coaching-Arbeit bilden:
Die Bewältigung schwieriger Situationen ist al-
Menschen reagieren auf ihr Bild von der
lerdings auch davon abhängig, wie sehr jemand
Realität und nicht auf die Realität selbst.
soziale Unterstützung annehmen kann und of-
Im eigentlichen Sinne sind wir zugleich Zu-
fen für Veränderungen ist. Der Mensch ist ein
schauer und Akteure im Spielfilm unseres Le-
soziales Wesen, ein Herdentier, welcher früher
bens. Manchmal vergisst man allerdings, dass
schon in Clans unterwegs war. Die wenigsten
man auch Drehbuchautor und Regisseur ist. Es
Menschen überleben und lieben die Abgeschie-
gibt ein paar externe Produzenten am Anfang
denheit. Soziale Unterstützung hat in unserer
unseres Lebens, die anderen suchen wir uns
Gesellschaft viele verschiedene Formen ange-
aus, und schließlich werden wir selbst zu Pro-
nommen: von Notfall-Hotlines über Beratungs-
duzenten unseres Lebens. Wenn wir es schaf-
stellen, Therapeuten und Coaches bis hin zu den
fen, diese ganze Szenerie von einer distanzier-
Freunden, der Familie und den Partnern. Sozia-
ten Zwischen-(Meta)-Position aus zu betrachten,
le Unterstützung wird als eine wichtige externe
können wir die Handlung, die Hintergrundmu-
Ressource angesehen.
sik, die Nebenrollen unseres Lebensfilms neu schreiben, auswählen, erleben und mitspielen
Es gibt Situationen im Leben, die ohne frem-
lassen.
de Hilfe schwer zu bewältigen sind und in denen man der Verzweiflung näher ist als einem
Eine Veränderung kann schnell gehen und
selbstwirksamen und selbstbewussten Erleben
darf Spaß machen.
und Verhalten. Mich begeistert es immer wie-
Im provokativen Coaching-Prozess geht es vor
der, Menschen bei der Bewältigung von Kon-
allem darum, die Absurditäten und hinderli-
fliktthemen und Problemen zu begleiten und
chen Glaubenssätze aufzudecken und das Lus-
die Reflexion ihres Erlebens und Verhaltens
tige, Komische an einer Problemsituation zu
zu fördern. Coaching kann diese individuelle
sehen, um so wieder offen für eine neue Pers-
Weiterentwicklung unterstützen und als akti-
pektive zu sein. Nur wer sich angesichts der He-
ver und gleichzeitig unbewusster
rausforderungen im Leben selbst
Prozess zeitnah Veränderungen
behaupten kann, erfährt eine
initiieren. Im Gegensatz zur Therapie liegt der Fokus hier mehr auf der Gegenwart als auf der Vergangenheit.
»Wer an nichts glaubt, verzweifelt an sich selber.« Johann Wolfgang von Goethe
Weiterentwicklung in die gewünschte Richtung. Menschen verändern sich – sie wachsen innerlich, wenn sie
Ich identifiziere mich als Coach
auf eine Herausforderung re-
mit den Grundsätzen der huma-
agieren.
nistischen Psychologie, welche
Gemeint sind hier die Wahrneh-
großen Wert auf Eigenverant-
mung und der Umgang mit An-
wortung, Ressourcenarbeit und
forderungen aus der Umwelt,
Lösungsorientierung legt. Coa-
also die Bewertung und Bewäl-
ching ist ein interaktiver, indivi-
tigung situativer Reize. Eine
duell verschiedener Prozess. Im
Herausforderung, sofern sie
Folgenden werden drei philoso-
weder eine Unter- noch Überfor-
phisch-psychologische Grundan-
derung darstellt, löst im Menschen un-plaqued No 20 | 49
Thema / Leben
Interesse am Coaching? info@karendobberstein.de verschiedene Reaktionen aus. Kampfreakti-
ich als wesentliche Aufgabe der Coaching-Ar-
onen sind in der Provokativen Therapie er-
beit, da zufriedene und glückliche Menschen
wünschter als Fluchtreaktionen. Als provokati-
auch gesünder und leistungsfähiger sind.
ver Coach nutzt man den konstruktiven Ärger,
Der Mensch wird auf seinen verschiedenen
den der Klient auf sich selbst hat bzw. im provo-
Entwicklungsstufen immer wieder vor neue
kativen Interview entwickelt, und schafft somit
Herausforderungen gestellt. Zusätzlich zu den
einen Antrieb zur Veränderung. Dadurch ist
modernen Arbeitsbelastungen stehen beson-
Wachstum möglich, denn der Klient bewältigt
ders Eltern unter dem Druck, ständig funktio-
eine Herausforderung, die ihn nicht überfor-
nieren zu müssen. Maschinen werden gewar-
dert, die er aber auch nicht vermeiden kann.
tet, Autos werden gepflegt und wenn ein Gerät überhitzt wegen Dauerbetrieb, dann brennt es
Was können Sie tun?
aus. Vielleicht ist es reparabel, vielleicht ist es
Ein Stressmanagement-, Entspannungskwurs
kaputt.
oder Coaching kann helfen, mit neuen und alten Anforderungen anders umzugehen. Im
Doch wer repariert den Menschen? Wann
besten Fall erlebt man ein ausgewogenes und
merkt die menschliche »Ressource«, dass sie
angenehmes Verhältnis von Arbeit und Frei-
aufgrund des Dauerbetriebs ausbrennt?
zeit, von Bewegung und Ruhe, von Lachen und
Ich glaube, dass es weniger darum geht, im Le-
Weinen. Coaching bedeutet, Me-
ben keine Fehler zu machen oder
thoden zur Selbstanwendung zu
auch mal ins Strudeln zu geraten.
lernen und wieder Selbstwirksamkeit und ein selbst gesteuertes Lebensgefühl zu erfahren. Selbstmanagementtechniken helfen, privat und beruflich mehr Wohlbefinden und Kontrolle zu erleben. Körperliche und psychische Gesundheit bedingen einander und beeinflussen sich gegenseitig. Die Gesunderhaltung im Sinne von Antonovskys Salutogenese zu fördern, sehe
50 | un-plaqued No 20
»ScheiSSe passiert … und auf ScheiSSe wachsen die schönsten Rosen! Man muss ihr nur ein wenig Zeit geben, um zu Dünger zu werden.« Virginia Satir
Ich glaube vielmehr, dass es um die Entwicklung zu einem »besser« geht, im Sinne von angenehmer, gelassener und leichter. Anstatt permanent in dem Problem zu kreisen, kann jeder mehr in Richtung eines Lösungsraumes gehen. Dass dieser Weg mit einem wohlmeinenden Freund, der Familie oder auch einem Coach leichter gegangen wird als allein, ist selbstverständlich. //
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Thema / Leben
Leben – daneben! Text Ronny Schlömer; Lebemann, Werbeikone und Exmodel
Das Leben ist schön, eigentlich fast immer. Dennoch gibt es diese Menschen, die jeden Tag wie ihr eigenes Leiden Christi rumlaufen. Das ist fürchterlich und eine einzige Zeitverschwendung: Hallo Leute, vielleicht werdet ihr gleich vom Bus überfahren, aber Hauptsache ihr habt vorher noch mal richtig schön innerlich geheult, auf den Boden geguckt und jemanden aus Frust dumm angemacht?
52 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
E
in klassisches Beispiel : Ich habe eine Kolschenkte sie einer Kol legin, die läuft jeden legin zum Ausstand ein Tag mit hängendem e Tüte Süßigkeiten. Nachd Kopf durch die Agent em wir bereits den ein ur. Dabei spricht sie oder anderen Softgu unentwegt mit weine mmi-Frosch runtergerlicher Stimme und ne rvt schlungen hatten, sah alle zu Tode. Die ist fur en wir es: ein benutzt zunglücklich über alles es gelbes Ohrstäbchen!!! und jeden. Natürlich Sorry Leute, aber geh hat sie eine »Lebensm t itmir bitte nicht auf die telunverträglichkeit«, Eier. Jeder darf Proble frau will ja dürr bleibe n me haben, jeder darf und dabei nicht erwach mir sein Herz ausschü sen werden. Zu feierl titen und Hilfe einforde chen Anlässen verteilt rn, aber Menschen, die sie dann an alle Schoko ger ne »das Opfer« sein mö lade – sie selbst würde chten, müssen bitte das Zeug niemals anrüh in Therapie. Schön, da ren! Immer das gleich ss manche dabei wenig e Strickmuster, dafür stens saubere Ohren ha muss man kein Psycho ben! loge sein. Neulich ers t
un-plaqued No 20 | 53
Thema / Leben
Oder meine lieben Freundinnen, die teilwei-
ständig über ihren Job aufregen. Wechseln Leu-
se schon ihr drittes Gör bekommen haben und
te! So wie eine Mietwohnung, wo man die feuch-
sich unentwegt über zu wenig Schlaf, keine Zeit
ten Wände nicht mehr einatmen möchte. Und
für den Partner oder ihre schlaffen Brüste är-
dann noch die Fraktion: Ich hasse Bahn fahren.
gern. Da frage ich mich: Warum weiß ICH das
Aber sie fahren niemals Bus. Sie sind dann die
eigentlich als Homomann schon vorher? Warum
Ersten, die ihre Nerven bei Stau und Parkplatz-
sind alle Menschen, die sich gerne fortpflanzen
mangel verlieren. Ja, beamen wäre echt super
möchten, immer so erschrocken über ihren neu-
– ihr Frustschnecken!
en Lebensrhythmus? Huch, schon wieder hat »es« geschrien. Es ist bestimmt auch was ganz
Luxusleben ohne Luxus
Tolles, Kinder zu haben, aber bitte nur an zwei
Um glücklich zu sein, bedarf es nicht viel. Die
Tagen im Monat ... ein ausgeschlafenes Sorry
Zutaten sind doch nur Gesundheit, Liebe und
meinerseits!
ein bisschen Kohle. Warum muss man dafür in ein frauenverachtendes Land wie Indien fah-
Die Ausrede für alles
ren und unentwegt Yoga machen, nur um zu er-
Nicht jeder hatte das Glück, in einer tollen Fami-
kennen, dass man nicht viel zum Leben braucht?
lie groß geworden zu sein, mit Eltern, die einem
Geht das nicht auch in der Abendsonne am
alles mitgaben. Liebe, Fürsorge, eben ein gu-
Spreeufer, zumindest da, wo noch kein Büro-
tes Fundament. Wenn es dagegen schlecht lief,
komplex steht? Warum meckern so viele an al-
kann das die Erklärung für vieles sein: Zwänge,
lem rum, anstatt sich über den kleinen Luxus zu
Psychosen und Ängste. Allerdings ist das mit
freuen, der viel zu oft als Selbstverständlichkeit
Mitte dreißig nicht mehr die Entschuldigung
wahrgenommen wird?
für alles! Viele Menschen baden in ihren unzähligen Mal-, Tanz-, und Atemtherapien. »Huch,
Ich weiß nicht wieso, aber ich freue mich bei je-
ich wusste ja nicht, dass du immer noch unter
dem Waschgang, dass die Maschine mir die Ar-
der Scheidung deiner Eltern vor 25 Jahren lei-
beit abnimmt. Ich genieße bei jeder Fahrt in
dest und seitdem Flugangst hast und nur in Rei-
meinem Auto, dass es eine Heizung gibt, und
he 25 entspannt bist!« Geht’s noch?
ich spreche hier von einem Trabant 601 deluxe!
Schlimme Dinge passieren im Leben, keine Fra-
Und dabei noch Musik, Hammer!
ge. Aber mussten wir uns nicht schon immer
Wo sind die Menschen, die zufrieden durchs Le-
selbst aus dem Schlamassel ziehen und wert-
ben gehen oder es wenigstens versuchen? Ich
schätzen, dass es uns doch besser geht als vie-
habe einige gefunden, sie sind meine Freunde,
len anderen Menschen? Nein, das ist hier keine
und sie erinnern mich manchmal daran, mich
Dritte-Welt-Debatte, vor der eigenen Haus-
nicht über Kleinigkeiten zu ärgern. Pah, ich doch
tür gibt es schon genug Elend. Angesichts des-
nicht, ich kaufe mir jetzt ’nen Sportwagen, hof-
sen bleibt die Frage, warum sich die Menschen
fentlich ist der mal nicht so teuer, verdammt! //
54 | un-plaqued No 20
Wissen, das in keinem Lehrplan steht: Wo beantrage ich eine Gratis-Mitgliedschaft f체r den MEDI-LEARN Club? Wo bestelle ich kostenlos Famulatur-L채nderinfos und das MEDI-LEARN Biochemie-Poster? Wann macht eine Studienfinanzierung Sinn? Wo gibt es ein geb체hrenfreies Girokonto? Warum brauche ich schon w채hrend des Studiums eine zahnarztspezifische Haftpflichtversicherung?
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Thema / Leben
Am Anfang war d
FOTO Nina Straubinger-Galehr
Interview Mike Rubin · FOTOS Allegro Film
Peter-Arthur Straubinger ist ein österreichischer Regisseur und Filmemacher. Als er 2010 seinen Film »Am Anfang war das Licht« veröffentlichte, erlangte das Thema Lichtnahrung erstmals eine breite internationale Aufmerksamkeit. Der Dokumentarfilm beschäftigt sich mit einer der Grundfragen des Lebens überhaupt: Woher bezieht der Mensch seine Lebensenergie? Da dies auch eine unserer Fragen in dieser Ausgabe ist, schickten wir Mike Rubin ins Rennen, dem österreichischen Querdenker und seinen Beobachtungen auf die Schliche zu kommen. 56 | un-plaqued No 20
das Licht
RUBRIK THEMA / leben LEBEN
UN-P: Als Erstes vielleicht: Ihre Wurzeln lie-
len, worin es in Ihrem Film geht und wie Sie
gen im südlichsten Teil des oberösterreichi-
zu dem Thema gekommen sind?
schen Salzkammerguts, wo Sie Anfang der
PA: »Am Anfang war das Licht« dokumentiert
70er Jahre im Echerntal, nördlich des Dach-
meine eigenen jahrelangen Recherchen, in de-
steingipfels, aufgewachsen sind. Eine wild-
nen ich versuchte herauszufinden, ob es die-
romantische, urtümliche, fast märchenhaf-
ses Phänomen der feinstofflichen Ernährung
te Landschaft. Hat das, was sie bereits als
tatsächlich gibt. Ausgegangen ist diese Suche
Kind umgeben hat, ihren Blick für außerge-
von einer persönlichen Begegnung im Frühjahr
wöhnliche Themen des Lebens geöffnet?
2000, als ich einen Meditationslehrer kennen-
PA: Meine Kindheit in dieser wunderschönen
lernte, der mir damals recht überzeugend ver-
Landschaft hat sicher meine Beziehung zur
mittelte, dass er seit über einem Jahr nur Was-
Natur maßgeblich geprägt. Ich habe sehr viel
ser getrunken hat.
Zeit in diesen steilen, wilden Bergwäldern ver-
Es gibt ja ganz offensichtliche Argumente, die
bracht. Dass es speziell meinen Blick für außer-
dagegensprechen und keine Frage: Im Nor-
gewöhnliche Themen wie die Lichtnahrung ge-
malfall verhungern und verdursten Menschen,
öffnet hat, glaube ich aber nicht. Es gibt zwar
wenn sie nicht essen und trinken.
einen Skeptikerblog, der versucht, eine Ver-
Nach dieser Begegnung im Jahr 2.000 habe ich
bindung diesbezüglich herzustellen, auch weil
zuerst einmal zu recherchieren begonnen und
andere »Esoteriker« wie Viktor Schauberger
gesehen, dass es diese seltsamen Phänome der
oder Barbara Frischmuth aus der gleichen Ge-
physischen Nahrungslosigkeit in allen Kulturen
gend stammen. Ich halte das für eine ziemlich
zu allen Zeiten gegeben hat. Ich habe auch ge-
weit hergeholte Spekulation. Dieser Skepti-
sehen, dass es immer wieder skeptische Über-
kerblog hatte außerdem schlecht recherchiert.
prüfungen gegeben hat, von den Tests durch
Ich habe nur bis zum Alter von sieben Jahren
chinesische Kaiser vor über 2000 Jahren bis zu
in Hallstatt im Salzkammergut gelebt und den
den aufwendigen Studien unter Videoüberwa-
Rest meines Lebens fast durchgehend in Groß-
chung in der Gegenwart.
städten verbracht. Ich war auch am Beginn mei-
Aber für alle diese Argumente gibt es im Inter-
nes Erwachsenenlebens spirituellen Themen
net und in Büchern mindestens genauso viele
gegenüber nicht sehr offen – im Gegenteil. Bis
Gegenargumente. Deshalb bin ich im Jahr 2005
Anfang, Mitte 20 war ich überzeugter Agnosti-
mit meiner Kamera losgestartet und habe alle
ker mit einem streng geschlossenen materialis-
diese Orte und Menschen besucht. Ich wollte
tischen Weltbild.
mir ein eigenes Bild machen, ob es dieses Phänomen geben kann. Ob es tatsächlich Menschen
UN-P: »Am Anfang war das Licht« ist die in-
gibt, die über Jahre und Jahrzehnte nicht zu es-
ternational erfolgreichste österreichische
sen, ja manchmal sogar nicht einmal zu trinken
Kinoproduktion aus dem Jahr 2010, die in
brauchen. Es würde ein einziger Mensch genü-
einem dutzend Territorien rund um den
gen, bei dem das dauerhaft funktioniert, um
Globus, von Japan über Brasilien bis Spani-
das klassische Bild der Biologie und Schulmedi-
en spielt. Können Sie uns bitte kurz erzäh-
zin auf den Kopf zu stellen. un-plaqued No 20 | 57
RUBRIK Thema // Leben Leben
Schlussendlich geht es in meinem Film aber nur
streamwissenschaft widersprechen, oder von
oberflächlich um Lichtnahrung. Die eigentliche
Geheimdiensten und Militärs beauftragt wur-
Essenz ist die Hinterfragung des materialisti-
den. Beides ist etwa bei der Prahlad-Jani-Stu-
schen Weltbildes. Sind Geist und Bewusstsein
die der Fall. Deshalb hat es mich interessiert,
tatsächlich nur Nebeneffekte unserer biologi-
mit den untersuchenden Ärzten selbst zu re-
schen Gehirnaktivität? Oder können sie auch
den, nach ihren Eindrücken und Ergebnissen zu
davon unabhängig existieren und so die Mate-
fragen und zu schauen, wie seriös das Untersu-
rie selbst prägen und beeinflussen?
chungssetting war.
Und da habe ich dann im Bereich der moder-
Im Film zeige ich die Originalaussagen: Das Un-
nen Physik und der Grenzwissenschaft un-
tersuchungsprotokoll wurde sowohl von der
glaubliche Hinweise gefunden, die mich zu Phy-
Ärztekammer von Ahmedabad, als auch von
siknobelpreisträgern wie Brian Josephson oder Mind-Matter-Interaction-Experimenten an der Princeton University geführt haben. UN-P: Laut der vorherrschenden wissenschaftlichen Meinung können Menschen nur ein paar Tage ohne Essen und Trinken überleben. Dass es auch anders sein kann, wird in Ihrem Film gezeigt. Wie verlässlich sind die wissenschaftlichen Untersuchungen und deren Dokumentationen beispielsweise von Michael Werner und dem indi-
Die Leistung der Wissenschaft war, die Welt so weit zu vereinfachen, dass wir sie verstehen. Jetzt verwechseln wir die Vereinfachung mit der Wirklichkeit selbst.
schen Yogi Prahlad Jani, der 70 Jahre nicht gegessen bzw. getrunken haben soll?
der Forschungsabteilung des indischen Vertei-
PA: Ich finde es legitim und notwendig, skep-
digungsministeriums überwacht. Es gibt Sekun-
tisch zu sein, wenn man sich mit einem derart
de für Sekunde Überwachungsmaterial. Prahl-
unkonventionellen Forschungsgebiet beschäf-
ad Jani durfte die ersten sieben Tage nicht
tigt. Das ist integraler Bestandteil der Wissen-
einmal baden, sodass er auch über die Haut
schaft. Die so genannten Skeptikerorganisati-
keinen Kontakt mit Wasser hatte (später wurde
onen schütten aber hier oft das Kind mit dem
das Wasser vor und nach Gebrauch gemessen).
Bade aus, weil sie einfach nur ihren eigenen
Ich halte es einfach für unglaubwürdig, dass
Standpunkt verteidigen wollen, und dann wird
sich Dutzende Ärzte unter Oberaufsicht des in-
aus der Skepsis Ignoranz.
dischen Militärs von einem einzelnen Yogi täu-
Was über die Untersuchungen an Prahlad Jani
schen ließen.
im Internet kursiert, ist eine Mischung aus Ge-
Ich glaube da eher an die Erklärung von Prof.
rüchten, Vermutungen und teilweise auch ge-
Harald Walach in solchen Fällen: Wenn Befun-
rechtfertigten Einwänden. Ein völlig richtiger
de auftreten, die den gängigen Theorien wider-
Einwand ist etwa, dass die Studie nie in ei-
sprechen, wird versucht, sie so lange zu drehen,
nem peer-reviewed journal, einem anerkann-
bis sie reinpassen. Wenn das auch nicht funk-
ten Wissenschaftsjournal, erschienen ist. Da-
tioniert, werden sie ignoriert oder als Betrug
raus zu schließen, dass alles eine Lüge ist, ist
abgestempelt. Es wurden ja alle nur erdenk-
aber ein ebenso bequemer wie haltloser Stand-
lichen medizinischen Tests gemacht, und der
punkt. Das passiert bei Studien immer wieder,
Stoffwechselforscher Prof. Luger von der Wie-
die entweder massiv dem Konsens der Main-
ner Uniklinik sagt zu den Blutwerten Janis:
58 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
»Das ist eine absolute Bombe.« Auf diversen
Zeiträume und mit erweiterten Untersuchungs-
Skeptikerblogs kursieren dann unterschied-
methoden und Settings. Mein Film ist auch eine
lichste Gerüchte, Interpretationen und Unter-
Aufforderung an die Wissenschaft, sich mit die-
stellungen, die sich mittlerweile auf Wikipe-
sen Themenbereichen endlich ernsthaft und of-
dia wiederfinden und so Wahrheitscharakter
fen zu beschäftigen.
bekommen. Dabei handelt es sich größtenteils um Behauptungen, die den Primärquellen und
UN-P: Ist im Zusammenhang mit den For-
den untersuchenden Wissenschaftlern wider-
schungsergebnissen, die im Film präsen-
sprechen und die ausschließlich auf Vermutun-
tiert werden, die Meinung der klassischen
gen basieren.
Schulmedizin überholt?
So wird etwa behauptet, Prahlad Jani hätte
PA: Meiner Ansicht nach zeigt sie eben nur ei-
während der Untersuchung nur Gewicht ver-
nen Teil der Wirklichkeit. Ein Ayurveda-Arzt
loren. Tatsächlich hat sein Gewicht zwischen
hat mir im Zug der Recherchen gesagt: »Die
42 und 38 kg variiert. Der Untersuchungslei-
westliche Schulmedizin hat ihr Wissen, histo-
ter Dr. Urman Dhruv hat mir zudem bestätigt,
risch gesehen, durch das Sezieren von Leichen
dass Jani innerhalb der zehn Tage rund 1 kg zu-
erarbeitet, während die östlichen Medizin-Tra-
genommen hat. Das ist natürlich eine wissen-
ditionen ihr Wissen vom lebenden Körper ab-
schaftliche Sensation. Aber davon wollen die
geleitet haben. Deshalb versteht die westliche
Skeptiker nichts hören. Stattdessen findet sich
Medizin viel von den materiellen, aber wenig
auf den Skeptikerseiten (Scienceblogs, Psiram
von den energetischen Vorgängen im Körper.«
ehemals Esowatch) ein Gewichtswert, der fünf
Ich denke, das ist eine große Chance. Ich plä-
Tage nach (!) der Untersuchung gemessen wur-
diere für ein »sowohl als auch«. Die westliche
de. Dieser wird dann als Endwert der Studie
Schulmedizin ist in vielen Bereichen perfekt ge-
verkauft, um den eigenen Standpunkt zu stüt-
eignet, in anderen Bereichen können aber öst-
zen. Unterm Strich ist meine Beobachtung, dass
liche und alternative Methoden viel mehr er-
die so genannten Skeptiker genau das betrei-
reichen. Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass die
ben, was sie ihren Gegnern vorwerfen: Pseudo-
Medizin bzw. die Wissenschaft generell von ih-
wissenschaft.
rem hohen Ross heruntersteigt und erkennt,
Um hier tatsächlich wissenschaftliche Aussagen
dass sie trotz all ihrer Wissensberge noch sehr
und Erklärungen zu finden, bräuchte es noch
wenig verstanden hat – und vieles auch nie ver-
viele weitere Untersuchungen, über längere
stehen wird.
Zinaida Baranova
un-plaqued No 20 | 59
RUBRIK Thema // Leben Leben
Dr. Michael Werner
Der Physiker Prof. Herbert Pietschmann vom
UN-P: Es scheinen Unterschiede zu existie-
Institut für theoretische Physik in Wien sagt:
ren zwischen Menschen, die wenig essen
»Die große Leistung der Wissenschaft war, die
und Menschen, die wenig essen. Die einen
Welt so weit zu vereinfachen, dass wir sie ver-
sehen aus wie ein Gerippe, die Anderen
stehen können. Durch die großen Erfolge der
sind völlig normal, wie Zinaida Baranova,
Wissenschaft und der Technik in den letzten
das Fastenwunder aus Russland, und Dr.
150 Jahren ist es aber zu diesem verheeren-
Michael Werner, der seinen Lichtnahrungs-
den Missverständnis gekommen, dass wir die
prozess im Krankenhaus dokumentieren
Vereinfachung mit der Wirklichkeit selbst ver-
ließ. Haben Sie eine Idee, woher dieser Un-
wechseln.«
terschied kommt?
Was die Wissenschaft braucht, ist Demut und
PA: Es gibt hier viele Faktoren, die mitspielen.
die Bereitschaft, sich auch wieder zu wundern
Im medizinischen Qi Gong werden die Voraus-
und sich neuen Wegen zu öffnen. Ich muss al-
setzungen, um in den Bigu-Zustand zu kommen,
lerdings auch sagen, dass mir sehr viele Wis-
genau beschrieben. Zum Ersten sind wir abhän-
senschaftler und auch Mediziner begegnet
gig von der Umgebung, in der wir Bigu üben.
sind, die sich dessen absolut bewusst sind. Es
Sprich: Die Qi-Felder in der Natur sind im Allge-
ist ein kleiner Kreis von Orthodoxen, die sehr
meinen geordneter als in einer künstlichen Um-
laut schreien und versuchen, alle »ketzeri-
gebung. Es ist also mehr Qi vorhanden, das wir
schen« Umtriebe in der Wissenschaft im Keim
aufnehmen können. Zweitens gibt es vererbtes
zu ersticken.
Qi, das auf physischer Ebene vermutlich den Ge-
Die Mainstream-Wissenschaft agiert in vielen
nen entspricht. Sprich: Die Fähigkeit, nur von Qi
Bereichen ja fast wie die katholische Kirche
zu leben, ist nicht für jedermann gleich leicht.
vor einigen hundert Jahren. Der Physiknobel-
Und drittens gibt es auch die bewusst wählbare
preisträger Brian Josephson hat mir sinnge-
Komponente. Es existieren etwa eigene Qi Gong-
mäß gesagt: Die haben ihre heiligen Schriften,
Übungen, um die feinstoffliche Energieaufnah-
die peer reviewed Journals, wo eine kleine Eli-
me zu verbessern, oder es gibt auch Energie-
te von »Geistlichen« über Wahrheit oder Un-
übertragungen durch Bigu-Meister.
wahrheit entscheidet. Und wer es wagt, etwas
An dieser Stelle möchte ich aber ganz klar aus-
anderes öffentlich auszusprechen, wird »ex-
sprechen, dass niemand den Bigu-Zustand,
kommuniziert«.
»Lichtnahrung« oder wie immer man es nen60 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
nen will, erzwingen soll. Wie auch in den Yoga-
nach mit dem Begriff Licht, wie er hier ge-
Sutren des Pantanjali beschrieben wird, soll
braucht wird, verbunden?
man diese »übernatürlichen« Fähigkeiten, die
PA: Licht ist zweifellos ein missverständlicher
Siddhi, niemals zum Selbstzweck erheben.
Begriff, der viele Menschen irritiert. Gemeint
Die physische Nahrungslosigkeit tritt entwe-
ist das »göttliche Licht« bzw. die feinstoffli-
der natürlich auf, quasi als Nebeneffekt, oder
chen Lebensenergien, die in unterschiedlichen
gar nicht. Was passieren kann, wenn man Licht-
Traditionen unterschiedliche Namen haben.
nahrung sozusagen als »esoterische Sport-Dis-
Wilhelm Reich hat es als Orgon bezeichnet, die
ziplin« betreibt, sieht man an den Todesop-
Inder nennen es Prana, die Chinesen sagen Qi
fern, die es immer wieder im Zusammenhang
dazu. Es geht um diese mysteriöse Energie oder
mit dem Lichtnahrungsprozess gibt. Was nun
Information, die aus toter Materie Leben macht.
den Anfang der Frage, die körperliche Form,
Für die westliche Medizin gibt es so etwas nicht,
betrifft, glaube ich, dass es keinen Unterschied
was umso verblüffender ist, nachdem kein Wis-
macht, ob der Körper Fettzellen, Hornzellen
senschaftler dieser Welt mit den teuersten Ge-
Licht ist ein missverständlicher Begriff. Gemeint sind feinstoffliche Lebensenergien oder Information, die aus toter Materie Leben macht.
räten auch nur eine einzige lebende Zelle herstellen kann. Die Traditionen des Ostens sind uns da offensichtlich um einiges voraus. UN-P: Wie nähren sich die Menschen, die nichts mehr essen und trinken? Gibt es da essenzielle Unterschiede, oder ernähren wir uns eigentlich alle von der Ur-Kraft, der Ur-Energie des Kosmos? Was würden dann die Stoffe, die Menschen in drei bis fünf Mahlzeiten täglich zu sich nehmen, für eine Bedeutung haben? PA: Ich glaube, dass wir uns grundsätzlich von
oder andere Körperzellen »materialisiert«.
dieser Ur-Lebenskraft ernähren. Und dafür
Also kurz gesprochen: Wenn man davon aus-
gibt es verschiedene Trägersubstanzen, u.a. die
geht, dass feinstoffliche Nahrung tatsächlich
Atemluft und die physische Nahrung. In mehr
funktioniert, muss damit jede beliebige physi-
oder weniger großem Umfang können wir die-
sche Form aufrecht erhalten werden können –
se feinstofflichen Energien anscheinend auch
egal ob dick oder dünn.
direkt aufnehmen. Manche Menschen können
Aber auf den ersten Blick ist es natürlich ver-
dann offensichtlich den physischen Nahrungs-
ständlich, dass man einem Übergewichtigen
träger ganz weglassen.
die Nahrungslosigkeit nicht abnimmt. Aber
Aber das ist eine sehr komplexe Frage, und ein-
nicht nur Zinaida Baranova, sondern auch zum
fache Antworten wären sicher falsch. Für mich
Beispiel die deutsche »Nahrungslose« Therese
ist nur ganz klar, dass in der klassischen Bioche-
Neumann hätte man gemeinhin als übergewich-
mie der Aspekt der Information, des Geistes,
tig bezeichnet.
des Lichts fehlt. Wer diesen Aspekt nicht wahrnimmt, beschäftigt sich eben nur mit einem Teil
UN-P: Kennen Sie Situationen mit Men-
des Ganzen. Das Schokoladen-Experiment aus
schen, die mit der Definition »Licht« als
meinem Film, das am Institute of Noetic Scien-
Energie für den Menschen so rein gar nichts
ces durchgeführt wurde, zeigt im Blindversuch,
anfangen können? Was ist Ihrer Meinung
dass die geistige Information in der Nahrung eiun-plaqued No 20 | 61
THEMA / LEBEN
nen entscheidenden Einfluss haben kann. Es macht einen Unterschied, ob das Essen mit Liebe entstanden und zubereitet wurde, oder eben nicht. Auf unseren Körper und vor allem unsere Seele hat das offensichtlich Auswirkungen, auch wenn die Biochemiker da massiv widersprechen würden. UN-P: Was hat die Arbeit an der Dokumentation bei Ihnen ganz persönlich bewirkt? Essen Sie jetzt weniger oder wie sieht Ihr Speiseplan aus? PA: Der Film dokumentiert im Prinzip meinen eigenen Weg vom Materialisten zu jemandem, der sich der spirituellen Welt geöffnet hat. Im echten Leben hat das fast 20 Jahre gedauert – im Film sind es 90 Minuten. Was das Essen betrifft, mache ich hin und wieder Heilfasten und versuche zumindest, jeden Tag 12- bis 14-stündige Nahrungskarenzen einzulegen. Ich versuche auch tendenziell vegetarisch zu leben, esse aber auch immer wieder Fleisch, wenn ich Verlangen danach habe. Ich finde, wie in vielen anderen Lebensbereichen, jede Art von Ideologie kontraproduktiv. Ich finde es sinnvoll, sich Zielvorstellungen zu setzen, aber die-
Es ist ein Unterschied, ob Essen mit Liebe entstanden ist oder nicht. Auf Körper und Seele hat das offensichtlich Auswirkungen.
se natürlich zu handhaben und auch auf die Stimme des eigenen Körpers zu hören. UN-P: Unsere Welt hat sich in den letzten 150 Jahren immens verändert. Die Menschen vor dieser Zeit haben sich wahrscheinlich nichts von dem vorstellen können, was wir heute an technischen Möglichkeiten zur Verfügung haben. Wie werden diese Veränderungsprozesse in Zukunft weitergehen, und wird das »Leben durch die Ur-Energie des Kosmos« dabei eine Rolle spielen?
PA: Ja, davon bin ich überzeugt. Die Vorstellung, dass man am Ende der eigenen Erkenntnisfähigkeit angelangt ist, dass nur noch ein paar Details geklärt und gelöst werden müssen, ist ja so alt wie die Menschheit selbst. Und dann geht die Evolution wieder in eine Richtung, die sich keiner erträumen ließ. Grundsätzlich sehe ich die Lösungen für die meisten Probleme der Menschheit schon fertig auf dem Tisch liegen. Es ist nur eine Frage, wie groß der Leidensdruck werden muss, bis wir sie endlich umsetzen. Aus irgendeinem Grund bin ich da sehr optimistisch. UN-P: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Straubinger. //
»Am Anfang war das Licht«, P.A. Straubinger, Thimfilm, Österreich 2010 Dokumentation, 97 min, erhältlich auf DVD und Blu-Ray 62 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Interviews
Was ist dein Leben? Interviews von Mila Greiwe & Ingmar Dobberstein
Wenn es um das Leben geht, kann man sich in unzähligen philosophischen Höhenflügen und Tiefen verlieren, aber das ist nicht unser Ziel. Wir haben stattdessen einige Menschen befragt, was sie für Antworten gefunden haben, und auf welche Weise sie ihrem Leben einen Sinn geben.
un-plaqued No 20 | 63
Thema / Leben
MAX BLUME FOTO Max Blume
64 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Max Blume ist Assistenzzahnarzt in Frankfurt und leidenschaftlicher Fotograf. Ursprünglich wollte er am Theater tätig werden, entdeckte dann aber seine Faszination fürs Basteln und Frickeln und studierte Zahnmedizin in Mainz. In seiner Freizeit portraitiert er heute seine Patienten, Menschen von der Straße oder auf seinen Reisen um die Welt. Für die Zukunft hat er sich fest vorgenommen, beide Leidenschaften gleichwertig auszuleben.
Was ist »das Leben« für dich?
geht und sich bewegt. Man hat in diesem Be-
Das Leben ist für mich die Zeit, in der man
ruf täglich mit einer großen Zahl unterschied-
fühlt, schmeckt, riecht, hört und vor allem
licher Menschen engen Kontakt. Wenn man die
sieht. Das Leben ist für mich die Linsensuppe,
Augen und Ohren offen hält, erfährt man un-
die meine Oma gemacht hat, man muss es ein-
glaubliche Geschichten. Man kann viel lernen,
fach gern haben.
manchmal auch, wie man etwas nicht macht.
Wie verändert sich dein Leben?
Wie verleihst du deinem Inneren Aus-
Die Faszination am zahnärztlichen Beruf ist un-
druck?
gebrochenen groß, aber es macht schon einen
Mir ist es extrem wichtig, mein Innerstes ir-
Unterschied, ob man Zahnmedizin in der Uni
gendwie zu kommunizieren – nur so können
lernt oder ob man der Zahnarzt ist. Es ist ein gu-
wir uns selbst kennenlernen. Manches wird ei-
tes Gefühl, für seine Arbeit die Verantwortung
nem erst bewusst, wenn man es herausschreit.
zu tragen, denn der Beruf bringt viele Freihei-
Dann beginnt man sich selbst zu verstehen und
ten, aber es wird auch mehr von einem ver-
kommt sich näher. Jeder hat dafür so seine
langt. Ich denke, meine Prioritäten sind wei-
Art. Mein Vater ist Fotograf, meine Mutter hat
terhin gleich, und sie dürfen es auch bleiben.
Kunst studiert. Sachen visuell zu erfassen und
Man sollte sich kennen und herausfinden, was
zu kreieren habe ich von klein auf erlebt. Die
einem guttut und dabei die Faszination nicht
Fotografie war dabei nicht die einzige Sprache,
verlieren. Das ist nicht immer leicht, aber ich
die gesprochen wurde, ist aber bestimmt der
arbeite hart daran.
Dialekt, an dem man hört, woher ich komme. Mich begeistert es, Momente festzuhalten, Ge-
Was interessiert dich am Leben anderer?
sichter, Gedanken und Erinnerungen.
Wie sie das machen mit dem Leben, was sie antreibt und wo sie ihre Energie herholen. Mir
Was brauchst du für ein besseres Leben?
fällt immer wieder auf, wie vielseitig die Leu-
Dafür brauche ich nicht viel, aber wenn es et-
te doch sind, und ich mag das – man kann auf
was sein soll, dann Zeit. Mehr Zeit für mei-
so unterschiedliche Wege ein Ziel erreichen.
ne Freundin, meine Familie und Freunde. Die
Auch interessieren mich Gesichter, auf denen
Wochen ziehen manchmal sehr schnell vorbei,
sich das Leben und die Zeit spiegeln, wie einer
und Entfernungen werden immer größer. // un-plaqued No 20 | 65
Thema / Leben
DEIKE BĂ&#x2013;NING FOTO privat
66 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Deike Böning ist 26 Jahre alt und studiert im ersten Semester Zahnmedizin in Göttingen. Nach erfolgreichem Studium der Soziologie und Humanmedizin, mit einem Doktortitel in der Tasche und einem zweiten zum Greifen nah, widmet sie in den nächsten Jahren einen Großteil ihrer Lebenszeit den Zähnen. Doch das ist bei Weitem nicht alles.
Was ist dein Leben? Mein Leben ist eine rasante Abfolge unter-
sen ist begrenzt«, schreibt Albert Einstein – und
schiedlichster Eindrücke – aus der Medizin, der
genau dieser Umstand ist für mich täglich eine
Soziologie, der Musik und nun der Zahnmedi-
Ressource. Konkrete Pläne helfen, aber ein biss-
zin. Es beinhaltet einen ständigen Perspekti-
chen Träumen kann bereichern und von den all-
venwechsel zwischen Student, Dozent und Pri-
täglichen Problemen ablenken.
vatperson. Eine Vermischung soziologischer, philosophischer, musikalischer, psychologi-
Wodurch hast du erkannt, was du im Leben
scher und medizinischer Denkhorizonte. Mein
machen willst?
Leben ist die Möglichkeit, fern von allen alltäg-
Durch eine sehr enge Freundin habe ich vor
lichen Normen und Pflichten, zu erfahren, wer
mittlerweile sieben Jahren gemerkt, wie wich-
ich selbst bin und was mich ausmacht.
tig positive Energie, Lebensfreude und Handeln sind: »Was du dann wünschst, getan zu haben,
Was ist dein Sinn des Lebens?
das tue jetzt!«, äußerte sich passend Erasmus
Gut, dass die Frage lautet »dein Sinn« und nicht
von Rotterdam – ein Leitspruch, welchen ich mir
»der Sinn des Lebens«! Letzteres hätte ich mich
(manchmal in zu exzessiver Form) zu Herzen ge-
nicht getraut zu beantworten. In einem Hotel
nommen habe. Reisen – als zentraler Bestand-
habe ich vor einigen Jahren eine kleine wei-
teil meines Lebens – haben mich verschiedens-
ße Karteikarte gefunden mit folgendem Aus-
te Kulturen und Sprachen kennenlernen lassen,
spruch Sören Kierkegaards: »Man kann das Le-
ein Umstand, welcher mich persönlich in mei-
ben nur rückwärts verstehen, aber man muss es
nem Verständnis der Welt entscheidend weiter-
vorwärts leben.« Ein Satz, welcher sich auf mei-
gebracht hat.
nem bisherigen Lebensweg immer wieder auf verschiedenste Art und Weise als treffend und
Wie gehst du mit den Erwartungen anderer
wahr erwiesen hat. Für mich ist er zu einem Leit-
an dein Leben um?
faden des Lebens geworden. Der Weg zum letzt-
Mit einem Lächeln ... Chemie-Tutorin, Psycholo-
endlichen Lebensziel muss kein direkter sein, er
gie-Tutorin, Ärztin, Soziologin, Dozentin, Zahn-
kann über verschiedenste sich ggf. widerspre-
medizinstudentin, Sängerin, Saxophonistin,
chende Fachdisziplinen gehen. Entscheidend
Freundin ... Viele kennen mich nur aus einem
für mich ist, eine grobe Richtung zu erkennen.
Teilbereich meines Lebens. Wenn sich plötzlich zwei oder mehrere Bereiche überschneiden und
Was brauchst du für ein besseres Leben?
Menschen mich in anderer Position wiedertref-
Mehr philosophische Gedanken, Musik, Gebor-
fen, sind sie oft verblüfft. Ein Lächeln hilft und
genheit, Kreativität, Freunde, Rückhalt, Frei-
kann die Basis für Freundschaften bilden. Ein
heit, eine Traumvorstellung und Phantasie.
Hauch (Selbst-)Ironie und ein Lächeln können
»Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wis-
nie schaden auf dem Lebensweg. // un-plaqued No 20 | 67
Thema / Leben
Diana Magnay FOTO Ingmar Dobberstein
68 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Diana Magnay ist Reporterin und Journalistin für CNN International und arbeitet grundsätzlich an der vordersten Front der Nachrichtenerstattung. Ihr Job bringt sie dabei zu den Brennpunkten der globalen Politik und gewährt ihr Einblicke in nahezu alle Schichten der Gesellschaft in den verschiedenen Ländern. Diana ist Wahlberlinerin – und das aus gutem Grund.
Was ist das Leben für dich?
the joys of a myriad forms of technology – but
The wonderful thing about life is that everyone
we’ve lost that meditative time, where man sat
experiences it in different ways so that it is im-
beside the river and pondered the day’s occur-
possible to keep any kind of definition going
rences.« I think of this inner monologue as a
from one moment to the next. To let the clichés
kind of white noise. Thoughts are spawned, most
roll, life throws you down then picks you back
evaporate unfinished, only occasionally and
up, life is bigger than us and it is not at all easy.
when we give ourselves the time do they come to
I would say I wrestle with trying to forge the life
anything, bear fruit. And I find I can only come
that I want for myself with the fact that you can
close to those glimpses of clarity if I exert some
never really have all that much control. In that
serious self-control. That I pause, get out my pen
space we exist and that is to some degree a lux-
… study what my gut’s telling me. I think that’s
ury. I travel to many places for my work where
one of the hardest things to learn – being honest
I see life having spat out its worst on people. I
with yourself, trusting your gut, making sense of
have a wonderful life – especially in Berlin, but
your own whirring subconscious.
I am still a long way from being at peace with
How do I do that? Turn off the phone. Block the
my »lot«. But perhaps this is what keeps us all
internet. And listen out. It doesn’t happen very
striving.
often – or at least not often enough.
Wann fühlst du dich lebendig?
Wodurch hast du erkannt, was du im Leben
In great conversation; when I feel I’ve gained a
machen willst?
revelatory insight into the thinking of a person
Life is long. I hope. I want to feel that I’ve lived
close to me which expands the way I see things;
it. I feel as though life presents a bewilder-
in moments of great exertion and exhilaration –
ing array of fragments, sensory experienc-
so at the tops of mountains, or running fast; in
es, thoughts. And my life within it all is a pro-
moments when I understand not with my head
cess of piecing these together till they unravel
but with my stomach; when I have a sense of na-
through the unexpected, trying to see beyond
ture’s munificence.
the filter that is your own mind, building understanding through empathy. Professionally
Wie verleihst du deinem Inneren Ausdruck?
I think a lifetime holds many options. It’s the
Modern life with all its stresses and demands, the
personal side I think you have to look after
endless telephone calls, emails, 24 hour news,
fiercely. My mother always told me life wasn’t
tweets ... This ceaseless commotion makes it
for enjoying but I don’t agree. The happier you
very easy to block out that inner voice. Someone
are, the happier are those around you. But you
said to me recently: »Yes, we have our health, we
the self should not be the centre. As a journal-
can get from A to B in hours not weeks, we can
ist, I listen rather than tell. That’s where the
reach anyone pretty much anywhere through
emphasis lies for me. // un-plaqued No 20 | 69
Thema / Leben
FELIX MESCHEDE FOTO privat
70 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Felix Meschede wurde 1985 in der Nähe von Münster geboren. Er studierte zunächst Geografie und Medien in Osnabrück und später Journalismus an der Hamburg Media School. Die Herzstücke seiner aktuellen Arbeiten behandeln soziale und energiepolitische Themen. Derzeit lebt Felix in Hamburg und arbeitet beim Norddeutschen Rundfunk sowie als freier Autor und Videojournalist.
Was ist dein Leben?
Wie möchtest du in 10 bis 15 Jahren leben?
Schwierige Frage. Und wenn es schwierig wird,
Das ist ein Zeitraum, der für mich noch zu weit
bemühe ich in der Regel den Fußballvergleich.
weg liegt. Als Journalist denke ich eigentlich
Wenn es also um mein Leben als Ganzes geht,
immer nur an das nächste Projekt. Ich wunde-
ließe sich das wohl als ein Fußballspiel beschrei-
re mich manchmal, wenn mir Freunde sagen,
ben, bei dem ich zugleich Angreifer und Vertei-
wann sie im nächsten Jahr Urlaub haben und
diger bin. Ich bin Platzwart und Trainer, mähe
wo es hingeht. Ich bin gezwungen, sehr viel
den Rasen und wechsle Mitspieler ein und aus.
kurzfristiger zu entscheiden. Allerdings wün-
Ich ändere Strategie, Spieltempo und die Tri-
sche ich mir, dass sich die Anzahl der Variab-
kotfarbe. Wenn es klappt, dann freue ich mich
len in den nächsten 15 Jahren reduzieren wird.
wie mein größter Fan, und wenn es daneben-
Ich will mit meiner Freundin Kinder und ein ge-
geht, dann zweifle ich wie mein größter Kriti-
meinsames Zuhause haben. Außerdem möchte
ker. Es ist eine süchtig machende Kombination
ich meine Freundschaften weiter pflegen. Für
zwischen Leidenschaft, Regelwerk und Schwer-
all das wäre es wahrscheinlich hilfreich, wenn
kraft. Bislang bin ich nicht abgestiegen.
sich mein berufliches Leben ein wenig sortiert. Weniger Freestyle, mehr Verlässlichkeit.
Was macht dich glücklich? Ich trage das Glück im Namen. Der Hausmeis-
Was interessiert dich am Leben anderer?
ter meiner Grundschule rief mir immer nach:
Fast alles. Ich bin neugierig, was die Menschen
»Felix, der Glückliche.« Recht hat er. Ich bin ein
tun, wie sie das tun und besonders warum sie
glücklicher Mensch, mit situativen Unzufrie-
das tun. Es gibt so viele spannende Berufe,
denheiten, wie sie wohl jeder kennt. Wenn es
dass ich mich nicht zwischen ihnen entscheiden
meinen Freunden und meiner Familie gut geht,
könnte. Ich habe natürlich den besten Job von
dann macht mich das am meisten glücklich. Mei-
allen, weil ich als Journalist das Glück habe,
ne Freundin macht mich glücklich. Ein Kaffee aus
viele Menschen und ihre Leben kennenzuler-
meiner Kaffeemühle, eine Runde in Jogging-
nen. So bin ich an einem Tag Mediziner in Ecu-
schuhen um die Alster, mein Rad an Sommerta-
ador und an einem anderen Sozialarbeiter auf
gen, mit der Linie 62 nach Finkenwerder, Fala-
Hamburgs Straßen. Wenn mich die Menschen
fel, Sushi und Rotwein machen mich glücklich.
nicht mehr interessieren würden, dann müsste
So einfach ist das. Mich macht glücklich, wenn
ich den Job wechseln. //
ich an etwas arbeite, an das ich gerne denke, von dem ich überzeugt bin, auf das ich stolz bin. un-plaqued No 20 | 71
Thema / Leben
Anna L端ffe FOTO privat
72 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Anna Lüffe studierte European Studies und Science Politiques in Magdeburg, Osnabrück und Bordeaux, um anschließend ihr eigentliches Wunschstudium Internationale Migration und interkulturelle Beziehungen aufzunehmen. Als Mitarbeiterin bei einem Bildungsträger und als Referentin im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Köln bringt sie Tag für Tag viel Zeit und positive Energie für ihre Arbeit auf. Anna begeistert sich ständig für neue Aufgaben und Ziele und vor allem dafür, das Leben mit anderen Menschen zu leben.
Wofür lebst du? Es ist das Miteinander, was das Leben lebenswert macht. Ich lebe, um das Leben mit anderen Menschen zu leben. Das ist nicht immer einfach und macht es deshalb zur besonderen Herausforderung. Eine Reise, die ich mit keinem teilen könnte oder Schmerzen, die ich völlig allein ausstehen müsste, das wäre für mich kein Leben. Was brauchst du für ein besseres Leben? Ich hätte manchmal gerne etwas mehr Zeit für meine Freunde und Familie. Der Alltag lässt einem manchmal nicht viel Raum, sich ausreichend um seine Liebsten zu kümmern. Wie machst du dich und deine Mitmenschen glücklich? Mich persönlich macht es sehr glücklich, wenn ich anderen Menschen durch meine Hilfe eine Stütze sein kann, in welcher Lebenslage auch immer. Die Sache wird natürlich erst dann rund, wenn ich nicht nur Hilfe leiste, sondern diese meinen Gegenüber so unterstützt, dass beide Seiten etwas glücklicher werden. Wodurch hast du erkannt, was du im Leben machen willst? Ich empfinde das immer als einen Prozess. Ich habe nie groß geplant, sondern habe es eher auf mich zukommen lassen. Meistens haben sich über den einen oder anderen Umweg neue interessante Wege aufgetan. Ich hoffe, das Leben hält noch eine Menge neuer Perspektiven für mich bereit. Zu erkennen, wohin der Weg einen führt, und diesen dann auch zu beschreiten, ist immer spannend. Wann fühlst du dich lebendig? Wenn ich unter Menschen bin, die mir sehr nahestehen. Es kann auch mal ein Streit sein, bei dem man sich sehr lebendig fühlt. Routine und Trägheit geben mir oft das Gefühl, auf der Stelle zu tappen. Zu wenig Bewegung ist nicht gut. Vielmehr machen mich die stetige Auseinandersetzung mit meinen Mitmenschen, das Philosophieren über die Zukunft oder die Vergangenheit lebendig. // un-plaqued No 20 | 73
Thema / Leben
Joachim Eriksen FOTO Archiv Atelier
74 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Die Kunst war im Leben von Joachim Eriksen schon immer fest verwurzelt. Vor über 30 Jahren widmete er sich dann dem Material, das ihn am meisten herausforderte: dem Stein. Er wurde Steinmetz, um die Techniken und das Material intensiv kennenzulernen, und verwirklichte anschließend seinen Wunsch, bildhauerisch-künstlerisch tätig zu werden. Als Autodidakt suchte er sich seine Lehrer und studierte begleitend Kunstgeschichte, Archäologie und Anthropologie. Über die Jahre schuf er zahlreiche Skulpturen, Plastiken und Zeichnungen für den öffentlichen Raum und private Sammler. Joachim Eriksen arbeitet derzeit in seinem Atelier in der Göttinger Innenstadt.
Wie bist du dazu gekommen, hauptberuf-
fentlichkeit zu stehen. Das ist auch der Grund
lich Künstler zu sein?
dafür, dass ich mir manchmal einen Stein mit
Was man beruflich macht, ist eine Entschei-
nach draußen nehme und dort arbeite, damit
dung dafür, von welcher Perspektive und
Leute einen Berührungspunkt mit der Kunst
von welcher Plattform aus man das Leben be-
erfahren und Schwellen überwunden werden
trachten und die Dinge verstehen möchte. Je-
können. Damit erreiche ich, dass meine Arbeit
der Mensch hat Fragen. Wenn man Dinge be-
für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Ich ver-
urteilt, dann nimmt man sie meist von der
suche, in die Gesellschaft eingebunden zu sein
Grundlage seines Berufes wahr. Die Bildhau-
und der Gesellschaft einen sinnvollen Dienst zu
erei ist für mich der beste Weg, die Fragen zu
erweisen.
beantworten, die mich in meinem Leben inte-
Ich arbeite figürlich und abstrakt, jedes Kunst-
ressieren. Mein Interesse ist breit gefächert.
werk ist einzigartig. Der Inhalt meiner Skulp-
Das Schöne am künstlerischen Beruf ist, dass
turen bezieht sich auf die wahrlich feinen Mo-
er mir eine breite Palette von Möglichkeiten
mente des Seins. Ich suche nach Augenblicken,
bietet.
in denen Menschen etwas Außergewöhnliches wahrnehmen, einem bestimmten Gedanken
Was ist dein Leben?
folgen oder eines besonderen Gefühls gewahr
Mein Leben ist das Bestreben, demselben ei-
werden.
nen Sinn zu geben. Es ist wie mit einer Skulptur, bei der nicht, wie oft angenommen, die
Was macht dich glücklich?
fertige Skulptur schon im Stein enthalten
Ich bin glücklich, wenn ich die Reflexion des
ist und man sie nur noch herauszuschlagen
Sonnenlichtes im Auge meiner Freundin sehe,
braucht, sondern eine Skulptur hat immer nur
wenn ich ein gutes Gespräch mit meinem Sohn
die Form, die irgendein Bildhauer in der Lage
führe oder dem Schlaf meiner Chihuahuas
ist, ihr zu geben.
zuhöre. Auch macht es mich glücklich, einen schönen Stein zu berühren und all die gefro-
Wie arbeitest du?
rene Zeit unter meinen Fingerkuppen zu spü-
Meine Konzeption sieht vor, als Künstler zu ar-
ren. Und schließlich ist es das kleine Glück des
beiten und gleichzeitig als Künstler in der Öf-
Tages, einen sehr guten Kaffee zu genießen. // un-plaqued No 20 | 75
Thema / Leben
Adam Rice FOTO Ingmar Dobberstein
76 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Adam Rice ist Amerikaner. Geboren in Las Vegas und aufgewachsen in Michigan und Florida, entschied sich Adam 2004 aufgrund seiner Erfahrungen während eines Austauschjahres in Deutschland Ende der 80er Jahre für ein Leben in Berlin. Mit seinem Abschluss in Politischer Wissenschaft und Russisch und ursprünglich aus der Bankenbranche kommend, hat Adam bis heute in vielen verschiedenen Jobs gearbeitet, unter anderem als Manager, Yogalehrer, Marketingchef bis hin zum Exklusivvertreter für E-TukTuks in Europa.
Was ist das Leben für dich? Life, for me, is the ultimate adventure. It is like
owning a bigger TV, or making that unnecessary
a playground with a million different toys to ex-
addition to their house, that I learned what suc-
plore, a million different ways to enjoy, savor,
cess was supposed to be. And this idea creat-
and stimulate the senses. But, as with any ad-
ed a tremendous amount of expectation – not
venture, it can also be a challenge – and therein
so much from my family, but from myself. Get
lies the best part. The most exciting thing about
good grades so you can get into a good univer-
life is that we don't always get what we want, but
sity, play and excel at sports so you can get a
instead what we need. The duality of life – the
scholarship to that University, study hard at
light, the dark, the joy, the sorrow, constant up
University so you can get a good job, get a good
and down – is what keeps us in a permanent state
job so you can make a lot of money, make a lot
of development and evolution. As a person, in
of money so you can buy that fancy car, that big
my job, in my sprituality, I feel I am constantly
TV and a nice house. And suddenly, there you
changing, adapting and growing. And this, for
are, defined by your »success«, or lack of it.
me, is what life is all about.
The first question anyone asks you in the States when they meet you is: »So, what do you do for
Wie gehst du mit den Erwartungen anderer
a living?« Job and career define who a person
an dein Leben um?
is, and whether they are worthy of your further
In the United States, where I grew up, there has
attention. It immediately places a person into
always been a tremendous amount of focus on
a pre-defined place in the questioners mind –
achievement and the idea of being »number
winner or loser.
one«. It is an idea that is bred into you from your earliest school days – that anything is pos-
As you can imagine, living up to these perceived
sible and that all you have to do is work hard and
expectations creates a lot of pressure. For me,
you will be successful. The big question, howev-
that pressure, that desire to be a »winner« led
er, is what does it mean to be successful? For me,
me to do things I now look back upon with dis-
the idea of success was mostly defined by the
dain. I was a corporate ladder-climber, willing
culture of consumerism and materialism of the
to do anything and step on anyone I needed to
1980s. The concept of »Who has the most toys,
in order to get ahead. I was very competitive
wins« was made even more prominent by the
and, because my greatest fear was being a los-
media and by films such as »Wall Street«.
er, caused me to despise those around me who
It was in front of the television and in the mov-
were »not on my level«. All this in the pursuit
ie theaters and along the streets of my mid-
of »success«. And, eventually, I was there. I had
dle-class neighborhood, where everyone tried
the suit, the briefcase, the BMW, the house – all
to out-do the other by driving a fancier car,
by the time I was 24. I had lived up to all the exun-plaqued No 20 | 77
Thema / Leben
pectations. But had I? There was always the
and look at my life from a distance, I can say that
feeling that there should be more – and that is
this is exactly what makes it so much fun! I en-
the drug, the danger of expectation.
joy having a lot going on in my life – I need it to
In 1999, I began doing yoga – as a way to cope
be challenging and colorful. And because I want
with my stress and all the physical problems
so much at once, it is especially important for
that come with it. Yoga changed my life. It
me to keep things in perspective. I try to han-
taught me that only by letting go of expec-
dle all aspects of my life with attention and re-
tations and following our hearts can we find
spect, and have learned, through my yoga, that
true inner freedom. My perspectives began to
the best way of maintaining a life of balance is
change, and I realized that my pursuit of success
to live in the moment, don't take yourself too
was merely an ego-based pursuit for attention
seriously, go with the flow of what comes your
and love. We all want to be loved, appreciated
way, and to sometimes just sit in stillness and
and respected, and many of us believe the only
take it all in.
way to achieve this is by being admired through our work or status in life.
Was interessiert dich am Leben anderer?
As the years went on, I began to drop the ex-
What interests me the most in the lives of oth-
pectations I had of myself, and began to define
ers are the things that they can do that I either
success in other ways. Success began to be more
can't, or haven't yet tried. I am a very curious
about being the best person I can be, helping
and adventurous person by nature, so it is in-
others, contributing to the world in some posi-
spiring to meet people that activate some im-
tive way, and having the courage to follow my
pulse in me to try something new. When I was
heart and my dreams – regardless of whether
younger, I used to compare myself to others as
the result of that pursuit ended in something
to whether they were »better« than me or not,
that the rest of the world would define as »suc-
and put myself under a lot of pressure because
cess« or »failure«.
of this. Today, I have learned to appreciate and
I've been teaching yoga now for 13 years, and
admire the talents and skills of others, and en-
also run a successful marketing business. Com-
joy enriching my life by learning from them. //
bining these two aspects of my life have helped me to lead a much more balanced and holistic existence, and has provided me with a personal freedom I never thought possible. Wie bringst du die verschiedenen Aspekte des Lebens unter einen Hut? I have been working 14 hour days building my business for the last 2 years, teach yoga 4-5 times per week, recently went through a breakup and now a new relationship, and am trying to maintain my private life and hobbies. So, to be honest, at the moment I feel as though I'm on the edge of not keeping it all together, of becoming overwhelmed, and I wonder every day if I will be able to keep my priorities in balance. My life can often be challenging or exciting, but always intense. And when I zoom out, 78 | un-plaqued No 20
Wir leben nicht nur den Laboralltag …
… sondern auch die Zukunft.
cctechnik.com
Halle 10.2 Stand V058
Thema / Leben
Die Suche nach Unsterblichkeit Text Mike Rubin
Der Mensch braucht Philosophie, Religion, Wissenschaft und Kunst, weil er die Begrenztheit seines Selbst permanent spürt und nach dem strebt, das über diese spürbaren Grenzen hinausreicht. Seit der Mensch sich dem Rätsel seiner Existenz stellt und ihr einen Sinn verleihen möchte, um unter anderem seine Sterblichkeit ertragen zu können, sucht er Antworten auf das Unbeantwortbare. Fasziniert von der Idee des Fortlebens in einer anderen Welt, schöpft er Hoffnung aus der Vorstellung von der Überwindbarkeit des Todes. Das Wunschbild, Unsterblichkeit zu erreichen, dass es dafür Mittel und Wege geben könnte, ja sogar einen ganz konkreten Ort, an dem sich jene aufhalten, die Unsterblichkeit erlangt haben – dieses Wunschbild bewegte die Menschen zu allen Zeiten. 80 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
»Selbst wissenschaftlich bewiesen würde die Reinkarnationslehre unseren Fragen kein Ende machen.« Maurice Maeterlinck
D
ie Vorstellung eines Lebens nach dem
in einem weiteren behoben werden. Wird die
Tod ist in vielen Kulturen und den spiri-
Bereinigungschance in einem oder mehreren
tuellen Lehren der meisten Weltreligio-
Erdenleben nicht genutzt, dann wird das Ge-
nen verbreitet: in der altägyptischen Religion,
setz der Abtragung aktiv: Was ich einem an-
im Griechenland der Antike, in der Hermetik,
deren an Schmerz und Leid zugefügt habe, er-
im römischen Kaiserkult, im Manichäismus und
leide ich selbst – im Diesseits, im Jenseits oder
weiteren gnostischen Strömungen, in der jüdi-
in weiteren Erdenleben. Das Gesetz von Ursa-
schen Kabbala, in der Mystik des Islam, in der
che und Wirkung (Karma) lässt die wiederhol-
Philosophie Arthur Schopenhauers sowie in
te Einverleibung zu, als Chance zur geistigen
der neuzeitlichen Esoterik.
Evolution und zur Höherentwicklung der Seele
Hinduismus, Jainismus und Buddhismus pfle-
des Menschen. Das Ziel besteht darin, den ewi-
gen die Idee der Wiederkehr der persönlichen
gen und mit ständigen Leiderfahrungen ver-
Seele auf der Erde bis zu ihrer Erlösung (Hindu-
bundenen Kreislauf von Werden und Vergehen
ismus: Moksha; Buddhismus: Nirwana) am in-
(Samsara) zu überwinden, um mit gereifter
tensivsten und geben vielen Menschen bis heu-
Seele zur Erlösung zu gelangen. Die Erlösung
te ein substanzielles Gedankenmodell für ihre
aus diesem Kreislauf stellen sich einige hindu-
Lebensreise. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts
istische Richtungen durch göttliche Gnade vor,
kam die Idee der Reinkarnation über die Leh-
die Karma vernichtet und das Individuum er-
re des Yoga und des Buddhismus verstärkt in
retten kann. Diese göttliche Hilfe ist ein Haupt-
die abendländische Welt und begeistert seit-
thema in hinduistischen Gebeten. Andere hin-
dem immer mehr Menschen. Statistiken zufolge
duistische Richtungen glauben daran, dass ein
glauben 20 bis 40 Prozent der Menschen in Euro-
Individuum ausschließlich selbst für seine Erlö-
pa und den USA an Reinkarnation. Die zahlen-
sung verantwortlich ist und dass diese auf dem
mäßig bedeutendsten Glaubensrichtungen, in
Wege des Loslassens von allen Bindungen, Be-
denen Reinkarnation eine zentrale Rolle spielt,
gierden und Wunschvorstellungen sowie durch
sind der Hinduismus mit weltweit etwa 900 Mil-
Erkenntnis geschieht. Nach der endgültigen Er-
lionen und der Buddhismus mit etwa 500 Millio-
lösung (Moksha/Nirwana) soll das Individuum
nen Anhängern.
in der Weltseele (Brahman) aufgehen und in zeitloser Ewigkeit glückselig sein.
Was bedeutet Reinkarnation? Reinkarnation bedeutet soviel wie Wieder-
Im Buddhismus kann die Wiedergeburt in Men-
fleischwerdung. Hiernach soll unsere Seele
schenform oder bei gutem Karma in einer Him-
nach dem Ableben (Exkarnation) erneut in die-
melswelt geschehen. Bei schlechtem Karma
se Welt geboren werden. Die Seele wird zur Rei-
kann sie sowohl im Tierreich als auch im Reich
nigung von anhängenden Schlacken und zur Bü-
der Hungergeister und Dämonen oder als ge-
ßung für begangene Vergehen durch mehrere
quälter Insasse in einer der acht Haupt- und 160
Vervollkommnungsstufen gehend betrachtet.
Nebenhöllen stattfinden. Neben den positiven
Was in einem Leben nicht bereinigt wurde, soll
oder negativen Umständen der Geburt soll das un-plaqued No 20 | 81
Thema / Leben
Karma auch den Charakter des Wiedergebore-
ner vollkommenen Läuterung die Wanderung
nen bedingen, da die sechs Wurzeln des Karma
zur Urquelle des Lichts und des Lebens möglich
(Gier und Selbstlosigkeit, Hass und Güte sowie
wird. Es wird unterschieden in Neulingsseelen,
Verblendung und Weisheit) die Tendenz haben,
die aus ihrem himmlischen, ätherischen Le-
Ähnliches im selben oder einem nachfolgenden
ben zum ersten Male austreten und in die Hül-
Leben hervorzurufen. Um diesem Leid zu ent-
le sterblicher Wesen eingehen und in büßende
gehen, strebt der Buddhist nach dem »Achtfa-
Seelen, welche bereits als Mensch gelebt haben
chen Pfad« der Erleuchtung (Bodhi), wodurch
und sich zum zweiten oder wiederholten Male
er die Verblendung und in der Folge auch Gier
verkörpern. Darüber hinaus soll es Seelen ge-
und Hass überwinden und den Zustand des Nir-
ben, die aus Neigung zum irdischen Leben in die
wana erlangen kann. Damit endet der Kreislauf
Sinnenwelt, die physische Welt, herabkommen.
der Wiedergeburten (Samsara). Der Erleuchtete kann jedoch weitere Verkörperungen auf
Am kuriosesten verfuhren die Juden mit der
sich nehmen, um anderen Menschen auf dem
Seelenwanderung, indem sie behaupteten,
Weg zur Erleuchtung und Erlösung zu helfen
Gott habe nur eine gewisse Anzahl Judensee-
(Weg des Bodhisattva).
len geschaffen, welche, solange es Bekenner des Mosaismus gäbe, immer wiederkämen und
Bei den Griechen nahm Pythagoras die Wie-
von denen einige zur Strafe in Tierkörper ver-
dergeburt in seine Philosophie als Zeugnis für
pflanzt würden. Sie alle würden sich jedoch am
die ewige Fortdauer der Seele auf. Der Geist
Auferstehungstage in den Leibern der Gerech-
des Menschen, von seinen materiellen Fesseln
ten in Palästina befinden und in deren Gestalt
befreit, geht in einen Zwischenzustand zwi-
auferstehen. Das »Haus Israel« oder das »Volk
schen Himmel und Erde über, von wo er früher
Israel« hat in der gesamten Bibel, auch im Al-
oder später zur Erde zurückkehrt, um irgend-
ten Testament, diese auf die spirituelle Jünger-
eine sterbliche Hülle zu beseelen, bis nach sei-
schaft bezogene Bedeutung.
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THEMA / leben
»Wie einer handelt, wie einer wandelt, ein solcher wird er. Aus guter Handlung entsteht Gutes, aus schlechter Handlung entsteht Schlechtes.« Upanishaden Das frühe Christentum unterscheidet sich vom
einen Holzes multipliziert (Kreuz) mit den 12
Neuzeitlichen insofern, als dort noch die Idee
Stämmen des anderen Holzes ergibt 144. Davon
der Wiederverkörperung durch Kenntnis der
»ganz viele« ergibt die für damalige Verhält-
platonischen Philosophie geläufig war und
nisse übliche Analogie mit Tausend. Das Sym-
durch konvertierte Heiden in christliche Mili-
bol für die Vereinigung ist das Kreuz, welches
eus eingebracht worden ist – in den sogenann-
aus den zwei Hölzern des Gleichnisses besteht.
ten gnostischen Strömungen. Das ist allerdings
Die Zeugen Jehovas gehen, als christlich chili-
Vergangenheit, da die Kirchenväter Reinkarna-
astische Religionsgemeinschaft, von nur einem
tion in mehrfacher Hinsicht als mit dem christ-
irdisch-persönlichen Leben aus. Darauf folgt,
lichen Glauben unvereinbar betrachteten und
nur für die Auserwählten natürlich, das Him-
dies bis heute die Haltung der großen christ-
melreich mit Ewigkeitscharakter.
lichen Kirchen bestimmt. Der Mensch besitzt
Innerhalb des Islam wird das Konzept der Re-
nur dieses eine irdisch-persönliche Leben, und
inkarnation, wie auch im Christentum, von den
nur wenn er an Jesus Christus glaubt und ihm
meisten Vertretern der Hauptströmungen (Sun-
folgt, wird er in das Reich Gottes, in den Him-
niten und Schiiten) abgelehnt. Die mystische In-
mel, dem Ort und Zustand vollendeter Glückse-
terpretation des Sufismus, als Sammelbezeich-
ligkeit, aufgenommen. Es gibt keine unsterbli-
nung für spirituelle Randgruppen des Islam mit
che Seele, aber die Unsterblichkeit würde als
asketischen Tendenzen, lässt wiederum eine is-
Gabe im himmlischen Reich gewährt werden.
lamimmanente Reinkarnationslehre zu.
»Jeder Mensch muss nur einmal sterben, danach kommt er vor Gottes Gericht.« Bibel: Hebräer, Kapitel 9, Vers 27
Bei den Zeugen Jehovas hat man die Vorstel-
Geprägt wurde der Begriff Reinkarnation ur-
lung entwickelt, dass allein 144.000 auserwähl-
sprünglich durch den französischen Spiritisten
te »Superchristen« vom heiligen Geist erfüllt
Allan Kardec in dessen »Buch der Geister« (»Li-
werden und über die sogenannte Auferste-
vre des esprits«, 1857, auf dt. 1868).
hung in das himmlische Reich gelangen dürfen. Bei weltweit 7,6 Millionen Zeugen Jehovas (2011)
Davor waren Synonyme und vergleichbare Kon-
wird es da wohl ziemlich eng werden. Dabei ist
zepte wie Palingenesia (Wiederentstehung),
die aus der Johannes-Offenbarung entnomme-
Metempsychose (Wiederverseelung, Seelen-
ne Zahl 144.000 allein eine symbolische Zahl.
wechsel) und Metemsomatose (Wiederverkör-
Gemäß der Offenbarung errechnet sich diese
perung, Körperwechsel) gebräuchlich, die be-
Zahl aus den 12 Stämmen Israel: 12 Stämme des
reits in der Antike Verwendung fanden. un-plaqued No 20 | 83
Thema / Leben
Eine andere Perspektive »Wer an seine Unsterblichkeit glaubt, tut gut,
Wenn man sich der Frage stellt, warum die Re-
den Akzent nicht auf die Fortdauer nach dem
inkarnation mit ihren oben aufgeführten Ideen
Tode, sondern das Leben vor der Geburt, die
wahr sein soll, wird man weder durch Wissen-
›Ungeborenheit‹, zu legen. Wer nämlich den
schaft noch durch persönliche Einsichten und
Nachdruck auf das ›nachher‹ legt, unterliegt
Erfahrungen zu einem sicheren und schon gar
allzu leicht der Versuchung, sein Erleiden als
nicht einheitlichen Ergebnis kommen. Der per-
Frucht der empirischen Daten dieses Lebens zu
sönliche Glaube des Menschen und die ihm in-
deuten und damit moralistisch, was ganz ge-
newohnende individuelle Vorstellung von der
wiss verfehlt ist. Es ist ganz sicher nicht so, dass
Wirklichkeit kann die Idee der Reinkarnation
in diesem Leben einfach Verdienste gehäuft
allein durch eine metaphysische, jede Erfah-
oder Schulden gemacht, die dann später ver-
rung überschreitende Sichtweise erahnen.
golten oder bezahlt würden. Wer nun inner-
Die Inhalte, die uns durch die Bücher der Weis-
lich von seiner Ungeborenheit ausgeht, dem
heit, wie dem »Veda« (Hinduismus), dem »Dao
bedeuten die Leiden und Freuden dieses Le-
De Jing« (Daoisten), »Avesta« (Zoroastrismus),
bens nicht mehr, als sie tatsächlich bedeuten,
der »Bibel« (Christentum), dem »Koran« (Is-
sie bedeuten nichts von der Geburt Wesens-
lam), »Tanach« und »Talmud« (Judentum)
verschiedenes. Bin ich von je unsterblich, dann
wie auch dem »Pali-Kanon« (Buddhismus) er-
können Sühne und Strafe kein letztes Wort be-
reichen, dienen der spirituellen Entwicklung
deuten, und ebenso wenig der Lohn. Dann stellt
und Erhebung des Menschen und der gesam-
sich auch die Frage der Gerechtigkeit im bana-
ten Menschheit. Der Geist und die Philosophie
len Verstand nicht mehr. Das Urgesetz der Welt
dieser Schriften beinhalten zudem »äußere
ist nicht das von Ursache und Wirkung, son-
Gesetze«, die als Vorgänger unseres heutigen
dern dasjenige der Metamorphose. Gleich wie
Rechtssystems verstanden werden können. Sie
aus der Raupe durch die Puppe hindurch, in
dienen dazu, das wertvolle »innere Gesetz«,
der sich jene restlos auflöst, der Schmetterling
welches Vernunft, Ethik und Moral beinhaltet,
wird, ähnlich verwandelt sich alle Realität fort-
im Einzelnen zu entwickeln. Sie zeigen den Men-
laufend.« Hermann von Keyserling, 1944
schen Wege auf, ihr Zusammenleben friedlich,
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THEMA / leben
Bin ich von je unsterblich, dann können Sühne und Strafe kein letztes Wort bedeuten, und ebenso wenig der Lohn. verständnisvoll und geordnet zu gestalten und
Hoffnung und tiefe Zuversicht, alles könne gut
bieten gemeinsame Bezugspunkte an, an de-
werden, und ein immerwährender Frieden der
nen sich eine Gemeinschaft orientieren kann,
persönlichen Seele wäre möglich.
um wohlwollend, friedlich und sicher zu leben.
Die Frage sowohl nach der Seele und der Mög-
Das ist die grundlegende Absicht dieser Wer-
lichkeit einer vom Leib losgelösten Existenz als
ke und ihrer Autoren. Auf Fehldeutungen und
auch die Frage, inwieweit beide das Ich ausma-
Missbrauch der sogenannten Heiligen Schriften
chen, beschäftigten mich dabei vorrangig. In-
möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen.
spiriert durch die Schriften von Graf Hermann Keyserling und Hans Driesch sowie durch einen
Auch wenn die Ursprünge der Heiligen Schrif-
Vortrag von Gerrit Ullrich, Leiter des Wilhelm-
ten weit in der Vergangenheit liegen, so haben
Kammeier-Instituts, möchte ich diesen Zusam-
sie für die meisten Menschen ihre inspirieren-
menhängen im Folgenden auf den Grund gehen.
de Kraft nicht verloren. Es deutet einiges darauf hin, dass die Menschen seit Urzeiten dieselben
Der physische Leib ist eines der Hauptzentren
Bedürfnisse und Sehnsüchte, wie Wertschät-
der persönlichen Identität und hat eine zeitlich
zung, Gemeinschaft, Selbstverwirklichung,
begrenzte Existenz auf der Erde. Zwar gibt es ei-
Anerkennung, Vertrauen, Sicherheit, Kommu-
nige Erzählungen über Unsterblichkeit, selbst
nikation, Entwicklung, Liebe, Freiheit und Ewig-
des physischen Körpers, oder es wird von Men-
keit haben. Die aufgrund der erfüllten bzw.
schen berichtet, die mehrere hundert Jahre alt
unerfüllten Bedürfnisse hervorgerufenen Ge-
geworden sein sollen, aber mir persönlich ist
fühle sind ein Fingerzeig der tiefen Wesens-
trotz aller Bemühungen noch keiner begegnet.
verwandtschaft aller Menschen, ungeachtet
Den offiziellen Altersweltrekord hält bisher die
jeglicher äußerlichen, kulturellen und regio-
Südfranzösin Jeanne Calment mit 122,5 Jahren
nalen Unterschiede.
(1875–1997).
Aus diesem Grund stellt auch die Idee der Reinkarnation mit all ihren Facetten ein Faszinosum
Der Leib ist das materielle Vehikel des persönli-
dar, welches ich hier um eine Sichtweise erwei-
chen Bewusstseins und Resonanzkörper zur ma-
tern möchte, die der Wahrheit möglicherwei-
teriellen, psychischen, ätherischen und ener-
se nähersteht als alle bisherigen Auslegungen.
getischen Welt. Er sollte gepflegt, gehegt und nicht verletzt werden, weder durch religiöse
Leib, Seele, Persönlichkeit und Geist
Kulte noch durch Unachtsamkeit oder Leicht-
Das Leben hält ständig neue Herausforderun-
sinn. Sinnbildlich passt hier die Metapher von
gen, Unwägbarkeiten und Unruhen bereit, nicht
der Hard- und Software eines Computers, der
selten hat es eine gewisse Tragik, und definitiv
bestimmte Systemstärken und -leistungen (Po-
ist es nicht immer leicht. Mit dem Konzept der
tenziale) mitbringt und auf dem die unter-
Reinkarnation hat man eine Chance, dem Auf
schiedlichste Software (Programme/Erfahrun-
und Ab dieses Daseins entrinnen zu können. Es
gen) aufgespielt, geupdatet und modifiziert
ermöglicht unter anderem die sehnsuchtsvolle
werden kann. un-plaqued No 20 | 85
Thema / Leben
Dass allein das Gehirn denkt und Gefühle ver-
vielmehr der Mensch mit seinem gesamten geis-
mittelt, ist eine begrenzte und veraltete Vor-
tigen und physischen Organismus, mit jeder Zel-
stellung, obwohl das gesamte Gehirn, inklusive
le und all seinen Organen. Erfahrungen, Gedan-
seiner endokrinen Drüsen, wie der Zirbeldrü-
ken und Worte sind Kräfte, die mit Zellen und
se (Kronenchakra) und der Hypophyse (Stirn-
Organen wie auch dem geistigen Organismus
chakra/Drittes Auge), eines der »Hauptschalt-
des Einzelnen in Korrespondenz stehen. Weite-
zentralen« des Körpers ist. Es denkt und fühlt
re »Hauptschaltzentralen« sind:
· Schilddrüse und Nebenschilddrüsen (Halschakra) · Herz mit der Thymusdrüse (Herzchakra) · Solarplexus und Bauchspeicheldrüse (Solarplexuschakra) · der Bauch mit den Geschlechtsdrüsen (Gonaden) (Sakralchakra) · und die Nebennierendrüse (Wurzelchakra)
Die Drüsen sind in den Heilslehren sieben Chakren zugeordnet, die man sich als die Hauptenergiezentren zur ätherischen, energetischen bzw. geistigen Welt vorstellt. 7. Chakra
Nach Wilhelm Reich (Psychoanalytiker, Wissen-
6. Chakra
schaftler, Schüler von Sigmund Freud) bilden
5. Chakra
zungen im Körpersystem ab, die beispielswei-
4. Chakra 3. Chakra
sich gestaute Energien und emotionale Verletse als Verspannungen und Verhärtungen spürbar werden können. Dr. Ryke Geerd Hamer (Germanische Heilkunde) hat wissenschaftlich festgestellt, dass der Körper auf bestimmte Le-
2. Chakra
bensumstände, vor allem durch akute emotio-
1. Chakra
Organ bzw. am Gewebe reagieren kann. Die
nale Schockereignisse, mit Veränderungen am Germanische Heilkunde mit ihren fünf biologischen Naturgesetzen beschreibt exakt die medizinisch-biologischen Zusammenhänge des Organismus als »Einheit« von Psyche, Gehirn und Organ bei allen sogenannten Krankheiten. Die Erkenntnisse der Germanischen Heilkunde gelten demnach für Menschen, Tiere und Pflanzen bis hin zu einzelligen Lebewesen. Der Infektionstheorie mit der Idee der Ansteckung durch Viren und Bakterien wird durch die von Dr. Hamer postulierten Naturgesetze widersprochen. Die Infektionstheorie hat ihren Ursprung bei den Wissenschaftlern und Ärzten der frühen Kirche, mit der zur damaligen Zeit Wissen-
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THEMA / leben
Das Ich und die Welt – beide »Dinge« sind immer nur zusammen zu haben. schaft und Forschung allein möglich war. Diese
Auch wenn Bakterien und Viren selbstverständ-
Idee wurde ursprünglich als »Säftelehre« be-
lich existieren, werden sie in dieser Lehre in kei-
kannt und bis in die Gegenwart transportiert.
nem Fall als Krankheitsverursacher angesehen.
Sehr empfehlenswert ist in diesem Zusammen-
Während die beiden Auslöser Vergiftung und
hang der Vortrag von Dr. Stefan Lanka zum The-
Unfall kaum Gegenstand der Diskussion sein
ma »Impfen« (Youtube) sowie das im Internet
dürften, ist der Hintergrund des emotionalen
lesbare »Gutachten zur neuen Medizin« von
Konfliktschocks oder auch biologischen Konflik-
Prof. Dr. Hans-Ulrich Niemitz, welches die Wis-
tes so zu verstehen, dass ein dem Individuum
senschaftlichkeit der vorherrschenden Schul-
lebensnotwendig erscheinender Lebenszusam-
medizin und der Germanischen Heilkunde ge-
menhang die Sicherheit des Überlebens mehr
genüberstellt und prüft.
oder minder gefährdet.
Die tiefe Verbindung zwischen Geist (Psyche),
Die persönliche Seele, mit welcher sich jeder
Seele (Gehirn) und Körper (Organ) wird in der
Mensch ursprünglich identifiziert, ist nichts
Germanischen Heilkunde als Hauptursache von
anderes als der Organismus seiner Gefühle, die
Krankheiten angenommen. Alle positiven und
durch Erfahrungen gesammelt werden. Ihr Be-
negativen Erfahrungen werden auf allen diesen
griff bezeichnet ein qualitativ bestimmbares
Ebenen durchlebt, je nach Intensität und Wich-
einmaliges Sein des Individuums, dessen letzte
tigkeit unterschiedlich stark, aber immer mit
Instanz das Subjektive ist. Die Seele lebt in ih-
allen Wesensanteilen.
rem eigenen Recht und auf einer eigenen Ebene. Durch ihre subjektive Artung fällt sie mit keinerlei objektiven Zusammenhängen not-
Die drei möglichen Ursachen von Krankheiten*
wendigerweise zusammen. (Siehe un-plaqued
sind demnach:
Nr. 19: »Die Wahrheit steht uns gut!«) Die Seele steht in einem tiefen Zusammenhang mit dem,
1. Konfliktschock (unerwartete, emotionale Traumata) 2. Unfall (mechanische Einwirkungen) 3. Vergiftung
was der Mensch als Ich, als sein Selbst und sein persönliches Bewusstsein versteht und durch »Selbstbesinnung« erforschen kann. Dieses Sich-Selbst-Erfassen des Bewusstseins wird als der eigentliche Kern aller Philosophie angese-
(z.B. Lebensmittelvergiftung,
hen, jedenfalls als ihre Grundlage und ihr Aus-
Alkohol, Drogen, andere Gifte)
gang. In diesem Zusammenhang verkörpert der Mensch eine Beziehung zwischen Selbst und Welt (Siehe un-plaqued Nr. 18: »Kommunikation ist Bewegung und Wille zum Ich.«) Er lebt,
* Definition von Krankheit nach Dr. Hamer: Sinnvolle Biologische Sonderprogramme (SBS).
webt und bewegt sich auf den »Datenbahnen« seiner Beziehungen. Untrennbar gehört er dem großen Ganzen an – im Raum wie in der Zeit, in un-plaqued No 20 | 87
Thema / Leben
der Dimension des Erscheinenden wie auch in der des Sinns. So wie der Mensch eine Ansammlung von Beziehungen und eben kein Einzelwesen ist und dabei seine Seele zum Persönlichsten gehört, erfährt sich die Seele nicht nur nach innen (Esoterik), sondern ebenso nach außen »Geist« steht hier auch für das persönliche Bewusstsein.
(Exoterik). Damit sind die oben genannten Zusammenhänge – physischer Körper, Seele, Psyche, Krankheit und Gesundheit – tiefer verstehbar. Das Ich und die Welt – beide »Dinge« sind immer nur zusammen zu haben. Wir reden nur dann von Ich, wenn eine Welt vorhanden ist, und wir reden nur dann von Welt, wenn wir ein Ich sind, das dieser Welt gegenübersteht. Dann erst kann sich das, was Platon die Seele nannte, äußern. Die Frage, ob sich die Seele nach dem Tod vom Körper ablösen und unabhängig von ihm existieren kann, um später zu inkarnieren, ist eine der Kernfragen der Reinkarnationslehre. Die Seele kann demnach als etwas zwischen Körper und Geist verstanden werden – das Materielle beseelend aus dem Geist, aus dem Bewusst-
• »Schutz«: Alle natürlichen Urängste des Menschen, die
sein schöpfend. Der Geist sehnt sich von jeher
mit Sicherung und Schutz des persönlichen Lebens zu tun
nach Verkörperung und nicht nach Entkörpe-
haben.
rung. Die Seele steht hinter allem Körperlichen
• »Expansion«: Visionen, Wachstum, Vernunft, Evoluti-
und ist mit ihm auf das engste verbunden, sie
on von Geist und Körper.
erst bildet die Persönlichkeit des Menschen und macht ihn zu etwas Eigenem. Die in der abendländischen Kultur übliche Trennung von Körper und Geist ist daher grundlegend falsch. Jeder Lebensausdruck ist Erscheinung und insofern dem Materiellen zugehörig. Angefangen bei den Buchstaben, die einen Gedanken materialisieren, über die Gegenständlichkeiten (Institutionen, Gesetze, Ideen), wel-
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THEMA / leben
»Unsterblichkeit ist etwas Biologisches oder vielleicht auch Religiöses. Unendlichkeit spielt mit der Welt der Ideen und ist völlig unabhängig davon, ob wir sterblich oder unsterblich sind.« Albrecht Beutelspacher che der Mensch aus sich herausstellt, bis zur
Die Idee der Enteignung des Ich dagegen, un-
eigentlichen Körperlichkeit. Deshalb darf beim
ter dem Motto der »Befreiung vom Ego«, ist
Leben nicht zwischen Körper und Geist, sondern
eine der absurden Ideen, die derzeit ihr Unwe-
nur zwischen Sinn und Ausdruck unterschieden
sen treiben. Wie bereits erwähnt, stehen das
werden.
Ich und die Welt immer in Korrelation zueinan-
Wenn sich nun der Geist über die Seele im Men-
der. Viel substanzieller als eine Negierung oder
schen definiert und über den persönlichen Leib
»Opferung« des Ego ist die Verwirklichung des
mit ihm verbunden ist, wenn alle Erfahrungen
Selbst, des Ich. Was offensichtlich falsch ver-
die Seele zu etwas Individuellem machen und
standen wird, ist, dass nicht das Ego, sondern
die Persönlichkeit überhaupt erst herausbil-
der Egoismus der größte Antagonist von Bezie-
den – ist es sehr wahrscheinlich, dass die See-
hungsfähigkeit ist. Selbst der Egoismus im Sin-
le grundlegend eines Körpers bedarf. Bedeutet
ne der Selbstbestimmtheit im Ausdruck sollte
das gleichzeitig, dass Körper und Seele nur als
nicht einseitig und vor allem nicht nur negativ
untrennbar angesehen werden können?
betrachtet werden. Wenn man das Ego, das Ich,
Wenn dies der höchsten Wahrheit entsprechen
verneint, kommt dies einem Opfergang, einem
sollte, ist Reinkarnation über mehrere Leben
inneren Märtyrertod oder einer substanziel-
und verschiedene physische Körper nicht mög-
len Selbstvernichtung gleich. Stattdessen gilt
lich. Dementsprechend würde sich die per-
es, das Ich zu entwickeln und das Ego zu stär-
sönliche Seele im Laufe eines Menschenlebens
ken. Unreife Wesen, eben die, die sich ihrer
ausbilden und mit dem Tode ihres zugehörigen
selbst nur gering bewusst sind, die fremde Ide-
Leibes vergehen.
en ohne Herz nachleben, sind eher nicht in der Lage, Verantwortung für eine Gemeinschaft zu
Ein Mysterium neu betrachtet.
übernehmen. Je reifer, erfahrener, stärker, kla-
Was ist unsterblich? Das Leben selbst und der
rer und weiser ein Mensch ist, umso dienlicher
tiefe Sinn dahinter sind unsterblich. Mensch
wird er der Gesamtheit durch seine fruchtbare
und Menschheit, Tiere und Pflanzen sind Teil
Lebendigkeit.
dieses Lebens und führen es durch die Zeit in die Ewigkeit. Zwar ist der Einzelne in erster Li-
Das Leben endet nicht mit dem Tod und
nie sich selbst der Mittelpunkt des Universums,
beginnt nicht mit der Geburt.
doch führen alle möglichen Betrachtungen zu
Der Embryo, der Säugling, ist immer die Spit-
dem Ergebnis, dass die oberste Vorraussetzung
ze des Eisberges seiner Ahnenreihe und besitzt
des ethnischen Menschen, wie er sich auch stel-
umfassende geistige, seelische und kreativ-
len mag, nicht die Person, sondern ein Höheres
künstlerische Potenziale sowie Baupläne für
ist; die Familie, das Volk, die Menschheit. Je-
Körperbau, Organstruktur sowie den Phänoty-
der fühlt sich ursprünglich als Mitglied der Ge-
pen des Menschen. Die einzigartige persönliche
samtheit und lebt für diese, ob er sich dessen
Reise eines Menschen wird besiegelt mit seinem
bewusst ist oder nicht.
Ableben. Damit endet auch die Existenz seiner un-plaqued No 20 | 89
Thema / Leben
persönlichen Seele. Eltern jedoch inkarnieren
zu begleiten und zu entfalten. Der Beobach-
praktisch in ihren Kindern und vererben die ge-
tungs- und Lernwille des Kindes ist immens und
schaffenen Potenziale durch all das, was sie aus
zeigt sich nirgends so deutlich wie bei Kleinkin-
der Ahnenreihe mitgebracht und gepflegt ha-
dern. Die Eltern stehen dabei unter Dauerbeob-
ben, inklusive des über Erziehung vermittelten
achtung, sollten sich dessen bewusst sein und
Bewusstseins, welches sie in ihrem Leben durch
ihr Handeln darauf ausrichten. Von den Eltern
Erfahrung erschaffen haben. Somit trägt jeder
schaut sich ein Kind die ersten Grundmuster des
Mensch viele alte Wesen in sich – die Ahnen, die
sozialen Verhaltens ab und ahmt sie nach – es
seinem Leben vorangegangen sind und die es
imitiert und spiegelt.
praktisch erst ermöglicht bzw. vorbereitet haben. Dadurch wären unter anderem Erlebnisse
Der Begriff »Memetik« wurde 1976 durch den
zu erklären, die durch eine Rückführung, bei-
englischen Zoologen, Verhaltensforscher und
spielsweise unter Hypnose, erfahren werden.
Evolutionsbiologen Richard Dawkins geprägt. Ein »Mem« bezeichnet einen einzelnen Be-
Der Funke des ewigen Lebens, den jedes Lebe-
wusstseinsinhalt, zum Beispiel einen Gedan-
wesen in sich trägt, erhält somit seine sichere
ken, der durch Kommunikation weitergege-
Fassung. Durch die Vereinigung zweier Indivi-
ben und damit vervielfältigt werden kann, wie
duen zu einer temporären liebevollen Einheit
auch Überzeugungen und Verhaltensmuster.
entsteht etwas Neues, weiterentwickeltes Le-
Das Kleinstkind bekommt in mannigfacher Wei-
ben, etwas noch nie Dagewesenes. Die Erfah-
se kommuniziert, wie die Welt zu sehen ist. Ein
rung des gesamten Lebens manifestiert sich
»Mem« ist nach Dawkins das kulturelle Pendant
durch Erkenntnis zu etwas Einzigartigem, zu ei-
zum biologischen Erbgut.
nem ICH. Das »ewige Leben« ist demnach ebenso in der Arterhaltung und der Fortpflanzung
Das Persönliche des Einzelnen wie das Ahnen-
zu suchen. Reinkarnation ist also ganz simpel:
potenzial werden weitergegeben über das
Der Tod ist das Ende des persönlichen Individu-
Erbgut, durch Memetik, das vorgelebte Be-
ums. Das Persönliche lebt allein als Potenzial in
wusstsein (Sozialverhalten, Charakter, Genius,
den eigenen Kindern und durch alle Taten, die
Talent), aber auch über die geschaffenen mate-
fruchtbar waren, weiter.
riellen Gegebenheiten (Vermögen, Besitz). Die Evolution im ganzheitlichen Sinne findet
Erbgut, Gene und Meme
über die sich liebenden Seelen statt, die sich
Sobald der neue Mensch das Licht der Welt er-
einander biologisch und geistig zugehörig füh-
blickt, beginnen die Eltern ihr Kind durch ihre
len. Durch sie entsteht ein weiterentwickelter
Lebensart zu »programmieren«, zu erziehen,
Mensch – die Reinkarnation – mit den entspre-
90 | un-plaqued No 20
THEMA / leben
Gleich wie aus der Raupe durch die Puppe hindurch, in der sich jene restlos auflöst, der Schmetterling wird, ähnlich verwandelt sich alle Realität fortlaufend.« Hermann von Keyserling, 1944
chenden Wesensanteilen der Eltern. Auf die-
nach Graf Hermann Keyserling nicht das von
se Weise verkörpert sich die Menschheit als
Ursache und Wirkung (Karma), sondern das
Gesamtwesenheit wieder und wieder in ihren
der Metamorphose. Wahrhaft sinnbildlich ver-
Kindern.
wandelt sich so das unbewusste Kindwesen, die
Wiedergeburt, im Sinne persönlicher Entwick-
Raupe, über das Erfahrungswesen, die Puppe,
lung und ewiger Neuwerdung findet dement-
die sich restlos auflöst, zum Erkenntniswesen,
sprechend das ganze Erdenleben hindurch
dem Schmetterling. //
statt. Demzufolge ist das Urgesetz der Welt
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aus un-plaqued
RUBRIK IDS / Leben / Leben
Bigger & Better Die Internationale Dental-Schau 2013
TEXT Ingmar Dobberstein · Foto Koelnmesse
Alle zwei Jahre dreht sich die zahnmedizinische Welt ein klein wenig anders als gewohnt, wenn die führenden globalen Dentalunternehmen in Köln zur Internationalen Dental-Schau (IDS), der weltgrößten Leitmesse in der Zahnmedizin und Zahntechnik zusammenkommen.
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RUBRIK / leben
Seit Jahren gehört die Zahnmedizin zu den Fachgebieten, in denen technische
Die IDS (Internatio-
Neuerungen mit ungeheurer Geschwindigkeit umgesetzt werden. Ob es um
nale Dental-Schau)
die Anwendung von Lasern, CAD CAM-gefrästen Zahnersatz, computerge-
wird veranstaltet von
stütze Operationsnavigation, Gesundheitsapps oder auch einfach die Erneu-
der GFDI Gesellschaft
erung bekannter Arbeitsprozesse geht – die Zahnmedizin erfindet sich dank
zur Förderung der
einer innovationsfreudigen Dentalindustrie und intensiver Forschung regel-
Dental-Industrie
mäßig neu. So braucht man von der 35. IDS vom 12. bis 16. März 2013 in Köln
mbH, dem Wirt-
nichts anderes erwarten, als dass sie ein weiteres Mal zum Meilenstein der in-
schaftsunternehmen
ternationalen Dentalausstellungen wird, vor allem wenn in diesem Jahr mit
des Verbandes der
1.900 Anbietern aus über 55 Ländern erneut eine Steigerung der ausstellen-
Deutschen Dental-
den Dentalunternehmen zu verzeichnen ist.
Industrie e.V. (VDDI), durchgeführt von
90 Jahre nachdem die erste Dental-Schau in Deutschland stattfand, ist über-
der Koelnmesse
deutlich, dass es sich hier um den internationalen Event der Branche han-
GmbH, Köln.
delt, da mittlerweile über 68 Prozent der Aussteller aus dem Ausland kommen. Das Who is Who der Dentalindustrie, Wissenschaft und Standespolitik präsentiert sich auf 150.000 Quadratmetern in zahlreichen Workshops, Foren und Vorlesungen. Zahlreiche Veranstaltungen begleiten die IDS, so zum Beispiel die Speaker's Corner in Halle 3.1, in der die IDS-Aussteller neue Produkte, Dienstleistungen und Verfahrenstechniken präsentieren. Oder auch die Verleihung des renommierten Gysi-Preises, der im Sinne der Nachwuchsförderung Zahnersatzarbeiten von Zahntechniker-Auszubildenden prämiert. Am Stand der Bundeszahnärztekammer mit ihren Partnerverbänden in Halle 11.2 wird während der ganzen Woche die Möglichkeit bestehen, Gesprächsrunden von Experten zu verfolgen, sich mit Kollegen auszutauschen sowie mit den führenden Standespolitikern zu diskutieren. un-plaqued No 20 | 93
RUBRIK IDS / Leben / Leben
Darüber hinaus ist der Bundesverband der zahnmedizinischen Alumni in Deutschland (BdZA) mit seinen Partnern dem BdZM, Young Dentists Worldwide (YDW) und IADS sowie dem VDDI in diesem Jahr erstmals mit der »Generationlounge« auf der IDS vertreten. Diese dient dem Austausch zwischen den Generationen und spricht damit gleichermaßen Studenten, Berufseinsteiger, praktizierende Zahnärzte und Praxisabgeber an. Mit der Aktion »Dein Rat an die nächste Generation« soll deutlich gemacht werden, wie sehr man in der Zahnmedizin und nicht zuletzt vor dem Hintergrund eines demografischen Wandels von interdisziplinärer Zusammenarbeit und Networking profitieren kann. Und sollte es mal etwas viel Input sein, kann man sich auf der Generationlounge einfach zurückziehen und die Beine entspannen, um neue Kraft für den weiteren Messebesuch zu tanken – alle sind herzlich eingeladen! Um den Messebesuch optimal zu planen, steht den Besuchern die IDS-App für IDS 2013 App
iPhone, Blackberry und weitere Betriebssysteme auf der IDS-Website zum kostenlosen Download zur Verfügung. Sie beinhaltet den Messe-Katalog und ein Navigationssystem zu den Messeständen und Veranstaltungen. Auf den folgenden Seiten haben wir für euch einige Highlights der kommenden IDS zusammengestellt, die einen kleinen Einblick auf die zu erwartenden Innovationen geben. Kommt vorbei und macht euch selbst ein Bild – von der
generationlounge.de
Zahnmedizin der Zukunft! //
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RUBRIK / leben
Komet Dental: Dentale Stärke zeigen
Halle
Unter dem Motto »Zukunft, neues-
as J. Roggendorf (Uni Marburg, Fr,
ter Stand« können die Besucher bei
12.00 und 16.00 Uhr) mit dem neuen
Komet das frische CI in einer neuen
Feilensystem F360. Ein neues Polier-
4.1
Halle in seiner schönsten Form erle-
system für Composite, Instrumen-
Stand
ben. Komet zeigt Dentale Stärke zur
te zur ZrO-Bearbeitung, ein speziel-
IDS 2013 insbesondere in den Spezi-
ler Kronentrenner und alles für die
algebieten Oralchirurgie und Endo-
selbstlimitierende Kariestherapie
dontie sowie den Klassikern Kons,
machen den neuen Komet-Stand zum
Prothetik und Prophylaxe. So de-
Anziehungspunkt für alle, die Qua-
monstriert Dr. Stefan Neumeyer,
lität, Präzision und Innovationskraft
Eschlkam, das TissueMaster Concept
erleben wollen.
A 80
live (Mi-Do-Fr, 10.00 und 14.00 Uhr), das dem Erhalt und der Regeneration parodontaler und alveolärer Gewebestrukturen durch Replantation und orthodontische Extrusionstechniken dient. Außerdem: Live-Demos zum Bereich Endodontie mit Dr. Johannes Ebert (Uni Erlangen, Mi-Do, 12.00 und 16.00 Uhr) und Dr. Matthi-
kometdental.de
Halle
Die dentale Welt trifft sich im DENTSPLY-Dorf
11.2
Die Fläche von zwei ganzen Hand-
bührt:
ballfeldern umfasst das DENTSPLY
Auf rund
Village, das auf der IDS in Köln Besu-
einem
cher zur Präsentation eines der füh-
Drittel
renden und traditionsreichsten Un-
der Ausstellungsfläche stehen Fak-
ternehmen für zahnmedizinische
ten und Materialien rund um das
Produkte einlädt. Im DENTSPLY Vil-
umfassende Portfolio, über die Neu-
lage kann man sich kompakt über al-
entwicklungen und Serviceangebo-
les informieren, was Zahnärzte und
te bereit. Hier gibt es Fachgespräche
Zahntechniker im dentalen Alltag
und eine kompetente Beratung, auch
benötigen: Dabei sind der Implan-
zum Einstieg in die Implantologie.
tatspezialist DENTSPLY Implants,
Mit Kaffeebar, interaktiven Diskus-
die Experten für Endodontie und
sionen, Hands on-Übungen und Vor-
restaurative Zahnmedizin DENTSPLY
trägen namhafter Referenten ist das
DeTrey und DENTSPLY Maillefer
DENTSPLY Village der ideale Ort, um
sowie der Prothetikanbieter De-
auf dem Laufenden zu bleiben, alte
guDent. DENTSPLY Implants nimmt
und neue Bekannte zu treffen oder
im DENTSPLY Village den Raum ein,
auch nur zu verschnaufen: Eben wie
der dem neuen‚ »Powerhouse« ge-
ein Gast bei Freunden auf dem Dorf.
Stand
un-plaqued No 20 | 95
k 28 -m 39
dentsplyimplants.de
RUBRIK IDS / Leben / Leben
Halle
VOCO-Highlights zur IDS 2013
10.2
Mit einem besonderen Highlight prä-
esdiagnostik verbindet. Darüber hi-
sentiert sich VOCO auf der IDS: Das
naus gibt es den bewährten Befes-
neue Adhäsiv Futurabond U ermög-
tigungszement Meron jetzt in einer
Stand
licht Self-Etch, Selective-Etch und
neuen Applikationskapsel, die ohne
auch Total-Etch. Das U steht somit
Gebrauch einer Zange aktiviert wer-
für Universal, aber auch für Unique
den kann.
– denn es ist das einzige dualhärten-
Am VOCO-Stand werden in diesem
de Universal-Bonding in einer Single-
Jahr erstmalig Workshops im Dental
Dose, für das kein weiterer Aktivator
Education Center angeboten. Nicht
nötig ist.
nur anschauen, sondern anwenden,
Außerdem weiten die Dentalisten
lautet die Devise: Von Mittwoch bis
ihre Produktpalette im Bereich Pro-
Samstag haben Zahnärzte und ZFA die
phylaxe mit zwei neuen Produkten
Gelegenheit, sich selbst ein Bild von
aus: Clean Joy ist eine fluoridhalti-
den bewährten und neuen Produkten
ge Zahnreinigungs- und Polierpaste;
zu machen und dabei wertvolle Fort-
bei Control Seal handelt es sich um
bildungspunkte zu erwerben.
R 08 S 09 P 10
den ersten transparenten Fissurenversiegeler, der gute physikalische Eigenschaften mit der Möglichkeit voco.de
Halle
10.1 Stand
C 10 D 11
wh.com
zur Laserfluoreszenz-basierten Kari-
W&H: Innovationen für ein besseres Arbeiten Alle zwei Jahre bietet W&H auf der IDS
Chirurgie werden wir unsere Fachbe-
eine internationale Plattform für den
sucher mit zahlreichen Produktneu-
Austausch von Experten und Besu-
heiten aus den Bereichen Prophylaxe
chern auf unserem Messestand. Auf-
und Parodontologie, Endodontie,
grund unserer intensiven Forschungs-
Hygiene, Zahntechnik und natür-
und Entwicklungstätigkeit stehen für
lich der breiten Palette an besonders
unsere Kunden und Interessenten
lichtstarken Turbinen und Winkelstü-
wieder zahlreiche Produktinnovatio-
cken begeis-
nen und einige Weltneuheiten bereit.
tern – getreu
Ein besonderes Highlight in diesem
dem Motto
Jahr ist unser neues 45° Chirurgie-
»Was immer
Winkelstück mit Mini LED und Gene-
auf Sie zu-
rator. Durch den besonderen und ein-
kommt – mit
zigartigen Winkel ermöglicht es eine
den innova-
deutlich bessere Sicht auf die Behand-
tiven
lungsstelle und selbst bei kleinen
dukten von
Mundöffnungen einen wesentlich er-
W&H
leichterten Zugang zu den Oberkie-
Sie auf al-
fer-Molaren. Neben dieser einzigar-
les vorberei-
tigen Innovation aus dem Bereich der
tet«.
96 | un-plaqued No 20
Prosind
RUBRIK / leben
VITA: For more. Fore sure. For digital.
Halle
Auf der IDS 2013 stellt VITA Zahnfab-
zirkondioxid-
rik erneut unter Beweis, dass Zahn-
verstärkte
techniker und Zahnärzte in insge-
Glaskeramik
samt 120 Ländern zurecht auf sie als
für die CAD/CAM Anwendung sowie
Wegbereiter und Pionier der denta-
die weltweite erste dentale Hybrid-
len Welt vertrauen. Dabei stehen auf
keramik »ENAMIC«. Außerdem wird
der IDS nicht nur Produkte und Inno-
pünktlich zur Leitmesse in Köln die
vationen im Mittelpunkt, sondern die
zukunftsweisende Frontzahnlinie
Menschen. Namhafte Referenten zei-
VITAPAN PLUS durch weitere Formen
gen, wie sie die VITA Produkte im Ar-
abschließend komplettiert.Handma-
beitsalltag einsetzen, und geben pra-
de sind auch die VITA ToothFashion–
xisnahe Informationen. Unter dem
Kreationen der Designerin Zofie An-
Motto »For more. For sure. For digi-
gelic – von VITA Zähnen inspiriert und
tal.« können die Besucher sensatio-
aus ihnen gefertigt. Am 14. März 2013
nelle Innovationen für den digitalen
um 11.00 Uhr wird die Ausnahme-
Workflow in Praxis und Labor erle-
Designerin zum persönlichen Inter-
ben. Angefangen bei der Neuaufla-
view vor Ort sein und der Gewinner-
ge des elektronischen Zahnfarbmess-
ziehung zum VITA IDS-Gewinnspiel
geräts VITA Easyshade Advance 4.0
beiwohnen: Fünf edle Schmuckstü-
bis hin zu vollkommen neuen Werk-
cke der VITA ToothFashion-Kollekti-
stoffgenerationen: die erste dentale
on werden verlost!
10.1
DGI: Wissen für die Zukunft der Praxis und für die Praxis der Zukunft (15.3. mit Prof. Dr. Frank Schwarz)
für Implantologie (DGI) auf der IDS in
und »Prägraduale implantologi-
Köln vertreten. Die Mitglieder des
sche Ausbildung« (16.3. mit Dr. Ger-
Vorstands der größten europäischen
hard Iglhaut) deutlich. Mehr als die
Fachgesellschaft auf dem Gebiet der
Hälfte der Mitglieder, die 2012 in die
Implantologie beraten und informie-
DGI eintraten, gehören zur jungen
ren unter dem Motto »Meet the Ex-
Generation bis 35 Jahre. Vom Curri-
pert« an verschiedenen Tagen inte-
culum über das Continuum bis hin
ressierte Messebesucher zu Themen
zum Studiengang »Master of Science
rund um die Implantologie. Hervor-
in Oral Implantology« bietet die DGI
zuheben ist hier das Thema E-Lear-
Implantologie Fortbildungskonzep-
ning (15./ 16.3. mit Dr. Gerhard Igl-
te für Einsteiger bis Fortgeschittene
haut), das auf dem Stand in Form des
an (13.3. mit Prof. Dr. Günter Dhom).
ersten Demo-Moduls für das »DGI-
Darüber hinaus stehen auch Themen
APW-Curriculum Implantologie« ge-
wie »DVT in der Implantologie«
testet werden kann.
(13.3. mit Prof. Dr. Dr. Hendrik Ter-
Wie wichtig die Ausbildung des Nach-
heyden) und »Implantatprothetik
wuchses für die DGI ist, wird an den
und Zahntechnik« (15.3. mit Prof.
Projekten »Next
Dr. Axel Zöllner) auf dem Programm.
Generation«
D 10 - e 19
vita-zahnfabrik.com
Erstmals ist die Deutsche Gesellschaft
e
Stand
Halle
4.2 Stand
n 21
dginet.de
un-plaqued No 20 | 97
RUBRIK IDS / Leben / Leben
Halle
Bündnis für Implantatgesundheit wächst weiter
3.1
Das Aktionsbündnis gesundes Im-
individuelle Pflegehinweise und die
plantat ist eine Initiative von Unter-
nächsten Kontrolltermine.
nehmen, Wissenschaftlern, Verbän-
Die Patientenbroschüre und der Im-
Stand
den und führenden Fachverlagen,
plantatPass liegen auf der IDS kosten-
die die Prophylaxe bei Implantatpa-
frei an den Messeständen von EMS,
tienten fördern will. Auf der IDS 2013
GlaxoSmithKline, Carestream Den-
wird das Bündnis verschiedene Mate-
tal, lege artis Pharma, Bredent medi-
rialien zur Implantatprophylaxe vor-
cal, der Oemus Media AG, dem Deut-
stellen.
schen Ärzte-Verlag und BDIZ EDI zur
Eines der erfolgreichsten Projekte
Mitnahme aus und werden im Rah-
des Aktionsbündnisses ist die Pati-
men der IDS beim goDentis-Meet &
entenbroschüre »Implantate brau-
Greet am 13.3. von 16.00–20.00 Uhr im
chen Pflege«. Die erweiterte 3. Auf-
»HoteLux« (fußläufig zur Koelnmes-
lage der begehrten Broschüre kann
se) erhältlich sein.
j 10 L19 13.3.2013, 17:00 Uhr Speakers Corner
ab sofort beim Aktionsbündnis bestellt werden. Auf der IDS präsentiert das Bündnis erstmals den »ImplantatPass für Sicherheit & Pflege«. gesundes-
Der handliche Pass informiert Pati-
implantat.de
enten über ihre Implantate, enthält
Halle
10.1 Stand
H 30
bauschdental.de
Bausch – Wir machen Occlusion sichtbar. Die Firma Dr. Jean Bausch GmbH &
spiegeln diese Entwicklung durch die
Co. KG wurde 1953 von Dr. Hans Ma-
dort eingesetzten Technologien kon-
thias Bausch gegründet und feiert in
sequent wider. Mit der Entwicklung
diesem Jahr ihr 60-jähriges Beste-
des DentalNavigators, einer interak-
hen. Die Entwicklung und Produkti-
tiven Applikation für das iPad, stellt
on drucksensitiver Artikulationspa-
Bausch außerdem ein modernes in-
piere und Occlusionsprüffolien zur
teraktives Medium bereit, mit dessen
farbschattierten Darstellung von un-
Hilfe Zahnärzte ihre Patienten über
terschiedlichen Kaukräften war und
verschiedene Behandlungsmethoden
ist das Hauptkennzeichen der Firma
informieren können. Auf der IDS kön-
Bausch. Bausch-Produkte werden in
nen die Produkte getestet und die Be-
mehr als 120 Ländern verwendet und
sucher zum
über den Fachhandel sowie die Nie-
aktuellen
derlassungen in den USA, Australien,
Stand
Japan und Brasilien vertrieben.
Okklusions-
Investitionen in neue, moderne Tech-
kontrolle
nologien, der Bau der neuen Produk-
und Funkti-
tionsstätte in Rheinland-Pfalz mit
onsdiagnos-
2000 qm Produktionsfläche sowie ei-
tik beraten
ner Roboter-gestützten Produktion,
werden.
98 | un-plaqued No 20
der
RUBRIK / leben
Acteon: CAREvolution für die Diagnostik bei Karies und Parodontitis Die neue SoproCare der Firma Sopro (Acteon Group) deckt nicht nur Karies auf, sie ist auch die erste Flu-
erstmals Zahnbelag, Zahnstein und Zahnfleischentzündungen in einer chromatischen Aufnahme dar.
Halle
10.2 Stand
oreszenzkamera, mit der durch Plaque verursachte Zahnfleisch-
Tiefe Einblicke gibt es auch im Ta-
entzündungen farblich markiert
geslicht-Modus: So ermöglicht die
und neue von älteren Zahnbelä-
Makro-Vision eine hundertfache
gen unterschieden werden kön-
Vergrößerung und dank des spe-
nen. Das heißt: drei Modi in ein
ziellen Laser-Fokusrings und der
und derselben Kamera – für eine
großen Tiefenschärfe ist jedes
frühzeitige und minimal-invasi-
Bild in Sekundenschnelle ein ge-
ve Karies- und PAR-Diagnostik
zielt scharfes Bild – mit nur einem
sowie eine überzeugende Pati-
Klick kann dabei zwischen den
enten-Aufklärung und -Moti-
vier Ansichten Makro, Lächeln,
vation.
Intraoral und Portrait hin- und
Aufgrund ihrer spezifischen
hergeschaltet werden. Live-De-
Wellenlänge zwischen 440 und
mos, viele weitere Produktinno-
680 nm und der neuesten pho-
vationen und eine persönliche
tonischen Technologie stellt
Beratung erwarten Sie unserem
die SoproCare im Perio-Modus
Stand auf der IDS 2013.
N 60 - O 69
acteongroup.com
Halle
Rübeling+Klar CAD/CAM: Lösungen für die Zukunft R+K CAD/CAM bietet perfekte CAD/
ben unserem bewährten Portfolio In-
CAM-Lösungen für Zahnärzte und La-
novationen wie den mobilen Mund-
bore. Getreu unserem Slogan: »Vom
scanner Organical Scan Oral für die
Anwender für Anwender« entwi-
Zahnarztpraxis zum sehr guten Preis-
ckeln wir anwenderfreundliche, pra-
Leistungs-Verhältnis und unsere
xisorientierte Lösungen. Dabei sind
selbstentwickelte 5-Achs Fräsmaschi-
uns hochwertige Schulungen und
ne Organical Multi, mit der sich tro-
sehr guter Support wichtig. Der Er-
cken und nass alle relevanten denta-
folg, den wir in den letzten sieben
len Materialien fräsen lassen. Neben
Jahren erzielt haben, gibt uns Recht.
neuesten Updates der bewährten
Auf der IDS 2013 präsentieren wir ne-
3shape-Produkte stellen wir auch im
10.2 Stand
V 58
Materialbereich Innovationen wie hochtransluzentes Organical Zirkon vor. Neue Kooperationen mit Pritidenta, Panasonic Health Care und mit dem PEEK-Hersteller Juvora komplettieren unseren Messeauftritt. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. cctechnik.de
un-plaqued No 20 | 99
RUBRIK IDS / Leben / Leben
Halle
Hager & Werken: Frühzeitig Entzündungen entdecken – ImplantMarker®
11.2
Pünktlich zur IDS stellt der Speziali-
Anzahl von für den Gewebeabbau
tätenanbieter Hager & Werken das
verantwortlichen Biomarkern, kann
weltweit erste Frühdiagnostikum
durch Therapievarianten und eine
Stand
zum langfristigen Schutz und Er-
Verkürzung des Recalls deutlich früh-
halt von Implantaten als Schnelltest
zeitiger und effizienter mit der Erhal-
auf aMMP-8 Basis vor. Der Praxis-
tung des Implantates begonnen wer-
schnelltest ImplantMarker® wird
den. Als Beispiel sei hier der Einsatz
unmittelbar am Behandlungsstuhl
der antibakteriellen photodynami-
durchgeführt und zeigt innerhalb
schen Therapie (aPDT) mittels Laser
von 5 Minuten und weit vor ersten
oder weiteren unterstützenden Maß-
durch Röntgen oder Sondieren sicht-
nahmen, wie die Gabe von Local De-
baren Anzeichen, ob für den Patien-
livery Devices, genannt. Zusätzlich
ten ein Risiko für die Entwicklung von
erhöht der Test
versteckten Entzündungen besteht.
durch die Vi-
Das Verfahren erfolgt über eine Pro-
sualisierung
benahme des Sulkusfluid am Im-
des Ergebnis-
plantat. Es ist einfach, schmerzfrei,
ses die Moti-
zuverlässig und kann durch die Pro-
vation und die
phylaxeassistentin durchgeführt
Compliance
werden. Zeigt der Test eine kritische
der Patienten.
p 08 q 09
hagerwerken.de
Halle
10.2 Stand
T 30 u 31
Dreve: EyeVolution auf der IDS Wenn perfekte LED-Lichtwellen auf
Silikon-Herstellers aus Unna. Durch
dentale Kunststoffe treffen, dann ist
intelligente Primärverpackung mit
das EyeVolution. Wenn Polymerisa-
scanbarem HIBC-Code wurde jetzt
tions-Rekorde gebrochen werden,
der digitale Workflow entscheidend
mit kaltem Licht und effizienter als
vereinfacht. Wie zertifizierte Quali-
je zuvor, dann ist das EyeVolution.
tät, perfekte Logistik und eindeuti-
Wenn begehrenswertes Design und
ge Rechtssicherheit zum Durchbruch
der Blick durch ein lichtgefiltertes
führten, sehen Sie jetzt bei YouTube
Auge faszinieren, dann ist das EyeVo-
anhand
lution. Das neue Lichtpolymerisati-
der Dreve
onssystem von Dreve hat Premiere
RedLine.
auf der IDS 2013 und ist ab April beim
Zum YouTube-Film
autorisierten Fachhändler erhältlich.
Besuchen
Mindesthaltbarkeit überschritten?
Sie uns auf
Ärgerlich! Ständig rechtliche und lo-
www.den-
gistische Probleme mit Praxismate-
tamid.
rialien! Ob Mindesthaltbarkeit oder
com und
Verweildauer, das geht deutlich ein-
auf der IDS
facher, sagen die Spezialisten vom
in Köln.
HIBC-Projekt-Team des Abform100 | un-plaqued No 20
RUBRIK / leben
CGM - CompuGroup Medical: Aufbruch mit neuen Ideen!
Halle
Fest steht, dass die typische Zahn-
Die Herausforderung vor allem für
arztpraxis in den kommenden Jahren
die junge Generation der Zahnmedi-
nicht mehr ausschließlich über ex-
ziner wird sein, sich bei all den gefor-
11.1
zellentes fachliches Know-how ver-
derten Disziplinen nicht zu verzetteln
Stand
fügen, sondern auch fachübergrei-
und auch die eigene Work-Life-Balan-
fende Kompetenzen haben muss:
ce im Auge zu behalten. Für die CGM
Themen wie Abrechnung und Finan-
Dentalsysteme bedeutet dies auch
zen, Personalführung und Praxismar-
und vor allem, Zahnärztinnen und
keting, Qualitätsmanagement sowie
Zahnärzte auf dem individuellen Weg
Betriebswirtschaft werden immer
zum beruflichen Erfolg zu begleiten.
wichtiger.
Kreative Lösungen? »Zahnärzte mit
f 50 - H 51
Ideen gesucht« lautet der Aufruf der CGM Dentalsysteme auf Facebook. Gesucht werden innovative Ideen zur modernen Praxisführung, etwa für die interne Praxisorganisation, für die Patientenberatung oder für Kooperationsmodelle mit Kollegen. Besuchen Sie uns auf der IDS 2013!
BdZA & VDDI: Networking @ Generationlounge Der BdZA wird in diesem Jahr, neben
me Vision eines generationenüber-
der Verbandspräsenz am Stand der
greifenden Diskurses in der Zahn-
Bundeszahnärztekammer, erstma-
medizin. Zu spannenden Themen wie
lig auch mit einer eigenen Messeprä-
Personalführung, Praxismanage-
senz – der Generationlounge – auf der
ment oder die Rolle der dentalen Me-
IDS in Köln vertreten sein. Die Gene-
dien für die Vernetzung der Genera-
rationlounge, die durch die großzü-
tionen werden in der entspannten
gige Unterstützung des VDDI und der
Atmosphäre der Generation-
Gesellschaft zur Förderung der Den-
lounge Gespräche
talindustrie (GFDI) ermöglicht wur-
stattfinden. In ei-
de, lädt alle Zahnmediziner herzlich
ner Videobox kön-
dazu ein, am generationsübergrei-
nen Zahnmedizi-
fenden Netzwerken teilzunehmen.
ner jeden Alters
Als Treffpunkt für gemeinsame Ver-
eine Botschaft hinter-
anstaltungen und Gesprächsrunden
lassen – unter dem Motto »Dein
von nationalen und internationalen
Rat an die nächste Generation«
Fachverbänden wie Young Dentists
ruft der BdZA alle Zahnmediziner
Worldwide, IADS, BdZM oder Bun-
dazu auf, den gemeinsamen Ideen-
deszahnärztekammer verwirklicht
und
die Generationlounge die gemeinsa-
suchen.
Erfahrungsaustausch
cgm.com
Passage Zwischen Halle
4&5
zu generationlounge.de
un-plaqued No 20 | 101
FOREVER YOUNG / Leben
Was vom Leben übrig bleIbT … oder wie man verhindert, selbst und ständig zu arbeiten TEXT Nadja Alin Jung ‧ ILLUSTRATION Egon Erwin Kitsch
W
enn du auf die Frage nach deinen Hobbys die Antwort vergessen hast und deine Freunde und Familie schon nicht mehr wissen, wie du aussiehst, stimmt definitiv etwas mit deiner Work-Life-Balance
nicht. Dabei ist es trotz stressigen Arbeitsalltags und Selbständigkeit möglich, ein Leben außerhalb der Arbeit zu führen – versprochen! Lebenslänglich Eines ist sicher: Wenn du nicht im Lotto gewinnen oder ein stattliches Erbe antreten wirst, musst du deinen Lebensunterhalt wohl oder übel durch arbeiten bestreiten. Nicht wenige gehen einen Schritt weiter: Die Arbeit wird zum Lebenswerk und damit zum einzigen Inhalt.
Als Zahnarzt/-ärztin im angestellten Verhältnis fällt es sicherlich nicht ganz so schwer, den wohlverdienten Feierabend zu genießen. Nach getaner Arbeit kann man den Bohrer fallen lassen, die Tür hinter sich schließen und unbehelligt nach Hause gehen. Probleme mit den Angestellten, Bestrebungen zur Neupatientengewinnung und die Abwicklung der Lohnbuchhaltung sind Themen für den Chef, und das in der Regel nach Feierabend. Doch was ist, wenn du der 102 | un-plaqued No 20
FOREVER YOUNG / leben
Chef bist? Dann stehen die obigen Themen und noch vieles mehr tagtäglich nach Behandlungsende auf der eigenen Agenda, und du trägst die entsprechende Verantwortung dafür, dass die Praxis rentabel funktioniert. Ein typischer Behandlungstag Das Wartezimmer ist voll besetzt, du rotierst von Zimmer zu Zimmer, die Eingangspost stapelt sich und Heil- und Kostenpläne warten darauf, geschrieben zu werden. Während des operativen Tagesgeschäfts bleibt nur wenig bis gar keine Zeit zur Erfüllung von administrativen und organisatorischen Praxisaufgaben. Also verbringt man die Abende damit, die Leistungseingabe zu kontrollieren, Urlaub und Überstunden der Mitarbeiter zu verwalten, Rechnungen zu überweisen und mit vielem mehr. Das Wochenende muss immer öfter herhalten, denn für Marketingstrategien und Abrechnung braucht man Ruhe und einen klaren Kopf, das ist in der Praxis nur selten der Fall. Eigentlich könntest du rund um die Uhr in der Praxis sein. Schnell ist man so bei einer Wochenarbeitszeit von 60 Stunden, und das Privatleben bleibt auf der Strecke. Wenn es so läuft, gehen mit der Selbstständigkeit nicht nur ein gesteigertes Arbeitspensum und der Druck der eigenen Existenzsicherung einher, sondern auch verlorene Lebensqualität. Ohne innere Bremse sind Rückenschmerzen und kleine gesundheitliche Wehwehchen nur der Anfang – Burn-out, HerzKreislauf-Probleme und Angstzustände sind die nachhaltigen Folgen von anhaltendem Vollgas im Job. Wenn man die Auszeiten nicht aktiv plant und die Prozesse in der Praxis so umstellt, dass die notwendige Entlastung geschaffen wird, ist man mit einem derartigen Arbeitstempo in Kürze bald selbst geschafft. Arbeit ist wichtig – aber das Leben eben auch. Lebenszeit Neben dem beruflichen Alltag ist es wichtig, ausreichend Zeit für Familie, Freunde und einen generellen Arbeitsausgleich zu finden. Beispielsweise ist statistisch belegt, dass auf einer Punkteskala von eins bis zehn, die Lebenszufriedenheit um 1,5 Punkte steigt, wenn man einmal wöchentlich seine Freunde trifft. Mit den folgenden Gedanken sollte es dir gelingen, deine Work-Life-Balance wieder ausgewogen zu gestalten und dich aus den Krallen des Dauerschuftens zu befreien. Schritt 1: Strukturen schaffen Die Möglichkeit zu delegieren, Mitarbeitern ganze Arbeitsbereiche zu übertragen und diese selbstständig ausführen zu lassen, setzt eine professionelle Arbeitsorganisation voraus. Es gilt also auch, alle in der Praxis anfallenden Arbeiten in Prozessschritte einzuteilen, auf Effektivität zu prüfen und die effizienteste Methode zu dokumentieren. Als Kontrollmechanismus und zur permanenten Übersicht eignen sich Listen, Tabellen oder beim Thema Lagerhaltung oder Zeiterfassung auch spezielle digitale Systeme. Lass dir in regelmäßigen Abständen, zu Beginn etwas häufiger und später in größeren Abständen, die Ergebnisse präsentieren. Wichtig ist, dass du aus den Übersichten un-plaqued No 20 | 103
FOREVER YOUNG / Leben
schnell die Tendenzen erkennen kannst, damit die Kontrolle nur ein Mindestmaß deiner Zeit in Anspruch nimmt. Je transparenter das System, desto zeitsparender die Kontrolle. Komplexere Bereiche wie beispielsweise die Materialwirtschaft erfordern anfangs sicher eine längere Einarbeitungszeit. Speziell bei der computergestützten Materialwirtschaft und Lagerhaltung bringt erst das geübte Handling effektive Arbeitserleichterung und spart zudem noch bares Geld. Auch in diesen Bereich lässt sich auf einfache und unaufwendige Art überprüfen, ob die Materialwirtschaft korrekt und gewissenhaft gepflegt wird. Mit einem Mausklick hat man eine Übersicht über Lagerbestände, Einkaufsvolumina, etc. und kann stichprobenartig überprüfen, ob der Warenfluss richtig verbucht ist. Zu guter Letzt lässt sich eine effektive Materialwirtschaft immer noch an der Höhe der Kosten für die Beschaffung ablesen. Beispielsweise lässt sich auch die Erledigung der Finanzbuchhaltung in kürzester Zeit meistern, wenn entsprechend strukturiert gearbeitet wird. Wenn Kassenbuch, Praxisgebühr und bezahlte Rechnungen konsequent und permanent von deinen Mitarbeitern dokumentiert werden, spart dir diese Vorbereitung bei der monatlichen Finanzbuchhaltung einige Stunden. Schritt 2: Delegieren und Personal aktivieren Du zahlst als Praxisinhaber die Gehälter, klar. Wenn du nach Feierabend aber auch selbst noch die Einträge ins Behandlungsblatt machst, die Kassengebühr zählst und die T-Shirts der Mitarbeiter zum Waschen mit nach Hause nimmst, solltest du dringend etwas an deiner Personalpolitik ändern. Schriftliche Stellenbeschreibungen und ein grundlegendes Praxis-Organigramm sind sinnvoll, um für jeden Mitarbeiter das zu erledigende Tätigkeitsfeld zu definieren und Transparenz in Verantwortungsbereiche zu bringen. Klar umschriebene Tätigkeitsgebiete und eigenverantwortliches Arbeiten erhöhen darüber hinaus die Motivation der Mitarbeiter. Jeder fühlt sich für seinen Bereich verantwortlich, unproduktive Doppelarbeit wird vermieden und eine Messung der Leistung jedes Einzelnen möglich. Bevor du eine Aufgabe an einen Mitarbeiter übergibst, solltest du jedoch genaue Absprachen darüber treffen, wie du dir die Erledigung vorstellst. Die gelebte Praxis hat gezeigt, dass bloßes Aufschreiben der einzelnen Positionen alleine nicht ausreicht. Sinnvoll ist es, regelmäßig zu kontrollieren, wie und mit welchem Ergebnis die vergebenen Aufgaben ausgeführt werden. Fordere die notwendige Disziplin für ein funktionierendes System von deinen Mitarbeitern ein, nutze Team-Meetings, um Missstände und schlecht ausgeführte Arbeiten zu besprechen und gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten zu entwickeln. Persönliche Freiräume schaffst du dir, indem du Aufgaben delegierst. Konzentriere dich primär auf die Arbeiten, die du am besten kannst, und nutze deine Mitarbeiter für alle Aufgaben, die darüber hinausgehen. Auch wenn es anfangs schwer fällt, bestimmte Arbeiten abzugeben, musst du lernen, auf die Umsetzungskraft deiner Mitarbeiter zu vertrauen. Vorbehalte wie »Bis ich das jetzt jemandem erklärt habe, habe ich es schneller selbst gemacht« oder 104 | un-plaqued No 20
FOREVER YOUNG / leben
»Wenn ich es nicht selbst mache, geht es bestimmt daneben« sind grundsätzlich nicht hilfreich. Wer glaubt, nur selbst Aufgaben zu 100 Prozent richtig zu erledigen, wird niemals das Potenzial seiner Mitarbeiter voll ausschöpfen und deren Arbeitsmotivation steigern können. Wer es dagegen schafft zu delegieren, erreicht nicht nur bessere Arbeitsergebnisse, sondern auch die für einen selbst so wichtige Entlastung und das Mehr an Freizeit. Schritt 3: Zeitfresser eliminieren Zeit ist wertvoll für uns, und irgendwie haben wir immer das Gefühl, zu wenig davon zu haben. Der Arbeitstag könnte noch länger dauern, damit wir endlich mal etwas geschafft bekommen, Wochenende und Urlaub sind sowieso immer zu schnell um, und irgendwie hängen wir der Zeit immer einen Schritt hinterher. Umso wichtiger ist es, die vorhandene Zeit sinnvoll zu nutzen, Zeitfresser aufzudecken und Verschwendung in jedem Fall zu vermeiden. Um dies umzusetzen, muss man Prioritäten setzen. Hierbei geht es darum, dass du die wirklich wichtigen Aufgaben zuerst erledigst und somit Effektivität schaffst. Wie schnell hält man sich mit vielen Kleinigkeiten auf, verzettelt sich, und die Zeit läuft einem davon. Bringe deine eigenen Aufgaben unbedingt in eine Struktur. To-do- und Checklisten sowie festgesteckte Tagesziele sind eine gute Hilfe. Genau definierte Zeitfenster für die einzelnen Aufgaben sind ebenfalls ein guter Anhaltspunkt, um sich nicht zu lange an einer Aufgabe aufzuhalten. Achte zudem nicht nur bei administrativen und organisatorischen Aufgaben auf entsprechende Zeiteinhaltung, sondern auch bei deiner Behandlung selbst. Wenn im Bestellbuch nur eine 01 eingeplant ist, solltest du die Füllung nicht gleich mitmachen – andernfalls bringst du sehr schnell deinen Behandlungsablauf durcheinander, hängst deinen Terminen hinterher und erzeugst Unmut durch Wartezeit bei deinen Patienten. Lebensweisheiten Mit der eigenen Praxis trägst du Verantwortung – wenn es zu viel wird und du zusammenklappst, sind die Auswirkungen nicht nur für dich, sondern auch für m2c | medical
die gesamte Praxis einschneidend. Gestresst wird man häufig dann, wenn man
concepts &
immer mehr will, seine Ziele zu hoch steckt und sich plötzlich unlösbaren Auf-
consulting
gaben gegenübersieht. Daher ist es nicht nur wichtig, Instrumente des Arbeits-
Nadja Alin Jung
und Zeitmanagements im beruflichen Alltag anzuwenden, sondern auch die zu
info@m-2c.de
erledigen Aufgaben und deine Einstellung gegenüber den zu erreichenden Zie-
www.m-2c.de
len realistisch zu hinterfragen. Letztendlich geht es darum, Erholung, Entspannung und Freiräume zum Arbeitsausgleich zu schaffen, um deine Arbeit auch noch in zehn oder fünfzehn Jahren erfolgreich erledigen zu können. Zudem wird es dir nur durch zeitliche Freiräume gelingen, neue Ideen und Gedanken zu entwickeln, die wiederum deine berufliche Unternehmung einen Schritt weiterbringen. Und noch einen
Mehr von
Vorteil bringt es für dich: Wenn du dein Leben so gestaltest, dass nicht nur die
Nadja Alin Jung
Arbeit darin Platz hat, fallen dir auch deine Hobbys wieder ein. // un-plaqued No 20 | 105
FOREVER YOUNG / Leben
N otizen
Ein Plädoyer für ein lebendiges Leben Text Thomas Julian Herpich
»Nicht den Tod sollte man fürchten, sondern dass man nie beginnen wird zu leben.« Marcus Aurelius
Was für ein merkwürdiges Zitat des Mark Aurel. Ist es ein Geheimnis, dem wirklichen Leben auf die Spur zu kommen? Was ist das echte Leben? Ein Plädoyer für ein lebendiges Leben schreiben zu wollen, ist gerade deshalb ein Unterfangen, weil jeder etwas anderes unter diesem Begriff versteht.
G
oogelt man das Wort »Leben«, wird
verzückt an unsere Angebeteten denken. Der
man auf Angaben zu den biologischen
geliebte Mensch wird in diesem Fall ganz be-
Voraussetzungen für Leben stoßen, bei
sonders wahrgenommen, weil wir auf einmal
denen unter anderem ein Begriff wie Homöos-
sehr offen sind für das Neue und uns damit völ-
tase auftaucht. Homöostase bedeutet: Selbst-
lig auf den anderen einlassen.
regulierung, das Gleichgewicht schaffen, falls
Diese Selbsthingabe öffnet unser Wesen für die
Zellen bedroht oder vernichtet werden sollen.
widersprüchlichen Gegensätze der Welt. Sie
In dem Maße, wie diese Selbstregulierung Na-
ziehen uns dieses Mal magisch an und jenes Mal
turprinzip unserer Zellapparate ist, ist es eine
wieder fort; sie verschlingen und vereinen uns
Herausforderung für den Menschen, das The-
zugleich. In diesem Zustand des Liebens neh-
ma der Selbstbestimmung und Selbstregulie-
men wir das Unerklärliche an, schalten jede Lo-
rung für sich zu verwirklichen.
gik aus und folgen unserem Herzen. Ein derart
Um dies zu erreichen, bedarf es viel Aufmerk-
intensives Leben ist ein lebendiges Leben und
samkeit und Hingabe, wie wir sie am ehes-
gleichzeitig höchste Wonne. Solange es so ist,
ten von der Liebe kennen, dem anfänglichen
nehmen wir diesen Zustand gerne als Geschenk
Stadium der Verliebtheit, wenn wir immerzu
an, wie es Dante 1293 in seinem Jugendwerk
106 | un-plaqued No 20
N otizen
»Das Neue Leben« festhielt, als er die Geschich-
Während der letzten Wochen habe ich eine
te von sich und seiner Geliebten beschrieb.
neue Liebe zu Berlin entdeckt, weil ich wusste,
Aber was ist mit der Liebe zu uns selbst? Sie ist
dass ich die Stadt für einige Zeit verlassen wer-
die Fortführung und Basis der Liebe zu ande-
de. In dem Augenblick, in dem wir uns klar dar-
ren Menschen. Damit meine ich keine narziss-
über werden, dass wir etwas nicht mehr haben,
tische Liebe, sondern die Fähigkeit, sich selbst
wachen wir plötzlich auf: Unsere Augen sind
zu ertragen und etwas mit sich anfangen zu kön-
auf einmal ganz wach und aufmerksam, weil
nen. Doch seien wir ehrlich, wer von uns befin-
wir uns über den bevorstehenden Verlust be-
det sich in einem solchen Zustand der Dauereks
wusst werden. Warum ist das so? Vielleicht weil
tase, Verbundenheit und Nähe zu sich selbst?
wir uns der Dinge irgendwann zu sicher gewor-
Wie wir einst als Kinder die Zeit im Spiel genos-
den sind und sie für selbstverständlich halten.
sen, so wurden wir erwachsen und zählen und messen nun alles mit unserem Verstand ab. Wir
Da sich die Theorie meist besser anhört, als dass
können davon nicht ablassen, weil der unver-
sie sich in der Praxis niederschlägt, möchte ich
liebte Kopf viele Gründe braucht, das Leben der
euch nun in den grau-blauen Alltag entführen,
anderen und deren Anderssein zu akzeptieren.
dem ich selbst unterworfen bin, und mit ver-
Befindet man sich in diesem nüchternen Zu-
schiedenen kleinen Übungen Denkanstöße lie-
stand des Lebens, könnte der Satz von Mark
fern, um die eigenen Realitäten zu verändern:
Twain weiterhelfen:
»Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.«
FOREVER YOUNG / Leben
M ontag 6
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D ienstag
Arbeit
Konzentration & Fokus
Wie so oft bin ich im Autopilot gefangen … der
Heute Morgen fühle ich mich etwas leichter als
Wecker klingelt um 7 Uhr. Ich drehe mich noch-
am Tag zuvor. Ich benutze einen Trick, indem
mal um, doch das Ding piepst in modernen
ich durch das Fenster etwas Licht hereinschei-
Loungetönen, bis ich mich nach zehn Minuten ins
nen lasse, so liege ich nicht völlig im Dunkeln
Wohnzimmer schleppe. Ich öffne das Fenster,
und abgeriegelt vom Tagesgeschehen; denn
sodass mir schlaftrunken die Geräusche des Ta-
alles beginnt im Kopf. Wenn ich mit dem Hell-
ges entgegenströmen und die frische, kühle Luft
wach-Gedanken einschlafe, fällt es mir leichter,
… Mich stört meine ständige Müdigkeit, weil ich
aufzustehen. Heute bin ich eine Minute vor der
zu spät ins Bett gehe. Ich erinnere mich an die
Zeit aufgewacht, von selbst. Ich massiere meinen
Worte meiner Freundin Moma: »Es liegt an dir,
Hinterkopf mit den Fingerspitzen, denn diese
ob du dich hängen lässt wie ein nasser Sack oder
Impulse wecken mich auf und geben Kraft.
dich mit dem Gedanken vertraut machst, frisch
Ich gehe meine Straße im Brunnenviertel ent-
und wach aufzustehen.«
lang, mehr auf Routine eingestellt denn auf
Ich mache mich fertig und rattere mit der
Entdeckungsmodus, doch ich bin offen. Ich sehe
U-Bahn zu meiner Wirkungsstätte. Dort warten
eine neue Galerie mit Fotos, Bildern und Bü-
meine Studenten auf den Unterricht. Ich kon-
chern. Es drängt mich, dort einzutreten, und
zentriere mich auf ihre Belange und Bedürfnis-
ich komme mit den Inhabern ins Gespräch. Sei
se und versuche geduldig ihnen acht abwechs-
offen für die Gunst des Augenblicks – du weißt
lungsreiche Unterrichtsstunden zu bieten, in
nicht, was aus der Lebendigkeit der Gegenwart
denen sie Tempo sowie Faszination mitziehen.
erwachsen kann. Ich beobachte eine Veränderung in meinem Verhalten: Je lockerer und kla-
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Übung
rer ich bin, desto mehr sind meine Augen für
Der Montag ist ein guter Tag dafür, kurz Re-
Neues geöffnet und lassen mich den Alltag neu
vue passieren zu lassen, was in der kommen-
entdecken.
den Woche alles ansteht und wie du deine Tätigkeiten am besten verteilen kannst. Nimm dir
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21
Übung
einen Moment Zeit und schreibe alle wichtigen
Wenn du heute wieder in die Welt hinaus-
Angelegenheiten auf. Zum einen die, die dir al-
ziehst, frage dich: Was oder wem könnte ich
lein wichtig sind und die dir kein anderer vor-
heute mehr Aufmerksamkeit entgegenbrin-
schreibt. Schreibe außerdem zum anderen die
gen? Schenke diesen Dingen oder Menschen
dringenden Aufgaben auf, die vor allem für an-
drei Wochen lang für eine kurze Zeit morgens
dere wichtig sind, und achte auf das Verhältnis
und abends deine Konzentration und Dankbar-
beider.
keit und beobachte, was sich in dir und deinem Gegenüber verändert.
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M ittwoch
D onnerstag
Wahrnehmung & Inspiration
Donnerstag: Vertrauen & Hoffnung
Inspirationen sind feine Eingebungen, die Goe-
Meine Erfahrung hat mir gezeigt, dass Beziehun-
the einmal »Fügunge« nannte –wenn sich die
gen, Freundschaften, Partnerschaften und Ge-
rechte Person zur rechten Zeit am rechten Ort
schäftsbeziehungen am besten laufen, wenn sie
befindet. Wir tun das heute als Zufall ab. Es gibt
von Vertrauen und Ehrlichkeit geprägt sind. Ohne
die schöne Redewendung »Alles wird sich fü-
Vertrauen geht es nicht! Vertrauen ist der Leim,
gen«. Demnach bräuchten wir uns eigentlich
der alles zusammenhält. Natürlich machen wir
keine Sorgen um irgendetwas zu machen.
die Erfahrung, dass unser Vertrauen manchmal
Um Inspirationen folgen zu können, müssen wir
missbraucht und ausgenutzt wird. Doch ist das ein
uns während des Tages Zeiten gönnen, in denen
Grund, es nicht mehr zu verschenken? Aber woher
wir uns aus dem Strudel des Alltags heraussteh-
Vertrauen nehmen, wenn nicht stehlen?
len, um in unserem eigenen Rhythmus zu ticken.
Es gibt vertrauenswürdige Menschen und solche,
Dafür eignen sich verschiedene Aktivitäten: ko-
die es nicht verdienen. Das hat mit dem Vertrau-
chen, joggen, Musik hören, baden, Auto fahren,
en in die eigene Kraft und Integrität zu tun bzw.
in der Natur spazieren, schweigen, die Augen
in die des anderen. Das Vertrauen wächst in dem
schließen, Sport treiben, meditieren usw. Et-
Moment, wo ich ein gegebenes Versprechen hal-
was Entspannendes, das Freude macht und das
te. Wenn ich es breche, verdorrt es und wird schal
wir nicht als Zwang empfinden.
und leer. Vor allem aber muss ich meinen eigenen
Inspirationen wahrzunehmen, erfordert eine
Talenten trauen können. Ich muss sie kennen. Erst
gute Verbindung zu uns selbst, um die ange-
wenn ich meine Stärken und Talente kenne und
nehmen wie unangenehmen Regungen zu spü-
sie anwende, kann ich ihnen vertrauen. Dadurch
ren. Ein Gefühl oder eine kleine Stimme, die uns
baue ich mir ein Leben und eine Karriere auf, die
sagt: Tu dies oder tu das. Wir laufen Gefahr, die-
eben auf diesen Fähigkeiten fußt. Dieses Vertrau-
se zarten Regungen zu überhören, weil sie uns
en in mich selbst und dass ich diese Möglichkeiten
nicht gleich Argumente liefern, die logisch ein-
abrufen kann und stolz auf sie bin, gibt mir die
leuchtend sind.
Selbstsicherheit, mit mir und anderen umzugehen. Dieses Selbstvertrauen konnte ich in vielen
Übung Sei aufmerksam und bewerte Situationen und
Begegnungen mit Menschen als überzogen oder unterentwickelt beobachten.
Menschen nicht sofort! Denke positiv, und halte an dem fest, was du gerne erreichen möchtest!
Übung
Mache nicht den Fehler, gleich zu fragen, wie du
Das ganze Leben besteht aus Problemen – sie sind
etwas erreichen kannst. Wenn du das jetzt schon
da, damit wir an ihnen wachsen. Werde dir be-
wüsstest, hättest du es bereits erreicht. Sage
wusst, dass ein unzerstörbares starkes Wesen in
dir stattdessen: Es wird sich eine Lösung zeigen.
dir ist, das bisher immer geholfen hat, Notsituati-
Vertraue darauf.
onen zu überleben und die schlimmsten Anfechtungen zu überstehen. An diese aufladbaren Batterien solltest du dich immer wieder erinnern. Dein innerer Kern hat die Fähigkeit, immer neue Energie zu schöpfen. Auf diese Weise nimmst du die Lösung einer Sache nicht nur selbst in die Hand, sondern beziehst deine innere Weisheit mit ein. un-plaqued No 20 | 109
FOREVER YOUNG / Leben
F reitag 6
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S onnabend
Liebe & Beziehungen
Ordnung, Struktur & Feiern
Unsere Anwesenheit hinterlässt bei anderen
Heute Ordnung schaffen: in der Wohnung, in
Menschen Spuren. Wenn wir uns häufiger da-
den Schränken, mindestens einmal im halben
ran erinnern würden, wären wir großzügiger
Jahr. Ich beginne jetzt, mich von Dingen zu
und freundlicher zu unseren Mitmenschen.
trennen, die ich nicht wirklich brauche. Mei-
Viele wissen nicht, was sie hinterlassen, weil
ne Erfahrung ist immer die gewesen: Wenn
sie als produktive Menschen nur an das ma-
ich etwas weggeworfen habe, kamen neue
terielle Erbe denken und weniger an die Art
Dinge ins Haus, die besser gepasst haben.
und Weise, wie sie mit Menschen umgehen.
Was passiert letztlich? Ich werfe Ballast ab,
Gewiss vergessen viele Menschen diese Acht-
denn erst dann kann der Ballon fliegen. So-
samkeit so leicht, weil sie es nicht gewohnt
lange ich an alten Dingen festhalte, gibt es
sind, die Beziehung zu sich selbst zu pflegen.
keinen Platz für das Neue. Erst in einem Vaku-
Jeder Mensch braucht eine gewisse Aufmerk-
um, einem leeren Raum, kann das Neue Platz
samkeit. Wo willst du denn beginnen, wenn
finden. Es ist absolut notwendig, dass ich die-
nicht bei dir selbst? Behandelst du dich gut?
sem geistig und emotional seinen Platz zuge-
Bist du sehr streng zu dir? Opferst du dich nur
stehe. Nicht umsonst wird der Frühjahrsputz
für andere auf? Gönnst du dir etwas?
gemacht, bei dem man sich der toten Dinge des alten Jahres entledigt.
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In erster Linie ist das Arbeit an sich selbst, und der setzen
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sich Menschen nur ungern aus.
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Danach wirst du dich leichter fühlen. Verzeih auch Menschen, die dir »etwas« angetan haben. Der Ärger darüber wird dich in deinem Wachstum behindern.
» Du brauchst nur zu lieben, und alles ist Freude.«
Liebe! Wenn es dir schwerfällt, Liebe auszustrahlen, erinnere dich an einen Menschen, tung des Teilens und Gebens, die zählt, nicht etwas, das wir geben können – das Mindeste ist ein Lächeln, ein gutes Wort, ein Blick oder
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ein bis zwei Jahre nicht mehr verwendet hast.
Es gibt ein Heilmittel: Schenke den anderen
irgendein materieller Wert. Und da ist immer 23
Trenne dich regelmäßig von Dingen, die du
Übung
bei dem dir das leichtfiel. Es ist diese Hal22
Übung
eine Geste der Wertschätzung.
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L. N. Tolstoi
S onntag Gemeinschaft & Familie Eine Stadt wie Berlin macht es mir schwerer, Gemeinschaft zu pflegen. Sie strahlt für mich Individualismus und Kreativität aus. Das mag von Vorteil sein, wenn man kreativ tätig ist, aber die Gemeinschaft mit anderen leidet darunter. Ich bin mit meiner Familie in den Alpen zum Wandern gewesen. Die Freundlichkeit der Menschen und die Vertrautheit des Dialekts haben mich mehr berührt, als ich mir hätte vorstellen können. Auch scheint das Landleben die eigenen Flausen etwas geradezurücken. Die Ursprünglichkeit und Einfachheit des Landlebens sind ein guter Ausgleich für den großstädtischen Spleen.
Übung Überrasche dich und deine Liebsten mit etwas Besonderem. Lass dich nicht von der Routine des Alltags auffressen, sondern widme bestimmte Aktivitäten bestimmten Personen. Kleine Gesten unterstreichen deine Wertschätzung für den anderen. //
Thomas Julian Herpich ist Autor der »Sieben Sterne zur Kreativität« (2012), Botschafter für Kreativität und Dozent an verschiedenen Berliner Hochschulen. Er lebt derzeit in Berlin und Bayern und gibt Workshops zur kreativen Persönlichkeitsentfaltung, Kommunikation und Potenzialcoaching. creative-embassy.com
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RUBRIK Forever/ Young Leben / Leben
After Winter comes Summer
Text Ingmar Dobberstein 路 Fotos Cyril Niederquell, Susann Lochthofen
Die Winter in Deutschland sind hart und lang, dunkel und kalt. Deswegen sollte man das Beste daraus machen und den Winter so nutzen, wie es der liebe Gott vorgesehen hat: Ski fahren, boarden und abends bei einer Birne zusammen kuscheln.
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Forever young / leben
U
m das Schöne mit dem Nützlichen zu
im Winterurlaub nicht denkbar, solange drau-
verbinden, hat der BdZA diesbezüglich
ßen die Sonne scheint und meterweise Schnee
bereits vor drei Jahren das erste Ge-
liegt. Dementsprechend fanden die Kurse von
spräch mit dem Fortbildungspartner Internati-
acht bis elf Uhr statt und entließen die Teilneh-
onale Fortbildungsgesellschaft mbH (IFG) ge-
mer anschließend auf die traumhaften Berge
sucht. Nachdem der Dental Summer eine
und Pisten. Man könnte denken, dass für die-
unglaublich erfolgreiche Veranstaltung für
sen reduzierten Zeitaufwand kaum namhafte
junge Zahnärzte und Zahnärztinnen geworden
Referenten anreisen würden, aber das Gegen-
ist und 2013 bereits zum vierten Mal an die 300
teil war der Fall. Ganz wie beim Dental Summer
Assistenten zum Timmendorfer Strand kom-
war jeder Tag mit anderen spannenden Refe-
men, wurde es endlich Zeit, dieses Konzept
renten besetzt, die sich vor allem spezifisch mit
auch im Winter anzubieten.
der jungen Zielgruppe auseinandergesetzt ha-
Was böte sich bei diesem Gedanken besser an,
ben. Die Themen kamen grundsätzlich aus dem
als ins Österreichische Ischgl zu fahren, wo sich
Praxisalltag, sensibilisierten die Teilnehmer
ein hervorragendes Skigebiet mit dem Ort der
aber gleichzeitig für die bevorstehenden Ent-
Alpen für Après Ski und Party mischt. Ohnehin
scheidungen bei der weiteren Berufsentwick-
veranstaltet die IFG in Ischgl seit Jahren eine
lung oder Praxisgründung. So referierten Prof.
sehr erfolgreiche Fortbildung im Bereich Pra-
Riegl aus Augsburg über Patientenerwartun-
xismanagement & -führung mit dem bekann-
gen und die Möglichkeiten einer dienstleis-
ten Coach und Trainer Hans Uwe Köhler, sodass
tungsstarken Praxis, Prof. Kniha aus München
im Februar 2013 zusätzlich 30 junge Zahnärzte
über die Markenbildung der Praxis und ande-
mit ihrem Dental-Winter-Programm nach Ös-
re Erfolgsfaktoren und ZA Ingmar Dobberstein
terreich reisten.
aus Berlin über den Mehrwert und die Umset-
Nun lassen sich Fortbildungskonzepte nicht
zung eines echten Prophylaxekonzepts in der
einfach zwischen den Jahreszeiten und Orten
Praxis. Der Wiesbadener Dr. Bernhard Sane-
beliebig verpflanzen, sodass wir sehr genau
ke, der sowohl als Zahnarzt und als Lufthansa-
überlegen mussten, mit welchen Themen die
pilot arbeitet, hinterfragte auf sehr interaktive
Woche bestückt werden sollte. Während beim
Weise zusammen mit den Teilnehmern den Um-
Dental Summer ganztägige Kurse gut besucht
gang mit der Personalsuche und -auswahl. Mit
werden und man trotzdem ein erholtes Gefühl
Hilfe psychologischer Herangehensweisen als
und ausreichend Zeit am Strand hat, ist dies
auch der Auswahlverfahren aus der Industrie
un-plaqued No 20 | 113
Forever Young / Leben
veranschaulichte er unter anderem, welches Entwicklungspotenzial in einer Praxis steckt, wenn die richtigen Mitarbeiter am passenden Arbeitsplatz arbeiten. Der Freitagvormittag wurde von Diana Christine Brendel aus Hünstetten gestaltet, die den jungen Zahnmedizinern, die während des Studiums an den Universitäten in keiner Weise in Betriebswirtschaft oder Unternehmensführung ausgebildet werden, das Verständnis für die Kennzahlen einer Praxis und das Lesen einer BWA näherbrachte. Abgeschlossen wurde die Woche durch den Coach und Trainer Hans Uwe Köhler, der die Teilnehmer unter dem Aspekt des Patientengespräches für ihre unbewusste Kommunikation und Körpersprache sensibilisierte. Ein Thema, von dem man am Ende nicht nur für die Praxis, sondern alle anderen zwischenmenschlichen Beziehungen ebenso profitiert. Natürlich war die Fortbildung nicht der alleinige Grund für die lange Reise nach Österreich. Das Skigebiet in Ischgl verbindet die österreichische und Schweizer Seite des Silvretta Gebirges, sodass man mal in dem einen oder anderen Land abfährt. Das bis 2.800 Meter hohe Skigebiet ist weitläufig erschlossen, hat modernste Lifte und ist die komplette Saison über schneesicher. Wir hatten das Glück, dass es jede Nacht Neuschnee gab und wir im Anschluss an die Fortbildungen frische Spuren abseits der Pisten fahren konnten. Gekrönt von einigen sonnigen Tagen und dem sicheren nachmittäglichen Treffen aller auf der Patznauener Taja, einer wunderschön gelegenen Après-Ski-Hütte, war der Spaß garantiert. Nicht nur dass die sportliche Aktivität ein guter Gegenpart zur Fortbildung war, auch dass man mit allen Teilnehmern beider Fortbildungen und den Veranstaltern und Referenten gemeinsam die Nachmittage oder Abende ganz unkonventionell verbrachte, machte das besondere Flair des ersten Dental Winters aus. Damit hatte sich dann doch etwas vom Dental Summer auf den Winter übertragen lassen, wofür ich mich an dieser Stelle im Namen des BdZA bei den Teilnehmern, den Veranstaltern und den Sponsoren (Straumann, W&H, Ethadent, starMed, APO Bank, Pluradent und BmedS) herzlich bedanken möchte. Aller restlicher Dank geht an die fantastischen Menschen, die mich über die Berge begleiteten und die wir im Tal wieder getroffen haben. Ich hoffe, möglichst viele beim nächsten Dental Summer wiederzusehen. 114 | un-plaqued No 20
Forever young / leben
Wer lange Strandspaziergänge, gute Gespräche in entspannter Atmosphäre und hochqualitative Fortbildung mag, sollte nicht so viel über den nächsten Winterurlaub als vielmehr über den nächsten Dental Summer nachdenken. Die vom 3. Juli bis 6. Juli 2013 stattfindende Veranstaltung hat sich in den letzten drei Jahren zu dem Sommerevent für junge Zahnmediziner entwickelt. Interessierte Examenssemester und Assistenten können sich unter www.dents.de/ifg noch eine der begehrten Gratiskarten für zwei Seminartage nach Wahl sichern. Allein die Liste der Referenten ist beeindruckend, weswegen viele die kompletten vier Fortbildungstage mitnehmen: Hans-Uwe L. Köhler, Prof. Dr. Axel Bumann, Prof. Dr. Urs Belser, Prof. Dr. Bernd Klaiber, Dr. Otto Zuhr, Prof. Dr. Markus Hürzeler, Prof. Dr. Thomas Attin und Dr. Uwe Blunck sowie Dr. Ulrich Strunz, Dr. Markus Striegel zusammen mit Dr. Thomas Schwenk. Natürlich wird wie immer an den Abenden der Veranstaltungstage das Leben genossen, miteinander gefeiert, Volleyball gespielt, gesprochen und getanzt. Einer der Höhepunkte wird die IFG-Summer-Party am 5. Juli 2013 im – direkt am Strand gelegenen – MARITIM Seehotel Timmendorfer Strand sein. Das Internationale Fortbildungsinstitut mbH (IFG) hat als Veranstalter speziell für Examenssemester und Assistenten der Zahnmedizin Gratisteilnahmekarten für zwei Seminartage nach Wahl reserviert. Wer sich jetzt noch eine der begehrten Karten aus diesem Kontingent sichern möchte, muss sich dazu nur auf www.dents.de/ifg regis trieren und einen Nachweis über sein Fachsemester oder seine Assistenztätigkeit einreichen. Jede weitere Tageskarte kann zum Sonderpreis von 100 Euro + MwSt. dazugebucht werden – günstige und gute Unterbringungsmöglichkeiten findet ihr unter www.dental-summer.de. Wer sich vorab über die konkreten Inhalte einzelner Seminare informieren möchte, kann auf dem Portal dents.de oder auch auf dentapress.de Nachberichte einzelner, ausgewählter Veranstaltungen nachlesen. //
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RUBRIK / Leben
10. VOCO Dental Challenge Das Finale bei den Dentalisten Wenn fundiertes Fachwissen akribische Forschungsarbeit trifft – dann kommen junge Zahnmediziner und Nachwuchswissenschaftler aus ganz Deutschland und der Schweiz zur VOCO Dental Challenge in Cuxhaven zusammen. Zum zehnjährigen Jubiläum des renommierten Forschungswettbewerbs stellten sich elf Teilnehmer mit anspruchsvollen Präsentationen der wissenschaftlichen Herausforderung im Endausscheid.
Preisträger 2012 kommen aus Marburg,
terstützende Team Preisgelder in Gesamthöhe
Witten-Herdecke und Würzburg
von 6.000, 4.000 bzw. 2.000 Euro sowie Publika-
In ihren Vorträgen präsentierten sie die Ergeb-
tionszuschüsse von jeweils 2.000 Euro zur Unter-
nisse ihrer jüngsten Studien zu dentalspezifi-
stützung ihrer weiteren Arbeit hinzu.
schen Themen und stellten sich anschließend
Die auf der VOCO Dental Challenge 2012 prä-
den kritischen Fragen der unabhängigen Jury.
sentierten Vorträge zeichneten sich insgesamt
Diese bestand erstmals aus drei Wissenschaft-
durch ein hohes wissenschaftliches Niveau so-
lern, die selbst schon erfolgreich an der Dental
wie durch eine fachlich überzeugende und an-
Challenge teilgenommen haben: PD Dr. Sebas-
schauliche Darstellung aus. Das Gremium der
tian Hahnel (Oberarzt der Poliklinik für Zahn-
Juroren gab nach eingehenden Beratungen die
ärztliche Prothetik am Universitätsklinikum
drei Preisträger bekannt, die sich in dem star-
Regensburg), der Sieger von 2009, sowie Dr.
ken Teilnehmerfeld behaupteten.
Anne-Katrin Lührs (Oberärztin der Klinik für
Simone Dudda (22), Zahnmedizin-Studentin im
Zahnerhaltung, Parodontologie und Präventi-
neunten Semester an der Universität Marburg,
ve Zahnheilkunde an der Medizinischen Hoch-
belegte den ersten Platz der diesjährigen VOCO
schule Hannover) und Dr. Arzu Tuna (Zahnärztin
Dental Challenge mit einer spektakulären Prä-
in eigener Praxis in Attendorn), die beide 2006
sentation zu einer interessanten Erfindung. Im
zu den Preisträgern zählten.
Rahmen ihrer Arbeit »Optimierung der Kompositverarbeitung zur Reduktion schrumpfungs-
Es war ein breites Spektrum komplexer wissen-
bedingter Spannungen« entwickelte sie eine
schaftlicher Beiträge, das die elf Teilnehmer
neue elektronisch gesteuerte Licht-Polymeri-
dem kritischen Fachpublikum boten. Zum wis-
sationstechnik, mit der sich Spannungen beim
senschaftlichen Achtungserfolg gesellen sich
Legen von Komposit-Füllungen signifikant re-
für die drei Preisträger und das sie jeweils un-
duzieren lassen.
116 | un-plaqued No 20
Forever young / leben
Den zweiten Platz belegte Sabine Kragt (28),
dann auch auf alle Teilnehmer: Eine Fahrt mit
Assistenzzahnärztin in Moers und Doktorandin
der Hansekogge »Ubena von Bremen« bildete
der Zahnmedizin in der Abteilung für Zahner-
den letzten Höhepunkt der spannenden zehnten
haltung und Präventive Zahnheilkunde an der
VOCO Dental Challenge.
Universität Witten-Herdecke. In ihrer Arbeit widmete sie sich der »Remineralisation von hu-
Förderung des wissenschaftlichen Nach-
manem Dentin nach Applikation von Cerivtec®
wuchses
und Bifluorid 10® – eine in-situ-Studie«. Hierbei
Die VOCO Dental Challenge besitzt als For-
fand sie heraus, dass die Dentinoberflächen so-
schungswettbewerb für junge Akademiker mit
wohl der mit Cervitec als auch mit Bifluorid 10
dentalspezifischer Ausrichtung eine hohe Anzie-
behandelten Probanden deutlich verminderte
hungskraft und hat sich längst als renommierter
Mineralverluste aufwiesen als die der Kontroll-
Forschungswettbewerb zur Förderung und Mo-
gruppe ohne Behandlung.
tivation des wissenschaftlichen Nachwuchses
Mona Seyfried (29), Chemikerin und wissen-
etabliert. Hier haben sie die Möglichkeit, ihre
schaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer Ins-
Forschungs- und Studienergebnisse in profes-
titut für Silicatforschung, errang den dritten
sionellem Rahmen und vor fachkundigem Pub-
Platz. Ihre Arbeit hatte zum Ziel, »Neuartige
likum zu präsentieren und sich so auf künftige
selbstätzende Adhäsivsysteme auf Basis von
Vorträge, etwa im Rahmen von wissenschaftli-
Sulfonsäure-funktionalisierten Ormocer®en«
chen Tagungen und Kongressen, vorzubereiten.
zu entwickeln. Tatsächlich zeigte sich, dass Sul-
Aber auch in anderer Hinsicht erweist sich die
fonsäure-funktionalisierte Ormocere ein iden-
VOCO Dental Challenge als ein attraktives Fo-
tisches Ätzmuster auf Schmelz bilden wie Ver-
rum für Nachwuchswissenschaftler. So erlaubt
gleichssubstanzen und die gewünschte starke
sie einen Blick auf den aktuellen Forschungs-
Ätzwirkung erzielt wird.
stand und gibt Gelegenheit zum Gedankenaustausch und Knüpfen wichtiger Kontakte für die
Das Fazit der Preisträger
künftige Forschungsarbeit. Die Förderung des
Die Teilnehmer der VOCO Dental Challenge
wissenschaftlichen Nachwuchses entspricht der
zeigten sich beeindruckt vom hohen fachli-
Unternehmensphilosophie des mittelständi-
chen Niveau und Anspruch der Veranstaltung.
schen, konzernunabhängigen Dentalmaterial-
Insbesondere die jeweils im Nachgang der Prä-
herstellers, der eine intensive Forschungs- und
sentationen gestellten Fragen der Jury und
Entwicklungsarbeit in engem Kontakt mit über
aus dem Ple-
150 Univer-
num hätten
sitäten und
es in sich ge-
weiteren an-
habt, erklär-
gesehenen
ten unisono
Forschungs-
die Preisträ-
einrichtungen im In-
ger. Die erstplatzierte Simone Dudda wertete ihre Teilnah-
und Ausland betreibt. VOCO-Geschäftsführer
me auch deshalb als gute Vorbereitung für die
Manfred Thomas Plaumann: »VOCO sieht sich
Verteidigung ihrer Doktorarbeit. Sie hatte zu-
als Partner der Hochschulen. Mit dieser Veran-
nächst Human-Medizin studieren wollen, dann
staltung und den hier ausgelobten Preisen wol-
aber über ein Praktikum die Zahnmedizin für
len wir junge Wissenschaftler ausdrücklich er-
sich entdeckt.
mutigen und einen Beitrag zur Unterstützung
Ein entspannter Ausklang wartete zu guter Letzt
der Forschungslandschaft leisten.« un-plaqued No 20 | 117
Forever Young / Leben
Fachliches Renommee und attraktive Preise
Fachkreis die eigene wissenschaftliche Arbeit
auf der Dental Challenge 2013
zu präsentieren und Erfahrungen in der Dis-
Am 21. September 2013 findet die VOCO Dental
kussion zu sammeln. Die Anmeldung und Ab-
Challege zum elften Mal in Cuxhaven statt. Der
gabe der einzureichenden Unterlagen (Abs-
renommierte Forschungswettbewerb für junge
tract von ca. einer A4-Seite, Lebenslauf) läuft
Zahnmediziner und Wissenschaftler bietet seit
bereits und muss spätestens bis zum 30.04.2013
seinem Premierenjahr 2003 jedem jungen For-
(es gilt das Datum des Poststempels) einge-
scher die einmalige Chance, in ausgewähltem
reicht sein. //
Teilnahmebedingungen für die VOCO Dental Challenge 2013 Teilnehmen können Studenten und Absolventen, die ihr Studium 2008 oder später beendet haben. Eine weitere Teilnahmevoraussetzung ist die Präsentation einer Studie, an der zumindest ein VOCO-Präparat beteiligt ist. Außerdem dürfen die Untersuchungsergebnisse vor dem 30.04.2013 noch nicht öffentlich präsentiert worden sein. Zu den Bewertungskriterien der Jury zählen neben einer wissenschaftlich überzeugenden Untersuchung und ihrem medizinischen Nutzen auch deren Darstellung und Präsentation. Zudem gibt eine kurze Fragerunde nach den einzelnen Vorträgen Aufschluss darüber, wie intensiv sich die Wettbewerbsteilnehmer mit ihrem jeweiligen Thema beschäftigt haben. Bewerbungsschluss ist der 30.04.2013 (es gilt das Datum des Poststempels). Anmeldung für Bewerber: VOCO GmbH Dr. Martin Danebrock Postfach 767 27457 Cuxhaven Tel.: (04721) 719 – 209 Fax: (04721) 719 – 219 E-Mail: m.danebrock@voco.de 118 | un-plaqued No 20
Köln, 12. – 16. März 2013 A l l e F i n a l i st e n d e r VO CO D e nt a l Challenge 2012 und ihre Themen: Dinh Quoc-Viet Nguyen (Universität Witten-Herdecke): »Effektivität eines lichthärtenden vs. Eines chemisch härtenden Komposits im Seitenzahnbereich der Kavitätenklasse II nach 20 Monaten Funktionszeit – eine klinisch-kontrollierte Studie«
Entspannung für Ihre Praxis und sicher in die Zukunft: CGM Dentalsysteme auf der IDS 2013
Thomas Haenel (Hochschule Bonn-RheinSieg): »Einfluss der Intensitätsverteilung von Aushärtungslampen auf die lokale Verteilung der mechanischen Eigenschaften von Dentalkompositen« Dr. Tobias Tauböck (Universität Zürich): »Einfluss modifizierter Lichtpolymerisati-
ZUKUNFT JETZT!
onsprotokolle auf das Schrumpfungsverhalten dentaler Kompositmaterialien« Theresa Ganz (Universität Köln): »Haltbarkeit von Klasse V Komposit-Füllungen in vitro« Jeanette Hoffmann (Fraunhofer Institut für Silicatforschung, Dental- und Mikromedizin, Würzburg): »Einfluss verschiedener Füllkombinationen und Einarbeitungsverfahren auf die physikalischen Eigenschaften monomerfreier dentaler OROMOCER®basierter Nano-Hybridkomposite« Philipp-Cornelius Pott (Medizinische Hochschule Hannover): »Einfluss eines experimentellen Zirkoniumdioxid-Primers auf die Verbundfestigkeit«
12. bis 16. März 2013 Halle 11.1 Stand F050 / H051
Susanne Datz (Universität Erlangen-Nürnberg): »Lifetime estimation of temporary crown and bridge materials« Svenja Memmert (Universität Bonn): »Koronale Dichtigkeit von Wurzelkanälen nach Eingliederung von Glasfaserstiften«
Wir laden Sie ein: Besuchen Sie uns auf der IDS in Köln und erleben Sie, wie CGM Dentalsysteme mit überzeugenden Innovationen auch Ihnen noch mehr Zeit für Ihre Patienten geben.
www.cgm-dentalsysteme.com
Forever Young / Leben
Das Leben der Rose – Das Familienunternehmen »Komet« feiert 90-jähriges Jubiläum TEXT Ingmar Dobberstein · FOTOS Komet
Es wäre eine Wunschvorstellung, dass der Komet-Gründer Peter Brasseler (1897– 1978) im Jahr 2013 zum 90-jährigen Jubiläum auf das Ergebnis seiner Unternehmenskraft blicken könnte: auf Komet als führenden Hersteller für rotierende Qualitätsinstrumente und weltweit agierenden Global Player. Genau deshalb ist ein Porträt des Rosenbohrers, dem »Brot- und Butter«-Instrument der Zahnärzte, an dieser Stelle richtig platziert, dessen Entwicklung Komet in einem knappen Jahrhundert maßgeblich mit beeinflusste. 120 | un-plaqued No 20
Forever young / leben
I
n den Anfängen der Kariesexkavation, die gleichermaßen unsensibel wie simpel waren, behalf man sich damit, nadelartige Instrumente zwischen den Fingern zu drehen. Bereits damals war klar, dass die Schmerzen verur-
sachende, weiche und übel riechende Substanz irgendwie aus dem Zahn transportiert werden musste. 1871 brachte die von dem Zahnarzt James B. Morrison für das Patent angemeldete Tretbohrmaschine Bohrer mit bis zu 2000 min-1 in Rotation. Was auf mechanische Weise seinen Anfang nahm, führte über die Batterie sukzessive zum Elektrobetrieb. So schaffte es 1936 die Ritter-Unit, in der die Behandlungsgeräte wie Bohrmaschine, Spray, Luftgebläse, Beleuchtungsquellen, Speifontäne und Kauter erstmals zu einer Einheit zusammengefasst waren, unter Einlegung eines Schnellganges eine Umlaufgeschwindigkeit von 24.000 min-1 [1]. Diese Entwicklung fiel in etwa in die Zeit, in der Peter Brasseler in Düsseldorf die Zahnbohrfabrik Gebr. Brasseler mit der Marke Komet gründete – ein in Deutschland für die damaligen wirtschaftlichen Verhältnisse mutiger Schritt, denn in dem von der Inflation gebeutelten Land war es denkbar schwierig, die anfangs kleine Fräserei in einen renommierten Fertigungsbetrieb zu überführen. Die Anfänge mit Zahnbohrstahl 1933 machte Komet mit dem so genannten Drallbohrer auf sich aufmerksam. Man setzte für die Produktion niedrig legiertes Zahnbohrstahl (1% Wolfram, 0,1% Vanadium) ein [1] und orientierte sich bei der Kopfform an dem bereits 1890 von Arthur Browne skizzierten Rosenbohrern – die Kugel, die übrigens in ihrer Form bis heute wegweisend geblieben ist, da sich die grundsätzliche Geometrie seitdem nur unwesentlich verändert hat. In altdeutscher Schrift bewarb Komet damals das Einstiegsprodukt mit folgenden Worten: »Die unsichtbare Spirale, die um den Kopf des Drallbohrers konstruiert wurde, ist das Geheimnis unserer Erfindung! Sie lässt die Späne ungestört fortfließen und vermeidet dadurch ein Heißlaufen des Bohrers. Die Schneidwirkung wird erhöht und arbeitet ohne jede Anwendung von Druck.« Die Mitarbeiter der Komet eigenen un-plaqued No 20 | 121
Forever Young / Leben
1
2
3
4
Abb. 1: Vibrationsarm durch Kreuzverzahnung: der H1SE Abb. 2: Schlanker Hals und schnittfreudig: der H1SEM Abb. 3: Hohe Biegefestigkeit und lange Standzeit: der K1SM Abb. 4: Selbstlimitierend aufgrund seiner Härte im Vergleich zum Dentin: der PolyBur P1
F&E-Abteilung werden an dieser Stelle schmun-
Das wachsende Instrumentensortiment aus
zeln, denn die aufgezählten Kriterien – Schnitt-
Stahl und Hartmetall in Lemgo erforderte aber
freudigkeit, Hitzeentwicklung, Spanabfuhr
bald eine schlaue Form der Codierung, um Ver-
und hohe Standzeit – stehen damals wie heute
wechslungen für den Zahnarzt während der Be-
in gleichem Maße im Mittelpunkt für die Eigen-
handlung auszuschließen. Komet meldete des-
schaften eines Rosenbohrers.
halb 1964 ein Patent für im gleichen Abstand auf
Komet etablierte sich in Düsseldorf schnell über
dem Schaftumfang angebrachte Vertiefungen
den konsequenten Direktvertrieb und wurde
an (Schmiertaschen). Ein derart mit Schmierta-
zum internationalen Markenzeichen für Quali-
schen versehener Bohrer, Fräser oder derglei-
tätsinstrumente. Der Zweite Weltkrieg bereite-
chen zeigt einen einwandfreien Lauf und ge-
te der positiven Entwicklung ein jähes Ende. In
währleistet fortwährende, gute Schmierung
Brake bei Lemgo (1943) und schließlich in Lem-
in einem Hand- oder Winkelstück, ohne dass
go selbst (seit 1949) baute Komet die Produkti-
dabei der zentrische Lauf des Bohrers negativ
on von Dentalinstrumenten komplett neu auf.
beeinflusst wird. Auch heute sind Instrumente von Komet qualitativ hochwertig codiert.
H1: der Klassiker
Bernd Otto von der Komet-Produktentwicklung
Die 50er Jahre waren prall gefüllt mit Innova-
beschreibt die Technik von heute: »Wird Farbe
tionen. 1952 inspirierte Willi Lohmann aus Ber-
aufgemalt, entsteht eine Erhöhung, die beim
lin den Markt mit einem Patent: Er erfand den
Einsatz des Instrumentes leicht abplatzen bzw.
Zahnbohrer aus gesintertem Hartmetall. Damit
abgerieben werden kann. Deshalb schleifen wir
löste er das Problem des schnellen Schärfever-
eine Nut in den Schaft und bringen dort die Far-
lustes bei der Verwendung in der Zahnmedizin.
be ein, sodass die Kennzeichnung geschützt ist
Bohrer aus gesintertem Hartmetall behielten
und sich plan an die Oberfläche anschließt.«
länger ihre Schärfe, wodurch das Schmerzempfinden, das auch durch die Hitzeentwicklung
HIP-Prozess: der Meilenstein
entsteht, für die Patienten merklich herabge-
Um die HIP-Innovation im Jahre 1982 zu verste-
setzt werden konnte.
hen, ist ein Exkurs in die Werkstofftechnologie
122 | un-plaqued No 20
Forever young / leben
notwendig. Die Hauptbestandteile von gesin-
Werkstoffen. Dazu gehörten die CeraPost-
tertem Hartmetall sind Wolfram-Karbide als
Wurzelstifte aus Zirkonoxid-Keramik, die Ce-
Hartstoff und Kobalt als Bindemittel. Bei der
rafil-Füllkörper aus leuzitverstärkter Dental-
Produktion wird ein Pulvergemisch durch Pres-
Keramik und die CERACAP aus Glaskeramik.
sen in Form gebracht und anschließend bei zir-
Bereits zum damaligen Zeitpunkt prüfte man
ka 1300°C gesintert [2]. Das anfangs eingesetzte
in Lemgo, ob sich aus der zur Verfügung ste-
grobkörnige Hartmetall führte beim Schleifen
henden Zirkonoxid-Keramik auch rotierende
zu Mikroausbrüchen an den Schneiden. Komet
Instrumente fertigen ließen. Das Material war
setzte auf Feinkorn und brachte dies durch das
jedoch aufgrund der Eigenschaften für rotie-
einzigartige HIP-Verfahren (hot isostatic pres-
rende Instrumente nicht geeignet. Man suchte
sing), also durch Verdichtung, zu genialen Ei-
intensiv nach Kooperationen mit potenziellen
genschaften: Bei gleicher Härte zeigten die
Lieferanten und stieß 2003 auf die Firma Met-
»gehippten« Hartmetalle deutlich höhere Bie-
oxit High Tech Ceramics in der Schweiz. Deren
gefestigkeiten und bewirkten somit ein ver-
Hochleistungskeramik ermöglichte die Herstel-
bessertes Sprödbruchverhalten der daraus ge-
lung eines weißen Bohrers, der den zahnärzt-
fertigten Instrumente. Dies war die Geburt des
lichen Anforderungen mehr als gerecht wird.
H1S, wobei das »S« für schnittfreudig steht.
Metoxit Geschäftsführer Stefan Leyen erinnert
Für viele Jahre sollte der Hartmetall-Rundboh-
sich an die Geburt des K1SM (Abb. 3): »Unsere
rer H1S in Zahnarztpraxen das Maß aller Dinge
Zusammenarbeit mit Komet, aus der der erste
sein. Doch nichts ist so gut, als dass es nicht noch
keramische Rosenbohrer resultierte, ist ein he-
verbessert werden könnte. Insbesondere wenn
rausragendes Beispiel. Mit der ATZ-Mischoxid-
der H1S beim Exkavieren langsam eingesetzt
keramik hat die Metoxit einen hochfesten
wurde, entstanden unschöne Vibrationen, die
Werkstoff entwickelt, aus dem heute Halswir-
Komet 1997 elegant durch die Entwicklung des
belimplantate (Cervicalspacer) für die Ortho-
H1SE (Abb. 1) mit einer Kreuzverzahnung in den
pädie und Zahnimplantate produziert wer-
Griff bekam. Insgesamt brachte die Kreuzver-
den. Die Idee, hieraus auch keramische Bohrer
zahnung in den 90ern mehr Laufruhe in das Ex-
(CeraDrill) und Knochenfräser (CeraBur) für die
kavieren und die Familie des H1 wuchs weiter:
Implantologie zu entwickeln, entstand damals
Heute sind beliebte Variationen des H1SE der
sehr schnell, auch wenn der Entwicklungspro-
H1SM (mit schlankem Hals für bessere Sicht) und
zess bis zum sicheren und zuverlässigen Pro-
der H1SEM (mit schlankem Hals und schnittfreu-
dukt ein langer und noch heute spannender
diger Kreuzverzahnung) (Abb. 2).
Weg ist.« Die ATZ-Mischoxidkeramik, aus der der K1SM
Umdenken in Weiß
gefertigt wird, erreicht eine überproportional
Bereits 1995 startete Komet mit den ersten
hohe Biegefestigkeit von 2.000 MPa. Aufgrund
Produkten aus verschiedenen keramischen
ihrer Beständigkeit gegenüber Desinfektionsun-plaqued No 20 | 123
Forever Young / Leben
flüssigkeiten ergibt sich eine bisher unerreichte Standzeit. Und nicht zuletzt
1923–1965
lieben Zahnärzte den K1SM, weil er sie zwischen gesundem und krankem Dentin aufgrund seiner hohen Taktilität leicht unterscheiden lässt. Das Arbeiten nahe der Pulpa und die Kinderzahnheilkunde sind inzwischen die prädestinierten Indikationen für das Instrument. Mit diesen Eigenschaften löste der K1SM eine wahre Begeisterungswelle aus und führte in den Praxen einen neuen Sinn für Ästhetik, Bioverträglichkeit und Feingefühl ein. Keramik bleibt vorläufig speziellen Instrumenten vorbehalten und ist eine sinnvolle Ergänzung zu
1966–1987
den Standardinstrumenten aus Hartmetall, Stahl und Diamant. P1: Weniger ist mehr 2009 wendete sich Prof. Karl-Heinz Kunzelmann aus München an Komet, um seine Ideen einer minimal-invasiven Exkavation in einem neuen Rosenbohrer umgesetzt zu sehen. Er störte sich an der »alten Schule« des Exkavierens, die die klirrende Sonde und einen schneeweißen Kavitätenboden als Ziel lehrt. Außerdem
1988–2011
tragen herkömmliche Instrumente aufgrund ihrer Härte auch gesundes Dentin problemlos ab, sodass bisher allein die Taktilität und Erfahrung des Zahnarztes – also rein subjektive Kriterien – die Grenze beim Exkavieren bestimmten. Wertvolle Zahnsubstanz wird auf diese Weise entfernt, obwohl eine remineralisierbare, erhaltungswürdige Dentinschicht in der Kavität belassen werden könnte, die im ein oder anderen Fall einen endodontischen Eingriff verhindert. Der Trend unter den Kariesforschern geht inzwischen eindeutig hin zu mehr Substanzschonung. Mit dem PolyBur P1 (Abb. 4) sollte der Rückzug aus der Übertherapie angetreten werden. Ursprünglich stammte die Idee von Dr. Daniel Boston, Temple University USA [3]. Herr Boston entwickelte ein Instrument, dessen Härte geringer als gesundes und höher als kariös verändertes weiches Dentin ist. Sobald die Schneiden auf gesundes Dentin treffen, sollen sie verrunden, damit das Instrument unbrauchbar wird. Der erste Versuch der Firma SS White Burs, der SmartPrep, besitzt einen Polymerarbeitsteil auf dem Metallschaft – eine Zweistückkonstruktion. 2010 wurde schließlich die zweite Generation aus Vollkunststoff, die SmartBurs II, auf den Markt gebracht. SmartBurs II hat eine ähnliche Schneidengeometrie wie der Vorgänger, ist aber etwas härter. Der PolyBur unterscheidet sich vom SmartBurs II durch die Schneidengeometrie, die bei dem 124 | un-plaqued No 20
ab 2012
Forever young / leben
Komet-Instrument an einen Rosenbohrer ange-
gibt. Für die Zukunft gilt es, das minimal-in-
lehnt ist. Beim PolyBur ist außerdem der Hals
vasive Vorgehen mit noch mehr klinischen Da-
wesentlich schlanker gefertigt, wodurch sich
ten zu untermauern, damit einer überzeu-
das Instrument auch für Mikrokavitäten eignet.
genden Empfehlung von Seiten der Hochschu-
Der wohl größte Unterschied ist jedoch die An-
len an die Praktiker und der Verbreitung in der
druckkontrolle durch den elastischen Hals, was
Lehre nichts mehr im Wege steht.
besonderes bei der kleinen Größe 014 zum Tragen kommt. Indikationen für den P1 sind die wei-
Großartige Akzente
che, pulpanahe Karies bei klinisch symptomlo-
In der historischen Abhandlung der Rosenboh-
sen Milch- und bleibenden Zähnen [4] .
rer wird auf jeden Fall deutlich: Während sich
Der von Prof. Kunzelmann geprägte Begriff
die Kopfform, wie sie Arthur Browne bereits
»selbstlimitierende Zahnheilkunde« läute-
1890 beschrieb, nur in geringem Maße über die
te eine neue Ära in der Exkavation ein, der alte
Jahrzehnte veränderte, wurde der Schneid-
Theorien auf den Kopf stellte und die Kollegen
stoff hingegen zum Experimentierfeld der Ab-
an Hochschule und Praxis anfangs kritisch auf-
teilung für Forschung und Entwicklung: vom
horchen ließ. Prof. Kunzelmann: »An unserem
Zahnbohrstahl über gesintertes Hartmetall zu
Lehrstuhl führe ich für jede Endo, die uns durch
Keramik und Kunststoff. Damit setzte Komet
den PolyBur erspart bleibt, eine mentale ›Pul-
über 90 Jahre großartige Akzente, stets ange-
pa-Lebensrettungsliste‹. Rückblickend war es
spornt durch Visionen aus Praxis und Hochschu-
für mich ein tolles Erlebnis, den PolyBur gemein-
le. Viele Studenten werden inzwischen mit den
sam mit Komet zu entwickeln. Meine Ideen und
Möglichkeiten der selbstlimitierenden Kariest-
Aussagen wurden sehr integer behandelt.« [5]
herapie groß, und das Prinzip wird mittelfris-
Komet unterstützt die Trendwende beim Exka-
tig von den Universitäten ausgehend die Praxen
vieren, in dem es renommierten deutschen Ka-
erobern. Dieser Entwicklung wird Komet auch in
riesforschern durch regelmäßige Treffen ein Fo-
Zukunft mit größtmöglichem Forschergeist in-
rum für den intensiven persönlichen Austausch
novativ zur Seite stehen. //
Literatur zum Thema: 1 Marxkors, R., Danger, K.H., Form- und funktionsgerechtes Präparieren, Komet: 9 2 Gebr. Brasseler, Hartmetallinstrumente für die Präparationstechnik. Zahnarzt Magazin 1998; 1: 26–28 3 Boston, D. W., New device for selective dentin caries removal. Quintessence Int 2003; 34(9): 678–685. 4 Holsten, D., Selbstlimitierende Kariestherapie. Dental Magazin 2011; 6: 38–40 5 Holsten, D., Limitierende Kariestherapie: das große Umdenken. ZMK 2011; 12 6 Holsten, D., Danger, K.-H., Meier, A., Geschichte einer Kugel. Dental Magazin 2012; 4: 63–66
un-plaqued No 20 | 125
Theorie & Praxis / Leben
Wissen lebt! Von Master- und anderen Fortbildungen
Theorie & Praxis / leben
Elisabeth Niggl arbeitet als Zahnärztin in einer oberbayerischen Gemeinschaftspraxis. Die dreifache Mutter entschied sich 2005 für den Studiengang Master of Science in Oral Implantology, den die Deutsche Gesellschaft für Implantologie in Zusammenarbeit mit der Steinbeis-Hochschule-Berlin gerade etabliert hatte. Das nächste Masterstudium hat sie bereits fest vor Augen. UN-PLAQUED befragte die Fortbildungsbegeisterte nach ihren Erfahrungen mit Masterstudiengängen sowie ihren Kriterien für die Auswahl der richtigen Fortbildung.
Interview Barbara Ritzert · FOTO David Knipping
Wie hat sich die Masterfortbildung, als
che beispielsweise keine Beckenkammtrans-
umfangreichste und kostenaufwendigste
plantate. Zum anderen wird es durch die zu-
Fortbildungsmöglichkeit in Deutschland,
nehmende implantologische Tätigkeit in den
über die Jahre für die Arbeit in der Praxis
Praxen immer wichtiger, rechtlich abgesichert
ausgezahlt?
zu sein. Dabei ist der Master sicher nicht von
Ich weiß zwar nicht, wie es ohne Master of Sci-
Nachteil. Wie gesagt, mir nützt er schon rein
ence (M.Sc.) gelaufen wäre, aber ich kann ei-
psychologisch.
nes sagen: Die Ausbildung gibt mir ganz einfach Sicherheit. Wenn ich mir vorstelle, dass
Wie viel und welche Fortbildung hat sich
vor zehn Jahren im Umkreis von 40 Kilometern
über die Jahre als sinnvoll herausgestellt?
um meine Praxis kein implantologisch tätiger
Das Fortbildungsangebot für Zahnärzte ist ja
Zahnarzt zu finden war, so sind es heute mehr
sehr reichhaltig. Ich nehme immer gerne an
als 50 Prozent. Das heißt zum einen, dass man
verschiedenen, bunt gemischten Kursen teil.
sich abheben muss, indem man sich eben nicht
Natürlich überschneiden sich die Inhalte da-
nur Wissen aus gesponserten Wochenend-
bei. Ich gehe auch nicht auf einen Kurs mit der
kursen aneignet, sondern eine fundierte und
Erwartung, nur Neues zu erfahren. Im Gegen-
strukturierte anerkannte Ausbildung durch-
teil: Ich möchte die Bestätigung bekommen,
laufen hat – ein Merkmal, das ansonsten nur
dass ich immer noch auf dem aktuellen Stand
durch eine chirurgische Facharztausbildung zu
bin, und versuche dann, die wenigen neuen
erreichen ist. Viele Kollegen sehen durch eine
Dinge, die ich erfahren habe, auch gleich um-
gelegentliche Teilnahme an entsprechenden
zusetzen. Ich habe in meinen Anfangsjahren
Kursen durchaus die Möglichkeit, implantolo-
die Erfahrung gemacht, dass ich nicht mehr
gische Standardeingriffe vorzunehmen, gelan-
hinterherkam, das Gelernte umzusetzen. Da-
gen aber bei anspruchsvolleren Fällen schnell
her sehe ich die Problematik, dass man als An-
an ihre Grenzen. Ich habe mir vor dem Master-
fänger auf einem bestimmten Gebiet bei Ein-
studium auch nicht vorstellen können, dass ich
zelkursen leicht den Überblick verliert.
eines Tages ein derartig breites Spektrum der Implantologie abdecken würde. Das Studium,
Wie wählt man die für sich richtige Fortbil-
das einen mit der gesamten Bandbreite kon-
dung aus dem großen Angebot aus?
frontiert, hat mir dies ermöglicht, und gerade
Die richtige Fortbildung auszuwählen ist
deswegen kenne ich meine Grenzen. Ich ma-
schwierig und gelingt oft nicht. Mit der Zeit un-plaqued No 20 | 127
Theorie & Praxis / Leben
kennt man die Leute und entwickelt auch ein
ankommt. Das Ganze hat nur einen Haken. Es
Gespür dafür. Aber ein gewisses Lehrgeld,
findet in Greifswald statt. Das liegt von mir aus
denke ich, muss jeder selbst bezahlen. Sicher
gesehen sozusagen genau am anderen Ende
sollte man dabei die Vielzahl der neu gegrün-
Deutschlands. Das wäre auch noch nicht das
deten Fortbildungsveranstalter kritisch be-
Problem, wenn es eine halbwegs vernünftige
äugen, immerhin wird damit ein ganz schö-
Flug- oder Zugverbindung gäbe. Ich hätte bei-
nes Geschäft gemacht. Meinen Einstieg in die
nahe alles in Kauf genommen, nachdem mir
Fortbildung habe ich im Kemptener Arbeits-
Herr Prof. Splieth bei unseren Konversationen
kreis gemacht, ein sehr persönlicher Kreis mit
auch noch so ans Herz gewachsen ist. Am Ende
äußerst engagierten hochqualifizierten Leu-
habe ich doch schweren Herzens abgesagt,
ten, der mich sicherlich geprägt hat.
denn da sind ja noch meine drei Kinder (3, 5, 7 Jahre), mein Mann und dann noch die bevor-
Wie ist der Mehraufwand an Zeit und Ar-
stehende Übernahme der Gemeinschaftspra-
beit für die Fortbildung mit dem Leben
xis. Momentan habe ich etwas zu wenig Frei-
vereinbar?
zeit, aber das kommt auch wieder ins Lot, und
Wer glaubt, dass mit dem Schließen der Pra-
dann mache ich den Kinder-Master auch noch.
xistür der Arbeitstag zu Ende ist, hat meines Erachtens die vollkommen falsche Einstellung.
Würden Sie heute etwas anders machen?
Daher zählte für mich die stetige Fortbildung
Natürlich würde ich heute einiges anders an-
von Anfang an mit zu meinem Beruf. Natür-
gehen, was nicht heißt, dass ich unzufrieden
lich muss man dafür Zeit opfern, die andere
bin. Wahrscheinlich würde ich mich bereits
als Freizeit verbringen würden. Das kann man
früher spezialisieren. Dafür ist aber notwen-
wahrscheinlich auch nur machen, wenn man
dig, dass man bereits vieles kennengelernt
Spaß am Lernen hat. Man hat ja mittlerweile
hat. Also doch wieder erst einmal hier und da
eine andere Sichtweise als zur Schulzeit.
ein Kurs, aber dann ein zwei Sachen intensiv.
Ich habe mich im Dezember für das Master-
Dafür gibt es ja heute so viele Möglichkeiten.
studium Kinderzahnheilkunde beworben.
Das wurde uns im Studium überhaupt nicht
Kinderzahnheilkunde ist mein zweiter Tätig-
vermittelt. Wir dachten wirklich, wir wären
keitsschwerpunkt. Auch wenn sich das auf
nach der Ausbildungsassistenz fertige Zahn-
den ersten Blick gar nicht so zusammenfügt:
ärzte. Mit ein oder zwei Schwerpunkten kann
Ich finde es eine herrlich ausgleichende Kon-
man sich gut zusammenschließen mit ein oder
stellation. Ich habe den Zeitpunkt herbeige-
zwei weiteren Kollegen, wie ich mir es auch für
sehnt, bis es endlich das erste Masterstudi-
die Zukunft wünsche. Auf diese Weise kann
um in Kinderzahnheilkunde gibt. Ich sammle
man als allgemeinzahnärztliche Praxis ein wei-
schon lange Datenmaterial in der Praxis, nach
tes Feld der Zahnmedizin abdecken und das ist
einem Masterstudium weiß man ja, worauf es
zumindest in der ländlichen Region sinnvoll. //
128 | un-plaqued No 20
„I want you for dental Challenge“
2013 dent al challenge
VoCo dental Challenge 2013: die herausforderung lockt
Fo r s chun g für die Zukunf t
Schon seit 2003 fördern wir den wissenschaftlichen Nachwuchs im Rahmen der VOCO Dental Challenge. Im elften Jahr unseres renommierten Forschungswettbewerbs warten neben attraktiven Preisgeldern zahlreiche Überraschungen und ein Ausflug auf die Nordseeinsel Helgoland auf unsere Teilnehmer. Alle Informationen auch unter www.voco.de. Wir freuen uns auf Sie – bewerben Sie sich jetzt!
Seien Sie dabei! QR-Code scannen und alle Infos zur VOCO Dental Challenge 2013 erhalten!
VOCO GmbH · Anton-Flettner-Straße 1-3 · 27472 Cuxhaven · Tel. 04721 719-0 · www.voco.de
Halle 10.2, R8/S9 + P10
Theorie & Praxis / Leben
Kann man Lebensqualität implantieren? Text Katja Geis · FOTO Dentsply Implants
Lebensqualität – da sind sich alle einig – ist ein höchst subjektiver Begriff. Reicht dem einen ein perfekter Sonnenuntergang zum vollständigen Glück, muss es für andere schon ein schnittiger Sportwagen oder eine sechswöchige Weltreise sein. Nur wenige Wünsche sind so unangefochtener Konsens wie der Wunsch nach Gesundheit und einem langen Leben. Auch Implantathersteller wie DENTSPLY Implants stellen sich der Frage, wie Implantate die Lebensqualität verändern und wie man das messen kann.
I
st Lebensqualität schwer messbar, hat es der
zwischen Lebensstandard (Haben) und Le-
Gegenbegriff deutlich einfacher: Der Le-
bensqualität (Sein) so deutlich beschrieben
bensstandard kann per definierten Parame-
wie Erich Fromm. In »Haben oder Sein«1 be-
tern quantitative Größen unserer Lebensum-
schreibt er, wie das Haben zwangsläufig mit
stände ermitteln. Dabei geht es zum Beispiel
Verlustängsten verbunden ist, während das
um das Einkommen in Relation zu einem be-
Sein mit allen Chancen der Welt verknüpft ist:
stimmten Warenkorb, um Zugang zu medizini-
an das Leben zu glauben, die eigenen produk-
scher Versorgung oder um Bildungschancen. In
tiven Kräfte kennenzulernen, kurz: das Leben
der Philosophie hat keiner den Antagonismus
zu lieben.
130 | un-plaqued No 20
Theorie & Praxis / leben
Der wichtigste gesellschaftliche Antrieb
rund 1.000 Befragten aus dem Jahr 2010 ergab,
Sogar der Deutsche Bundestag hat erkannt, dass
dass vier von fünf Deutschen mit guten und ge-
die Fragen nach der Lebensqualität in der heu-
pflegten Zähnen eine positive Ausstrahlung
tigen Zeit neu justiert werden muss. Es wurde
und Attraktivität verbinden.
eigens eine Enquete-Kommission eingerichtet, die sich dem Thema »Wachstum, Wohlstand,
Dieselbe Umfrage kam außerdem zu dem Er-
Lebensqualität« widmet und prüft, ob Ziele
gebnis, dass fast jeder Fünfte in Deutschland
wie Lebensqualität, Teilhabe oder sogar Glück
mit der Gesundheit und dem Aussehen seiner
ausschließlich auf Wachstum und Wohlstand
Zähne unzufrieden ist. Gleichzeitig kennt man
beruhen. Einem ähnlichen Thema widmet sich
vielfältige Aussagen über die subjektive Ver-
der Autor Magnus Lindkvist. Der schwedische
besserung der Lebensqualität durch Implanta-
Futurologe nennt sich selber »Trendspotter«
te: »Ich konnte nach 15 Jahren das erste Mal wie-
und geht der Frage nach, ob die Zukunftsfor-
der in einen Apfel beißen«, »Es war für mich
schung tatsächlich nur das mehr oder weniger
eine Erlösung, endlich diese Implantate zu ha-
konsequente Weiterdenken der Gegenwart ist.
ben« oder »Ich habe das Gebiss völlig integ-
Lindkvist, Autor unter anderem des Zukunfts-
riert, auch psychologisch. Wenn zum Beispiel
buches »Trendspotting«2, stellt grundsätzlich
ein Salatblatt hängenbleibt, spüre ich das, als
fest: »Für eine aufstrebende Wirtschaft, wie
wenn es die eigenen Zähne wären«. Doch ist die
wir sie in Asien und zunehmend auch in Tei-
wissenschaftliche Relevanz solcher Aussagen
len von Afrika vorfinden, spielt Lebensqualität
zurzeit wenig untermauert. Hier versucht eine
eine untergeordnete Rolle. Für eine sich lang-
Studie der Universität Bergen, Norwegen, unter
samer bewegende Wirtschaft wie in Schweden
der Leitung von Dr. Harald Gjengedal nachzu-
oder in Deutschland ist die Qualität des Lebens
bessern und relevante Daten zu sammeln.
immer der wichtigste gesellschaftliche An-
Zweifelsohne können Zahnerkrankungen ei-
trieb.«
nen großen Einfluss auf die allgemeine Gesund-
Lindkvist setzt Lebensqualität auch in Bezug zur
heit und Lebensqualität haben. Gjengedal be-
Gesundheit: »Lebensqualität hat in den letz-
schreibt auf der Homepage der Universität
ten zwei Jahrhunderten stetig zugenommen, dies wird sich fortsetzen. Aber: Die Tatsache, dass wir länger leben, wird gesundheitliche Probleme aufzeigen, mit denen wir vorher nicht konfrontiert waren.« In einer immer älter werdenden Gesellschaft trifft dies in besonderem Maß auf die Zahngesundheit zu. Zähne als »Aushängeschild« Zähne sind das Aushängeschild eines Menschen: Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa bei
Bergen die Situation: »Redu-
Für eine sich langsamer bewegende Wirtschaft ist die Qualität des Lebens immer der wichtigste gesellschaftliche Antrieb.
zierte mechanische und physiologische Funktionen der Zähne verringern die Fähigkeit, feste und faserige Nahrung zu genießen. Dies hat negative Auswirkungen auf die Ernährung und möglicherweise auch auf die allgemeine Gesundheit. Schwerwiegendere Folgen entstehen zum Beispiel durch ein verändertes Selbstbild, die Selbstwahrnehmung
und
eine
Unsicherheit in sozialen Situationen.« Die Universität Bergen führte die Studie durch, um ein besseres
un-plaqued No 20 | 131
Theorie & Praxis / Leben
Verständnis vom Leben mit einer Totalprothese bezogen auf die Lebensqualität zu gewinnen. 100 Personen mit teils konventionellen und teils Implantatgetragenen Deckprothesen wurden auf verschiedene Parameter untersucht. Auch soziale, persönliche, psychologische und physiologische Faktoren flossen ein, da diese das Ernährungsverhalten und den Ernährungsstatus mit beeinflussen können. Die Untersuchung begann im Jahr 2005,
Zweifelsohne können Zahn erkrankungen einen großen Einfluss auf die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität haben.
wurde 2011 abgeschlossen und 2012 vorgestellt.
design wie Gjengedal der Frage nach, ob sich der Zugewinn an Lebensqualität durch Implantate in Relation zu den notwendigen Investitionen setzen lässt. Befragt wurde eine Gruppe von Senioren mit konventionellen (n = 13) und mit Implantatgetragenen Deckprothesen (n = 23). Das Ergebnis zeigt, dass sich der Wert von Lebensqualität durchaus beziffern lässt: 46 Prozent der konventionell versorgten Patienten und 70 Prozent der Implantatträger waren bereit, in eine implantologische Versorgung das Dreifache der
Als Ergebnis stellte Gjengedal mit seinem Team
Kosten der konventionellen Alternative zu inves-
fest, dass die subjektiv empfundene Mundge-
tieren. Diese Prozentsätze wurden ein weiteres
sundheit und Lebensqualität bei Implantatpa-
Mal erhöht (77 bzw. 96 Prozent), wenn die Op-
tienten tatsächlich höher war als bei denen mit
tion einer monatlichen Ratenzahlung bestand.
konventioneller Totalprothese, eine objektive Verbesserung der Lebensqualität hingegen
Implantate bei Tumorpatienten
konnte wissenschaftlich nicht nachgewiesen
Deutlich lassen sich auch Aussagen zur Erhö-
werden. In der Studie wurden auch Aspekte
hung der Lebensqualität bei Tumorpatien-
in Bezug auf die Atmosphäre rund um Betreu-
ten machen. Nach einer Tumorerkrankung im
ung und Behandlung untersucht. Hier zeigt sich
Kopf- oder Halsbereich müssen aufgrund von
die Crux der wissenschaftlichen Relevanz: Es ist
chirurgischen Eingriffen und Strahlentherapie
nachvollziehbar, dass schon die schlichte Sym-
teilweise erhebliche Rekonstruktionen am Ge-
pathie mit dem jeweiligen Behandler die Com-
biss vorgenommen werden. Dr. Lars Nygaard,
pliance positiv beeinflusst.
niedergelassener Zahnarzt aus Kopenhagen, hat viele Tumorpatienten zahnmedizinisch ver-
Was ist Lebensqualität wert?
sorgt. Er weist insbesondere auf die Bedeutung
In eine ähnliche Richtung forscht Jocelyne Fei-
einer gründlichen Beurteilung der physiologi-
ne von der McGill University in Montreal. Sie
schen, aber auch psychologischen Ausgangs-
beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem
situation hin. Dabei ist eine interdisziplinä-
Thema »Lebensqualität und Zahngesundheit«
re Zusammenarbeit unabdingbar, gleichzeitig
und sammelt in verschiedenen Studien Infor-
müssen die Grenzen des Machbaren ausgelotet
mationen, wie zufrieden Patienten mit ihrer
und respektiert werden. Mit dieser Ausgangs-
jeweiligen Therapie sind und inwieweit diese
basis könne, so Nygaard, für Tumorpatienten
die Lebensqualität verbessert. Die Erkenntnis-
sowohl ein vorhersagbares Ergebnis durch die
se sollen dazu dienen, Entscheidungen für oder
Implantatbehandlung erreicht als auch die Le-
gegen bestimmte Therapien besser begründen
bensqualität der Patienten verbessert werden.
zu können. In einer Studie aus dem Jahr 2008
Implantate sind heute für jede Zielgruppe
ging Feine mit einem vergleichbaren Studien-
eine wichtige Option, unabhängig vom Zahn-
3
132 | un-plaqued No 20
forever young / leben
status, vom Alter oder von Vorerkrankungen. Das bestätigen alle drei erwähnten Wissenschaftler und Zahnärzte. Eine implantologische Versorgung kann viele Facetten von Lebensqualität wiederherstellen: zum Beispiel der Genuss beim Essen, ein entspanntes Lachen, ein natürlicheres Gesichtsprofil und eine deutliche Sprache. Zahnärzten kommt dabei eine größe-
Intelligent!*
re Rolle zu als nur die der medizinischen Versorgung: Die Kommunikation über genau diese Aspekte der Lebensqualität muss ebenfalls in die Beratung der Patienten einfließen. Implantathersteller wiederum unterliegen der Verpflichtung, nicht nur die optimalen implantologischen Produkte für die Behandler bereitzustellen, sondern auch die Lebensqualität der Patienten nie aus dem Auge zu verlieren. Das tut auch der Implantatspezialist DENTSPLY Implants durch intensive Forschung und Entwicklung: Ob die CAD/CAM-Technologien zur Sicherung des ästhetischen Langzeiterfolgs beitragen oder die Option Sofortbelastung den Patientenwünschen entgegenkommt – der Patient steht immer im Mittelpunkt. // Literatur: 1 Fromm, Erich: Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft. München: dtv, 2010, 37. Aufl., 271 S. ISBN 978-3-423-34234-6. 2 Lindkvist, Magnus: Trendspotting. Zürich: Midas Management Verlag AG, 2010, 192 S. ISBN: 3907100360. 3 Esfandiari, S., Lund, J.P., Penrod, J.R., Savard, A., Mark Thomason, J., Feine, J.S..: Implant overdentures for edentulous elders: study of patient preference. Gerodontology. 2009 Mar; 26(1): 3–10. dentsplyimplants.de
Die RedLine. *Einfachste Praxis-Logistik durch HIBC-Code auf jeder Kartusche! www.dreve-hibc.de www.dreve.com
2013 un-plaqued No 20 | 133
Besuchen Sie uns in Halle 10.2 Stand T030 U031 Wir freuen uns auf Sie!
Theorie & Praxis / Leben
Ich lebe! Meine Mitarbeiter auch? Text Anja Fink · Illustration Maximilian Buttenberg
Stellen sie sich einmal Folgendes vor: Sie haben monatlich einen Geldbetrag auf dem Konto, von dem sie kaum Ihre Miete und ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Die Handykarte müsste auch mal wieder aufgeladen werden, und ein paar neue Schuhe sind längst überfällig … Ihr Chef fährt Montag Morgen nach einem Golf-Wochenende mit seinem Porsche vor, nimmt sie am Empfang kaum wahr und hat auch ansonsten selten ein Lob, eine Anerkennung oder ein Lächeln für sie übrig.
H
and aufs Herz: Was würde sie in dieser
Mitarbeiter die »eierlegende Wollmilchsau«
Situation motivieren, Ihren Chef mit al-
wünschten und diese möglichst für ein kleines
len Kräften und vollem Einsatz zu unter-
Taschengeld. Die zahnmedizinischen Fachange-
stützen, ihm Ideen zu präsentieren, ihn weiter
stellten sollten möglichst über einen so genann-
nach vorne zu brin-
ten unternehmeri-
gen, ihm mehr Pati-
schen Blickwinkel
enten und mehr Umsatz zu verschaffen? Was lässt sie den ganzen Tag lächeln, liebevoll die Patienten umsorgen und die zusätzliche Pro-
Alles im Leben ist ein Geben und Nehmen.
phylaxe verkaufen? Das volle Bankkon-
verfügen, die Praxis nach vorne bringen, mitdenken, ein Organisationsgenie sein und niemals das Lächeln verlieren. Wenn sie dann noch Marketingkenntnisse hätten und zum
to? Das Lob und die Anerkennung vom Chef?
Beispiel unsere Flyer entwerfen könnten …
Die Wertschätzung, die er ihnen täglich entge-
Wie schafft man es, Mitarbeiter Schritt für
genbringt?
Schritt in diese Richtung zu entwickeln? Ein Anfang wäre mit Sicherheit, das Augenmerk auf
Ich hatte die Gelegenheit, in den letzten zwei-
die guten Taten zu richten und diesen auch ent-
einhalb Jahren seit Bestehen meiner Jobver-
sprechend Anerkennung zu schenken. Nach und
mittlungsbörse jobDENTAL viele Gespräche mit
nach würde so das Positive mehr ins Blickfeld
Zahnärzten und ebenso einige mit dem Praxis-
rücken, denn jeder Mensch möchte anerkannt
personal zu führen und sehe mich dabei in ei-
werden. Diese Entwicklung hin zu einem har-
ner außenstehenden, neutralen Rolle. Häufiger
monischen Betriebsklima wäre schließlich auch
ist mir aufgefallen, dass sich viele Zahnärzte als
nach außen wahrnehmbar.
134 | un-plaqued No 20
Theorie & Praxis / leben
Eine weitere Möglichkeit ist die Installation von
ärzte werden bereit sein müssen, für gute Ar-
Umsatzbeteiligungen oder Prämien, um Anrei-
beit gutes Geld zu zahlen und darüber hinaus
ze bei den Mitarbeitern zu schaffen. Die da-
die so genannte Attraktivität des Berufsbildes
für nötigen Rahmenbedingungen müssen in-
neu zu definieren. Die Fachkräfte und Berufs-
dividuell und je nach Arbeitsbereich festgelegt
anwärter werden ansonsten einfach in andere
werden. Wenn die Mitarbeiter das erste Mal
Berufsfelder abwandern, denn Angebote und
ein höheres Gehalt auf dem Kontoauszug sehen,
Möglichkeiten gibt es genug. Diese »Mehrin-
werden sie es mit Sicherheit durch eine gestei-
vestition« in die Mitarbeiter, die bei Weitem
gerte Motivation danken. Plötzlich ist das Ma-
nicht nur mit Geld zu tun hat, wird durch mehr
terial pünktlich bestellt, das Wartezimmer or-
Umsatz und zufriedenere Patienten belohnt
dentlich, es gibt weniger Fehlzeiten, und mehr
werden.
Prophylaxeleistungen werden verkauft etc. Ganz nebenbei könnten Zahnärzte den größten Alles im Leben ist ein Geben und ein Nehmen.
Teil ihres Marketingbudgets einsparen, wenn
Darüber hinaus gibt es viele Möglichkeiten, den
sie verinnerlichen würden, dass zufriedene
»Teamspirit« zu steigern. Angefangen mit re-
Mitarbeiter das wichtigste und beste Marke-
gelmäßigen Besprechungen im gesamten Team,
tinginstrument sind. Dies gilt es entsprechend
der Möglichkeit eines ehrlichen Feedbacks auf
zu fördern und zu honorieren. Die Mitarbeiter
Augenhöhe bis hin zur Betriebsfeier oder einem
werden es mit Treue und Engagement danken!
gemeinsamen Ausflug sollte man versuchen,
//
den Zusammenhalt untereinander zu stärken. Ich denke, ein Umdenken ist überfällig. Zahnärzte und Zahnärztinnen suchen gute und
Kontakt
qualifizierte Mitarbeiter, aber die Rahmen-
jobDENTAL | Anja Fink
bedingungen haben sich nicht nur durch den
Fon 06126 2290410
demografischen Wandel geändert. Die Zahn-
jobdental.de un-plaqued No 20 | 135
Theorie & Praxis / Leben
Digitale Zahnmedizin ohne Windows
Äpfel sind nicht nur für Zähne gut Interview mit Patrick Märthesheimer, Zahnarzt in Düsseldorf · FOTOS Dirk Küpper
Bei der Planung einer jeden Zahnarztpraxis
Wartung, den Lizenzen und dem Support für
stellt sich die Frage der EDV. Neben der Pra-
das System. Nachdem die verfügbaren Gerä-
xissoftware ist die grundlegende Entschei-
te alle auf Mac OS X liefen, stellte sich nur noch
dung, mit welchem System man die nächs-
die Frage eines möglichst reibungslosen Auf-
ten Jahre arbeiten möchte – Windows,
baus. Dieser ging dank der Apple-Maschinen
Linux oder Mac OS X?
recht schnell. Ein Mac OS X Server 10.6 Snow Le-
P
opard kam zum Einsatz, da er wesentlich kosten-
atrick Märthesheimer ist Zahnarzt. Als es
günstiger als ein Windows-Server ist. Zusätzlich
an die Gründung seiner neuen Praxis
wurden zwei Mac Minis und drei iMacs verhält-
ging, beauftragte er den Systemadmi-
nismäßig schnell aufgebaut, verkabelt und in-
nistrator Dirk Küpper mit dem Aufbau seiner
stalliert. Zusammengerechnet dauerte es gera-
Praxis-EDV. Der hatte bisher keine Zahnarzt-
de mal zwei Tage, das Netzwerk, die Soft- und
praxis mit EDV ausgestattet, weshalb es für ihn
Hardware und einen Internetzugang einzurich-
als Erstes die Umgebungsstruktur einer Praxis-
ten. Nach diesen Erfahrungen kann man jedem
EDV zu analysieren galt. Da sind zum Beispiel
Zahnarzt eigentlich nur einen Wechsel des Com-
digitale Röntgengeräte, Kartenleser, Praxis-
putersystems empfehlen.
verwaltungssoftware, Netzwerk, Drucker, Faxgeräte und Telefonie. Nach umfangreicher und
Mittlerweile läuft das System der Düsseldorfer
langer Suche, unzähligen Reisestunden und Te-
Zahnarztpraxis komplett und reibungslos auf
lefonaten entdeckte das Team einige Werkzeu-
Apple Macintosh. Der gesamte Praxisbetrieb
ge, die nun auf ihre Praktikabilität getestet
läuft ohne parallel installiertes Windows-Be-
werden mussten. Sie erhielten dabei Unter-
triebsystem. Überall, auch beim digitalen Rönt-
stützung von anderen Zahnärzten, die bereits
gen (aus dem Hause Planmeca), kommt das in-
Mac-Systeme verwendeten. Alle hatten aller-
tuitiv bedienbare und wartungsarme Mac OS
dings eines gemeinsam, denn auf den Macs war
X-System zum Einsatz. Die Behandlungsräume
am Ende doch Windows installiert. Patricks
sind mit 21-Zoll-iMac-Computern ausgestattet.
und Dirks Anspruch war aber anders: Sie woll-
Im Serverraum werkelt ein stationärer Mac Pro
ten die erste Zahnarztpraxis in Düsseldorf wer-
mit Mac OS X Server 10.6 Snow Leopard Server,
den, die ohne Windows auskommt.
und für das Panoramaröntgen verrichtet ein
Nach einer Kostengegenüberstellung fiel die
Mac Mini Server 2010, der als Workstation läuft,
Wahl auf Mac OS X. Warum, ist ganz einfach er-
stetig seinen Dienst. Am Empfang verwaltet ein
klärt: OS X liegt in den Gesamtkosten im Ver-
Mac Mini das USB-Kartenlesegerät und die Dru-
gleich zu den anderen Systemen am niedrigs-
cker. Die Patientenverwaltungsoftware Charly
ten. Sowohl in der Anschaffung ist das Apple
aus dem Hause Solutio rundet das IT-Paket ab.
System um 1.000 Euro günstiger, auch in der
Soweit die technischen Details.
136 | un-plaqued No 20
Theorie & Praxis / leben
Da am Ende immer die Menschen in der Praxis
es weit nach unten gefahren werden kann, um
mit der Technik arbeiten müssen, hat UN-PLA-
auch im Rollstuhl sitzende Patienten röntgen zu
QUED ein paar Fragen an Zahnarzt Patrick Mär-
können. Das Einzelbild-Röntgen ist am Behand-
thesheimer zu seinen Erfahrungen mit dieser
lungsstuhl montiert, so dass der Patient für Ein-
EDV-Strategie gestellt.
zelbilder nicht aufstehen und in einen separaten Röntgenraum gehen muss.
Warum haben Sie eine eigene Zahnarztpraxis gegründet?
Welche Besonderheiten hat Ihre Praxis?
Da ich meinen Beruf liebe und gerne qualitativ
Die voll digitalisierte Praxis, in der möglichst
hochwertige Arbeit liefere, wollte ich seit jeher
papierlos gearbeitet wird, setzt sich zuneh-
ein Umfeld schaffen, in dem dies nach meinen
mend durch. Die Besonderheit ist, das ich kom-
Vorstellungen möglich ist. Nach meiner Studi-
plett in der Mac OS X-Betriebssystemumgebung
en- und Assistenzzeit kehrte ich in meine Hei-
arbeite und auf virtualisierte Windows-Syste-
matstadt zurück und gründete die Praxis in
me verzichte.
dem Stadtteil, in dem ich aufwuchs, da ich die-
Die Backup-Systeme sind auf hohe Sicherheit
ses Umfeld sehr schätze.
der Patientendaten sowie auf eine schnelle Wiederherstellung des Betriebszustandes aus-
Können Sie beschreiben, welche Hindernis-
gelegt, so dass bei einer Softwarestörung, in
se bei der Neugründung Ihrer Praxis bewäl-
kürzester Zeit ein Weiterarbeiten möglich ist.
tigt werden mussten?
Das Netzwerk ist so ausgelegt, das bei einem
Es gibt keine direkten Hindernisse, jedoch muss
Defekt in der Hardware ein Notbetrieb mit ei-
jedes Detail im Vorfeld gut durchdacht und ge-
nem Teil des Netzes möglich ist. Falls Techniker
prüft werden, um die eigenen Vorstellungen
eingriffe von außen nötig sind, kann zunächst
an die Machbarkeit anzupassen. Was die in-
über eine Fernwartung versucht werden, den
teressante Computerisierung angeht, war die
Fehler zu beheben bzw. ihn zu reproduzieren,
spezielle Herausforderung, Praxissoftware
um auf eine Vor-Ort-Reparatur besser vorberei-
und Röntgensysteme so auszusuchen und ein-
tet zu sein. Alle Bestandteile der EDV sind neben
zurichten, dass Sie nativ auf Mac OS X (ohne
der Funktionalität auch nach dem Kriterium der
Windows!) laufen. Außerdem hatte ich es mir
Energieeffizienz ausgesucht, damit neben der
zum Ziel gesetzt, die Praxis – trotz eines ein-
Stromrechnung auch die Umweltbelastung ge-
geschränkten Platzangebotes – für Menschen
ring gehalten wird.
mit Mobilitätseinschränkungen gut benutzbar zu machen, sodass alle Bereiche mit Gehhilfen
Welche Ziele haben Sie mit Ihrer Praxis?
oder sogar Rollstühlen erreichbar sind. Das Pa-
Ich möchte ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem
norama-Röntgengerät ist so konstruiert, dass
meine Mitarbeiterinnen und ich angenehm und un-plaqued No 20 | 137
Theorie & Praxis / Leben
motiviert im Dienste des Patienten und des Be-
Dass die neueren Gerätegenerationen immer
handlungserfolges arbeiten können. Die tech-
kleiner, leiser und energiesparender werden
nische Seite soll dabei einfach rund laufen, um
ist ein weiterer Faktor, der mich sehr beein-
den Kopf freizuhalten für die menschlichen Be-
druckt. Da dies Kriterien sind, die gerade auch
lange, für Dokumentation und Verwaltung.
im medizinischen Bereich einen hohen Stellenwert haben, wollte ich auch in meiner Ar-
Es gibt drei große Systeme im Markt: Linux,
beitsumgebung nicht darauf verzichten.
Windows, Mac OS X. Warum ist in Ihrer Praxis die Entscheidung für Mac OS X gefallen?
Wie beurteilen Sie das Preis-Leistungs-Ver-
Seit den neunziger Jahren verwende ich privat
hältnis der Apple-Lösung auch im Hinblick
Apple-Computer und bin nach kurzen Ausflü-
auf die Gesamtbetriebskosten?
gen auf andere Systeme immer wieder dorthin
Da die Systeme zumeist störungsfrei laufen,
zurückgekehrt. Mich hatten die leichte Bedien-
sind kaum Ausfälle aufgrund von Wartungs-
barkeit, die Langlebigkeit der Geräte und de-
unterbrechungen zu erwarten. Auch das lan-
ren hohe Zuverlässigkeit seit jeher überzeugt.
ge Intervall, bis sie technisch obsolet werden
138 | un-plaqued No 20
Theorie & Praxis / leben
und ausgetauscht werden müssen, zahlt sich
Würden Sie anderen Kollegen zu einem
aus. Darüber hinaus ist der geringe Energiever-
Apple Macintosh-System raten?
brauch ein weiterer Faktor, der die Betriebskos-
Die genannten Vorteile der Betriebssicherheit,
ten gering hält.
Energieeffizienz, Geräuschlosigkeit und einfachen Bedienbarkeit sprechen in wirtschaftli-
Haben Ihre Mitarbeiterinnen Erfahrungen
cher Hinsicht für sich. Da die Geräte auch sehr
mit Mac OS X-Systemen?
ansprechend im Design und platzsparend sind,
Bisher nicht. Sie konnten jedoch in den für sie
werden auch ästhetische Ansprüche bedient.
relevanten Bereichen sofort arbeiten. Für das
Aus persönlichen Gesprächen weiß ich, dass
Personal spielt das Betriebssystem eine eher
ein großes Interesse an Apple-Systemen be-
untergeordnete Rolle, da es die bekannte Pra-
steht. Zusätzlich kann man auf einen Apple-IT-
xissoftware benutzt und sich in einer vertrau-
Spezialisten wie Herrn Dirk Küpper zurückgrei-
ten Programmumgebung bewegen will. Daher
fen, der mit Rat und Tat zur Seite steht. //
war bei den Mitarbeiterinnen die Erleichterung groß, dass sie trotz eines zunächst unbekannten Systems nicht von Grund auf umlernen mussten. Mit der zunehmenden Beschäftigung mit dem System werden sie sich die Feinheiten und Besonderheiten von Mac OS ganz nebenbei erarbeiten.
dirkkuepper.de
un-plaqued No 20 | 139
THEORIE & PRAXIS / LEBEN
Clubbing mal anders Der MEDI-LEARN Club in der Zahnmedizin
TEXT Jan-Philipp Schmidt
Seit dem Wintersemester 2012 bietet der MEDI-LEARN Club den Studenten der Zahnmedizin exklusive und auf ihr Studium abgestimmte Leistungen an. Der Club besteht bereits seit 2007 für Humanmediziner und hat zur Zeit ca. 32.000 aktive Mitglieder – darunter bereits 2.000 Studenten der Zahnmedizin. In der Konzeptionsphase des MEDI-LEARN Club für Zahnmediziner haben die Verbände BdZM und BdZA mitgewirkt, damit studentische Vertreter verschiedener Semester gemeinsam mit den Initiatoren des Clubs Ideen und Anregungen austauschen, um ein optimales Leistungspaket zu schnüren. Wofür steht der MEDI-LEARN Club? Bis zur Approbation stehen 5 Jahre Regelstudienzeit vor den Studenten. Der MEDI-LEARN Club begleitet durch die Ausbildungs- und Studienzeit und unterstützt die Studenten mit zahlreichen Services und Angeboten, die nur den Mitgliedern zur Verfügung stehen. Die Leistungen werden durch ein breit gefächertes Netzwerk sichergestellt, das in jeder Situation den richtigen Ansprechpartner bietet. Damit das Angebot attraktiv und für alle Zahnmedizinstudenten kostenfrei ist, wird der Club dauerhaft durch die Träger MEDI-LEARN, Deutsche Ärzte Finanz und dem Clubpartner Freier Verband Deutscher Zahnärzte e.V. (FVDZ) finanziert. Und das ohne Verpflichtungen für das Clubmitglied. Jederzeit kann die Mitgliedschaft gekündigt werden, automatisch endet sie mit der Approbation. 140 | un-plaqued No 20
THEORIE UND PRAXIS / LEBEN
Was bietet der MEDI-LEARN Club?
taldepots gleichzeitig anfragen und unter dem
Der MEDI-LEARN Club für Zahnmediziner of-
Gedanken des Powershoppings von den Rabat-
feriert zahlreiche Leistungen, unter ande-
ten profitieren.
rem einen Anatomiebildband aus der MEDI-
Der »Kofferkonfigurator« zeigt die Material-
LEARN Skriptenreihe, den Lernschnelltest mit
listen genauso an, wie sie in den Kursen aus-
einer Lernverhaltensanalyse und den Work-
geteilt werden. Sogar die empfohlene Materi-
shop »Effektive Examensvorbereitung«. Hin-
almenge ist schon voreingestellt, kann aber je
zu kommen Seminare zu Präsentationstechni-
nach Bedarf verändert werden. Aus jeder Liste
ken und Studienfinanzierung. Der FVDZ bietet
müssen nur die Produkte gewählt werden, die
seinen studentischen Mitgliedern zusätzlich in
man tatsächlich benötigt. Um Großpackungen
Verbindung mit der Clubmitgliedschaft eine
mit Kommilitonen zu teilen, kann man sie im
weltweit geltende Berufs- und Privathaft-
»Kofferkonfigurator« einfach an das Schwar-
pflichtversicherung an. Diese gilt vom ersten
ze Brett heften.
Studienjahr bis maximal zum ersten Assistenz-
Im Anschluss kann aus den Angeboten ver-
jahr und ist in der gesamten Zeit kostenfrei.
schiedener Dentaldepots für die jeweilige
Weitere Angebote des FVDZ in Verbindung mit
Kofferkonfiguration das Optimale ausgewählt
der Clubmitgliedschaft sind eine kostenfreie
und beim Händler der Wahl bestellt werden.
Auslandskrankenversicherung für Famulatu-
Auf diese Weise wird die Materialbeschaffung
ren über den Zahnmedizinischer Austausch-
so einfach wie noch nie – denn schneller und
dienst (ZAD) und die kostenfreie Prüfung des
komfortabler können Anfragen an verschie-
ersten Arbeitsvertrages. Neben vielen ande-
dene Fachhändler für genau die Produkte, die
ren Leistungen vergibt der Club auch attrak-
im eigenen Kurs gebraucht werden, nicht ge-
tive Geschenke. Zu Beginn bekommen neue
stellt werden.
Mitglieder ein Begrüßungsgeschenk und ge-
Um diese Anwendung auf Herz und Nieren zu
gen Ende des Studiums ein hochwertiges Exa-
prüfen, steht der Kofferkonfigurator als Pilot-
mensgeschenk.
anwendung den Clubmitgliedern bis Mai zur Ver-
Was plant der MEDI-LEARN Club bereits an
fügung. Einfach über die
weiteren Leistungen?
Internetseite
Da das Zahnmedizinstudium durch die hohen
und shoppen, shoppen,
Materialkosten sehr teuer ist, plant der Club
shoppen.
Kofferkonfigurator
anmelden
den so genannten »Kofferkonfigurator« exklusiv und kostenfrei für seine Mitglieder zur
Wie wird man Mitglied
Verfügung zu stellen. Hierbei handelt es sich
im MEDI-LEARN Club?
um einen Service in Kooperation mit zahnipor-
Der Club ist direkt on-
tal.de, Mit dem Kofferkonfigurator können die
line erreichbar. Registrie-
Studenten ihre Materialkoffer aus den zur Ver-
rungsmöglichkeiten gibt
fügung stehenden Materiallisten der zahnme-
es neben der persönli-
dizinischen Universitäten einfach online zu-
chen Beratung außerdem
sammenstellen, mit einem Klick Angebote für
bei der Deutschen Ärzte
diesen individuellen Koffer von mehreren Den-
Finanz und dem FVDZ. // un-plaqued No 20 | 141
MEDI-LEARN Club
THEORIE & PRAXIS / LEBEN
»You are the Voice« Ein Blick hinter die Kulissen des neuen Imagefilms von Acteon zur IDS
TEXT Lars Kroupa · FOTOS White & White
Je stärker die Bilder, umso größer die Wirkung. Filme leben von der Kraft schöner Bilder und von den Emotionen, die sie beim Betrachter freisetzen. Sie sagen oft mehr als tausend Worte. Das gilt besonders auch für Intraoralaufnahmen und Röntgenbilder in der Zahnarztpraxis: je höher die Bildqualität, umso exakter die Aussagekraft und Diagnose.
Der neue Imagefilm der Acteon Group zeichnet
wicklungen für die Zahnarztpraxen geht. Die
ein beeindruckendes Bild der gesamten den-
Zahnärzte sind bei Acteon ›the Voice‹!«
talen Imaging-Linie der Firma – von den intra-
Seit vielen Jahren verwendet die Acteon Group
oralen Sopro-Kameras und Röntgensystemen
bereits den Slogan »We love to create«, und ge-
X-Mind Unity über das digitale Bildgebungs-
nau diese Begeisterung für das Kreieren neue
system PSP!X bis hin zum leistungsstarken DVT-
Produkte veranschaulicht der Imagefilm im
Gerät WhiteFox. Unterlegt mit einem eigens für
ersten Handlungsstrang perfekt. Das Engage-
den Film komponierten Song und speziellen Ho-
ment der Mitarbeiter bildet einen roten Faden,
logrammen wird die Entwicklungsgeschichte
der sich durch den gesamten Film zieht. Zu se-
der Hightech-Geräte in Mailand bis zu ihrer An-
hen sind die Mitarbeiter in den Mailänder Pro-
wendung in einer Berliner Praxis erzählt.
duktionsstätten der Firma De Götzen, die seit 2007 zur Unternehmensgruppe gehört, wie sie
Cecilia singt: »You have the choice, that we
sich Gedanken um neue Materialien und techni-
create!«
sche Details machen, wie sie miteinander disku-
Lars Kroupa, Agenturchef von WHITE & WHITE,
tieren und ihre Ideen überprüfen – immer mit
der den Film für Acteon produziert hat, er-
der Stimme und den Wünschen der Zahnärzte
klärt: »Der Titel der Filmmusik lautet ›You are
im Kopf. Die Leidenschaft und der persönliche
the Voice‹ und bildet gleichzeitig die Hauptbot
Einsatz von der Entstehung des Produkts bis hin
schaft des Films: Die Firma Acteon hört auf die
zur Anwendung machen schlussendlich den Er-
Stimmen ihrer Kunden, wenn es um Produktent-
folg am Patienten aus.
142 | un-plaqued No 20
THEORIE UND PRAXIS / LEBEN
dass wir dem Zuschauer alle Produkte der den-
Die Stimme der charismatischen Sängerin Ceci-
talen Imaging-Linie auf leidenschaftliche Wei-
lia unterstreicht dabei nicht nur die Emotionali-
se vorstellen sollten. Unsere erste Frage war da-
tät der Filmszenen, sie verbindet sie auch mitei-
bei: Was macht diese Geräte aus? Hochwertige
nander, denn immer wieder werden zusätzlich
Bilder für höchste Qualität in der Zahnarztpra-
Bilder von der Gesangsaufnahme im Tonstudio
xis, über die Menschen ins Gespräch kommen.
eingeblendet – auch in die Szenen des zweiten
Hier lag dann auch unser Ansatz: Bilder, die für
Handlungsstrangs, in dem die Zahnarztpraxis
sich sprechen, die verbinden, die uns berüh-
regelrecht »zum Bild« wird. Gedreht wurde in
ren. Die Emotionalität vermittelt der Image-
einer modernen Praxis am Potsdamer Platz mit
film durch den Einsatz eines eigens geschaf-
dem Berliner Zahnarzt Ingmar Dobberstein und
fenen Genres, einer Mischung aus Musikclip,
mehreren Patienten. In verschiedenen Szenen
Produktfilm und Dokumentation, kombiniert
wird gezeigt, wie der Anwender mit den unter-
mit einem ausdrucksstarken Song!«
schiedlichen Sopro-Kameras umgeht, wie er mit
Nachdem der Text und die Musik für den Song
dem Patienten über intra- und extraorale Bilder
feststanden, wurde er im Studio aufgenom-
spricht und sie ihm erklärt und wie alle Beteilig-
men. Dann ging es an die Umsetzung der Story
ten dabei erleben, wie sinnvoll und zusammen-
mit den zwei Handlungssträngen. In nur zwei-
führend solche Hochleistungsgeräte in der Pra-
einhalb Tagen wurden die Szenen an den zwei
xis sein können.
Drehorten gefilmt, anschließend ging es zum
Für dramaturgische Spannung im Film sorgen
Schnitt ins Filmstudio. Kroupa: »Während der
Überblendungen, Zeitlupen, diverse Farbfilter
ganzen Vorbereitungs- und Produktionszeit,
und Hologramme mit Bildern und Schlüsselwor-
die ziemlich aufwendig und stressig war, summ-
ten zu den Produkten. »Mehr Emotionalität in
ten wir immer wieder das Lied von Cecilia. So
der Produktkommunikation«, so lautete auch
wurde die Musik auch für uns zu einem emotio-
der Auftrag an Lars Kroupa: »Marie Gaspar
nalen Anker. Sie hat uns inspiriert und harmo-
von der Firma Acteon briefte uns dahingehend,
nisiert – das spürt man auch im Film.«
»Aufpasser«
Bewegende Szenen aus Praxis und Produktion
un-plaqued No 20 | 143
THEORIE & PRAXIS / LEBEN
Das Ohr direkt am Kunden So war die Atmosphäre am Set über die ganze
bestimmte Branchen einen Unternehmensfilm,
Zeit locker und entspannt – ob in Mailand oder
ist er heute zu einem unverzichtbaren Teil der
in Berlin. Die Darsteller haben viel gelacht, mit
Außendarstellung einer Firma geworden – erst
Händen und Augen kommuniziert, und die Mit-
recht, wenn sie bildgebende Produkte anbietet!
arbeiter von Acteon haben vor Tatendrang ge-
Bilder werden viel schneller verstanden als ge-
sprüht. Der Film bewegt sich zwischen einem
schriebener Text, und sie wirken deutlich stär-
atmosphärisch dichten Werbespot und einer
ker auf der Gefühlsebene.«
anspruchsvollen Dokumentation mit ästheti-
Hoof abschließend: »Acteon ist ein tolles Un-
schem Wert. Kroupa: »Es geht hier nicht nur
ternehmen mit tollen Produkten und Mitarbei-
um die Geräte; es geht um die Menschen, die
tern – das wollten wir zeigen. Von jeher haben
sie entwickeln und mit ihnen arbeiten. Insofern
wir unser Ohr direkt am Kunden. Seine Stimme
spricht der Film jeden an.«
und seine Wünsche sind unser Ansporn, krea-
Doch wozu benötigt man überhaupt einen
tiv zu sein. Spätestens während der IDS kann
Imagefilm? Hans-Joachim Hoof, Geschäftsfüh-
das jeder gern an unserem Messestand über-
rer der Acteon Germany, erklärt dazu: »Die Zei-
prüfen und sich dabei natürlich auch den Film
ten haben sich geändert. Brauchten früher nur
ansehen.« //
Zum Making-of des Acteon-Musiktrailers »You are the voice« auf youtube.com 144 | un-plaqued No 20
VORSPRUNG DURCH FORTBILDUNG
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Good bye dentist / Leben
Das echte Leben TEXT und FOTOS Christine Bellmann
146 | un-plaqued No 20
Good bye dentist / leben
un-plaqued No 20 | 147
Good bye dentist / Leben
Sonne, Strand, Meer und vielleicht noch einen Cocktail in der Hand – das ist das Bild eines perfekten Urlaubs vieler Menschen. Die Sehnsucht nach der Ferne und dem Neuen, Unbekannten hat mich in regelmäßigen Abständen immer wieder gepackt. Schon während meiner Schulzeit habe ich ein Jahr im Ausland gelebt und zum ersten Mal die Erfahrung gemacht, allein auf Reisen zu gehen und unter völlig unbekannten Gegebenheiten zu leben. Wer einmal Auslandsluft in diesem Sinne geschnuppert hat, will immer wieder weg.
D
ie Sehnsucht nach fernen Ländern und
tische Attraktionen und hat vielleicht auch das
fremden Kulturen ist bei mir seit meiner
ein oder andere amüsante und einprägsame
ersten Reise nie wieder zum Erliegen ge-
Erlebnis. Aber nur sehr selten gewinnt man ei-
kommen. Die Aufregung der letzten Tage vor
nen realen Einblick in das Leben der Menschen,
dem Abflug, die Vorfreude, die immer größer
ihre Traditionen, ihre Wünsche und Sehnsüch-
wird. Ich zähle die Tage, bis ich wieder zum
te. Nimmt man sich die Zeit, ein bisschen länger
Flughafen fahren kann, das ist vergleichbar
zu verweilen oder wie alle anderen in diesem
mit der kindlichen Vorfreude auf Weihnach-
Land zu arbeiten, bekommt man eine tieferen
ten.
Einblick und lernt die normale Lebensweise der
Auf vielen Reisen ist mir klar geworden, wie
Menschen vor Ort kennen. Man ist kein Tourist
schwierig es ist, als Tourist das Land, in dem
mehr, sondern eben ein Ausländer, der wie je-
man Urlaub macht, wirklich kennenzulernen.
der andere auch arbeiten geht, um Geld zu ver-
Natürlich besucht man interessante touris
dienen.
148 | un-plaqued No 20
Good bye dentist / leben
un-plaqued No 20 | 149
Good bye dentist / Leben
Trotz meiner Vollzeitstelle als Assistenzzahnärz-
eine gewisse Flucht vor dem Arbeitstrott im
tin in Deutschland konnte ich der Versuchung
deutschen Gesundheitssystem, der einen lei-
nicht dauerhaft widerstehen, im Ausland mehr
der nicht ausschließlich Zahnärztin, sondern
als einfach nur Urlaub zu machen. Ich nutzte
vielmehr auch Schreibkraft und Aktensortie-
meinen Jahresurlaub dafür, auf die Seychel-
rer sein lässt.
len zu fliegen, um dort als Zahnärztin in einem kleinen, netten und recht gut ausgestatteten
Meine Zeit auf den Seychellen war nur auf ein
Medical Center zu arbeiten. Für einige mag das
paar Wochen begrenzt, aber schon in dieser
verrückt klingen, denn warum sollte man im Ur-
Zeit konnte ich viele wertvolle Erfahrungen
laub auch noch arbeiten wollen? Ich konnte mir
sammeln. Diese waren nicht nur zahnmedizini-
nichts Schöneres vorstellen.
schen, sondern vielmehr sozialen oder interkul-
Der Wunsch, dauerhaft im Ausland als Zahn-
turellen Charakters.
ärztin tätig zu sein, wurde immer allgegenwär-
Denkt man an die Seychellen, kommt nicht sel-
tiger. Die Vernunft sagte mir allerdings, dass
ten die Frage, wo diese Inselgruppe überhaupt
ich meine Assistenzzeit in Deutschland beenden
liegt? Der Inselstaat, der aus 115 teils Korallen-
sollte, zudem es nicht so einfach ist, im Ausland
und teils Granitinseln besteht, ist im westlichen
eine Lizenz als Zahnärztin zu erhalten, ohne die
Indischen Ozean, östlich von Afrika und nörd-
entsprechende Berufserfahrung vorzuweisen.
lich von Madagaskar beheimatet. Die Haupt-
Für mich war es bis dahin die beste Möglichkeit,
stadt Victoria ist auf der Hauptinsel Mahé ge-
meinen Urlaub dafür zu nutzen, wenigstens für
legen, die mit ihrem 72.000 Einwohnern nahezu
eine kurze Zeit zum Beispiel auf den Seychellen
90 Prozent der Bevölkerung der Seychellen be-
praktizieren zu können. Neben dem Aspekt,
herbergt. Die Seychellen waren nach ihrer Ent-
den Menschen vor Ort eine adäquate zahnme-
deckung durch die Engländer 1609 zunächst eine
dizinische Versorgung anzubieten, ist es auch
französische (1756–1903) und später, bis zu ihrer
150 | un-plaqued No 20
Good bye dentist / leben
Unabhängigkeit britische Kolonie (1903–1976).
auf mich. Das Bestellbuch war voll, und so blieb
Überreste dieser Zeit sind auf allen Inseln zu
nur wenig Zeit, mich mit meiner Assistentin be-
finden, seien es Denkmäler oder historische
kannt zu machen und mir die technischen Vor-
Farmhäuser aus dieser Epoche. Die drei offizi-
aussetzungen anzusehen. Auf den ersten Blick
ellen Amtssprachen Kreol, Französisch und Eng-
schien alles recht normal und so, wie man es aus
lisch sind ein Überbleibsel der bewegten Ge-
Deutschland kannte, aber bereits nach dem ers-
schichte der Seychellen.
ten Patienten stellte ich fest, dass einiges doch
Die Seychelloise sind offenherzige, freundliche
recht improvisiert war. Ich lernte schnell, dass
und weltgewandte Menschen, die ich als sehr
man immer damit rechnen musste, dass nach
zuvorkommend und dankbar kennengelernt
ein paar Patienten irgendetwas kaputtging
habe. Zum größten Teil leben sie vom Touris-
und man den Techniker rufen musste oder
mus, der 70 Prozent des Bruttoinlandsproduk-
auch selbst versuchte, das Problem zu behe-
tes ausmacht. Diese einseitige Abhängigkeit ist
ben. Meist griff der Techniker auch nur zur gro-
nicht nur vorteilhaft, doch allein die geografi-
ßen Klebebandrolle, was sich oft als sehr stabile
sche Lage der Insel verhindert jeglichen Aufbau
Lösung herausstellte. Trotz mancher Improvisa-
einer Exportindustrie.
tion konnten die Patienten gut behandelt wer-
Mein Einsatzziel war ein kleines Medical Cen-
den, da aber weder ein Zahntechniker noch ein
ter auf einer wunderschönen Hotelinsel in der
zahntechnisches Labor vorhanden waren, be-
Nähe von Mahé. Bei der Ankunft fühlte ich mich
schränkte sich die Behandlung auf Zahnerhal-
doch noch ein bisschen wie ein Tourist, denn ich
tung oder chirurgische Maßnahmen.
wurde sehr herzlich und zuvorkommend emp-
Die Patienten waren zum großen Teil einheimi-
fangen. Aber schon nach den ersten Minuten im
sche oder ausländische Hotelangestellte, vom
Medical Center war dieses Gefühl ganz schnell
bangladeschischen Gärtner über den seychelli-
vergangen, denn es wartete eine Menge Arbeit
schen Tauchlehrer, indischen Salesmanager bis
un-plaqued No 20 | 151
Good bye dentist / Leben
hin zu den Kindern des belgischen Hotelmanagers. Internationaler kann man sich seine Patienten kaum vorstellen. Da ich gemeinsam mit meinen Patienten auf der recht kleinen Insel wohnte, hatte sich schnell herumgesprochen, dass eine neue Zahnärztin anwesend war. Mein Bestellbuch wurde noch voller. Die Patienten waren überaus dankbar für meine Mühen und bescherten mir so an jedem Tag ein zufriedenes Lächeln auf dem Heimweg. Ein herrliches Gefühl, welches ich in Deutschland oft vermisst hatte. Die teils unangenehmen und eher undankbaren Patienten, die ich aus Deutschland kannte, gab es auf den Seychellen nicht. Obwohl die Arbeitszeiten durch das prall gefüllte Bestellbuch ein bisschen länger wurden, hatte ich noch ausreichend Freizeit, um die Insel und das Meer zu genießen und am Abend, gemeinsam mit ein paar Hotelangestellten unterschiedlichster Nationalität, ein kühles Getränk am Strand zu genießen. Die entspannte Atmosphäre und die interessanten Gespräche waren unvergleichlich spannend und ein tolle Erfahrung für mich. Gerade nach diesen Wochen auf den Seychellen war der Wunsch, im Ausland zu arbeiten, noch mehr gewachsen. Internationale, freundliche und meine Arbeit schätzende Patienten sind meine persönliche berufliche Wunschvorstellung. Unverändert zieht es mich in die Ferne, und ich warte bereits auf die nächste Möglichkeit, in ein Flugzeug zu steigen und wo auch immer zu arbeiten – vielleicht auch bald für eine längere Zeit. //
152 | un-plaqued No 20
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Good bye dentist / leben
154 | un-plaqued No 20
Good bye dentist / leben
TEIL 2
Alles neu!
Endlich, nach zehn Jahren, bin ich wieder zu Hause in Ulan-Bator, meiner Heimatstadt und Hauptstadt der Mongolei. Es fühlte sich alles so unglaublich beruhigend an, als ich im Hochsommer, Ende Juli, in der sonnigen Mongolei gelandet bin. Die ganze Familie freute sich mit mir über mein erfolgreich bestandenes Examen, ganz besonders mein geliebter Ehemann und meine Eltern. Die stolzen »jungen« Großeltern meiner beiden Söhne, die ich während meines Studiums bekommen hatte, waren und sind eine große Stütze und ein fester Anker für mich.
A
ls Erstes musste ich mich vom ganzen
golei, bei dem die Mongolische Demokrati-
Prüfungs- und Umzugsstress erholen,
sche Partei (MDP) zusammen mit dem Partei-
mich von meiner Familie verwöhnen
enbündnis MVRP/NDP eine Koalition bildet.
lassen und einfach meine Zeit zu Hause bei
Der große Machtwechsel findet dabei prak-
dem guten Wetter genießen. Der mongolische
tisch auf allen zentralen und mittleren Ebe-
Sommer ist eine sehr besondere Jahreszeit
nen der Regierungsstrukturen statt. Auch im
mit unendlich vielen Facetten von Grün und
Gesundheitsministerium und dessen Struktu-
den tausenden aromatischen Düften der Step-
ren erfolgten grundsätzliche Änderungen, die
pe, der Frische der Wälder und Berge, dem
zum Beispiel auch zur Verzögerung von meiner
ewigen Sonnenschein.
Approbationsprüfung für meine Arbeitser-
Meine Freunde hatten eine große Home-Co-
laubnis als Zahnärztin führten. Heute, Anfang
ming-Party organisiert, und ich fühlte mich
2013, warte ich immer noch auf meinen Prü-
unendlich stolz und glücklich, mein Ziel, das
fungstermin. Die Prüfung ist trotz all meines
Zahnmedizinstudium in Deutschland zu ab-
deutschen Fachwissens eine echte Herausfor-
solvieren, erreicht zu haben. Der Sommer da-
derung, da sie sehr auf den mongolischen Cur-
nach war schön, aber wie immer zu kurz. Im
ricula beruht und zu einem Drittel aus Fragen
September startete ich in den Alltag und so-
zu gesundheitsrelevanten Gesetzen und natio-
mit in die mongolische Realität, die ich nur we-
nalen Rahmenbedingungen besteht.
nig oder vielleicht gar nicht kannte. Natürlich war ich in den vergangenen MonaIm Juni 2012 fanden in der Mongolei politische
ten sehr aktiv, das Wort Langeweile kenne ich
Wahlen statt. Wie überall auf der Welt, insbe-
hier nicht. Ich widmete meinen kleinen Söh-
sondere in vielen Entwicklungs- und Schwel-
nen und der Familie und Freunden viel Zeit, es
lenländern, bedeuten politische Wahlen einen
macht mir Spaß eine glückliche Mutter, Ehe-
Regierungswechsel und damit verbundene
frau, Freundin und Tochter zu sein. Gleichzei-
Strukturänderungen der Ministerien und Be-
tig sind in meinem Herzen und Hinterkopf sehr
hörden sowie einen umfassenden Personal-
intensive Gedanken verankert, so schnell wie
wechsel. Die Parlamentswahlen 2012 brachten
möglich meine eigene Praxis zu etablieren und
einen politischen Machtwechsel in der Mon-
endlich meinen Beruf so auszuüben, wie ich es
un-plaqued No 20 | 155
Good bye dentist / leben
mir vorgenommen hatte. Um Zwischenzeit zu überbrücken, habe ich angefangen, bei einem engen Freund und Kollegen in der Praxis zu arbeiten. Hier kann ich derzeit meine Patienten behandeln und professionell beraten. Es ist ein schönes Gefühl, selbstständig zu arbeiten, auch wenn ich weiß, dass es ganz anders läuft als in Deutschland. Trotzdem macht es viel Spaß, endlich zu arbeiten und die dankbaren Menschen zu sehen.
In diesem Zusammenhang meine Bitte: Jede Hilfe und Unterstüt-
Nach meinen aktuellen Informationen befindet sich das mongolische Gesundheitsministerium derzeit im Reorganisierungsprozess, Ende
zung für eine moderne »deutsche« Zahnarztpraxis in der Mon-
Dezember 2012 erst wurden die Fragen, die mit
golei sind willkommen! Sei es in
dem Approbationsprozedere verbunden sind,
Form von Beratungen zu Führung
annonciert. Ich habe mich für die nächsten Prü-
und Management einer Praxis,
fungstermine eingetragen und bin guter Hoffnung und Zuversicht, dass die offiziellen Schrit-
materielle Unterstützung mit Ge-
te bald erfolgen werden. Ich halte euch auf dem
räten und Technik, Instrumenten
Laufenden ...
und Materialien oder auch eine
Eure Onon
Zusammenarbeit vor Ort, verbunden mit dem Kennenlernen der
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Good bye dentist / leben
Zahnheilkunde f체r Pferde TEXT und FOTOS Stefan Had탑i-Longinovic
un-plaqued No 20 | 159
Good bye dentist / Leben
Pferdezahnmedizin ist eine alte Kunst, die bereits 600 Jahre vor unserer Zeitrechnung in China praktiziert wurde. Auch spielt die Kenntnis der Zähne eine bedeutende Rolle bei der Bestimmung des Alters eines Pferdes. In Europa haben die alten Griechen und Römer großes Interesse an Pferdezahnmedizin gezeigt, was zum Beispiel in den Aufzeichnungen von Aristoteles und Vegetius überliefert ist.
D
ie Schriften des griechischen Philosophen und Universalgelehrten Aristoteles reichten von Physik und Philosophie über Theater, Musik, Logik, Ethik, Rhetorik, Politik und Staatswesen bis zur Biologie und
Zoologie. Aristoteles, zusammen mit anderen Gelehrten seiner Zeit, zeigte großes Interesse speziell an parodontalen Erkrankungen von Pferden und ver-
fasste dazu viele Notizen. Im alten Rom veröffentlichte Vegetius seine Schrift zur Pferdezahnmedizin mit dem Titel »Digesta Artis Mulomedicinae« (Die Kunst der Tiermedizin). Pferdezahnmedizin ist eine praktische Kunst, die sowohl zahnmedizinisches Wissen als auch das analytische Vermögen des Veterinärs benötigt. Der praktizierende Arzt muss in der Lage sein, sich mit Diagnose, Prävention und Behandlung von Krankheiten, den Störungen der Zahnhartgewebe, des oralen Weichgewebes sowie des maxillofazialen Bereiches mit den angrenzenden Strukturen zu beschäftigen. Reiten als meine Leidenschaft und Zahnheilkunde als meine berufliche Seite nehmen heute großen Raum in meinem Leben ein. In meiner Arbeitszeit behandle ich zu gleichen Teilen Menschen und Tiere.
Abszess in der Oberlippe eines Pferdes
160 | un-plaqued No 20
Good bye dentist / leben
Ursprünglich inspirierten mich meine Eltern, meinen Traum zu verwirklichen und beides, Human- und Pferdezahnmediziner zu werden. Für sie war Wissen und ein ständiger wissenschaftlicher Fortschritt die Grundlage für jeden Erfolg. Obwohl es in den letzten 13 Jahren schwer und zeitintensiv war, sich einen Namen in der nationalen und internationalen Welt der Zahnmedizin zu machen, ist auch meine Entwicklung noch nicht abgeschlossen und wird es hoffentlich noch lange nicht sein. Für mich ist dieser Weg aufregend, inspirierend und belebend. Während meiner Ausbildung hatte ich die großartige Gelegenheit, unterschiedlichste Vertreter sowohl der Human- als auch der Pferdezahnmedizin in meinem Heimatland Serbien als auch im Ausland zu treffen. Außerdem hatte ich
1
das Glück, an einigen großartigen internationalen Austauschprogrammen teilnehmen zu können. Pferdezahnmedizin erfordert ein hohes Niveau an Motivation, um beste Ergebnisse zu erzielen. Ein Weiterbildungskurs, den ich an der Neuseeländischen Schule für Pferdezahnmedizin absolvierte, brachte mir fortgeschrittenes Wissen im Bereich der Pferdezahnmedizin. Außerdem lernte ich dort Unternehmensführung und Management, was ein wichtiger und integraler Teil für meine selbstständige Arbeit ist. Ich trat in die IAED (International Association of Equine Dentistry) ein und kann so mein Wissen auf den weltweiten Konferenzen aktuell halten
2
sowie mein Netzwerk ausbauen. Die Zertifizierung durch die IAED ist eine wichtige Vorraussetzung für meine geschäftliche Zukunft als Pferdezahnmediziner.
1 Übermäßiger Abnutzung (Atrition) der Zahnhart gewebe an den Frontzähnen eines Pferdes 2 Zahnsteinentfernung am Kamel 3 Zahnmedizinische Untersuchung an einem Esel 3 un-plaqued No 20 | 161
Good bye dentist / Leben
Extraktion eines Milchzahnfragmentes des seitlichen Schneidezahnes 603
Darüber hinaus habe ich mich bei Wohltätig-
tagaus fordern sie meine Ideen, meine Kreativi-
keitsaktionen für Tiere engagiert, zuletzt als
tät, meine Ausdauer und meinen Fokus auf das
Mitglied des Kiwi Care Team in Kairo, Ägyp-
Äußerste voranzutreiben. Ich freue mich auf die
ten, im April 2012. Seit September 2012 bin ich
nächste Phase in meinem Leben, neue Genera-
als Dozent und Lehrer an der New Zealand Equi-
tionen von zukünftigen qualifizierten Pferde-
ne Dentistry School in Hamilton tätig und hel-
zahnmedizinern zu unterrichten und noch mehr
fe, zukünftige Pferdezahnmediziner auszubil-
fachgerechte Hilfe für Tiere mit Zahnproblemen
den. Vor meinen Augen eröffnen sich ständig
zu ermöglichen. //
neue Horizonte und Möglichkeiten. Tagein,
Pferd mit Überbiss
Untypisch gewachsener Eckzahn 304 mit akuter Entzündung der Weichgewebe
162 | un-plaqued No 20
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UN-Plaque your Life / Leben
Das aufregende Leben der
Cassa ndra -M ich ell e
Folge 4: Leben
164 | un-plaqued No 20
UN-Plaque your Life/ leben
32 Leben Könnt ihr euch erinnern? Früher, als ihr noch klein ward? Zuzeiten der Schwarz-Weiss-Fotos war doch die Frage aller Erwachsenen: »Na, watt willste denn ma werden?« Was war eure Antwort? War denn nicht alles möglich? Indiana Jones oder Prinzessin?
I
m Sommer 1986 wollte ich Köchin werden. Ich war bei meinen Großeltern in den Sommerferien, spielte im Garten und eröffnete nach langer intensiver Sandkastenarbeit mein erstes eigenes Restaurant – in tiefster Überzeugung
wollte ich mein Leben der Gastronomie widmen. Ein Jahr später saß ich im Lagerraum einer Bücherei zwischen Bücherbergen und schrieb meine erste Geschichte. Schriftstellerin wollte ich nun werden. Ein aufregendes Leben! Als ich ungefähr 13 Jahre alt war, fragte mich meine Kunstlehrerin, wohin meine Reise gehen soll. Mit tonverschmierten Händen und Farbspritzern im Gesicht antwortete ich: Ich werde natürlich Künstlerin – was für eine Frage. Mit 14 wollte ich Schauspielerin werden, und als ich 15 war, sah ich den Film: »Gorillas im Nebel«. In meinen Zukunftsvisionen zog ich in den Dschungel und lebte wie die junge Dian Fossey mit den Berggorillas im Urwald. Ab 16 wollte ich eigentlich nur noch reich und berühmt werden, erst als Tänzerin im Friedrichstadtpalast, dann als weltbekannte Modedesignerin. Zwischendurch durchlebte ich folgende Phasen: 1.
Archäologin
2.
Psychologin
3.
WWF-Aktivistin
4.
Journalistin und
5.
Rechtsanwältin
Am Ende bin ich nichts von all dem geworden – der kapitalistische Klassenfeind hat mich verführt und in die Fänge der Werbeindustrie getrieben! Ein schlauer Mann sagte mal: »Du lebst nie das Leben, das du eigentlich leben solltest.« Der schlaue Mann hatte recht: Was ist von meinen kühnen Träumen übrig geblieben? Ich rette keine Affen, schreibe keine Bücher und koche keine Fünf-Gänge-Menüs. Ich tanze zwar in glitzernden High Heels durch die Nacht, aber niemand bezahlt mich dafür.
un-plaqued No 20 | 165
UN-Plaque your Life / Leben
Wie ist das jetzt mit dieser berühmten Pralinenschachtel – hatte Forrest Gumps Mom wirklich recht? Na sicher weeß keener, watt drin is, aber irgendwie erkennt man doch schon an der Verpackung, was einen erwartet. Und wenn schon, die unbekannte Pralinenmischung sollte wenigstens schön bunt verpackt sein, oder? Krankhaft fantasielose Erziehungsberechtigte streichen die kleinen Pralinenpackungen ihrer Zöglinge recht schnell und konsequent in leuchtendem Grau, mit Sätzen wie: »Das ist Blödsinn, so ein Quatsch, du spinnst Horst-Kevin, du wirst kein Zauberlehrling!« Eltern schleifen ihre lieben Kleinen lieber zur chinesischen Kindermeditation, als ihnen Impressionen aller Möglichkeiten zu liefern. Kinder sollten das uneingeschränkte Recht auf jeden Blödsinn haben. Aber vielleicht haben wir ja mehrere Chancen auf dieser Welt. Die Laoten sagen, dass jeder Mensch 32 Leben hat – eine tolle Idee. Vielleicht war ich ja schon mal alles: die Köchin, die Schriftstellerin, die Schauspielerin, die Primatenforscherin! Vielleicht sollte ich entspannter mit meinen verpassten Wegen umgehen und mich in Gelassenheit üben. Wenn ich die Victoria's Secret-Models auf fashion TV über den Laufsteg schweben sehe, gönne ich ihnen die 90-60-90 von ganzem Herzen und bilde mir ein, dass sie es in ihrem früheren Leben ganz schwer hatten. Vielleicht waren sie Toilettenfrauen. Dann sehe ich Toilettenfrauen und denke mir, sie könnten in ihrem früheren Leben vielleicht mal Unterwäschemodels gewesen sein. Vielleicht war Angelina Jolie in ihrem früheren Leben Anne Frank und Michael Jackson wurde als Horst-Kevin in Berlin-Lichtenberg wiedergeboren. Vielleicht gibt es ja doch eine ausgleichende Gerechtigkeit? Ich mag diesen Gedanken, also übe ich mich in Geduld. Und wenn es mit dem jetzigen Leben nicht so klappt, dann hat man alle Chancen auf's nächste. Ich hätte schon wieder neue Ideen für mein nächstes Leben: Ich möchte ein Mann sein, ich möchte am Meer wohnen, bilingual aufwachsen, Politik studieren und surfen können. Ich frage mich, wie viele Leben ich noch vor mir habe, vielleicht ist dieses das letzte? Was dann? Zum Glück weiß ich das nicht und lasse mich überraschen. Das ist so ähnlich wie der Gang zum Zahnarzt, wenn ich nicht weiß, ob gebohrt werden muss. Ich hab eine Ahnung, aber mehr auch nicht. Liebe Gemeinde, meine Mutter sagt immer: »Man muss im Leben alles mal probieren, wenn es einem nicht schmeckt, kann man es immer noch ausspucken.« (Sie bezog sich hierbei auf den Verzehr von Harzer Käse). Ich rufe auf zu mehr Mut – und vergesst eure Träume nicht! Erklärt eurem Verstand nicht jede Entscheidung, die euer Herz trifft. Wenn euch jemand ärgert, seid beruhigt und verlasst euch auf die ausgleichende Gerechtigkeit der Laoten. Und wenn ihr jemanden ärgert, seid lieber vorsichtig ... mal abgesehen von Zahnärzten, die machen nur ihre Arbeit. Aua. Eure Cassandra-Michelle 166 | un-plaqued No 20
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UN-Plaque your Life / Leben
Musik, Harmonie und Angst – oder wie ich lernte, im Zahnarztsessel sitzen zu bleiben
Text Thomas Weigel
Wer bin ich? Musiker, DJ, Unternehmer, Weichei ... Warum Weichei? Das kann ich ganz klar sagen, denn ich hasse es, zum Zahnarzt zu gehen. Ich mag dich nicht, du Zahnbohrer, du machst mir Angst ...
W
arum habe ich Angst? Du
wenn ich bereits in scheinbarer Fes-
fummelst in und an mei-
selung auf dem Behandlungsstuhl
nem Kopf herum, hast ko-
liege. Mir ist sehr bewusst, warum
mische Geräte, die Schmerzen verur-
wir Patienten liegen müssen; das Ar-
sachen und mir das Gefühl geben,
gument der Arzt hätte einen besse-
ein Güterzug rattert durch meinen
ren Blickwinkel, ist nämlich eine
Kopf, und dann erzählst du mir auch
Lüge – damit wird lediglich verhin-
noch: »Das tut doch nicht weh« oder
dert, dass ich wegrenne.
»Es ist doch gleich vorbei«. Du malträtierst die »Amygdala« in meinem
Wie kann ich mich austricksen und
vorderen Temporallappen, und ich
meinen von Serotonin und Adrenalin
will nur noch weg. Dieser Fluchtge-
gefluteten, zur Flucht bereiten Kör-
danke stellt sich auch nicht erst ein,
per in den Griff bekommen? Ich höre
DMF.
distal
)(
k 22 rw
x
k 22
UN-Plaque your Life / Leben
Musik oder Hörspiele über mein
die Wirkung auf unser Gehirn und
Telefon, und die Behandlung ist kei-
Gedächtnis ist wissenschaftlich und
ne Bedrohung mehr für mich. Die-
auch persönlich betrachtet unbe-
ser Effekt ist unmittelbar und sofort
streitbar. Speziell in Stresssituatio-
wirksam, die vertrauten Klänge be-
nen ist der Effekt von Musik spürbar
ruhigen mich, und meine Belastbar-
existent.
keit bezüglich meiner Angst- und Schmerzgrenze scheint zu wachsen.
Es gibt Tage beim Zahnarzt, an denen
Ich ertrage es nicht nur, mich in dei-
ich das Gefühl habe, der Ton sitzt so
ne Hände zu begeben, beim letzten
unmittelbar auf dem Zahn, dass mei-
Mal bin ich sogar eingeschlafen.
ne tonale Toleranzgrenze sich gen null neigt. Ganz schlimm ist es, hohe
Angst-Patient-Zahn-Musik-Harmo-
Töne mit Zahnschmerzen in Verbin-
nie-Ruhe? Pseudowissenschaftli-
dung zu bringen. Andererseits gibt
ches Halbwissen enttarnt mich in
es anscheinend Klänge und Melo-
diesem Fall als Nichtakademiker,
dieformen, die sich enorm beruhi-
und somit könnte ich mir die Finger-
gend und förderlich auf meine inne-
kuppen blank tippen, es würde kein
re Balance auswirken. Wie kann das
authentisches Licht auf mich wer-
sein? Ich erkläre es mir mit dem Prin-
fen. Ich lasse es und erkläre es mit
zip der Schwingung, der Oszillation.
meinen Worten. Für mich persön-
Alles schwingt, mein Körper, mein
lich gehören Musik, Harmonie/Dis-
Zahn, mein Gehirn, die Musik. Allei-
harmonie und Wohlbefinden/Angst
ne die Schwingung erzeugt die Rea-
untrennbar zusammen und verur-
lität und somit unseren Körper- und
sachen eine starke Wechselwirkung
Wesenszustand.
im Positiven wie auch im Negativen.
Wenn ich mich nun aufgrund ei-
Musik ist ein Bindeglied in fast al-
nes Angstgefühls oder Unwohlseins
len Bereichen unseres Lebens, und
in der Phase meiner Schwingung
un-plaqued No 20 | 169
UN-Plaque your Life / Leben
verschiebe, entsteht ein Ungleichge-
Ich schaffe es sogar, meine Töchter
wicht. Dieses Ungleichgewicht kann
mitzunehmen und den Besuch beim
ich spürbar greifen, und die Symp-
Zahnarzt als Highlight hinzustellen,
tome sind nicht alleine der Fluchtge-
denn da laufen immer so tolle Filme
danke, sondern ebenso körperliche
auf Monitoren, und die Musik ist so
Zustände wie Angstschweiß, nervöse
entspannend. Wellnessurlaub in der
Zuckungen und alle anderen Spielar-
Zahnarztpraxis.
ten des Körpers, mich auf die verlagerte Balance hinzuweisen.
Ich frage mich, welche Melodien und
Seit kurzer Zeit hat mein Zahnarzt
Klänge funktionieren denn in die-
seine Praxis mit modernen Multime-
sem Zusammenhang. Die Antworten
diasystemen ergänzt. Plätschernde,
fallen eher schwammig aus: Alles was
sphärische Klänge und »The Mamas
dem Patienten gefällt, kann zu inne-
and Papas« zu Walkühen im Ozean,
rer Gelassenheit beitragen.
Bären in der Wildnis und Pinguinen
Du kannst mich also austricksen,
auf den Klippen der Eisberge. Toll,
mein lieber Zahnarzt, dass ich nicht
ich fühle mich zwar ein wenig degra-
mehr abhauen möchte und meine
diert, Kinderprogramm vorgespielt
Termine einhalte. Gib mir schöne Mu-
zu bekommen und Spa-Musik zu hö-
sik, wenn ich zu Dir komme, heitere
ren, doch der Weg ist das Ziel. Plötz-
und unaufdringliche Melodien, mal
lich bin ich deutlich entspannter,
einen Oldie und dann wieder etwas
wenn ich die heiligen Hallen betrete.
Tagesaktuelles wie Lana del Ray. Ein-
Ich fühle mich visuell und auditiv in
fach gute Musik. Ich möchte ernst ge-
meine Kindheit zurückversetzt, und
nommen werden in meiner Angst und
das scheint zu wirken. Nicht alleine
dem Bedürfnis, beruhigt zu werden.
Gerüche sind in unserem Gedächtnis
Dann klappt es auch mit mir, und ich
fest gemeißelt, auch gewohnte, ver-
komme gerne wieder.
traute Melodien, und diese beruhigen anscheinend nicht nur mich.
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Herzlichst, dein Weichei //
UN-Plaque your Life / Leben
MUSIC IN THE
BOX
APPARAT »KRIEG UND FRIEDEN« MUSIC FOR THEATRE
Für Sascha Ring a.k.a. Apparat ist Klangforschung auch immer Gefühlserkundung. Auf sieben Alben und diversen Maxis hat der aus Quedlinburg in Sachsen-Anhalt stammende, in Berlin lebende Lockenschopf einen unglaublich facettenreichen und emotionalen musikalischen Kosmos entwickelt.
TEXT Ingmar Dobberstein · FOTO anna.k.o.
I
nternational bekannt wurde Sa-
Bei den ersten Treffen mit dem Regis-
scha durch sein Album, »Walls«
seur stellte sich heraus, dass es nichts
(2007). Indem er seiner Stimme ei-
gab, was einem Script oder Drehbuch
nen größeren Raum gab, brachte er
gleichkam. Es ist Teil Hartmanns Ar-
FRIEDEN
zum ersten Mal Song und Groove in
beitsweise, den Text erst in den Pro-
(MUSIC FOR
ein Gleichgewicht. Nicht weniger
ben mit dem gesamten Ensemble zu
THEATRE) //
Aufsehen erregten Kollaborationen
erarbeiten. Sascha kommentiert:
erschienen am
mit Ellen Allien (»Orchestra of Bub-
»Bei einem Album wäre das so, wie
15.02.2013 via
bles«) und Modeselektor (als Mode-
wenn die Band nur mit einem Kon-
MUTE/GOODTOGO
rat). 2010 gründete er schließlich die
zept oder einer Idee im Hinterkopf
Apparat Band, um sich einem neuen,
anfängt zu jammen. Hartman sagte
akustischen Klangspektrum zu öff-
dazu nur: ›Lies das Buch durch und
nen, das er als Album »The Devil’s
guck, was passiert. Wir sehen uns bei
Walk« 2011 veröffentlichte.
den Proben …‹ Ich habe den Roman
APPARAT // KRIEG UND
mit nach Thailand genommen und da Krieg und Frieden
jeden Tag fünf Stunden gelesen und
Im Frühling letzten Jahres stellte Sa-
fünf Stunden Musik gemacht. Ich war
scha sich einem ganz neuen Betäti-
auf dem Krieg-und-Frieden-Trip.«
gungsfeld: dem Theater. Der Regis-
Im Anschluss verbrachte Sascha vier
seur Sebastian Hartmann, der als
Wochen in der eigens für die Proben
einer der großen Innovatoren des
angemieteten Fabrikhalle mit dem
deutschsprachigen Gegenwartsthea-
gesamten, dreißigköpfigen Ensem-
ters gilt, lud ihn ein, an einem Mam-
ble. Sascha: »Mit konventionellem
mutprojekt mitzuarbeiten: Tolstois
Theater hat das nichts zu tun. Da wird
Roman »Krieg und Frieden« sollte
ein Raum geschaffen, in dem ein Hau-
für die Ruhrfestspiele in Reckling-
fen von Freaks freidrehen kann. Das
hausen als Theaterstück umgesetzt
fängt beim Licht an und hört bei den
werden.
Schauspielern auf. Nachts haben wir
172 | un-plaqued No 20
UN-Plaque your Life/ leben
Apparat ist derzeit auf DJ Tour mit Shows in Japan und Ägypten. Eine Konzerttour zu »Krieg und Frieden« ist in Vorbereitung. Sein kürzlich im Boiler Room gespieltes Set ist über untenstehenden QR Code zu erreichen.
dann in der leeren Halle an der Mu-
Christoph Hartmann, fanden, dass
sik gearbeitet. Das war auch ein biss-
das Material noch nicht ausgeschöpft
chen magisch.«
sei. Wunderschöne Motive tauchten in der Inszenierung nur für ein paar
Die zweite Überraschung war, dass
Sekunden auf. So ging das Trio für
Sascha seine Musik live spielen soll-
eine Woche ins Studio und ließ sich
te. Sascha ist alles andere als eine
treiben: »Dort hat das Material noch
Rampensau. Bei dem Gedanken, Be-
mal einen Twist bekommen, hin zu ei-
standteil einer Theaterinszenierung
nem Stück Musik. Diese Aufnahmen
zu werden, wurde ihm mulmig. So
habe ich dann überall, wo ich gerade
platzierte ihn Hartmann an den Rand
war – zu Hause, im Hotelzimmer, im
der Bühne, nicht als Teil des Gesche-
Flugzeug – aufgeräumt«, beschreibt
hens, aber immer in der Lage, auf
Sascha.
das Geschehen einzugehen. Für Sascha war das eine ganz neue, aber äu-
»Krieg und Frieden« (Music for The-
ßert ergiebige Erfahrung: »Ich habe
atre) ist kein Soundtrack, der bei al-
gelernt, mich zurückzunehmen. Frü-
ler Schönheit doch nur Teil eines um-
her war ich ganz alleine, dann in der
fassenderen Werks ist. Sascha ist mit
Band. Aber ich konnte mich immer
diesem Album wieder eine Punktlan-
komplett ausleben. Beim Theater
dung gelungen: ein Trip voller wun-
war ich nur Teil von etwas viel Grö-
derschöner Apparat-Momente auf
ßerem.«
einer anderen Bühne. Das Cover Art-
apparat.net
work stammt von dem Leipziger bilEigentlich sollte das Projekt mit der
denden Künstler Tilo Baumgärtel,
letzten Aufführung abgeschlossen
der gemeinsam mit Sebastian Hart-
sein. Eine Veröffentlichung war nicht
mann auch das Bühnenbild der The-
geplant. Er und die anderen Musiker,
aterproduktion gestaltete. //
der Cellist Philipp Timm und Violinist
boilerroom.tv
un-plaqued No 20 | 173
UN-Plaque your Life / Leben
Wusstet Ihr schon? … dass der DentalNavigator ist eine interaktive Applikation für das iPhone und iPad ist, mit deren Hilfe Zahnärzte ihre Patienten über verschiedene Behandlungsmethoden informieren können? Eine Besonderheit sind die interaktiv steuerbaren 3D Animationen in Echtzeit, die sich vom Anwender einfach über das berührungssensitive Display steuern lassen. Der menschliche Schädel ist um 360° drehbar und mittels der Zoomfunktion des iPads skalierbar, um die Bewegungen des Unterkiefers und der Kondylen näher betrachten zu können. Der DentalNavigator ist modular aufgebaut und bietet derzeit Themen wie »Okklusionsprüfung«, »Implantologie« und »Interaktiv steuerbare Kieferbewegungen« an. Jetzt erhältlich sind die neuen Module »Kronen und Brücken«, »Endodontie und Füllungen« sowie »Inlays/Overlays«, die hochwertige 3D-Videos und -Animationen enthalten und dazugehörige Produkte und Anwendungen zeigen. Die Grundmodule »Interaktiv steuerDr. Jean Bausch GmbH & Co. KG
barer 3D-Schädel« und »Bausch Okklusionsprüfmittel«
bauschdental.de
sind kostenfrei im Apple AppStore erhältlich.
… dass eine gute Fortbildung nach dem Studium ein entscheidender Grundpfeiler für die spätere erfolgreiche Tätigkeit in eigener Praxis ist? Deshalb bietet die DGÄZ – die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde, einer der großen wissenschaftlichen Gesellschaften innerhalb der DGZMK, eine spezielle Fortbildungsmöglichkeit an, um sich frühzeitig weitergehende Kenntnisse über ästhetische und funktionelle Aspekte bei der zahnärztlichen Behandlung anzueignen. Das »StarterKit Ästhetik und Funktion« ist das erste strukturierte Curriculum für fortgeschrittene Studierende und junge Assistenten/-innen, um bereits während des Studiums oder in der Frühphase der anschließenden Assistenzzeit eine hochwertige und strukturierte Ausbildung im Bereich der ästhetischen und funktionellen Zahnheilkunde zu erlangen. Die DGÄZ ist stolz auf den Erfolg des Curriculums und wird die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Studierenden und Assistenzzahnärzten und –zahnärztinnen weiter vorantreiben!
Mehr Informationen zum Fortbildungs
Ihr Prof. Dr. mult. Robert Sader, Präsident der DGÄZ
174 | un-plaqued No 20
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UN-Plaque your Life/ leben
... dass man in Australien und Norwegen am besten lebt? Dass die Work-Life-Balance in Dänemark am ausgewogensten ist und die Schweizer ihre allgemeine Lebenszufriedenheit sehr hoch einschätzen? Zu diesem Schluss kommt der Better Life Index der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Das Besondere des Indexes: Neben materiellen Daten wie Einkommen und Größe der Wohnung fließen auch weiche Faktoren in die Bewertung mit ein, z.B. die Einschätzung der persönlichen Lebenszufriedenheit, der Gesundheitszustand sowie das ausgewogene Verhältnis von Arbeit und Freizeit. Wenn ihr Lust habt, eure eigenen Lebensbedingungen mit denen von Menschen aus anderen Ländern zu vergleichen, bietet die Website zum Better Life Index die Möglichkeit, verschiedene Faktoren des Lebens miteinander ins Verhältnis zu setzen und selbst seine Prioritäten festzulegen.
oecdbetterlifeindex.org
... dass Delfine nur mit einer Gehirnhälfte schlafen und dabei ein Auge offen halten, um gegenseitig auf sich aufzupassen? Und dass das Faultier, dem Namen nach ein träges, phlegmatisches Wesen, sich mit 15 Stunden Schlaf begnügt, wohingegen sich die Braune Feldermaus an die 20 Stunden Ruhe gönnt. Das andere Extrem zeigen dagegen die Huftiere aus Afrika. Während die Giraffe mit 1–2 Stunden schon beeindruckt, hält ihre kleine Schwester, das Okapi, den Rekord: es liegt zwar einige Stunden herum, die eigentliche Tiefschlafphase dauert allerdings nur 30 Sekunden, auch wenn sich diese zehn Mal pro Nacht wiederholt. Und die Menschen? So unterschiedlich wie die Tierwelt – Napoleon schlief angeblich maximal vier Stunden, Albert Einstein dagegen 14. Vielleicht sollte man sich an die goldene Mitte halten, denn schon Immanuel Kant sagte: »Drei Dinge helfen, die Mühseligkeiten des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.« //
tierchenwelt.de
un-plaqued No 20 | 175
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176 | un-plaqued No 20
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