unclesally*s 152

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Dez./Jan. 09/10 / Ausgabe 152„Meine Mum hat mal ein Kochbuch geschrieben.“ (R. Batmanglij/ Vampire Weekend)

PETER FOX Adam Green / Vampire Weekend / 30 Seconds To Mars Devendra Banhart / Die Toten Hosen / Hello=Fire Get Well Soon / These New Puritans / Im Test: The XX

Kino

13 SEMESTER

Advent, Advent

DER GROSSE KALENDER

Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs



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EDITORIAL

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EDITORIAl Sieht so aus,

als würde 2010 das Jahr der Veränderungen. Tiefe Einschnitte stehen bevor, für alle. Ampeln zum Beispiel schalten ungefragt von rot zu gelb zu grün. Das Wetter wechselt von mal so zu so und zurück zu mal wieder so oder so. Die Dorfstraße von Brenschow wird im Teilstück zwischen Hausnummer 7 und Hausnummer 12b zunächst von der Einbahn- zur Zweibahnstraße und später zur Sackgasse. Nur Anwohner mit einem Jahreseinkommen von Hartz IV vor Ebit und Cebit dürfen bleiben, der Rest wird enteignet und nach Baden Baden zwangsumgesiedelt – es sei denn, man ist Nichtschwimmer. Auch privat geht 2010 einiges: Hausstaub wird zum Bodenschatz ernannt, jeder VW-L-Student fährt Hackenporsche und Tarotfreunde können sich beim Gläserrücken die Karten legen. Nur in der Liebe bleiben alle beim Alten, obwohl der schon seit Jahren keinen Fall mehr gelöst hat. Aber das soll heute nicht Thema sein. Thema heute ist nämlich: das Tier. Das Tier ist ein lustiger Geselle, der seinem Besitzer viel Freude bereitet. Ein Tier kann lachen, hüpfen, Skat und es stirbt meistens früher als man selbst. Manche Spezies ist so devot unterwegs, dass sie ihrem Herrchen und Frauchen aus dem Käfig heraus Luftküsse zupustet oder Welpchen wirft, in der sicheren Gewissheit, dass ihre Brut so einen Wurf nur selten überlebt. Was aber, so frage ich euch, hat das Thema mit dieser Ausgabe zu tun? Genau: Nichts. Dachte nur gerade dran. Müsste mal wieder zu meiner Katze, glaube ich.

Für alle, die noch nicht so recht wissen, wem sie was zu Silvester schenken sollen, für den haben wir in der Mitte dieser Ausgabe eine Doppelseite mit Spitzengewinnen geparkt. Ihr könnt euch von den Superpreisen natürlich auch gerne nur inspirieren lassen. Schließlich gilt Nächstenliebe in krisenfesten Zeiten wie diesen immer noch als höchstes Gut. Und heuer, da wo jeder nur an Hausse und Baisse denkt oder Opels kauft, ist so ein Appell an die Zwischenmenschlichkeit wichtiger als wie denn je! Gebet und teilet! Alles klar, Leute? Gut! Ich muss jetzt erst mal zum Golfen. Wie so selten an dieser Stelle noch ein Hinweis darauf, dass wir mal wieder Dezember haben und im nächsten Monat Januar, was bedeutet, dass wir uns erst im Februar wieder in die Arme nehmen können. Bis dahin gut Holz und ein gut gemeinter Rat nach Gießen: Hört auf mit dem Blei. (Smoke) Flo


INHALT

No. 152 – Dez. 09/Jan. 10

Musik: Seite 11

Musik: Seite 26

Kino: Seite 40

Vampire Weekend

ADVENTSKALENDER

13 SEMESTER

Das Ethno-Pop-Quartett aus New York strebt nach Höherem: Nachdem das selbstbetitelte Debüt vor rund zwei Jahren für ordentlich Feuer in den Charts sorgte, folgt mit „Contra“ nun der Nachschlag. Wir haben uns die Kollegen mal vorgeknöpft. Danach könnt ihr kochen.

Wer keinen Schlosser zu Hause hat, kann bei uns das Türen öffnen lernen. Unter sallys.net hagelt’s jeden der ersten 24. Dezembertage ein paar saftige Preise zum Abräumen und sich inspirieren lassen. Klopft mal an.

Momo (Max Riemelt) ist einer dieser Studenten, der es trotz ausgiebigen Nachtlebens noch schafft, die Uni als das zu nehmen, was sie ist: Ein Vollzeitjob. Warum Frieder Wittichs neuer Film „13 Semester“ trotzdem lustig geworden ist, erklärt Schauspieler Max Riemelt im Interview.

Grafik: Sandra Leyendecker

06 Starter 06 Gluecifer/ Sick Of It All 07 Fall Out Boy 08 Adam Green 10 Euer Ding

31 Mixtape: THESE NEW PURITANS These New Puritans sind lustige Typen: Schmücken ihren Industrial-Indie mit Elektro-Schlagzeug, Flügelhorn oder Obst. Uns war klar: Die Jungs müssen ins Mixtape.

Foto: Sight Of Sound

32-34 Musik Stories II 16 Titel: PETER FOX Nach dem ungeahnt flächendeckenden Mega-Erfolg seines Projekts Peter Fox ist Pierre von Seeed nun auf dem Rückzug von seiner Solokarriere. Die Live-DVD „Live Aus Berlin“ bannt den Alarm nochmal eindrucksvoll fürs Heimkino.

12 Auf Achse mit Turbostaat Neulich in Hamburg: Turbostaat erholen sich von den Aufnahmen zum neuen Album mit Tee, Kuchen und Xbox 360. Entspannen wie die Profis.

20-25 Platten Von 30 Seconds To Mars über alle neuen DVDs bis hin zu Vampire Weekend ist diesmal alles dabei. Auch schick: das Demodesaster

14 Musik Stories I

Get Well Soon/ Final Fantasy Immanu El/ Everything Everything Elyjah/ Band Of Skulls 30 Seconds To Mars

35-39 Auf Tour 35 Konzertfotos Of Death/ Deichkind 37 Die Toten Hosen 38 Auf Tour

40-45 Kino 40 Bright Star 41 Die Tür 42 Soulkitchen/ Same Same But Different/ Das Kabinett 43 Kino Shortcuts 44 Kino DVDs

Der Rest

14 The Rumble Strips 14 Hello=Fire

46 48 49 50

15 Auf der Couch: William Fitzsimmons Heute drehen wir den Spieß mal um: Nicht der Künstler kommt auf die Couch - der Künstler IST die Couch. Oder anders gesagt: Es hagelt wertvolle Psychotipps von Fachmann William Fitzsimmons, der wo gelernter Psychologe ist.

32 33 33 34

28 Im Test: The XX Auch schon mal verlassen worden? Hier steht, ob ihr auch in der Trennung eine gute Figur abgebt.

Computerspiele Comics Hör-/Bücher Impressum/ Vorschau/ Screenshots

Ach ja, die nächste Ausgabe kommt erst im Februar - bis dahin wünschen wir Euch allen fröhliche Weihnachten und ein spitzenmäßiges 2010!



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Neuigkeiten Heute auf: Lettisch MIRUŠI CILVEKI UN IEVAINOTI CILVEKI (Tote und Verletzte)

LOS CAMPESINOS!

Was da wohl vorgefallen ist? Die Band wurde wegen vollständiger Infektion mit der Schweinegrippe unter Quarantäne gestellt. Offenbar ist man sich sehr nahe.

MASERATI/!!!

Gerhardt Fuchs, der Schlagzeuger von Maserati und !!! (Chk Chk Chk), verletzte sich tödlich bei der Befreiung aus einem stecken gebliebenen Fahrstuhl. Er stürzte fünf Stockwerke in die Tiefe und erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen.

MORRISSEY

Ein kurzweiliges Tief sorgte für den Abbruch eines Morrissey-Konzertes in Swindon. Der Musiker musste seinen Auftritt wegen eines Schwächeanfalls vorzeitig beenden. Wenige Tage später zitierte er sich selbst und legte sich bei einem Auftritt in der Royal Albert Hall für ein paar Minuten auf den Bühneboden, bevor er loslegte.

RIVERBOAT GAMBLERS

Schwere Verletzungen erlitt Ian McDougall, Gitarrist der Riverboat Gamblers, als er auf dem Fahrrad von einem Auto angefahren wurde. Unter anderem sind ein Handgelenk und eine Hüfte gebrochen. McDougall befindet sich bereits auf dem Weg der Besserung, seine Bandkollegen haben zur finanziellen Unterstützung ein Spendenkonto

eingerichtet, damit Ian seine Krankenhausrechnung möglichst schnell abbezahlen kann. Spenden via PayPal an: ian.gambler@gmail.com

SLAYER

Da hat er sich wohl auf der Schlachtbank verhoben: Slayer müssen alle Termine ihrer aktuellen Europatour auf März verschieben, da Frontmann Tom Araya unter einer Verletzung der Wirbelsäule leidet, die noch nicht vollständig auskuriert ist. Bevor Araya wieder fit ist, will die Band kein Risiko eingehen.

ATDALIŠANAS UN PARTRAUKUMI

(Trennungen und Pausen) BLOC PARTY

Offiziell haben sich Bloc Party in den Ruhezustand versetzt, Gerüchte hinsichtlich ihrer Zukunft haben Hochkonjunktur. Nun heißt es, dass Frontmann Kele Okereke mit den HipHoppern von Spank Rock an einem Soloalbum arbeite.

FALL OUT BOY

Der atomare Regen war zu stark: Fall Out Boy gehen in eine unbestimmte Pause, begleitet von einem Greatest Hits-Album.

THE RAKES

Ordnung ist wieder in. Die „Wüstlinge“ bliesen ihre Tour ab und lösten sich auf. Man habe nicht mehr zu 100% hinter der Band gestanden, heißt es.

IM STUDIO: SICK OF IT ALL

die geschichte hinter dem song

Heute mit: Captain Poon (EX-GLUECIFER)

Für die Aufnahmen ihres neuen, noch unbetitelten Albums hat es die Hardcore-Legende Sick Of It All nach Dänemark verschlagen. Die Koller-Brüder luden zum Prelistening der neuen Songs in die Kopenhagener Antfarm Studios, wo sie nicht nur ausführlich Rede und Antwort zum neuen Werk standen, sondern drei Fans noch die Möglichkeit schenkten, Teil des Nachfolgers zu „Death To Tyrants“ zu werden. Unter Aufsicht von Produzent Tue Madsen und freundlicher Anleitung der Bandmitglieder wurden sowohl die Gewinner der MySpace-Verlosung als auch die anwesenden Journalisten in die Aufnahme der Backups zu zwei Songs mit einbezogen. In der nächsten Ausgabe folgt ein ausführliches Interview mit der Band, die selbst im Wandel der Zeit aktueller ist als je zuvor.

DALIBNIEKU MAINA Ein neuer Frontmann ist als Ersatz für den ausgestiegenen Aydo Abay gefunden, man hat bereits neues Material geschrieben und peilt das Studio an. Um wen es sich handelt, wurde noch nicht kommuniziert.

THE XX

PULP

Der schnelle Erfolg hat Baria Quereshi offenbar überholt. Die Gitarristin von The XX litt während der Tour unter Erschöpfung und musste zeitweilen aussetzen. Mittlerweile ist sie komplett ausgestiegen, die Band wird fortan als Trio weitermachen.

Anlass zur Freude haben die Fans von Pulp, kündigte die Band um Jarvis Cocker doch einen Wiedervereinigungsauftritt auf dem kommenden Glastonbury-Festival an. Die Begeisterung sollte sich jedoch in gesunden Grenzen halten, denn Cocker dementierte bereits eine darüber hinausgehende Reunion.

JAUNI PROJEKTI UN ATKALAPVIENOŠANAS

SUBLIME

BLACKMAIL

Der Song: „God’s Chosen Dealer“

„Der erste Gluecifer-Song überhaupt hieß ’God’s Chosen Dealer’. Einen Typen, mit dem unser Sänger Biff Malibu die Schulbank drückte, nannten wir Mortis. Mortis war seit frühesten Teenagertagen schwer drogenfixiert und komplett drauf - lange bevor wir überhaupt wussten, wie man Alkohol buchstabiert. Mit 17 erbte er eine Menge Geld und investierte seinen Reichtum natürlich umgehend in Dope. Allerdings war er zu stumpf, um aus seinen Drogen-Kilos ein bisschen Profit zu schlagen und verbrauchte das Zeug im Alleingang. Eines Tages offenbarte er uns, dass er erleuchtet und von Gott persönlich zum ’auserwählten Dealer’ ernannt worden war. Sein Plan war simpel: Er würde allen Dope-Köpfen ihre ganz persönliche Dosis besorgen, und wenn die kein Geld hatten, bekamen sie ihr Gras eben umsonst. Kein Wunder, dass Mortis zum beliebtesten Mitschüler seiner Schule aufstieg, allerdings wurde er so auch ein leichtes Opfer für die Polizei. ’God’s Chosen Dealer’ wurde nach seiner kurzen Karriere erst mal für zwei Jahre weggeschlossen und kam als erleuchteter Christ aus dem Knast zurück. Da war Mortis mit den Drogen wohl noch besser dran…“ Heimat: bloodlights.com Auch gut: „Simple Pleasures“ – das neue Bloodlights-Album (ab Februar) & „B-Sides & Rarities“ – das Best Of von Gluecifer

OASIS

Nach dem Aus einer der größten britischen Bands der Vergangenheit haben die GallagherBrüder nun jede Menge Zeit, sich zum einen aus dem Weg zu gehen und sich zum anderen mit neuen Perspektiven zu beschäftigen. So strebt Noel Gallagher in die Solo-Richtung, während Liam in Zukunft in einer neuen Band singen will. Harren wir der Dinge.

(Mitgliederwechsel)

(neue Projekte und Wiedervereinigungen) GORILLAZ

Verstärkung erhalten die Masterminds der Gorillaz durch Comic-Autor Alan Moore („Watchmen“), der gemeinsam mit Damon Albarn und Jamie Hewlett an neuem Material arbeitet. Worum es sich dabei konkret handelt, wurde nicht verraten. Möglicherweise geht es um ihr neues Opern-Film-Performance-Projekt „Carousel“.

Nach dem Tod ihres Sängers Bradley Nowell 1996 aufgelöst, wollten sich die übrig gebliebenen Sublime-Mitglieder Eric Wilson und Floyd Gaugh eigentlich nun zusammen mit Rome Ramirez wieder unter dem Sublime-Banner vereinen. Allerdings muss das Trio einen anderen Namen finden, da der Nachlassverwalter der Familie Nowell mit Hilfe eines Gerichtsbeschlusses die Nutzung von „Sublime“ verbieten ließ.

FUTUREHEADS

Nicht nur namentlich bringt sich Drummer Dave Hyde von den Futureheads in das Projekt Hyde


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And Beast ein, das er mit Neil Basset von den Golden Virgins gegründet hat. Musikalisch wollen die beiden den Spuren von Velvet Underground und The Band folgen. Wann das Debütalbum auf seine Hörer treffen wird, steht noch nicht fest.

WIZO

Fünf Jahre nach der Abschiedstour wird das deutsche Punkrock-Urgestein Wizo im kommenden Jahr wieder auf den Bühnen poltern. Die Band meldet sich auf ihrer Webseite zurück und kündigt für 2010 neue Auftritte und ein Album an. Neues Mitglied der Band ist Thorsten Schwämmle, der Jörn Genserowski am Bass ersetzt.

IERAKSTI (Platten)

AGAINST ME!

Der frisch gebackene Papa Tom Gabel und seine Kollegen veröffentlichen im Frühjahr den mit „White Crosses“ betitelten Nachfolger zum HitAlbum „New Wave“. Mehr dazu in Kürze.

HOT CHIP

Heiß und fettig wird es wieder im Februar, wenn mit „One Life Stand“ das neue Album der fünf Briten erscheint.

FEAR FACTORY

Nach fünfjähriger Abstinenz lassen Fear Factory wieder von sich hören. Das siebte Studioalbum „Mechanize“ erscheint im Februar.

KYTE

„Science For The Living“ kommt im Frühjahr. Ein Video zum Entstehungsprozess ist unter www.myspace.com/kyteband hübsch anzuschauen.

LIGHTSPEED CHAMPION

„Life Is Sweet! Nice To Meet You“ ist das zweite Solowerk von Lightspeed Champion alias Dev

Hynes, dem Ex-Frontmann der Test Icicles. Im Februar zu hören.

LIMP BIZKIT

2010 soll auch das Jahr eines neuen Albums von Fred Durst und seinen reformierten Limp Bizkit werden. Durst soll die Gesangsparts im heimischen Wohnzimmer aufgezeichnet haben.

LOS CAMPESINOS!

Im Februar erwartet uns „Romance Is Boring“, das vierte Album der sieben die Schweinegrippe überlebenden Waliser.

LOSTPROPHETS

Das bereits seit April fertig gestellte fünfte Studioalbum der Lostprophets, „The Betrayed“, wurde nun mit einem Veröffentlichungstermin markiert. Im Januar wird es das Licht der Welt erblicken.

THE MAGNETIC FIELDS

„Realism“ soll Ende Januar erscheinen. Ganz real.

MOTORPSYCHO

Ein Griff in den norwegischen Obstgarten: „Heavy Metal Fruit“ wird als Nachfolger des noch recht frischen Albums „Child Of The Future“ zu Beginn des Jahres erwartet.

MOTÖRHEAD

2010 werden auch Lemmy und seine Freunde in die dunkle Kammer verschwinden, um ihre 21. Schallplatte aufzunehmen.

MY CHEMICAL ROMANCE

Demnächst werden die letzten Schleifarbeiten am neuen Album von My Chemical Romance durchgeführt. Im Frühling ist mit dem ersten Werk der Band zu rechnen, das nicht streng einem festen Konzept folgen und klingen soll wie die Hives.

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DIE MONATSMALER

Foto: Erik Weiss Foto: Mandy Buchholz

Weihnachtssterne basteln mit Pete Wentz (FALL OUT BOY) Nach einer ausgedehnten Partynacht war Fall Out Boy-Aushängeschild Pete Wentz noch immer „festlich“ gestimmt. Also nutzten wir den Schub Restalkohol, um uns von ihm einen Weihnachtsstern basteln zu lassen. Erstaunlich, wie sicher seine Hand die Schere führt...

Schwarz wie das abgesaute Augen-Make-Up vom Vorabend und mit vier niedlichen Herzen in der Ecke (Anfängerglück!), präsentiert Pete seine selbstgebastelte Weihnachtsdeko. Auch wenn das kinderliebe Engelchen auf unserer Schulter bettelte, ihm das Ding für den kleinen Bronx Mowgli Wentz mit nach L.A. zu geben, sagte unser innerer Weihnachtsonkel: Lasst das Teil signieren und verlost es auf sallys.net! Wisst ihr Bescheid.


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Moon gesichert, der schon mit R.E.M., Bloc Party, The Arcade Fire und vielen anderen drehte. Das schwarz-weiße Ergebnis seiner Kollaboration mit den Post-Rock-Schotten kann im kommenden Jahr bestaunt werden.

Kings Of Leon

MY MORNING JACKET

Michael Jackson

Für’s Leben gezeichnet: My Morning Jacket treten in einer Folge von „American Dad“ als Comic-Figuren auf und geben einige Songs zum Besten.

PAREJIE (Der Rest) BLUR

Politisch engagiert ist Blur-Schlagzeuger Dave Rowntree, der sich nicht nur seiner Anwaltskarriere widmet, sondern auch für die Labour Party in London kandidiert. Nach eigener Aussage glaubt er nicht an einen Wahlsieg, das Engagement stehe für ihn im Vordergrund.

Chester Bennington

Der Link Park-Sänger hat ein Herz für Tiere. Für die neue PETA-Kampagne hat sich Chester Bennington von seinen Klamotten befreit und wirbt mit dem Slogan *“Ink, not Mink“ für eine Welt ohne Nerzpelze.

Matt & Kim

VANS OF THE WALL MUSIC TOUR Motörhead - Lemmy wants YOU Er kann es einfach nicht lassen. Schon wieder zieht Lemmy mit Mann, Maus und vermutlich auch jeder Menge Whiskey durch die Welt und kommt, was für ein Glück, auch bei uns vorbei. Im Gepäck hat er außerdem The Damned und Girlschool - das passt. Ob Herr Kilmister immer noch eher auf weiße Schlangenlederboots oder inzwischen doch auf die bequemere Variante in Form cooler Skaterschuhe steht, könnt ihr jetzt selbst herausfinden. Vans hat uns 1x2 Tickets inklusive Meet & Greet mit dem Lemmyhead und 2x2 ganz normale Tickets für den Gig in der Hauptstadt spendiert, die wir auf sallys.net gerne an euch weitergeben.

*Wir gehen davon aus, dass es nicht die nackten Tatsachen von „Lessons Learned“ waren, die dazu geführt haben, dass Matt & Kim den MTV Award in der Kategorie *’Breakthrough Video’ gewonnen haben. Nun folgte eine weitere Auszeichnung von mtvU Woodie, dem College Sender des Kanals, der die beiden New Yorker ebenfalls für das ’Best Video’ auszeichnete.

Schlagzeuger und ältester Kings Of Leon-Spross ist unter der Haube. Am 14. November heiratete Nathan Followill eine Freundin Jessie Baylin im Kreise der Familie. Eines der berühmtesten Kleidungsstücke der Musikgeschichte hat den Besitzer gewechselt. Ein chinesischer Geschäftmann erstand den legendären Glitzerhandschuh von Michael Jackson für 420.000 Dollar bei einer Auktion in New York. Der King Of Pop trug ihn 1983 erstmals bei der Premiere seines legendären Moonwalks.

Taco Bell

Die amerikanische Fast Food Kette Taco Bell unterstützt Musiker weiterhin mit Essensgutscheinen. 500 US-Dollar können tourende Bands, darunter in diesem Jahr u. a. The All-American Rejects, Atreyu und Dr. Dog, in den Taco Bell Filialen einlösen. Nicht bei allen Künstlern trifft die Aktion auf Dankbarkeit. Ted Leo wehrte sich ein gegen die Fast Food-Zufütterung.

Gibson

Der Gitarrenbauer steht im Verdacht illegal gerodetes und importiertes Rosenholz für seine Instrumente verwendet zu haben. Die US-Polizei hat in der Gibson Zentrale in Nashville/Tennessee Computer, Akten und Gitarren sichergestellt und die Ermittlungen aufgenommen. Der Hersteller weißt die Anschuldigung von sich.

Mehr Neuigkeiten gibt es täglich auf sallys.net

Motörhead auf Tour 1.12. Köln - Palladium *** 2.12. Hannover - AWD Hall *** 4.12. Emden - Nordseehalle *** 5.12. Hamburg - Color Line Arena *** 7.12. Fürth Stadthalle *** 8.12. Stuttgart - Schleyerhalle *** 9.12. Wiesbaden Rhein-Main-Halle *** 11.12. Berlin - Arena *** 12.12 Chemnitz - Arena

TINDERSTICKS

Pünktlich zur Skisaison bringen die britischen Tindersticks ihr Werk „Falling Down A Mountain“ heraus.

SHOUT OUT LOUDS

Im regnerischen Seattle nahmen die Schweden der Shout Out Louds ihr Werk „Work“, auf. Gemischt wird es dieser Tage in Stockholm. Das neue Album erscheint im Februar.

SLASH

Wenn der Krokos blüht, reicht der legendäre Gitarrist hinter Guns N’Roses und Velvet Revolver seine erste Soloplatte vom Thron herunter.

SOCIAL DISTORTION

Im Februar stehen Studiotermine bei Social Distortion im Kalender.

STONE TEMPLE PILOTS

Frontmann Scott Weiland spricht von einem neuen Album, das 2010 erscheinen soll.

VAMPIRE WEEKEND

„Contra“ setzt im Januar einen Punkt.

KINOFILMA UN TELEVIZIJA

(Film und Fernsehen) JOHN LENNON

John Lennon wird wohl noch sehr lange eine Quelle der Inspiration und Anlass für Neues bleiben. Die Künstlerin Sam Taylor-Wood bannte seine Jugendjahre nun unter dem Titel „Nowhere Boy“ auf Zelluloid. Drehbuchautor Matt Greenhalgh schrieb das Drehbuch, wie bereits für den Joy Division-Film „Control“. Wo das Werk hierzulande zu sehen sein wird, ist noch nicht bekannt.

LEMMY KILMISTER/ DAVE LOMBARDO

Ein neues musikalisches Gewand haben Lemmy Kilmister von Motörhead und Dave Lombardo von Slayer dem Schmusesong „Stand By Me“ verpasst. Anlass für das Ben E. King-Cover gab Skateboarder Geoff Rowley, der die beiden um diesen Beitrag zum Film „Extremely Sorry“ bat.

MOGWAI

Für ihren Konzertfilm „Burning“ haben sich Mogwai den französischen Regisseur Vincent

Hier die Termine für drei Stunden Rock/Punk/Alternative-Radio mit Flo im Dezember, jeweils ab 0.00 Uhr (natürlich LIVE und im Anschluss 24/7 als Loopstream auf fritz.de!) 10. auf 11.12. *** *** Auch geil: Fünf Stunden sehr laute Weihnachtsmusik vom 24. auf 25.12. (Frohes Fest!) & 7. auf 8.1. und 21. auf 22.1.

Electronic Beats Recommends The Asteroid Galaxy Tour

Im Rahmen der neuen Konzertreihe werden nur frische, glutheiße Bands auf der Bühne postiert. Aus diesem Grund macht auch die umjubelte Soul-FunkCombo The Asteroid Galaxy Tour aus Kopenhagen mit ihrer elfengleichen Frontfrau Mette Lindberg den Anfang. Spätestens nach ihrer hitverdächtigen Single „Around The Bend“ und dem Albumdebüt „Fruit“ sind die Dänen vielbeschäftigt und viel zu viel auf dem gesamten Globus unterwegs, als dass man sich die nachfolgenden Live-Termine entgehen lassen könnte. Hinter Electronic Beats verbirgt sich ein internationales Musik-Community-Programm von T-Mobile, das mit Sony Ericsson als Partner zusammenarbeitet. Auf sallys.net haben wir deshalb ein Handy der Sony Ericsson Walkman-Serie für euch zurücklegen können.

Electronic Beats Recommends: The Asteroids Galaxy Tour 13.12. Köln - Gebäude 9 *** 14.12. München - Atomic Café *** 15.12. Berlin - Lido *** 16.12. Hamburg - Knust


60 SEKUNDEN mit: ADAM GREEN

Laut Adam Green hat das Rezept gegen Liebeskummer einen Namen: Los Angeles! Nach seiner gescheiterten Beziehung zu Loribeth Capella verschlug es den 28-Jährigen ins paradiesische „Land der Drogen und Nutten“, wo er ein kleines Häuschen bezog und zwischen den Partys ein paar Nummern einschob, musikalisch, versteht sich. ’Minor Love’, so der Titel dieser knarzenden Songsammlung, ist Greens Vision eben jener „traurigen Platte“, die sich so viele von ihm gewünscht hätten. Zum Heulen. Wenn dich in diesem Moment jemand sehen könnte, sähe er: Keine Ahnung. Ich liege auf meinem Hotelbett und hier gibt’s keinen Spiegel. Diese Substanz werde ich in meinem Leben nicht mehr anfassen: Spinat. Wenn du allerdings nach Drogen fragst: Es wäre falsch zu sagen, dass ich irgendwas nicht zu irgendeinem Zeitpunkt wieder „anfassen“ würde. Wie wär‘s damit: Ich trinke nicht mehr JEDEN Abend, sondern nur noch FAST jeden Abend. Das ist doch schon ein Anfang. Wenn ich ein Tier wäre, dann am liebsten: Eine Schildkröte. Neulich in London habe ich einen Fuchs gesehen, den fand ich auch sehr attraktiv. Am liebsten wäre ich aber ein Gepard: Er sieht gut aus, ist böse und kann sehr schnell rennen… Diese Person beneide ich: Robert Pattinson, den Schauspieler. Ich saß gestern beim Abendessen neben ihm und glaube mir: Der Typ sieht aus wie James Dean! Echt beneidenswert. Das letzte Mal Badehosen trug ich: In Brasilien. Ich war neulich dort mit Little Joy, um ein paar Konzerte zu spielen. Ich habe aber keine Badehose, sondern Badeshorts. Mit Blumenmuster. Als ich das letzte Mal in New York U-Bahn fuhr, wollte ich hier hin: Ich benutze die U-Bahn nur, um meine Eltern zu besuchen. Du musst wissen: Meine Eltern hassen Zigaretten, deshalb darf ich bei ihnen auch nicht rauchen. Also tue ich stets so, als hätte ich gerade aufgehört, reiße mich ein paar Stunden zusammen und stecke mir erst wieder eine an, wenn ich außer Sichtweite ihres Hauses bin. Fast-Food esse ich am liebsten bei: McDonald’s. Den einfachen Hamburger. Ich bestelle mir meistens einen ganzen Stapel von den Dingern. Das erinnert mich an meine Kindheit. Ein Big Mac ist auch okay. Heimat: adamgreen.net Auch gut: „Minor Love“ – das neue Album von Adam Green


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EUER DING

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euer ding

Liebe Leserinnen und Jungs

Das hier ist EURE Seite, auf der ihr uns eure Meinung geigen könnt oder sonst so erzählen, wer oder was euch gerade beschäftigt. Kleiner Hinweis an dieser Stelle: In der Mitte der Ausgabe gibt’s Preise zu gewinnen, damit Weihnachten nicht zum einzigen Dezember-Highlight für euch werden muss. Einfach Türchen öffnen und dann ist Bingo für alle. Und das hier gibt’s auch noch:

DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist:

Muhackl oder Blutwurst Am Perlachberg 3 86150 Augsburg

Hey Baby, blöd, dass sich deine namensgebende Traumcombo nun ebenfalls in die ewigen Jagdgründe verabschiedet, aber so ist das wohl. Musst du dir halt eine neue Lieblingsband suchen. Auswahl gibt’s reichlich, wie du auch dieser Ausgabe entnehmen kannst. Probier‘s doch mal mit Captain Poons neuer Band Bloodlights, da bekommst du quasi das Beste aus der alten und der neuen Welt - nett ausgedrückt. Deine Bildprops geben wir gerne an unsere Fotografen weiter und zu schlau für unseren Comic bist du sicher nicht. Vielleicht eher nicht dumm genug. Bis bald dann wieder.

gesagt: ICH FIND ES WIRKLICH UNMÖGLICH! Mal hoffen, dass sich kein Käufer zu diesem unverschämten Preis findet! Kann man nicht dagegen vorgehen oder dem Herrn Ich-versuch-mir-mit-der-Arbeit-der-fleißigensallys-Redakteure-mein-Taschengeldaufzubessern mal eine nette Mail schreiben? Hab ich übrigens nebenbei bemerkt schon getan und meine Verachtung darüber ausgedrückt...

Henning fand neulich unsere Biffy Clyro-Ausgabe auf ebay. Nichts neues das, aber für 9,99 Dollar Sofortkauf doch etwas – über Preis…?!

Hey Henning, guter Fund! Schnäppchen quasi. Wir werden das mal „beobachten“. Im Ernst. Gegen sowas kann man nix machen - außer zu hoffen, dass keiner so grenzdebil ist und Wuerzburg93 das Ding abkauft. Obwohl alleine die Fotos das Geld wert wären…

Hallo unclesallys, als langjähriger Leser eures wirklich wunderbaren Magazins kann ich sowas* hier nicht gutheißen, oder besser

„Das ist keine Kunstaktion, das ist illegale Gastronomie!“, hat jemand mit der alten Schreibmaschine getippt, die hier auf dem Tresen steht und jeden dazu einlädt, seine mehr oder weniger sinnvollen Gedanken auf Papier zu verewigen. Das stimmt so natürlich überhaupt nicht! Denn illegal ist hier nichts, schließlich sind wir in Bayern und nicht in Berlin, und Kunst ist hier irgendwie alles: Die vielen Bilder an der Wand, das fies aufgespannte RiesenSpinnennetz in der Toilette, die an der Decke hängenden Stoffblutwürste, die von jedem Gast selbst festgelegten Getränkepreise und - nicht zu vergessen das (nicht nur für Augsburg) ziemlich einmalige Party- und Kulturprogramm. In erster Linie will man hier jedoch einfach nur verweilen, sich mit Freunden treffen und das ein oder andere Bierchen trinken. Trotzdem sollte man schnell sein, denn am 31. Dezember macht das Muhackl schon wieder zu.

*http://cgi.ebay.de/Biffy-Clyro-newcover-magazine_W0QQitemZ1403 58229240QQcmdZViewItemQQpt ZMagazines?hash=item20ae009cf8

Schickt eure Leserbriefe an sallys@sallys.net oder per Post an unclesally*s, Waldemarstr. 37, 10999 Berlin.

Vorgestellt von Anajo:

Neben der Musik scheinen die drei Jungs von Anajo auch dem TV nicht abgeneigt zu sein: Wie die Legende will, zeigte ein defekter Fernseher nur einige Buchstaben des Bud Spencer und Terence Hill-Klassikers „Banana Joe“ an – und der Bandname war gefunden. Ihr Song „Ich Hol Dich Hier Raus“ basiert zudem auf der Titelmelodie der ZDF-Serie „Ein Fall für Zwei“.


Keine Sorge, alles kosher: Vampire Weekend aus New York.

Vampire Weekend Witzigkeit kennt Grenzen!

Nachdem Vampire Weekend vor knapp zwei Jahren Ethno-Musik auch außerhalb von müslibeseelten Gymnasiallehrer-Kreisen wieder hoffähig gemacht haben, wird jetzt mit ‘Contra‘ das Leben nach dem Hype angegangen. Und selbiges müsste theoretisch doch ganz lustig sein. Die Eckdaten der bandeigenen Vita weisen Vampire Weekend zumindest als humorsprühendes Erfolgsprojekt aus: Nachdem sich die Band als Internet-Hype etabliert hat, lobt etwa das ’Time’Magazin das Debüt der vier Columbia UniversityAlumni als gewitzte Synthese zwischen zeitgemäßem Pop und Afro-Beat. Innerhalb kürzester Zeit ist ‘Vampire Weekend‘ goldprämiert und jede zweite Indie-Band behauptet von sich, ebenfalls eine innige Verbindung zu Paul Simons ‘Graceland‘ zu haben. Als Speerspitze des WeltmusikHypes marschieren Vampire Weekend immer lustig vorneweg. Eingedenk der Tatsache, dass die Ursprünge der Band in einem Rap-Comedy-Duo namens L’Homme Run liegen, duckt man sich also innerlich fast automatisch vor heftigem Gag-Raketen-Beschuss ab, wenn die Glückskinder des IndiePop vor das gezückte Interview-Mikro treten. Und dann das: Tasteninstrumentalist, Gitarrist, Produzent und Beat-Programmierer Rostam Batmanglij weigert sich im Gespräch strikt, den Witzbold zu geben: „Unsere Musik ist zwar verspielt, aber nicht gerade humorvoll.“ Manno. Stattdessen berichtet er überlegt und manchmal zögerlich von den Aufnahmen zu ‘Contra‘, die nach dem Erfolg von ‘Vampire Weekend‘ fast logischerweise weitaus professioneller abgelaufen seien. Dann verliert sich Batmanglij in den Weiten technischer Details, berichtet über verfeinerte Schlagzeug- und Gesangs-Aufnahmen, sogenannte „verletzliche Harmonien“ und dass es der Band auf ‘Contra‘ vor allem darum gegangen sei, einen „für das Album

spezifischen Sound zu kreieren“. Sowas ist gar nicht lustig und wurde in der Vergangenheit zu Recht als elitäres Ivy League-Gehabe abgestempelt. Allerdings nährt ‘Contra‘ nicht den Eindruck, dass Rostam und seine Kollegen beim Musizieren nur den Eingebungen ihrer wohlgepflegten Denkmurmeln folgen. Es besteht eben ein Unterschied zwischen „Musik machen“ und „über Musik sprechen“. Und sicher: Ein zweites Album ist meist gar nicht witzig, denn es zeigt der Öffentlichkeit, wie viel Substanz man zu bieten hat. Solche hat das verspielte ‘Contra‘ allerdings zu Genüge, und wie schon auf dem Vorgänger setzt sie sich aus weltumspannendem, kulturellen Bling zusammen. Darauf angesprochen macht selbst Batmanglijs Superhirn Lockerungsübungen: „Ich finde es wichtig, als Band nicht in eigenen Sphären verloren zu gehen. Meine Eltern sind 1979 aus dem Iran geflüchtet und haben mir viel persische Kultur mitgegeben. Meine Mom hat sogar ein Kochbuch geschrieben, von daher ist mir der Gedanke, verschiedene ’kulturelle Zutaten’ zu mischen, nicht fremd“, erklärt Rostam. „Wir setzen alles um, was wir aufnehmen, nicht nur musikalische Elemente. Ich sehe gerade oft ’Mad Men’, eine saugute Serie...“ Den anschließenden Feminismus-Diskurs dazu faden wir dezent aus... Text: Timo Richard Foto: Sören Solkaer Starbird Heimat: vampireweekend.com

Vampire Weekend auf Tour 19.2. Berlin – Astra *** 20.2. Köln – Gloria *** 21.2. Hamburg - Uebel & Gefaehrlich


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AUF ACHSE

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auf achse... TURBOSTAAT Vs. XBOX 360 LIVE Hamburg, zur besten Kaffeezeit. Der schlaue Tobert und der eloquente Marten von der norddeutschen Supergroup Turbostaat erholen sich in der bandeigenen Loft von den aufregenden Aufnahmen zum neuen, noch geheimbetitelten Turbostaat-Album, das schon vor dem nächsten Frühling erscheinen wird. Wie sie das tun? Mit komischem Gewürztee, krummen Witzen und einer Box mit X.

Erst mal aufbauen und verkabeln das Ding. Nachdem Tobert erfolgreich die WLAN-Verbindung diverser Nachbarn anzapfen konnte, gilt es zunächst, die Profilneurosen und Freizeitaktivitäten der im heimischen Flensburg stationierten Bandkollegen zu überprüfen! Wie man das macht? Mit Facebook!

Bei dem allseits beliebten Schwatzkanal finden Tobert und Marten erst einen dritten Gitarristen namens Rohlant und zappen sich anschließend dreist durch die Profile flüchtiger Internet-Bekanntschaften, zum Beispiel dem nicht vorhandenen von Produzent und Sockenfreund Moses Schneider, dessen Notizbucheinträge verraten, womit man beim neuen Turbostaat-Album rechnen sollte: der Neudefinition von ISBN, Servietten und Kaffee. Darauf erst mal ein Stück Käsekuchen mit Yogi-Tee und natürlich Frank Black. Text: Flo Hayler, Fotos: Sight Of Sound Heimat: turbostaat.de Auch gut: Das neue, im Frühjahr erscheinende Album von Turbostaat


Frank Black ist der Dicke da in der Mitte vom Bild und außerdem Sänger der Pixies. Für den lumpigen Unkostenbeitrag von 600 Microsoft-Points (rund 7 Euro) glotzen der Turbostaat eine Stunde SchwitzeFrank und dessen Pixies-Kollegen pixelfrei im LiveKonzert. Wer darauf keinen Bock hat, kann sich auch das aktuelle Kino-Programm und diverse Klassiker für zu Hause downloaden. Einmal geladen ist zwar noch lange nicht gekauft – aber das Gute daran: Man muss den Kram nicht zurückbringen!

Während Tobert die Kinder ins Bett bringt und den Tisch abräumt, zockt Knobelfreund Marten über die Online-Plattform Xbox 360 noch eine Runde „1 gegen 100“, das neue, gewinngepolsterte Live-Quiz. Dank seines IQs von 132+ lässt der Mann sämtliche Gegner älter aussehen als den Wohnzimmerputz von 1914.

Zum Feierabend frönt auch der Turbostaat seinem Hobby: Zugfahrten nach Flensburg und natürlich „FIFA 10“ online über Xbox LIVE gegen den dritten Gitarristen spielen, damit’s nicht nur beim Konzert, sondern auch zu Hause ordentlich klingelt im Gebälk.

Das Neue Update! Ab sofort kann man mit seiner Xbox 360 und einer Goldmitgliedschaft auch Twittern und Facebooken was das Zeug hält. Auch den Weg zur Videothek kann man sich in Zukunft und Dank Zune Video Marktplatz sparen. Per Stream fällt auch die Wartezeit für den Download flach und mit dem richtigen Equipment kann man die Filme sogar in 1080p HD-Auflösung und 5.1 Surround Sound sehen und hören. Außerdem kann man sich sogar noch bis zu sieben Freunde via Voice Chat zum Videoabend einladen - ganz ohne lästiges Aufräumen.

FAZIT Die wollen nur spielen. Es hat Stunden gedauert, Marten und Tobert wieder von Xbox LIVE loszueisen. So wurde die Konsole zum neuen WG-Mitglied in der Turbo-Bude. Kommt doch mal vorbei! Frank Black war schließlich auch schon da...


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MUSIK STORIES

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Hello=Fire

Wer ist Dean Fertita? Dean Fertita ist ein musikalischer Tausendsassa. Er ist Ex-Mitglied der Kultband Waxwings. Er war auf Tour mit den Raconteurs, ist Gitarrist und Keyboarder der Queens Of The Stone Age und zurzeit Gitarrist bei The Dead Weather – der Hit-Combo um Jack White und Alison Mosshart. Eine Karriere wie aus dem Bilderbuch. Zur Krönung seines Schaffens macht sich das Detroiter Rock-Urgestein und der bekennende Workaholic nun mit seinem eigenem Projekt und seinen eigenen Songs selbständig: ‘Hello=Fire‘ heißt das Debüt und Dean ist hörbar stolz, das gute Stück nach zwei Jahren Schaffensphase endlich auf die Menschheit loslassen zu können: „Das war ein langwieriger und nicht ganz einfacher Prozess. Ich bin seit 2004 fast ununterbrochen auf Tour. Die Platte entstand an freien Tagen, in insgesamt sechs Studios. Beteiligt hat sich, wer auch immer gerade Zeit hatte. Einige Stücke sind mit Brendan Benson (The Raconteurs), andere mit Michael Horrigan (Afghan Whigs) entstanden. Auch die Jungs von Queens Of The Stone Age haben ihren Beitrag geleistet.“ Nach Them Crooked Vultures eine weitere, stargespickte Supergroup also. Inflationär? Vielleicht. Ungewöhnlich? Mit Sicherheit. Schließlich reden wir hier von etablierten Mitgliedern großer Bands, die sich unorthodox aus den starren Konventionen des Musikbusiness befreien, um sich gegenseitig

Alles so verdamp lang her: Dean Fertita.

auszuhelfen und frei jeder Fesseln gemeinsam ihrer Leidenschaft zu frönen. Alles in allem eher untypische Eigenschaften innerhalb einer wettbewerbsintensiven und strauchelnden Industrie. Ein Luxus, dessen sich Herr Fertita durchaus bewusst ist: „Ich schätze mich glücklich, Teil diverser musikalischer Familien zu sein. Das ist eine wirklich motivierende Situation. Jeder bemüht sich, die Sache voranzutreiben, größer zu machen und sich gegenseitig zu inspirieren. In meinem Umfeld gibt es niemanden, der Musik aus einem anderen Grund macht, als der Liebe zur Kunst und kreativem Schaffen. Wir helfen einander. Immer und überall.“

schließlich eher selten bis nie musikalisches Mittelmaß vorgelegt. So kann man den zwölf Stücken zunächst große Nähe zu den musikalischen Mitstreitern attestieren. Taucht man aber tiefer ein, erkennt man die eigenständige Größe von Songs wie der ersten Single ‘Nature Of Our Minds‘ oder dem sensationellen ‘Far From It‘. Man wird gefangen in Atmosphären, die auf regennassen Straßen des New Yorker East Village genauso zu Hause sind wie in den Industriebrachen von Detroit oder sternenklaren Nächten in der Wüste. Ein Soundtrack, mal romantisch, mal schimmernd, der den Spagat zwischen Wahnsinn und Genie ohne größere Schmerzen meistert.

Eine Philosophie, die aufzugehen scheint. Von den zuvor angesprochenen „Familien“ bekommt man

Text: Ben Dominik Heimat: hellofire.com

haben kein beschissenes Geld! Haut ab!’ Die waren so perplex, dass sie sofort das Weite gesucht und mich mit meiner verletzten Männlichkeit zurück gelassen haben.“ Was hier ganz praktisch klingt, war laut Charlie auf Dauer an Brisanz nicht mehr auszuhalten und die Scheidung wurde unvermeidbar. „Wegen ihr habe ich ständig eine draufgekriegt“, klagt der Frontmann, als er auf die blutrote Stelle in seinem Auge und den gerade wieder zusammengewachsenen Nasenrücken deutet - Blessuren, die er sich vor ein paar Monaten zugezogen hat, als sich seine Liebste mal wieder mit jemandem prügeln musste und er schlichtend dazwischen ging. Um die herrlich einseitige Geschichte der bösen Ehefrau noch abzurunden: Das herzerweichende Welpenfoto seines Jack Russell-Terriers Douglas, das das neue Albumcover der fünf Jugendfreunde ziert, ist auch ein Relikt aus jener Zeit. Der Hund wurde zu Charlies Mutter gegeben, weil ihn seine Frau angeblich nie mochte.

The Rumble Strips

Lieber ein Ende mit Schrecken als Blessuren ohne Ende Der treueste Freund des Menschen ist bekanntlich der Hund. Doch selbst der hat keine Chance gegen herrische Ehefrauen. Das zweite Album der englischen Sixties-Rocker The Rumble Strips steht ganz im Zeichen einer gescheiterten Beziehung. Auf ’Welcome To The Walk Alone’ addierte Sänger Charlie Waller die Geschichten rund um den Bruch eines Bundes, der eigentlich auf Lebensdauer halten sollte. So aus dem privaten Kontext gerissen klingt die Anekdote zum Song ’Not The Only Person’ noch ganz un-

terhaltsam: Während Charlie und Gattin gut abgefüllt und lautstark streitend durch die nächtlichen Straßen torkeln, werden sie Opfer eines Überfalls. „Zwei Typen schubsten mich an die Wand und pressten mir einen Schraubenzieher an die Kehle: ’Kohle her! Kohle her!...’ Meine Frau hat sich das nicht lange angesehen und brüllte zurück: ’Verpisst euch! Seht ihr nicht, dass wir gerade streiten?! Wir

Wer hätte das gedacht! Doch mit der neuen Platte findet alle Schwermut noch ein Happy End. Hund Douglas fühlt sich auf dem Land pudelwohl und findet sich in einem Albumtrack verewigt. Promi-Produzent Mark Ronson verschnörkelte den verspielten RetroRock der Briten mit seinem goldenen Händchen für Sixties-Soul und talentierten Streicher-Ensembles, und Sänger Charlie tanzt wieder betrunken mit fremden Damen in Salsa Bars - obwohl, genau diese Geschichte führte kürzlich nicht zum Erfolg. Aber das ist ja vielleicht auch erst mal besser so. Text: Christine Stiller Heimat: therumblestrips.com


?!

AUF DER COUCH MIT:

WILLIAM Fitzsimmons William Fitzsimmons ist ausgebildeter Psychotherapeut. Deshalb konnten wir dem Singer/Songwriter nicht mit unserer stümperhaften Analysemasche kommen, sondern mussten es ein wenig geschickter angehen. Wie viel Seeleningenieur steckt im Alltagsmenschen Fitzsimmons? Fällt es dir schwer, das Verhalten anderer NICHT automatisch zu analysieren? William: Sehr schwer! Du wirst in der Psychotherapeuten-Ausbildung darauf trainiert, mit den Menschen auf eine bestimmte Art umzugehen. Ich ertappe mich oft dabei, Freunde und Familie wie ein Arzt zu interviewen und kein normales Gespräch zu führen. Sie sagen mir dann einfach, ich soll‘s lassen. Aber es ist tatsächlich nicht leicht für mich, nur ein normaler Zuhörer zu sein.

William: Was ich bei den frühen Analytikern, besonders bei Carl Jung schätze: Sie haben verstanden, dass auf der einen Seite der Teil unserer Persönlichkeit steht, den wir anderen Menschen präsentieren, unsere gute, sozialverträgliche Seite. Dann gibt es da aber noch den sogenannten „Schatten“, unsere dunkle Seite. Wir alle haben die Kapazität, sehr gut und sehr böse zu sein.

Hast du deine Jobwahl je bereut? William: Nie, denn ich habe das Gefühl, genau das gewählt zu haben, was für mich vorgesehen war. Die Psychologie fühlt sich natürlich an, während mir der ganze Zauber um die Musik - das Touren, die Studioaufnahmen - seltsam erscheint, so als würde ich den Job eines Fremden machen.

Wie hilft dir deine PsychologieAusbildung im Musikbusiness? William: Das ist so wie bei Superman, der sich mit seinem Röntgenblick alle Leute nackt ansehen könnte, es aber nie machen würde. Ich bin ein netter Kerl und würde nicht versuchen, jemanden zu meinen Gunsten zu manipulieren. Wenn es allerdings darum geht, mich zu verteidigen und den Braten rechtzeitig zu riechen, wäre ich vielleicht sensibler dafür.

Was gefällt dir an der Psychologie, sagen wir mal in Bezug auf das Unbewusste?

Wärst du manchmal gern kein Grübler? William: Absolut! Es gibt zwei Typen

von Menschen: die einen leben in ihren Köpfen, die anderen außerhalb. Ich bin so mit meinen Gedanken involviert, dass es manchmal wirklich ermüdend ist, weil mein Gehirn permanent arbeitet. Ich wünschte, ich wäre entspannter. Während ich jetzt mit euch rede, denke ich zum Beispiel darüber nach, was ich wie sage, wie ich aussehe... Aber genau das hat mir wiederum als Therapeut geholfen.

FAZIT Ein Naturtalent. Jeder, der mal mit diesem Empathiewunder reden durfte, würde sicher am liebsten gleich die nächste Sitzung buchen. Doch die Tatsache, dass sich die aktuelle Platte nur um seine Scheidung dreht, passt irgendwie nicht ins Bild vom Allesversteher und beweist: auch Psychologen sind nur Menschen. Text: Christine Stiller Heimat: williamfitzsimmons.com Auch gut: „The Sparrow And The Crow“ das aktuelle Album


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Schluss. Vorbei. Ende. Aus. Das war‘s also. Pierre hat die Schnauze voll von seinem Alter Ego. Die gerade erschienene DVD wirft als letztes Kapitel noch mal einen livehaftigen Blick zurück und dann wird Peter Fox Geschichte sein. Und was für eine! als man vielleicht vermutet hätte. Der Plan, die „Abrissbirne der deutschen Szene“ zu sein, die auszieht die deutsche Popmusik zu retten, ist – so kann man jetzt wohl festhalten – aufgegangen.

Am 14. Oktober 2005 erscheint mit „Next!“ das dritte Studioalbum von Seeed, das den Jungs den Erfolg beschert, den ihre Fans der Band schon lange gegönnt haben. Im Februar 2006 gewinnt man den Bundesvision Song Contests und den Auftritt bei der Eröffnungsfeier der Fußball-WM in München sehen 1,5 Milliarden Zuschauer. Doch anstatt mit Herrn Beckenbauer und Frau Merkel Fußball zu gucken, steigt die Band lieber ins Flugzeug, um für die Berliner (Fußball-)Fans auf die nächste Bühne mitten im Treptower Park zu klettern. Dann im August 2007 bestätigt Pierre bei einem der grandiosen Konzerte in der Berliner Wuhlheide das Pausengerücht: Bis 2009 wollen die elf Musiker Zeit für sich, ihre Familien oder Soloprojekte nutzen. Im selben Jahr erscheint Dembas Boundzound und Pierre beginnt mit der Arbeit am Peter Fox-Projekt, das er übrigens mit seiner bei Seeed verdienten Kohle selbst vorfinanziert. „Stadtaffe“ erscheint im August 2008. Dass Pierre das Album eigentlich nur produzieren wollte, sein auserwählter Sänger Cee-Lo aber aufgrund des Erfolges von Gnarls Barkley keine Zeit mehr hatte, er also selber hinters Mikro musste, scheint jetzt und in der Rückbetrachtung wie eine glückliche Fügung. Denn ein Grund für den immensen Erfolg ist wohl die so gelungene Kombination des ganz eigenen Sounds aus Schlagzeug und Orchester mit den ernst bis ironisch, kitschig bis böse und traurig bis albernen Texten, mit ihren ausgefeilten Reimen und schlauen Wortspielereien. 900.000 verkaufte Platten, die Eins Live Krone, drei Echos, zwei Cometen, der deutsche Musikautorenpreis, Gold für die Singles, viermal Platin für das Album, Top Ten Platzierungen in der Schweiz, Österreich, Holland und Belgien und am 14. Januar 2010 wird es den ’European Border Breakers Award’ noch obendrauf geben. Peter Fox ist einer der erfolgreichsten deutschen Künstler und beweist damit nicht nur, dass sich auch in diesen Zeiten noch CDs verkaufen lassen, sondern dass ausgefoxte Ideen und gute Musik in diesem Land doch mehr Leute interessieren,

Auch die Live-Umsetzung kommt nicht nur an die von Seeed schon so hochgelegte Meßlatte heran, sondern begeistert ein Publikum aus so unterschiedlichen Menschen, wie man sie sehr selten so fröhlich auf einem Haufen sieht. Die Liebe zum Detail und der Hang zum Perfektionismus sind auch auf der Bühne zu finden: die Projektionen, das Lichtdesign, die Outfits der Musiker – bis zu den Drum-Sticks der Cold-Steel-Freaks – hier reimt es sich auch optisch. Wer es tatsächlich geschafft hat, auf keinem der fast 70 Konzerte gewesen zu sein, kann das nun anhand der DVD „Peter Fox & Cold Steel live aus Berlin“ überprüfen. Alle anderen können in ihren Erinnerungen schwelgen und sich die Gänse noch mal über den Rücken watscheln lassen. Wobei Live-DVD bei einem Perfektionisten fast das falsche Wort ist, Konzertfilm trifft es wohl eher. Die 93 Minuten beamen uns nicht nur einfach wieder zurück in die restlos ausverkaufte Berliner Wuhlheide, sie nehmen uns zunächst mit einem liebevollen Intro an die Hand. Berlin-Bilder mischen sich mit den Vorbereitungen von Peter, den Cold Steel-Trommlern, der Crew und einer ganz normalen Familie, die sich alle auf ihre Weise auf den Weg zum Konzert machen. Dann geht es los und die zahlreichen Perspektiven auf die Bühne, das Publikum und die Wuhlheide lassen den enormen Produktionsaufwand erahnen und großartige Bilderfluten entstehen - oder, wie Peter selbst sagen würde: „Auf jeden Fall haben wir ein krasses Fass aufgemacht für die DVD.“ Man spürt und sieht, wie viel Mühe und Liebe zum Detail auch in der Live-Umsetzung stecken... Ich finde, alles, was man macht, sollte man so gut wie möglich erledigen, ohne allerdings dabei zu verkrampfen. Es war ja auch nicht alles vom ersten Gig an perfekt. Perfekt ist es sowieso nie. Das kann ich jetzt besonders gut beurteilen, weil ich gerade die DVD gemischt habe und da hört man schon, dass nicht immer alles geil ist. Schief gesungen... Verkackt... Aber daraus besteht doch auch die Faszination von Live-Konzerten. Ja, aber manche Sachen sind mir halt dann zu verkackt. Wenn ich höre, wie ich eine halbe Strophe lang schief singe, kriege ich die Krise. Wir hatten mit Seeed ja auch ein gewisses Level erreicht, was die Live-Konzerte betrifft. Dagegen konnte und wollte ich nicht abstinken. Von wem sind die ganzen Ideen für die Live-Shows?

Was die Musiker machen, kommt von mir. Bei Cold Steel sind es natürlich deren Moves, das haben die sich oder wir uns zusammen erarbeitet. Die Lightshow und die LED-Wand sind eine Zusammenarbeit des Lichtdesigners, des Grafikers und mir. Auf keinen Fall wollte ich diese so genannten Visuals. Einen Screen mit irgendwelche Fahrten durch Tokioter U-Bahn-Tunnels hinter der Band. So etwas nervt. Ich wollte eigentlich am liebsten Hintergrundbilder aus Stoff. Bei zwei Fox-Konzerten haben wir ja mit Seeed am Schluss gespielt (leider nicht mit auf der DVD) und da kam das Seeed-Backdrop aus Stoff runter und ich dachte: Das sieht ja eigentlich noch geiler aus, als diese Scheißelektroleuchte! Aber es ist schon alles ziemlich gut geworden. Ich wollte keine moderne Light-, sondern eine Old School-Show: Die Musiker machen und tun und die Bühne unterstützt das. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass die Leute die ganze Zeit auf irgendwelche Screens glotzen. Das waren die Vorgaben und das haben die Leute dann im Laufe der Live-Saison sehr geil umgesetzt. Der Drumline-Formation Cold Steel ist im Übrigen auch ein großer Teil der DVD gewidmet, was sich ja schon im Titel andeutet. Das Konzert wird von zwei Zwischensequenzen unterbrochen, die eine zeigt Bilder aus dem Tourleben, das vor allem aus Friseurbesuchen, Tanzen, Trommeln, Singen und Rumalbern bestanden zu haben scheint. Das zweite behandelt das Suchen und Finden der Jungs - eine schöne Geschichte, die im Bonusmaterial auch noch mal ausführlich erzählt wird. Wie waren eigentlich die Reaktion von Cold Steel, als sie merkten, dass sie mit dem erfolgreichsten deutschen Künstler unterwegs sind? Meine erste Tour fand ja eher in kleineren Läden statt. Später haben sie mir erzählt, dass sie sich vorher einige Seeed-Sachen im Internet angeguckt hatten und bei unseren ersten Fox-Gigs dachten, dass das ja gar nicht sooo fett sei. Aber sie haben schnell gemerkt, dass es größer wird und sind mitgewachsen. Nach der ersten Tournee im Dezember wurde Keon schwer krank und wir mussten ihn für die März-Tour ersetzen, haben ihm aber gesagt, dass die Tür für ihn immer offen bleibt, sobald er wieder fit ist. Als es soweit war, wollte ich Darrell, seinen „Ersatz-Mann“ aber auch nicht nach Hause schicken und so haben wir die Drumline einfach vergrößert. Arbeitest du während einer Tour gedanklich die ganze Zeit weiter an der Inszenierung der Show? Wenn wir unterwegs sind auf jeden Fall. Bei jedem Konzert merkt man ja, dass sich diese oder jene Stelle noch nicht so gut anfühlt! Dann guckt man, was man besser machen kann. Ich habe zwar gute Ideen und vielleicht auch eine gewisse Erfahrung. Ich weiß, was funktioniert und was nicht,


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aber man lernt auch immer dazu. Man muss halt immer kritisch bleiben mit sich. Gibt es dann auch allgemeine Kritik nach dem Konzert? Wenn es mal nicht so gut lief, muss ich mich schon zurückhalten, dass ich nicht von der Bühne komme und rummotze. Oder ich habe einfach schlechte Laune, weil ich mich selber scheiße fand. Aber auch das will direkt nach der Show keiner mitkriegen. Da lernt man, erstmal zu warten, runter zu kommen und morgen Mittag, wenn alle gefrühstückt und ihren Kater ausgeschlafen haben, dann kann man sagen, was man gestern nicht so gut fand!   Lobst Du auch? Das musste ich mit den Jahren ein bisschen lernen. Ich gehe halt immer davon aus, dass die Leute wissen, dass ich ja genau deshalb mit ihnen zusammen arbeite, weil ich sie und ihre Arbeit schätze. Die, die mich gut kennen, wissen das. Außerdem bin ich sehr loyal und arbeite mit vielen schon seit langen Jahren zusammen, wobei Freundschaft und Arbeit praktisch eine Einheit geworden sind. Bei diesem Projekt habe ich zum ersten Mal eine Band für einen absehbaren Zeitraum zusammengestellt und trotzdem hat sich ein schönes Gemeinschaftsgefühl entwickelt. Bist du gerne der Chef? Mal so, mal so. Was ich auf jeden Fall voll geil finde ist, dass man seine eigenen Ideen umsetzen kann und nicht gezwungen wird, Sachen zu tun, die man nicht gut findet. Da ich aber schnell unzufrieden bin, auch mit meiner eigenen Arbeit, raucht man sich auch mal dabei auf. Viele in meiner Umgebung sind schneller zufrieden mit dem Ergebnis und gehen dann entspannt mit ihrer Freundin essen, während ich immer noch dasitze und denke, dass es noch besser geht! Dann ist es nicht so cool, der Chef zu sein. Und dann natürlich diese ganze Aufmerksamkeit, die einem die Leute so entgegenbringen, das ist mir eigentlich eher unangenehm. Warum? Weil irgendwelche Leute in deiner Nähe sein wollen. So etwas ist lästig, besonders wenn man merkt, dass es nur wegen des Erfolges ist. Das ist bestimmt ganz normal und menschlich und ich verurteile

das gar nicht, aber es ist ein eher unangenehmer Effekt. Nicht alles ist Gold, was aus meinem Mund kommt. Eigentlich ist das nicht mein Problem, aber trotzdem liegt der Ball irgendwie bei mir, sensibel darauf zu achten, dass sich mein Verhalten nicht verändert. Dass man die Menschen nicht einfach benutzt, nur weil sie einem zur Verfügung stehen und einem das auch signalisieren. Das zu trennen ist total schwer, vor allem, weil es auf der anderen Seite und in bestimmten Bereichen wiederum so sein muss. Der Technische Leiter auf der Tour muss natürlich fragen, wie ich’s gerne hätte und da habe ich dann auch keinen Bock drauf, dass der mit „Bähhh. Keine Lust!“ antwortet. Klar finde ich das schön, wenn er sagt: „Sofort Pierre, ganz wie du möchtest.“ (lacht) Aber dafür kriegt er auch Geld. Trotzdem ist es wichtig, dass du nicht nur von JaSagern umgeben bist, egal ob die Geld kriegen oder nicht. Ich habe zum Beispiel meinen Bruder. Der ist einfach mein Bruder, der spielt Schlagzeug in meiner Band und Schlagzeug bei Seeed. Der hat natürlich nie Hemmungen, mir zu sagen: „Mann, halt’s Maul!“ Monk ist auch ziemlich geradeaus. Wenn ich zum Beispiel unfreundlich oder respektlos wäre, dann würde der schnell sagen: „Hallo! Nicht in dem Ton!“ Aber ich glaube, ich habe mich auch noch nie so richtig scheiße benommen. Es ist schon ein sehr privilegierter Lifestyle, wenn man mit Musik sein Geld verdient und das in einem Maße, in dem man es sich nie erträumt hätte. Dann ist es aber auch eine verdammte Pflicht, jetzt nicht auch noch Leute scheiße zu behandeln. Ganz im Gegenteil. Eigentlich sollte man dann besonders darauf achten, viel Gutes in die Welt zu senden. Natürlich gibt es Negativbeispiele, die man so mitkriegt aus mittlerer Entfernung, aber es gibt auch echte Vorbilder, von denen man denkt, dass sie es richtig machen. Wer sind diese Vorbilder? Ich meine Musiker, die sehr erfolgreich sind und trotzdem nicht an der Uhr drehen. Zum Beispiel Phil Collins… Wie bitte? Ja, original! Abgesehen davon, wie man zu seiner Musik steht, setzt er Millionen um und ist ein Superstar. Trotzdem glaube ich, dass er zu jedem seiner Angestellten höflich ist. Ich war mal auf einem Genesis-Konzert, mit 14 vor dem Reichstag und da

dachte ich das schon, als ich sah, wie der drauf ist und wie der mit den Leuten redet. Er ist in seine Rolle irgendwie ohne große Berechnung rein geraten, ist locker und feiert das ab. Nach dem Gig bringt er seine zwei Kids ins Bett, trinkt mit der Frau noch ein Glas Wein und geht dann pennen. So habe ich mir das vorgestellt und ich glaube, genau so ist der auch drauf. (lacht)   Ist das bei dir auch so? Sagen wir’s mal so: Das finde ich auf jeden Fall erstrebenswert. Dann hört man noch, dass Phil Collins unglaublich viel, also mehr als die Hälfte seiner Kohle, einfach spendet. Finde ich auch logisch, denn ob du nun fünfzig oder hundert Millionen


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hast, was willst du mit all dem Geld machen? Ich weiß natürlich nicht genau, ob das stimmt. Ich habe es von Leuten von der Plattenfirma gehört. Das kriegt ja auch niemand groß mit, weil er es nicht in der Tagesschau inszenieren muss, sondern er macht das einfach. Das finde ich cool. Oh Gott, ich hör’ mich an... Vor einem Jahr hattest du ein bisschen Geld übrig, das du in die Produktion deines Albums gesteckt hast. Jetzt ist wahrscheinlich noch ein bisschen mehr Geld übrig, was machst du jetzt damit? Ja. Jetzt kaufe ich mir ein Haus (lacht). Jetzt lege ich es doch in Stein und Boden an. In Südberlin. Home, sweet home. Was steht als nächstes auf deinem Programm? Also erstmal muss ich meine Tochter einschulen. Ich muss diesen Umzug machen, renovieren, sanieren. Ich will einen Führerschein machen und ich muss mehr Yoga machen und Schwimmen gehen. Dafür brauche ich Zeit und wenn man im Produktionsund Live-Tourstress ist, dann mache ich das einfach nicht, dann gehe ich zur Entspannung eher mal saufen. Und von Peter Fox hast du also die Schnauze voll?! Das klingt ein bisschen sehr negativ. Ich hab auf jeden Fall die Schnauze voll von einem bestimmten Teil der ganzen Story, aber davon war ich vorher schon nicht begeistert, bloß es war ja nicht abzusehen, was das für Ausmaße annehmen würde. Das ist aber nichts Neues, im Endeffekt war das von Vorneherein klar, dass das nur ein Projekt wird und keine längerfristige Karriere als Peter Fox. Ich habe ja auch nie was anderes behauptet.

Anfang Juli 2009 berichtet ein Schweizer Magazin, dass Peter Fox seine Solokarriere nach dem Festivalsommer beenden würde, da ihm der Rummel um seine Person zu groß geworden sei. Im virtuellen Gästebuch seiner Webseite häufen sich die Einträge derer, die das nicht verstehen oder glauben wollen oder noch meinen ändern zu können. Dass Erfolg auch seine Schattenseiten haben kann, die einen nicht mehr unerkannt durch die Straßen seiner Stadt schlendern lassen, die einem komische neue Freunde bescheren, die man gar nicht kennt, das Privatleben schwer und heilig machen, ist vorstellbar. Die Tatsache, dass jetzt Schluss ist mit Peter Fox, ist auf der einen Seite zwar schade, auf der anderen aber auch nicht und vor allem verdammt konsequent. Schon bevor die Platte veröffentlicht wurde, lautete ja die Ansage: „Es wird eine Soloplatte geben und danach geht es mit Seeed weiter.“ Womit wir mitten im besten Grund für das Ende sind. Schließlich wandert Pierre nicht aus, um auf Gomera Avocados zu züchten, sondern wird mit einer großartigen Band weiter Musik machen. Eigentlich gibt es also nichts, worüber man sich aufregen müsste. Bis er mit einem neuen Seeed-Album um die Ecke kommt, verabschieden wir uns wie Herr Fox von der Wuhlheide-Bühne und verbleiben mit einem: „Baut keine Scheiße und bleibt gesund!“ Text: Caroline Frey Foto Seite 17 Erik Weiss Die Grafik auf diesen Seiten ist dem Buch zur DVD entnommen, gestaltet von Sandra Leyendecker Heimat: peterfox.de, coldsteel.peterfox.de

„PETER FOX & COLD STEEL - LIVE AUS BERLIN“ - DVD Die DVD „Peter Fox & Cold Steel – Live aus Berlin“ kommt in drei Versionen: · Als 93-minütiger Konzert-, Doku- und Backstagefilm mit allerlei Bonus-Material ·

Als auf 15.000 Exemplare limitierte Edition mit einer Audio CD, auf der sich 18 Live-Tracks befinden (die gibt es allerdings auch ganz unlimitiert als Download)

·

Und als Deluxe Buch-Edition mit 100 grandios illustrierten Seiten, geschraubt nicht gebunden, mit allen Texten, die neben der DVD auch noch mal das normale „Stadtaffe“-Album sowie eine reine Instrumental CD enthält. Lohnt sich!

Peter Fox im Fernsehen und im Internet Auch der rbb war an der Aufzeichnung der Konzerte beteiligt und an folgenden Tagen gibt es was zu hören und zu sehen: „Peter Fox in Concert“ läuft am 5.12. ab 00.40 Uhr im Ersten, am 28.12. ab 00.00 im rbb Fernsehen und am 31.12. ab 18.00 Uhr in 3sat. Für die ganz Schnellen unter euch gibt es die DVD-Tracks zu „Lok auf zwei Beinen“ und „Stadtaffe“ bis zum 30.11. auf fritz. de zu sehen.


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PLATTEN/10 GEBOTE

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DIE 10 GEBOTE

Adam Green Minor Love

(Beggars//Indigo) Kleine Hundewelpen sind so ziemlich das Süßeste, was es auf der Welt gibt. Doch irgendwann kommt der Tag: das Fell wird stumpf, die Augen trüb und man streichelt den Köter nur noch aus Mitleid. Als Adam Green 2002 sein Debüt als Solokünstler gibt, sehen alle in ihm diesen Welpen mit viel zu viel Fell, den süßen, treuen Augen und den tapsigen Pfoten. Mit seinem sechsten Album „Minor Love“ könnte der Welpenschutz eigentlich vorbei sein. Ist er aber nicht! Adam zeigt uns erneut wild durcheinander liegende Ausschnitte seiner kleinen Welt, so süß wie Opium und Zuckerwatte. Von badenden Vögelchen singt er, von übelgelaunten Superhelden und mittendrin der kleine Adam, der sich ewig brennende Zigaretten wünscht. Ach ja, natürlich - die Musik ist übrigens auch toll!

Text: Frédéric Schwilden

Charlotte Gainsbourg Irm

(Warner) Was für ein Jahr: Erst liefert sie im „Antichrist“ die vielleicht furioseste Schauspielleistung des Jahres ab, jetzt legt Mademoiselle Gainsbourg mit „Irm“ auch noch ein Album vor, das selbst den höchsten Erwartungen standhält. Anders als beim fabulösen Vorgänger „5:55“, wo sie mit Air, Jarvis Cocker oder Neil Hannon zusammenarbeitete, hat sie sich dieses Mal ganz in die Hände von Beck begeben. Dessen charmante Verschrobenheit dringt auf „Irm“ entsprechend aus allen Poren und Songs - darunter auch waschechte Duette, wie die wunderbare Single „Heaven Can Wait“ - was perfekt zu Gainsbourgs zarter, aber kaum weniger eigenwilliger Stimme passt, die immer ein bisschen über den Dingen schwebt. Ein außergewöhnlich hinreißendes, kluges und komplexes Pop-Album voller Fundstücke von zwei ebensolchen Allround-Könnern.

Text: Patrick Heidmann

Motorpsycho Heavy Metal Fruit

(Stickman/Indigo) Sind die produktiv! Das Jahr 20 ihrer Bandkarriere feiern die Norweger mit dem Vinyl-Only-Album „Child Of The Future“, zahlreichen Konzerten, und dazwischen haben sie auch noch Zeit gefunden, ihr nächstes Werk einzuspielen. „Heavy Metal Fruit“ geht wieder mehr in Richtung „Little Lucid Moments“ - dafür sprechen sechs Songs in 60 Minuten - und liegt nahe am Live-Erlebnis, bei dem Motorpsychos ja auch gerne ausgiebig improvisieren. Relativ schlichte Rock-Riffs dienen als Grundlage für wilde Husarenritte Richtung Space-Rock, Jazz oder Bombast, die soundtechnisch brillant eingefangen wurden. Zudem kann man nicht oft genug betonen, was für ein Glücksgriff die Rekrutierung von Drum-Wunderkind Kenneth Kapstadt für die Band bedeutet. So frisch klingen nur wenige Bands nach 20 Jahren.

Text: Robert Goldbach

Nick Oliveri Death Acoustic

(Impedance/Cargo) Den Opener „Start A Fight“ brüllt einem der Ex-Queens Of The Stone Age Bassist direkt ins Ohr. Doch was stimmlich rau klingt, glänzt musikalisch durch präziseste Akkordfolgen und wohlbekannte Bassläufe. Der umtriebige Nick Oliveri hat seine kreative Energie wieder einmal gebündelt und überzeugt mit den zehn Tracks auf „Death Acoustic“. „Diary Queen“ arbeitet eine seiner Frauengeschichten auf. Einfühlsam und balladesk zeigt er sich bei der Akustikversion der Queen Of The Stone Age-Nummer „I’m Gonna Leave You“. Oliveris brachiale, dreckige Stimme verleiht den Songs die bei vielen Bands vermisste Ehrlichkeit. Ehre dem Stone-Rocker.

Text: Samuel Stein

Julian Casablancas Phrazes For The Young

(Sony) Vorbei die Zeit der Lederjacken und Speedpickel! Julian Casablancas schlägt mit seinem Solodebüt „Phrazes For The Young“ den Pfad des Dandys ein. Zwar hört man hier und da das Strokes’sche Garagengemüt durchklingen, die Songs passen aber trotzdem besser zu dekadenten Disco-Abenden. Wie Champagner berauscht und verwirrt einen das neue, verschwenderische Klangbild zwischen Synthies, Break-Beats und irgendwie doch Rock’n’Roll. Nach acht Songs ist das Lasterfest aber schon vorbei. Übrig bleiben leichte Kopfschmerzen, Lichtüberempfindlichkeit und das Gefühl etwas Geiles, Sündiges getan zu haben: „Yes, I know I am going to hell in a purple basket/ At least I will be in another world, while you’re pissing on my casket“ bringt es Casablancas gleich im Opener „Out Of The Blue“ auf den Punkt!

Text: Frédéric Schwilden

Old Canes Feral Harmonic

(Saddle Creek/Indigo) Die Old Canes haben mit ihrem zweiten Album ein kleines Fuzzy-FolkJuwel aufgenommen. Die Band um Appleseed Cast-Frontmann Chris Crisci atmet zwar im Herzen Folk, in den Hirn- und Bauchregionen tanzen jedoch immer wieder Punk, Indie-Rock und Traditionals einen wunderbar-energischen Pogo. Auch wenn Old Canes kein Eigengewächs vom Label ’Saddle Creek’ ist, die stilistische Nähe zu Bright Eyes ist unüberhörbar. Mit einer Einschränkung: „Feral Harmonic“ ist endlich mal ein Gute-Laune-Folk-Album. Das Schlagzeug rumpelt schräg zu CelloBanjo-Mandolin und Chris Stimme pendelt mal volltrunken, dann wieder in erleuchtetem Zustand durch 40 Minuten Energie. So hätte man sich das zweite Album der kalifornischen Dodos gewünscht.

Text: Steffen Meyer

Karen O And The Kids Where The Wild Things Are

(Universal) Leider verkommen Soundtracks oft zu einer lieblosen Sammlung aus Singles, auf dass jeder etwas zum Schunkeln bekommt. Fantastischerweise sind die Macher von „Where The Wild Things Are“ einen andere Weg gegangen: Der Soundtrack als Kunstform. Dafür haben sie mit Karen O von den Yeah Yeah Yeahs eine der aufregendsten Sängerinnen unserer Tage ins Boot geholt, die wiederum neben einem quietschfidelen Kinderchor ihre Bandkollegen und eine ganze Schar an formidablen Gastmusikern anwarb. Klingt bunt, ist es auch: An jeder Ecke warten bezaubernde Melodien und einfallsreiche Instrumentierungen. Mal singt uns Fräulein O., wie in „Worried Shoes“, sanft in den Schlaf, dann fällen sie und ihre jugendliche Meute mit „Rumpus“ einem wieder in den Rücken. So klingt perfekter, leichtfüßiger Pop mit Tiefgang - Großes akustisches Kino, Operation geglückt.

Molina & Johnson Molina & Johnson

(Secretly Canadian/Cargo) Wenn sich zwei begnadete IndieFolk Heroen wie Jason Molina und Will Johnson nach einem Konzert der Electric Co. Austin Band zum Plauschen treffen, sich über Hüte unterhalten, Nummern austauschen, um sich dann fünf Monate später die Seele aus dem Leib zu jammen und das Entstandene auch noch auf einen Silberling zu bannen, dann merkt man erst, wie simpel es manchmal erscheint, Großes zu schaffen. Ein handgemachtes Meisterwerk, das vor allem mit den von Will Johnson vorgetragen Stücken Gänsehaut garantiert. Voller Sehnsucht und Poesie wird hier eine Mischung aus Folk, Indie und Country zelebriert, die einer eigenen Liga bedarf. Absolut minimalistisch, aber mit Leidenschaft und Seele ohnegleichen.

Text: Kai Butterweck

Text: Volker Bernhard

Savoy Grand Accident Book

(Glitterhouse/Indigo) Die ganze Stube ist vollgestellt mit überflüssigen Erinnerungen längst vergangener Tage. Da wird es selbst Graham Langley zu bunt. Der Savoy Grand-Frontmann musiziert jetzt ohne Zuversicht und Optimismus: Das neue Album „Accident Book“ ist die krasse Antithese zu Liebe, Partnerschaft und Zweisamkeit. Es geht um den größten Feind des Menschen er selbst - und weswegen es unmöglich scheint, den Kampf je zu gewinnen. Langley verpackt seine tiefschürfenden Erkenntnisgewinne in stockdüsteren Slow-Core, der auch den letzten Funken Hoffnung ad acta legt. So heftig die Akustikgitarren dabei hallen und die Drums wie Schläge wirken, werden diese Songs selbst den hartgesottensten Melancholiker bis ins Mark erschüttern. Einzig Wehmut bleibt, alles andere verschwindet nach dem Hören des „Accident Book“. Eine der besten Platten des Jahres 2009.

Text: Marcus Willfroth

Thao With The Get Down Stay Down Know Better Learn Faster

(Kill Rock Stars/Cargo) Anfang 2008 veröffentlichten Thao Nguyen und ihre Begleitband The Get Down Stay Down das gemeinsame Debüt „We Brave Bee Stings And All“. Das war toll! Folky Indie-Pop mit viel Liebe zum Detail, smarten Texten, lässigen Tanzbeats und bleibenden Melodien. Seitdem haben die Drei eine Menge Konzerte gespielt, viele Herzen erobert und offenbar auch ein paar gebrochen; darunter wie’s scheint manch eigenes. Zumindest jedenfalls ist „Know Better...“ von einer deutlichen Liebeskater-Stimmung durchzogen. Da aber Thao eine großartige Songwriterin ist, gewinnt sie dem altbekannten Thema diverse interessante neue Seiten und Bonmots ab. Obendrein hört man den neuen Songs an, wie sehr die Band durch die vielen Konzerte zusammengewachsen ist; da sind die Gastmusiker wie Andrew Bird und Laura Veirs fast nur der Vollständigkeit halber zu erwähnen. Warm, klug, schön!

Text: Torsten Hempelt


unclesally*s magazine

PLATTEN/OFFENBARUNG

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DIE OFFENBARUNG Devendra Banhart WHAT WILL WE BE (Warner)

Devendra Banhart galt immer als Vorzeige-Freak, als Vertreter des Querdenker-Folks, für den vor einigen Jahren der Name „New Weird America“ ersonnen wurde. Das amerikanische Magazin Harp schwärmte, er besäße „eine tiefere Beziehung zum Kosmos als die meisten von uns“. Für sein sechstes Album ist Banhart nun zum Großkonzern gewechselt. Das ist kein ungefährlicher Zug. Schon so manche tiefe Beziehung zum Kosmos ist bei einem Major zügig verloren gegangen. Der Wechsel der Plattenfirma hat in diesem Fall aber zunächst positive Folgen: Der Sound ist deutlich besser als auf den vorherigen Werken. Und seinen Spieltrieb hat Devendra Banhart

auch bei ‘Warner‘ nicht verloren. Fast jeder Song auf „What Will We Be“ führt ein neues Genre ein: Glam-Rock, Lounge-Jazz oder Led-Zeppelin-artige Psychedelia. „Angelica“ beginnt als Hippie-Folk und endet in brasilianischem Tropicalia. Es gelingt Banhart, aus dieser eigenartigen Stil-Mixtur eine Sammlung guter Songs zu machen, die durch eine entspannt-sonnige Grundstimmung zusammengehalten werden. Um die Beziehung zwischen Devendra Banhart und dem Kosmos steht es also immer noch blendend: „What Will We Be“ ist ein FreakAlbum, und zwar ein sehr schönes. Text: Arne Lieb

1 hoffnungslos ** 2 egal ** 3 üben ** 4 bemüht ** 5 kann man machen ** 6 gut ** 7 vorn dabei ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 klassiker 30 Seconds To Mars This Is War

(EMI) Seit einigen Jahren gefällt sich Jared Leto als Kajal geschminkter Rock-Sänger in den Reihen von 30 Seconds To Mars. Wie durch Geisterhand schaffte er sogar den Durchbruch und ist inzwischen berühmter als Bandleader denn als Hollywood-Beau. Auch Album Nummer Drei, „This Is War“, ist wieder ganz dicke Hose und birgt mit fett aufgetragen Arrangements Rock-Musik für die aktuelle MTV-Generation. Dies zu kritisieren, ist wie Fische aus einem Fass angeln, und so muss man Leto zugute halten, dass das Paket aus Role-Model und Emo-Rock am Ende aufgeht. Obwohl jedwede Überraschung fehlt und der Zenit längst überschritten ist: „This Is War“ hat immer dann ein paar tolle Momente parat, wenn die Songs mal keine Hymnen sein wollen. Passiert leider selten - der Fangemeinde wird’s trotzdem gefallen. 5

Text: Marcus Willfroth

84 Syndrome Vs Gluefactory Antonio Villaraigosa Golden Expressway

(Long Beach/Broken Silence) Es gibt viele Konsumenten, die bei Sideprojekten ihrer Helden mit Grausen die Köpfe schütteln. Aber gerade dies vermeintlich engstirnige Klientel an Hörern wird sich über die Split-CD von und mit Pennywise-Bassist Randy Bradbury freuen. Zumindest die ersten sechs Songs, die allesamt in Eigenregie eingespielt und geschrieben wurden, hätten auch gut und gerne auf jeder Scheibe seiner Homeband vertreten sein können. Schnell, energetisch und mit bekannter Attitüde brettert sich Mr. Bradbury durch Teil eins des Albums. Kantiger und rotziger klingt, was dann folgt. Unter dem Decknamen Gluefactory und mit alten Weggefährten wie Mike Davis oder auch Mudd Lowther punktet er gegen Ende mit Oldschool-Klängen, die an die Anfangstage der Cali-Punk-Bewegung erinnern. 7

Text: Kai Butterweck

Anajo Und Das Poporchester

(Tapete/Indigo) Zu Hause im studentischen Augsburg musizieren Anajo seit ziemlich genau zehn Jahren und beschenken deswegen nicht nur ihre Fans mit einem Jubiläums-Album, sondern erfüllten sich selbst damit einen kleinen Traum: Die Orchester-Umsetzung

schwebte ihnen schon seit geraumer Zeit vor und nun haben sie eine abwechslungsreiche Retrospektive mit ihren besten Songs verwirklicht. Die passende Unterstützung lieferten 26 Studierende Musiker der Universität Augsburg. Lieder wie „Vorhang Auf“ und die eingängig-kluge „Monika Tanzband“ vertragen das neue Soundgewand sehr gut. Intelligenz trifft Big-Band-Charme. 7

Text: Samuel Stein

Annie Don’t Stop

(Label) Fünf Jahre nach dem Überhit „Chewing Gum“ und dem dazugehörigen Album „Anniemal“ meldet sich Annie zurück - kann sie nach der unfreiwilligen Pause wieder punkten? Die Antwort vorneweg: Ja! Nachdem das, was ihrer Karriere passiert war, frappierend dem Schicksal der Boys in besagtem „Chewing Gum“ ähnelt (durchgekaut und ausgespuckt, wenn man so will), berappelt sich die Norwegerin und gibt mit „Don’t Stop“ das Motto vor. Von der ersten Sekunde an wirbeln die Trommeln, die skandierten Slogans sind catchy („Hey Annie/ Do you want more, baby, do you want more?“) und die Synthie-Melodien stehen ihnen in nichts nach. Sozusagen das Beste aus den Achtzigern, Neunzigern mit der Attitüde von heute - und wenn der „Breakfast Song“ nicht zum nächsten Tanzflächenfüller wird, dann stimmt irgendwas nicht. 7

Text: Stephan Behrens

Backyard Babies Them XX

(Billion Dollar Babies/ Soulfood) Hellcopters-Frontpilot Nicke Andersson hatte seinem einstigen Bandkollegen und Backyard Babies-Gitarrist Dregen schon vor rund zwei Jahren folgenden Rat an die tätowierte Brust gelegt: Junge, Alter. Hör’ auf! Dregen und seine Backyard-Kumpels scheinen seinem Tipp nun zu folgen, denn 20 Jahre nach Bandgründung verkünden die schwedischen Hinterhof-Rocker ihr baldiges Karriereende. Das wird natürlich standesgemäß abgefeiert - mit Wein, Weib, Gesang, einer Tour und einem sämtliche Fans pleasenden Lebenswerk aus den größten Hits, einem Fotoband, einem Film und unveröffentlichtem Song-Material. So einen Abschied dürften die ruhig öfter feiern. 5

Text: Dieter Rasse

Bionic Ghost Kids Horrorshow

(GIM/Intergroove) Da sage noch mal jemand, heutzutage ließe sich

nichts Neues machen - was die Bionic Ghots Kids hier verzapfen, wurde bisher kaum geschafft: der vollkommene Mix aus Dancefloor und Hardcore. Aber wir reden weder vom typischen Laut-Leise-Screamo mit Pop-Refrain noch vom Elektro-Core solcher Bands wie Enter Shikari. Die Bionic Ghost Kids gehen ein paar Schritte weiter: „Poison Ivy“ oder „Save The Last Dance“ sind Futter für Scooter-Fans und Viva-Zuschauer, allem gelegentlichen Gebrüll zwischendurch zum Trotz. Piano-Töne, weiblicher Vocoder-Gesang, Kirmes-Techno - das schreit nach Charts und Bierzelt, ist allerdings auch so verdammt eingängig, dass man es nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Disco-Core-Freunde haben mit „Horrorshow“ unendlich viel Spaß - wer seine peinlichen Lieblingslieder aus Angst um seine Szene-Credibility aber sowieso nur heimlich hört, sollte das auch mit dieser Scheibe tun. 8

Text: Tito Wiesner

Birdy Nam Nam Manual For Successful Rioting

(Columbia/Sony) Die HipHop- und Ska-Ursprünge der Turntabler haben sich auf dem zweiten Album in die Fußnoten verzogen, stattdessen begeben sich die vier Franzosen eher auf die elektronischen Spuren ihrer Landsmänner von Justice und Co. Zwar fehlen ein, zwei Hits, deren Melodien sich auf Anhieb einbrennen und bis in den Mainstream schwappen könnten. Aber davon abgesehen gehören die gewaltigen Beats und schrägen Sounds, die Birdy Nam Nam aus ihren als Instrumente eingesetzten Plattenspielern hauen, zum Vielschichtigsten, was es in Sachen elektronischer Musik in jüngster Zeit zu hören gab. Inklusive gelungener Überraschungen wie „Homosexuality“, wo das Quartett beweist, dass es zarten Sébastien Tellier-Schmelz fast genauso gut beherrscht wie wilde Live-Shows. 8

Text: Patrick Heidmann

Boy Omega The Ghost That Broke In Half

(Riptide/Pleasure Syndicate/Cargo) Selbst als Geist kann man daran zerbrechen, nicht zu wissen, ob man zurückkommen oder das Weite suchen sollte. Zwei Jahre lang hat sich Martin Henrik Gustafsson aka Boy Omega mit diesem quälenden Zustand auseinander gesetzt, Songs geschrieben und überwiegend in seinem Heimstudio nahe Göte-

borg eingespielt. Mit Unterstützung von seinen Freunden Rasmus Kellerman (Tiger Lou), Andrea Kellerman (Firefox AK) und Emelie Molin (Audrey) kam dabei vom Saxophon bis zum Streicher-Set eine Fülle an Instrumenten zum Einsatz, denen anschließend wieder massenweise digitale Spielereien und Samples hinzugefügt wurden. Herausgekommen ist ein persönliches, zutiefst emotionales Album, das streckenweise in lethargischer Melancholie zu ertrinken droht, aber immer wieder den Weg zurück an die glitzernde Oberfläche findet, um euphorisch nach den Sternen zu greifen. 6

Text: Boris Mischke

The Busters Waking The Dead

(Ska Revolution/Indigo) Die 13. erweist sich als Glückszahl von Deutschlands bekanntester SkaBand. Trotz des Ausstiegs von Sänger Richard Tabor und einer Umbesetzung an den Saxophonen hat die mitgliedstarke Truppe mit „Walking The Dead“ ein kleines Meisterwerk geschaffen. Prominente Unterstützung gab es von Schauspielerin Katharina Wackernagel, die sich für die Mitarbeit der Busters am Film-Soundtrack zu „Résiste - Aufstand der Praktikanten“ revanchierte, so dass sich neben dem Titeltrack noch zwei weitere Songs mit ihrer Begleitung wiederfinden. Doch auch sich selbst sind The Busters genug und pflügen wieder quer durch alle skanahen Genres, nur den Punk Sucht man auf „Waking The Dead“ vergebens. 6

Text: Katja Taft

Cold Cave Love Comes Through

(Beggars/Indigo) Wave-Freunde haben 2009 reichlich neues Futter bekommen. Wer nach dem famosen Editors-Album „In This Light And On This Evening“ Lust auf mehr hat, sollte Cold Cave eine Chance geben. Die Band hat zwar nicht die Wucht der UK-Kollegen, wohl aber massig Synthies, für die der Gitarrenfreund erst einmal seine Toleranzgrenzen erweitern muss. Dass Cold Cave-Kopf Wes Eisold früher bei den Punk-Bands Some Girls und Give Up The Ghost mitgespielt hat, muss man jedenfalls wissen - hören kann man es nicht. Die Ästhetik ist hier - passend zum Bandnamen - wesentlich unterkühlter. Viel Pop, etwas Noise, starke Texte, männlich-weiblicher Wechselgesang, dazu die unvermeidbaren Joy Division-Referenzen - so lässt sich Cold Cave auf den Punkt bringen. 6

Text: Robert Goldbach


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The Cute Lepers Smart Accessories

(Damaged Goods/Cargo) Während The Briefs nach wie vor auf Eis liegen, veröffentlicht Steve E. Nix nach dem tragischen Tod seines Gitarristen Travis Criscola das zweite Album mit den Cute Lepers. War der Erstling schon eine überaus nette aber nicht ganz zwingende Angelegenheit, wird er von „Smart Accessories“ ziemlich locker in die Tasche gesteckt. Der leicht reduzierte Punk-Faktor steht der charmant swingenden Mischung aus SixtiesSound und klassischem Spätsiebziger-Power-Pop mit einer gehörigen Prise Buzzcocks bestens zu Gesicht. Vor allem aber fährt die Band schweres Hitgeschütz auf: „You Don’t Have To Belong To The Religious Right“, „Bob Forrest Song“ oder auch „What Happens Next“ lassen Sonne und Herz aufgehen, und mit dem abschließenden „Fall To Pieces“ füllen die Cute Lepers die Lücke, die The Lost Patrol Band zumindest bis auf weiteres hinterlassen hat. 7

Text: Marek Weber

Dead To Me African Elephants

(Fat Wreck) Sowas nennt man Quantensprung. Die einst in Bands wie Western Addiction oder One Man Army für kreiselnde Moshpits sorgenden Mitglieder von Dead To Me aus San Francisco kehren ihren straßenerprobten Punk-Wurzeln den Rücken und veröffentlichen mit „African Elephant“ ein klischee- und genrebefreites Meisterwerk. Es hagelt Grunge, Surf, Power-Pop- und EthnoSounds, gepaart mit lupenreinem Indie-Rock, gerecht verteilt auf 13, den Spirit des Punk atmende und an Joe Strummer & seine Mescaleros gemahnende Stücke. Damit wird „African Elephant“ zum „Sandinista“ unserer Zeit. Für diesen Satz wird sich niemand im Grab herumdrehen müssen. 9

Text: Florian Hayler

Elyjah Planet, Planet

(Klimbim/Cargo) Alle Jahre wieder lässt sich Großartiges in den Berliner Proberäumen entdecken: Nein, Elyjah machen weder Elektro noch Indie-Pop. Sie sind auch keine Stylomaten mit schrillen Sonnenbrillen im Gesicht. Vielmehr konzentriert sich das Trio auf seinem Debüt „Planet, Planet“ auf anspruchsvollen Post-Rock und schielt dabei oft über den Großen Teich in Richtung Trail Of Dead, Sparta oder Thursday. Auffällig hierbei ist die Präzision und Detailverliebtheit der Rhythmusfraktion sowie die Vielseitigkeit, mit der vor allem Sänger und Gitarrist Robert Oeser stimmlich als auch auf seinem Instrument zu überzeugen weiß. Gerade die ruhigen Stücke fallen dabei keineswegs aus dem sonst aus härterem Holz geschnitzten Rahmen und zeigen, dass das Potenzial von Elyjah noch lange nicht ausgeschöpft ist. 7

Text: Christopher Mühlig

Fall Out Boy Believers Never Die

(Universal) Auch der schnieke Pete Wentz gönnt sich mit seinen Fall Out Boy-Kollegen eine unbestimmte Auszeit; natürlich nicht, ohne vorher ein paar letzte Loorbeeren abzusahnen. Ob ihre Fans aber Bock haben, für zwei Song-„Raritäten“ und zwei bisher –piffpaff – unveröffentlichte Stücke nochmal ein komplettes Monatstaschengeld zu investieren, weiß nur Kollege Gott. Für ganz Devote gibt’s das Album mit Bonus-DVD. Darauf: Die Videos zu den größten Hits inklusive Kommentare der Band. Traurige Grätsche. 2

Text: Florian Hayler

Fireworks All I Have To Offer Is My Own Confusion

(Hassle/Soulfood) Zehn Jahre ist die Veröffentlichung des New Found Glory-Debütalbums „Nothing Gold Can Stay“ inzwischen her, und während sich die Band Anfang nächsten Jahres auf Jubiläumstour begeben wird, hilft Gitarrist Chad Gilbert derweil als Produzent dem Nachwuchs auf die Füße. Wobei: Fireworks sind keine echten Frischlinge mehr und klingen eher wie alte Hasen - juvenile Coming OfAge und Post-Highschool-Lyrics garnieren dennoch wohlbekannte Pop-Punk-Spielerein. Obwohl Gilbert bekanntlich eine Vorliebe für Hardcore hat, ist sein Einsatz für die Detroiter wenig verwunderlich, denn musikalisch ähnelt seine Entdeckung der eigenen Band ungemein - vor allen Dingen die Stimmen der jeweiligen Sänger machen den Vergleich zwingend. Als reine Kopisten werden Fireworks mit „All I Have To Offer Is My Own Confusion“ aber sicher nicht in die Geschichte eingehen. 6

Text: Katja Taft

Get Well Soon Vexations

(City Slang/Universal) Auf seinem zweiten Album befasst sich Konstantin Gropper alias Get Well Soon mit dem Stoizismus. Das ist eine Richtung der Philosophie, die empfiehlt, durch emotionale Selbstbeherrschung sein Los akzeptieren zu lernen. Glücklicherweise braucht man sich mit diesem konzeptionell-theoretischen Überbau nicht zu beschäftigen, sondern darf sich auch als Nicht-Philosoph an der Musik erfreuen. Gropper hat sich zu melancholischen, fast düsteren Songs mit einem Hang zum Dramatischen inspirieren lassen und diese mit einer orchestergroßen Besetzung eingespielt. Von emotionaler Selbstbeherrschung kann man bei diesem Album nicht sprechen. „Vexations“ ist ein stimmungsvoller Soundtrack zum hemmungslosen Traurigsein. 7

Text: Arne Lieb

Gluecifer B-Sides and Rarities 1994-2005

(People Like You/EMI) Hallo? Noch jemand da draußen? Gluecifer, anybody? Vier Jahre nach der Trennung der norwegischen „Kings Of Rock“ kramten die sympathischen Dortmunder Knastfreunde von ’People Like You’ die zu Recht längst vergessenen „B-Sides & Rarities“ von Captain Poon & Co. ans Tageslicht, und das brennt nicht nur in den Augen. 17 Songs, die Hymnen wie „Easy Living“, „Go Away Man“ oder „I Got A War“ niemals das Wasser reichen können. Für Fans, Sammler und euch da draußen. 3

Text: Florian Hayler

Jello Biaffra And The Guantanamo School Of Medicine The Audacity Of Hype

(Alternative Tentacles/ Cargo) 30 Jahre ist es inzwischen her, dass die Dead Kennedys mit „California Über Alles“ nicht nur ihre erste Single, sondern auch einen DER Meilensteine des US-amerikanischen Punkrock überhaupt veröffentlichten. Besonders an der Band war natürlich die Musik - genauso von Surf-Gitarren beeinflusst, wie an Klangexperimenten interessiert; dazu von einer einmaligen, kompakten Power. Womöglich noch wichtiger aber war die Stimme, waren die hochsarkastischen Texte Jello Biafras. 1986 lösten sich die Dead Kennedys im Streit auf, seither tobte sich Biafra vor allem mit kurzlebigen Projekten und in Spoken-Word-Shows aus - bis er im vergangenen Jahr mit einigen versierten Kollegen die „GSoM“ gründete und dieses nahezu nahtlos an die späten Kennedys anknüpfende, kraftvolle Album aufnahm. Altmodisch aber gut! 7

Text: Johannes Recht

Jeniferever Choose A Bright Morning

(Monotreme/Cargo) Nachdem ‘Monotreme Records’ bereits zu Beginn des Jahres mit „Spring Tides“ den Nachfolger zu „Choose A Bright Morning“ veröffentlicht hat, erscheint das Debütalbum von 2006 jetzt erst offiziell in Deutschland. Von der chronologischen Seite mal abgesehen, kann man die Reihenfolge aber auch getrost vertauschen. Wesentliche Unterschiede in Sound und Songwriting gibt es kaum. Die epischen Songs transportieren mal mehr, mal weniger das Gefühl von Einsamkeit oder Melancholie. Das ist für ein paar Augenblicke ganz sicher genau das Richtige, auf der Länge eines ganzen Albums führt das dann aber zu einer gewissen Belanglosigkeit. Die Höhen und Tiefen, wie es sie beispielsweise auf einer Appleseed Cast-Platte gibt, werden von Jeniferever leider hinter einer kolossalen Hallorgie versteckt. 5

Text: Sebastian Wirth

Jenny Owen Youngs Transmitter Failure

(Nettwerk/Souldfood) 2007 verliebte ich mich Hals über Kopf in eine junge Frau mit einer Gitarre. Sie hieß Jenny Owen Youngs, der Grund für meine Verzückung trug den Titel „Batten The Hatches“ und war das Debüt der New Yorkerin. Nun, zwei Jahre später, ist leider Ernüchterung eingekehrt. „Transmitter Failure“ ist ein grundsolides Pop-Rock-Album, an den Charme seines Vorgängers reicht es aber bei weitem nicht heran. Statt auf intime, in sich gekehrte Akustikstücke setzt Owen Youngs nun vor allem auf üppig produzierte und instrumentierte Mid- und Uptempo-Nummern. Das Problem dabei: All die elektrischen Gitarren, Streicher und Keyboards lenken letztlich von den Qualitäten der Amerikanerin ab. Welch außergewöhnliche Stimme und welch großes Talent als Songwriterin sie besitzt, offenbaren nämlich am besten die reduzierteren Stücke des Erstlingswerks. 6

Text: Steffi Erhardt

Juri Gagarin Cobra

(Audiolith/Broken Silence) Mit der aufkommenden Techno-Welle, die Anfang der Neunziger deutsche Ufer erreichte, betraten auch die zwei Kasachen Sergej Halosin und Arnold Kinsel zum ersten Mal das Land der Dichter und Denker. Auf der musikalischen Bildfläche erschienen sie erstmalig aber mit Hardcore-Experimenten. Doch minimalistische Beats und elektrische Klänge gewannen zunehmend die Aufmerksamkeit der zwei Wahl-Hamburger, und so wandten sie sich dem Techno-Pop zu - Juri Gagarin war geboren. Für ihr mittlerweile zweites Album „Cobra“ haben sich die Herren zur Verstärkung Sängerin Flicke, das weibliche Aushängeschild für den neuen frischen Sound, mit ins Boot geholt. Eine Entscheidung, die sich ausgezahlt hat. 5

Text: Natascha Siegert

Kent Röd

(Sony) In ihrer Heimat Schweden sind sie Superstars, hierzulande sind sie noch immer ein Geheimtipp: Kent. Ihr neues Album „Röd“ (dt. „rot“) haben sie, ganz wie es die Etikette heutzutage verlangt, in Berlin aufgenommen. Viel geändert hat sich aber nicht. Hymnen sind noch immer ihr täglich Brot: ob der Opener „18:29-4“, an den übergangslos das mit Nerv tötenden Synthesizern überladene „Taxmannen“ anschließt oder „Krossa Allt“ und „Hjärta“, die dank ihrer sphärischen Klänge sehr an a-ha erinnern. Stellenweise klingen die neun Songs mehr wie eine Last als ein Befreiungsschlag. Sänger Joakim Berg scheint sich förmlich von Refrain zu Refrain zu hangeln - dann jedoch entfaltet er seine Stärke und lässt seine Stimme voll Sehnsucht, Wehmut und Leidenschaft erklingen. 5

Text: Kati Weilhammer

Kinderzimmer Productions Over And Out

(Kinderzimer/Rough Trade) Es ist nun schon zwei Jahre her, dass Textor und Quasi Modo beschlossen, das Leben als aktive

Vampire Weekend Contra (XL/Beggars/Indigo)

CONTRA:

Der Erfolg des ersten Albums von Vampire Weekend beruhte auf dem Clou, dass die Band aus New York ganz unverkrampft Afro-Beat mit Indie-Rock verknüpfte. Beim zweiten Album ist das nicht anders. Das ist nicht mehr überraschend, und gänzlich unverkrampft klingt es daher auch nicht mehr. „Contra“ ist deutlich der Wille anzuhören, den eigenen Sound weiterzuentwickeln. Mal klingen die Songs mehr nach College-Rock, mal etwas experimenteller. An manchen Stellen bauen Vampire Weekend Samples ein, an anderen klingen sie plötzlich wie Paul Simon vor 25 Jahren. Bei all diesen Ausflügen kommen dem Album die erfrischend klare Linie und die Spannung des Debüts abhanden. Vampire Weekend wollen auf „Contra“ zu viel und klingen dabei viel zu brav.

Text: Arne Lieb

Pro:

Vampire Weekend haben „Contra“ nicht aufgenommen, um Kritikern zu gefallen. All den HäppchenmusikFetischisten, die von einer Band erwarten, mit jedem Album aufs Neue die MusikRevolution zu stemmen, sei hiermit ausgerichtet: Fickt euch! „Contra“ sagt das etwas genauer, seine Urheber studiert und auf derartige Fäkalsprache nicht angewiesen. Zu Revolutionären haben sie sich selbst auch nie erklärt. Stattdessen feilen VW am eigenen Sound und machen ein bisschen autistisch da weiter, wo ihr Debüt aufhörte. Und so quillt „Contra“ über vor kleinen Details, setzt vermehrt auf Elektronik und liefert zehn tolle Songs, die zwischen Paul SimonNostalgie und Indie-Flair den guten Ton treffen. Übrigens: AC/DC haben 21 Alben, die gleich klingen - da beschwert sich auch keiner.

Text: Timo Richard


unclesally*s magazine

HipHop Band an den Nagel zu hängen. So schwer das auch zu verkraften war, hat sie mit der nun vorliegenden Live-AbschiedsPlatte „Over And Out“ doch ein Nebenprodukt erzeugt, das dem Musikliebhaber die Freudentränen in die Augen treibt. Der Konzertmitschnitt aus dem Dortmunder Konzerthaus bietet HipHop unplugged, also eine Unmöglichkeit, die aber trotzdem möglich ist. Der T und Herr Modo spielen sich gemeinsam mit fünf Live-Musikern durch die Höhepunkte ihrer Karriere, und geben sich alle Mühe, die eigenen Samples lebensecht nachzustellen. „Over And Out“ liefert selbst für die, denen Kinderzimmer Productions zu Lebzeiten an der Denkmurmel vorbeigerauscht sind den ultimativen Grund die Band zu vermissen. 8

Text: Timo Richard

Laura Veirs July Flame

(Bella Union/Cooperative/Universal) Laura Veirs wird im Medienzirkus nie für beschleunigten Herzschlag sorgen. Ihr Brillengesicht und die klare Mädchenstimme geben der in Portland lebenden Musikerin die Aura einer Grundschullehrerin. Keine Manierismen, keine viktorianischen Flatterkleider oder sonstiges Tamtam. Mit ihrer ausgeprägten lyrischen Vorliebe für Naturmetaphern und -bilder pflegt Veirs lediglich einen dezenten Eso-Touch. Ihr siebtes Album hat sie nun nach einer Pfirsichsorte benannt und „July Flame“ ist eine Sommer-Platte geworden, mit Titeln wie „Sun Is King“ oder „Summer Is The Champion“. Streicher, Bläser und Chorgesänge sorgen für neue Klangakzente im warmen,

hübsch arrangierten Veirs’schen Folk-Pop, und der Hörer fühlt sich zuweilen an laue Sommerabende erinnert. Im aktuellen Dreckswetter eine willkommene Abwechslung. 7

Text: Nina Töllner

Moneen The World I Want To Leave Behind

(Dine Alone/Soulfood) Dass Moneen im Jahr 2006 noch zusammen mit Alexisonfire auf der SplitEP „The Switcheroo Series“ zu hören waren, erscheint angesichts der nun eingeschlagenen Richtung fast schon wie ein Versehen. Das vierte Album der Kanadier klingt bis zur vierten Stelle hinter dem Komma kalkuliert und vorsichtshalber noch mal nachgerechnet. Mit einer Mischung aus Bombast-Rock, Fall Out Boy-Emo-Pop-Punk und den obligatorischen Halbakustik-Balladen hat „The World I Want To Leave Behind“ alles, was es zum Soundtrack für jede beliebige US-Teenie-Soap so braucht. Handwerklich gut gemacht, nur eben schon unzählige Male gehört. Die Ausnahme bildet lediglich der abschließende Song „The Glasshouse“, der vermuten lässt, wie diese Band einst geklungen hat. 5

Text: Christopher Mühlig

Pillow Fight Club About Face And Other Constants

(Hazelwood/Indigo) US-Indie aus dem Süd-Westen Deutschlands. Pillow Fight Club klingen, als ob sie sich aus den Achtzigern in die Zukunft verirrt hätten. Mit dem Opener „Mirror Star“ verweisen die Vier auf Sonic Youth und klingen mit „Not Interes-

ting“ so, als hätten sie am „Kalten Klaren Wasser“ der Chicks On Speed genippt. Vielleicht wäre ein größerer Schluck gar nicht schlecht gewesen. Ein wenig fehlt dem zweiten Langspieler der PärchenBande trotz einer gehörigen Portion Noise, Rhythmus und Verspieltheit der nötige Druck, der ein nettes Album von einem großartigen unterscheidet. Die Grundlage ist gut, aber wahrscheinlich hätten Au Revoir Simone oder Mates Of States noch den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag gehabt. 5

Text: Britta Arent

Royal Bangs Let It Beep

(City Slang/Universal) Nur eine weitere IndieElektro-Kapelle zu sein, kann man dem Quintett aus Knoxville, Tennessee, wirklich nicht vorwerfen: Dafür sind die zwölf hier versammelten Songs mit ihren vergleichsweise kaputten SynthesizerSounds oder dem angerauten, streckenweise hysterischen Gesang zu eigenartig. Die Tanzbarkeit von Stücken wie „War Bells“ oder „Poison Control“ sollte nicht angezweifelt werden, das altbekannte Rezept liegt auf der Hand: Schnell, wild, jedoch poppig genug zum Liebhaben. Doch hier liegt der Hase begraben, denn leider zünden nicht alle Lieder ähnlich. Besagte Idee ist nach einer Handvoll Songs mit ähnlichem Sound ausgereizt. Man darf trotzdem gespannt sein, was sich diese talentierten Herren beim nächsten Album einfallen lassen. 7

Text: Volker Bernhard

The Rumble Strips Welcome To The Walk Alone

(Universal) Müssen The Rumple Strips jetzt schon mit kleinen Hunden punkten? Nein, auch ihr zweites Album braucht nicht zu niederem Tricks zu greifen, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Mark

PLATTEN

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Ronson hat mithilfe von Final Fantasy-Mastermind Owen Pallet den Dexys Midnight Runners Sound der Rumble Strips ordentlich gepusht: Aufwendige Orchestrierung und reichlich Background-Gesänge werden nur von Charlie Wallers Mark-erschütternder Stimme getoppt. Mit reichlich Tempowechseln, bombastischen Streichereinsätzen und unglaublichen Refrains glänzt „Welcome To The Walk Alone“ und besticht durch skurrile Songideen um prügelnde Ehefrauen und das Leid eines Hundelebens in London - nämlich dem von Jack Russel Terrier „Douglas“, Charlie Wallers tierischem Gefährten.

Text: Britta Arent

Snow Patrol Up To Now

(Universal) Zugegeben, Snow Patrol sind echter MainstreamBrit-Pop. Doch mit ihren Balladen beweisen die Briten, dass nicht alles was im Fernsehen und im Radio gespielt wird, zwangsläufig seichter, kalkulierter Pop-Müll sein muss. Seit nunmehr eineinhalb Jahrzehnten ist die Band um Sänger und Mastermind Gary Lightbody aktiv; Zeit, einmal Bilanz des musikalischen Werkes zu ziehen. Das Best-Of-Album „Up To Now“ enthält bekannte Charterfolge wie „Chasing Cars“, alte und neue, teilweise rockige Stücke und unterhaltsame Coverversionen, wie etwa eine Neuinterpretation von Beyoncés „Crazy In Love“. Mit den 30 Songs des Albums beweisen Snow Patrol ihre Vielseitigkeit und machen Lust auf weitere 15 Jahre voller zerbrechlicher Hymnen. 6

Text: Natascha Siegert


Sweethead Sweethead

(PIAS/Rough Trade) Während Queens Of The Stone Age-Kopf Josh Homme, Dave Grohl und John Paul Jones als Them Crooked Vultures die Band der Stunde darstellen, nutzt QOTSAGitarrist Troy Van Leeuwen die Gelegenheit, sich ebenfalls einem Nebenprojekt zu widmen. Zusammen mit dem Schlagzeuger und Bassisten der Mark Lenegan-Band und der weitestgehend unbekannten Sängerin Serrina Sims formierte er Sweethead. Das Ergebnis des selbstbetitelten Debüts ist ein nach allen Regeln der Indie-RockKunst vorgetragenes Werk, ganz im Stile der frühen Yeah Yeah Yeahs oder The Duke Spirit, wobei Serrina Sims eher nach Courtney Love klingt. Was hier aber vor allem fehlt, ist der Mut der Protagonisten, sich selbst etwas aus der Reserve zu locken und bekannte Klasse zu zeigen. So bleibt „Sweethead“ nur ein eher kurzweiliges Vergnügen. 6

Text: Christopher Mühlig

Them Crooked Vultures Them Crooked Vultures

(Sony) Dave Grohls Traum ist wahr geworden: Mit Led Zeppelins John Paul Jones und Queens Of The Stone Age-Chef Josh Homme hat er ein paar Stunden im Studio abgerissen und durfte mal wieder ordentlich auf die Trommelfelle hauen. Allein das sollte genug des Guten sein und seinen therapeutischen Wohlfühleffekt für den Tausendsassa erfüllt haben. Aber nichts da. „Them Crooked Vultures“ ist keinesfalls des Abfallprodukt einer verkopften Superstar-Jam Session geworden. Zwar schwankt der Opener „No One Loves Me & Neither Do I“ noch ein bisschen unsicher, doch schon kurz darauf wird Josh Hommes unerschütterliche Stimme von schweren Bassläufen und wummernden Beats flankiert, und der Dreiklang ist perfekt. Them Crooked Vultures klingen, wie man es in der Addition ihrer Talente erwarten würde - traumhaft eben. 7

Text: Katja Taft

WER HÖREN WILL, MUSS SEHEN Konzertfilme bergen das Problem, dass etwas wiedergegeben werden soll, was gar nicht wiedergegeben werden kann. Black Rebel Motorcycle Club und die Fotografin Tessa Angus, die für die Regie und Aufnahmen verantwortlich zeichnet, schaffen es mit „Live“ (Cooperative) aber immerhin, ein gutes Stück der Magie einer Live-Show einzufangen. Die in schwarz-weiß gehaltenen Mitschnitte dreier europäischer Konzerte erschaffen die Illusion eines durchgängigen Auftritts, den der Zuschauer aus unterschiedlichen Perspektiven miterlebt. Dass zusätzlich noch Behind-The-Scenes-Material und eine CD mit einigen der Live-Songs mitgeliefert werden, ist da nur das Sahnehäubchen. Wer nie so genau weiß, wann eigentlich Weihnachten ist, hier eine kleine Orientierungshilfe: Weihnachten ist, wenn auf einem Bauzaun deiner Wahl ein Toten Hosen-Plakat klebt. Das sieht nicht nur spitze aus, sondern spart jeden Kalender. In diesem Jahr haben sich die Düsseldorfer zum Fest was total Abgefahrenes einfallen lassen: Ihrer frisch beendeten, erfolgreichsten Tour der an Höhepunkten ohnehin kaum zu toppenden Über-Karriere setzt die Band ein auf CD und DVD gebranntes Krönchen auf. Auf der Live-CD „Machmalauter: Die Toten Hosen - Live!“ (JKP/ Warner) hagelt es die 29 Hosen-Hits, die Campino & Co. Abend für Abend variantenbefreit durch bundesdeutsche Großarenen pusteten, während die Live-DVD „Machmalauter: Die Toten Hosen Live In Berlin“ ein schönes, rauchvernebeltes Zeugnis eines lustigen Konzertabends vor rund 22.000 bierseligen Anhängern darstellt. Richtig Tanz unterm Christbaum ist aber erst, wenn Papa in Anbetracht der limitierten Party-Box „Machmalauter: Die Toten Hosen Live - Die Volle Dröhnung“ zu heulen anfängt. Kein Wunder, bei so viel geballter Nostalgie. Sie haben auf Schiffen gespielt, auf Dächern und nun auch auf Kampnagel. Bei Sonnenaufgang hatten Kettcar zu einem Konzert der besonderen Art in die alte Hamburger Kranfabrik geladen. „Live auf Kampnagel 5:43 A.M.“ (Grand Hotel Van Cleef) dokumentiert Umsetzung und Konzert, bei dem Kettcar ihre Hits erstmals gemeinsam mit einem Streicherquartett präsentierten. Nicht unbedingt die Kulisse, sondern Uhrzeit und Umsetzung sorgen für unwirkliche Schönheit und wohlig entrücktes Entzücken. Für die Aufzeichnung ihrer ersten Live-DVD sind Kings Of Leon dorthin zurückgekehrt,

wo für sie alles begann. Nach England. Knapp zwei Dutzend Songs, darunter fast alle Singles, präsentieren Kings Of Leon auf „Only By The Night - Live At The O2-Arena, London“ (Sony). Wie gewohnt, ziehen die Jungs keine Show ab, sondern präsentieren Hit an Hit. Nach der Hälfte der fast zwei Dutzend Songs fließen auf der Bühne Scheiß und Weißwein und aus musikalischer Sicht lässt die DVD keine Wünsche offen. 2009 war ein Wahnsinnsjahr für Peter Fox, und zu den Höhepunkten gehörten die Open-Air-Konzerte in der Berliner Wuhlheide. Für das große Publikum veranstaltete Fox ein großes Spektakel, das man sich jetzt auf „Live aus Berlin“ (Warner) anschauen kann. Der Konzertfilm enthält einige Doku- und Backstage-Szenen, zeigt aber vor allem die ausgefeilte und intensive Live-Show, in die Fox offensichtlich sehr viel Herzblut gesteckt hat. Dazu finden sich auf der DVD alle Videoclips von Peter Fox, eine Dokumentation über die grandiose Showtrommel-Gruppe Cold Steel und ein Videoclip von Miss Platnum, die als BackgroundSängerin dabei war. Wer keine Zeit oder kein Geld hat, um kurz mal in den Big Apple zu jetten, der bekommt mit „The Brooklyn Queens Expressway“ (Asthmatic Kitty) die perfekte Dosis NY für zu Hause. Sufjan Stevens hat sich der Gegend rund um den titelgebenden Expressway gewidmet: Orchestrale Töne begleiten die kunstvoll eingefangenen, dramatischen wie schwärmerischen Eindrücke der Metropole, an denen man sich gar nicht statt sehen kann. Trotz des kunstvollen Zusammenspiels aus Bild und Ton und der beliegenden CD bleibt doch der Wunsch nach dem gewohnten Songgut aus dem Hause Stevens. Auch Die Ärzte lassen sich nicht lumpen und legen uns mit „Overkiller“ ebenfalls eine DVD unter den Weihnachtsbaum. Darauf sind alle Videos, die seit 2000 erschienen sind. Sehenswert sind aber vor allem die aufwändig produzierte Führung der drei älteren Herren durchs Menü, eine Splitscreen-Version mit frei wählbarer Tonspur zu „PerfektHimmelblauBreit“ (fast so schön wie die Drei-Rillen Vinyl-Edition) und unglaubliche Aufnahmen von Belas und Farins erstem gemeinsamen Auftritt auf einer Spandauer Wiese im Jahre 1980!

Text: Steffi Erhard, Florian Hayler, Ina Göritz, Arne Lieb, Kati Weilhammer, Caroline Frey


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DEMODESASTER

DEMODESASTER

Seite 25

Foto: jg_79 / photocase.com

Glück für alle!

Das erste Dezennium dieses Jahrtausends neigt sich dem Ende. Viel ist passiert, wobei wir einen ausführlichen Rückblick den anderen Medien überlassen möchten. Stattdessen haben wir aus diesem Anlass Erik Sumiharu Hagiwara-Nagata eingeladen. Der Legende zufolge erfand sein Ururgroßvater Makoto um 1900 das heute als Glückskeks bekannte Gebäck, um den Besuchern des Japanese Tea Gardens in San Francisco eine Freude zu machen. Auch wir geben den Bands eine Weisheit mit auf den Weg, auf dass die nächsten zehn Jahre die ihren werden. APPLES IN A MOSHROOM MALUS

Apples In A Moshroom bieten Angriffsfläche ohne Ende: Einen bescheuerten Bandnamen, nicht minder blöde Pseudonyme und obendrein ein Klangbild, das vordergründig schon mal an Schmalzlocken wie Reamonn und Nickelback erinnert. Und das soll Metal sein, wie es im Info steht? Mitnichten! Trotzdem ist „Malus“, AIMs mittlerweile zweite EP, kein Ausfall. Denn am Ende ist das Berliner Quintett zu hell im Kopf, als dass sie gänzlich in die Klebefalle Schmuse-Rock tapsen. Mit feinen Soli und toll verquerer Rhythmik wie in „Eine Welt“ ziehen sie die Wurst vom Teller. Tosenden Applaus spenden wir deswegen noch lange nicht, denn dafür müsste es doch öfter krachen. Mr. Nagata meint: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“

Heimat: aim-band.de

DAANTJE & THE GOLDEN HANDWERK AHA

„Ich brauche nicht viele Worte und nur wenige Akkorde“ stellt Joachim Zimmermann aka Daantje & The Golden Handwerk aus Stuttgart klar und beschreibt damit gezielt und selbstsicher seinen LoFiMix aus Indie und Singer-Songwriting. Metaphorisch tiefgründig und voll von skurrilem Witz sollen sie sein, die Geschichten und Alltagsweisheiten, die er von sich gibt. Allzu oft münden sie jedoch in einer platten Pointe. Schlicht und ausreizend umspielt er sein „Rampenlied“ und zerrt mit ermüdenden acht Minuten Titellänge an unserer chronischen Unruhe. Zumindest aber „Der Container“ gehört auf jede perfekte Umzugs-Compilation. Mr. Nagata meint: „Wer Großes schaffen will, muss durch viele Nächte wandern.“

Heimat: daantje.de

GROUNDSTAFF ZEITREISE

Braucht die Musik-Szene noch einen weiteren deutschen Pop-Rock-Hochkaräter? Wir wissen es nicht, möchten das aber bezweifeln. In übermäßig fetter Produktion und ein bisschen viel Overdubbing nehmen uns Groundstaff aus Bayern mit auf ihre „Zeitreise“ der eingeimpften Radiotauglichkeit. Ist das Christina Stürmer, sind das Silbermond? Nein, das ist die Stimme von Frontfrau Rebekka, in der glockenhell Enthusiasmus und Alltagsschmerz mitschwingen. Groundstaff versorgen uns mit Hitpotenzial wie geschnitten Brot. Klingt gut, bleibt im Ohr, doch lange vermissen wir gerade das Unperfekte und Eigene, um bei Songs wie „Edmond“ und „Spaziergang“ dann endlich „Geht doch!“ rufen zu können. Mr. Nagata meint: „Derjenige, der den Berg abtrug, hat mit kleinen Steinen angefangen.“

Heimat: groundstaff.de Live: 19.12. Forchheim - SNC

I THE UNLORD I THE UNLORD

Wer sich I The Unlord nennt, den dürfte Finsteres umtreiben. Und in der Tat: Vom ersten (Miss-)Ton weg walzt sich hier eine Monstrosität von EP Bahn, die Baumstämme wie Streichhölzer knickt. Die Dampfhammerschläge, die der Vierer aus Münster mit seinem doomigen Hassklumpen der Marke Iron Monkey, Converge und Heaven Shall Burn austeilt, muss man erst mal wegstecken. Uff! Auf Dauer gerät die Gewaltmethode jedoch etwas berechenbar, weil auch in Sachen Tightness zuweilen noch das Feintuning fehlt. Wenn I The Unlord aber das nächste Mal um die Ecke biegen, gehen wir in Deckung. Denn die sind gemeingefährlich! Mr. Nagata meint: „Ein Lächeln kostet nichts und bewirkt viel.“

Heimat: myspace.com/itheunlord

KAFKAS ORIENT BAZAAR DEMO 2009

Kafka im Orient? Wir dachten, der hätte fast ausschließlich in Prag gewohnt. Allerdings meint der mitgelieferte Artikel aus der Süddeutschen, „kafka“ sei türkisch und hieße „kaukasisch“. Bassist Attila beherrscht die Sprache qua Herkunft, und überhaupt pflegen er und seine Kollegen einen kosmopolitischen Ansatz. Heißt konkret: Die Münchner zocken multilingualen Post-Punk, garniert mit krachigem Elektro-Clash und Schalk im Nacken. Das kommt ziemlich erfrischend, vor allem die Keyboards wissen zu gefallen. Wenn besagter Attila allerdings für „Hala“ ans Mikrofon wechselt, gerät das Ganze doch arg schief. Angesichts der anderen drei Fetzer sehen wir über derartige Ausrutscher aber mal generös hinweg. Mr. Nagata meint: „Dem sind keine Grenzen gesetzt, der sie nicht hinnimmt.“

Heimat: kafkasorientbazaar.de

KINGS & KILLERS KINGS & KILLERS

Die Hamburger Kings & Killers haben ihre Hausaufgaben gemacht und Alternative-Rock, Stoner und Grunge gepaukt, bis es in Fleisch und Blut überging. Äußerst catchy und grollend bollern die Riffs uns dann auch entgegen. Zusätzlich sind die Jungs auch noch mit einem Sänger ausgestattet, der sich vor Chris Cornell nicht fürchten müsste. Erstklassige Zutaten, könnte man also sagen. Doch dann kommt der Refrain und aufgebautes Potenzial verpufft wie Wasser in der Sauna. Allzu viel Herzblut scheint bei den Jungs im Vers zu liegen, so dass kaum noch Druck für den meist seichten Chorus bleibt. Sparsames Haushalten ist also angesagt, denn die guten Ansätze sind nicht zu leugnen. Mr. Nagata meint: „Ein rollender Stein setzt kein Moos an.“

Heimat: myspace.com/kingsandkillers Live: 4.12. Bremen - BTBW

MEMBRAN MEMBRAN

Membran frönen nach eigener Aussage dem „schizophonic lifestyle“. Möglichen Interessenten dieser Art des Lebenswandels sei gesagt, dass dafür zunächst das eigene Gesicht mit einer Strumpfmaske in Form zu bringen ist. Außerdem gehört Musizieren fernab jeglicher Formate dazu. Membran machen vor, wie das geht: Sie ziehen Billy Idol, Pothead, die Melvins sowie Fantômas heran und pressen Industrial-RockLieder mit leicht psychotischer Note heraus. Damit ist man zwar in Gesellschaftskreisen mit guter Kinderstube nicht mehr wohl gelitten, aber damit muss ein schizophonic Lifestyler klar kommen. Schließlich ist das hier nur etwas für „extreme people“. Mr. Nagata meint: „Hast du Gift gegessen, iss auch gleich den Teller mit.“

Heimat: membransux.de

RATATÖSKA ANTRIEB

In Berlin das Rad in Richtung Reggae oder Dub neu zu erfinden, erscheint relativ aussichtslos, ist die Hauptstadt doch mit Seeed, Culcha Candela oder den Ohrbooten bereits prominent besetzt. Ratatöska probieren es dennoch. Mal mehr, mal weniger gelingt das. Weiß ihr „Antrieb“ noch vollends zu überzeugen, wird in der Folge allzu offensichtlich nach genannten Bands geschielt. Wenn Ratatöska aber plötzlich den Santana raus holen oder Elektro-Beats austeilen, um an Vielschichtigkeit zuzulegen, kann man sich dem Tanzbeinschwingen nur schwer entziehen. Mr. Nagata meint: „Das Schicksal mischt die Karten, aber wir spielen.“

Heimat: ratatoeska.de

Text: Roy Fabian, Maik Werther




Seite 28

TEST

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TEST

THE XX

Im großen Ex-Test

Zugegeben, es war nur der Bandname, der uns zu diesem Psychotest verführte. Selbst mit unserem Sensationshunger vermuten wir keine allzu große Ex-Erfahrung bei dem jungen, schüchternen XX-Bassisten Oliver Sim. Doch das ist auch gar nicht nötig: Bei den folgenden zehn Fragen geht es nur um Herz und Bauchgefühl, und das ist ja bekanntlich angeboren.

FRAGE 1 Deine Freundin serviert dich per SMS ab. Wie reagierst du?

nicht zu Hause zu sein.

geht da über alles.

FRAGE 3

FRAGE 5

A Ich rufe sie an und frage, was los ist B Ich antworte nicht und lösche

Mit welchem dieser Mixtape-Songs würdest du am ehesten Lebewohl sagen?

C Ich packe Glasscherben

A „Love Killed Me“ von Morrissey B Was auch immer gerade

Deine Freundin, die dich vor Jahren mit üblem Liebeskummer sitzen ließ, meldet sich wieder und möchte eine recycelte Beziehung mit dir...

umgehend ihre Nummer

unter ihre Reifen

Oliver: Auch wenn’s schwer fällt, würde ich wohl anrufen und mehr wissen wollen... Mir ist das zum Glück noch nie passiert und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ich mit jemandem zusammenkommen würde, der sich im Endeffekt als so jemand entpuppt.

FRAGE 2 Deine Ex-Freundin hat dich abgeschossen und möchte jetzt ihren Kram aus deiner Wohnung holen. Was machst du? A Ich lasse sie rein B Ich räume all ihr Zeug nach draußen

auf die Straße und rufe sie dann an

C Ich lade sie ein, habe aber noch ein

anderes Mädchen zu Gast, die ich als meine neue Süße vorstelle Oliver: Ich würde A nehmen, aber versuchen,

in den Charts ist

A Mal sehen, immerhin ist da noch

C “Glad To See You Go“ von den Ramones

Oliver: Morrissey ist in Liebesdingen ja sehr dramatisch. Das wäre zu viel des Guten. Keine Ahnung, wer gerade in den Charts ist, sicher Lady Gaga oder so – das ist unverfänglich. Dann nehme ich B.

FRAGE 4 Du siehst deine Ex-Freundin mit ihrem neuen Typen bei IKEA. Was machst du? A Smalltalk B Ich verstecke mich hinter dem

nächsten Billy-Regal

C Ich frage sie sofort, ob ihr

Genitalherpes abgeheilt ist Oliver: Ich würde wahrscheinlich wie die meisten reagieren und mich verstecken. Vermeidung

diese Vertrautheit zwischen uns...

B Sie könnte nicht anrufen, ich habe meine Nummer geändert und die Schlösser getauscht C Retourkutsche: Ich gebe vor, wieder ein Paar zu sein, um SIE dann sitzen zu lassen

Oliver: Also mit der Ex, an die ich gerade denke, würde ich es nicht noch mal versuchen. Ich wäre eher der Typ, der die Schlösser austauscht. Sicher würde einen die Vertrautheit am Anfang umhauen und vielleicht sogar wie eine rosarote Brille wirken. Aber wenn man von jemandem so übel abserviert wurde, ist ein Neuanfang mit Substanz eher unrealistisch.

FRAGE 6 Du bist in einer Beziehung, verliebst dich


aber in eine andere Dame. Wie machst du mit deiner Freundin Schluss? A Ich erwähne die andere Person nicht

und sage nur, dass wir uns auseinandergelebt haben B Kurz und schmerzlos, die andere Person erwähne ich nur auf Nachfrage C Ich plane nicht, denn ich bin so überwältigt von der Genugtuung, endlich mal derjenige zu sein, der Schluss macht

Oliver: Wahrscheinlich Antwort A. Man sollte die andere Person besser nicht erwähnen. Obwohl, wenn dich deine Ex dann eine Woche später mit der Neuen sieht, ist das noch verletzender. Dann B, das ist die ausgewogenere Alternative.

FRAGE 7

C Ich suche mir jemand neuen,

um mein Selbstbewusstsein wieder aufzumöbeln

Oliver: Leider ist es mir auch schon passiert, dass ich meine Freunde vernachlässigt habe, weil die Beziehung einfach so intensiv war. Das ist dumm. Ich nehme Antwort C, das ist nicht nett, aber menschlich.

FAZIT Oliver ist kein Mann der großen Worte und kein Typ für die erste Selbstdarsteller-Reihe. Komisch eigentlich, dass er es bis auf die große Bühne geschafft hat. Bei sechs B-Antworten muss niemand zerfetzte Reifen fürchten. ExFreundinnen bleibt nur der Schlüsseldienst. Romantisch ist der Gute trotzdem, nur eben etwas leiser.

Bei dem berühmten Satz: „Lass uns Freunde bleiben...“ denkst du:

AUSWERTUNG

A hoffentlich B lass mal, das Kapitel

Typ A:

ist abgeschlossen C von jetzt an können wir „Feinde“ sagen Oliver: Ich nehme Antwort A. Meine Eltern sind mir in dieser Beziehung ein positives Vorbild. Sie sind geschieden, verstehen sich aber immer noch super.

FRAGE 8 Wie würdest du mit deiner Ex-Freundin bei Facebook umgehen? A Den Beziehungsstatus ändern B Sie von der Freundesliste löschen C Alte, peinliche Urlaubsfotos hochladen

Du meinst es gut und bist sehr romantisch. Doch leider hörst du in einer Beziehung gerne auf, als eigenständiges Individuum zu existieren. „Soll ich dich abholen, dir Geld schenken, den roten Teppich mit meiner Zahnspange entfusseln und dir die Hühneraugen ausdrücken, Schatz?“ Und bitte nimm‘ keine Rücksicht auf mich, ich bin verliebt! Happy-End-Garantie nur mit sehr viel Selbstaufgabe.

Typ B:

Wie gehst du mit Liebeskummer um?

Ein Königreich für deine Rationalität. Liebe tut weh, das weißt du auch, doch im Gegensatz zu vielen anderen hast du die beneidenswerte Fähigkeit, Dinge ruhen zu lassen, abzuhaken und damit irgendwann einen gesünderen Neuanfang zu starten, auch wenn es noch so schmerzt. Sei es die Gier nach Rache oder die schnuckelig zirpende Ex-Freundin - deine emotionale Bodenständigkeit schützt dich vor allem, was zu viel Dreck und Arbeit macht. Happy-End-Garantie: irgendwann bei 100%, versprochen.

A Ich leide, rede viel darüber und

Typ C:

Oliver: Antwort B. Ich würde mich zu Hause einschließen und mich ablenken. Ich bin eher jemand, der still leidet und nicht groß mit anderen darüber spricht.

Mal ehrlich Schätzchen, dein Problem liegt noch ganz woanders. Nach außen bretterst du alle mit deinem vermeintlichen Selbstbewusstsein nieder, dabei bist du doch so leicht aus der Ruhe - und vor allem - um dein Selbstwertgefühl zu bringen. „Würde“ ersetzt sich deshalb in deinem Wortschatz durch „Rachelust“, wenn sich mal wieder einer wagt, deine selbsterfüllende Prophezeiung vom ewig zu Unrecht abgeschossenen Ex zu erfüllen. Happy-EndGarantie: Mit hartem Training in Sachen Empathie und Selbstreflexion kann’s irgendwann noch etwas werden.

Oliver: Ich würde die virtuelle Freundschaft kündigen und keine schmutzige Wäsche waschen. All diese Internetspielereien, diese ganze Transparenz ist mir persönlich ein bisschen zu viel. Ich bin auch nicht mehr bei Facebook.

FRAGE 9

entwickle ein seltsames Essverhalten B Ich bleibe zu Hause und baue ein Regal C Ich schmiede Rachepläne

FRAGE 10 Wenn deine Beziehung zu Ende geht, stehst du zunächst vor dieser Aufgabe...

A Ich muss neue Freunde finden,

denn die alten habe ich vernachlässigt

raus und starte mein Leben neu

B Ich haue alle Erinnerungsstücke

Text: Christine Stiller Heimat: thexx.info Auch gut: „XX“ – das aktuelle Album von The XX


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MUSIK STORIES

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hingegen. Wenn meine Band bei mir ist und wir zusammen proben, ist jeder von uns stocknüchtern und konsumiert weder Drogen noch Alkohol. Klingt sehr verantwortungsvoll, oder? Durchaus. Wenn du Devendra Banhart 2009 in einem Satz beschreiben müsstest, wie würde der lauten? (schnappt sich einen Zettel – siehe unten) Ich zeige dir, wer ich wirklich bin. Die Frage lautet: „What Will We Be?“ Die Antwort: „What We Will Be!“ Füge die beiden Gesichter zusammen und so entsteht aus „Was sind wir?“ – „Was wir sind!“ Eine kleine Satzumstellung reicht aus.

Devendra Banhart Wer ist Devendra Banhart?

Das Phänomen ist schwer greifbar, musikalisch wie menschlich: Devendra Banhart gefällt sich seit Jahren darin, alle zu verwirren – doch nun soll Schluss sein mit dem Versteckspiel und das neue Album „What Will We Be“ für Aufklärung sorgen. Du giltst als Begründer des Weird-Folk, grenzt dich mit deinen neuen Songs aber klar davon ab. Es ist vielmehr Jazz und Sixties-Pop, den wir zu hören bekommen. Schubladen sind ein Graus. In keinem Interview sprach ich je von „Weird-Folk“, um meine Musik zu umschreiben. Das seid allein ihr Journalisten, die gerne alles einordnen. Mir geht es darum Neues auszuprobieren, mich nicht festzulegen und Grenzen zu sprengen. Dann stimmt es auch nicht, dass Devendra Banhart mit Eichhörnchen spricht. Ist das auch eine Erfindung der Presse? (lacht) Nein, aber ich bin trotzdem kein Freak.

Wenn ich Songs schreibe, mag ich es einfach, wenn draußen die Natur zu hören ist. Bei meiner aktuellen Platte „What Will We Be“ war das auch so: Ich streute Brotkrumen rund um mein Haus in der Nähe von Los Angeles und sehr viele Tiere kamen plötzlich herbei – eine beruhigende Situation für mich. Das ist alles, es hilft. Was hat es mit deiner Aussage von vor ein paar Jahren auf sich, dass Marihuana für dein Songwriting essentiell ist? (lange Pause, wirrer Blick) Gute Ideen erzeugst du nicht, wenn dein Verstand vernebelt ist. Es gibt sicher eine Menge Leute, die gerne mal einen Joint rauchen, um klarzukommen. Mich verwirrt das

Während Prof. Dr. Devendra Banhart sein Hauptseminar „Sein und Zeit“ fortführt und noch kommentarlos einen Baum des Lebens aufs Blatt kritzelt, soll an dieser Stelle festgehalten werden, dass „What Will We Be“ sein musikalisch bestes, weil komplexestes Werk ist. Dem Weird-Folk hat er ohne es zu wissen Lebewohl gesagt und empfiehlt sich mit jazzigem Pop für den Songwriter-Olymp 2009. Text: Marcus Willfroth Foto: Erik Weiss Heimat: devendrabanhart.com

Devendra Banhart auf Tour: 1.12. Berlin – Passionskirche *** 3.12. Hamburg - Fabrik


ape t x i m a s ‘ e f i l

HEUTE MIT: These New Puritans Musikalische Megalomanie ist wohl die treffendste Beschreibung für „Hidden“, die zweite Langspielplatte aus dem Hause These New Puritans. Wenn sich die Brüder Garnett und ihre Kollegen ans Album-Reißbrett setzen, wird dick aufgefahren. Zwei riesige, per Lastwagen angelieferte japanische Tempeltrommeln, ein Blasorchester, ein paar Hochleistungsrechner und ein Geräuschemacher, der sonst in Film, Funk und Fernsehen eingesetzt wird, waren vonnöten, um „Hidden“ in exakt das schräge Stück Musik zu verwandeln, das es jetzt ist. Wer Melonen mit Crackern beklebt, um das Geräusch eines eingeschlagenen Kopfes zu simulieren, beweist nicht nur Fantasie, sondern hat sicher noch andere „interessante“ musikalische Ideen... Welches Geräusch ist unmöglich im Studio nachzuahmen? George Barnett: Geräusche von vorbeirauschenden Patronen gehen gar nicht. Wir haben versucht, Nägel so schnell es geht an einem Mikro vorbeizuwerfen, aber das hat nicht funktioniert... Wessen Songideen würdest du gerne einen Tag lang selbst haben? Jack Barnett: Die Ideen einer sexy Frau. Aber ich weiß gerade nicht, welche das sein könnte... Das beste Schlagzeug-Solo, egal ob mit oder ohne Tempeltrommeln, ist auf welchem Album? George Barnett: Ich habe keine Ahnung wie das Album heißt, aber das beste Schlagzeug-Solo ist von Bill Bruford, dem Drummer von King Crimson. Welcher klassische Komponist teilt euren Sinn für Dramatik? Jack Barnett: Definitiv Benjamin Britten. Er ist der beste Komponist aller Zeiten und ich liebe seine Musik sehr. Wahrscheinlich kommt das daher, dass er und wir von der südenglischen Küste stammen. In seinen Kompositionen kannst du das Leben in einer rauen, unwirtlichen Landschaft hautnah miterleben. Er mischt Brutalität und Melancholie, das finde ich faszinierend. Und welcher zeitgenössische Musiker liegt da auf eurer Wellenlinie? George Barnett: Michael Jackson.

Jack Barnett: Naja, eher Bands wie Van Der Graaf Generator. Oder vielleicht Peter Gabriel. Oder deutsche Bands wie die Einstürzenden Neubauten. Wobei ich denen lieber zusehen würde, als selbst den Presslufthammer zu bedienen. Bei welchem Film-Soundtrack habt ihr euch sehr gegruselt? Jack Barnett: Ich sehe gar nicht viele Filme, auch wenn ich viele Ideen daher nehme. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist viel zu kurz für einen ganzen Film. Aber der Soundtrack zu „Mulholland Drive“ von Angelo Badalamenti ist wirklich gruselig – und damit meine ich nicht schlecht. Welches Album, das euch sehr wichtig ist, wird in der öffentlichen Wahrnehmung unterschätzt? George Barnett: Ganz klar. „Outside“ von David Bowie. Das ist eine meiner ewigen Lieblingsplatten. Das ist seine Industrial-Scheibe, klingt nach Nine Inch Nails. Sie wurde unglaublich schlecht beworben und hat dementsprechend wenig Aufmerksamkeit abbekommen. Jack Barnett: Und außerdem hat die IndustrialSzene wahrscheinlich nicht viel für David Bowie übrig gehabt. Text: Tim Richard Foto: Harley Weir Auch gut: „Hidden“ - das aktuelle Album von The New Puritans


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MUSIK STORIES

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geschockt.“ Eine Dampfhammer-Methode, die bald auch Freunde und Bekannte zu spüren bekommen sollten.

Die Bühne ist ein Teil deiner selbst Pallett gilt seit jeher als musikalischer Einzelgänger – auch live benötigt er niemanden an seiner Seite: Die stets famose Mixtur aus Klassik, Pop und großen Arrangements bringt er mit allerhand Loops allein auf die Bretter, die die Welt bedeuten. „Meine Freunde sahen mich nie als Genie an, im Gegenteil: Nach dem ersten Konzert in meiner Heimat Montreal fragten sie mich, ob alles okay mit mir sei – so apathisch muss ich gewirkt haben. Eine Seite an mir, die lange im Verborgenen lag.“

Es gibt keinen Weg, nur Trampelpfade

Final Fantasy

Scheitel machen blind: Owen Pallett.

Selbstfindung in drei Akten Owen Pallett kennt kein Pardon und vertont mit seinem Projekt Final Fantasy die Gefühle in seinem Herzen. ‘Fantasyland‘ heißt sein drittes Meisterwerk in Folge und ist das erste Album nach den vielen Geständnissen gegenüber Freunden und Familie. Die Wahrheit ist ein launisches Wesen Als 2006 das Final Fantasy-Debüt erschien, ahnte niemand, was in Owen Pallett wirklich vorging,

nicht mal seine Eltern. „Ich habe ihnen mit einem Song beigebracht, dass mich sexuell nur Männer interessieren und meinen damaligen Freund innerhalb von drei Minuten emanzipiert. Sie waren

‘Fantasyland‘ widmet Owen Pallett erneut einer ganz bestimmten Person: Seinem aktuellen Partner, dessen Namen er nicht verrät. Dafür aber, warum der grausame Bauer Lewis als Hauptfigur der neuen Songs ein Abbild von ihm ist. „Wer genau hinhört, merkt, wie viel er mir trotzdem bedeutet. Er ist voller Leidenschaft, im positiven wie negativen Sinne – ein Wechselbad der Gefühle, das ich nur zu gut kenne.“ Es sei jedoch alles im Lot daheim, bekräftigt er zufrieden. So entsteht das Bild eines Künstlers, dessen Musik genauso außergewöhnlich ist, wie er selbst. Mit ’Fantasyland‘ schafft Pallett die Quadratur des Kreises und kombiniert wuchtige Streicher und Bläser mit verspielter Pop-Musik. Die Angehörigen dürfen stolz auf ihn sein! Text: Marcus Willfroth Foto: Ryan Pfluger Heimat: finalfantasyeternal.com

Get Well Soon In die Breite

Der Titel des neuen Get Well Soon-Albums ‘Vexations‘ gibt die Marschrichtung vor – es sind typische Ärgernisse, die Mastermind Konstantin Gropper beschäftigen und kurioserweise gar nichts mit dem eigenen Leben zu tun haben. Berlins derzeit bester Musiker hat die Ruhe weg. Mit stoischer Gelassenheit schlürft er seine Tasse Tee und freut sich, dass nun die Zeit gekommen ist, um Fehler zu machen: „Mir ist durchaus bewusst, dass die neuen Songs für ein breiteres Publikum bestimmt sind als mein Debüt vor zwei Jahren“, erklärt Gropper, und peinlich ist ihm das nicht. Im Gegenteil. So resolut und instinktgetrieben der 27-Jährige sein Ding durchzieht, so beeindruckend ist einmal mehr das Ergebnis: ‘Vexations‘ scheut die großen Melodien nicht und widmet sich dem Pop mit einer Inbrunst, dass inzwischen auch internationale Größen wie die Lo-Fi-Ikone Bill Callahan auf Gropper aufmerksam werden. „Als er vor einem Jahr auf Tour ging, wollte ich unbedingt den Support machen. Was schlussendlich auch klappte. Blöd nur, dass Callahan generell kein Interesse an längeren Gesprächen hat.“ Im Gegensatz zu seinem Vorbild ist der Get Well Soon-Frontmann keineswegs maulfaul und beantwortet gerne die Frage, weshalb die neue Platte recht düstere Inhalte transportiert: „Mir geht es

...And justice for all: Konstantin Gropper aka Get Well Soon.

im Grunde sehr gut und vielleicht fällt es mir daher leichter, dunkle Themen in meinen Songs zu verarbeiten. Ich kann das nicht beantworten, vieles bei mir passiert intuitiv. Ein neuer Text schreibt sich wie von allein.“ Apropos, das Songwriting ging ihm diesmal schneller von der Hand als noch vor zwei Jahren: „Es war nicht mein Plan, so bald neues Material zu veröffentlichen. Ich wollte wirklich zunächst eine Pause einlegen, doch scheinbar bin ich nicht in der Lage, auch mal halblang zu machen.

Ich habe ständig neue Ideen.“ Zum Glück, werden sich viele seiner Anhänger spätestens dann denken, wenn sie das erste Mal ‘Vexations‘ zu Gehör bekommen. Bleibt zu hoffen, dass die Songs dieser sagenhaften Platte wirklich nicht autobiographisch sind – man müsste sich Sorgen um Konstantin Groppers Seelenzustand machen. Text: Marcus Willfroth Foto: Jens Oellermann Heimat: getwellsoon.de


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SPEED DATING

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SPEED DATING Elyjah Suchen: Progressive Indie-Kids mit Großeltern zum Buchstaben sortieren. Der erste Eindruck: Für Röhrenhosen- und Nerdbrillen-Poser zu viel des Guten, mag die Berliner Promenadenmischung Freunden des Gitarre-Rock stellenweise ein bisschen zu poppig erscheinen. Doch Offenheit kommt gut beim Partnerfinden. Das werden die Schwiegereltern sagen: E-L-Y-J-A-H – da machst du Oma platt beim Scrabble! Hochzeit oder kurze Affäre: Die vier Herren sind nichts für die seichte Emotionspfütze. Wer kuscheln will, muss tiefgründig sein. Einziges Problem bei der Sache:

Everything Everything die Herren fischen ungewollt wohl eher im platonischen Gewässer: Experimentelle Jungsmusik für Selbstfrickler. Heimat: myspace.com/elyjahband Aktuelles Album: „Planet Planet“

Suchen: Keine Angst - nach nichts, was mit Underworld zu tun haben könnte. Der erste Eindruck: Erwarte das Unerwartete, kein schlechter Leitsatz für ein Blind Date. Pop? Ja. Aber wie? Hier schlagen Künstlertypen theatralische Purzelbäume in alle Richtungen und drehen sich dabei ganz grazil noch um die eigene Achse. Darin bin ich eigen: Haltungsnoten gibt es gute, vor allem für die Aus-

gefallenheit und den nussengen Turnanzug – man achte auf das hohe Stimmchen. Hochzeit oder kurze Affäre: Zu enge Hosen und Turn-Leibchen sollen ja fertilitätshemmend wirken. Doch halten wir den Ball schön flach, vor derartigen Entscheidungen wartet erst noch das Debütalbum. Heimat: myspace.com/everythingeverythinguk

Band Of Skulls Suchen: Teen-Vampire, die ihnen Mützchen stricken, wenn‘s zieht an der kahlen Rübe. Der erste Eindruck: Variiert zwischen schrammeligem Alternative-Rock und vor Emo-Esprit strotzendem Mädchen/JungeGesang der gemischten Doppelspitze. Das größte Kompliment: Fordern die Supergroup heraus und lassen Jack Whites The Dead Weather mit Songs wie „I Know What I Am“ und Emmas tollem Stimmchen richtig blass aussehen. Hochzeit oder kurze Affäre: Wir sagen nur „Twilight - New Moon“-Soundtrack. Bling, bling, bling macht das ganze Kleingeld, denn wir wissen ja, ordentlich Asche lässt Menschen bis zu 25%

IMMANU EL

attraktiver erscheinen. Oder war es der eigene Alkoholpegel? Wie auch immer - haben sie ja gar nicht nötig. Heimat: myspace.com/bandofskulls Aktuelles Album: „Baby Darling Doll Face

Suchen: Eigentlich nach einem besseren Bandnamen, aber wo sie schon mal da sind... Der erste Eindruck: Hört man’s, hört man’s nicht? Anders als bei vielen anderen Schwedenhappen könnten diese Jungs auch aus dem winterlichen Island stammen, von einer norwegischen Inselgruppe oder aus einem Dorf bei Newcastle – ausufernde Schwermut wäre dort wohl überall Programm.

Das werden die Schwiegereltern sagen: Wieso sieht man ihn immer nur im Dunkeln? Hochzeit oder kurze Affäre: Die Sonne tragen die Jungs im Herzen – also da ganz tief irgendwo drin. Die Melancholie ist schließlich das Temperament des Künstlers, und der zupft auch des Nachts im Ehebett an seinen Saiten. Gewöhnt euch dran! Heimat: myspace.com/immanuelband Aktuelles Album: “Moen”


30 SECONDS TO MARS

Brüder mit Kumpel: Tomo, Shannon, Jared.

Auch Pazifisten müssen in den Krieg Den kräfte- und nervenzehrenden Kampf mit ihrer Plattenfirma um Verträge und Deadlines nutzten 30 Seconds To Mars, um ihre Messer zu wetzen und die Stücke ihres neuen Albums ‘This Is War‘ schön blutrot zu streichen. Mittlerweile ist aber wieder alles im Lack. Ein Wort wie “schön“ hat im Leben von Jared Leto natürlich ein gänzlich anderes Gewicht als in unserer bescheidenen Welt. Wer so von Glück, Erfolg und Gottes anatomischen Gnaden geküsst wurde wie der 35-jährige Hollywood-Superstar, der beschäftigt sich mit ganz anderen Dingen als zum Beispiel – einkaufen, Fahrrad aufpumpen oder Miete überweisen. Kollege Leto ist Künstler, Denker, Dichter. Er ist spirituell, intellektuell, eloquent, neugierig, reiselustig, begehrt und insgesamt anders unterwegs als – ihr zum Beispiel. Das einzige, was ihn und den Rest der Erdenmenschen verbindet, ist der Drang zum ausgedehnten und dezibelstarken Gähnen. Kruzitürken, ist der Mann müde! Wahrscheinlich steckt Leto noch der Interkontinentalflug in den Knochen. Oder der „Krieg“, den er und seine Kollegen Shannon Leto (Bruder) und Tomislav Damir Milicevic (Gitarre) mit den bösen Anwälten von ‘Virgin‘ ausfechten mussten, bis sich die Parteien auf folgenden Kompromiss einigen konnten: Die Plattenfirma zieht die eingereichte Klage auf 30 Millionen Dollar Schadenersatz zurück, im Gegenzug gibt Leto mal ein bisschen Gummi und biegt mit dem neuen Album um die Ecke, auf das die meist weiblichen Fans seit vier Jahren fingertrommelnd warten. Guter Deal eigentlich. „Ein Scheißdeal“, gähnt Leto. „Aber was sollen wir machen? Uns geht’s da wie jedem G8-Gegner, denn auch der muss ja irgendwie zur Demo kommen. Ob mit der U-Bahn oder auf den von der Regierung gebauten Straßen. Was ich zu sagen versuche ist: Wie jeder andere auch müssen wir als Band den Pakt mit dem Feind schließen, denn ohne Plattenfirma geht’s nun mal nicht – selbst wenn Bands wie Radiohead das behaupten.“

Entsprechend auf Krawall gebürstet poltern auch die Songs von ‘This Is War‘ aus den Boxen. Da geht’s um Konflikte, Vertrauensbrüche, Korruption und den Zustand der Welt im Allgemeinen. Dinge also, die Leto persönlich und beruflich beschäftigen und die er in Songs wie ‘Alibis‘ „mal genauer unter die Lupe“ nehmen wollte. Gut so. Und wie sich das für den Nachfolger von einem Überalbum wie ‘A Beautiful Lie‘ gehört, stülpten 30 Seconds To Mars auch diesmal einen Kipplader Effekte und technischen Bombast über ihre von Streichern, Pianos und sonstigem Klimbim eingehüllten Songs aus, schließlich soll keiner mitkriegen, dass die schönsten Melodien noch immer von U2 stammen. Nur wären die nie so cool, und würden ihre Fans einen Großteil der Background-Chöre übernehmen lassen. Das macht Bono schön selbst. Aber auch für den hat ein solches Wort sicher eine andere Bedeutung. Text: Flo Hayler Foto: Birte Filmer Heimat: 30secondstomars.com

Kühlung fürs Gehirn Wissenschaftler der State University Of New York haben herausgefunden, dass Gähnen die Aufmerksamkeit steigert. Das Einatmen kühler Luft soll den Temperaturhaushalt im Gehirn regulieren und somit die Leistungsfähigkeit steigern. Warum Gähnen ansteckend ist, konnte bisher nicht vollständig geklärt werden. Forscher gehen davon aus, dass der Reflex auf Sympathie und Nachahmungsverhalten zurückzuführen ist. Übrigens: Nachdem Hunden Videos von gähnenden Menschen gezeigt wurden, gähnten immerhin 72% der tierischen Probanden.


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KONZERTFOTOS OF DEATH

TOURBUS

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Im Tourbus mit:

DEICHKIND

Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen. Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:

Dass die Jungs von Deichkind nicht gerade ein Haufen gesetzestreuer Spießer sind, wussten wir ja schon lange. Mit der einen oder anderen Anekdote der Hamburger hätten aber selbst wir nicht gerechnet. Porky, Bassist der Deichkinder, stand uns Rede und Antwort. „Bon Voyage“. Was machst du am letzten Abend vor einer langen Tour? Am letzten Abend vor einer Tour gehe ich meistens noch mal mit Freunden weg, da ich sie ja dann auch für eine längere Zeit nicht sehe. Das ist auch gut für die Umstellung aufs Tourleben.

A Skylit Drive 4.11. Berlin – Magnet Geknipst von: Decode

Der Act des Abends, mitgebracht haben die Kalifonier-Jungs noch Dance Gavin Dance und die Schweden von The Adept, alle insgesamt sehr gut.

In eurem Repertoire befindet sich ja die eine oder andere PartyHymne. Was hört ihr, wenn ihr im Tourbus richtig aufdreht? Wenn wir feiern, hören wir meistens prolligen HipHop. So was wie DMX, also eher wenig Rock. Wir mögen auch so orientalische Mucke, afrikanischer Trommelquatsch und so was - mehr Dance-Zeug halt. Oft hören wir aber auch gar keine Musik, weil wir dann sowieso total aufgekratzt sind, wenn wir von der Bühne kommen. Jennifer Rostock 1.11. Berlin – Huxley‘s Geknipst von: Fotographics

Welche Angewohnheiten musst du nach einer Tournee wieder ablegen, um gesellschaftsfähig zu sein? Auf jeden Fall muss man den Anteil von Fastfood in der Ernährung nach unten schrauben! Kennst du diese in Plastik eingeschweißten Sandwiches? So was halt. Sonst bin ich zu Hause eigentlich genau so wie auf Tour, alle schlechten Angewohnheiten inklusive. Was machst du, wenn du deine Bandkollegen auf Tour nicht mehr sehen und riechen kannst? Wenn ich mal alleine sein möchte, lege ich mich auf mein Bett, ziehe den Vorhang zu und schaue Filme oder lese. Ich bin aber auch zu Hause viel alleine, von daher nerven mich die anderen eher selten. Wir haben halt eine geile Crew.

Gaslight Anthem 1.1.06 New York – Terminal 5

Timid Tiger 17.10. Hamburg – Grünspan

Geknipst von: Vally

Geknipst von: Sunché

Auch overseas gibt es fette Konzerte! Und Gaslight Anthem sind eine Band, die man live gesehen haben sollte, vor allem in so einer coolen Venue!

...Und nebenbei lernt man auch ein schönes Stück Indisch.

Wen würdest du gerne mal auf Tour mitnehmen? Dirk Bach und Lady Gaga. Mit den beiden würde ich auch gerne mal einen Song aufnehmen. Von welcher Tour-Anekdote bekommst du heute noch einen Kotzreiz? Wir haben mal mit der gesamten Crew bei McDonald`s ein Wettessen gemacht. Da wird mir immer noch schlecht, wenn ich daran denke. Was war denn die krasseste Party, die ihr auf Tour erlebt habt? Die heftigste Party war in Ulm. Da haben wir mit einem Feuerlöscher den kompletten Backstage Bereich unter Wasser gesetzt. Das ganze Zeug ist dann durch den Fußboden direkt in die Haustechnik reingesickert. Die komplette PA und die Anlage waren nur noch Schrott. Text: Natascha Sieger Heimat: deichkind.de Foto: Nikolaus Brade Auch gut: „Die Toco Die“ – die aktuelle Single von Deichkind

Is Leer 1.8. Emsdetten – Wilpsbäumers Hof Geknipst von: Lenbardo

Is Leer prügeln Dampfmaschines „I Love My Body“ in die Instrumente und bändigen das Ganze auch noch auf Video. Unglaublich geil!

The Horrors 10.11. Berlin – Lido Geknipst von: Ivan

Mimik und Gestik des Leadsängers haben die leicht psychedelisch anmutende Musik wirkungsvoll untermalt; aber nicht ohne einen Hauch Ironie, oder?

Deichkind Auf Tour 2.12. Düsseldorf - Philipshalle *** 3.12. Frankfurt a.M. - Jahrhunderthalle *** 4.12. Münster - Halle Münsterland *** 6.12. Berlin - Velodrom *** 7.12. Stuttgart - Schleyerhalle *** 8.12. Fürth - Stadthalle *** 10.12. München - Zenith *** 12.12. Dresden - Eventwerk *** 13.12. Hamburg - Sporthalle *** 14.12. Flensburg - Deutsches Haus *** 15.12. Hannover - AWD Hall


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MIX

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Volkswagen Sound Foundation Die Polo-Premiere in Berlin

Zur Vorführung des neuen Dreitürer-Polos am 1. November im Berliner Congress Center fuhr die Volkswagen Sound Foundation mit ganz großen Stimmungsmachern vor. Die Fantastischen Vier und The Hives trifft man in freier Wildbahn wohl eher selten gemeinsam an einem Konzertabend. Doch auch die Newcomer der Sound Foundation Talentförderung freuten sich über ein in feinstem Zwirn zurecht gemachtes Publikum. Die Wahlberlinerin Siri Svegler trällerte ihre Jazz-Pop-Kreationen mit der Souveränität, die sie sich in den letzten Monaten mehr und mehr aneignen konnte. Auch Nachwuchsrapper F.R. aus Braunschweig überzeugte mit Sprachgeschick und jugendlichem Selbstbewusstsein. Später wurde der rappende Wildfang dann natürlich noch von seinen Paten mit auf die Bühne geholt. Ein noch besserer Entertainer war an diesem Abend nur der gute Pelle Almqvist, als er zum Beispiel zwischen all den Hits seiner Kapelle lautstark auf dem Polo-Dach die Autoschlüssel forderte. Gegeben hat sie ihm allerdings niemand. Schade. Das Sahnehäubchen für die wilde musikalische Mischung des Abends zu spielen, blieb natürlich den Fantastischen Vier vorbehalten. „Sie Ist Weg“, „MFG“ – Hits, Hits, Hits – mehr ist nicht zu sagen. Eine Party mit großen Namen, ach könnte man doch auch mal Polo sein. soundfoundation.de

Holy.Shit.Shopping

Weihnachtsbummeln für Designverliebte Auch in diesem Jahr wird der etwas andere Weihnachtsmarkt für Kunst und Design in verschiedenen deutschen Städten aufgebaut. An den folgenden Tagen könnt ihr mit einem Glühwein in der Hand und dem wenig weihnachtlichen Soundgemisch trendbesessener DJs im Ohr an schicker Mode, ausgefallenem Schmuck, Kunst und Kram junger Designer vorbeischlendern und euren persönlichen Wunschzettel abarbeiten oder das besondere Geschenk für eure Lieben ausfindig machen. Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net (Stichwort: Holy.Shit.Shopping) könnt ihr 5X2 Tickets pro Termin gewinnen. Bitte Wunschstadt angeben. 28.11. 05.12. 12.12. 19.12.

& & & &

29.11. 06.12. 13.12. 20.12.

Köln - Rhein-Triadem Hamburg - Altes Gaswerk im „Otto v. Bahren Park“ Berlin - Postbahnhof Stuttgart - Wagenhallen

holyshitshopping.de

T-Mobile Extreme Playgrounds Street Session Zur Erinnerung

Nicht vergessen, dieses Jahr steckt euch der Nikolaus ein ganz besonders dickes Geschenk in den Schuh. Am 6. Dezember findet in Berlin die Street Session der T-Mobile Extreme Playgrounds statt. Neben den internationalen Topfahrern im Skateboard und BMX werden – Trommelwirbel bitte – Blumentopf, Puppetmastaz und Deichkind für Erste-Sahne-Unterhaltung sorgen. Tickets gibt es unter t-mobile-playgrounds.de. Außerdem verlosen wir auf sallys.net 3X2 Karten für die Sause.

Street Session

boot Düsseldorf

Wassersport zum Anfassen Mitten im Januar surft ihr hierzulande meist nur in euren Träumen. Außer natürlich auf der „boot“ in Düsseldorf. Vom 23. bis zum 31. Januar seid ihr auf der Wassersportmesse herzlich dazu eingeladen, unter anderem im Innenbecken der Beach World Wakeboarden und Stand Up Paddling auszuprobieren. Und in Vorbereitung auf den Sommer gibt es ein knorkes Surfbrett 7’3’’ Mini Malibu von Bic zu gewinnen. Weitere Infos zum Programm findet ihr unter: boot.de

BMX und Skateboard/Vert; Finale World Cup Skateboarding Tour 6.12. Berlin – Velodrom Live: Blumentopf, Puppetmastaz, Deichkind Tickets: t-mobile-playgrounds.de


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REISEFÜHRER

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ROCK'N'ROLL REISEFÜHRER Mit Vom (DIE TOTEN HOSEN) durch Düsseldorf Vom Ritchie ist ohne Clownsperücke und rote Pappnase zur Welt gekommen, und als gebürtigem Engländer sind ihm die Karnevalsrituale der Düsseldorfer zuweilen doch recht fremd. Was gut für uns alle ist. Mit dem Blick des Außenstehenden schickt er euch auf Augenhöhe in nette, unhippe Eckkneipen und warnt vor Textilverlust und ewig miefenden Fettnäpfchen. Wo wohnt Düsseldorfs High Society? Vom: Zum Beispiel in Stockum. Ich wohne direkt an der Grenze zu Stockum in Unterrath, was ich auch stolz zugebe. Die meisten Leute, die man darauf anspricht, behaupten allerdings, sie kämen aus Stockum, auch wenn sie eigentlich in Unterrath wohnen. Ich kenne mich in den Reichengegenden nicht aus und bleibe lieber in meinem Arbeiterklasseviertel in Unterrath. Was sind deine Lieblingsbars? Vom: Mittlerweile fahre ich nicht mehr allzu oft in die Innenstadt, außerdem habe ich eine eigene Bar in meinem Keller. Wenn ich dann aber doch mal unterwegs bin, gehe ich gern ins Engelchen (Kurze Str. 15) oder in die People.Clubbar (Kurze Str. 9), da gibt es auch Live-Musik. Fernhalten würde ich mich vom Ballermann 6 (Bolkerstraße 20). Doch meistens versacke ich in einem Bistro namens „Bei Anna“ (Unterrather Straße 69) gleich bei mir um die Ecke. Da gibt es immer einen freien Tisch und Getränke für 1 Euro. Wo kann man gut essen? Vom: Die Olio Bar (Schirmerstraße 54) sieht zwar nicht aus wie ein exquisites Restaurant und erinnert eher an einen alten Güterbahnhof, aber dort gibt es richtig gutes Essen. Hier speist die Boheme

der Stadt. In teure Lokale gehe ich allerdings nicht. Ich mag japanisches Essen, entlang der Oststraße findet man viele Läden. Welches Aufreißerkostüm würdest du für Karneval empfehlen? Vom: Um ehrlich zu sein, meide ich Karneval immer. Das ist mir zu abgefahren. Einmal waren die Spittin’ Vicars für eine Show in der Stadt. Mein Freund John trug ein Hemd mit einer PunkerKrawatte und die wurde ihm von einer fremden Frau im Supermarkt ohne Vorwarnung einfach abgeschnitten. Sie hatte keine Ahnung, dass er Engländer war und somit nichts von den Bräuchen der „Weiberfastnacht“ wissen konnte. An allen anderen 364 Tagen würden dich diese Frauen im Supermarkt nicht ansehen. An Weiber-

fastnacht schneiden sie deine Krawatten ab und machen dich dann im Hinterzimmer klar. Was sollte man einen Düsseldorfer nie fragen? Vom: Wenn ihr in eine Kneipe geht und ein Kölsch bestellt, macht ihr euch wahrscheinlich sofort unbeliebt. Das ist albern, außerdem mag ich Kölsch. Ich habe mal ein Foto gesehen, da war ein Typ mit einem richtig fiesen blauen Auge drauf, und die Bildunterschrift lautete: „Das passiert, wenn du an Karneval ein Kölsch in Düsseldorf bestellst.“ Also Vorsicht... Heimat: dietotenhosen.de Aktuelles Album: „Machmalauter – Die Toten Hosen Live!“ und die DVD „Machmalauter - Die Toten Hosen live in Berlin!“

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PRÄSENTIERT

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Foto: Erik Weiss

Präsentiert TOUR DES MONATS DEZEMBER.

BIFFY CLYRO

Auf die Gefahr hin, dass ihr es nicht bemerkt habt: Das schottische Dreiergespann macht schon seit 1995 gemeinsam Musik. Mittlerweile haben sich auch schon so einige Alben angesammelt. Für jedes davon kehrte das Trio mit noch eingängigeren Songs aus dem Studio zurück, und weil die Glasgower inzwischen Album Nummer Fünf unterm Arm tragen, kam es, wie es kommen musste: Mit „Only Revolutions“ sind Biffy Clyro ins Stadion eingezogen. Nahezu perfekte Pop-Hymen bestimmen den Klang des aktuellen Werks und so zeigen sich die Jungs melodiös wie nie zuvor. Jetzt könnt ihr also auch getrost eure Freundinnen mitnehmen. Die haben dann sicher nichts gegen charmant-tätowierte Sänger und zuckersüße Zwillingsbrüder einzuwenden. Ihre prominenten Mitmusiker Josh Homme und Oscar-Gewinner David Campbell, die im Studio mithalfen, werden sich aber wohl auf keinem der Deutsch-

landkonzerte blicken lassen. Doch die Clubbühnen sind präpariert: Trotz dickem Sound bleibt das Trio (vorerst noch) den gigantischen Mehrzweckhallen fern, doch wer weiß, was die Zukunft bringt?! Also lieber heute noch mal im entspannten Rahmen ansehen.

Biffy Clyro auf Tour 29.11. Berlin - Postbahnhof *** 30.11. Dresden - Beatpol *** 6.12. München - Backstage

Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! Alberta Cross

01.12. Hamburg - Molotow

20.12. Hamburg - Logo 21.12. Berlin - Festsaal Kreuzberg

Airborne

Deichkind

08.03. München - Tonhalle 10.03. Wiesbaden - Schlachthof 11.03. Stuttgart - LKA Longhorn 13.03. Berlin - Huxleys 21.03. Hamburg - Große Freiheit 22.03. Köln - E-Werk

Band Of Skulls

16.01. Hamburg - Molotow 17.01. Berlin - Magnet 18.01. Köln - Gebäude 9 19.01. München - Atomic Café

Bleech

12.02. Berlin - Rosi`s 13.02. Hamburg - Molotow

Chris Wollard & The Ship Thieves

03.12. Saarbrücken - Garage 04.12. Schweinfurt - Alter Stattbahnhof 06.12. München - Backstage 08.12. Düsseldorf - Zakk 10.12. Frankfurt a.M. - ExZess 19.12. Hannover - Mephisto

02.12. Düsseldorf - Philipshalle 03.12. Frankfurt a.M. - Jahrhunderthalle 04.12. Münster - Halle Münsterland 06.12. Berlin - Velodrom 07.12. Stuttgart - Schleyerhalle 08.12. Fürth - Stadthalle 10.12. München - Zenith 12.12. Dresden - Eventwerk 13.12. Hamburg - Sporthalle 14.12. Flensburg - Deutsches Haus 15.12. Hannover - AWD Hall

Frank Turner

01.12. Hannover - Bei Chez Heinz 02.12. Köln - Luxor 10.12. Hamburg - Molotow 11.12. Berlin - Magnet 12.12. München - 59:1

Itchy Poopzkid

Enter Shikari

13.01. Hamburg - Markthalle 15.01. Berlin - Postbahnhof 21.01. München - Backstage 22.01. Dresden - Beatpol 25.01. Köln - Gloria 26.01. Mannheim - Alte Feuerwache

Kevin Devine

Dropkick Murphys

11.12. Köln - Stereo Wonderland 12.12. Leipzig - Paris Syndrome 13.12. Berlin - Privatclub 15.12. Hamburg - Astra Stube 16.12. Gießen - Muk

27.01. München - Zenith 30.01. Offenbach - Stadthalle 02.02. Berlin - Arena 03.02. Hamburg - Sporthalle 04.02. Düsseldorf - Philipshalle

Duné

21.01. Braunschweig - Meier Music Haus 22.01. Bielefeld - Kamp 23.01. Bremen - Tower 24.01. Düsseldorf - Zakk 26.01. Weinheim - Café Central 27.01. Wiesbaden - Schlachthof 28.01. Karlsruhe - Substage 29.01. Chemnitz - Atomino 30.01. Cottbus - Glad-House 01.02. Nürnberg - Hirsch 02.02. Leipzig - Moritzbastei 03.02. Potsdam - Waschhaus 16.02. Dortmund - FZW 17.02. Saarbrücken - Garage 18.02. Aachen - Musikbunker 19.02. Kaiserslautern - Kammgarn 20.02. Lingen - Alter Schlachthof

30.11. Reutlingen - FranzK 01.12. Regensburg - Alte Mälzerei 03.12. Lörrach - Altes Wasserwerk 05.12. Friedrichshafen - Club Metropol 09.12. Augsburg - Kantine 12.12. Traunstein - Metro 14.12. Hann. Münden - Kurbelkasten 15.12. Bochum - Zeche 16.12. Düsseldorf - Zakk 17.12. Münster - Sputnikhalle 18.12. Kiel - Pumpe 19.12. Potsdam - Waschhaus 23.12. Ulm - Roxy

Escape The Fate

08.12. Hamburg - Molotow 09.12. Berlin - Magnet 10.12. Köln - Underground 11.12. Münster - Sputnikhalle

Fight Like Apes

20.01. Hannover - Mephisto 21.01. Berlin - Magnet 23.01. Würzburg - Café Cairo 26.01. Heidelberg - Zum Teufel 29.01. Köln - MTC 30.01. Hamburg - Molotow

Florence & The Machine 25.02. Frankfurt a.M. - Batschkapp 26.02. Berlin - Astra

K.I.Z.

04.12. Dresden - Eventwerk 07.12. Köln - Live Music Hall 08.12. Gießen - MuK 10.12. Heidelberg - Halle O2 14.12. München - Backstage 15.12. Stuttgart - LKA Longhorn 16.12. Münster - Sputnikhalle 18.12. Berlin - Columbiahalle


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PRÄSENTIERT

Seite 39

Foto: Erik Weiss

TOUR DES MONATS Januar.

WOLFMOTHER

Neue Besen kehren gut, das weiß jetzt auch Mr. Wolfmother. Herzblutmusiker Andrew Stockdale bestätigte alle männlichen Klischees zum Thema Pragmatismus, als er seine Band vor nicht allzu langer Zeit ohne falsche Wehmut grunderneuerte. Zugegeben, fürs ganz große Zerwürfnis war die Kapelle eigentlich noch viel zu jung. Doch aller Streittradition zum Trotz entledigte sich der Frontmann im Sommer 2008, nach nur einer Albumveröffentlichung, seiner zwei Gründungskollegen. Geschadet hat ihm der Zwang zum Besetzungswechsel und das damit einhergehende Aufstocken zum Quartett allerdings kein bisschen. Im Gegenteil. Die neue Platte „Cosmic Egg“ ist ein Überraschungsei mit weit mehr als nur drei läppischen Dingen in einem. Nach vorne jagende Rock-Songs, extrovertierte Melodien, psychedelische Soundkonstruktionen Mikroboy

01.12. Leipzig - Moritzbastei 02.12. Hamburg - Logo 03.12. Lübeck - Riders Café 04.12. Schwerin - Kulturbuchhaus 05.12. Dresden - Beatpol 06.12. Berlin - Magnet 08.12. Köln - Blue Shell 09.12. Dortmund - FZW 10.12. Reutlingen - FranzK 11.12. Freiburg - MLC 12.12. Bayreuth - Komm 13.12. Wangen - JUZ Tonne 18.12. Mannheim - Alte Feuerwache 19.12. Magdeburg - Projekt 7 08.01. Karlsruhe - Kohi 09.01. Ilmenau - BD Club 10.01. Regensburg - Heimat 05.02. Lingen - Alter Schlachthof 06.02. Oberhausen - Zentrum Altenberg 12.02. Paderborn - Cube 13.02. Osnabrück - Glanz & Gloria

in Regenbogenfarben und das Herz, das bei Stockdale in der Kehle zu sitzen scheint, sind auf Platte ja schon nett. Doch man muss kein Hellseher sein, um hier mit Nachdruck in der Tinte zu verkünden: Das wird live noch um Längen besser, Kollegen.

23.01. Paderborn - Kulturwerkstatt 30.01. Kaiserslautern - Kammgarn 12.03. Lingen - Schlachthof 13.03. Düsseldorf - HDJ

Wolfmother Auf Tour 29.1. München - Backstage *** 30.1. Köln - Live Music Hall *** 3.2. Hamburg - Große Freiheit

STRIKE ANYWHERE

28.11. Leipzig - Conne Island 29.11. Köln - Essigfabrik 15.12. Lindau - Club Vaudeville 17.12. Regensburg - Alte Mälzerei 19.12. Annaberg - Alte Brauerei 20.12. Berlin - Magnet

The Black Box ReveLation

Muff Potter

21.02. Berlin - Magnet 22.02. Stuttgart - Zwölfzehn 23.02. München - Atomic Café 24.02. Hamburg - Molotow 26.02. Köln - Studio 672

29.11. Köln - Essigfabrik 30.11. Wiesbaden - Schlachthof 03.12. Berlin - Astra 04.12. Leipzig - Conne Island 06.12. München - Backstage 08.12. Düsseldorf - Zakk 09.12. Saarbrücken - Garage 10.12. Hamburg - Markthalle 12.12. Münster - Jovel

Moneybrother

01.12. Dresden - Beatpol 02.12. Essen - Zeche Carl 03.12. Bielefeld - Kamp 05.12. Berlin - Postbahnhof 06.12. Hamburg - Grünspan 07.12. Köln - Stollwerk 08.12. München - Backstage 10.12. Karlsruhe - Substage 14.12. Darmstadt - Centralstadion

Montreal

28.11. Hannover - Bei Chez Heinz 03.12. Wiesbaden - Schlachthof 04.12. Stuttgart - Zwölfzehn 12.12. München - Backstage 09.01. Hammelburg - Wasserhaus

26.02. Hamburg - Molotow 27.02. Berlin - Postbahnhof 28.02. Köln - Gloria 02.03. München - Atomic Café 03.03. Frankfurt a.M. - Nachtleben

Turbostaat

15.12. Münster - Gleis 22 16.12. Köln - Werkstatt 17.12. Stuttgart - Keller Klub 18.12. München - 59:1 19.12. Jena - Kassablanca 20.12. Bremen - Lagerhaus 22.01. Berlin - Astra

Vampire Weekend

The Blackout

Reverend Horton Heat 27.03. Köln - Essigfabrik 28.03. Berlin - Columbia Club 01.04. Hamburg - Grünspan

04.12. Köln - Werkstatt 05.12. Berlin - Magnet 07.12. Hamburg - Logo 09.12. München - 59:1 11.12. Chemnitz - AJZ Talschock 12.12. Stuttgart - Universum

Ohrbooten

The Dillinger Escape Plan

30.11. Münster - Sputnikhalle 01.12. Düsseldorf - Zakk 03.12. Frankfurt a.M. - Batschkapp 04.12. München - Theaterfabrik 05.12. Lindau - Club Vaudeville 07.12. Freiburg - Jazzhaus 08.12. Pforzheim - Kupferdächle 10.12. Bochum - Bahnhof Langendreer 11.12. Osnabrück - Kleine Freiheit 12.12. Lübeck - Treibsand 13.12. Flensburg - Volksbad 17.12. Leipzig - Conne Island 18.12. Jena - Kassablanca 19.12. Berlin - Astra 26.12. Kiel - Pumpe 27.12. Rostock - Mau Club 29.12. Augsburg - Musikkantine 30.12. Aschaffenburg - Colos Saal

The Temper Trap

The XX

Paramore

03.12. Hamburg - Grünspan 04.12. Berlin - Huxleys 06.12. Köln - Palladium

06.12. Dresden - Reithalle 10.12. Berlin - Postbahnhof 11.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich

04.02. München - 59:1 05.02. Köln - MTC 08.02. Berlin - Magnet Foto: Birte Filmer

19.02. Berlin - Astra 20.02. Köln - Gloria 21.02. Hamburg - Uebel & Gefährlich

We Were Promised Jetpacks 18.01. Dortmund - FZW 19.01. Stuttgart - Club Schocken 20.01. Heidelberg - Karlstorbahnhof 23.01. München - 59:1 27.01. Osnabrück - Glanz & Gloria

T-Mobile Extreme Playgrounds 6.12. Berlin – Velodrom

Holy Shit Shopping The Sounds

04.12. München - Backstage 05.12. Köln - Live Music Hall

28.11. & 29.11. Köln - Rhein-Triadem 05.12. & 06.12. Hamburg - Altes Gaswerk 12.12. & 13.12. Berlin - Postbahnhof 19.12. & 20.12. Stuttgart - Wagenhallen


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KINO

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13 Semester

Bright Star

Ziellos durch den Uni-Alltag College-Komödien haben im amerikanischen Kino eine lange Tradition, also warum sollte man Vergleichbares nicht auch über den Alltag an einer deutschen Uni drehen? Die hierzulande gänzlich andere Campus- und Wohnheimkultur erschweren ein solches Unterfangen erheblich, doch „13 Semester“ von Frieder Wittich bemüht sich nach Kräften, das nicht zum Problem werden zu lassen. Zwar wäre es vermutlich effektiver gewesen, den leicht orientierungslosen Momo (Max Riemelt) nur zwei oder drei Semester statt ein gesamtes Studium zu begleiten, da sich so von der großen Liebe über die finale Selbstfindung bis hin zu manchem Klischee wie dem indischen Austauschstudenten oder den BWL-Strebern manches hätte pointierter erzählen lassen. Aber Wittichs leichtfüßige Inszenierung und vor allem extrem charmante Nebendarsteller wie Claudia Eisinger als Momos Schwarm, Alexander Fehling als sein lässiger Mitbewohner oder Robert Gwisdek als Jugendfreund verleihen der unaufdringlichen Komödie eine beachtliche Authentizität. Text: Jonathan Fink Kinostart: 7. Januar 2010

Max Riemelt im Interview Die Schule hat er noch vor dem Abitur abgebrochen und eine Schauspielschule hat er nie von innen gesehen. Doch das hat Max Riemelt nicht daran gehindert, nach seinem Durchbruch mit dem Drittes Reich-Drama „Napola“ und Dominik Grafs „Der rote Kakadu“ zu einem der meist beschäftigten Schauspieler seiner

Poesie für die Leinwand Generation zu werden. Mit „Die Welle“ wurde der Berliner endgültig zum Star – und besucht nun dank „13 Semester“ doch noch eine Uni. Max, fandest du es jemals schade, dass du den typischen Studenten-Alltag aus „13 Semester“ nie erlebt hast? Während des Drehs nicht. Aber wenn man sieht, wie die Leute gemütlich in Studentenwohnheimen zusammensitzen, kann man schon mal eifersüchtig werden und sich fragen, ob man das nicht vielleicht auch gerne gehabt hätte. Es ist ja noch ein bisschen wie in der Schule, wo man irgendwie beschützt ist, noch Narrenfreiheit hat und sich austoben kann. Das macht schon neidisch! Wobei das natürlich Quatsch ist, denn mein Leben hat ja auch ganz viele Vorteile und Freiheiten, die andere nicht genießen können. Du bist sehr früh einen ganz anderen Weg gegangen. Wusstest du immer, dass für dich nur die Schauspielerei in Frage kommt? Ungefähr mit 20 setzte bei mir zum ersten Mal so eine Dankbarkeit für meinen Beruf ein. Da hatte ich gerade „Napola“ gedreht und endlich die Lorbeeren für die investierte Arbeit geerntet. Ich hätte nie geahnt, was alles möglich ist, wenn man sich bemüht und jemanden hat, mit dem man optimal arbeiten kann. Dadurch wurde mir bewusst, dass ich diesen Beruf wirklich weitermachen und ausbauen will. Vorher habe ich mich einfach immer gefreut, dass ich das überhaupt machen darf, während ich gleichzeitig überzeugt war, dass das sicher nicht ewig so weiter gehen würde. Du hast mal gesagt, das Schwierigste an deinem Job sei eigentlich die Zeit zwischen zwei Filmen. Fällst du da jedes Mal in ein Loch? Früher hatte ich das Problem durchaus und ich konnte mich nicht wirklich mit irgendwem darüber austauschen. Aber das hat sich total verändert, seit ich vor fast zwei Jahren Vater geworden bin. 2009 habe ich mir deswegen auch eine lange Auszeit genommen, um mich ganz auf meine Tochter zu konzentrieren. Sie gibt mir enorm viel Bodenständigkeit und Bezug zur Realität. Interview: Patrick Heidmann

Jane Campions erster Film seit sechs Jahren – die tragische Liebesgeschichte zwischen dem zarten Dichter John Keats (Ben Whishaw aus „Das Parfum“) und der jungen Schneiderin Fanny Brawne (Abbie Cornish) zu Beginn des 19. Jahrhunderts – ist vieles nicht, was er in den Händen einer schwächeren Regisseurin hätte werden können. Er ist weder ein Biopic des Poeten, dessen individueller Lebensweg für die Geschichte kaum eine Rolle spielt, noch erzählt er die Emanzipation Fannys, die mit Keats’ Arbeit wenig anfangen kann. Und vor allem ist er alles andere als kitschig, was eine bemerkenswerte Leistung ist in Anbetracht all der Blumen, Schmetterlinge und Schneeflocken, die seine Bilder bevölkern. Stattdessen ist „Bright Star“ eine wunderschöne, zart-melancholische Ballade über die Liebe und die Kunst, die von ihren beiden fantastischen Hauptdarstellern getragen und von Campion ohne große Handlung, aber mit enormem Gespür für Leinwandpoesie inszeniert wird. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 24. Dezember 2009

Abbie Cornish im Interview Bislang ist Abbie Cornish vor allem Insidern bekannt, Filmfans, die sie in kleinen Kinoperlen wie „Somersault“ und „Candy“ oder neben Cate Blanchett in „Elizabeth – Das goldene Königreich“ entdeckt haben. Und mancher Klatschblattleser kennt sie vielleicht als Freundin ihres „Stop-Loss“-Part-


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KINO

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Die Tür

Ein Däne und der Grusel ners Ryan Phillippe. Doch dank Jane Campions Drama „Bright Star“ könnte sich das nun ändern: Nicht zu Unrecht gilt die 27-jährige Australierin plötzlich als Oscar-Kandidatin. Abbie, kanntest du die Gedichte von John Keats schon vor „Bright Star“? Leider nicht, ich habe sie erst durch die Vorbereitung auf den Film kennen gelernt. Aber seither bin ich ein großer Fan seiner Lyrik. Es ist unglaublich, welches Verständnis er vom Leben, von der Liebe, von den Worten hatte, obwohl er noch so jung war. Allein das Gedicht „Bright Star“, das er mit 24 Jahren geschrieben hat, ist derart komplex, klug und vor allem wunderschön, dass ich nur bewundernd staunen kann. „Bright Star“ feierte eine glamouröse Premiere in Cannes, vielerorts wird dir schon eine OscarNominierung prophezeit. Merkst du, dass deine Karriere gerade ein ganz neues Level erreicht? So etwas kann man selbst eigentlich nicht wirklich einschätzen. Natürlich steht es jedem frei, über irgendwelche Preise zu spekulieren oder nette Dinge über mich zu schreiben. Aber ich darf das nicht wirklich an mich heranlassen oder gar selbst meine Erwartungen in die Höhe schrauben. Sicherlich ist die Aufmerksamkeit für meine Person mittlerweile größer als noch vor einiger Zeit. Allerdings habe ich das eher als kontinuierliche Entwicklung wahrgenommen, nicht als einen konkreten Wendepunkt im Jahr 2009. Bislang hast du kaum in großen Hollywoodfilmen mitgespielt. Lehnst du Mainstream-Produktionen ab? In solchen Kategorien denke ich gar nicht. Mir geht es vor allem darum, ein wenig zu experimentieren und neue Dinge auszuprobieren. Unter meinen Filmen sind „Somersault“, „Candy“ und jetzt „Bright Star“ meine persönlichen Favoriten, in denen am meisten eigene Leidenschaft steckt. Aber festlegen möchte ich mich auf diese Art von Produktionen nicht, denn es macht mir Spaß, flexibel und für alle Arten von Erfahrungen offen zu sein. Mein nächster Job zum Beispiel, eine Action-Geschichte von Zack Snyder namens „Sucker Punch“, hat mit meinen bisherigen Filmen überhaupt nichts gemein. Interview: Patrick Heidmann

Ein leichtsinniger Moment der Unachtsamkeit und die Familienidylle ist dahin. Nach dem Unfalltod seiner kleinen Tochter zerbricht Davids Ehe mit Maja (Jessica Schwarz), das Leben des erfolgreichen Malers (Mads Mikkelsen) versinkt in Dunkelheit. Doch eines Tages entdeckt er eine Tür zurück in die Vergangenheit. Als er dort das Leben seiner Kleinen retten kann, scheint das Glück plötzlich wieder zum Greifen nahe. Bis er seinem jüngeren Selbst gegenüber steht... Es gibt einiges, was „Die Tür“ auf der Habenseite verbuchen kann. Dänemarks Superstar Mikkelsen etwa, der erstmals die Hauptrolle in einem deutschen Film spielt und trotz nachträglicher Synchronisation nichts von seinem kantigen Charisma einbüßt. Oder auch einfach den Mut von Regisseur Anno Saul, sich überhaupt einer Fantasy-Gruselgeschichte anzunehmen, wo man doch hierzulande Genrekino meidet wie der Teufel das Weihwasser. Schade nur, dass der Film so lange braucht, um in die Gänge zu kommen – und in der Spannung des letzten Drittels plötzlich nicht mehr zu wissen scheint, wie ernst er sich selbst eigentlich nehmen soll. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 26. November 2009

Mads Mikkelsen im Interview Mads Mikkelsen spielte in einigen der besten Filme seiner dänischen Heimat mit („Open Heart“, „Adams Äpfel“, „Nach der Hochzeit“), war BondBösewicht („Casino Royale“) und ist demnächst neben Liam Neeson in „Clash of the Titans“ zu sehen. Und nun hat ihn sogar das deutsche Kino

für sich entdeckt: Für Regisseur Anno Saul übernahm der ehemalige Profitänzer die Hauptrolle im Fantasy-Gruselfilm „Die Tür“. Herr Mikkelsen, „Die Tür“ handelt unter anderem von vergangenen Fehlern und der Chance, sie wieder gut machen zu können. Sind Sie jemand, der oft zurückblickt? Das Hier und Jetzt ist mir eigentlich am wichtigsten. Allerdings kann ich mich natürlich trotzdem mit meiner Figur im Film identifizieren, denn wenn man indirekt den Tod der eigenen Tochter verschuldet hat, dreht sich natürlich alles um die Vergangenheit. Aber in meiner Situation will ich mich gar nicht mit Fehlern von einst aufhalten. Selbstverständlich habe auch ich schon einiges falsch gemacht. Doch genau das macht mich ja zu dem Menschen, der ich bin. Und so simpel es klingt: Fehler sind eben wirklich dazu da, um aus ihnen zu lernen. So ist das Leben! Wobei das natürlich leichter gesagt als getan ist... Klar, aber so schwer ist es letztlich nicht, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Ich blicke auch überhaupt nicht in die Zukunft. Von Karriereplanung halte ich zum Beispiel gar nichts, denn je präziser man sich etwas ausmalt, desto größer wird doch zwangsläufig die Enttäuschung. Meine Karriere ist überhaupt erst zur Karriere geworden, indem ich immer genau das getan habe, worauf ich gerade Lust hatte. Ich will doch genießen, was ich tue, und nicht nur irgendetwas hinterher rennen, was noch in weiter Ferne ist. Aber Sie müssen doch zumindest Pläne oder Träume haben. Als Sie damals Ihre Tänzerkarriere zugunsten der Schauspielerei an den Nagel gehängt haben... ...da war ich einfach gelangweilt. Das war damals ein relativ spontaner Entschluss, der nichts mit Zukunftsplanung zu tun hatte. Ich war an einem Punkt angekommen, an dem mir das Tanzen kaum noch Spaß machte und ich gleichzeitig die Chance hatte, zu spielen. Also habe ich zugegriffen, ohne zu wissen, ob das wirklich etwas ist, was mich auf Dauer erfüllt. So ist das in meinem Leben immer: Es geht nie um vernünftige Gründe, immer nur ums Bauchgefühl. Interview: Patrick Heidmann


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KINO

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Soul Kitchen

Filmfutter für die Seele

Fatih Akins neuer Film ist so etwas wie eine filmische Rückkehr in seine Geburtsstadt Hamburg und erinnert an sein Regiedebüt „Kurz und schmerzlos“. Hier wie dort geht es um kleine Menschen mit großen Träumen, die sich am Rande der Legalität bewegen und diese Grenze auch mal überschreiten. Das Ganze passiert auf höchst amüsante Weise, denn Fatih Akin hat mal wieder eine Komödie gedreht. Und eine rundum gelungene dazu. Wir treffen auf Zinos (Adam Bousdoukos), Betreiber eines schmucklosen Restaurants in Hamburg-Wilhelmsburg. Kulinarische Köstlichkeiten sucht man in der „Soul Kitchen“ vergeblich, serviert wird hier vielmehr alles, was sich im Großhandel billig einkaufen, tiefgekühlt lagern und schnell aufwärmen oder frittieren lässt. Doch das sieht Zinos nicht als Problem, da hat er ganz andere: Seine Freundin zieht es beruflich nach Shanghai und ein Bandscheibenvorfall sorgt dafür, dass er nicht mehr am Herd stehen kann. Sein neu-

er Koch Shayn (Birol Ünel) will mit frisch zubereiteten Köstlichkeiten punkten, mit denen er jedoch die wenigen noch verbliebenen Stammgäste vertreibt. Als auch noch Zinos Bruder Illias (Moritz Bleibtreu) als Knastfreigänger auftaucht und ihn um einen Pro-Forma-Job bittet, das Finanzamt seine Stereoanlage pfändet und die Gesundheitsbehörde den hygienischen Zustand der Küche bemängelt, ähnelt Zinos Gemütszustand dem eines überhitzten Schnellkochtopfs kurz vor der Explosion. Eine Großstadt-Ballade mit Herz und Seele, die einmal mehr das Ausnahmetalent ihres Regisseurs unter Beweis stellt. Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 25. Dezember 2009

Same Same But Different Grenzenlose Liebe

Eine wahre Geschichte also mal wieder. Erlebt hat diese so oder zumindest so ähnlich der Journalist Benjamin Prüfer, der sie für das Magazin Neon in eine Reportage fasste. darauf basierend entstand nun dieser Film von Detlev Buck. Wie in dessen Jugenddrama „Knallhart“ ist hier erneut der mittlerweile durch den „Vorleser“ zum Nachwuchsstar avancierte David Kross zu sehen - und überzeugt einmal mehr. Ebenso wie seine junge Kollegin Apinya Sakuljaroensuk. Ben (Kross) ist zusammen mit einem Kumpel als Backpacker in Asien unterwegs, wo er sich in einer Disko in Phnom Penh in die lebenslustige Sreykeo (Sakuljaroensuk) verliebt. Es scheint ihm auch nichts auszumachen, dass diese als Prostituierte arbeitet. Die beiden verbringen einige romantische Tage in Kambodscha miteinander und planen ein erneutes Wiedersehen. Zurück in Hamburg erfährt Ben jedoch, dass Sreykeo HIV positiv ist. Zwar hat er sich nicht angesteckt, entschließt sich aber, ihr zu helfen...

Was sich in dieser Kurzform noch recht spannend liest, gibt über eine Laufzeit von 107 Minuten leider nicht mehr allzu viel her. Dazu gesellt sich noch ein weiteres Problem: Der Film kann die ganze Dimension dieser angeblich so überaus großen Liebe nicht deutlich machen, so dass man sich irgendwann fragt, was Ben eigentlich bewegt. Ist es vielleicht doch eher Mitleid - gepaart mit einem Helfersyndrom - als die große Liebe, das den stets etwas unbeholfen auftretenden Deutschen antreibt? Was einem dagegen von diesem Liebesdrama weitaus stärker in Erinnerung bleibt als seine Story, sind die wunderbar farbkräftigen und stimmungsvollen Bilder gepaart mit einem tollen Soundtrack. Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 21. Januar 2010

Das Kabinett des Dr. Parnassus Heaths letzter Film

Es war nicht das erste Mal, dass ein Projekt von Terry Gilliam unter einem schlechten Stern stand. Bereits als er seine Version von „Don Quijote“ realisieren wollte, musste er nach einer Anhäufung von Komplikationen und mittelschweren Katastrophen letztlich aufgeben. Auch die Fertigstellung von „Das Kabinett des Dr. Parnassus“ drohte während der Dreharbeiten zu scheitern: Mit Heath Ledger starb damals vollkommen unerwartet einer der Hauptdarsteller des Filmes. Ledger verkörpert einen geheimnisvollen Fremden, der zur kleinen Gruppe von Dr. Parnassus (Christopher Plummer) aus der Zeit gefallener Wanderbühne stößt, nachdem er – makaberer Weise – am Strick von einer Brücke baumelnd gerettet wurde. Der junge Mann kommt dem uralten Varietébetreiber sehr gelegen, kann er ihm doch helfen, die Seelen zu fangen, die er Mr. Nick (Tom Waits), dem Teufel mit Menjoubärtchen, einst versprach, um ihm nicht seine Tochter Valentina (Lily Cole) überlassen zu müssen.

Dank eines genialen Kniffs konnte Gilliam Ledgers Tod nicht nur kompensieren, sondern sogar noch zusätzlichen Reiz daraus schlagen. Er hat ihn in einigen Szenen seines endgültig letzten Filmes einfach durch drei namhafte Darsteller ersetzt: Johnny Depp, Jude Law und Colin Farrell tauchen immer dann auf, wenn „Das Kabinett des Dr. Parnassus“ der Seelenjagd in die fantastischen Welten hinter dem Spiegel folgt. Sind die Szenen aus dem London der Gegenwart, durch das Parnassus mit seinem seltsamen Kutschgefährt rumpelt, zunächst noch recht holprig, entfaltet der Film mit seinen zahlreichen Geschichten in diesem Kosmos eine visuelle Energie, in denen Gilliam seiner überbordenden Imagination einmal mehr träumerisch grenzenlos freien Lauf lassen kann. Text: Sascha Rettig Kinostart: 7. Januar 2010


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A Serious Man

Fame

Friendship!

In „A Serious Man“ (ab 21.1.) werfen die Cohen Brüder – ganz ohne prominente Darstellerriege – einen nostaglisch-autobiografischen Blick auf jüdisches Kleinstadtleben im Minnesota der Sechzigerjahre. Dort droht plötzlich die saubere Spießbürgeridylle von Larry Gopnik (BroadwayStar Michael Stuhlbarg, eine echte Entdeckung fürs Kino) vor die Hunde zu gehen, als nicht nur die Kinder rebellieren und sich der neurotische Bruder einquartiert, sondern auch die Ehefrau von Scheidung spricht und der Uni-Job in Gefahr zu geraten droht. Virtuos verbinden die Coens dabei dramatischste Katastrophen, staubtrockenschwarzen Humor und vielschichtige Einblicke in einen jüdischen Alltag zwischen strenger Tradition und übereifriger Assimilation. Das könnte von der Erfahrungswelt deutscher Zuschauer kaum weiter weg sein, sollte aber Cohen-Fans auf ganz spezielle Weise Spaß machen.

„Fame“ 1980, das waren tolle Musik und perfekte Tanzszenen, ein bunter Haufen junger Menschen voller Leidenschaft und Partystimmung auf Taxidächern. Doch ein Quasi-Remake kommt in Zeiten von Casting-Shows und Filmen wie „High School Musical“ oder „Step Up“ natürlich nicht ohne ein paar Veränderungen aus. Dazu gehören auch HipHop und Street Dance. Spaß macht die von BritneyChoreograf Kevin Tancharoen inszenierte Schulgeschichte dennoch nur bedingt. Mit Ausnahme von Naturi Naughton als Klavierschülerin, die erst den Soul und dann die Lebensfreude für sich entdeckt, sind die jungen Newcomer in den Hauptrollen zwar alle hübsch anzusehen, aber frei von echtem Charisma und mit einer recht überraschungsfreien Handlung geplagt. Immerhin: die Musik ist durchaus gelungen. Aber auch sie kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Neufassung von „Fame“ (ab 24.12.) wirkliche Leidenschaft mindestens so sehr fehlt wie die gelben Taxis!

Ob nun „Das Leben der Anderen“ oder Veronica Ferres, die am Checkpoint Charlie rumsteht: Die einstige Teilung Deutschlands ist noch immer ein publikumswirksames Filmthema. „Friendship!“ (ab 14.1.) schlägt zur Abwechslung mal wieder humorvolle Töne an. Nach dem Fall der Mauer wollen die Freunde Veit (Friedrich Mücke) und Tom (Matthias Schweighöfer) endlich ihre neue Freiheit genießen und beschließen, nach San Francisco zu fahren, um dort Veits Vater zu treffen. Mit ein paar Ostmark und einer großen Portion Enthusiasmus brechen sie auf gen USA, doch die große weite Welt ist seltsamer als erwartet. Eine Post-WendeKomödie ohne Ostalgie und mit dem Focus auf das Gefühl des Aufbruchs - das ist hier der große Pluspunkt, die mit einer gelungenen Mischung aus Albernheit und Sentimentalität schnell die Geschichtsebene verlässt und ihrem Titel gerecht wird, indem sie die Kraft der Freundschaft in den Mittelpunkt ihres Interesses stellt.

Text: Patrick Heidmann

Text: Patrick Heidmann

Text: Cornelis Hähnel

Surrogates

Whatever Works

Zombieland

Die „Surrogates“ (ab 21.1.) sind mechanische Stellvertreter, die für ihre Nutzer den Alltag bestreiten. Basierend auf den Wünschen der Eigentümer lassen sich diese Roboter jedoch zuvor entsprechend verschönern oder gar verjüngen. Oder aber man wählt ein Abbild, das mit dem Original rein gar nichts zu tun hat. Das Problem dabei: der Mensch zu Hause im Sessel verkümmert zusehends, sowohl körperlich als auch emotional. Das könnte spannend sein und ist auch gar nicht so abwegig. Man bedenke nur einmal, wie wir uns heute schon in sozialen Netzwerken präsentieren können. Doch Regisseur Jonathan Mostow („Terminator 3“) nutzt die Vorlage leider nur als nette Variation einer beliebigen wie vorhersehbaren Mörderhatz. Der als FBI-Ermittler antretende Bruce Willis müht sich in der Hauptrolle zwar nach Kräften, den meisten Eindruck hinterlässt er jedoch als sein eigener Surrogate: Mit der lachhaftesten Frisur des Kinojahres sorgt er für den besten Effekt im Film.

Nachdem Workaholic Woody Allen seine letzten vier Filme allesamt in Europa abdreht hatte, kehrt er mit „Whatever Works“ (ab 3.12.) wieder zurück in die geliebte Heimatstadt New York. Und obwohl der Meister die Leinwand mal wieder nicht selbst beehrt, ist es fast so, als wäre er doch da. Denn mit dem ehemaligen Physikprofessor und Misanthropen Boris Yellnikoff („Seinfeld“-Erfinder Larry David), der sich in Allens nunmehr 42. Kinofilm in ein 21-jähriges Landei (Evan Rachel Wood) verliebt, lässt er einen Charakter auf das Publikum los, der ihm selbst in Sachen Egozentrik und Spitzzüngigkeit in nichts nachsteht. Auch wenn diesem ausgesprochenen Stinkstiefel, der seine Mitmenschen gern herablassend behandelt und sie mit seiner unerbittlichen Direktheit traktiert, ein gewisser Unterhaltungswert nicht abzusprechen ist, so wirken Figuren und Plot doch arg klischiert und altbacken, genauso wie mancher Gag.

BSE war doch nichts als Panikmache, oder? Falsch. Schon in naher Zukunft wird der mutierte Rinderwahn-Virus den Großteil der Menschheit in Zombies verwandelt haben. Der andere große Teil wird aufgefressen. Und ein klitzekleiner Teil versucht, zu überleben. Columbo (Jesse Eisenberg) ist ein junger, hasenfüßiger Nerd, dessen jahrelang erprobte Angst-vor-allem ihn am Leben hält. Er trifft den vor Testosteron strotzenden, begeisterten Zombiekiller Tallahassee (Woody Harrelson) und gemeinsam machen sie sich auf den Weg in Amerikas Westen. Diese Reise durch „Zombieland“ (ab 10.12.) ist kein sanfter Tourismus, sondern grob, blutig und in erster Linie witzig. Eine Horrorkomödie mit gelungenen Dialogen, ernst zu nehmenden Zombies und guten Darstellern, in der die Mischung aus Thrill und Komik stimmt. Gleichzeitig Road- und Buddymovie und ein bisschen Romanze. Was wäre die Postapokalypse schon ohne eine Lady, die es zu retten gilt?

Text: Peter Meisterhans

Text: Sebastian Gosmann

Text: Christian Stein


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KINO SHORTCUTS

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DVD DES MONATS TATORT

(Walt Disney Home Entertainment)

Brüno

(Universal) Sacha Baron Cohen führt die mit aller Konsequenz verfolgten Träume vom Ruhm ad absurdum: als sehr, sehr schwuler Modereporter Brüno aus Österreich ist er bereit, wirklich alles dafür zu tun, um weltweit berühmt und der „größte österreichische Superstar seit Hitler“ zu werden. Im Grunde ist „Brüno“ dabei eigentlich derselbe Film wie „Borat“ – nur eben mit einer anderen Kunstfigur und einem noch extremer auf Provokation und furchtlose Geschmacklosigkeiten getrimmten Humor. Auf DVD gibt es die grenzüberschreitende Kamikazekomikherausforderung u.a. mit Kommentar, Interview und unveröffentlichten Szenen.

Text: Sascha Rettig

Che

(Senator/Universum) Nach Abschluss seiner technisch aufwändigen „Ocean’s“-Reihe begab sich Steven Soderbergh in den mittelamerikanischen Dschungel, um uns mittels eines minimalistischen, vierstündigen Mammutwerks eindrucksvoll zu vermitteln, wie zermürbend das Leben als Guerillakämpfer sein kann. Die Aufspaltung in zwei Teile ist nicht nur sitzfleischtechnisch sinnvoll, sondern vor allem dramaturgisch. „Revolución“ thematisiert den Aufstieg, „Guerrilla“ den Niedergang Guevaras. Benicio del Toro als Che ist eine Offenbarung. Und auch das umfangreiche Bonusmaterial inklusive Making Of und Interviews kann sich sehen lassen.

Es war ein Schatz, der da ungehoben in den Archiven der ARD-Anstalten verstaubte. Nun wird der SonntagabendQuotenbringer auf DVD gepresst und ins künstliche Licht der Verkaufsregale befördert. Veröffentlicht werden im Laufe der kommenden Jahre weit über 100 Tatort-Folgen, alle versehen mit jeweils dazu passenden Bonusmaterialien. Dies passiert in Form von Einzel-DVDs sowie Städteboxen mit jeweils drei und Kommissarboxen mit jeweils vier Folgen der Kultkrimireihe. Anfang Dezember geht es los und der erste, 1970 ausgestrahlte Tatort

„Taxi nach Leipzig“ darf da natürlich nicht fehlen. In der Kategorie Kommissarboxen gibt es Kompilationen zu dem wohl populärsten, von Götz George verkörperten Duisburger Tatort-Kommissar Schimanski, gefolgt von seiner Kollegin Odenthal (Ulrike Folkerts) aus Ludwigshafen, dem singenden Hamburger-Duo Stoever/Brockmöller (Manfred Krug und Charles Brauer) aus den Neunzigern sowie dem immer noch aktiven Kölner Ermittlerteam Ballauf/Schenk (Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär). Bei den Städteboxen machen Leipzig und

Drei Affen

Ice Age 3 – Die Dinosaurier sind los

Little Paris

(Arsenal/Good Movies/ Indigo) Servet (Ercan Kesal) ist ein Lokalpolitiker, der gerade für seine Wiederwahl kandidiert. Da kommt es ihm ziemlich ungelegen, dass er jemanden mit dem Auto überfahren hat. Schnell muss ein anderer Schuldiger her, etwa sein Chauffeur Eyüp (Yavuz Bingöl). Der wandert also stellvertretend in den Knast, während Servet sich um Eyüps Frau kümmert, und zwar mehr als es dem lieb sein dürfte. Mit unglaublich schön komponierten Bildern in monochromer Melancholie erzählt Nuri Bilge Ceylans Film ein stilles Familiendrama zwischen Tristesse, Nächstenliebe und emotionalem Druck, das man gesehen haben sollte.

Text: Jochen Barthel

Elektrokohle

Text: Sebastian Gosmann

(Neue Visionen/Good Movies/Indigo) Kurz nach der Maueröffnung 1989 machten sich die Einstürzenden Neubauten auf den Weg in den OstBerliner Wilhelm Pieck-Saal der VEB Elektrokohle. Es war ihr erstes, denkwürdiges Konzert im Ostteil der Stadt, zu dem von überall her junge Leute pilgerten. 20 Jahre später setzt Uli M. Schüppel Filmmaterial, z.B. vom Tourbus und vom Grenzübergang, für seine Dokumentation ein, in der er Konzertbesucher von damals trifft und mit ihrer Hilfe die damaligen Lebensumstände beleuchtet. Die empfehlenswerte DVD kommt mit 150 Minuten Bonus-Material in den Handel, darunter Interviews mit den Musikern und Konzertaufnahmen.

Die Gräfin

Hangover

(Warner) Julie Delpy ist die „Blutgräfin“ Erzebet Bathory, die sich im 17. Jahrhundert in den jungen Istvan (Daniel Brühl) verliebt. Dessen Vater ist jedoch gegen die Liaison, und Erzebet vermutet den Grund in dem beträchtlichen Altersunterschied der beiden. Sie verfällt ihrem mittelalterlichen Anti-Aging-Wahn. Im Blut von Jungfrauen glaubt sie schließlich das Geheimnis ewiger Jugend gefunden zu haben, und die Anzahl ihrer Opfer steigt und steigt. Ein gelungenes, opulent ausgestattetes Historien- und Kostümfilmdrama, bei dem sich Brühl jedoch als fulminante Fehlbesetzung erweist. Als Bonus gibt’s Interviews und ein Making Of.

Text: Daniel Schieferdecker

Text: Elisabeth Nagy

(Warner) Alle Jahre wieder mausert sich im Kino-Sommer eine Komödie zum Überraschungshit, meist mit eher anzüglichem Inhalt. 2009 war das „Hangover“, die Odyssee dreier Freunde, die ihren besten Kumpel auf einen Junggesellenabschied nach Las Vegas begleiten. Dumm nur, dass sich die drei am Tag darauf an nichts erinnern können – und der Bräutigam verschwunden ist! Klingt witzig, ist es allerdings nur stellenweise. Doch ist dies einer jener Fälle, in dem die wenigen Highlights praktisch den gesamten Film wettmachen. Man beachte alleine den Kurzauftritt von Ex-Boxer Mike Tyson! Unter anderem mit kurzem Making Of und einer Gag-Reel.

Text: Peter Meisterhans

München den Auftakt. Bei den Bayern gibt es dabei in der Folge „Weißblaue Turnschuhe“ ein Wiedersehen mit den beliebten Schauspielern Gustl Bayrhammer und Helmut Fischer, die in den 1970ern als Tatort-Kommissare ihren Dienst versahen. Ab 7. Januar 2010 folgt eine weitere Welle aus Einzelfolgen. Darunter befindet sich auch der legendäre Tatort „Reifezeugnis“ aus dem Jahr 1977 von Wolfgang Petersen, der die damals erst 16-jährige Nastassja Kinski zum Star machte. Text: Dirk Lüneberg

(20th Century Fox) Sequel-Storys wirken oft wie laue Ausreden zum weiteren Auspressen des Erfolgsrezepts, während vor allem auf das Bewährte und das Wiedersehen mit alten Bekannten gesetzt wird. Beides trifft nun auch auf „Ice Age 3“ zu, in dem man vom dauersabbelnden Faultier Sid über Mammut Manni bis zum Säbelzahnhörnchen Scrat erneut alle Eiszeittiere wiedertrifft. Diesmal schlagen sie sich mit Nachwuchsfragen herum und retten sich in einer Dino-Dschungelwelt von einer Verfolgungsjagd in die nächste. Die DVD bietet - abgesehen vom solide animierten, durchschnittlich witzigen Film - auch noch ein Musikvideo und ein „Scrat Spezial“.

(Sunfilm) Keine Frage: die Hauptdarsteller hätten noch ein wenig Schauspielunterricht vertragen können, die Dialoge sind mitunter arg naiv und als Tanzfilm funktioniert die Geschichte von Luna, die in der Provinz von einer Tanzkarriere träumt, nur sehr bedingt. Trotzdem ist der Film von Miriam Dehne nicht ohne Reiz, vereint er doch in den Bildern der bemerkenswerten Kamerafrau Sonja Rom auf ungewöhnliche Weise tristes Vorstadtgrau mit einer überzogenen Künstlichkeit (rosa Kaninchen!). Dazu kommen auf DVD nicht verwendete Szenen, ein Audiokommentar, eine Doku zur Entstehung und mehr.

Text: Sascha Rettig

Text: Patrick Heidmann

Kick It

Public Enemies

(Universum) Fußballfilme sind eine heikle Angelegenheit, aber dieser mexikanische Film über zwei ungleiche Brüder, die auf einer Bananenplantage von Profi-Scouts entdeckt und schließlich als Kicker Karriere machen, ist ziemlich gelungen. Die Geschichte hat einen persönlichen, nie zu kitschigen Touch, die Spielszenen nehmen nur den nötigsten Raum ein und Regisseur Carlos Cuaron (der Bruder von Alfonso) geht angenehm minimalistisch ans Werk. Und vor allem begeistern die beiden Hauptdarsteller: Gael Garcia Bernal und Diego Luna, die beiden coolsten Kerle Mexikos, standen erstmals seit „Y Tu Mama También“ wieder gemeinsam vor der Kamera.

(Universal) Regisseur Michael Mann gilt für viele als großer Ästhet des amerikanischen Crime-Kinos, der auch noch Wert auf starke Charaktere und komplexe Figurenkonstellationen legt. An „Heat“ und „The Insider“ kann er auch diesmal nicht anknüpfen, dennoch ist auch „Public Enemies“ mit Christian Bale und Johnny Depp in der Rolle des legendären Bankräubers Dillinger visuell faszinierend. Mit Digitalkameras an zahlreichen Originalschauplätzen gedreht, wirkt das Amerika der Großen Depression beinahe dokumentarisch bebildert. Das Bonusmaterial der 2-Disc Edition bietet sehenswerte Einblicke in die Produktion.

Text: Jonathan Fink

Text: Peter Meisterhans

The Limits Of Control

Selbst ist die Braut

Text: Sebastian Gosmann

Text: Daniel Schieferdecker

(Universum) Vier Jahre nach „Broken Flowers“ legt Indie-Regisseur Jim Jarmusch ein wahrhaft sperriges Stück Kino nach. „The Limits Of Control“ ist ein ausgemachter Kunstfilm, dessen kryptischer und repetitiver Plot eher einer strengen Versuchsanordnung als einer greifbaren Story folgt. So wird dieses mutige Werk für viele nichts weiter als eine ebenso prätentiöse wie narzisstische Fingerübung darstellen, während denjenigen, die sich der meditativen Grundstimmung des Films hinzugeben in der Lage sind, wahrer Kunstgenuss zuteil wird. Eine 45-minütige Behind-The-Scenes-Doku rundet die empfehlenswerte DVD ab.

Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net

(Walt Disney Home Entertainment) Maggie (Sandra Bullock) ist eine erfolgreiche, ziemlich herrische Lektorin. Als ihr plötzlich die Abschiebung aus den USA nach Kanada droht, sieht sie ihre einzige Chance zu bleiben in einer Spontanhochzeit – und zwar mit ihrem Assistenten Andrew (Ryan Reynolds), den sie kurzerhand dazu erpresst. Doch Maggie hat weder mit der Warmherzigkeit von Andrews Familie, noch damit gerechnet, sich am Ende wirklich zu verlieben. Seichte Unterhaltung, die geschmeidig nach alt bewährtem Romantikkomödienrezept funktioniert. Als Extras winken Audiokommentare, zusätzliche Szenen, Outtakes, ein alternatives Ende und mehr.


Kult

Fear Itself (Univesral)

Horror und Grusel boomen seit einiger Zeit wie nie zuvor, nicht zuletzt auf DVD. Die beiden 4-DVD-Boxen von „Fear Itself“ (alle auch einzeln zu haben) sind in der Flut der Veröffentlichungen allerdings ein besonderes Schmankerl. Acht Regisseure, die sich als echte Experten um das Genre verdient gemacht haben, versammeln sich hier mit mittellangen, blutrünstigen Geschichten über Vampire, Zombies, Serienkiller und allem, was sonst noch Angst machen kann. U.a. mit dabei: John Landis, Brad Anderson, Ronnie Yu oder Mary Harron – und entsprechend vielfältig ist das Ergebnis, das nur leider ohne Specials kommt. Text: Jonathan Fink

State of Play

(Universal) Ähnlich wie in „Die Unbestechlichen“ ist hier ein Reporter einer großen, verwickelten Story in der Politik hinterher, doch ist dieses Mal der Thriller mit vielen Morden weitaus persönlicher gehalten. Russell Crowe muss sich dabei mit einer Kollegin (Rachel McAdams) zusammentun, die aus dem von ihm wenig geschätzten Online-Ressort kommt. Doch eine hervorragende Besetzung macht noch keinen guten Film. Zu eindimensional, zu oberflächlich kommt die Handlung rüber. Ein Vergleich mit der sechsteiligen Vorlage der BBC ist zu empfehlen. Entfallene Szenen und ein Making Of ergänzen die Veröffentlichung.

Text: Elisabeth Nagy

9 to 5 - Days in Porn

(Zorro) Durch manch Männerschädel spukt die verquere Idee, Pornostars hätten Spaß an ihrer Arbeit. Dass dahinter viel Wunschdenken seitens der Konsumenten und ebenso viel Selbstbetrug auf Seiten der Protagonistinnen steht, führt uns Jens Hoffmann in seinem Dokumentarfilm vor Augen, für den er anderthalb Jahre lang verschiedene Sexarbeiter begleitete. Was wie ein unkritischer Streifzug durch das Pornobusiness beginnt, verfinstert sich zu einem desillusionierenden Porträt einer Industrie, die zwar dem spä-

teren Konsumenten viel Freude spendet, aber nur selten denen, die dort arbeiten. Als Bonus hält die DVD einige entfallene Szenen bereit.

Text: Dirk Lüneberg

This Is Spinal Tap

(Kinowelt) Ein Dokumentarfilmer begleitet die Hard-RockBand Spinal Tap auf ihrer ziemlich desaströsen USATour – und wer es nicht besser weiß, könnte diese fiktive Quasi-Doku in all ihrer Absurdität beinahe für echt halten. Nicht umsonst gilt der Film von Rob Reiner gleichzeitig als wohl treffendste Satire auf das Musikgeschäft, herausragendes Beispiel für Impro-Comedy und vielleicht bester Rock-Film aller Zeiten. Anlässlich des 25. Jubiläums gibt’s nun die 3-DVD-Box, inklusive vieler lohnenswerter Specials wie Outtakes, Interviews, Audiokommetar, Musikvideos etc.

Text: Jonathan Fink

Tödliches Kommando

(Concorde) Für die Soldaten von Bombenentschär fungskommandos im Irak kann jeder Einsatz der letzte sein. Sgt. James (Jeremy Renner) vollzieht mit einer unorthodoxen Arbeitsweise einen Balanceakt, der dem Zuschauer mitunter den Atem nimmt. Regisseurin Katherine Bigelow beschränkt sich auf wenige eindrucksvolle Szenen und zeigt extreme Nähe zum Kriegsgeschehen. Sie konzentriert sich auf das Militärische und macht daraus einen actionreichen, verdammt spannenden, aber auch nüchternen Anti-Kriegsfilm. Die Erstauflage kommt limitiert als Steelbook in die Läden und hat diverse Interviews, B-Rolls und Behindthe Scenes als Bonus.

Text: Elisabeth Nagy

Crossing Over

(Senator/Universum) Eine mexikanische Mutter, eine australische Schauspielerin, ein koreanischer Teenager, ein britischer Musiker und eine junge Perserin – sie alle verbindet der unbedingte Wille, die US-Staatsbürgerschaft zu erlangen. In fünf ineinander verwobenen Episoden erzählt Wayne Kramers mit Harrison Ford, Ray Liotta und Ashley Judd hervorragend besetzter und visuell ansprechender Film von der Hoffnung auf ein besseres Leben, dem hohen Preis, den es dafür zu zahlen gilt, und der Unmenschlichkeit des US-Einwanderungssystems. Das Bonusmaterial bietet Interviews mit Regisseur und Hauptdarstellern sowie einige B-Roll-Sequenzen.

Text: Sebastian Gosmann

Win A Lot Auch in diesem Monat könnt ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@ sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und eurem Wunschtitel. Altersnachweis nicht vergessen! Zu gewinnen gibt es: 3x Tatort-Fanpaket (inkl. 1 DVD, Kapuzenpulli & Cap), 3x Crossing Over + Poster + Roman „América“ von T.C. Boyle, 3x Little Paris, 3x Horst Schlämmer, 3x Ice Age 3, 3x Drei Affen, 3x Elektrokohle, 3x Tyson, 3x This Is Spinal Tap, 3x Hangover, 3x Die Gräfin, 3x Largo Winch, 3x Die Echelon-Verschwörung, 3x Toy Boy, 3x In 3 Tagen bist Du tot 2, 3x A Perfect Getaway, 3x The Deal, 2x Fear Itself – BoxSet 1 & 2, 2x Brüno + T-Shirts, 2x Public Enemies + „Handbuch für einen Banküberfall“ (Zytglogge Verlag) von Yvonne Leger, 2x Che (auch als Bluray) + Poster, 2x State of Play + Poster, 2x 9 to 5, 2x The Limits of Control, 2x Tödliches Kommando, 2x Kick It, 2x Das Leben vor meinen Augen und 1x Selbst ist die Braut (sowohl DVD als auch Blu-ray). Außerdem verlosen wir zu Woody Allens neuem Kinofilm „Whatever Works“ 3x den Merian live! Kompaktreiseführer „New York“.


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COMPUTERSPIELE

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GTA IV: Episodes From Liberty City (Rockstar Games) Für Xbox360

Wer dachte, er würde die Straßen von Liberty City nach dem Durchspielen des letzten GTA-Titels bereits voll und ganz kennen, irrt gewaltig – die zwei Abenteuer, die jetzt unter dem Namen „Episodes From Liberty City“ auf einer Disc zusammen gefasst wurden, zeigen die Stadt noch einmal von einer ganz anderen Seite. Homosexuelle Nachtclub-Besitzer, pinkfarbene Menüs, Tanz-Wettbewerbe – so schrill und abgedreht ging es bisher nicht zu.

Im Mittelpunkt der beiden Episoden, die getrennt gespielt werden können und den Besitz von „GTA IV“ nicht voraussetzen, steht Anthony „Gay Tony“

Prince, ein ebenso skurriler wie abgebrühter Nachtclub-Chef. Er schuldet diversen Unterweltgrößen Geld und den ein oder anderen Gefallen, und da ist der Spieler gefragt: Er soll als Tonys Leibwächter und Kumpel Luis Lopez dafür sorgen, dass die knallbunten Hemden des Chefs möglichst nicht durch Blutflecken ruiniert werden. Die neuen Missionen mit Luis gehören mit zum Aufwändigsten, was bislang in „GTA 4“ zu erleben war: Der Spieler segelt am Fallschirm über Liberty City und kämpft sich dann durch ein Hochhaus, er fährt auf der Hochbahn, hilft bei der Entführung eines Waggons und liefert sich Feuergefechte im Schnellboot. Überhaupt geht es oft nicht mehr im Auto zur Sache, sondern an zahllosen anderen Orten - vom Helikopter bis schlichten Fußmarsch ist alles vertreten. Auch die Minispiele passen sich dem veränderten Szenario an: Champagner um die Wette trinken oder Damen an der Tanzfläche abschleppen sind stilechte Freizeitbeschäftigungen. Und wem das alles nicht reicht, der kann die Reise nach Liberty City ja eventuell mit neuen Schießprügeln, diversen Luxus-Schlitten oder einem Kampfhubschrauber versüßt werden. Zugegeben, wirkliche spielerische Neuerungen gibt es im Vergleich zu „GTA IV“ kaum. Angesichts der wunderbaren Geschichte, den ebenso sympathischen wie abgedrehten Charakteren und der furiosen Action bleibt aber kaum Zeit und Muße, sich darüber zu beschweren. Also schnell ins bunte Hemd schlüpfen, Kajal auftragen und gleichzeitig Unterwelt und Tanzflächen unsicher machen! Text: Tito Wiesner

Im Grunde unterscheidet sich „Modern Warfare 2“ nämlich kaum von anderen Shootern und den Vorgängern der „Call Of Duty“-Reihe. Im positiven wie im negativen Sinne: Wer Shooter als Hort von emotionsloser Gewalt ansieht, wird sich auch hier wieder bestätigt fühlen. Wer die Reihe auf Grund der intensiv inszenierten Action schätzt, bekommt hingegen erneut ein Action-Feuerwerk der Extra-Klasse. Im Fokus stehen diesmal mehrere aktuelle Krisen und Kriege. Die gewohnte Ausbildung nach dem Start etwa findet in einer US-Kaserne in Afghanistan statt. Dort tritt der Spieler noch als Private Allen an, später steuert er je nach Einsatz wechselnde Soldaten. Nach und nach entpuppt sich dabei ein russischer Nationalist namens Makarov als Hauptgegner im Spiel. Die Story ist aber einmal mehr eher Beiwerk, um den Spieler von einem Schauplatz zum nächsten zu treiben – eben noch eine Straßenschlacht in Rio De Janeiro, dann schon ein Gefecht auf einer Bohrinsel.

Call Of Duty – Modern Warfare 2 (Activision) Für PC, Xbox360, Playstation3

Wenn der Ausspruch “Schlechte Presse ist gute Presse” stimmt, hat Activision alles richtig gemacht – schon Wochen vor der Veröffentlichung von „Call Of Duty – Modern Warfare 2“ waren TV und Zeitungen voll mit den entsetzten Kommentaren von besorgen Jugendschützern und Politikern. Vom virtuellen Massenmord an Zivilisten war dank eines im Spiel dargestellten Terroristen-Angriffs an einem Flughafen die Rede, reißerische US-TV-Spots verschlimmerten die Darstellung noch. Jetzt ist das Spiel da und zeigt: Die Aufregung war (fast) umsonst.

Über jede Atempause ist man da fast schon dankbar – auch deshalb, weil dann endlich mal Zeit bleibt, die brillante Optik, die beeindruckenden Effekte und die klaustrophobische Soundkulisse zu genießen. Und auch wenn die spielerischen Unterscheide zum Vorgänger minimal sein mögen: Die Missionen sind erstklassig designt, atemberaubend inszeniert und sehen auch noch besser aus als in jedem anderen Shooter bislang – wer sich an der Thematik nicht stört, findet in diesem Genre derzeit nichts besseres. Text: Tito Wiesner


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COMPUTERSPIELE

Seite 47

NEW SUPER MARIO BROS Fussball Manager 10 (Nintendo) Für Nintendo Wii

(Electronic Arts) Für PC

Man könnte denken, das seit Jahrzenten bekante Mario-Spielprinzip – „die Prinzessin ist entführt worden, also zieh‘ dir eine rote Klempner-Hose an und spring‘ ganz vielen knuffig aussehenden Feinden auf den Kopf“ – würde irgendwann mal seinen Reiz verlieren. Nintendo schafft es aber immer wieder, die traditionelle Jump&Run-Action auf ein neues Level zu heben. Auch im jüngsten WiiAbenteuer ist man wieder damit erfolgreich. Die Level und Gegner sind klassisch, die Neuerungen – etwa ein Helikopter-Anzug – sparsam. Und trotzdem macht es immens viel Spaß, Fallen zu entgehen, über Abgründe zu hüpfen, mit der Wiimote zu balancieren oder jetzt erstmals auch im VierPersonen-Multiplayer durch die kunterbunten Level zu hetzen. Zugegeben, der Schwierigkeitsgrad ist so hoch wie seit den frühen Neunzigern nicht mehr. Wenn irgendein Plattform-Spiel aber auch nach unzähligen Toden noch einen Neustart lohnt, dann sicherlich dieses.

Wer hätte das gedacht: Hertha BSC wird überraschend noch Meister, Schalke entlässt den Trainer und Werder Bremen steigt ab. Unrealistisch? Nicht im „Fussball Manager 10“ – hier darf jeder PCBesitzer seinen Verein als Trainer und Manager in Personalunion so führen, wie er es selbst für richtig hält. Und einmal mehr darf praktisch jede Entscheidung selbst getroffen werden. Die Ziele für die kommende Saison müssen festgelegt, Budget soll verteilt, Werbeverträge müssen abgeschlossen werden. Die Mannschaft fragt nach einer groben Richtungsanweisung, die ersten Spieler drängeln bereits ein Jahr vor Auslauf ihres Vertrags auf eine Verlängerung. Selbst wenn die Spiele laufen, bleibt kaum Zeit zum Durchatmen – schließlich müssen Anweisungen auf den Platz gebrüllt werden. Schön zudem: Erstmals gibt es einen Online-Modus, in dem man sich mit anderen Fußball-Verrückten messen - und so noch mehr Wochen mit diesem Zeit-Killer verbringen kann.

Text: Tito Wiesner

TEKKEN 6

(Namco) Für Playstation3, Xbox360 Zwei Tasten für die Beine, zwei Tasten für die Arme, und schon kann das Geprügel losgehen: Seit Jahren verlässt sich die „Tekken“-Reihe auf diese einfache Formel - und konnte damit bereits mehr als 33 Millionen Einheiten absetzen. Jetzt erscheint Teil Sechs, und geändert hat sich einmal mehr: fast nichts. Die Hintergrundgeschichte ist gewohnt sinnlos, die Bedienung simpel – immer noch können mit unkontrolliertem Knöpfchen-Drücken Kämpfe gewonnen werden. Trotzdem gilt weiterhin: „Tekken“ ist Einsteiger-freundlich, aber bei späteren Kämpfen schwer zu meistern. Es dauert, bis man alle Kombos beherrscht, die Stärken der 40 Charaktere erforscht hat und in allen Modi (Survival, Time Trial, Story, Online und einiges mehr) erfolgreich ist. Für den nötigen Tiefgang ist gesorgt, für die nötige Dauermotivation genauso. Nur die Technik enttäuscht: Lange Ladezeiten und etwas triste Hintergründe – da ist die Prügelspiel-Konkurrenz schon einen Tritt weiter. Text: Tito Wiesner

Text: Tito Wiesner

SingStar Made in Germany (Sony) Für Playstation3

Es gab Zeiten, in denen die drei Worte “Made In Germany” ein absolutes Qualitätsmerkmal waren. Heutzutage stößt man kaum noch auf dieses vermeintliche Gütesiegel – und wenn doch, steht es nicht automatisch für höchste Klasse. Beim neuen „Singstar“Titel ist das ähnlich: Hier findet sich nämlich wunderbar handgemachtes Herzblut-Songwriting neben typischem, massenhaft angefertigten Disco-Einerlei. Nicht jedem wird einleuchten, warum Tomte, Selig oder Die Toten Hosen hier ebenso zu finden sind wie Sandra, Pur, Karat oder die Scorpions. Andererseits: Den Reiz von „Singstar“ macht ja eben aus, dass unterschiedlichste Menschen zusammen kommen und eine Karaoke-Party feiern können. Und die Songauswahl hier ist derart breit, dass sich zumindest keiner mit der Ausrede „da ist gar nichts dabei was ich kenne oder mir gefällt“ vor der Teilnahme drücken kann. Text: Tito Wiesner

Oh, wie schön ist Internet (2) Versprochen ist versprochen. Beim letzten Mal hatte ich unaufgefordert das Prinzip Social Media erklärt - heute möchte ich mich der Erläuterung der Long-Tail-Theorie widmen. Tatsächlich dreht es sich dabei um eine Schwanzlänge. Nämlich die des Internets. Auch wenn dieser Schwanz überhaupt nichts mit Genitalien zu tun hat, fällt mir zu genaueren Erklärung dieses Phänomens stets ein drastischer, aber wirklich passender Vergleich ein: Jeder wird sich bestimmt an jenen Herren aus Rothenburg erinnern, der sich mit einem anderen Kerl im Netz zu einem ganz besonderen Abendessen verabredet hatte. Unabhängig der Länge des Körperteils, das hierfür abgeschnitten und angerichtet wurde, ist die ganze Aktion ein schönes Beispiel für den Long Tail. Denn nur durch das Internet haben sich diese beiden Sonderlinge überhaupt gefunden. Im Netz findet einfach jedes Töpfchen sein Deckelchen – egal, in welcher Nische. Meine Erklärung ist bestimmt eine sehr freie Interpretation von Chris Andersons Ansatz. Der Wired-Chefredakteur hat 2004 die Online-Musikverkäufe des US-Anbieters Rhapsody untersucht und festgestellt, dass jeder Song mindestens einmal verkauft wird. Der Name leitet sich von der Ähnlichkeit der Verkaufsgrafik mit einem langen Schwanz ab. Das Besondere: Mit dem Verkauf einer großen Anzahl weniger gefragter Produkte wurde mehr Umsatz erzielt als durch den Verkauf weniger Bestseller. Denn das Netz hebt die geografischen Beschränkungen auf. Wenn es am Verkaufsort nur wenige Nerds gibt, die ein Produkt kaufen würden, so sind es weltweit doch sehr viele. Tolle Sache, wie ich finde. Denn durch die Demokratisierung der Produktionsmittel beispielsweise im Musikbusiness, dem perfekten Abgleich von Angebot und Nachfrage via Suchmaschinen und der Demokratisierung des Vertriebs via Amazon und eBay kann jeder, der eine gute Idee hat, damit auch irgendwie Geld verdienen. Oder sich mit Gleichgesinnten zum Abendessen treffen, findet *Lou Canova


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COMIX

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meister eine wortgetreue Adaption, ohne sich größere inhaltliche oder optische Freiheiten zu leisten. So wäre das Buch (wenn man von einigen Darstellungen des Geschlechtsverkehrs mal absieht) nur knapp an einer illustrierten Bibel vorbeigeschrammt, wären da nicht Crumbs fleischige Figuren. Meist dicht zusammengedrängt, die Gesichter in übertriebener Mimik verzerrt, verleihen sie den Geschichten eine ganz eigene archaische Wucht.

Robert Crumb

Robert Crumbs Genesis

Robert Crumb: Pate, Schöpfer und Ikone der amerikanischen UndergroundComics, Schöpfer solch illustrer Gestalten wie Fritz the Cat und Mr. Natural. Dieser Robert Crumb hat in mehrjähriger Arbeit das Buch Genesis – das erste Buch der Bibel - als Comic adaptiert. Die Genesis enthält so populäre Geschichten wie die Erschaffung der Welt, die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Paradies, Kain Seth Wimbledon Green

(Carlsen) Wimbledon Green ist der größte Comicsammler der Welt. Und der geheimnisvollste noch dazu. Niemand weiß, wo er herkommt. Ist er vielleicht mit Don Green identisch? Die einen möchten das beschwören. Die anderen halten das für ausgeschlossen. Und woher stammt sein Vermögen, das ihm erst seine kostspielige Leidenschaft ermöglicht? Und kostspielig ist sie in der Tat, denn in Seths Welt sind diese Sammler zwar ebenfalls verschrobene ältere Herrschaften ohne Ehefrauen, aber sie schlurfen nicht mit Umhängebeuteln und Skizzenbuch über Comicmessen. Auf der Jagd nach raren Schätzen wie beispielsweise der Erstausgabe von “The Green Ghost“ bekämpfen sich die Sammler mit härtesten Bandagen. Seth lässt die Geschichte von Wimbledon Green mittels Interviews und Kommentaren von Bekannten, Feinden und Weggefährten erzählen. Kein Wunder, dass das Bild äußerst widersprüchlich ausfällt. Im Laufe der Zeit werden einige düstere Geheimnisse angedeutet, Unterstellungen getätigt und Aufsehen erregende Enthüllungen angekündigt. Über einige erfahren wir die Hintergründe, andere bleiben im Anekdotenhaften ungeklärt. Seth serviert uns ein Mosaik, das sich bruchstückhaft nach und nach zu einem Bild und dann zu einer Geschichte zusammensetzt. Dazu gibt es Einblicke in Greens Sammlung und wir werden mit seiner Lieblingsserie vertraut gemacht. Ein äußerst unterhaltsames und dann irgendwie auch sehr spannendes Lesevergnügen!

Text: A. Hartung Preis: 25 Euro Heimat: edition52.de

Osamu Tezuka Kirihito Band1

(Carlsen) Der junge Arzt Kirihito Osanai wird mit einer seltenen epidemischen Krankheit konfrontiert, bei der sich der Patient in eine Art Tier zu verwandeln scheint. Kurz vor seiner Hochzeit erhält der Arzt die Erlaubnis, die Krankheit an ihrem Ursprungdorf, zu erforschen. Die Dorfbewohner sind alles andere als freundlich. Sie öffnen sich erst, als sie Symptome der Krankheit an ihm feststellen. Das ist der Beginn eines

und Abel, Noahs Arche und zahlreiche andere Klassiker des Alten Testaments. Wer nun auf Grund der künstlerischen Vergangenheit Crumbs auf eine derbe Bibelparodie mit Ficken, Kiffen und Stiefellecken gehofft hat, liegt falsch. Stattdessen liefert der Alt-

albtraumhaften Strudels von Ereignissen, die Osanai unfreiwillig um die halbe Welt führen. Kihirito ist ein düsteres Meisterwerk von Manga-Erfinder Osamu Tezuka aus dem Jahr 1970(!). Das Entstehungsjahr merkt man der Geschichte aber nicht an. Allerdings stellt sich einmal mehr die Frage, wieso man in der deutschen Ausgabe nicht die original Leseweise von rechts nach links beibelassen hat, anstatt alle Seiten zu spiegeln? Glaubt man, dass der Leser nicht in der Lage ist, diese Herausforderung zu bewältigen?! Was aber viel schlimmer wiegt, ist, wie wenig Respekt man vor dem doch gerne als „anspruchsvolle graphische Literatur“ (siehe Graphic Novel-Stempel) beschworenen Comic-Genre hat. Denn ein gespiegeltes Bild ist schließlich ein völlig anderes Bild. Ein Bus fährt auf einmal von links nach rechts, statt umgekehrt. Ein Indiz dafür, dass man nur wenig Respekt vor den Zeichnungen des Künstlers hat. “Kirihito“ erscheint in drei Bänden im Carlsen-Verlag.

Text. A. Hartung

Preis Band Eins: 16,90 Euro Heimat: carlsencomics.de

Verlosung Das ist es wieder. Das Comic zur Pisa-Studie. 100 Klassiker der Weltliteratur auf 100 Seiten. 2001 ließen die umtriebigen Jungs des Stuttgarter Comicmagazins „Moga Mobo“ von 100 nationalen und internationalen Comiczeichnern (sich selbst eingeschlossen) auf jeweils einer Seite - bestehend aus acht Panels - einen Klassiker der Weltliteratur adaptieren. Ohne Text. Das Ergebnis gewann zu Recht den Max und Moritz-Preis und ist heute bereits ein Klassiker. Im Zusammenarbeit mit dem Ehapa Verlag wurde nun die längst vergriffene Ausgabe noch einmal überarbeitet: Manche Seiten flogen raus, neue kamen hinzu, andere wurden überarbeitet, das Ganze mit einem griffigen Hardcover versehen und zum Kampfpreis von 9,99 Euro auf das bildungswütige Publikum losgelassen. Nie wieder unnötig lange Bücher lesen! Nie wieder unwissend nicht mitreden können. “Faust“? Habe ich gelesen. “Die Buddenbrooks“? Selbstverständlich! “Hamlet“? Hatte ich in einer Minute durch! Der Comic für Deutschlehrer, die sich noch mal richtig an ihre Schüler ranschmeißen wollen. Nur schade, dass die Kids ja mittlerweile keine Comics mehr lesen. Für alle anderen verlosen wir drei Exemplare unter dem Stichwort „100 Meisterwerke“! Schreibt eine Mail an comix@sallys.net

Bereits im Vorwort stellt Crumb klar, dass er das Buch Genesis nicht für das Wort Gottes, aber für ein fulminantes Werk hält. Ein Sammelwerk, das Erzählungen aus Jahrtausende alter Geschichte unterschiedlichster Herkunft enthält, die tief im kulturellen, religiösen und sozialen Gedächtnis der Menschheit verankert sind und die zum Ursprung von nicht weniger als drei Weltreligionen wurden. Dieses Sammelsurium aus Mord und Totschlag, Inzest und Betrug und einem noch gar nicht lieben Gott, kann man nur jedem Liebhaber düster bizarrer Geschichten ans Herz legen - gerade auch in Crumbs praller fleischiger Adaption. Nur schade, dass man für den deutschen Text auf die nicht gerade gelungene Luther- Übersetzung zurückgegriffen hat. Text: A. Hartung Preis: 29,90 Euro Heimat: carlsencomics.de

Fünf Fragen an Eric Powell Was hat der Comic allen anderen Medien voraus? Seine Freiheit. Anders als beispielsweise die Leute vom Film muss ich mich als Comiczeichner nie an der Realität orientieren und dem, was technisch möglich ist. Deshalb wird meine Serie „The Goon“ jetzt auch nicht in einen Realfilm, sondern in einen Zeichentrick verwandelt. Das ist einfach näher dran. Welche Musik hörst Du beim Zeichnen am liebsten? Tom Waits. Die neueren, experimentelleren Sachen. Besonders wenn ich an „The Goon“ arbeite, hilft mir das. Die Songs haben eine abseitige Atmosphäre, die ich auch mit meinen Geschichten transportieren will. Das geht allerdings nicht soweit, dass ich mir Figuren oder Plots den Texte ausleihe. Welcher ist dein aktueller Lieblingscomic? Ehrlich gesagt, lese ich nicht mehr viele Comics. Das liegt sicher mit daran, dass ich draußen in den Wäldern von Tennessee lebe, wo es keine Comicläden gibt. Aber vieles was veröffentlicht wird, interessiert mich auch einfach nicht. Immer nur Superhelden hier, Superhelden da. Auf der einen Seite wird bei uns im Film und gerade im Fernsehen so viel entwickelt und ausprobiert, und auf der anderen lesen die Leute seit 50 Jahren immer dieselben Spider-Man-Geschichten. Da bin ich manchmal echt neidisch auf die europäische Szene. Die erscheint mir wesentlich abwechslungsreicher. Leider gibt es aber kaum Übersetzungen. Um aber doch noch ein paar Sachen zu nennen, die mir gefallen: „Hellboy“ von Mike Mignola mag ich gerne oder „Rasl“ von Jeff Smith. Was empfiehlst du jungen Nachwuchskünstlern? Bleibt dran, arbeitet hart und gebt nicht auf. Was auch sonst? In der Comicindustrie gilt wie überall sonst auch: nichts passiert von alleine, und keiner schenkt dir was. Welche Musik soll bei deiner Beerdigung laufen? Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich denke, Slayer wären gut. Und dann etwas von der Country-Sängerin Patsy Cline (lacht) Das wäre eine gute Mischung. Text: Moritz Honert

Auch gut: „The Goon“ Teil Vier - „Bergeweise Trümmer“


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HÖREN NICK CAVE DER TOD DES BUNNY MUNRO

(Der Hörverlag) Für die einen ist es nur Kosmetik. Für Bunny Munro jedoch ist es nicht weniger als die pure Hoffnung, die er da in seinem Musterkoffer durch die Wohnzimmer des südenglischen Proletariats schleppt. Aber das ist nicht die einzige Illusion, der der Titelheld aus Nick Caves AbsturzRoman erliegt. Hinter sich der Selbstmord seiner Frau, auf dem Beifahrersitz sein neunjähriger Sohn, vor sich die nächste willige Kundin, rast Bunny Munro getrieben von mit Größenwahn kompensiertem Selbsthass seinem Ende entgegen. Wer mit Caves Musik vertraut ist, dürfte angesichts der Ingredienzien seines Romans wenig staunen: Drogen, Sex, Schmerz, Erlösung. Das alles ist temporeich, wenn auch wenig überraschend aufgeschrieben und wäre wesentlich ergreifender, hätte man es nicht so eins zu eins schon bei Bukowski gelesen. Bilxa Bargeld jedoch erweist sich mit seiner zwischen Kindergeburtstag und Klapsmühle pendelnden Stimme als ausgesprochen stimmiger Vorleser dieser Einbahnstraße zur Hölle. (6 CDs / rund 360 Minuten)

Text: Moritz Honert

Caine 10 – Apocalypso

(Lausch/Edel) Es musste ja so kommen: Die zwei Alien-Rassen der Aganoi und Kyan’Kor ziehen in den Krieg um die Erde. Mittendrin im Showdown: der Auftragskiller Steven Caine, dessen Körper von Oberbösewicht Kartaan übernommen wurde. Doch kampflos gibt Caine bestimmt nicht auf… Als die Serie vor fast vier Jahren startete, traten mit Torsten Michaelis (Synchronstimme von unter anderem Wesley Snipes) als Caine und Lutz Riedel als Kartaan zwei Kontrahenten in den Ring, bei denen der Sprüche klopfende Schlagabtausch stets eine Freude war. Hinzu kamen eine mehrschichtige Story mit verschiedenen örtlichen und zeitlichen Ebenen sowie ein stark Gitarren-lastiger Soundtrack mit Songs. Caine rockt! (79:45 Minuten)

Text: Holger Muster

Wir verlosen 3x die Folgen 1-3 plus je ein Shirt, Stichwort: „Caine“

VAL MCDERMID SCHLUSSBLENDE

(Der Hörverlag) Nicht weniger als dreißig tote Mädchen, als Hauptverdächtiger ein bekannter Fernsehstar und Vorgesetze, die von all dem nichts hören wollen: tolle Voraussetzungen für die Jagd nach einem Serienkiller. Val McDermid macht es ihrem impotenten Profiler Tony Hill nicht leicht. Dafür ist „Schlussblende“ nicht ganz so brutal geraten wie noch der Vorgänger „Das Lied der Sirenen“ und auch reichlich gradliniger. Packend ist allerdings auch diesmal die dichte Atmosphäre und das überaus glaubwürdige Spiel der Sprecherriege, darunter Leslie Malton, Boris Aljinovic oder Felix von Manteuffel. Für Fans von zappendusteren Splatterkrimis ein Fest, auch wenn gegen Ende irgendwas im Drehbuch verschütt gegangen sein muss, weil die zu Beginn noch laufende Suche nach einem Feuerteufel plötzlich gar keine Rolle mehr spielt. (2 CDs / rund 120 Minuten)

Text: Moritz Honert

T.C. Boyle DER POLARFORSCHER

(rbb/Der Hörverlag) Das Schiff zermalmt, die Vorräte am Ende, die Körperteile dank Frost und Skorbut zunehmend amputiert und geschunden: es ist wahrlich keine besonders glorreiche Expedition, auf die T.C. Boyle den Polarforscher John Pennington Frank in seiner Kurzgeschichte aus dem Jahre 1976 schickt. Der rbb hat das mäßig originelle Frühwerk über westliche Großmannssucht nun in ein gut klingendes Hörspiel verwandelt: Musik, Geräusche und Sprecher wie der Schauspieler Hans Peter Hallwachs oder David „Kein Hörbuch mehr ohne mich“ Nathan – alles prima. Nur täuscht das alles nicht darüber hinweg, dass der Produktion aufgrund der Vorlage zwei entscheidende Dinge fehlen – ein ordentlicher Spannungsbogen und eine zündende Idee. (54:30 Minuten)

Text: Moritz Honert

Sacred 2 Die Erlösung (Teil 5)

(Weirdoz) Die Erlösung ist nahe! Garlan, vom elfischen Großinquisitor als Schattenkrieger wieder zum Leben erweckt, will dessen Machenschaften endlich beenden. Aber nur, wenn Garlan vor ihm die Große Maschine findet, ist die Welt Ancaria

SONST ERSCHIENEN Die Macher der Gruselkabinett-Reihe (Titania Medien) haben sich aktuell der Interpretation des Oscar-Wildes-Klassikers „Das Bildnis des Dorian Gray“ angenommen. Das Ganze ist auf zwei CDs wie immer hochkarätig besetzt. Allerdings kommt das Geheimnis um den Schönling erst im letzten Drittel so recht in Schwung. Wenig Elan, dafür aber schön viel bleierne Depressionen auch in den zwei neuen Episoden der Wallander-Reihe (Der Hörverlag). In „Bilderrätsel“ und „Tödliche Fracht“ können wir zweimal mehr der schwedischen Polizei bei der Aufklärung von Mord und Totschlag sowie der Verarztung diverser persönlicher Probleme zuhören. Das ist immer noch hervorragend gesprochen und inszeniert, wenn auch in der siebten beziehungsweise achten Wiederholung doch von zunehmend geringem Überraschungswert. Wenig überraschend, dafür grundsolide: Das gilt auch für den neusten Output aus „H.P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens“ (LPL). Dargeboten wird diesmal „Der Fall Charles Dexter Ward“, eingelesen, wie schon diverse Produktionen der Reihe, von David Nathan, der es allerdings manchmal mit seiner Schauer-Stimme etwas übertreibt. Wer’s beschaulicher mag und gerne alten Damen beim Ermitteln lauscht, kann es mit der 3-CDSammelbox „Mimi Rutherford und die Fälle…“ (Maritim) versuchen. Allerdings sind die drei, zum Teil dank minutenlanger Monologe recht zäh erzählten Geschichten eher was für Genre-Enthusiasten. Nach fast einem Jahr Pause wird „Abseits Der Wege“ mit „Kapitel 6 – Erloschen“ (Folgenreich/Universal) endlich fortgesetzt. Während Gaston Glück auf dem Weg ins eisige Norgont auch den größten Gefahren trotzt, erklärt sein Vater seinen Freunden ein bisschen, wer warum welches Ziel verfolgt. Entgegen dem Titel wird hier also etwas Licht ins Dunkel gebracht. Weiter macht auch Mark Brandis (gewechselt zu Universal/Folgenreich). Nachdem das faschistische Regime der „Reinigenden Flamme“ niedergeschlagen ist, soll Brandis in „Testakte Kolibri“ eine Pannenserie beim Test eines Raumschiffprototypen aufklären. Der Fall löst sich dann zwar von alleine, die Auflösung ist dementsprechend ballaballa, aber wer auf Old-School-Sci-Fi steht, wird Spaß an dieser Macho-Oper haben.

Text: Holger Muster, Moritz Honert

HÖR-/BÜCHER

Seite 49

John Niven Coma (Heyne)

Diesmal hat sich der Autor von „Kill Your Friends“ einem noch seltsameren Thema angenommen, als es die Musikindustrie jemals war und sein kann: dem Golfen. Allerdings verpackt in eine so komische Geschichte zweier Brüder, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine, Gary, unglücklicher Spießer, dessen Leidenschaft die Liebe zum Golf auch gleichzeitig sein größtes Problem ist: er kann es einfach nicht. Der andere ist ein kleiner Ganove, der auch so weit entfernt vom Glück ist, wie man es nur sein kann. Als Gary eines Tages von einem - wie sollte es auch anders sein - Golfball am Kopf getroffen wird, sind unkontrollierbare und obszöne Ausbrüche und eine ständige Erektion die eine Folge, die andere: fortan schlägt er den Ball wie ein Pro. So qualifiziert er sich für die örtliche Meisterschaft und steht auf einmal mit den Größen seines Sports auf demselben Grün. Das Finale ist wie die Geschichte natürlich viel mehr als das. Es geht schließlich auch noch um geldgeile und andere Ehefrauen, Untreue, Mordaufträge, Sportreporter und natürlich um das wahre Glück und die Liebe. Das alles macht das Buch zu einem großen Lesespaß, der hier auch allen, die mit Golf nix am Hut haben, wärmstens empfohlen wird. Für alle die zu faul zum Lesen sind, gibt es das ganze auch als Hörbuch, vorgelesen von Markus Kafka. Text: Caroline Frey

sicher vor der totalen Unterdrückung. Auf der Insel der Dryaden suchen nun beide nach dem Schlüssel zum Sieg. Zum schon gut besetzten Ensemble gesellt sich beim Finale eine weitere HollywoodStimme. Hansi Jochmann synchronisiert sonst Jodi Foster und schlüpft hier in die Rolle der Dryaden-Königin Eana. Was bestimmt auch schon verraten werden darf: Obwohl „Sacred“ als Pentalogie angepriesen wird, die hier ihr Ende findet, bleibt am Schluss genug Luft für eine Fortsetzung. (73:28 Minuten)

Text: Holger Muster

Wir verlosen 3x „Sacred 2: Der Schattenkrieger“ Folge 4, 3x signiertes Blind Guardian Album „A Twist To The Myth“ und 3x Soundtrack zum Game „Sacred 2 - Fallen Angel“. Stichwort: „Ihr habt einen Schattenkrieger“!

WUPP! DIE DIMESIONSJÄGER SHERLOCK HOLMES UND DR. WATSON

(Der Hörverlag) Was haben die Deutschen nicht schon alles zusammenbekommen: Ost und West, Schwarz und Grün, Pizza und Ananas. Nur die Verbindung von Comedy und Hörspiel will einfach nicht gelingen. Da ist auch der Auftakt der Serie „Wupp! Die Dimensionsjäger“ keine Ausnahme. In der Pilotepisode schickt der Autor, Regisseur und freischaffende Komödiant Kai Lüfter, die Brüder Hunter und Beule auf der Suche nach ihrem verschwundenen Onkel Kolja mittels eines Dizewawu (Dimensions-, Zeit- und Wahrheitswuppers) durch Raum und Kosmos. Dabei begegnen sie einem eingebildeten Holmes, dem eine Schubkarre Tabak abhanden gekommen ist. Das ist so langatmig erzählt, so uninspiriert bei „Per Anhalter durch die Galaxis“ sowie diversen Holmes-Parodien zusammengeklaut, so bemüht, dass es einen gruselt. Da retten auch Sprecher wie Oliver Kalkofe, Bernhard Hoëcker, Florian Lukas oder der überraschend patente Oliver Korittke nichts. Wenn Beule und Hunter in Zukunft beim nächsten Gewuppe in einem schwarzen Loch verschwinden, wäre das kein Verlust. (rund 78 Minuten)

Text: Moritz Honert

LESEN JEAN-CHRISTO PHE GRANGÉ CHORAL DES TODES

(Ehrenwirth) Sagen wir es gleich: Ein Literat wird der französische Thriller-Großmeister Jean-Christophe Grangé im Leben nicht mehr. Seinen Titel wird er trotzdem nicht verlieren. Denn auch „Choral des Todes“, seine siebte Horrorschau, ist trotz seiner käsigen Einsame-Streiter-Klischees und kruden Vergleiche („Die Geier kreisten über seinem Kopf. Das gefrorene Gras knirschte unter seinen Schritten. Er hatte den Eindruck, über die dünne Eisdecke eines Sees zu laufen, die so knusprig war wie die Kruste auf eine Karamellcreme.“) eins von diesen Büchern, das man nicht mehr aus der Hand legt. Diesmal geht es um eine Nazisekte, Folter, Pinochet, tötende Kinder. Düster ist das, oftmals gewaltig brutal. Gibt’s auch als Hörbuch.

Text: Moritz Honert

Gene Simmons Sex Money Kiss

(Heyne) KISS-Schlabberzunge Gene Simmons verkündet sein Credo, dass mehr in jeder Beziehung besser ist als weniger - und beweist das Gegenteil. Für seine Weisheiten hätte ein Bruchteil des Seitenumfangs genügt. Sex und Money sind geil, mehr davon geiler. Männer, die heiraten sind bekloppt, denn es kostet sie Kohle. Frauen, die selbiges tun, sind clever, weil sie einen Versorger gefunden haben. Gene präsentiert sich als Selfmademan, der das Hohelied des Kapitalismus singt (mehr Arbeit = mehr Geld). Das alles wäre amüsanter, wenn nicht an einem Lektor gespart worden wäre. Die vielen Redundanzen nerven. Dabei gibt‘s genug Unterhaltungspotenzial. Der Mann will sogar aus Scheiße Geld machen (Klopapier mit der Aufschrift „Kiss my ass“). Immerhin erfahren wir, wem sein Streben nach mehr Erfolg gilt: Seiner Mutter, der er jeden Tag Bericht erstattet „über die Millionen frischer Dollars, die in meine Kasse strömen“.

Text: Jens Fritze


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SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM

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IMPRESSUM

SCREENSHOTs

Schwanerei

Diesen Sommer erschlugen zwei Bayern einen Mann aus Brandenburg. Sie waren genervt von seinem Dialekt. Der Mann stand in München an einer Pommesbude und bestellte sich ein Kaltgetränk. „Ick hätte jern ’ne Cola“. Das reichte! Voller Wut prügelten sie ihn krankenhausreif. Der Brandenburger überlebte. Der Schwan auch. Welcher Schwan? Der, mit dem sie ihn verprügelten! Dialekt ist die regionale Variation einer gemeinsamen Ausgangssprache. Auch das Opfer variierte ein wenig. Aber um eins zu klären: Der Mann war kein Sachse. Sein Dialekt war weder ekelig noch empfängnisverhütend. Er orderte sein Kaltgetränk auf “Berlinerisch“, einem Sprachverwuchs, der im Allgemeinen als „frech und sympathisch“ gilt. Anders die Täter. Die sprachen Bayerisch. Bayern variieren unsere gemeinsame Ausgangsprache üblicherweise so sehr, dass sie am Ende ähnlich Hochdeutsch sprechen wie Schimpansen. Deshalb sollten Bajuware auch nicht hauen und nie ohne ihre Freunde Demut und Toleranz auf Sauftour gehen. Aber das ist heute nicht unser Thema. Die eigentliche Frage ist doch: WO KAM DIESER SCHWAN HER? Wo steht man gewaltbereit und mit Blutrauschen in den Ohren - neben einem Schwan? Und wie kommt man auf die bescheuerte Idee, sich einen zu greifen und damit zu hauen? Wie greift man sich überhaupt einen Schwan? Schon mal versucht, einen zu fangen? Die beiden Männer müssen professionelle Tierjäger gewesen sein. Oder der Schwan war suizidgefährdet, hatte zwei Kescher dabei und WOLLTE gefangen werden. Sonst hätte es mindestens 15 Minuten gedauert, sich das Tier zu schnappen und da wäre die Lust am Prügeln bereits ausgejoggt gewesen.

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Aber egal. Gehen wir jetzt mal davon aus, wir stünden neben einem Schwan (was selten genug so ist) und er ließe sich lässig greifen (was definitiv NIE so ist), hätten wir dann jetzt nicht den dämlichsten Gegenstand überhaupt in der Hand, um jemanden damit zu verprügeln?! Mann - das Ding ist aus Federn! Egal, wo ihr jetzt seid. Guckt euch kurz um. Ist nicht alles, was ihr jetzt seht, geeigneter, um jemandem eine damit zu semmeln, als ein verfederter Schwan?! Und wie schlägt man eigentlich mit einem Vogel zu? Packt man ihn am Hals und benutzt ihn als BaseballSchwan? Nimmt man ihn an den Füßen? Als Schnabel-Peitsche? Oder schlägt man mit dem ganzen Körper des armen Tieres zu, so als wolle man dem Opfer mit Gewalt einen hässlichen Hut aufsetzen? Wie? Ich für meinen Fall umlaufe in Zukunft Erholungsgebiete, Zoos und öffentliche Plätze mit herumstreunendem Tiergesindel, bevor mir jemand mit einer Amsel in die Augen piekt, mir jemand im Strandband glitschige Fische unter die Füße legt, damit ich mich zu Tode ausrutsche oder mir ein böser Rechtsradikaler mit seinem Yorkshire-Terrier einen Tinitus bellt. Da bleibe ich lieber zu Hause vorm TV. Bestimmt hat gerade irgendein Irrer Igelhandschuh-Boxen oder Doraden-Tischtennis erfunden. Das gucke ich mir an! Yessica Yeti

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Bücher: Elmar Bassen *** Comics: Andreas Hartung *** Comicstrip: aha *** Computerspiele: Tito Wiesner, Lukas C. Fischer *** Demodesaster: Roy Fabian, Maik Werther *** HipHop: Holger Muster *** Hörspiele: Moritz Honert *** Kino: Patrick Heidmann *** Neuigkeiten: Robby Steuding, Angela Fischer *** Online & Platten: Ina Göritz *** Sport: Christine Stiller *** Lektorat: Torsten Hempelt, Antje Flohr

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Bestellung an: abo@sallys.net

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Frank Abel, Linda Aust, Thorsten Barth, Jochen Barthel, Elmar Bassen, Volker Bernhard, Daniela Bringer, Kai Butterweck, Jenny Ferron, Lukas-Christian Fischer, Ben Foitzik, Jens Fritze, Martin Gegenheimer, Gordon Gernand, Steven Gläser, Robert Goldbach, Sebastian Gosmann, Steffen Guzy, Cornelis Hähnel, Tanja Hellmig, Holger Hoffmann, Lasse Holler, Leon Ilsen, Tim Kegler, Aiko Kempen, Philipp Kohl, Eric Landmann, Arne Lieb, Dirk Lüneberg, Marta Marszewski, Peter Meisterhans, Boris Mischke, Maleen Mohr, Christopher Mühlig, Elisabeth Nagy, Vanessa Pape, Sascha Rettig, Verena Reygers, Timo Richard, Marie Schaefer, Daniel Schieferdecker, Maritta Seitz, Fabian Soethof, Samuel Stein,Frank Straessner, Frédéric Schwilden, Frank Thießies, Nina Töllner, Hans-Christian Vortisch, Marek Weber, Kati Weilhammer, Marcus Willfroth, Christian Wölki, Yessica Yeti, Florian Zühlke

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Lisa Piorko, Natascha Siegert, Sarah Breese

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Fotografen: Frank Abel, David Biene, George DuBose, Birte Filmer, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Rosa Merk, Oliver Schümers, Sight Of Sound, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf

INTERVIEWS

Layout:

Tocotronic

Caroline Frey, Mario Krenz Praktikant: Marvin Warnke Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.latifoberholz.de

IM KINO

Auf ein Frohes Neues! Ende Januar starten Tocontronic das neue Jahr mit der Veröffentlichung ihres neuen Albums „Schall & Wahn“ und auch die doppelten Lottchen Tegan And Sara, Lightspeed Champion Devonte Hynes, Smoke Blow, The Soft Pack und Yeasayer werden Anfang 2010 wieder von sich hören lassen.

Eric Landmann 030 - 694 09 661 Frank Straessner 030 - 694 09 662 Christian Y. Rulfs 030 - 694 09 665 Petra Pomplun 030 - 694 09 664

Wie in jedem Jahr ist auch 2010 der Februar wieder der Kino-Monat schlechthin und steht ganz im Zeichen der Berlinale sowie der bevorstehenden OscarVerleihung. Entsprechend viele tolle Filme erwarten das Publikum. Die Tragikomödien „Up in the Air“ (siehe Foto) mit George Clooney und inszeniert von „Juno“-Macher Jason Reitman sowie „An Education“ mit Neuentdeckung Carey Mulligan nach einem Drehbuch von Nick Hornby etwa haben das Zeug zu echten Publikumslieblingen. Ganz zu schweigen davon, dass sich große Regisseure wie Martin Scorsese („Shutter Island“), Clint Eastwood („Invictus“) oder Doris Dörrie („Die Friseuse“) zurückmelden.

Druck:

Frank Druck GmbH & Co. KG

Vertriebspartner:

unclesally*s Distribution: Berlin, Potsdam CartelX GmbH & Co. KG: Hamburg, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Hannover, Braunschweig, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Mainz, Stuttgart, Kiel, Flensburg u.a. PMS Köln: Köln, Düsseldorf, Essen, Bochum, Dortmund, Wuppertal, Oberhausen, Bonn, Krefeld, Duisburg u.a. Primeline Dresden: Dresden, Halle, Chemnitz Blanda Promotions: München Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es wird keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Tonträger und Fotos übernommen. Diese gehen in den Besitz des unclesally*s über. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der unclesally*s GmbH & Co.KG. Für alle Verlosungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.01.2009




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