unclesally*s 145 - April 2009

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unclesally*s magazine

April 09 / Ausgabe 145

www.sallys.net

„In China ist McDonald’s eines der feinsten Restaurants.“ (Martin/Frittenbude)

KILIANS White Lies/ The Virgins / A Camp / Mastodon / Therapy? Muff Potter / Sportfreunde Stiller / The Decemberists The Thermals / Im Test: Frittenbude / Selig / Trashmonkeys

Kino

DORFPUNKS

Poster

PETER DOHERTY

Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs



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EDITORIAL

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EDITORIAL Soso,

als alter Etymologe frage ich mich gerade, wo der Name Dinslaken herkommt. Zwei Drittel davon sind klar: Das „ins“ und das „Laken“, aber wofür steht das D? Dirne? Doppelkopf? Dash, das Waschmittel? Oder vielleicht doch für einen Namen?! Dietlind. Detlef. Doris. Könnte sein. Deutschland vielleicht. Oder Dänemark. D-Mark? Die Stadt ist gibt’s ja schon seit 1273, also seit vor dem Euro. Wahrscheinlich war „Dinslaken“ aber nur Teil einer Konversation zwischen Graf Dietrich van Kleve und seiner Braut. Sie so: „Du, Schatz, wohin soll ich denn mit dem Schaf, das du aus dem Zoo mitgebracht hast“? Und er so – schon halb am Pennen und voll wie ein Bus: „Ach, leg doch erst mal dainslaken.“ Wäre doch eine schöne Geschichte. Auch wir verabschiedeten uns neulich in den Zoo zu Köln, um dort mit einer aufstrebenden Girl-Group namens The Black Sheep tauchen zu gehen. Schon lustig, was man am Boden des Pinguinpools so alles findet: Instrumente, Eisbeeren und schön geschwungene Schweigen aus Gold. Womit wir beim Thema wären: Einer von zwei Kapeiken, die das Maul nicht oder nur noch schwer aufbekamen, ist mein neuer Homie Donald. Donald ist Sänger der Virgins und schleppt trotzdem mehr Opfer ab als der ADAC - und das, obwohl (oder weil) er (also der Donald) nach drei Tagen wach immer noch steht wie eine Eins. 1:0 für Cialis in der 900. Minute. Der andere zuvor angesprochene Schweiger steht dem partyfreudigen Virgins-Beau in Sachen Nehmerqualitäten in nichts nach. Sein Name: Pete Doherty. Sein Beruf: Dorfpunk. Pete hat

zwar jetzt ein R im Vornamen, aber noch immer keine Ahnung vom Singen, weshalb wir als Postermotiv auch das gewählt haben, wo er so niedlich die Schnauze hält. Oder rülpst, weiß man ja nicht - so ganz ohne Geruchsfoto. Immer wieder für Erheiterung hier im Büro sorgen unsere Kontoauszüge, die wir jeden Monat auf A4 rahmen und hinter den Schreibtisch der Chefin hängen. Braucht die keine roten Tapeten mehr, nur noch schwarzen Humor. Von beidem mehr als genug haben auch rund 42,6% der bundesdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber, die neben der Midlife-Crisis plötzlich noch mit einer ganz anderen Krise zu kämpfen haben: Fortschreitendem Alkoholismus an der Hypotheke und Ü-40-Schwof in der Dispodisco. Letzteres sind sowohl als auch kreative Wortschöpfungen meines neben Donald einzigen Bekannten Nagel, dem es auf seinem neuen Album „Gute Aussicht“ wie keinem Punk zuvor gelungen ist, den Zeitgeist auch Verbalamöben wie mir anschaulich vor Augen zu tackern. Props dafür und an euch die dringende Empfehlung, mal einen Blick auf den Krisenticker meiner Kollegen Richard und Soethof zu werfen. Auch wenn’s weh tut - ist echt interessant. Ich hab‘ gerade David Byrne getroffen. Stand im Regen vor dem Ramones Museum. Geiler Typ. Once in a lifetime forever! (Smoke) Flo


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INHALT

INHALT

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NO. 145 – April 09

Foto: Boris Breuer

Foto: George Du Bose

Musik: Seite 14

Musik: Seite 35

AUF ACHSE: THE BLACK SHEEP BANDS VS. DIE KRISE

Vollbeat

Kino: Seite 68

DORFPUNKS

Was gibt es Schöneres als einen gemütlichen Sonntagnachmittag im Zoo?! Dort kann man wunderbare Tiere studieren, auf dem Rücken eines Wals reiten und nach Diamanten tauchen. Auch die vier Damen der aufstrebenden Rock-Combo Black Sheep wagten sich ins Gehege und vermissten dabei eines ganz besonders: Die Streichelwiese.

Nicht nur bei Opel sitzen die Mitarbeiter auf dem Feuerstuhl, auch die Plattenindustrie kappt kostspielige Geschäftsbereiche, zum Beispiel: Bands. Wir haben uns in der deutschen Musikszene einmal umgeschaut und Muff Potter, die Trashmonkeys & Angelika Express befragt, welche Ideen und Konzepte denn Zukunft haben könnten. Da geht einiges.

Jeder kennt ihn, jeder kennt sein Buch: Rocko Schamoni und seine sympathische Loserlektüre „Dorfpunks“ – die Lebensbeichte von einem, dem der Punk das Leben gerettet hat. Das geht uns nicht anders, und deshalb haben wir den Kollegen mitsamt seines Regisseurs Lars Jessen mal vors Mikro gebeten, um uns drei Akkorde vorzuflöten. Leider ohne Ton.

06 STARTER

nats geschrieben hätte. Tse. Die Mehrheit entschied sich für die White Lies, deren Soundtrack zum Unglücklichsein allen das Gefühl gibt, dass es den anderen wenigstens noch beschissener geht.

Diesmal geht’s in das Epizentrum der Hipness: Brooklyn, NY. Gleich hinter der Williamsburg Bridge kann sich Manhattan schön hinten anstellen.

12-21 MUSIK STORIES I

39 A Camp 40 Papa Roach 41 Mastodon 45 The All-American Rejects 46 The Thermals 47 Doves

06 Bob Mould 07 Rock:Liga 08 Maxïmo Park/ Kein Bock auf Nazis 09 Therapy? 10 Euer Ding

12 Yeah Yeah Yeahs 13 The Rakes 16 Kid Down/ Obits/ The View 16 Jeniferever/ Official Secrets Act 18 White Lies 20 Maroon/ Fever Ray/ Wolves In The Throne Room 21 The Decemberists

Foto: Erik Weiss

39-47 MUSIK STORIES II

42 DAS POSTER!

Peter Doherty wie man ihn kennt: Freundlich, romantisch, ausgeschlafen und nüchtern.

44 MIXTAPE

Die Black Lips behaupten zwar, sie seien „FlowerPunks“, sind in Wahrheit aber nur Hippies, die Ramones hören. Sowas kann nicht gutgehen.

48 AUF DER COUCH

Da hat der Kollege McKagan während unserer Überseeanalyse schön Seele gestrippt, aber irgendwie purzelte ihm seine Argumentationskette durcheinander. Egal, Hauptsache gesund!

49-57 MUSIK STORIES III

22 TITEL KILIANS

Auch irgendwie Dorfpunks, diese Kilians. Was vor ein paar Jahren schnapsbesoffen auf der „Eierwiese“ begann, kickt heute ganz oben in der hiesigen RockLiga mit, und das manchmal sogar nüchtern! Wir besuchten Simon und seine Jungs im heimischen Dinslaken, der Stadt der Vernünftigen und Verbote.

26-33 PLATTEN

Es gab doch tatsächlich ein Redaktionsmitglied, das steif, fest und standhaft davon überzeugt war, dass der lustige Peter Doherty die Platte des Mo-

49 Selig 52 The Virgins 53 One Fine Day 55 Peter, Bjorn & John 56 Sportfreunde Stiller

50 TEST

Spätestens nachdem die Münchner Frittenbude neulich filigranst den Berliner Magnet Club zerlegte, sind wir große Anhänger dieser kunterbunten Elektro-Anarchos, die wir in unserem Fast Food-Test mal an den reich gedeckten Tisch baten. Und das hier hatte die Mutti für die Kleinen vorbereitet...

54 REISEFÜHRER

58-61 AUF TOUR

Das geht im April. Achtet auf die Trompetenkäfer!

62-62 FÜR ZWISCHENDURCH

62 In the Mix 63 Quickies

66-73 KINO

66 67 69 70 72

Unbeugsam-Defiance/ Knowing Public Enemy No. 1 Rachels Hochzeit/ Notorious B.I.G. Shortcuts Kino DVDs

74-82 DER REST

74 Comics 75 Bücher/ Hörbücher 76 Computerspiele 79 Sport 80 Kreuzworträtsel 81 Redaktionscomic 82 Vorschau/ Impressum/ Screenshots

NEU AUF SALLYS.NET

Alle Verlosungen, die neuesten sally*sTV-Clips und natürlich wie immer hohe Geldpreise.



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NEUIGKEITEN Heute auf: Swahili

MAREHEMU NA WATU WATILIKA (Tote und Verletzte) DEICHKIND

Der Produzent und musikalische Kopf von Deichkind, Sebastian Hackert, ist im Alter von 32 Jahren in seiner Hamburger Wohnung verstorben. Über die Zukunft der Band haben die verbliebenen Mitglieder noch nicht entschieden.

METALLICA

Entweder war ein 24h-Virus oder eine schlechte Auster die Ursache, so die Diagnose der Ärzte in Stockholm, als Frontmann James Hetfield Minuten vor Konzertbeginn mit Verdauungsstörungen und Dehydration ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Es sei ihm etwas peinlich, aber die Ursache war wohl tatsächlich eher die Auster gewesen, so Hetfield auf der Bandwebsite im Rahmen eines Entschuldigungspostings.

SENTENCED

Der Gitarrist der finnischen Metal-Band Sentenced, Mika Tenkula, wurde im Alter von 35 Jahren tot in seiner Wohnung gefunden. Die Band löste sich 2005 nach 16 gemeinsamen Jahren auf.

MACHAMKANO NA VIPENYA

(Trennungen und Pausen)

BARENAKED LADIES

Frontmann Steven Page sieht seine Zukunft eher in heimeligen Soloprojekten als in nackigen kanadischen Damen. Die Barenaked Ladies befinden sich momentan in der Vorbereitungsphase für ein neues Album. Wer die Rolle des Sängers und Gitarristen fortan übernehmen wird, ist noch nicht bekannt.

RAZORLIGHT

Schlagzeuger Andy Burrows steigt aus persönlichen Gründen aus und wird durch Davis „Skully“ Sullivan-Kaplan ersetzt.

MAAZIMA MAPYA NA MAKUTANO (Neue Projekte und Wiedervereinigungen) BABYSHAMBLES

Bassist Drew McConnell versammelt in seinem Nebenprojekt Helsinki eine lose Bande an mehr oder minder berühmten Musikern wie Fionn Regan oder Albert Hammond Jr. von den Strokes. Das Debütalbum ist momentan in Produktion.

FAITH NO MORE

Elf Jahre nach den letzten gemeinsamen Auftritten steht uns nun eine Reunion-Tour von Faith No More bevor. Die Band wird in der Besetzung von 1998 eine Reihe großer europäischer Festivals bespielen.

GUANO APES

PALE

In aller Freundschaft findet die Trennung der Indie-Truppe Pale statt. Mit der Botschaft „Danke für 15 Jahre im Teenage Heaven, die schönste Zeit unseres Lebens!“ und einem letzten Auftritt auf dem Immergut Festival beenden die Jungs dieses Kapitel.

BADILIKO YA MWANACHAMA

(Mitgliederwechsel)

1990 gegründet und 15 Jahre später wieder aufgelöst, spielen die Göttinger Guano Apes im Sommer verschiedene Reunion-Auftritte auf großen Festivals in Deutschland und Österreich.

RAGE AGAINST THE MACHINE

Gitarrist Tom Morello hat mit Secret Sweeper eine neue kapitalismuskritische Band am Start. Debütalbum und Tour folgen, zuerst gibt es Shows als Support von den Nine Inch Nails und Jane’s Addiction.

MY FAVOURITE NEW BAND Heute mit: BOB MOULD

Zuversichtlicher könnte ein Jupiter Jones-Vorbote kaum klingen: „Das Jahr In Dem Ich Schlief“ heißt die Vier-Track-Single zum dritten Album „Holiday In Catatonia“, das am 23. Mai erscheint. „Das war das Jahr der großen Gesten“, singt Frontpoet Nicholas Müller retrospektiv und in gewohnt raubeiniger Punkrock-Manier, Justus Jonas-Stimme Oliver Rohrbeck hält das Zwischencredo. Gemeinsam mit der R’n’B-Version von „Versickern/Versanden“ aber weisen Jupiter Jones die Richtung, die „Holiday In Catatonia“ einschlagen wird: Weniger Pathos, mehr Pop. Den trauten sie sich schon auf „Entweder Geht Diese Scheußliche Tapete – Oder Ich“; mit Altlasten wie Labelstreitereien und allzu schweren Herzen aber haben Jupiter Jones aufgeräumt. Gitarrist Sascha veröffentlicht von Hamburg aus seine Band auf ‘Mathildas und Titus Tonträger‘ erfolgreich im Alleingang. Bassist Klaus ist leider raus, ein Nachfolger mit ExSonah-Bassist Andreas Becker gefunden. Und das Hot Water Music-Zitat bleibt auf Nickis Arm tätowiert: „Live your heart and never follow...“

JUPITER JONES AUF TOUR 27.3. Berlin - Privatclub *** 28.3. Köln - Gebäude 9 *** 24.7. Bausendorf – Riez’n Roll Open Air *** 14.8. Horb am Neckar – Minirock Festival

SKUNK ANANSIE

Im vergangenen Jahr begannen die Mitglieder der 2001 aufgelösten Skunk Anansie, an neuem Material zu arbeiten. Nun ist die Wiedervereinigung offiziell, erste kleine Konzerte unter dem Pseudonym „S.C.A.M.“ finden in diesem Monat in London statt.

THE STONE ROSES

“Meine neue Lieblingsband sind No Age aus Los Angeles. Wenn sich eine Band nach dem Titel einer ‘SST‘Compilation benennt, dann weiß man, dass sie ihr Herz und ihre Ohren am rechten Fleck hat. Sie leben und atmen den Spirit der wahren Independent-Musik, haben ein eigenes Label, auf dem sie die Werke ihrer Musikkommune und Freunde veröffentlichen. Apropos Musik: No Age shredden eigentlich die ganze Zeit, selbst bei Stücken, die sie eigentlich ‘locker‘ angehen wollten. Trotzdem gibt’s in ihrer Mauer aus Krach noch die eine oder andere Melodie zu entdecken.“ Auch gut: „Life And Times“ - das neue Album von Bob Mould Heimat: bobmould.com, myspace.com/ noage

JUPITER JONES

Nachdem erst gemeldet wurde, dass die Band ihren Frontmann Ian Brown im Zuge des 20jährigen Jubiläums der Veröffentlichung des Debütalbums von einer Tour im Sommer überzeugt habe, wisse dieser angeblich jetzt doch von nichts und arbeite sowieso an seinem nächsten Album. Brown halte im Gegensatz zu den früheren Kollegen nichts von einer Reunion, heißt es. Die Gründe seien seine Solokarriere und zwischenmenschliche Probleme mit Gitarrist Jon Squire.

Foto: Noah Kalina

am Mikrofon, Dean Ferita (Queens Of The Stone Age) an der Gitarre und Jack Lawrence (The Raconteurs) mit dem Bass vorm Bauch. Im Juni erscheint das Album „Horehound“.

KISAHANI (Platten)

APHEX TWIN

Im Laufe des Jahres könnte es ein neues Album von Aphex Twin geben – pünktlich zum 20-jährigen Jubiläum des Labels ‘Warp Records‘, wie es seitens der Plattenfirma heißt. Das wäre das erste neue Werk der Band seit 2001.

AU REVOIR SIMONE

Album Nummer Drei des Brooklyner Trios hört auf den Namen „Still Night, Still Light“ und kommt im Mai in die Läden.

SUBLIME

BEASTIE BOYS

Floyd Gaugh und Eric Wilson, Schlagzeuger und Bassist der 1996 nach dem Tod von Frontmann und Gitarrist Bradley Nowell aufgelösten Sublime, spielten jüngst gemeinsam mit einem neuen Sänger und Gitarristen namens Rome unter dem Pseudonym „S*ublime“ in einem Restaurant in Nevada. Eine Reunion wird auf der MySpace-Seite von Gaughs aktueller Band Del Mar bestätigt.

Kurz vor Fertigstellung befindet sich Studioalbum Nummer Acht aus dem Hause der Beastie Boys. Man habe obskure Sounds gesampelt und eine ganze Menge Songs zu bieten, kündigt Bassist Adam Yauch an. Der Arbeitstitel lautet „Tadlock’s Glasses“, nach der Brille eines ehemaligen Tourbusfahrers der Band, die dieser von Elvis geschenkt bekommen habe.

THE WHITE STRIPES

BILLY TALENT

Wie (fast) jeden Monat: Es gibt ein neues Projekt von Jack White (The White Stripes) zu vermelden. The Dead Weather sind neben Herrn White am Schlagzeug auch Alison Mosshart (The Kills)

Drei Jahre nach dem bahnbrechenden Zweitwerk „II“ steht nun die Veröffentlichung von Album „III“ auf dem Plan, dem dritten Werk aus dem Hause Billy Talent.


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BLOC PARTY

IAMX

BLUR

INTERPOL

Das dritte Album „Intimacy“ wird in einer Remix-Version neu veröffentlicht. Hinter den Reglern standen dabei beispielsweise Mogwai und Armand Van Helden. Im Vorfeld der Wiedervereinigungszeremonien im kommenden Sommer veröffentlicht Gitarrist Graham Coxon im Mai ein weiteres Soloalbum. „The Spinning Top“ ist ein Konzeptalbum zum Lebenslauf einer Person, das er im Herbst auch live vorstellen wird.

BOB DYLAN

Unter dem Titel „Together Through Life“ erscheint das kommende Album von Bob Dylan. Es soll romantischer sein als sein Vorgänger und zum Teil im nächsten Film von Regisseur Olivier Dahan („La Vie En Rose“) erklingen.

BEN FOLDS

Ben Folds ist so stolz darauf, dass er es offiziell als sein neues Album bezeichnet: Gemeinsam mit Ehefrau Fleur aufgenommen, beinhaltet „Ben Folds Presents: University A Capella“ 16 Songs aus der Feder von Ben Folds, dargeboten von A Capella-Chören US-amerikanischer Universitäten. Auch Folds selbst trägt zwei Songs darauf ohne instrumentale Unterstützung vor.

EELS

„Hombre Lobo“, Album Nummer Sieben, erscheint im Juni.

ELBOW

Für die Aufnahmen zu ihrem fünften Album haben sich Elbow an den nach eigener Aussage „schönsten Ort der Welt“ begeben, die schottische Isle Of Mull. Von den Früchten der Studioarbeit in einer umgebauten Kirche lässt sich im Laufe des Jahres kosten.

Chris Corner, zugezogener Berliner und ExFrontmann der Sneaker Pimps, veröffentlicht im Mai ein neues Album seines Projekts IAMX, „Kingdom Of Welcome Addiction“.

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Friska Viljor

Der Nachfolger zu „Our Love To Admire“ ist in Arbeit. Momentan würden sie ohne Terminvorstellungen oder bestimmte Ziele einfach nur musizieren, sich hoch motiviert und wie eine neue Band fühlen, so ein Eintrag auf der Website.

KLAXONS

Wie man hört, wurden die Klaxons von ihrer Plattenfirma ‘Polydor‘ zurück ins Studio geschickt, nachdem das Label die fertigen Aufnahmen des Nachfolgers vom erfolgreichen „Myths Of The Near Future“ gehört hat. Das neue Material sei der Plattenfirma zu experimentell, weswegen weitere vier Wochen Studiozeit nachgeschoben werden müssen. Nach eigener Aussage wisse die Band nach dem Gespräch mit ihrem Brötchengeber nun, dass sie ein zu psychedelisches und schweres Werk geliefert hätte und eigentlich eine Pop-Band sei. Autsch.

MANIC STREET PREACHERS

Für den Wonnemonat Mai kündigt sich das neue Album der Manic Street Preachers mit dem Arbeitstitel „Journal For Plague Lovers“ an. Es soll ausschließlich Texte des seit 14 Jahren vermissten und mittlerweile für tot erklärten Gitarristen und Songtexters Richey Edwards enthalten. Nun sei die richtige Zeit gekommen, um diese Arbeiten zu vertonen und zu würdigen, so die Band.

MAXÏMO PARK

Mit „Quicken The Heart“ erscheint im Mai das dritte Album der Band. Die Erstauflage enthält zusätzlich eine DVD mit einer Tourdoku.

JÄGERMEISTER ROCK:LIGA

Wer kommt, wer geht und wer fährt nach Berlin? Unser Jägermeister Rock:Liga-Newsticker funkt auf Hochtouren, um euch mit den aktuellen Zwischenständen zu versorgen. Bereits für das große Finale am 16. Mai in Berlin qualifiziert haben sich Die Mannequin aus Kanada. Ihre Landsmänner von Crystal Castles hatten ebenfalls schon das Ticket zum Endspiel gelöst, mussten aber leider kurzfristig absagen. Als Ersatzmannschaft stürzen sich nun Shitdisco als würdige Zweitplatzierte der Gruppe B hinterher. Kein schlechter Tausch, wenn ihr uns fragt. Das dritte Team im Finale sind The Blood Arm aus den USA, die in Gruppe C Dover und The Whip hinter sich lassen konnten. In der letzten Gruppe werden nun die Trashmonkeys, Electric Six und Friska Viljor um euren Zuspruch buhlen. Die aktuellen Spielstände und Ergebnisse auf dem Weg zum Finale gibt es natürlich tagesaktuell unter: jaegermeister.de.


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METRIC

Zur Jahresmitte bringen uns die Kanadier ihre „Fantasies“ näher, das vierte Album der Band um Sängerin Emily Haines.

MUSE

Die erste Hälfte der Produktion des neuen Albums haben Muse eigenen Angaben zufolge bereits absolviert. Im September könnte der Nachfolger von „Black Holes And Revelations“ erscheinen und recht orchestral wirken, so die Band weiter.

IGGY POP

Herr Pop berichtet in einem Video auf seiner Website, dass er speziell für Franzosen und französischsprachige Menschen ein Jazz-Album eingespielt habe, das auf dem Roman „Die Möglichkeit einer Insel“ des französischen Autors Michel Houellebecq basiert und auf den Namen „Préliminaires“ hören wird. Überdies singt er einen Song komplett in französischer Sprache. Zum Jazz sei Pop gekommen, weil er gitarrenlastige Bands satt gewesen sei und stattdessen begonnen habe, New Orleans-Jazz wie von Louis Armstrong zu hören, so der alternde Barde.

PULP

Jarvis Cocker bringt sein zweites Soloalbum „Further Complications“ in den Ring. Produziert hat Steve Albini (Nirvana, Bush, PJ Harvey).

RADIOHEAD

Gitarrist Ed O’Brien ließ durchblicken, dass ein neues Album für die wärmeren Monate dieses Jahres in Planung sei, ebenso wie eine begleitende Reise durch allerlei Länder, wo man die Band beim Spielen der neuen Lieder belauschen könne.

FILAMU NA TELEVISHENI/ RUNINGA (Film und Fernsehen) DAFT PUNK

Die Vertonung der Fortsetzung des legendären Films „Tron (1982) steht derzeit auf der Agenda der beiden Franzosen Guy-Manuel de HomemChristo und Thomas Bangalter. 2011 darf man das Werk im Kino bewundern.

KEIN BOCK AUF NAZIS

Protestieren gegen Hardcore als rechte Marke Der Betreiber eines rechtsextremen Versandhauses hat sich kürzlich das Wort „Hardcore“ markenrechtlich für seine Kleidung schützen lassen. Jetzt versucht die Initiative „Kein Bock Auf Nazis“ gegen die Entscheidung des Markenamtes zu protestieren, auch um zu verhindern, dass nun alles, was mit dem Aufdruck Hardcore vertrieben wird, automatisch der rechten Szene zugeordnet werden kann. Noch bis Anfang April läuft die Widerspruchsfrist. Tim Brenner, ein Sprecher der Kampagne, sagt: „Es ist ein Skandal, dass das Markenamt trotz Protesten aus aller Welt daran festhält, einem Neonazi diesen linken Musikstil zuzusprechen. Wir werden alles daran setzen, diesen Markeneintrag zu verhindern. Hardcore bleibt Nazi-frei.“ Bislang hat die Initiative die Löschung des Eintrags beantragt. Um wenn nötig weitere Schritte einleiten zu können, sammelt die Kampagne momentan mit einem „Hardcore-Retter“Shirt Geld für mögliche Anwaltskosten. Alle wichtigen Infos zur Kampagne und eurer Chance zu helfen findet ihr unter keinbockaufnazis.de

MODEST MOUSE

Schauspieler Heath Ledger (The Dark Knight, Brokeback Mountain) führte kurz vor seinem Tod im Jahr 2008 die Regie bei zwei Musikvideos, deren Veröffentlichung nun bevorsteht. So ist demnächst seine animierte Darstellung des Modest Mouse-Titels „King Rat“ (vom Album „We Were Dead Before The Ship Even Sank“) zu sehen.

OASIS

Gitarrist Noel Gallagher verfolge mit seiner Freundin angeblich sehr genau die britische Langzeitfernsehserie „Coronation Street“ (auf Sendung seit 1960) und halte es für eine Schande, dass er nie um eine Schauspieleinlage gebeten wurde. Um beteiligt zu sein, würde er sogar eine Statistenrolle übernehmen.

SIGUR RÓS

Der Soundtrack von „Odine“, einem Film mit Colin Farrell, stammt aus den Händen von Kjartan Sveinsson, dem Keyboarder von Sigur Rós. Die Veröffentlichung soll noch 2009 erfolgen.

KOMBO

(Der Rest) BROKEN SOCIAL SCENE

MAXÏMO PARK Einen kleinen Vorgeschmack auf das, was da kommen wird, haben Maxïmo Park den Besuchern ihrer drei Städte umspannenden Blitztour durch Deutschland Anfang März bereits gewährt. Mit „Wraithlike“ haben die Engländer gar einen neuen Albumtrack zum kostenlosen Download auf ihre Homepage gestellt. Damit darf die Wartezeit bis zur Veröffentlichung ihres dritten Albums „Quicken The Heart“ am 8. Mai als gefühlsmäßig verkürzt, und das neue Album als etwas ganz Großes betrachtet werden. „Tanzmusik“ hat Sänger Paul Smith im Vorfeld des erscheinenden Neulings versprochen, keine Disco-Einlagen, aber dennoch Bewegendes. Den grauen Wintertagen von Newcastle sind Maxïmo Park für die Produktion entflohen, haben sich in L.A. in das einstige Haus des verstorbenen Steely Dan-Schlagzeugers Jeff Porcaro eingemietet und zwischen den Aufnahmen ein paar Runden im Pool gedreht. Mehr über den beruflichen Badeausflug der Jungs und ihr neues Album „Quicken The Heart“ lest ihr in unserer Maiausgabe.

Mit „This Book Is Broken“ erscheint im Mai eine Biografie der kanadischen Indie-Band, die - von einem Freund der Band geschrieben - die Zeit der Gründung im Jahr 2000 bis heute reflektiert.

CAKE

Im Laufe des Jahres erscheint ein Album, das direkt von der Sonne gespeist wurde. Cake haben ihr komplettes Studio auf Solarenergie umgerüstet. Zudem können im Internet Fahrgemeinschaften zu den Auftritten gebildet werden und auf jedem Konzert wird ein Baum gespendet.

PETER DOHERTY

Nach eigener Aussage soll Herr Doherty früher mit bestimmten Dingen gehandelt haben. Über einen Freund seien demnach auch die Strokes im Jahr 2001 auf ihrer ersten Tour an ihn gekommen und hätten in einer Londoner Bar eine Menge Acid erworben, ihn mit Tickets fürs Konzert ausgestattet und noch mehr Acid bestellt – dann soll es abgegangen sein, so der Musiker.

HAPPY BIRTHDAY ROADRUNNER!

Für den Geburtstags-Sampler von Roadrunner Records hatten sich die Künstler des Labels zu neuen Bands zusammen geschlossen, nun erscheint mit „The Concert“ endlich die passende DVD zum Geburtstagspektakel. Natürlich könnt auch ihr Geburtstagskind sein und mit einer EMail an verlosung@sallys.net (Stichwort: „Roadrunner“) ein Roadrunner United Fanpaket inklusive DVD und T-Shirt gewinnen.

Auch im April macht unclesally*s drei Stunden Radio! Rock, Punk, Indie - LIVE auf allen Frequenzen von Fritz & auf fritz.de! Oder im Loopstream - 24 Stunden pro Tag, 7 Tage die Woche. Hört mal rein: 2. auf 3.4., 00.00 - 03.00 Uhr 16. auf 17.4., 00.00 - 03.00 Uhr 30.4. auf 1.5., 00.00 . 05.00 Uhr


60 SEKUNDEN MIT: Andy Cairns (THERAPY?)

Mit ihrem neuen Album “Crooked Timber” feiert die irische Heavy-Punk-Fraktion von Therapy? lautstark ihr 20jähriges Bandjubiläum. Mit frisch aufgeladenen Akkus und einem Herz voll neuer Ambitionen haben sich Andy Cairns und seine Gang auf ein neues Territorium gewagt: Fernab von eingängigen Melodien und Pop-Punk-Hits im Radioformat konzentrieren sich Therapy? mehr auf Rhythmus, Groove und Dissonanz. Angefixt von Frühsiebziger-Kraut-Rock-Bands wie Can oder Neu und schwer beeinflusst von Dubstep-Combos wie Kode9 oder Skream klingt „Crooked Timber“ so heavy wie eine Wagenladung Backsteine. Grund dafür ist nach Aussage von Frontmann Andy Cairns nicht zuletzt seine manchmal beschwerliche weil intensive Auseinandersetzung mit dem eigenen Bewusstsein: „Manchmal bereitet mir diese Glühbirne, die da auf meinen Körper geschraubt wurde, schlaflose Nächte.“ Wir haben vorab mal in Andys Seele geschaut und gecheckt, ob noch alles funktioniert. Aber seht selbst: Der größte Vorteil, wenn man nicht mehr trinkt, ist… ...dass man am nächsten Tag nicht bereuen muss, falsche Versprechen gemacht zu haben.

...einen Opel Manta auf einer Rennstrecke erst von der Piste in einen Zaun und anschließend einen Abhang hinunter lenkte. Als ich den Zaun durchbrach war ich sicher, dass mich gleich das Himmeltaxi abholt...

Bei diesen Leuten würde ich mich gerne entschuldigen: Meinen Eltern, weil sie mich und ihre Enkel nicht oft genug zu sehen kriegen.

Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich... …besser in der Schule aufpassen.

Das Schönste am Vatersein ist... ...dass es jegliche Art von Egoismus eliminiert. Hätte ich keine Kinder, wäre ich wahrscheinlich noch der gleiche selbstbezogene, arrogante Sack wie früher. Ich blickte dem Tod ins Auge als ich…

Mein größtes Geheimnis teile ich mit… Ich habe keine Geheimnisse, weil ich eine viel zu große Fresse habe. Ich kann wirklich nichts für mich behalten. Text: Florian Hayler Heimat: therapyquestionmark.co.uk Auch gut: “Crooked Timber” – das neue Album von Therapy?


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EUER DING

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EUER DING

LIEBE LESERINNEN UND JUNGS

Das hier ist EURE Seite, auf der ihr uns eure Meinung geigen könnt oder sonst so erzählen, wer oder was euch gerade beschäftigt.

So langsam erwachen auch unsere Leserinnen und Leser aus dem Winterschlaf und entdecken Sachen zum Lachen. Wie unser Kumpel Marcel aus Düsseldorf, der dies für uns im Internet fand: Hallo, liebe Leute vom unclesally*s-Team, Wir saßen neulich in Berlin im Roten Salon fest und wollten dort eigentlich feiern gehen. Aber da unerwarteter Weise noch ein Konzert lief, vergnügten wir uns mit der neuesten Ausgabe eurer Zeitschrift. Als wir dann noch einen roten Lippenstift fanden, war es vorbei. Unsere Köpfte rauchten, als wir die Ausgabe mit Sprüchen und Zitaten verschönerten. Wir haben euch diese Kunstwerke mal als Collage zusammengestellt, da wir euch unsere geistigen Ergüsse nicht vorenthalten wollten. In dem Sinne Viel Spaß damit und auf bald,Siss und Yu

Na, erkannt? Genau, das ist das Damenklo des legendärsten Clubs aller Zeiten: dem CBGB‘s in New York. CBGB’s musste 2006 leider für immer seine Türen schließen, weil es die lumpige Miete von 40.000 Dollar pro Monat nicht zahlen konnte. Dafür ist jetzt dort, wo mal das CBGB’s stand, eine schicke Herrenboutique. Kurz bevor der Laden dicht machte, musste unser Streetteam noch mal pullern. Und so kam es, dass wir mit der alten New Yorker Braut bis in alle Ewigkeit vereint sind. Checkt www.cbgb. com für einen virtuellen Rundgang durch das Zuhause des Punk.

Hi Toddy, Schalom nach Schönefeld. Hoffentlich fällt dir keine dieser demnächst im Sekundentakt über dich hinweg donnernden 747 aufs Dach. Wäre ja ärgerlich. Aber nun zu uns! Was ist denn ein BBDC-Comic? Meinst du den Bad Bones Devils Club? Der musste mal verreisen für vier Wochen. Und das Kreuzworträtsel war so schwer zu knacken, da hättest du dir sowieso die Zähne ausgebissen. Das geplante Lösungswort war übrigens „Franz Ferdinand“. Kleiner Scherz. Beslama, mein Guter.

Hallo Sissi, Hallo Franzl, das schöne Heft! Ihr hattet schon gut einen drin, als ihr das geschrieben habt, oder? Aber danke, dass wir an eurem Kopfkino teilhaben dürfen. Für euren Schuppen würden wir sogar Eintritt zahlen – bei DEM Angebot! Alles dabei: Thriller, Dokumentarfilm, Splatter, Tragödie, Film Noir und sogar Western. Nur eins verstehen wir nicht: Wieso ist Apricot das neue Blasen? Nächstes mal schmiert ihr das Intro voll, okay? Hallo liebes uncesally*s Team, „Blink 182 wiedervereint“, als wenn das nicht schon Grund genug zum Feiern wäre, ich glaube einer eurer Autoren hat es auch. Ich erinnere mich an die Novemberausgabe 2006, in der Travis und Mark mit eurem Au-


tor um 50 Dollar wetteten, dass sich Blink 182 nicht innerhalb der nächsten drei Jahre wiedervereinen werden. Tja, wird es jetzt nicht mal Zeit, sich den Gewinn abzuholen?

hen, wie lange das gut geht. Nochmals danke, Jana. Sobald das Geld feierlich seinen Besitzer gewechselt hat, laden wir dich zum Eis ein!

Viele Grüße, Jana Jana, dich schickt der Himmel! Das hatten wir natürlich total vergessen. Ich denke, wir sollten demnächst mal bei unserem Homie Mark Hoppus anrufen und uns die Kohle schicken lassen – davon regnet‘s für den Typen sowieso bald wieder reichlich. Aber ist es nicht lustig, wie schnell das alles ging? Von der eiszeitgleichen Nullkommunikation über das gegenseitige mediale Zerfleischen bis zur kürzlichen Versöhnung sind keine drei Jahre vergangen. Das ist sportlich. Mal se-

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DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT IST:

UNDERDOG RECORDSTORE Ritterstraße 52 50668 Köln

„Ich gehe wahnsinnig gerne im Underdog in Köln Platten kaufen. Ich kann mich noch gut erinnern, wie vor Jahren die ersten kopierten Flyer vom Underdog auf irgendwelchen The Get Up Kids-Shows auslagen. In einer Zeit, in der viele Plattenläden schließen und es immer schwieriger wird, außerhalb von Elektrogroßmärkten seine CDs zu kaufen, ist der sympathische Underdog auf jeden Fall mein Laden.“ EMPFOHLEN VON FIRE IN THE ATTIC

Vorstellen braucht man Fire In the Attic nach sechs Banjahren niemandem mehr. Nur vielleicht den Herrn am Mikrofon: Der Brite Thomas Prescott ersetzte im vergangenen Herbst Gründungsmitglied Ole Feltest. Wie das neue Goldkehlchen respektive Schreihals klingt, zeigen die fünf nur zu gern: Im Gepäck ihrer aktuellen Deutschlandtour haben sie ihr neues Album. Kriegt ihr sicher auch in ihrem Lieblingsladen: dem „Underdog“ in Köln. Auch gut: ’Fire In The Attic’ - das neue Album Heimat: fireintheattic.com


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MUSIK STORIES

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YEAH YEAH YEAHS Your Disco needs you

Pop und Glamour sind das Feuerwerk des neuen Yeah Yeah Yeahs-Albums „It’s Blitz“. Womit sich die Band weiterentwickeln will und nonchalant auf jeglichen Erwartungsdruck pfeift. Gut so, findet Gitarrist Nick Zinner, und beruft sich auf seine künstlerische Freiheit. Doch die dürfte so manchen Fan der Combo in den Wahnsinn treiben.

Eure neuen Songs sorgen schon im Vorfeld für Diskussionen: Einige Magazine kritisieren die Abkehr vom Rock hin zu stark elektronisch angehauchtem Pop-Sound! Nick Zinner: Darüber haben wir uns sehr gefreut, denn genau solche Debatten wollten wir entfachen. Schließlich sind die Yeah Yeah Yeahs eineinhalb Jahre im Studio gewesen, und es wäre doch blöd, wenn niemand über das Ergebnis spricht. Klingt sehr kalkuliert. Als wenn ihr mit eurem dritten Album „It’s Blitz“ absichtlich anecken wollt? Natürlich war das nicht geplant, von einem „Konzept“ kann keine Rede sein. Uns ging es mit der Platte vielmehr darum, neue Wege zu beschreiten und kompromisslos am eigenen Status zu arbeiten. Karen war die treibende Kraft dahinter: Sie versuchte – nach ihrem Soloausflug im vergangen Jahr – auch innerhalb der Band frische Ideen einzubringen und fragte uns, warum wir nicht einfach ein bisschen mehr Pop ins Spiel bringen?

Das ist euch hörbar gelungen: Viele Fans der ersten Stunde fragen sich jedoch, warum dieser Ansatz so drastisch umgesetzt wurde? Unsere Zeit ist zu kostbar, als dass wir eine solche Entwicklung über zwei, drei Alben strecken wollen. Entweder du hast den Mut, etwas anderes zu versuchen, oder du lässt es bleiben. Mir ist durchaus bewusst, dass dieses Album einigen Menschen zu mainstreamig ist. Aber andererseits wäre es einfallslos gewesen, unseren bekannt ruppigeren Trademark-Sound nur zu wiederholen. „It’s Blitz“ besitzt reichlich Synthies und präsentiert sich Dancefloor-tauglich – aufgenommen habt ihr das Album jedoch in der absoluten Pampa. Das stimmt. Wir mieteten ein Studio in der Nähe von Massachusetts, wo ringsherum Einöde herrscht. Nur so konnten wir uns während der Aufnahmen voll auf die Songs konzentrieren! Ich meine, draußen gab es nichts außer Felder und Plantagen – was soll einen da ablenken? Das Rauschen der Sträucher? (lacht) Stellt sich die Frage: Wie fühlt ihr euch mit der fertigen Platte im Gepäck? Das ist schwer zu beantworten. (überlegt) Wenn wir die alten Stücke live spielen, gibt es für mich keine Distanz dazu. Die Songs von „Fever To Hell“ oder dem letzten Longplayer „Show Your Bones“ haben

die gleiche Intensität wie alle unsere neuen Lieder. Wir haben inzwischen aber eingesehen, dass Dekonstruktion nicht alles im Leben ist. Einfach nur eine schöne Zeit zu haben, kann auch toll sein! So versöhnlich dieses Fazit, so zwiespältig die ersten Reaktionen: Auf dem europäischen Festland gehen die Meinungen über „It’s Blitz“ weit auseinander. Doch damit spielt man den Yeah Yeah Yeahs genau in die Karten – sie wollen polarisieren und werden sich diesem Grundsatz trotz vieler Veränderungen treu bleiben. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Text: Marcus Willfroth Foto: Josh Wildman Heimat: yeahyeahyeahs.com

LET’S MOVE TO THE COUNTRY! New York ist die eigentliche Homebase der Band – doch für „It’s Blitz“ wagten sich die Yeah Yeah Yeahs aufs Land, um dort in einer Scheune die Platte aufzunehmen. Für Nick ein Glückfall: „Als ich das erste Mal von diesem umgebauten Studio hörte und erfuhr, dass es dort außer Nussplantagen rein gar nichts gibt, sagte ich spontan ab. Es konnte meiner Meinung nach nicht angehen, dass wir uns so sehr aus der eigenen Welt entfernen. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto besser gefiel mir die Idee. Also packten wir die Koffer und mutierten zu Rednecks!“ Was so weit ging, dass man dem benachbarten Bauern ein Teil der Plantage abkaufen wollte. Was der jedoch ablehnte.


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THE RAKES Steh‘n auf Berlin

The Rakes hatten Bock auf Veränderung, packten ihren Plunder und verschifften Mann und Maus nach Berlin, um dort ihr neues Album einzuspielen. Der passende Titel des Werks: ‘Klang‘! Bassist Jamie Hornsmith erklärt den Umzug in die deutsche Hauptstadt wie folgt: „Wir wollten diesmal nicht wieder in London aufnehmen, die englische Indie-Szene ist gerade ziemlich langweilig und ermüdend. Wir mussten einfach raus aus der Routine.“ Als weitere mögliche Option zogen The Rakes zunächst New York in Betracht, aber „unser Produzent Chris Zane kommt von dort und hatte ebenfalls Lust auf Veränderung. Er kam auf die Idee, ‘Klang‘ im Funkhaus Berlin aufzunehmen.“ Das Funkhaus Berlin. Ein geschichtsträchtiger Ort, der bis zur Wende den Staatsrundfunk der DDR beherbergte und der im Anschluss von unzähligen Bands als ideales Umfeld für authentische Albumproduktionen entdeckt wurde: „Das Mikrofon, durch das ich meine Vocals eingesungen habe, ist offenbar dasselbe, das auch Walter Ulbricht und Honecker für ihre Radioansprachen benutzten. Ziemlich cool, aber auch ein wenig gruselig“, erklärt Frontmann Alan Donohoe. Ähnlich empfindet Alan die Stadt Berlin insgesamt, ist fasziniert von den Gegensätzen aus Nachtleben, der Subkultur und der „noch immer spürbaren Präsenz der beiden bedeutenden Ideologien unseres Jahrhunderts“. Doch keine Sorge, The Rakes haben mit ihrem Drittling nicht den Versuch unternommen, ein Geschichtsbuch zu vertonen. ‘Klang‘ ist laut Alan wie die Stadt, in der es entstand: „verspielt und schizophren.“ Den Titel ihres neuen Albums entnahmen die Rakes einem unvollendeten Werkzyklus des umstrittenen und von Alan wenig verehrten Komponisten Karlheinz Stockhausen, der 2007 verstarb. „Wir

Freunde der Hauptstadt: The Rakes aus London.

haben ziemlich konzentriert gearbeitet“, glaubt Alan: „Wir nahmen jeden Tag einen Song auf, unter Livebedingungen. Wenn sich einer von uns verspielt hat, haben wir die Aufnahme trotzdem so gelassen - schließlich sind wir eine Band aus Menschen, die Fehler machen, und keine Computer.“ „Andere Bands bedienen sich dagegen gerne der Technik “, fügt Jamie hinzu. „Sie schreiben ein paar mäßig gute Songs und verbringen dann ein Jahr damit, sie im Studio aufzupolieren. Würdest du denen aber all die Streicher, Effekte, Glockenspiele und Marimbas wegnehmen, blieben unterm Strich nur noch mittelmäßige Songs übrig. Wir haben uns Zeit genommen, unsere neuen Stücke vor

Publikum zu testen und schließlich die besten live aufgenommen.“ Ulbricht und Honecker werden sich zwar im Grabe umdrehen, allen anderen dürfte der ‘Klang‘ aber gefallen. Text: Maritta Seitz Foto: Erik Weiss Heimat: therakes.co.uk

THE RAKES AUF TOUR 3.5. Düsseldorf - Zakk *** 4.5. Frankfurt Batschkapp *** 5.5. Stuttgart - Röhre *** 10.5. München - Backstage


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AUF ACHSE

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AUF ACHSE...

MIT THE BLACK SHEEP IN DEN KÖLNER ZOO

Da würdet ihr auch so gucken. Ihren Sonntagnachmittag haben sich die Mädels von The Black Sheep definitiv anders vorgestellt. Auf der Suche nach dem Streichelzoo mussten sie feststellen, dass es einen solchen a) im Kölner Zoo überhaupt nicht gibt, b) Tierpark im Regen so spaßig ist wie auf Styropor rumzukauen und c) echt fiese Gefahren im Reich der wilden Tiere lauern. Schwarze Schafe halt. Wie immer sind die Menschen, die Orte und die Szenen dieser Geschichte echt – fast...

Stundenlanges Warten vor dem Kassenhäuschen trägt nicht gerade zur allgemeinen Hochstimmung bei und als der Regen einsetzt... ...hilft nur die Flucht ins Affenhaus.

Während Schlagzeug-Braut Patricia hier noch vorfreudig ihre Brille trocknet, ist sie bereits um eine entscheidende Information ärmer als ihre Bandkolleginnen.

Text: Christine Stiller Fotos: Boris Breuer Heimat: theblacksheep.de Auf sallys.net: sally*sTV! Schlammcatchen im Löwengehege Auch gut: „Not Part Of The Deal“ das neue Album von The Black Sheep


Dieser große Brocken aus Pansen, Eingeweiden und Gallenblasen ist nicht zur Fütterung von Vegetariern bestimmt. Anstatt zu den Affen, haben sich die vier Damen versehentlich ins Raubtiergehege verlaufen. Aus Jugendschutzgründen ersparen wir euch die folgenden Szenen und machen weiter bei den süßen, kleinen Pinguinen.

Hier hat Sängerin Charlotte aber leider gleich mal ihren Nasenstecker ins Becken fallen lassen und fleht um Hilfe. Als Bassistin der Band ist Aurora das Sklavendasein natürlich gewöhnt und stürzt sich heldenmutig in die Fluten.

Während sie noch auf dem Grund des Beckens in den Fugen stochert, machen sich die anderen auf den Weg zum Spielplatz. Hier sind die Mädels zum ersten Mal an diesem Tag so richtig in ihrem Element.

Und als der Ausflug dann noch mit einer dreifachen Portion fettiger Zoo-Pommes abgerundet wird, sind alle so hoch auf Geschmacksverstärkern...

...dass sie freudestrahlend und zufrieden die Heimreise antreten – zu Fuß allerdings, denn der Motor ihres Autos hatte sich leider schon während der Anreise in die ewigen Jagdgründe verabschiedet.


SPEED DATING

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SPEED DATING NAME:

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OFFICIAL SECRETS ACT NAME:

OBITS Suchen: Nach dem schnellen Kick aus echten Gefühlen. Der erste Eindruck: Liebe auf den ersten Akkord. Eine Punk’n’Blues Kratzbürste mit genug Testosteron, um euch in wenigen Anaschlägen nieder zu rocken. Das größte Kompliment: In guten und schlechten Zeiten. In Gesundheit und wenn euch der Rotz dick und grasgrün aus der Nase läuft, oder das Bindegewebe zu schwächeln beginnt – Obits werden euch auf Händen tragen! Hochzeit oder kurze Affäre: Ran an den Altar. Für die Hochzeit in weiß müsst ihr zwar in der Secondhand-Garage wühlen, aber wie sagte schon Jon Bon Jovi einst so treffend: „We’ve got each other and that’s a lot for love - We’ll give it a shot.“ Heimat: myspace.com/obitsband Aktuelles Album: „I Blame You“

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Suchen: Eine zuckersüße Indie-Elektro-Partnerschaft Der erste Eindruck: Die ersten acht Sekunden sollen ja beim Kennenlernen unbewusst über top oder flop entscheiden. Wenn ihr direkt bis zum dritten Song der Platte vorspult, habt ihr einen fast authentischen Speeddating-Effekt: „I like her, she likes me...“ Sauber. Das größte Kompliment: Alle Indie-Damen, denen Rosen, Kerzen und Herzpralinen nicht zu kitschig sind und alle jungen Männer, die so was ganz gerne mal verschenken, haben hier die perfekte Beschallung für einen relaxt-romantischen Sonntagnachmittag gefunden. Hochzeit oder kurze Affäre: Eine von den niedlichen Beziehungen, bei denen erst aus guten Freunden Paare und im Anschluss (wenn die Hormone abgeledert sind) wieder gute Freunde werden. Heimat: myspace.com/officialsecretsact Aktuelles Album: „Understanding Electricity“

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KID DOWN

Kid Down suchen: Gerne jeden in der Zielgruppe 13 bis 18, der in den ersten Konzertreihen nach leichter Kost und fluffiger Unterhaltung sucht - äußerst gerne auch mit Dekolleté-Tattoo und dickem Bankkonto. Der erste Eindruck: Holt eure gestreiften Stulpen und die absurden Totenkopfschleifchen raus. Bei so viel Pop im Punk wirkt selbst „Pimmel“ Pete Wentz noch wie ein stocknüchterner Physiklehrer.

THE VIEW Suchen: Temperamentvolle Indie-Bitches, die in ihren angeranzten Chucks und Third-Hand-Jeans auch alle Jungs über 20 auf die Tanzflächen treiben. Der erste Eindruck: Ging vielleicht nicht mitten ins Herz, dafür aber direkt ins Bein. Zunächst fragte man sich beim ersten kurzen Kennenlernen im Indie-Jahr 2006 aber noch Hype-erschöpft, ob man dem Balzgesang eines schottischen Teenies überhaupt folgen und sich schon wieder neu verlieben sollte. Mit den Singles „Wasted Little DJs“, „Superstar Tradesman“ und „Same Jeans“ sorgten Sänger Kyle Falconer und seine Jungs allerdings schon sehr bald für ein angenehmes Kribbeln im Bauch. Das größte Kompliment: Nach der Debütplatte „Hats Off To The Buskers“ folgt nun „Which Bitch?“. Aus quirligen Raupen sollten wunderschöne Schmetterlinge werden. Na ja, oder Zitronenfalter. Die

JENIFEREVER Suchen: Nicht nach euren Pulsadern! Auch wenn es sich im ersten Moment vielleicht so anhören mag. Der Erste Eindruck: Uppsala – da spricht die nordische Seele. Die vier Herren aus der schwedischen Universitätsstadt haben ihre Stimmungsaufheller gegen eine kauzige, unberechenbare Symbiose aus Ambient und PostRock-geschwängertem Indie getauscht. Darin bin ich eigen: Die Taktik scheint aufzugehen: Katharsis wir kommen! Hochzeit oder kurze Affäre: Könnte es etwas Romantischeres geben, als mit einem kreativen Hardcore-Grübler vor den Traualtar zu treten? Wohl kaum. Wo ein Künstler ist, ist meist auch die Melancholie nicht weit, kein Zuckerschlecken, aber eine ewige Herausforderung. Heimat: myspace.com/jeniferever Aktuelles Album: „Spring Tides“

Das größte Kompliment: „Let me be your valentine“, vorgetragen in einem Schwall aus semi-erotischer Pop-Punk-Melodik ist genau das Richtige für das Romantikverständnis eines pubertierenden Herzens! Hochzeit oder kurze Affäre: Da die wenigsten ihrer Dates volljährig sein dürften, schließt sich das eine ja im Grunde schon aus. In einer guten Beziehung reift man bekanntlich miteinander. Wenn alles klappt, solltet ihr euch also auch in ein paar Jahren noch lieb haben.

sind auch echt süß und hey, an jugendlichem Charme und Temperament mangelt es ihnen definitiv nicht. Ihre Spritzigkeit haben die vier Schotten auch auf ihrer zweiten Platte konserviert. Ein sympathisches Sammelsurium aus handverlesener Indie-Bimmelei und Punk-Gerotze - äh... Gerötzchen lässt jeden, der sich ihm anvertraut, pro Song gefühlte drei Jahre jünger werden. Auf 14 Tracks berechnet ist das keine schlechte Quote. Das werden die Schwiegereltern sagen: Was bedeutet „B-I-T-C-H“? Irgendwie erinnern die mich an diesen Pete und diesen Carl, die du damals angeschleppt hast. Nun ja, bessere Manieren scheinen sie aber zu haben. Hochzeit oder kurze Affäre: Ohne euren jugendlichen Übermut bremsen zu wollen, aber für den Bund fürs Leben ist es definitiv noch zu früh. The View genießen den Moment und lassen sich nicht auf Spekulationen ein. Nichts ist auf Dauer anstrengender als der Stillstand. Bevor die Herren taube Ze-

Heimat: kiddown.com Aktuelles Album: „I Want My Girlfriend Rich“

hen riskieren, lassen sie sich sicher lieber auf (noch) mehr Orchester oder gar mal Karibikklänge ein. Also abwarten und Flaschenbier trinken. Heimat: redinkmusic.de/theview Aktuelles Album: „Which Bitch?“



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WHITE LIES

Trauerarbeit und Glückshormone Man könnte jetzt das Referenzkästchen öffnen und ein paar theoretische Betrachtungen über die Rückkehr des New-Wave loslassen. Doch die britischen Shootingstars White Lies sehen sich fern jeder Düster-Pop-Tradition und möchten mit ihrem Debütalbum ‘To Lose My Life…’ lieber den eigenen Ansprüchen gerecht werden. Die Pole-Position im Mutterland der Pop-Musik hat die Band längst erklommen und wird aktuell als Speerspitze eines neuen, alten Sounds gefeiert. Leider, wie Bassist Charles Cave zugibt: „Egal, wer über die White Lies spricht, immer fallen die Vergleiche zu Joy Division und Echo & The Bunnymen. Das ehrt uns natürlich, weil diese Bands ihre ganz eigenen Genres gegründet haben. Und trotzdem wünsche ich mit mehr Objektivität, denn so toll diese Ahnenreihe klingt, sie ist aus meiner Sicht noch längst nicht alles, was unseren Sound ausmacht.“ Was die Jungs klarstellen: Nicht sie haben den Wave der Achtziger ins Jetzt befördert, sondern die Kollegen von Interpol. „Jeder von uns hat natürlich seine persönlichen Favoriten”, erklärt Charles. “Ich glaube, unser Sound ist ein Mix aus vielen Stilen, von Scott Walker über die QOTSA, Talking Heads,

Secret Machines oder Blonde Redhead. Darüber hinaus sind wir mit der Stimme unseres Sängers Harry gesegnet, die alles überlagert und unser charakteristischstes Trademark ist.“ Mit den reichlichen Referenzen an die Kollegen heben sich die White Lies klar von der Konkurrenz ab – gerade weil sie nicht behaupten, das Rad der Musikgeschichte neu erfunden zu haben. Die Bescheidenheit ist generell ein Markenzeichen der Band: Schon vor drei Jahren versuchten Sänger Harry McVeigh, Drummer Jack Lawrance-Brown und Charles Cave ihr Glück, sahen aber selbst ein, dass irgendwas schief läuft: „Wir begannen unter dem Namen Fear Of Flying und spielten so melancholischen Rock, wie ihn Placebo in den Neunzigern fabrizierten. Wir waren jedoch viel zu jung und ganz ehrlich, mit 17, 18 Jahren hast du

keine Ahnung, dass du im Prinzip nur die Songs deiner Helden nachspielst!“ Also experimentierten sie, was das Zeug hielt – bis 2007 der Groschen fiel: „Als wir mit unseren Stücken endlich zufrieden waren, registrierte jeder von uns, dass dies ein Neubeginn ist. Deswegen änderten wir unseren Namen in White Lies, was sehr gewagt war, denn in WestLondon waren Fear Of Flying schon Lokalgrößen“, erzählt Charles rückblickend. Für die landesweiten Musikmagazine kein Problem – die fanden die White Lies von Anfang an dufte und ergötzten sich am melancholischen Wave-Rock des Trios. Für ihr Debütalbum ‘To Lose My Life…’ hagelt es derzeit Höchstwertungen und die Kritiker sprechen von einer „Neuen Welle“ britischer Rock-Musik. Hedonismus sei uninteressant geworden, es ginge jetzt um Angst, De-


Werden gemeinsam alt: Die White Lies aus London.

pression und Trauerarbeit. Meint zumindest der NME und schickte die Jungs zuletzt mit Glasvegas auf UK-Tour: „Darüber haben wir uns erst mal sehr gefreut. Irgendwann merkte ich aber, dass da versucht wird, eine Bewegung mit uns zu starten. Das gefiel mir nicht, weil wir als depressive Musiker hingestellt wurden und ich definitiv nicht den ganzen Tag in einer dunklen Ecke hocke, The Cure höre und Selbstmordgedanken habe“, erklärt der Bassist. „Wir sind ganz normale Typen, völlig geerdet und im Grunde sogar fröhlich. Wir schreiben eben nur gerne über die dunklen Aspekte des Lebens. Hör dir nur einen Song auf ‘To Lose My Life…’ an: Egal, ob dort von Trennung oder Einsamkeit gesungen wird, niemals wirkt es aussichtslos! Das kann bestens auf Partys gespielt werden, denn es ist Rock-Musik, die nach vorne geht und viele Facetten besitzt.“ In diesem Punkt kann man den drei Londonern letztlich nur zustimmten: Ihr erster Longplayer versucht zwar nicht die Nacht durchzuzechen, überzeugt aber durch kunstvoll instrumentierten und vielschichtigen Wave. Obschon düster arran-

giert, werden die White Lies damit jedes IndieHerz des mitteleuropäischen Raums höher schlagen lassen. Ganz bestimmt sogar. Text: Marcus Willfroth Heimat: whitelies.com

KEINE KONKURRENZKÄMPFE! Als der Brit-Pop in den Neunzigern Blur und Oasis hervorbrachte, waren diese Bands ordentlich auf Krawall gebürstet und suchten stets den verbalen Nahkampf. Im Falle der White Lies ist dies anders: Sie wollen keine Blutsfehden mit Kollegen wie Glasvegas, den Crystal Stilts oder The Horros entstehen lassen. „Daran sind wir nicht interessiert und wir werden den Journalisten auch nicht den Gefallen tun, uns unnötig weit aus dem Fenster zu lehnen. Uns geht es um die Musik und nicht um irgendwelche Schlagzeilen!“ Auch ohne große Klappe erfolgreich sein zu wollen - eine sehr brave und letztlich vorbildliche Einstellung.


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MAROON

Cryptic Enslaved Malefaction Of Desire

Als Dieter Althaus gerade sorglos die Pisten runterraste, gaben seine Untertanen Maroon in einer Hütte im thüringischen Wald ihrem fünften Teufelswerk den letzten Schliff. „Order“ heißt es (thüringisch: „Oodda“) – ein Titel, den man sich auch mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma merken kann. „Wir wollten einen griffigen Slogan“, erklärt Maroon-Häuptling Andre Moraweck. „Im Osten sehen wir das pragmatisch: Wenn du dein Album ‘Cryptic Enslaved Malefaction Of Desire’ nennst, kriegt das nie einer zusammen.“ Diese Klippe haben die TofuMönche aus Nordhausen umschifft, doch schon kommt die nächste: die Relevanz-Frage. Können Maroon etwas Innovatives vorlegen? Es gibt unzählige Metal-Core-Alben von hunderten Metal-CoreBands – warum sollte man das neue Werk dieser suspekten Thüringer einwerfen, die aus ideologischen Gründen nicht mal Bratwürste vertilgen!?

Metal findet sich ein buntes Potpourri aus ThrashParts, Midtempo-Doom und Black-Metal-Infernos – dazu der epische Rausschmeißer ‘Schatten‘, erster deutschsprachiger Maroon-Track, und die (nicht nur vorgespielte sondern wirklich gelebte) Hardcore-Attitüde und fertig ist das Meisterwerk. Auch inhaltlich ist ‘Order‘ eine Macht: „Es geht um Fremdmanipulation: ob religiös, vom Staat, der Familie, dem Partner oder einem Trend in der Musik, der Technik – in allem eigentlich. Alle wollen immer nur folgen, nie Initiative ergreifen oder mal vornweg gehen.“ Ihr hört’s, Leute, euch fehlt einfach die „Oodda“!

Nun, weil sie mit ‘Order‘ ohne Scheiß ihr bis dato bestes Pferd am Start haben. Neben klassischem Death-

Text: Benjamin Foitzik Foto: Nina Kolle Heimat: maroonhate.com

FEVER RAY

Die neue Wärmelehre

The Knife haben einmal eine dreijährige Pause angekündigt, doch in der Zwischenzeit ist viel passiert: Sängerin Karin Dreijer Andersson erkundet mit ihrem Projekt Fever Ray Klang- und Performancewelten auf eigene Faust. Das Interview ist am Tag nach den US-GrammyVerleihungen, also nachdem Chris Brown Rihanna verprügelt hat. Vor fünf Jahren bekamen The Knife den Preis, ließen Freunde maskiert zur Verleihung erscheinen, als Protest gegen Diskriminierung im Business. „Die Industrie hat sich nicht geändert“, sagt Karin. Was sie nicht daran hindert, mit ihrem Soloprojekt neue Gender-Räume auszuloten, die heruntergepitchten Gesangsparts zeugen davon nur an der Oberfläche. „Fever Ray ist wie ein Charakter, den ich immer weiter entwickle“, erklärt Karin. Im Gegensatz zum Knife-Konzept kommen organischere Mittel zum Einsatz, die kalte Phase scheint vorüber zu sein. Warum ihre Musik immer noch so beschrieben wird, kann Karin nicht verstehen: „‘Conc-

rete Walls‘ oder ‘Coconut‘ sind wirklich ‘warme‘ Songs. Instrumente wie Steeldrums, Gitarre oder Kontrabass tragen ihren Teil dazu bei.“ Für die Produktion sperrte sie sich acht Monate in einem kleinen, fensterlosen Raum ein. Nach der Veröffentlichung bleibt Karin wenig Zeit zum Luftholen, denn mit Bruder Olof arbeitet sie gerade an einer Elektro-Oper über Charles Darwin. „Seit einem Jahr studieren wir seine Schriften, versuchen musikalisch nachzuvollziehen, wie sein Werk ‘Über die Entstehung der Arten‘ entstanden ist.“ Olof ist zur Soundjagd bereits ins Amazonasgebiet gefahren. Knife-Anhänger können das Ergebnis im September in Kopenhagen erkunden. Text: Philipp Kohl Heimat: feverray.com

WOLVES IN THE THRONE ROOM

Bio-Metal

Black-Metal hat vielerorts keinen guten Ruf - Satanismus und so. Wie gut, dass Wolves In The Throne Room damit nichts zu tun haben. Sie spielen nämlich keinen echten Black-Metal... Trotz charakteristischer Blast-Beats, monotonem Riffing und unverständlicher Growls ist die Band um die Brüder Aaron und Nathan Weaver nämlich mehr an atmosphärischen Klanglandschaften und emotionalen Räumen interessiert, wie man sie etwa von Neurosis oder Isis kennt. In ihrer wie Ebbe und Flut wogenden Musik nehmen die Stilmittel des BlackMetal die Stelle von Buschtrommeln und Schamanengesängen ein, mit denen der Hörer in Trance versetzt und zurück zur Natur gebracht werden soll. Natur ist das Thema der Band, die in Washington auf einem entlegenen Bio-Bauernhof wohnt und ihre düstere und melancholische Musik am liebsten im Wald schreibt. „Für mich ist die wichtigste Botschaft des Black-Metal, dass wir als Menschen unsere Ver-

bindung zu Mutter Erde wiederfinden müssen“, sagt Schlagzeuger Aaron Weaver. „Bei uns ging es immer um Umweltthemen, gegen Abholzung etwa. Wir sind nicht an politischer Revolution interessiert, sondern wollen eine spirituelle Transformation erreichen.“ So bieten sie mit der aktuellen ’Black Cascade’ inzwischen drei Alben der Wölfe schlicht schaurigschöne Musik - wie ein Spaziergang im Wald, ein Tauchgang im Meer. „Wir sehen unsere Alben als zusammenhängende Geschichten, als eine Reise in die Unterwelt, an einen dunklen und angsteinflößenden Ort, an dem man Weisheit finden kann. Das ist das Potenzial, das diese Musik bietet.“ Text: Hans Vortisch Heimat: wittr.com Foto: Afton Larsen


THE DECEMBERISTS Mit Konzept

Nach ‘The Crane Wife‘ aus dem Jahr 2006 kündigte Decemberists-Frontmann Colin Meloy ein ruhiges, folkiges Folgealbum an - eingespielt innerhalb von zwei Wochen in einer Bar. Tja, so kann man sich irren.

Kann man auch im Frühling hören: The Decemberists aus Portland, Oregon.

Ein Hang zur großen Geste, eine Vorliebe für Opulenz und Theatralik? Bei den Decemberists wahrlich nichts Neues. Das aktuelle Werk des Indie-Folk-Wandertheaters aus Portland mit dem Titel ‘The Hazards Of Love‘ sprengt jedoch alles bisher Dagewesene. „Ich mag Musik, die eine Geschichte erzählt und bin ein großer Fan von Musiktheater. Diese Platte ist eine Art Hommage an die Rock-Opern und Broadway-Musicals der Sechziger und Siebziger wie ‘Jesus Christ Superstar’ oder ‘Hair’“, erläutert Colin Meloy das musikalische und lyrische Epos, das er 2008 fast im Alleingang geschrieben und mit seinen Bandkollegen sowie verschiedenen Gastsängern, wie z.B. Becky Stark (Lavender Diamond) oder Shara Worden (My Brightest Diamond), auf Rille gebracht hat. Ursprünglich als Musical geplant, werden die 17 Stücke auf ‘The Hazards Of Love‘ von einer Erzählung zusammengehalten, deren Personage britischen und irischen Volksliedern entstammt: die geschändete, entführte Margaret, ihr Liebhaber William, eine Waldkönigin, ein kaltblütiger Kindsmörder... Mit weiteren Details hält der belesene Kopf der Decemberists hinterm Berg: „Ich will den Leuten die Geschichte nicht aufzwingen.

Sie sollen sich dem Album so nähern, wie es ihnen genehm ist. Wenn sie die Handlung nachvollziehen wollen, können sie das tun.“ Zeigte schon ‘The Crane Wife‘ Züge eines Konzeptalbums, so machen die Decemberists auf ‘Hazards‘ ernst. Auch musikalisch geht es da weiter, wo das Quintett 2006 aufgehört hat: Zwischendurch bringen ausgiebige Progressive- und Hard-Rock-Passagen den gewohnten Folk-Orchester-Sound zum Beben. Da stellt sich die Frage, ob Meloy in seiner Jugend viele Genesis- und King Crimson-Platten sein Eigen nannte. Er winkt ab: „Ich bin ein Dilettant, was Prog-Rock angeht. Ich mag seine Ambitionen, seinen Pomp und seine Geschichten, besitze aber selbst nur wenige Prog-Alben. Ich bin eher ein Hochstapler auf diesem Gebiet.“ Okay, dann halten wir uns mit Prognosen zur künftigen musikalischen Orientierung der Decemberists besser zurück. Colin Meloy tut es auch. Schließlich kommt am Ende sowieso alles anders als man denkt... Text: Nina Töllner Heimat: decemberists.com


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TITEL

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KILIANS

DER KÜHLSCHRANK IST HALBVOLL Sie ließen nichts anbrennen: Vor zwei Jahren galten die Kilians mit ihren schmissigen Garagen-Hymnen noch als vorlaute Wunderkinder des deutschen IndieRock. Überraschend geläutert kommt ihr ‘Kill The Kilians‘-Nachfolger ‘They Are Calling Your Name‘ um die Ecke. Folgen Taten auf Worte? Eine Fährtensuche.

Ein wolkenverhangener Samstag. Die Züge fahren halbstündlich und in zwei Richtungen, entweder nach Wesel oder nach Duisburg. Fußballfans steigen ein, keiner aus. „Hauptbahnhof“ steht nirgends geschrieben, es gibt ja nur den einen. Alles wie immer, niemand landet zufällig in dieser durchschnittlichen Kleinstadt im nordöstlichen Speckgürtel des Ruhrpotts. Es sei denn, er oder sie ist zu Besuch oder wurde hier geboren. So wie Simon Den Hartog, Trademarkstimme und Songschreiber des Dinslakener Exportschlagers Kilians. Auf dem Bahnhofsvorplatz steht er, Wollmütze und Jacke ins Gesicht gezogen, den Rucksack umgeschnallt. Er könnte abreisen wollen, ist aber gerade angekommen. Aus Köln, mit der Bahn, er wohnt da jetzt, studiert SoWi oder ist zumindest eingeschrieben. „Zuviel Mathematik“. Den Sänger einer Rock-Band stellt man sich in seiner Heimat vermutlich anders vor, ein Rockstar-Leben nicht: Simon krächzt zur Begrüßung, mehr Ränder als Augen. Die Stimme hat er in der Stadt gelassen, dafür ein paar Kratzer, Rückenschmerzen und eine neue Geschichte im Gepäck: Vor zwei Tagen spielten die Kings Of Leon im Kölner Palladium. Die Kilians sind Fans und waren da, Simon berichtet vom Konzert. Und von zuviel Bier und Adrenalin. An mehr erinnert er sich kaum. Die Story, die er sich aus den Fetzen dieser Nacht zusammenreimt und nachher seinen Bandkollegen zum Besten geben wird, erzählt man besser nicht.

Die Touren, die Partys, das plötzliche Interesse an ihnen, die ihre Band genau wegen dieser Vorzüge und als Flucht aus der heimischen Langeweile gründen – das ging alles sehr schnell für Simon und die vier anderen Kilians - Michael „Mika“ Schürmann (Schlagzeug), Dominic Lorberg (Gitarre), Arne Schult (Gitarre) und Gordian Scholz (Bass). Zunächst gründen sie 2005 als lose Schulbekannte eine Band namens The Rivets und taufen sich noch vor den ersten Schulkonzerten in The Kilians um - nach dem Kilian in Carl Zuckmayers „Der Hauptmann von Köpenick“. Simon ist zu dieser Zeit 16, die anderen Jungs kaum älter. Nur Gordian ist schon 23. Auf der „Eierwiese“, einem kaputten Stück Rasen gleich neben dem Gustav-Heinemann-Schulzentrum in Dinslaken, trifft man sich: Erst Fußball spielen. Dann rauchen, trinken, abhängen. Simon versucht sich damals noch am Schlagzeug, schreibt an einem solchen Abend mit einem Kumpel und einer Gitarre ‘Fight The Start‘, den ersten Song der Kilians. Dann türmen sich die Wendepunkte im Leben fünf Heranwachsender: Abitur, Führerschein, vier stürmische, vor abgeklärter Lässigkeit nur so strotzende Songs auf einer Demo-EP namens ’Fight The Start’ und ein jubelnder Empfänger namens Thees Uhlmann.

Der Tomte-Sänger sorgt für den nötigen Hype, nimmt die Kilians unter seine Fittiche und ins Vorprogramm seiner ‘Buchstaben Über Der Stadt‘Tour. Von dort an geht alles noch schneller. Uhlmanns Label ‘Grand Hotel Van Cleef‘ sieht bei sich nicht die notwendigen Kapazitäten, die Kilians seien für Größeres bestimmt. Milchkannen bespielen sie nur kurz, entern erst Festivals auf dem Busdach eines Energydrink-Herstellers und unterschreiben im Anschluss an ihre erste Toursaison einen Plattenvertrag bei ‘Universal‘. Schnell muss es gehen, der Auftrieb soll nicht abebben. Ihr ungestümes, juveniles Debüt ‘Kill The Kilians‘ mutet an wie ein zusammengezimmerter Schnellschuss aus erprobten Hits und neuen, durch die Bank schmissigen Songs – so fängt das Album diese Sturm-undDrang-Phase auf, die sowohl die Band als auch das Umfeld dominiert. All das geschieht im Jahr 2007; die Presse bemüht Uhlmanns Hype-Vokabular, und kommt an naheliegenden Verweisen auf The Strokes, Mando Diao, die grassierende Retro- und Garagen-Rock-Welle und besonders die Herkunft und das Alter der Kilians – das „The“ im Namen haben sie mittlerweile gestrichen - nicht vorbei. Klar, die Vergleiche könnten schlechter sein, die ihnen zukommende Aufmerksamkeit auch. Und Simon relativiert zufrieden: „Die Eigenständigkeit wurde uns trotz aller Strokes-Verweise nie abgesprochen.“ Direkt oder indirekt aber sind sich in ihren fragwürdigen Respektsbekundungen alle einig: „Gut - für eine deutsche und so junge Band...“

Eben darin aber liegt Fluch und Segen für die Kilians. Natürlich wird man einerseits keiner Band gerecht, wenn man sie auf ihre Herkunft und ihr Alter reduziert. Andererseits wäre ‘Kill The Kilians‘, wären seine Urheber Mitte 30 und aus New York, zwar immer noch ein Sammelbecken für Ohrwürmer – aber gleichzeitig nicht mehr als eine Fußnote des Indie-Rock der Nullerjahre. Wenn nun aber fünf Jungs aus einem bis dato unbefleckten Ort der Pop-Geschichte auf Anhieb so ein Debüt raushauen, zwei Jahre später ein lupenreines Radio-Pop-Album namens ‘They Are Calling Your Name‘ nachlegen und im Opener „I’m so proud of my hometown“ singen, darf und muss man schon mal genauer hinsehen. Auf dem Gelände des Gasthofs ‘Zum Grunewald‘, an einer Landstraße draußen in Oberlohberg, versteckt sich das Hauptquartier der Kilians. Die Zeche in Lohberg steht schon lange still. Mikas Vater betreibt das alte Hotel und hat der Band in einer ausgedienten Scheune Platz für einen Proberaum verschafft, eine Viertelstunde Autofahrt vom Bahnhof entfernt. „Wenn ein Ort in Dinslaken Bedeutung für uns hat, dann der hier“, kommentie-

ren die Jungs ihr karges Domizil und das LieblingsSujet der Journalisten. Mika selbst wohnt noch im Anbau seiner Eltern, will später studieren. Für alle aber gilt: Band first. Dominic wohnt um die Ecke, will vielleicht zum Wintersemester ein Studium beginnen. Gordian schiebt in Bochum seine Diplomarbeit in Psychologie vor sich her, Arne wohnt in Hünxe und ist an der Uni Duisburg-Essen eingeschrieben. Und Simon macht Köln und sich selbst unsicher, wenn gerade mal keine Tour ansteht. Er fasst das so zusammen: „2007 haben wir jeden dritten Tag ein Konzert gespielt. Zu jedem gehört ein Tag Nachbereitung. Macht: Zwei Drittel des Jahres unterwegs, ein Drittel frei.“ „So eine Band ist auch ein Arbeitsverhältnis“, sagt Dominic. „Drei Wochen Spontanurlaub oder mal den Jakobsweg gehen – no way. Wir müssen abrufbar sein.“ Zwei Stunden und eine Currywurst später. Die Kilians flanieren durch ihre Stadt. Fußgängerzone, Marktplatz, Kirche, Einzelhandel, Dorfkneipen. Schon oft sollten sie erzählen, was sie hier geprägt hat. Sie spielen das leidige Spiel mit. Besser in Erinnerungen über Proberäume und Besäufnisse schwelgen als gar nichts zu sagen. Mitnehmen was kommt, wie auf Tour. Simon, dieser Johnny Borrell des deutschen Indie-Rock, gibt auch abseits der Bühne die Rampensau, sprach eben noch zwei türkische Jugendliche an der Ecke an, was sie an ihrer Stadt so geil finden. „Meine Homies“, antwortet einer. In anderen Worten sagen das auch die Kilians. Aber mit der Musik habe das nichts zu tun. Womit denn dann? „In diesem Hamburg-Song von Tomte singt Thees, dass die Stadt ihn zum Mann gemacht hat. Das möchte ich über Dinslaken nicht so sagen!“, sagt Simon. „Aber es hat mich geformt. Meine alten Freunde sind hier, meine Familie. Darum geht es doch nach der Schule: Die Leute gehen weg, wollen raus, verabschieden sich. ‘Hometown‘ sagt: Ich bin nicht stolz auf Dinslaken, weil es Dinslaken ist. Ich bin kein Lokalpatriot. Aber ich bin hier groß geworden. Niemand muss stolz auf seine Herkunft sein. Verleugnen aber kann man sie auch nicht.“

„Ficken? Tackern!“ Drei Wochen vorher, Berlin. Promotag. Die Kilians fläzen sich in der sterilen Interviewlounge im achten Stock ihrer Plattenfirma. Gute Aussicht, hier über den Dächern der Stadt. Den spätpubertierenden Schlachtplan, den einer der Kilians an das Whiteboard gemarkert hat und der an der Kreidetafel im Proberaum auch als Arbeitstitel für ihr neues Albums herhält, müssen Außenstehende nicht verstehen. So läuft das mit gruppeninternen Running-Gags, und die Kilians haben einige davon am Start. „Ach, das hat sich irgendwann verselbständigt“, kichert die eine Hälfte der Band, während die anderen sich die erste von unzähligen Zigaretten der kommenden Stunde


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Foto: Erik Weiss

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drehen. Simon ist auch hier Rädelsführer, Interviewanlass ist ‘They Are Calling Your Name‘, das zweite Album der Kilians. Den jetzigen Titel kann die Band selbst nicht eindeutig erklären, auch der habe sich irgendwann verselbständigt. Im Gespräch geht es aber vor allem um das Tourleben und was es mit einer Band anstellt, die in einer vergleichsweise ereignisarmen Kleinstadt aufgewachsen ist. Arne bestätigt: „Auf unserer ersten Tour mit Tomte haben wir jeden Kühlschrank leergemacht.“ Simon: Anfangs haben wir das durchgezogen: 100% auf der Bühne, 100% dahinter. Das kommt auch immer noch vor, wenn wir zuviel Zeit haben, zu früh mit dem Trinken anfangen, uns selbst abfeiern und ich Schwachsinn daherrede. Das macht der Körper aber nicht ewig mit. Ich kann mich nicht mehr jeden Tag darüber freuen, dass es Freibier gibt. Die Band ist auch der Job. Da geht es dir ähnlich wie Thees, eurem prominenten und mutmaßlichen Entdecker. Arne: Ach, Thees hat uns sicher nicht geschadet. Aber er ist ja auch kein Meinungsführer, kein Noel Gallagher oder so. Simon: Abseits unseres Dinslakener Umfelds war er einer der ersten, der uns Selbstvertrauen zugesprochen hat. Wir hatten Glück, dass uns jemand die Türen geöffnet hat. Den Rest aber machen wir selbst, auch in Zukunft. Vor vier Jahren habt ihr noch in der Schulaula gespielt, heute als Vorband von Mando Diao oder den Babyshambles. Hebt man da ab? Simon: Mir geht’s nicht darum, wer nach uns spielt, sondern um unsere Show. Da könnten auch U2 nach

uns kommen. Ich freue mich darüber, denke aber eher: „Geil, dann haben wir ein volles Haus und können abliefern.“ Außerdem sind solche Shows ja nicht die Regel, am nächsten Abend spielen wir dann wieder auf einem Münsteraner Hinterhof. Und das genauso gerne. Solche Shows dürften nach ‘They Are Calling Your Name‘ weniger werden. Die neun neuen, zwischen Tour und Studio im vergangenen Herbst geschriebenen Songs klingen so retro, wie es anlässlich des Debüts immer hieß. Verzerrte Gitarren und Uptempo-Hits wie ‘Fight The Start‘ oder die zweite Single ‘When Will I Ever Get Home‘ sucht man vergebens. Es dominieren von der Akustikgitarre ausgehende Songwriterstücke, die Simon zuletzt mit Simon Frontzek, dem neuen Tomte-Keyboarder, unter dem Tourmotto „Simon & Simon“ ausprobiert hat. Er selbst beschreibt den geläuterten Sound so: „Wir haben die Songs im Proberaum geschrieben. Wenn sie dort funktionieren, dann tun sie es auch im Club und im Stadion. So sollte die Platte klingen. Der Sound ist klarer, der Gesang nimmt einen anderen Wert ein. Es klingt nach Kilians.“ Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, ginge die Karriere der Kilians hernach rückwärts Richtung Schuppen. Um als alternative Boygroup positioniert zu werden, sind die Jungs zu verschlafen und zu versoffen. Das Label aber hat trotzdem vorgesorgt: Als Radioversion wurde die fluffige Frühlingssingle ‘Said And Done‘ mit Streichern beladen, das Video wurde in den Bergen Spaniens gedreht und inszeniert die Kilians als pathetische Rock-Band, die sie nicht sind. Dominic: Wir müssen uns eingestehen, dass das Label mehr Ahnung hat, wie Dinge funktionieren. Aber

wir sagen sofort nein, wenn uns Entscheidungen komplett widersprechen, finden einen Kompromiss oder kippen es. Wir versuchen, uns treu zu bleiben. Simon: Wegen der Streicher gab es Streit. Klar sollte man so etwas einmal aufnehmen, aber dort hörte man uns als Band nicht mehr so raus, fanden wir. An dem Punkt hatten wir uns aber bereits eingestanden, ‘Said And Done‘ als Single auskoppeln zu wollen. Deshalb zwei Versionen. Wenn uns über die Radioversion Leute kennenlernen, stelle ich das nicht weiter in Frage, dann ist die Sache abgehakt. Denn involviert waren wir immer. Und Streit ist immer konstruktiv. Simon, Arne, Dominic, Gordian und Mika einte nicht der unbedingte Wille zur Musik, würden sie ihre gegenwärtigen Chancen nicht nutzen – Nebenschauplätze inklusive. Aber sie nehmen alles, was da kommen mag, mit offenen Armen auf und finden gemeinsam mit ihrem Publikum zu der angemessenen musikalischen Spielfläche, kurzum: Die Kilians werden mit sich selbst erwachsen. Aber auch das können die Jungs viel pointierter sagen: In einem Wort: Was bedeuten für euch die Kilians? Gordian: Die Kilians sind mein Leben im Moment. Simon: Ein Wort! Mika: Alltag. Arne: Ungeschminkt. Dominic: Geile Zeit. Simon: Ehe! Text: Fabian Soethof, Fotos: Erik Weiss Fotos Dinslaken: Fabian Soethof Heimat: the-kilians.de Auf sallys.net: sally*sTV! Schön, schöner, Dinslaken


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Ach, du schöner Niederrhein: Gute Aussicht hier oben von Mikas Privatbalkon! Da hinten irgendwo liegt Dinslaken City, die Typen mit den Pullis sind die Kilians. Die Holzbänke hat Mika übrigens selbst geschreinert.

Hier der Beweis: die gleichen Typen von vorne. Wie romantisch. Nur Simon findet den Gasthof der Familie Schürmann spannender.

Trauriges Relikt aus besseren Zeiten: Dieser Parkplatz war unbenutzt. Vielleicht ja auch, weil sich hinter der wetterfesten Holzvertäfelung ein Proberaum verbirgt und die dort residierenden Kilians ihren Tourbus gerade an Ghost Of Tom Joad verliehen hatten.

Abbey Road revisited: Auf zur Lieblings-Pommesbude in der Stadt. Für die Socken war’s zu kalt, wie man vielleicht erkennen kann.

In der Fußgängerzone appelliert die Stadt Dinslaken noch an den gesunden Menschenverstand ihrer Bürger, Passantensicherheit wird groß geschrieben: „Vernünftige fahren hier nicht mit dem Rad. Anderen ist es verboten.“ Die Kilians beherzigen das gerne.

Currywurst, Pommes oder Frikadelle? Mika und Dominic beim Imbiss Lehmkuhl, die Würstchen wurden knapp. Der NeutorGrill hatte schon Feierabend.

Mahlzeit! Simon leiht sich unsere sally*sTV-Kamera und filmt seine Homies. Nicht alle haben Hunger. Zu einem Kater schmeckt doch alles?

Doch, lecker war’s. Jetzt ein Verdauungsspaziergang durch die Stadt. Hinten die Kirche, übrigens. Die Luft tat auch gut.

Hier betrank sich die Dorfjugend, hier erfand Simon „Fight The Start“: Die „Eierwiese“, der Ursprung und gemeinsame Nenner aller Kilians. Gordian kommt um einen nostalgischen Blick auf sein, Mikas und Simons altes Gymnasium (nicht im Bild) nicht herum. Hach.

KILIANS ERÖFFNEN DIE RED BULL TOURBUS-SAISON IN DINSLAKEN Nostalgiker werden sich ein Tränchen der Rührung nicht verkneifen können. Am 3. April spielen die Kilians ein exklusives Gratiskonzert in der Stadt, die sie einst zu jungen Indie-Burschen heranwachsen ließ. Grund der Feierlichkeiten ist die Veröffentlichung ihrer neuen Single „Said And Done“. Doch auch auf anderer Ebene gibt es für die Kilians ein Wiedersehen mit alten Freunden: Die Show wird auf dem Dach des Red Bull

Tourbusses stattfinden, mit dem die Jungs 2006 als erste Band durch die Republik reisen durften. Doppelter Heimvorteil also.

KILIANS AUF DEM RED BULL TOURBUS Wann: Wo:

Infos:

3.4., ab 19.30 Uhr Hans-Böckler-Platz, Dinslaken Eintritt frei Aftershowparty in der Kulturkantine KUKA redbulltourbus.de


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PLATTEN/10 GEBOTE

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DIE 10 GEBOTE

BLACK LIPS 200 MILLION THOUSAND

(Vice/PIAS) Hätten die Black Lips nicht so viel Spaß daran, auf Konzertbühnen die Hosen runterzulassen oder sich gegenseitig abzuknutschen, wer weiß, ob die vier Herren aus Atlanta soviel Rauschen im Blätterwald verursachen würden?! Schließlich ist ihr Lo-Fi-Garagen-Rock derart Retro, dass man auch bei „200 Million Thousand“ meint, verschollene Aufnahmen der Stooges oder anderer Zeitgenossen zu Gehör zu bekommen. Aber Originalität hin oder her: Cool ist diese Platte trotzdem. Ein schmuddeliges, schwitziges, schepperndes Etwas mit verschlepptem Jaulgesang aus der Blechdose, einer Prise Surf, Psychedelic, Beat und Blues sowie einem überraschenden Riecher für Melodien. Besonderes Highlight: die sprechgesungene Quasi-Ballade „Drop I Hold“. Da verzeiht man dem schlechterzogenen Haufen sogar sein pubertäres Getue.

Text: Nina Töllner

MUFF POTTER GUTE AUSSICHT

(Huck’s Plattenkiste/Rough Trade) Wie in unserem diesmonatigen Spezial nachzulesen, ist Muff Potter mit „Gute Aussicht“ ein Album gelungen, das die derzeitige Stimmung und den Zeitgeist einfängt wie kein zweites. Beabsichtigt war das nicht. Die Umstände, unter denen dieses Album entstand, haben diese Platte diktiert - zunächst unbewusst, später sehr deutlich. Eine Reise in die weitgehend jugendbefreite Einöde Brandenburgs nötigte Muff PotterFrontmann Nagel genauso ein Thema ab („Niemand Will Den Hund Begraben“) wie das allseits grassierende Leben auf Pump („Blitzkredit Bop“) oder der Slogan auf einem seiner T-Shirts („Rave Is Not Rave“). Entsprechend hart, dreckig und gemein(t) wie die Texte ist auch der Sound von „Gute Aussicht“, der die Songs mit dissonanten, übersteuerten Akkorden überlagert wie ein Faradayscher Käfig und trotzdem genug Raum lässt für Potter‘sche Trademarks wie Harmonie, Weltschmerz und große Melodien.

Text: Florian Hayler

THE DECEMBERISTS THE HAZARDS OF LOVE

(Beggars/Indigo) Eine gewisse stilistische Willkür lässt sich beim fünften Album der Decemberists nicht von der Hand weisen. Zumindest schwankt „The Hazards Of Love“ zwischen Prog-Rock und Folk-Pop, will mal wie Led Zeppelin klingen und dann doch Neil Young Tribut zollen. Alles Koordinaten, die von Sänger Colin Meloy absichtlich gewählt wurden, denn es handelt sich um ein waschechtes Konzeptalbum: Die Kuriositäten des Lebens stehen im Mittelpunkt, und gerade weil diese sehr vielfältig sein können, sind es die Songs eben auch. Was jedoch überrascht: Die Sache funktioniert! Zwar zweifelt man anfänglich, wieso der rote Faden durch die Wiederholung einzelner Parts aufrecht erhalten wird, stellt am Ende von „The Hazards Of Love“ aber fest, dass momentan niemand sonst so komplex-schöne Arien fabrizieren kann wie die Decemberists. Wer jetzt nicht schwelgt, hat das Herz am falschen Fleck!

Text: Marcus Willfroth

OBITS I BLAME YOU

(Sub Pop/Cargo) Nachdem Rick Froberg, die markanteste Stimme des Punk, als Mitglied von Bands wie Pitchfork, Drive Like Jehu und den Hot Snakes Musikgeschichte schrieb, stellt er sich nun mit Obits erneut den Ohren der Öffentlichkeit. Das schöne Gefühl, die Platte nach Monaten des Darauf-Wartens und der Häppchen-Verkostung auf Musikportalen in den Händen zu halten, ist eine Verheißung, die im Fall von „I Blame You“ unbedingt in Erfüllung geht. Den Hörer erwarten zwölf großartige, extrem rhythmische (im weitesten Sinne Rock-) Songs mit Liebe zum Post-Punk, Noise-Rock, Surf und Sixties-Garage. Hier sind Männer am Werk, keine Jungs; statt langweiliger Zitate gibt es geschickt aufgenommene Impulse. Jede Note, jede Textzeile zeigt: Hier machen Leute Musik, weil sie nicht anders können. Passion statt Pop, Katharsis statt Karriere. Hört das!

Text: Tanja Marquardt

FROM MONUMENT TO MASSES ON LITTLE KNOWN FREQUENCIES

(Golden Antenna/Broken Silence) Wenn man das Remixalbum „Schools of Thought Contend“ nicht mitrechnet, könnte man die Zeitspanne zwischen „The Impossible Leap In One Hundred Simple Steps“ und „On Little Known Frequencies“ mit sechs Jahren schon fast als zu lang bezeichnen - hätten From Monument To Masses damals nicht ein Album veröffentlicht, das zum Dauerschleifehören wie geschaffen war. „On Little Known Frequencies“ steht seinem Vorgänger in nichts nach und ist vom ersten Moment an instrumentaler Hörspaß pur. Im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen begnügen sich From Monument To Masses nicht mit dem ewigen epischen Auf und Ab oder dem Anlegen einer Versatzstücksammlung, sondern schreiben interessante, durchdachte Songs, die durch ihre ausgefallene Ideen dafür sorgen, dass man sechs Jahre immer wieder spielend überbrücken kann.

KILIANS THEY ARE CALLING YOUR NAME

(Universal) Mit dem zweiten Album schon solide sein ist wahrscheinlich eine Kunst, die nur wenige Bands beherrschen. Waren Kilians zu Debüt-Zeiten in der medialen Wahrnehmung noch „die deutschen Strokes“ oder ein „hoffnungsvoller Newcomer“, süße kleine Küken also, haben sie bei „They Are Calling Your Name“ den Sicherheitsgurt angelegt, kurzerhand Radiosingle über Radiosingle produziert und mal so richtig den Gockel raushängen lassen. Virtuose Gitarrenlinien treffen auf angenehm nölige Gesangsmelodien und am Ende steht ein Album, das jede Frage nach den Langzeitqualitäten dieser Band beantworten sollte. Mit „They Are Calling Your Name“ treten die Dinslakener aus dem Schatten der Vergleichsgrößen. Nix Strokes - Kilians, Alter.

Text: Timo Richard

(Wall Of Sound/ EMI) Darf man sowas gut finden?! Man muss wohl, immerhin reicht Röyksopps „Junior“ dem Hörer derart vehement die Hand zum Gruße, dass sich ein Schleudertrauma kaum vermeiden lässt. Bei so viel Euphorie sei dem Guten seine etwas zweifelhafte Abstammung verziehen, ein Album ist eben mehr als die Summe seiner Teile. Jedes einzelne täte wohl weh, denn was das norwegische Duo hier unter dem Genre-Begriff Elektro-Pop abliefert, ist ein dicker Bas(s)tard aus Achtziger-Disko, Kirmestechno, Café Del Mar-Schmalz und Soft-Porno-Soundtrack. Die eigentliche Kunst von „Junior“ ist, dass er all diese höllischen Zutaten zu einem wohlschmeckenden Endprodukt verquirlt, das nicht im Entferntesten an Fast-Food erinnert. Stattdessen verleihen Gastauftritte von Robyn, Lykke Li und The Knife-Sängerin Karin Dreijer Andersson diesem äußerst energiegeladenen Clubproll eine dicke Portion Glamour.

Text: Timo Richard

(Warner) Das vierte Album der Ausnahme-Metaller Mastodon ist der Hammer. Schon die Vorgänger hatten die Latte sehr hoch gehängt, ohne jemals den Eindruck aufkommen zu lassen, die Band habe mit ihnen bereits den Zenit erreicht. „Crack The Skye“ ist ein Konzeptalbum - völlig egal, dass die inhaltlichen Bezüge eher wirr ausgefallen sind, denn die Texte werden bei Mastodon erst nach der instrumentalen Komposition geschrieben und sollen ausschließlich die Musik vervollständigen. Die Musik! Metal ist das schon noch, auch wenn der Einfluss einschlägiger Rock-Alben von ProgRock-Helden wie Rush oder Emerson Lake & Palmer besonders deutlich ist. Aber in Wahrheit spielen Mastodon schlicht in einer anderen Liga. Die hypnotischen Melodieläufe, wirbelnden Trommelkaskaden und pumpenden Bässe entführen den Hörer in solch komplett andere Sphären, dass es einem die Worte nimmt. Ganz oben ist die Luft bekanntlich besonders dünn.

Text: Hans Vortisch

Text: Sebastian Wirth

RÖYKSOPP JUNIOR

MASTODON CRACK THE SKYE

THE SEA GET IT BACK

(PopUp/Cargo) Rocker-Brüderpärchen aus England haben spätestens seit Mitte der Neunziger mit einem gewissen Ruf zu kämpfen, dessen sind sich gewiss auch Alex und Peter Chisholm bewusst. Ganz allein zu zweit sind sie The Sea und gehen so nicht nur dem Zoff mit zweitrangigem Bandpersonal aus dem Weg, sondern kommen auch mit denkbar wenig Platz auf der Bühne aus, wie man auf dem grandios billigen Coverartwork sehen kann. Muss man sich nicht gegenseitig auf den Schultern durch die Gegend tragen wie seinerzeit die viel zu früh abgesc,hmierten Datsuns. Deren rüder, rastloser, dreckrockender Sound, um schließlich den Bogen zur Musik zu schlagen, dient auch exzellent als Vergleich für die Songs von The Sea: „Get It Back“ erfindet nix neu, echt kein bisschen, aber klingt in jedem Moment so frisch und ewig gültig wie, hach, genau: die Luft am Meer. Mehr muss man schlicht nicht sagen.

Text: Friedrich Reip

WHOMADEWHO THE PLOT

(Gomma/Groove Attack) Gänzlich unerwartet hoben WhoMadeWho vor drei Jahren mit ihrem gleichnamigen Debüt und den dazugehörigen Live-Shows die Indie-Disco aus den Angeln - und haben auch mit dem Nachfolger nun nicht vor, sie wieder zu reparieren. Der Überraschungseffekt ist natürlich verpufft, aber „The Plot“ deswegen vorhersehbar zu nennen, wäre ein Fehler. Denn wo der Elektro-Rock-Hype eigentlich längst verklungen ist, erinnern uns die Skandinavier mit ihrer wilden Mischung aus Party-Beats und Garagenlärm, Funk und Seventies-Disco daran, dass dieses mitunter ruppige, meist aber doch sehr melodiöse Tanzvergnügen noch lange nicht zu Ende gefeiert ist. Womit WhoMadeWho nicht nur das Niveau gehalten, sondern definitiv auch die Erwartungen erfüllt haben.

Text: Patrick Heidmann


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PLATTEN/OFFENBARUNG

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DIE OFFENBARUNG WHITE LIES

TO LOSE MY LIFE (Universal)

Es wäre zu einfach, die White Lies scheiße zu finden. Ja, ihre morbide Post-Punk-Ästhetik haben sie von Joy Division kopiert. Richtig, das haben Kollegen wie Interpol, Editors oder Franz Ferdinand auch schon hingekriegt. Und ja, die White Lies erschlagen uns und Indie-England förmlich mit solchen Referenzen. Eben darum aber funktioniert ihr bombastisches Debüt „To Lose My Life“ ja - weil es als ein einziges Pop-Zitat aus Post-Punk anno 1979, Rock um 1992 und Indie 2003 verstanden werden darf - und sich doch ein eigenes Gesicht erschafft. Die White Lies, drei mit einem Gespür für

Hooklines gesegnete Jungs Anfang 20, bringen Teenager-Albträume in die Disco und auf die große Bühne - und sie wissen um ihr Talent zur Inszenierung. Die Gitarre mauert mit dem Synthesizer um die Wette, der tiefwummernde Bass flankiert Harry McVeighs Organ, das on top Drohgebärden wie „Let’s grow old together - and die at the same time“ beängstigenden Platz einräumt - und im gleichen Moment steht fest: Die White Lies werden nicht das nächste große Ding. Sie sind es bereits. Auch wenn sich in zehn Jahren niemand mehr daran erinnern wird. Text: Fabian Soethof

1 hoffnungslos ** 2 egal ** 3 üben ** 4 bemüht ** 5 kann man machen ** 6 gut ** 7 vorn dabei ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 klassiker 1990’S KICKS

(Rough Trade/Beggars/ Indigo) Das Plattencover des zweiten Albums der 1990’s verrät bereits die Marschrichtung. Die jungen Herren aus Glasgow widmen sich auf „Kicks“, wie schon auf dem vor zwei Jahren erschienen Debütalbum „Cookies“, ziemlich ausführlich pubertären Tagträumereien. Wenig spannend bleibt die Tatsache, dass der Sound der Band auf Dauer wirklich wenig zu bieten hat, womit man heute noch ein einigermaßen mit Musikgeschmack ausgestattetes Mädchen auf die Tanzfläche locken könnte. Kurz: Schlaffer Indie-Pop mit starkem Hang zum Kopfstimmengesang und massig 08/15-Gitarrenriffs. Letztlich besteht die Herausforderung darin, diese Platte bis zum Ende zu hören. 4

Text: Christopher Mühlig

A CAMP COLONIA

(PIAS/Rough Trade) Acht Jahre nach dem Debüt legt Nina Persson mit ihrem Seitenprojekt A Camp ein neues Album vor, was in Anbetracht einer eher fraglichen Cardigans-Zukunft schon mal eine gute Nachricht ist. Auch ansonsten ist „Colonia“, produziert von Ehemann Nathan Larson und mit Gästen wie Nicolai Dunger und Joan As Police Woman, eine überaus frohe Botschaft. Der mühsame Country-Appeal ist melodiösem, handgemachtem Pop gewichen, oft, aber nicht immer durchtränkt von romantischer Melancholie und elegantem Knistern. Was dem Album trotz Perssons nach wie vor bezaubernder Stimme und den absolut hörenswerten Texten allerdings ein wenig fehlt, sind Überraschungen und Ausreißer nach oben, ganz große Pop-Momente, wie sie die Cardingans immer wieder auf Lager hatten. 7

Text: Patrick Heidmann

ADAM KESHER HEADING FOR THE HILLS, FEELING THE WARM INSIDE

(Disque Primeur/Alive) Zugegeben, Adam Kesher, der sechsköpfigen Truppe aus Bordeaux, ist es nur schwer anzumerken, dass sie aus Frankreich kommt. Den typisch frankophonen Soul, wie er bei Air oder Phoenix mitschwingt, muss man hier schon mit der Lupe suchen. Ein paar Schlagwörter lassen sich schnell mal abchecken: Sänger Julien Perez hat schon

mal Bloc Party und die Rhythmus-Combo schon mal die Killers gehört. Das ergibt ganz prächtige Effekte, wenn bei „The Wrong Way Round“ dreckige Synthies mit einstimmen. Aber über die volle Distanz kann diese unentschlossene Mischung aus Indie-Ballermann und Art-Rock nicht ganz mitreißen. 5

Text: Philipp Kohl

ALL-AMERICAN REJECTS WHEN THE WORLD COMES DOWN

(Universal) Wer dachte, die All-American Rejects hätten schon auf ihren ersten beiden Alben glatt und zahnlos geklungen, hat „When The World Comes Down“ noch nicht gehört. Die Jungs haben an den ohnehin kaum zu erkennenden Ecken und Kanten ihres Emo-Indie-Pop geschmirgelt und sind noch handzahmer geworden. Textzeilen wie „I wanna touch you, you wanna touch me, too“ tun ihr übriges dazu, dass diese elf Songs niemandem weh tun und dem Fall Out Boy-Hörer ebenso gefallen wie dem Weezer-Fan. Einen Vorwurf muss den Rejects daraus niemand stricken, schließlich stürmten schon die sympathischen Vorgängeralben die Charts und hatten mit „Swing Swing“ und „Dirty Little Secrets“ jeweils kleine Hits. Platte drei steht da im Grunde in nichts nach - der kleine Hit heißt diesmal eben nur „Gives You Hell“. Für Album Nummer Vier sollte die Band trotzdem mal ein bisschen am Sound feilen, um das Ganze nicht zu vorhersehbar und zu eintönig werden zu lassen. 6

Text: Tito Wiesner

ANNI ROSSI ROCKWELL

(4AD/Beggars/Indigo) „It’s a viola, not a violin“ begrüßt Anni Rossi uns klarstellend auf ihrer MySpace-Seite. Dabei ist die Bratsche nur eines von vielen, darunter aber wohl das favorisierte Instrument der in Chicago wohnenden Musikerin. Die war bereits in der Liveband von Ex-Geraldine Fibbers-Sängerin Carla Bozulich, und hat schon das eine oder andere Album im Eigenvertrieb veröffentlicht. Im Vergleich zu den darauf enthaltenen Experimentalstücken klingt ihr „richtiges“ Debüt „Rockwell“ bei aller Sprödigkeit verhältnismäßig eingängig - und sei somit Freunden von Regina Spektor, Rasputina und Nina Nastasia durchaus empfohlen! 7

Text: Torsten Hempelt

A STATIC LULLABY RATTLESNAKE!

(Fearless/Rough Trade) Schicksalsschläge und Probleme sind der Kreativität bekanntlich oft deutlich zuträglicher als Zufriedenheit und Glück. A Static Lullaby sind da ein Paradebeispiel: Nach ihrem fulminanten Debütalbum wurden sie mit Lob überschüttet, bekamen einen Major-Deal - und scheiterten grandios. Die Platte floppte, das halbe LineUp ging ebenso verloren wie der Plattenvertrag. Aber anstatt aufzugeben riss man sich zusammen, schrie seinen Frust heraus - und ist jetzt auf „Rattlesnake!“ so gut wie nie zuvor. Zwar spielt man den sattsam bekannten Melodie-HärteMix, brüllt und singt, knüppelt im Core und suhlt sich im Emo. Allerdings mit so viel Leidenschaft und Härte, dass man in einer Liga mit Bands wie Underoath und Alexisonfire agiert. Bleibt nur zu hoffen, dass jetzt nicht wieder derselbe Kreislauf wie nach dem Debüt einsetzt. 7

Text: Tito Wiesner

BILL CALLAHAN SOMETIMES I WISH WE WERE AN EAGLE

(Drag City/Rough Trade) Dieser Songwriter ist und bleibt ein Mysterium. Bill Callahan, der Grenzgänger, der nur selten die Öffentlichkeit sucht und lieber daheim, ganz für sich selbst, seine unvergleichlichen Alben aufnimmt. Darüber spricht er freilich ungern und wenn, dann höchstens mit seiner Backingband, deren Besetzung er ständig ändert. „Sometimes I Wish We Were An Eagle“ ist nach dem Ende seines Ein-Mann-Projekts (Smog) das zweite Soloalbum und geprägt von einer unumstößlichen Zuversicht: Zwar hadert Callahan zwischen Americana und Folk pausenlos über die Welt und was sie im Inneren zusammenhält, verliert aber nie das eigentliche Ziel aus den Augen: Eine Idylle zu finden, die uns endlich alle Last von den Schultern nimmt und glücklich macht. Danach suchen möchte er aber allein. Wie immer eben. 8

Text: Marcus Willfroth

THE BLACK SHEEP NOT PART OF THE DEAL

(Roadrunner/Warner) Irgendwer stand hier wohl auf der Bremse. Knallt der Opener von „Not Part Of The Deal“ noch ganz ordentlich, wirkt der Rest des Debüts der vier Kölnerinnen eher drucklos. Sicher: die Songs sind gut durchdacht und auch soundmäßig sauber produziert, aber leider bieten sie

Überraschunkeinerlei gen. Trotz satter Gitarren und zum Teil kräftiger Vocals glimmt alles auf Sparflamme. Fette Riffs, exakt akzentuierte Drums und die gute Stimme von Frontfrau Charlie kommen kaum zur Geltung. Wird doch mal Druck aufgebaut, wird er nicht mitgenommen, sondern versickert in einem zu poppigen Refrain. Scheint so, als wäre das Ganze für einen Soundtrack gedacht und dürfe ja nicht zu auffällig sein. Da geht definitiv mehr! 6

Text: Thorsten Barth

BOB MOULD LIFE AND TIMES

(Anti/SPV) Bob Mould schaut auf den meisten Fotos ein wenig sauertöpfisch drein. Warum eigentlich? Hat er es doch wie sonst nur wenige vermocht, in seiner bisherigen Laufbahn das Legendäre (Hüsker Dü) und das Monetäre (Sugar) mehr oder minder im Sturm zu erobern. Vielleicht verdrießt ihn ja, dass sein Solo-Output der letzten zehn Jahre eher auf mittelprächtige Reaktionen stieß. „Life And Times“ scheint die Vermutung zu bestätigen - wie schon auf dem letztjährigen Vorgänger „District Line“ sind die mehr bzw. weniger als halbgaren technoiden und sonst wie nach dem elektrogetünchten Dancefloor schielenden Experimente inzwischen verschwunden. Stattdessen gibt Mould wieder den melancholischen Rock-Barden. So erfreulich das ist, täuscht es aber andererseits nicht darüber hinweg, dass „Life And Times“ eher nach Routine denn nach neuerlich entflammter Leidenschaft klingt. Trotz und wegen Allem: Solide. 6

Text: Torsten Hempelt

BONNIE „PRINCE“ BILLY BEWARE

(Domino/Indigo) Sein letztes Album „Lie Down In The Light“ war pure Reduktion und überzeugte, weil Bonnie „Prince“ Billy so minimal wie möglich zu Werke ging. Ganz im Gegensatz zum aktuellen Nachfolger „Beware“: All das Instrumentarium, was zuletzt fehlte, stemmt nun die Country infizierten Songs eines Mannes, aus dem wir einfach nicht schlau werden. Freilich, die Hoffnungslosigkeit, das Alleinsein und die Abgründe der menschlichen Seele beschäftigen den Bärtigen immer noch, doch jetzt scheint er dem inneren Wehklagen


durch Opulenz entgegen zu treten: „Beware“ bietet Country und Folk auf höchstem Niveau, hat Banjos, Streicher und Chöre im Angebot. Und weil es nichts gibt, was Bonnie „Prince“ Billy nicht gelingt, passt das alles perfekt zueinander. Man muss ihn einfach lieben, wenn er uns solche Geschenke macht! 8

Text: Marcus Willfroth

CALLISTO PROVIDENCE

(Fullsteam/PIAS) Freunden von Bands wie Isis, Cult Of Luna oder auch Breach sollten Callisto aus Finnland bereits aufgefallen sein. Zwei respektable Alben haben sie bisher vorgelegt. „Providence“, das dritte, ist erneut Zeugnis ihrer stetigen Weiterentwicklung zum eigenständigen Sound. Hervorstechend: der Gesang. Nur noch selten Geschrei, stattdessen steht nun mit Jani Ala-Hukkala ein wahrer Sänger am Mikro, der stimmlich zwischen Mike Patton und Brandon Boyd pendelt. Über weite Strecken hat das demnach mit Metal nichts mehr zu tun, so atmosphärisch fließt die Musik, und der Gesang breitet sich darüber majestätisch aus. Prog-Rock ist das Stichwort. Obwohl Schubladen doof sind: Wenn man „progressiv“ mit der Wortbedeutung „fortschreitend“ übersetzt, gibt es wohl kein treffenderen Begriff für diese Band. 7

Text: Robert Goldbach

THE CHATHAM SINGERS JUJU CLAUDIUS

(Damaged Goods/Cargo) Billy Childish ist eine veritable eierlegende Wollmilchsau. Seit 30 Jahren spielt er in Bands, dichtet und pinselt Leinwände voll. Mit seiner neuesten Formation, The Chatham Singers, spielt er astreinen, brennholztrockenen, nach strengstem Reinheitsgebot destillierten Rhythm and Blues. Eine Beschwörung der alten Zeit, bei der alles stimmt. Der Sound, der Groove, der Schmerz. Childishs herbe Gitarre, die räudige, verzerrte

Mundharmonika von Bludy Jim. Ebenfalls an der Gitarre: ein gewisser Graham Coxon. 14 DreiMinuten-Quickies, fast alle treffen ins Schwarze: der zuckende Rock-R’n’B von „Evil Thing“, der schlingernde Blues von „The Good Times“, oder der zerschossene Country von „Angel Of Death“. Childish ist eigentlich Brite, aber uneigentlich ist „Juju Claudius“ ein AmericanaDenkmal. Durch und durch lebensecht. 6

Text: Gordon Gernand

CHURCH OF CONFIDENCE TAKIN’ OVER

(Wild At Heart) „Takin’ Over” ist das zweite Album der sympathischen Do-it-your-self-Combo auf ihrem hauseigenen ‘Wild At Heart‘-Label. Mit ihrer griffigen Mischung aus Punk und Rockabilly rocken sich die Berliner Kirchgänger freundlich durch das Einmaleins der Rock’n‘Roll-Autoaufklebersprüche („Hey Ho Let’s Go“, „Call Of The Wild“), während Social Distortion im Hintergrund fröhlich mit Zaunpfählen winken. Zu den großen Vorbildern fehlt zwar das letzte Quentchen Dreck und Power in die Fresse, dafür hat Confidence-Papst Uli auch auf “Takin’ Over“ wieder ein verdammt gutes Händchen für feine Melodien, was fragen lässt, warum die Band nicht längst schon eine große Nummer ist. Die ungewaschenen Füße aufs Lenkrad und ein Bierchen aufgemacht. Gute Sache das! 6

Text: A. Hartung

CONDO FUCKS FUCKBOOK

(Matador/Beggars/Indigo) „This is not the new Yo La Tengo album“ klebt’s auf dem Cover. Und so wie’s nicht stimmt, stimmt’s auch. Denn natürlich sind die drei Vögel, die auf dem hinteren Cover abgebildet sind, Ira, Georgia und James. Also Yo La Tengo. Aber andererseits hat „Fuckbook“ wenig mit den immer opulenter und detailverliebter werdenden letzten paar Al-

ben des Hoboken-Trios gemein. Stattdessen ist’s eine raue Direktaufnahme von elf Coverversionen (damit übrigens genau so viele wie auf „Fakebook“, aber minus die Eigenkompositionen), darunter Songs von den Beach Boys, Richard Hell und den Kinks. Scheppert mehr als die neue Thermals und ist insgesamt eher ein kleiner Spaß für zwischendurch. 5

Text: Torsten Hempelt

DAMN SEAGULLS HUNTING SEASON

(Fullsteam/PIAS) Finnland ist das Land mit der höchsten Quote von Jagdlizenzen pro 100 Einwohner. Ob auch die Damn Seagulls zwischen den Proben mal einen Elch vor die Flinte nehmen? Wir wissen es nicht. Mit der titelgebenden Jagdsaison könnte auch der unverkennbare Wille gemeint sein, nun auch in ganz Europa zum Halali auf die größeren Konzertstätten und Radiosender zu blasen: die Refrains hymnisch angelegt, die Gesten groß und der Sound fett. Rock-Instrumentarium mit Orgeln, Mandolinen und Tröten. „Soul“ sei da drin, sagt das Info, und ehrlich gemeint ist das alles sicher. Sänger Lauri röhrt sich im letzten und besten Stück „Sunday 6 am“ die Kehle (herz)blutig. Trotz aller guten Ansätze: Die meisten Songs klingen letztlich doch nur nach Mainstream-Rock. 4

Text: Robert Goldbach

DOVES KINGDOM OF RUST

(EMI) Rar haben sie sich gemacht, die Doves. Fast drei Jahre lang werkelten sie in der Abgeschiedenheit ihres Studios am Nachfolger von „Some Cities“, bis sie schließlich zufrieden waren. Dass „Kingdom Of Rust“ nun erscheint, ist gewissermaßen schon Qualitätsgarantie genug. Ob das Album an ihr Meisterwerk „The Last Broadcast“ heranreicht, muss die Zeit zeigen, mit Sicherheit kann man aber schon sagen: „Kingdom Of Rust“ ist ein spannendes und abwechslungsreiches Album geworden. „Jetstream“, der vielleicht bislang beste Pop-Song dieses Jahres, pulsiert elektronisch, der folgende Titelsong kommt countryesk daher und „The Outsiders“ prescht dann wieder wavig nach vorne. Auch wenn das Album nicht ganz dieses Niveau hält, so geht es weiter: Immer anders, immer unverwechselbar Doves und immer gut. 8

Text: Robert Goldbach

DUFF MCKAGAN’S LOADED SICK

PETER DOHERTY GRACE/WASTELAND (Parlophone/EMI)

PRO

Immer dann, wenn gerade niemand damit rechnet, scheint sich Pete Doherty - der jetzt Peter heißt - auf das zu besinnen, womit er berühmt wurde: Die Musik. Der Boulevard kümmert sich derweil um Kollegin Amy Winehouse. Zuletzt verschwand der Babyshambles-Sänger komplett aus der Öffentlichkeit und kehrt nun geläutert zurück: „Grace/Wasteland“ ist fulminanter geraten, als selbst die größten Anhänger vermutet hätten. Doherty manövriert seine Songs durch ein Dickicht aus traditionellem Folk, schleppendem Pop und pompösen Arrangements. Unterstützt durch Blur-Gitarrist Graham Coxon, erschafft er das bislang beste Album seiner gesamten Karriere. Sicher, Fans werden ihm „Grace/Wasteland“ übel nehmen - doch wer ewig im Gestern weilt, verpasst den zweiten, absolut süchtig machenden Frühling des Peter Doherty.

Text: Marcus Willfroth

CONTRA

Das wahre Talent mancher Musiker offenbart sich oft erst dann, wenn sie ihrem Bandumfeld den Rücken kehren und ihre Kreativität in vollen Zügen und bar jeder Kompromisse frei ausleben können. Robbie Williams zum Beispiel. Manchmal ist so ein Soloausflug aber auch gleichbedeutend mit der schonungslosen Selbstdemontage einst respektierter Helden, so wie das bei Chris Cornell der Fall ist. Auch Peter Doherty, wie Pete solo genannt werden möchte, hat sich gnadenlos überschätzt. Sein hilfloses Gezupfte und Geklimper klingt tatsächlich nach „Wasteland“ - uninspiriert, totimprovisiert, zugemüllt mit pseudo-deepen Inhalten. Komplettdevote interpretieren in Peters hohles Gelaber noch ein paar autobiographische Züge und zücken blasphemische Dylan-Referenzen - nur um ihren Homie wenigstens vor sich selbst noch verteidigen zu können. Allen anderen bleibt Robbie Williams.

Text: Florian Hayler

(Century Media/EMI) Nach dem 2001er Erstling „Dark Days“ meldet sich Duff McKagan in der sängerlosen Velvet RevolverZwangspause nun also mit seiner Zweitband Loaded zurück. Richtig Singen hat er mittlerweile gelernt, und auch beim Songwriting beweist der hier zur Gitarre gewechselte ehemalige Guns N’ Roses-Bassist, dass er schon immer ein gebürtiger Seattlehead war und ist. So gesellen sich eingängige Foo Fighters-Fingerübungen zu den blondierten Johnny Thunders-Punk-Ansätzen, dazu gibt es wahlweise modern produzierten Hard-Rock oder besser noch Alternative-Rock mit gepflegter Siffig- und Griffigkeit. Das wirkt weitaus bunter und lebensbejahender als auf jenem düsteren Debüt und ist fast alles besser als das, was die halbgaren Velvet Revolver je aufgenommen haben. Sympathie-Sieben gezückt. 7

Text: Frank Thießies

ELVIS PERKINS ELVIS PERKINS IN DEARLAND

(XL/Beggars/Indigo) Das erste Album von Elvis Perkins erzeugte viel Aufmerksamkeit, was allerdings zu großen Teilen an der Abstammung des Songwriters lag. Aber schon Vater Anthony war nicht nur


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Norman Bates, sondern auch für kurze Zeit ein veritabler Chansonnier. Mit dem Nachfolger von „Ash Wednesday“ beweist Sohn Elvis, dass das Interesse an seinen Songs auch ohne den familiären Hintergrund gerechtfertigt ist. Sein großer musikalischer Einfluss bleibt der Bob Dylan der späten Sechziger, was keine schlechte Wahl ist: Perkins gibt einen hervorragenden Troubadour mit Westerngitarre ab. Er schreibt warme und originelle Songs und harmoniert hervorragend mit seiner Band, deren drei Mitglieder zusammen so ziemlich jedes Instrument beherrschen. 8

Text: Arne Lieb

FEHLFARBEN LIVE HIER & JETZT

(Ata Tak/Broken Silence) Die Fehlfarben umschiffen geschickt die Untiefen des Altrockertums. Nostalgiefrei und frisch klingt dieses Live-Album, das 2007 auf der Tour zum „Handbuch Für Die Welt“ aufgenommen wurde und 13 Songs quer durch das bald drei Jahrzehnte umspannende Schaffen der Band enthält. Die Fehlfarben sind zwar der größte deutsche Beitrag zur Punk-Geschichte, zeigen sich erfreulicherweise aber weit davon entfernt, wie Geschichte zu klingen. „Es Geht Voran“, dieser abgenudelte Partyhit, steht deshalb konsequenterweise nicht auf dem Programm. Der Sound ist gut, Peter Hein in Plauderlaune und eine großartige Version der verwinkelten Tristesse-Hymne „Paul Ist Tot“ zu hören. 7

Text: Arne Lieb

FEVER RAY FEVER RAY

(Cooperative/Rabid/Universal) Was machen Musiker eigentlich während der BabyPause? Musik natürlich! Jedenfalls wenn man Karin Dreijer Andersson dazu fragt. Nach der selbstverordneten Auszeit als die eine Hälfte der erfolgreichen Schweden-Elektro-Popper The Knife und der Geburt ihres zweiten Kindes hat die Stockholmerin fleißig weiter Material geschrieben, das jetzt unter dem Namen „Fever Ray“ das Licht der Welt erblicken darf. Das klingt so sehr nach The Knife wie man erwarten konnte, aber auch anders genug, um nicht als blutarme Blaupause durchzugehen. Natürlich lebt Fever Ray hauptsächlich vom hohen Wiedererkennungswert der Stimme, aus der hier

oft alles Menschliche rausmoduliert wurde. Das kennt man von The Knife ebenso wie die schweren, bittersüßen Synthie-Schwaden! Trotzdem ist Fever Ray luftiger, transparenter als die Hauptband und pendelt irgendwo zwischen EBM und Ethno-Pop, Kate Bush und Telepathe! Und das klingt viel besser als es sich auf dem Papier liest - ehrlich! 6

Text: Thomas Müller

FILTER THE VERY BEST THINGS (1995-2008)

(Warner) Dass Richard Patrick mit Filter Mitte der Neunzigerjahre Industrial-Rock salonfähig gemacht hat, ist bekannt. Dafür sorgten zum einen „Hey Man Nice Shot“ vom Debüt „Short Bus“ sowie „Welcome To The Fold“ von „Title Of Record“. Nicht zu vergessen, der damals zu Recht in der Endlosschleife des Radio-Airplay verknotete, großartige Song „Take A Picture“. Die beiden Folgewerke „The Amalgamut“ und „Anthems For The Damned“ waren dann nur noch der belanglose Abklatsch ihrer Vorgänger. Was „The Very Best Things (1995-2008)“ dennoch Berechtigung erteilt, sind die paar wenigen raren Stücke wie beispielsweise „Jurassitol“ aus dem allgemein empfehlenswerten Soundtrack zu „The Crow - City Of Angels“. 7

Text: Christopher Mühlig

FILTHY DUKES NONSENSE IN THE DARK

(Fiction/Cooperative/ Universal) Trotz voller Terminkalender als Partyveranstalter, DJs und Promoter haben die Londoner Szene-Größen Tim und Olly Zeit für ein Stelldichein unter dem Alias Filthy Dukes gefunden. Neben dem handelsüblichen Elektro-Braten à la Justice und Digitalism birgt „Nonsense In The Dark“ vor allem auf der B-Seite Überraschungen, wenn die BPM halbiert und fast balladeske Töne zugelassen werden. Weniger überraschend ist hingegen, dass das Ganze bis zu den Schulterpolstern in den Achtzigern steckt. Egal ob Michael Jackson, Soft Cell oder Talking Heads, keine Chance zur Helden-Huldigung lassen die Herzoge ungenutzt. In Kombination sorgt das dafür, dass manche Tracks auch auf der EBM/Depeche Mode-Party nicht stören würden! Sei’s drum - unterhaltsam ist das allemal, auch wenn man sich schon fragen muss, wie lange ein Genre eigentlich ohne jegliche Innovation überleben kann! 6

Text: Thomas Müller

FRIGHTENED RABBIT QUIETLY NOW!

(Fat Cat/PIAS) Im letzten Jahr haben Frightened Rabbit mit ihrem Album „The Midnight Organ Fight“ einen beeindruckenden Meilenstein in der Kategorie Trennungsbewältigung durch Musiktherapie hinterlassen. Liebeserklärungen wie „You’re the shit and I’m knee-deep in it“ können vermutlich nur nach dem achten Pint am Tresen eines schottischen Pubs entstanden sein. Das „Captain’s Rest“ in ihrer Heimatstadt Glasgow ist ein solcher Ort, und genau dort ist vergangenen Sommer in intimer Runde der Live-Mitschnitt „Quietly Now!“ aufgenommen worden. Die überwiegend akustisch vorgetragene Setlist entspricht mit Ausnahme der beiden Instrumentalstücke exakt der Reihenfolge des Studioalbums, doch das ist schnell verziehen, da Scott Hutchisons Stehaufmännchen-Geschichten hier mit einer Eindringlichkeit und Intensität präsentiert werden, die man so, wenn überhaupt, eben nur live erleben kann. 7

Text: Boris Mischke

GREAT LAKE SWIMMERS LOST CHANNELS

(Nettwerk/Soulfood) Irgendwo zwischen REMBalladen und der Neo-Hippie-Romantik der Fleet Foxes machen es sich die Great Lake Swimmers auf ihrem vierten Album gemütlich. Die Great Lake Swimmers, das ist hauptsächlich Tony Dekker, nicht nur gemessen am Songwriting-Anteil, sondern auch und vor allem wegen seiner wunderbar warmen Stimme, die ihre eigentliche Funktion beinah ad absurdum führt, indem sie den zu transportierenden Inhalt mit ihrem Wohlklang fast zur Nebensache macht. Wunderbar sind auch die Gerüchte, die über den Aufnahme-Prozess kursieren - von mysteriösen Legenden und zum Studio umfunktionierten Getreidesilos und alten Kirchen ist da die Rede. Vielleicht nicht das Hippste, was man dieses Jahr noch zu hören bekommt, aber im durchaus beachtlichen Gewässer der Konkurrenz sollten die Great Lake Swimmers ohne Probleme Oberwasser behalten können. 7

Text: Thomas Müller

THE GRIT STRAIGHT OUT THE ALLEY

(People Like You/SPV) Die Londoner Punk-Ska-Rock’n’Roll-Kollegen fallen hier mit ihrem zweiten Album in die PubTür und lassen dabei nicht eine Sekunde lang

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zu, dass man sich schnell wieder aufrappelt und es sich weiter an der Bar gemütlich macht. Unaufhaltsam werden Leber, Adrenalinspiegel und der gesunde Kneipen-Sparrings-Sportgeist von The Grit mit Stammtisch-kompatibler Sozialkritik angefeuert. Das ist durchaus unterhaltsam, vor allem wenn sich wie in „Cast Ya Mind Back“ zusätzliche Pogues’sche Folklorismen zur Saufdrauf-Runde gesellen, in „Victim Lives Another Day“ Surf-Ska-Scars auf Stray Cats trifft. Ansonsten bleibt - wie zu erwarten war - am nächsten Tag von alledem letztlich leider nicht allzu viel hängen. Deshalb heißt der letzte Song wohl auch „Here We Go Again“... 5

Text: Frank Thießies

HEIDI HAPPY FLOWERS, BIRDS AND HOME

(Little Jig/Alive) Heidi Happy ist eine Mogelpackung. Keine Ahnung, was die Luzernerin Priska Zemp einst bewogen hat, sich nach Johanna Spyris kindlicher Titelheldin zu benennen und zusätzlich das Adjektiv „happy“ dranzuhängen. Jedenfalls wird auf „Flowers, Birds And Home“ weder gejodelt noch gibt’s fröhliche Schunkelnummern von der Alm. Stattdessen ertönt Jazz-Klassik-FolkPop mit eindeutigem Hang zur Melancholie. In einigen wenigen Momenten klingt das gefährlich nach „Norah Jones aus der Schweiz“. Häufiger aber bezirzt Heidi Happys zweites Werk mit herzallerliebsten Melodien und originellen Arrangements aus Streichern, Pauken, Bläsern und Glockenspiel. Und wo wir gerade bei Kinderbüchern sind: Ob die Reminiszenz an den Pippi Langstrumpf-Titelsong in „Deheree“ wohl beabsichtigt ist? 7

Text: Nina Töllner

JENIFEREVER SPRING TIDES

(Monotreme/Cargo) Jeniferever aus dem schönen Uppsala in Schweden haben mit ihrem neuen Album „Spring Tides“ wie bisher auf die musikalische Untermalung für die melancholischen Momente des Lebens gesetzt. Bei einem Film hätte der Regisseur mit „St. Gallen“ für die Szene, in der sein Protagonist nach einer durchzechten Nacht an einem regnerischen Sonntagmorgen völlig verkatert aufwacht und feststellt, dass die Liebe seines


Lebens am Vortag ja weggerannt ist und jetzt noch nicht mal mehr Toast da ist, kaum eine bessere Songauswahl treffen können. Im Gegensatz zum Vorgängeralbum „Choose A Bright Morning“ gibt es mehr laute Augenblicke, wie beispielsweise beim Opener „Green Meadow Island“, die der Gefahr in den Kitsch abzudriften von Anfang an entgegen wirken und zeigen, dass Jeniferever neben verträumtem Säuseln noch einiges mehr können. 7

Text: Sebastian Wirth

JOE GIDEON AND THE SHARK HARUM SCARUM

(Bronzerat/Soulfood) Ja, man kann Joe Gideon bzw. ihren Sänger Gideon als Kopisten beschimpfen, so schamlos, wie er sich aus dem Gestenfundus von Lou Reed, Nick Cave und Leonard Cohen bedient. Aber er macht es eben gut. Man kann es manieristisch finden, ein Album nach einem Elvis-Film zu benennen. Aber es passt halt. „Johan Was A Painter And An Arsonist“ ist ein brodelnder Anachronismus aus abgründigen Blues-Rock-Zitaten, in „Civilization“ schildert Gideon eine gescheiterte Überlebensstrategie: „Tryin’ fast food and slow food and meals between meals“. Doch Songs mit Atempausen wie „Kathy Ray“, wo Gideons Stimme nur von etwas Geklimper umrankt ist, sind die versteckte Stärke von „Harum Scarum“. 6

Text: Philipp Kohl

KID DOWN I WANT MY GIRL FRIEND RICH

(Burning Heart/SPV) Die Songs der schwedischen Kid Down plätschern verschmitzt punkrockig vor sich hin, klingen mal nach älteren Saves The Day und mal nach Bands mit Zahlen im Namen, wie Blink 182 und Konsorten. Am Ende hat man irgendwie das vage Gefühl, diese Platte gehört zum Sommer pubertierender Skateboarder und Freibadgänger. Natürlich ist alles flott eingespielt, die Texte ganz lustig, und der Gesang trifft - ganz Punk - nie so richtig den Ton. „Be Safe“ versucht sich sogar an AFI-mäßiger Elektronik. Womit sich Kid Down jedoch selbst ins Knie schießen, denn genau diese Band hat eigentlich gezeigt, wie kreativ und originell Punkrock klingen kann. Zwei Eigenschaften, die Kid Down leider völlig fehlen. 4

KILLED BY 9V BATTERIES ESCAPE PLANS MAKE IT HARD TO WAIT FOR SUC CESS (NEUHASS)

(Siluh/Broken Silence) Ist das so’n Wettbewerb unter coolen Indie-Combos der Gegenwart, Motto: Wer hat den Längsten? Gemeint sind Bandnamen, Album- und Liedertitel. Bei den vier österreichischen Krachmachern von Killed By 9V Batteries entsteht der Eindruck, ihre Titel seien beim x-ten Joint mittels Kühlschrankmagneten zusammenpuzzelt worden. „Operate Lovebrigade Deathbrigade“ anyone? Nicht ganz so avantgardistisch dröhnt ihr musikalischer Mix durch die Lautsprecher. Die Steiermarker würfeln mit Leidenschaft Achtziger- und Neunziger-JahreKrawall-Ikonen wie Dinosaur Jr., Fugazi, Pavement und frühe Notwist durcheinander. Ist vielleicht nicht der neueste Schrei, funktioniert aber trotzdem. Denn wie bei den Vorbildern, schälen sich auch hier aus Geschrammel und Gefiepe am Ende eine Reihe guter Songs heraus. 7

Text: Nina Töllner

KRISTOFER ÅSTRÖM SINKADUS

(Tapete/Indigo) Zwei Jahre sind seit Kristofer Åströms letzter Veröffentlichung vergangen; eine ungewöhnlich lange Zeit für Schwedens Vorzeige-Singer/Songwriter, in der sich viel Energie angestaut zu haben scheint. Diese entlädt sich zu Beginn des Albums in ungewohnt gitarrenlastigen Stücken, im weiteren Verlauf verpufft sie jedoch im Angesicht der sich ausbreitenden Lagerfeuerstimmung. Ein bisschen mehr Tiefgang hätte dem Ganzen sehr gut getan. So treibt „Sinkadus“ an der Oberfläche, ohne richtig zu wissen wohin es will. Hier und da gibt es gute Momente, besonders wenn er Unterstützung von Britta Persson bekommt, deren Stimme auch schon auf „Loupita“ vertreten war. Doch das Gesamtwerk wirkt eher wie die lose Aneinanderreihung von Ideen, die für sich genommen wichtig sein mögen, in der Summe allerdings eher verwirren. 5

Text: Boris Mischke

Text: Florian Zühlke

DER HUND VON BASKERVILLE… ...muss leider draußen bleiben. Schließlich beißt, äh: heißt das oben links abgebildete und nun um eine Bonus-CD mit hauptsächlich für Fans interessanten Demos und Instrumentalversionen erweitert wiederveröffentlichte Black Sabbath-Album ja auch „Paranoid“ (Sanctuary/ Universal) und nicht „DHVB“. Wer trotz ALLEM die Cindy & Bert-Version vorzieht, kann ja besagte Bonus-CD einlegen & zur Instrumentalversion an Ozzys Stelle die deutsche „Interpretation“ karaokieren. Zu dem Eindruck, den olle Ozzy bekanntermaßen seit Dekaden macht, passen übrigens sowohl der Name der Band als auch der des Albums, um das es in wenigen Worten gehen wird, wie die Maus aufs Fleder: Still Flyin’ klingen auf „Never Gonna Touch The Ground“ (Moshi Moshi/Coop/Universal) aber dennoch ganz und gar nicht wie die Metal-Pioniere aus Birmingham (ach!), sondern kredenzen stattdessen farbenfrohen Großgruppen-Pop, der mit all seinen Chören an das kanadische Gewusel rund um die Borken Social Scene erinnert, jedoch deren

Krachigkeit meist ebenso außen vor lässt wie die melancholische Schlagseite der ähnlich überschäumenden Port O’Brien. Schlagseite im positiven Sinne wiederum hat eindeutig seit Jahr und Tag Stefan Kozalla a.k.a. DJ Koze. Die lässt er auf seiner neuesten RemixWerkschau „Reincarnations - The Remix Chapter 2001-2009“ (Get Physical/Rough Trade) so unterschiedlichen Freunden, Kupferstechern und Film-Ikonen wie Malaria, Battles und Hildegard „Neff“ Knef angedeihen. Mindestens eine Erwähnung sollte folgendem noch schnell angedeihen: Action Beat nennen ihr Debüt „The Noise Band From Bletchley“ (Truth Cult/Cargo). Vielleicht verhält’s sich aber auch genau andersrum? Passen tut’s auf jeden Fall: Erstaunlich unterhaltsame Melange aus meist instrumentalem Noise und Punk. Als hätten Sonic Youth als Buzzcocks-Coverband angefangen - und wieder aufgehört, bevor sich einer zum Singen entschließen konnte. ’schüß!

Text: Sir Torsten Hempelt von Baskerville

KYLESA STATIC TENSIONS

(Plastic Head/Soulfood) Kylesa gehören zurzeit wohl nicht nur zu den fleißigsten, sondern auch zu den einflussreichsten USMetal-Bands. Das neue Album „Static Tension“ beweist warum. In Songs wie „Unknown Awareness“ oder „Almost Lost“ umspielt die Band majestätische Bulldozer-Riffs und heiseren Gesang mit subtilen Melodien. Das Ergebnis liegt irgendwo zwischen frühen Paradise Lost und Neurosis. Beeindruckend an „Static Tensions“ ist aber vor allem, wie eingängig die zehn Songs geworden sind. Selten sind bei aller Komplexität des Sounds dieser Band die Stücke so leicht ins Ohr gegangen wie auf dem neuen Album. Kein Wunder, dass sich um Kylesa und ihre Kollegen Baroness in ihrer Heimat Savannah, Georgia, in den letzten Jahren eine eigene Szene gebildet hat: Diese Band ist wegweisend. 8

Text: Florian Zühlke

LACUNA COIL SHALLOW LIFE

(Century Media/EMI) War die italienische Band mit dem Unisex-Gesangsansatz von HeavyHottie Cristina Scabbia und ihrem männlichen Counterpart Andrea Ferro Anfang des neuen Millenniums mit Scheiben wie „Comalies“ und „Karmacode“ noch zeitgeistlich heißer Metal-Scheiß, der sich sowohl im Gothic als auch Nu-Metal entsprechend Szene-ansprechend verorten konnte, weiß man heute nicht mehr so recht, wohin man die Band stecken soll. Weitere Elektro- und Pop-Flirts platzieren Lacuna Coil zwischen den Stühlen und werfen die Frage nach einer echten Identitätskrise auf. So fehlt es „Shallow Life“ an Härte, an echten Hits und auch an der Gothic-geprägten Herangehensweise. Und ob ein Konzeptalbum über die gesellschaftliche Oberflächlichkeit jener letztlich den Spiegel vorhält oder tatsächlich nur die eigene, eingebüßte Rock-Relevanz reflektiert, sei mit großem Fragezeichen dahingestellt. 4

Text: Frank Thießies

THE LATE CALL LEAVING NOTES

(Tapete/Indigo) Auf seinem Albumcover schickt Johannes Mayer alias The Late Call zwei Segelschiffe volle Kraft voraus in die stürmische See. Seine „Leaving Notes“ allerdings navigieren in wesentlich gemäßigteren Fahrrinnen umher. Der auf Fotos so nachdenklich aus der Wäsche schauende junge Mann aus Stockholm schippert exakt auf der Welle, auf der man ihn vermuten würde. Ohrenumschmeichelnde Akustik-Gitarren-Wogen, in denen Glockenspiel-, Akkordeon- und Piano-Klänge schwimmen. Herrscht emotionaler Seegang, regnet es sogar Geigen. Herr Mayers leidgeprüfte Samtstimme thront darüber und lässt vermuten, es handle sich bei ihm um das inoffiziell dritte Mitglied der Landesnachbarn von Kings Of Convenience. Alles in allem ein hübscher Törn durch malerische Gewässer, der jedoch nicht völlig ohne Flauten auskommt. 6

Text: Nina Töllner

LEFT ALONE LEFT ALONE

(Hellcat/SPV) Die Zeiten des PunkrockUntergrunds dürften für Left Alone bald vorbei sein - ihr neues und drittes Album ist einfach zu gut, als dass es wie die beiden Vorgänger nur bei einer Handvoll Eingeweihten für Begeisterung sorgt. Einmal mehr wandeln sie auf den Spuren von Rancid, kombinieren eingängige Hymnen mit kleinen Ska-Einlagen, schroffen Polit-Punk mit melancholischen Singalongs; nur dass diesmal wirklich jedes Riff sitzt, jede Textzeile im Kopf bleibt, jede Melodie ein kleiner Hit ist. Neben Tim Armstrong und seinen Jungs kommen einem noch eine ganze


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Menge anderer Vergleiche in den Sinn, und alle sind sie gut bis hervorragend. The Unseen, Social Distortion, The Clash, Swingin Utters: Left Alone haben sich von all diesen Kapellen inspirieren lassen, ohne sie blind zu kopieren - und werden auf Grund einer Platte wie dieser schon recht bald wohl selbst ein großes Vorbild für den PunkrockNachwuchs werden. 8

Text: Tito Wiesner

MARIA TAYLOR LADYLUCK

(Nettwerk/Soulfood) „LadyLuck“ ist nicht nur eine Wohltat fürs Ohr, sondern auch für die Seele. Als Seelenklempnerin fungiert Maria Taylor, die ihren „Patienten“ anordnet, sich das Album in horizontaler Lage zu Gemüte zu führen. Sobald man es sich auf der Couch gemütlich gemacht hat, offenbaren sich die wichtigen Erkenntnisse des Lebens. Es geht ums Erwachsenwerden, um gescheiterte Beziehungen und um Veränderungen, die damit einhergehen. Während die Alben „11:11“ und „Lynn Teeter Flower“ einen hin und wieder resignierten Unterton einschlugen, schaut Taylor mit „LadyLuck“ positiv in die Zukunft. Mit einer glasklaren Stimme, die immer im Vordergrund steht, weise und trotzdem jugendlich frisch wirkt, haucht sie jeder gebeutelten Seele Hoffnung ein und man denkt sich: Wer die Trennung von Conor Oberst überstanden hat, muss so einiges fürs Leben gelernt haben. 8

Text: Marta Marszewski

MAROON ORDER

(Century Media/EMI) Nachdem Maroon in den letzten Jahren mit nahezu jeder existierenden Metal- und Hardcore-Band der Welt getourt sind und wirklich alles bespielten, was Platz bot für ein paar motivierte Jungs aus Nordhausen, sollte auch das neue Werk „Order“ ein Spiegelbild all dieser mit der Zeit gesammelten Einflüsse und Inspirationen werden. Aufgenommen wurde in Deutschland, gemischt in Schweden, gemastert in den USA, und auch stilistisch überspringt man munter diverse Genre-Grenzen. Den druckvollen Metal-Core der Vergangenheit gibt es ebenso zu hören wie brachiale Melodic-Death-Monster. Dazu kommen atmosphärische Intros, Metallicainfizierte Hymnen, düstere Black Metal-Ausflüge und eingängige Moshpit-Bretter. „Order“ vollbringt so das Kunststück, Anhänger aller Coreund Metal-Szenen zusammen zu führen - und in einem ebenso brutalen wie anspruchsvollen Pit gemeinsam feiern zu lassen. 8

Text: Tito Wiesner

MICACHU JEWELLERY

(Rough Trade/Beggars/ Indigo) Mica Levi ist nicht Pippi Langstrumpf, macht sich die Welt als selbst erfundene Fabelfigur zwischen Kimya Dawson, Peaches und dem Grinch aber trotzdem wie sie ihr gefällt! Eine Vergangenheit als Violinen-Wunderkind, eine Grime-, ElektroSozialisation, jede Menge Lo-Fi-SchrammelBeats und eine coole Fuck-You-Punk-Attitüde ist alles was sie braucht, um etwas zu erschaffen, das man so sicher noch nicht gehört hat. Das Zeug könnte Kult werden. Seltsam an „Jewellery“ ist, dass man sich trotz anfänglicher Ablehnung dem unter der spröden Oberfläche schlecht versteckten Charme kaum erwehren kann. Muss man selbst gehört haben, am besten live und in Begleitung der Shapes! Wirr, aber gut! 7

Text: Thomas Müller

OFFICIAL SECRETS ACT UNDERSTANDING ELECTRICITY

(One Little Indian/Rough Trade) Auch glühende Verehrer von Teenpic-Ikone John Hughes müssen zugeben, dass er 1984 bei der Wahl für die musikalischen Untermalung seines „Breakfast Club“ schwer ins Klo gegriffen hat. Ausgerechnet die unsäglichen Simple Minds liefern den Soundtrack zum Achtziger-Generations-Portrait. Voll doof für Hughes, dass Official Secrets Act erst knapp 25 Jahre nach seinem Film aktiv werden, auch wenn man das ihrer Musik nur stellenweise anmerkt. Was das britische Duo auf seinem Debüt an Synthie-Schmiere und Schluckauf-Beats auffährt, hätte so manchem Achtziger-Pop-Act zur Ehre gereicht. Trotzdem klingt „Understanding Electricity“ komplett modern und steckt voller heimlicher Hits, die als Soundtrack wahrscheinlich sogar Emilio Estevez den Anschein von Tiefgang verliehen hätten. Mama, ich wünsch‘ mir ein Keyboard. 8

Text: Timo Richard

ONE FINE DAY ONE FINE DAY

(Ferryhouse/Warner) Der Pop-Punk-Kosmos war One Fine Day bereits mit ihrem letzten Album „Damn Right“ ein bisschen eng geworden, mit der neuen Platte wollen die Hamburger aber offensichtlich endgültig jeglichen Schubladen Lebewohl sagen. „Eat Your Lies“ ist noch My Chemical Romance-Punk mit

Pathos, „Miracle“ simpler Sum41-Singalong. Bei „Emily“ aber holt man schon Streicher und Piano mit ins Boot, in „The Shadow“ darf geswingt werden, „Sunset Drive“ ist Alternative-Pop mit Ohrwurm-Garantie. Eingängige Melodien ziehen sich als roter Faden durchs ganze Album, ansonsten wird Abwechslung so groß wie nur möglich geschrieben. Manches wirkt allerdings überambitioniert, nicht jeden Stil beherrschen die Norddeutschen so gut, wie sie gerne würden. Zu gefallen weiß die neue Scheibe trotzdem - als ehemals puristische Pop-Punk-Band so ein variantenreiches Album zu veröffentlichen, ist schließlich auch alles andere als eine Selbstverständlichkeit. 7

Text: Tito Wiesner

ONE HUNDRED STEPS HUMAN CLOUDS

(Rastilho/Cargo) Von den Portugiesen One Hundred Steps gibt es auf ihrem Debütalbum sehr melodischen Metal mit sauberem Gesang und immer wieder ausladenden Instrumental-Parts. Dass „Human Clouds“ insgesamt aber nicht so richtig überzeugen will, liegt zum einen am arg pathetischen Grundtenor. Gegen Songs wie „The Bitter Truth“ mit Piano, Streichern und teilweise unsäglichen Gitarren-Soli klingen Kitsch-Metal-Bands wie Atreyu geradezu bodenständig. Andererseits schleichen sich immer wieder Nu-Metal-Anleihen in die Songs ein und die hat vor zehn Jahren schon niemand gebraucht. One Hundred Steps verspielen auf diese Weise auch gute Ansätze. Schade. 5

Text: Florian Zühlke

THE PAINS OF BEING PURE AT HEART THE PAINS OF BEING PURE AT HEART

(Fortuna Pop/Cargo) Welttournee, Interviews, Fernsehshows. So schnell kann‘s gehen, wenn man als Teil der zurzeit offene Türen einrennenden Indie-Szene Brooklyns ein paar halbwegs kickende Songs zusammengeschraubt hat. POBPAH sind allerdings recht untypisch für ihre Gegend: weder klingen sie besonders düster oder melancholisch, noch hören die Mitglieder am liebsten Weltmusik. Einen Bart trägt hier auch keiner. Vielmehr bedient sich das Quartett bei den Lemonheads, Ramones oder Teenage Fanclub und sieht sich lieber in der Tradition von Bands wie den Muffs oder den Pixies, als hippe Referenzen zu MGMT, TV On The Radio oder Yesayer herbei zu beten. Eine gute Alternative. 6

Text: Florian Hayler

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PAPA ROACH METAMORPHOSIS

(Interscope/Universal) Wer den Verlauf dieser Band von Anfang bis jetzt verfolgt hat und sich nicht durch den kurzzeitigen Erfolgs-Exkurs des 2000er Trendvehikels „Infest“ und all diesen unsäglichen, damals hippen „Last Resort“-Nu Metal-Insignien hat blenden lassen, dürfte mit dem fünften Album der Kalifornier keinerlei Schwierigkeiten haben. Im Gegenteil, man sollte sich immens darüber freuen, dass die guten, alten angepunkten Hard-Rock- und Metal-Wurzeln der Band eine noch weitere Glam-Infusion erfahren haben. Nicht umsonst war man schließlich mit auf Mötley Crües US-Festivaltour. Mit mehr als einer Handvoll von Hits sind Papa Roach 2009 endlich das stylish-stilsichere Power-Pop-Punk-Rock-Outfit, das sie immer schon sein wollten. Kajal, glitzernd souveränes Arena-Songwriting mit - Achtung - Balladen und gestachelten Stufenhaarfrisuren besiegt endlich modern-souverän blöde BaggiePants, Melodieunverständnis und spackigen Sprechgesang. Absolut keine (G)raupen mehr. 7

Text: Frank Thießies

PETER, BJORN & JOHN LIVING THING

(Wichita/Cooperative/ Universal) „Young Folks“ mag finanziell sehr einträglich gewesen sein, künstlerisch ist so ein Hit aber doch eine schlimme Sache. Denn wiederholen lässt er sich nicht, also mussten Peter, Björn & John umdisponieren. Auf dem letzten Album „Seaside Rock“ schien das nicht gerade geglückt zu sein, doch´“Living Thing“ beweist: Es steckt noch etwas in diesem schwedischen RhythmusThinktank. Während „Nothing To Worry About“ und „Just The Past“ mit den bewährten Infantil-Grooves reüssieren, schlägt „Stay This Way“ gemächlichere Töne an. Um mitten in der SampleÖdnis ein Synthie-Solo reinzuknallen - bravo! Die Gitarre hat in dieser Gemengelage wenig zu sagen, Nummern wie „Picasso“ kommen mit StakkatoBass und Sägezahn-Akkorden aus. „Please Take Me Up“, singt Peter Morén und imaginiert, wie trostlos es sein muss, im Museum zu hängen. 6

Text: Philipp Kohl

PJ HARVEY & JOHN PARISH A WOMAN A MAN WALKED BY

(Island/Universal) Trotzdem sie nach eigener Aussage äußerst darauf erpicht ist, sich um der inneren Lebendigkeit Willen nicht zu wiederholen, verfügt PJ Harvey natürlich


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über einen extrem markanten eigenen Stil. Und auch wenn sie sich hier gänzlich auf die Rolle der Texterin und Sängerin „beschränkt“ hat, ist doch offenbar, dass dieser Stil sehr gut mit den klanglichen Vorstellungen des John Parish harmoniert, weshalb sich die Wege der beiden im Laufe der Zeit wohl auch des Öfteren kreuzten. Am deutlichsten wird das in einem SongTrio gen Ende des Albums, wo das nahezu hysterische „Pig Will Not“ dem fragilen „The Soldier“ folgt und dem schwelgerischen „Passionless, Pointless“ vorangeht. Alles grundverschiedene Stücke, die dennoch zusammenpassen. John Peel sagte es eben doch am besten, als er die Musik PJ Harveys einmal als „bewundernswert, wenn auch nicht immer angenehm“ beschrieb. 7

Text: Torsten Hempelt

THE RAKES KLANG

(V2/Cooperative/Universal) Dass Berlin wie ein Magnet auf junge Musiker wirkt, weiß man nicht erst, seit Bloc Party dem Stadtteil Kreuzberg einen Song gewidmet haben. Auch The Rakes haben, ähnlich wie ihre Landeskollegen, die deutsche Hauptstadt als Inspirationsquelle entdeckt. Ihr neues Album spielten sie im legendären „Planet Roc“ Studio ein - dem ehemaligen DDR Rundfunkgebäude in Oberschöneweide. So viel sie sich auch von der neuen Umgebung versprachen und so sehr sie auch dem typischen Londoner Sound entkommen wollten - das einzige, was The Rakes scheinbar an Einflüssen aufgesogen haben ist ein Wort: „Klang“. Wer jetzt Berliner Avantgarde erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. „Klang“ ist ein durch und durch typisches, britisches IndieAlbum, das trotz der Auslagerungsversuche in der Exportwelle des Vereinten Königreiches untergeht. Quite nice but nothing groundbreaking. 5

Text: Marta Marsewski

THE REVEREND PEYTON’S BIG DAMN BAND THE WHOLE FAM DAMNILY

(SideOneDummy/Cargo) Reverend Peyton’s Big Damn Band ist so ungefähr das Abgefahrenste, was der Musikgeschichte in den letzten Jahren über den Weg gelaufen ist. Ein vollbärtiger Dorfpfarrer gründet mit Frau und Bruder eine Anarcho-Country-Band, betourt fluchend die USA und singt im herbsten Hillbilly-Akzent mit Whiskystimme über krächzende AkustikGitarren und zerkratzte Waschbretter, dass einem die Spucke wegbleibt. Der Reverend besitzt nämlich nicht nur einen ordentlichen Wohlstandsranzen, sondern ebenfalls ein extrem gutes Gespür für geniales Songwriting. Die Big Damn Band beweist verdammt gut, dass der als uncool verschriene Country wesentlich mehr Punkrock im Blut hat als die meisten jungen Vertreter desselben. Dafür muss dieser verrückte Hinterwäldler noch nicht einmal einen Verstärker an die Gitarre hängen. Anhänger von Chuck Ragan und Against Me! finden in dieser Kapelle eine neue Lieblingsband. Herausragend und extrem spannend! 8

Text: Sebastian Ruchay

SAMY DELUXE DIS WO ICH HERKOMME

(Deluxe/EMI) Obwohl seine letzte SoloCD fünf Jahre alt ist, war es nie ruhig um Hamburgs Finest MC Samy Deluxe. Hier ein paar Mixtapes, da die Rückkehr mit Dynamite Deluxe - und 2007 gab es mit dem Rückblick auf seine besten Gastauftritte mit „Lebende Legende“ den Ritterschlag. Nun will er laut „Intro“ mit der Evolution des Wortwitzes nachlegen. Was mit dem großartigen Titeltrack auch gleich gelingt. Die Reggae-Single „Bis Die Sonne Rauskommt“ ist dagegen eher etwas einschläfernd, irgendwie zünden eben nicht immer alle Ideen.

Dafür macht zum Beispiel „Erster“ ordentlich Druck, „Übers Geld“ hält Karrieretipps bereit und ansonsten gibt es auf der zweiten CD-Hälfte mehr als genug gute „Musik Um Durch Den Tag Zu Kommen“. Dis wo ich hinhöre! 7

Text: Holger „HolK“ Muster

SCRAPS OF TAPE GRAND LETDOWN

(A Tendervision/Alive) Jede Gattung, die gut ankommt, entwickelt ihre Formeln - da ist der Post-Rock eher Beispiel als Ausnahme. Scraps Of Tape spielen eine allzu phrasenhafte Variante davon, auf ihrem Debüt „This Is A Copy Is This A Copy“ hatte das wenigstens noch etwas kühlen Charme. Auf „Bring The Heavy“ schleichen sich Melodic-Metal-Phrasen ein, die da nicht so ganz hingehören. Und wenn Micke und Marcus mit ihrem stimmlichen Schwulst die Instrumental-Mauer durchbrechen, macht das keinen sonderlich glücklichen Eindruck. Am ehesten überzeugt da noch die langsame Nummer „Filler“, aber ein uninspiriertes Piano-Solo dudelt die ganze Klarheit wieder kaputt. 4

Text: Philipp Kohl

SELIG UND ENDLICH UNENDLICH

(Universal) Selig sind diejenigen, die an ihrem Glauben festhielten, denn ein Wunder ist geschehen: Die tot geglaubte deutsche Vorzeige-“Grunge“-Band meldet sich zurück. Zehn Jahre musikalische Irrungen und Wirrungen haben Spuren hinterlassen und so haben sie wieder gemeinsam den rechten Weg gefunden. Am Ziel angekommen, setzen sich Selig mit ihrem neuen Album ein Denkmal, das wohl bis in die Unendlichkeit währen wird. Wie jeder Glaubensführer polarisiert auch Sänger Jan Plewka. Seine Jünger warfen ihm einst vor, er habe sie im Stich gelassen, jetzt haucht er der kränkelnden Musikindustrie wieder Hoffnung ein und weckt wärmende, nostalgische Gefühle bei seiner Gefolgschaft, die jedem seiner Worte gebannt lauschen und sie laut nachsingen wird. Es wird ihnen besonders leicht fallen, denn seine Wortwahl und Tonart haben sich trotz der langen Abstinenz kaum verändert. 7

Text: Marta Marszewsi

SOUTHERLY STORYTELLER & THE GOSSIP COLUMNIST

(Arctic Rodeo/Alive) Krist Krueger plaudert für sein Leben gerne. „Storyteller And The Gossip Columnist“ nennt der DIY-Multiinstrumentalist sein kleines Songwriter-Kunstwerk als Southerly, das in den Staaten schon vor zwei Jahren eine geschmackssichere Fanschar verzückte. Und weil diese Musik in Selbstklausur nur halb so schön gewesen wäre, hatte sich Krueger im heimischen Portland eine ganze Bande Mitmusiker an Bord geholt. Die statten die hier so putzmunteren und dort so fragilen Liedchen mit allem aus, was die Genres Indie-Rock und Folk so hergeben: Banjos, Keyboards, Akkordeons, Celli, Violinen, Klarinetten und Xylophone. Krueger selbst verbeugt sich vorm verschiedenen Elliott Smith und den quirligen Decemberists und schreibt allein mit seiner Akustischen oder dem Piano schüchtern-schöne Pop-Songs. Da braucht es keinen Gossip, um Southerly auch im Kollektiv gut finden zu dürfen. 7

Text: Fabian Soethof

SWITCHTENSE CONFRONTATION OF SOUL

(Rastilho/Cargo) Dass die Metal- und Hardcore-Szene in Portugal ziemlich lebendig sein muss, zeigen Switchtense. Auch wenn Gewalt-Artwork, Intro und gelegentliche Gitarrensoli eher an zweitklassigen Death-Metal der Neunziger erinnern: In Sachen Mosh- und Blastparts stehen Switchtense modernen Ami-Metalcore-Bands wie Devil Driver oder Lamb Of God,

mit denen sie sich auch gerne selbst vergleichen, in nichts nach. Das Riffing auf „Confrontation Of Soul“ ist präzise und schnell, die Drums sind treibend und druckvoll. Auch der kehlige Gesang gefällt. Natürlich sind Songs wie „Infected Blood“ oder „The Last Man Standing“ so stumpf wie das Hackebeil von dem Metzger im Booklet, aber hey - das sind die populäreren Bands in diesem Genre auch! 6

Text: Florian Zühlke

THERAPY? CROOKED TIMBER

(DR2/Groove Attack) Zählen wir lieber nochmal nach: „Crooked Timber“ dürfte mittlerweile das zwölfte reguläre Album von Therapy? sein. Und soviel steht fest: Fetischisten des gepflegt anschiebenden Basssounds werden hier ihr wahres Wunder erleben. Es scheint purer Wahnsinn, mit welcher Prägnanz und diktatorischen Gewalt sich Michael McKeegans’ Bass, gestützt von Neil Coopers Schlagzeugkunst, durch die zehn Songs wuchtet. Dass dabei Andy Cairns’ Gesang und Gitarrenspiel ziemlich stark in den Hintergrund geraten, hat weniger mit Respekt vor dem Viersaiter zu tun, als dem Vorhaben nachzukommen, Rhythmik in den Fokus der Platte zu rücken. Für Therapy?-Erfahrene wird „Crooked Timber“ daher zu den interessanteren Alben der Nordiren seit längerem gehören. 6

Text: Christopher Mühlig

THE THERMALS NOW WE CAN SEE

(Kill Rock Stars/Cargo) Nach drei Sekunden: Ganz klar, die Thermals. Nach knapp 35 Minuten: Ganz gut, die Thermals. Wie immer. Schöner wär’s gewesen, wenn endlich mal Bassistin und Bedarfsdrummerin Kathy Forster mehr Zeit am Mikro eingeräumt worden wäre. Also, noch mehr - ein wenig singt sie ja inzwischen mit. Aber wer einmal die grandiose Thermals-Version des Eliott Smith-Songs „Ballad Of Big Nothing“ (zu finden auf der „To: Elliott From: Portland“-Compilation) gehört hat, fragt sich unweigerlich, warum sich die Portländer so dermaßen selbst durch die zwar ganz coole, aber insgesamt wenig variable Stimme von Hutch Harris beschränken. Zwar scheppert’s hier ein bisserl weniger als gewohnt, aber sonst ist alles beim liebenswerten Alten. 7

Text: Torsten Hempelt

TO ARMS ETC. CORNER GAMES

(Bronzerat/Soulfood) Also, pass mal auf, Charles Campbell-Jones, Multiinstrumentalist aus Australien. Du und deine neue Combo To Arms Etc. habt jetzt hier, beim Dieter, performed und ich muss sagen: Okay, hat was. War zwar noch nicht so supermegageil wie‘s hätte sein können, aber gegen die anderen singenden Brustvergrößerungen, die hier sonst so vorbeimarschieren, war das schon dufte. Wie heißt das, was ihr macht? Indie-Pop-Rock mit Sixties- und Seventies-Einflüssen? Gefällt mir. Die (unbeabsichtigte?) Brian Wilson-Hommage „All Showed Up“ is’ zum Beispiel supergut. Ihr könnt mal richtig volle Granate abrocken („Kids In The Sticks“), ihr könnt auch mal voll Gefühle zeigen („M.B.F.F.“). Gibt‘s Pulp eigentlich noch? Hat mich total daran erinnert. Theatralik, Klavier und Chöre, verspielte Strukturen, all das Zeug. Eure Songs sind zwar noch nicht alle top. Aber trotzdem, weiter so, dann ist auch euer Dieter voll mega begeistert. 6

Text: Gordon Gernand

VANNA A NEW HOPE

(Epitaph/SPV) Was sich heute nicht alles Post-Hardcore nennt! Laut Bandinfo springen auch Vanna aus New England auf diesen Zug auf, bei dem in letzter Zeit ja so einige populäre Bands zugestiegen sind. Nach hohen Erwar-

tungen ist die Enttäuschung dann aber groß, denn mehr als ein durchschnittliches Metalalbum im Stil von As I Lay Dying ist „A New Hope“ leider nicht. Keine Spur von originellen Post-HardcoreExperimenten. Die 12 Songs sind zwar solide gespielt - einer singt, einer schreit - und es gibt dazu eine knackige Produktion. Insgesamt hat man das alles aber längst so und besser gehört. „A New Hope“ ist damit so aufregend wie Schwarz-Weiß-Fernsehen ohne Ton. Da braucht es dann auch wirklich das hippe Prädikat, um das ganze etwas aufzupeppen - ’tschuldigung - pimpen. 4

Text: Florian Zühlke

THE VIEW WHICH BITCH?

(1965/Four/SonyBMG) Böse, böse. An The View werden zurzeit konsequent die Wirkmechanismen des britischen Musikzirkus durchexerziert. Während das Debüt der Band von der Musik(Klatsch)Presse wie die Ankunft des Messias gefeiert wurde, zeigt die schreibende Zunft zwei Jahre später derselben Band bereits die kalte Schulter. Stinkig könnten The View also sein, aber nichts dergleichen. Das böse B-Wort im Titel des neuen Albums ist das gemeinste, was die Band zustande bringt. Ansonsten bleibt man beim schunkeligen Schnuckel-Pop mit Ironie und baumdickem Insel-Band-Referenzrahmen. Den Rest beantwortet der NME. 6

Text: Timo Richard

THE VIRGINS THE VIRGINS

(Warner) Hippen Rock nach StrokesManier können wir alle nicht mehr hören. Tanzbaren Disco-Funk erst recht nicht. Wie kommt es dann, dass ausgerechnet die Kombination aus diesen beiden Stilen so gut funktioniert, dass das Debütalbum der Virgins schon sehr bald weltweit die Charts stürmen und aus sämtlichen hippen Clubs erklingen wird? Die Antwort darauf wissen die New Yorker wohl selbst nicht so genau. Wahrscheinlich ist es ihnen aber auch herzlich egal, sie wollen nämlich einfach Spaß haben, die Tanzflächen rocken, die Leute zu ihren ekstatischen Feelgood-Hymnen all ihre Sorgen vergessen lassen. Sonderlich viel Tiefgang braucht es da gar nicht, „Private Affair“ oder „One Week Of Danger“ funktionieren auch so als Stimmungsaufheller irgendwo zwischen Elvis Costello, Julian Casablancas, Rolling Stones und Saturday Night Fever. Und den blöden Bandnamen hat man ohnehin schon nach den ersten überzeugenden Takten vergessen. 7

Text: Tito Wiesner

YEAH YEAH YEAHS IT’S BLITZ

(Universal) Unter einer feierlichen Veröffentlichung ihres neuen Albums hätten sich die Yeah Yeah Yeahs mit Sicherheit was anderes vorgestellt. Wochen vor dem geplanten Erscheinen schlug „It’s Blitz“ wie aus heiterem Himmel auf illegalen Share-Plattformen ein und sorgte für digitalen Donner. Die einzig richtige Konsequenz: Den Veröffentlichungstermin vorziehen - so kann man sich den dritten Longplayer des New Yorker Trios inzwischen auch legitim und entgeltlich kaufen. „It’s Blitz“ ist eine gelungene Mischung aus Glam-Rock und sphärischer Elektronik. Die den JaSagern einst so eigene Punk-Attitüde ist dabei zu Gunsten des Mainstream-tauglicheren Sounds etwas auf der Strecke geblieben. Wer das Debütalbum „Fever To Tell“ gerade wegen ebendieser Attitüde liebt, wird von „It’s Blitz“ enttäuscht werden. Fans, die auf das etwas glatt gebügelte „Show Your Bones“ stehen, bekommen genau das, was sie wollen: Eine Platte, die nicht mehr vor den Kopf stößt. 7

Text: Marta Marszewski


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DEMODESASTER

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DEMODESASTER Wer sucht, der findet

Pro Reli hin oder her: Dass an Ostern der Tag des Hasen gefeiert wird, weiß man auch so. Und weil der in diesem Jahr nur Ordentliches auf die Löffel bekommen soll, haben wir an seiner Stelle unsere Ohren riskiert und vor dem Fest der Liebe schon mal eine Handvoll Ostereier für den Nachwuchs versteckt. Im gefühlten Kapitalismus bedeutet das natürlich: Je mehr, desto besser. CADDIESHACK MEDICATION IN STEREO

Wer sich nach einem Achtmit zigerjahre-Streifen dem US-Spaßbeauftragen Chevy Chase benennt, hat eigentlich die Lacher auf seiner Seite. So lustig wie man meinen könnte, sind die Flensburger von Caddieshack dann aber doch nicht, da helfen selbst die Blink 182-Anleihen nicht. Die Jungs nehmen ihre Sache ernst, und so balanciert ihr drittes Album „Medication In Stereo“ gekonnt den Grat zwischen Emo, PopPunk und Metal. Keine Lachtherapie, aber ein bittersüßes Bonbon für zwischendurch. 8 Ostereier Heimat: caddieshack.de

LAKE CISCO MISSIONS, VISIONS AND VALUES

500 Euro-Frage: Wo befindet sich der Lake Cisco? Richtig, im Raum Bonn. Ehemals als Runaways Fly unterwegs, hat sich das Quartett Anfang des Jahres zwecks musikalischer Neuorientierung zum Namenswechsel entschieden. Weniger verkopft klingt das, was Lake Cisco im Elternhaus von Schlagzeuger Nils da ausgeheckt haben, denn „Mission, Visions And Values“ ist eine prima Alternative für alle, denen Alternative immer ein bisschen zu viel Rock war. Mission erfüllt. 7 Ostereier Heimat: lakecisco.com Live: 4.4. Flensburg - Kühlhaus (Releaseparty) *** 17.4. Hamburg - Ballroom *** 27.6. Bielefeld - Falkendom *** 7.8. Sønderborg - Rock ved Mølledammen

PETRA KEINE LIEBE

Frauenquote, wo bist du? Auf jeden Fall nicht auf dieser CD, soviel steht fest. Genetisch gesehen ist Petra aus Dresden nämlich eine echte Mogelpackung. Das bedeutet nicht, dass sich die vier Herren auf ihrem Album „Keine Liebe“ nicht den Petras dieser Welt widmen, das tun sie ausführlich - auch wenn die so lustige Namen haben wie „Anna Bolika“. Die selbsternannte Mischung aus Roger Cicero und Rage Against The Machine klingt nicht so abenteuerlich wie versprochen, aber was soll man auch erwarten, wenn Petra auf einmal XY-Chromosome hat?! 5 Ostereier Heimat: myspace.com/petrakommt

FLARES LEVITATION

In der Parapsychologie ist eine „Levitation“ eine Form der Psychokinese, das heißt, die Fähigkeit eines Menschen, ohne Hilfsmittel zu schweben. Ganz so unerklärlich geht es auf der gleichnamigen

EP von Flares aus Püttlingen natürlich nicht zu. Stattdessen gibt es auf die Ohren, was das Herz aller Isis-Fans begehrt: Komplexe Klangschichten, düster, episch und sauber vernäht. Der perfekte Soundtrack fürs mittellustige Kopfkino. 7 Ostereier Heimat: myspace.com/flaresband

TENSE POLYMERE

Sollte der Strom in Schardenberg mal wieder ausfallen, Tense, wohnhaft in eben jener oberösterreichischen Gemeinde, könnten gerade ihre Verstärker haben. angeschlossen Dem Klang entsprechend dürfte ihr Proberaum zumindest ein kleines Arsenal an Elektro-Spielzeug beinhalten, mit dem das Quartett nicht nur druckvollen Krach, sondern auch dichte Melodien produziert. Dredg machen das, ebenso wie The Mars Volta und mit ihrem Debüt „Polymere“ dürfen sich auch Tense im Alternative-PopProg-Rocker-Zirkel willkommen fühlen. 6 Ostereier Heimat: myspace.com/tense12

14TÄGIG ANDERS VOM KOPF ZUR HAND

14tägig Anders stellen sich „der Schweißigkeit der deutschen Sprache“ - freiwillig! Und mit Bravour. Ist ja auch keine einfache Sache, schließlich wussten schon Tocotronic: „Über Sex kann man nur auf englisch singen.“ Dem Drumherum widmen sich die Magdeburger auf „Vom Kopf Zur Hand“ und Klampfen im Schatten der Hamburger Schule bedächtig vor sich in. Unverblümt, nicht immer schön und ein bisschen holperig - wie die deutsche Sprache eben. 6 Ostereier Heimat: 14taegiganders.de Live: 11.4. Magdeburg - Altes Theater *** 17.4. Haldensleben - Club *** 4.9. Helmstedt – Altstadtfest

NEON BLOCKS NEON BLOCKS

New-Wave auf Sächsisch wäre doch echt mal ’ne dufte Sache, na nu?! Vielleicht heben sich die Neon Blocks aus dem semi-beChemnitz schaulichen (sprich: Schemnitz) dieses kleine sympathische Gimmick ja für ihre nächste Platte auf. Obwohl, wenn man mal ganz genau hinhört... Angelsachsen eben. Allerdings sind die vier jungen Herren auf ihrer Platte mit Worten eher sparsam unterwegs. Stattdessen melken sie den Synthie, bis er nicht mehr tropft. Und ob man’s glaubt oder nicht, so was kann sich tatsächlich gut anhören. Ein Überraschungsosterei mit neun neongelben Küken auf Bio-LSD. 8 Ostereier Live: 17.4. Leipzig - Sweat Club *** 18.6. Leipzig - Campusfest Heimat: myspace.com/neonblocks

OCTO WALLACE FAST WOMEN SLOW HORSES

Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen. Auf „Fast Women Slow Horses“ werden Erbsen gezählt, denn selbst bezeichnen Octo Wallace ihren Sound als einen „Eintopf verschiedenster musikalischer Hülsenfrüchte“. Was die Kölner mit dieser Gastro-Metapher genau gemeint haben, wird auch beim Hören der Platte nicht ganz klar. Aber um den Spaß nicht zu verderben, wollen wir ein wenig mit metaphorieren: Prog-Pop püriert und den Mund voll Erbsensuppe, was auch erklären würde, wieso erst ab Song Sechs mal etwas ausdauernder gesungen wird: Aufgelöffelt und Ostern scheint die Sonne. 5 Ostereier Live: 9.5. Köln - Blue Shell Heimat: myspace.com/octowallace

KIRKWOOD GAPS MIND THE GAPS

(Ramones), Klebstoff Herion (Lou Reed) und jetzt also: „Aspirin“ (Kirkwood Gaps). Wir sagen weiterhin nein zu Drogen und ja zu guten Songs! Neben Acetylsalicylsäure widmen sich die drei Studenten auf ihrem Debütalbum „Mind The Gaps“ dem ganz normalen Wahnsinn, den man so als mitteleuropäischer Twen erlebt. Ähnlich globalisiert klingt das dann auch, obwohl die Indie-Rocker dem „Rheinkultur Festival“ noch näher sind als dem New Yorker CMJ. 7 Ostereier Heimat: myspace.com/kirkwoodgaps Live: 3.4. Brühl - Juze *** 24.4. Bonn - Kult 41

DIE REGELN Schickt euer Demo (CD, Tape, Vinyl) inklusive nachfolgender Infos an: unclesally*s, Demodesaster, Waldemarstr. 37, 10999 Berlin. Wir brauchen: Bandinfo, Bandfoto, bevorstehende Live-Auftritte, Homepage und eure Postadresse (zwecks Belegexemplar). Danke sehr.

T-MOBILE LOCAL SUPPORT BAND CONTEST Nachwuchs, lass’ dich fördern!

Ihr seid eine junge, dynamische Nachwuchskapelle? Keines eurer Mitglieder ist älter als 21? Dann heißt es: Her mit eurer Bewerbung. t-mobile-localsupport.de Unter könnt ihr jetzt euren besten Song oder euer Video hochladen. Die Fans picken dann ihre 15 Lieblingsbands heraus und legen sie einer Expertenjury vor. Diese setzt sich unter anderem aus Jennifer Weist (Jennifer Rostock), Max Herre und Markus Kavka zusammen. Gemeinsam ermittelt das Gremium daraufhin bis zum 23. Juni die fünf Gewinner, auf die Geld- und hochwertige Sachpreise im Gesamtwert von 20.000 Euro aufgeteilt werden. Der Erstplatzierte bekommt außerdem die Chance, sich am 29. August live bei der Riders Night der T-Mobile Extreme Playgrounds in Hamburg auf der Bühne zu präsentieren. Alle weiteren Infos gibt es unter t-mobile-localsupport.de.


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MUSIK STORIES MUSIK STORIES

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MUFF POTTER Krise? Zeitgeist!

Greifen sie zu: Muff Potter aus Münster.

Punk? Pop? Mittelfinger? Durch ihre siebte Platte ‘Gute Aussicht‘ rumpeln Muff Potter so disharmonisch wie noch nie, so angepisst klangen sie zuletzt auf ‘Bordsteinkantengeschichten‘. Mit dem Wechsel vom Major- zum bandeigenen Label ‘Huck’s Plattenkiste‘ habe das nichts zu tun, erklärt Sänger Nagel. Mit einer Krise schon. Eigentlich wollten Muff Potter eine Pause machen. Ende 2007, nach der Tour zu ‘Steady Fremdkörper‘, ihrem zweiten Album für ‘Universal‘ und dem sechsten seit der Bandgründung 1993 in Münster. Diese Pause währte aber nur kurz: Sänger Nagel zog mit seinem Debütroman ‘Wo Die Wilden Maden Graben‘ auf Lesetour, Gitarrist Dennis produzierte und veröffentlichte die Alben von Ghost Of Tom Joad und Myagi, Bassist Shredder widmete sich seinem Job als Schreiner, Drummer Bra-

mi machte sich selbständig. Bis plötzlich ihr 15jähriges Bandjubiläum vor der Türe stand - und kurz darauf, im vergangenen Herbst, Nagel selbst - mit haufenweise neuen Ideen. Muff Potter bezogen ein Haus im Emsland, schrieben neun Songs in fünf Tagen, spielten ihrer Plattenfirma erste Hörproben vor. „Da war deren Entscheidung, unser neues Album nicht mehr veröffentlichen zu wollen, wohl längst gefallen“, vermutet die Band. ‘Gute Aussicht‘ aber musste raus, Melodien und

Texte brannten Nagel unter den Fingern. Er war die Hauptantriebskraft, die drei anderen zogen mit - trotz der Arbeit, die mit der Reaktivierung von ‘Huck’s Plattenkiste‘ einhergehen würde: Alte Strukturen mussten neu belebt, Partner überzeugt, ein neuer Vertrieb gefunden werden. Alles aus eigener Vorkasse. Jetzt heißt es wieder mehr denn je: Touren - die heutzutage einzig nennenswerte Einnahmequelle für Bands jedweder Größenordnung.


Berlin-Neukölln: Nagels Küchentisch zieren Platzdeckchen mit dem Boxermotiv seiner Band. Ein Relikt aus alten Tagen, ein Symbol ihres Durchhaltevermögens. Nagel quetscht eine Zitrone aus. Er ist froh, dass die Wahl der Plattenfirma noch nie Einfluss auf die Musik von Muff Potter gehabt hatte. „Wir haben immer die Platten gemacht, die wir gerade machen wollten. Manchmal haben wir es zu 80% geschafft, manchmal zu 100%. Bei ‘Von Wegen‘ waren es 100%, bei ‘Gute Aussicht‘ auch. Bei den anderen wäre noch ein bisschen Luft nach oben gewesen.“ ‘Gute Aussicht‘, ein Mittelfinger gegen Radiotauglichkeit und Melodieversoffenheit, entstand über einen kurzen und intensiven Zeitraum, und „deshalb haben die Songs so eine Wucht, eine Lebendigkeit. Es war klar, dass wir die Stücke live einspielen mussten“. So eine LivePlatte schlägt fast teurer zu Buche als reguläre Studioaufenthalte, schließlich brauchten Muff Potter plötzlich „24 statt zwei ordentliche Mikrofone“, und neben Produzent Niko Potthoff wollten auch der neue Engineer Torsten Otto und das edel ausgestattete Hamburger Cloudshill Studio irgendwie bezahlt werden. Eine wie auch immer geartete Krise aber beeinflusste nicht allein die wirtschaftlichen Nebenschauplätze der Band, sondern auch die Musik. Letztere entstand bei Muff Potter nie im luftleeren Raum, sondern reagierte auf ihre jeweilige Umgebung. Nagel und Dennis wohnen seit zwei Jahren in Berlin, der Stadt also, die sich selbst als „arm aber sexy“ empfindet. Das eingefangene Gefühl aber ist umgreifender. Eine Rhetorik der Angst macht sich in den Köpfen breit, Antworten auf einfache Fragen lauten heute „Danke, gut – aber...“. Niemand weiß, wie lange noch. ‘Gute Aussicht‘ verzichtet auf Liebeslieder und bedient sich dieses Zeitgeistes, bei dem es keine klaren Aussagen gibt. „Der schönste Platz ist immer an der Hypotheke“ kläfft Nagel in der ersten Single ‘Blitzkredit Bop‘ und geht noch weiter: „Ich möchte 2009 die Platte hören, die den Nerv der Zeit mehr trifft als ‘Gute Aussicht‘.“ Und noch etwas ist anders. Nun, da Unternehmen und Einzelkarrieren der Reihe nach zusammenbrechen, hält sich die früher omnipräsente Schadenfreude über Einzelschicksale in Grenzen. Man könnte ja der Nächste sein. Diese Unsicherheit, dieses daraus entstehende Gefühl ist allgegenwärtig, diese Widersprüchlichkeit bestimmt auch ‘Gute Aussicht‘, sagt Nagel, aus dessen Feder diesmal alle zwölf Songs stammen: „Wahrscheinlich ist es LEIDER eine zeitlose Platte, weil nächstes Jahr nicht wieder alles obenauf sein wird.“

Aus jeder Krise resultiert naturgemäß eine Chance. So wie sich Muff Potter mit ihrem neuen Album auf das Wesentliche zurückbesinnen (Spielfreude, Punkrock, ihre Umgebung), so trennt sich in der Musikbranche die Spreu vom Weizen. Muff Potter schielten noch nie auf schnelle Hits, „wir sind ja froh, überhaupt Geld damit zu verdienen“. Seit 15 Jahren liefern sie Qualität ab, das goutieren auch die Fans. „Die Chance gerade ist, dass Inhalte wieder stärker wahrgenommen werden“, hofft Nagel. „Wir sind von so einer Krise weniger stark betroffen als ein ‘Vanity Fair‘-Magazin, wo man einfach sagen kann: Das war scheiße, das hat nicht funktioniert, weg vom Fenster, der Nächste bitte.“ Ihre im Punk verwurzelte Einstellung ist Muff Potter in all den Jahren trotz Majorlabel-Ausflügen nicht verloren gegangen. Im Gegenteil, sie spendet ihnen die nötige Puste. Der Niedergang vermeintlich sicherer Karrieren bestätigt sie in ihrem Weg: „Eigentlich finde ich es ja immer gut, wenn Sachen kaputt gehen“, gesteht Nagel. „Ich habe nichts gelernt, Karrierismus war Muff Potter schon immer fremd. Wenn nun ein Schema F nicht mehr funktioniert, gleicht das einer Befreiung: Ich muss über dieses Schema also nicht mehr nachdenken und kann einfach machen.“ Zum Beispiel eine Platte schreiben, die wütend klingt, weil die Welt wütend ist. Nagel und Muff Potter selbst könnte es ja schlechter gehen: „Ich bin mit mir im Reinen, mache gute Sachen und kann davon leben. Im Umfeld meiner Mutter werden alle arbeitslos, niemand hält einen Job sein Leben lang. So kapiert sie endlich auch, dass ich mein Talent nicht vergeude.“ Text: Fabian Soethof Heimat: muffpotter.net Muff Potter v. links: Shredder, Nagel, Dennis, Brami

MUFF POTTER AUF TOUR 16.4. Berlin – Ramones Museum/Record Release Party + Akustik-Gig (Nagel & Dennis) *** 17.4. Hamburg – Michelle Records/ Akustik-Gig (Nagel & Dennis) *** 21.4. Köln – Werkstatt *** 22.4. Erlangen – E-Werk *** 23.4. Karslruhe – Substage *** 24.4. München – Feierwerk Festival ***25.4. Berlin – Postbahnhof *** 6.5. Hamburg – Uebel & Gefaehrlich ***7.5. Hannover – Musikzentrum *** 8.5. Chemnitz – Talschock *** 9.5. Bielefeld - Kamp


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MUSIK STORIES

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WIR SIND DIE SZENE!

Zeitstrafe & Audiolith Dass Bands eigene Plattenfirmen gründen, ist nicht neu. Ob Muff Potter (‘Huck‘s Plattenkiste‘), Tomte & Kettcar (’Grand Hotel van Cleef’) oder die Big Shots von den Toten Hosen (‘JKP’), Die Ärzte (‘Hot Action‘) oder einst die Fantastischen Vier (‘Four‘) – all diese Bands machen von der Produktion über Promotion und Marketing bis zum Tourbooking (fast) alles selbst. Neu dagegen ist, dass sich Bands gleicher oder ähnlicher Genres kollektiv unter dem Dach einer Plattenfirma organisieren, die sämtliche Bereiche mit Fans und Freunden besetzt hat. Beispiele für solche Szene-Labels sind das in Kiel ansässige ‘Zeitstrafe‘ oder ‘Audiolith‘ aus Hamburg. Letztere vereinen unter ihrem Trademark die Speerspitze der Elektro-Szene, darunter Frittenbude, Egotronic, Click Click Decker, Juri Gagarin oder Der Tante Renate. ‘Zeitstrafe‘ stellen dagegen einige der derzeit aufregendsten Punk-Bands, darunter Antitainment, Tackleberry, Matula, Trip Fontaine oder Escapado. Außerdem lizensierte ‘Zeitstrafe‘ bisher unveröffentlichte Platten von befreundeten Bands aus Übersee, wie das aktuelle Album von Attack In Black. Um ihre Schlagkraft zu verstärken, kann es immer wieder zu Vernetzungen der Labels kommen. So geschehen bei der Split-10“ von Escapado, Bratze und Peters. Heimat: zeitstrafe.de, audiolith.net

TRASHMONKEYS Schwerter zu Tonstudios!

Dass ausgerechnet der olle Karl Marx eines Tages unter die Krisengewinnler gehen würde, hätte er sich beim morgendlichen Bartbürsten wohl auch nicht träumen lassen.

DIE AKTIE ANGELIKA An Labelangeboten habe es nicht gemangelt, sagt Angelika Express-Chef Robert Drakogiannakis, „Alltag für Alle“ (2004) verkaufte rund 10.000 Einheiten, das Debüt „Angelika Express“ (2002) die Hälfte. Weil Drakogiannakis aber lieber alles selbst machen wollte, erfand er die „Angelika-Aktie“ und mopste die Idee bei den Einstürzenden Neubauten oder der britischen Band Morton Valence: 500 Fans kauften für jeweils 50 Euro einen Anteil am neuen Album „Goldener Trash“, dessen Produktion und Promotion aus diesen Einnahmen erst finanziert wurde. 25.000 Euro Fixkosten sollen nach rund 3.000 verkauften Platten und 1.000 Downloads gedeckt sein, danach verdienen die Aktionäre mit: 80% für sie, 20% für den Künstler. Verhältnisse wie beim Majorlabel, weiß Drakogiannakis. Aber die Fans reden ihm nicht rein – die Songs hatte er im eigenen Studio längst aufgenommen, „gratis“. Heimat: angelika-express.de

Die Krise allerdings hat ihre eigenen Gesetze und so ist der Verkaufsschlager der letzten Monate ausgerechnet Charlies Premium-Werk „Das Kapital“. Schlagen wir den Wälzer doch mal auf: da spricht Marx gerne über „die Herrschaft über die Produktionsmittel“. Selbige ist für Bands wie die Trashmonkeys, die Berliner Punkrocker 5Bugs oder Klez.e dann auch die Lebensversicherung auf stürmischer See. Eine krisenfeste Band sind die Trashmonkeys seit jeher. Immerhin hat man es im Laufe der gut elfjährigen Bandkarriere geschafft, gleich zwei Labels in die Pleite zu begleiten und ein Album zu veröffentlichen, das in Deutschland nie erschienen ist. Übrigens alles bei niedlichen, kuscheligen Indies, soviel also zum Gutmenschen-Vorurteil gegenüber „den Kleinen“. Trashmonkeys-Schlagzeuger Gunnar gerät über so viel jugendlichen Leichtsinn jetzt noch ins Staunen: „Wir waren auch auf den Indies sehr unfrei und haben in Knebelverträgen gesteckt. Wir waren eben jung und blöd und haben uns mit echten Profis eingelassen.“ Im Gegensatz zu ihren Plattenfirmen sind die Trashmonkeys allerdings immer noch da und setzen nach allen schlechten Erfahrungen auf neue Strukturen. Noch während der Aufnahmen zum neuen Album ‘Smile‘ stieß „Bis-Dato-Produzent“ Dennis Rux offiziell als zweiter Gitarrist zur Band und öffnete das Bandu-

niversum der Trashmonkeys in Marx‘sche Dimensionen. Denn mit Rux gewann die Band neben neuen Soundaspekten auch ein Studio dazu, all hail the Produktionsmittel also. Ähnlich verfahren auch die Berliner 5Bugs, die sämtliche Platten im hauseigenen Tonstudio einspielen. Klez.e-Mastermind Tobias Siebert wurde als Produzent des letzten Phillip Boa-Albums gar zuerst als Mann am Mischpult und erst im zweiten Schritt als Musiker bekannt. Rund um das BerlinKreuzberger Tonstudio ‘Radio Buellebrueck‘ ist so eine Szene mit eigenen Gesetzen und eigenem Erfolg entstanden. Bei allem Gold, was da so glänzt: Ums Musik machen geht es dabei doch immer weniger. Zumindest sind Marketing, Promotion oder Buchhaltung nicht unbedingt als klassische Berufsfelder des gemeinen Künstlers zu verstehen. Ein Label und ein Vertrieb können auch was Schönes sein, finden etwa die Trashmonkeys. Ganz ohne Old EconomyAnsatz geht es nach Gunnars Meinung heute nicht: „Ich möchte zumindest jetzt gerade nicht als Band anfangen müssen. Diese Mär von Kapellen, die es über das Internet geschafft haben, ist ja auch nur begrenzt wahr. Wenn man sich ansieht, wie viele Bands im Netz rumgeistern und wie viele es dann am Ende wirklich schaffen, ist das ein Witz. Da kann man genauso gut Lotto spielen.“ Deshalb haben sich die Trashmonkeys wieder ein Label gesucht. „Torsten von ‘XNO Records‘ kennen wir allerdings seit elf Jahren, das läuft also alles sehr freundschaftlich ab“, erklärt Gunnar den Entschluss. Gute Freunde kann eben auch die Krise nicht trennen. Text: Timo Richard, Heimat: trashmonkeys.net



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MUSIK STORIES

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WORKSHOP AM RHEIN

VW Soundfoundation

Zum zweiten Mal veranstaltete die Volkswagen Soundfoundation ihren Workshop, bei dem Nachwuchsbands nützliche Tipps und Anregungen von Dozenten aus der Praxis erhalten – Mitarbeitern von Plattenfirmen, Managern, Anwälten, Tontechnikern. Jetzt brauchen sie eigentlich nur noch eins: eine Menge Glück.

Nach einem erheiternden Vortrag von Nena- und Herbert Grönemeyer-Soundbastler Wayne Gittens über den technischen Segen des „In Ear Monitoring“ ging es für die Bands endlich live auf die Bühne.

Organisatoren, Bands, Dozenten und Gäste: 48 Stunden feilten alle Teilnehmer gemeinsam an den nächsten Karriereschritten. In den Pausen gab‘s individuelle Tipps von den Profis, damit die Bands die überall am Wegesrand lauernden Fallen möglichst sicher umfahren.

Daniel Standke ist A&R bei der EMI, also jemand, der Bands auf ihr Potenzial abklopft und gegebenenfalls unter Vertrag nimmt – um bei ihm einen Deal zu bekommen, müssen die Bewerber vor allem „eigenständig“ klingen. Trotz der akribischen Vorauswahl der A&Rs hat von zehn Newcomern meist nur einer Erfolg.

Am Rande des Workshops gaben die Bands Interviews und wurden von Profi-Fotografen an den nahegelegenen Rhein gebeten, um dort brandaktuelles Fotomaterial zu knipsen. Hier posieren Pimps Im Park fürs Bandfoto.

Vor den Augen der anderen Teilnehmer und einer Fachjury spielten die Bands ein kurzes Konzert – die Kritik folgte auf dem Fuße. Auch der Band WIR wurden Potenziale aufgezeigt, an denen am nächsten Tag in individuellen Workshops gearbeitet wurde.

„Musikanwalt“ René Houareau sagt: Vorsicht bei Vertragsverhandlungen! Hier lauern die größten Stolperfallen, die Bands und Songschreiber unter Umständen viel Geld kosten können. Also immer mit einem erfahrenen Advokat Rücksprache halten, bevor man etwas unterschreibt.

Auch nützlich: Ein Manager. Der hier abgebildete Stratege ist Eric Wrede, der derzeit ziemlich erfolgreich operierende Berater von Polarkreis 18. Eric zeichnete anschaulich den Erfolgsweg seiner Schützlinge nach und vergab individuelle Tipps an die anwesenden Bands.

Bepackt mit einem Koffer voller Kniffe, Tricks und Kontakten dampften die fünf Workshop-Teilnehmer nach dem VW-Wochenende in der Popakademie Mannheim wieder von dannen – Hausaufgaben machen. Mehr Infos unter volkswagen-soundfoundation.de


A CAMP

Nachwuchs in Zeiten des Kolonialismus Ihren ersten A Camp-Ausflug unternahm Nina Persson noch allein, den zweiten wollte sie sich eigentlich für ihre Babypause aufheben. Aber wie die meisten Pläne hat auch der nicht funktioniert. Acht Jahre ist es her, dass die Cardigans-Sängerin das erste Mal ausrückte, um sich musikalisch allein zu verwirklichen. Doch statt danach Familienplanung mit ihrem amerikanischen Ehemann und Ex-Shudder To Think-Sänger Nathan Larsson zu betreiben, war die Zeit zwischen ‘A Camp’ und dem neuen Album ‘Colonia’ gefüllt mit Cardigans-Veröffentlichungen, Reisen und beruflichen Feldstudien außerhalb Ninas üblicher Beschäftigung. So half sie zwischenzeitlich, das Stockholmer Traditionskaufhaus PUB neu zu gestalten, spielte in dem schwedischen Kinofilm ‘Om Gud Vill‘ mit und schließlich zog das Paar nach New York. Zuwachs hat es dennoch gegeben, denn aus A Camp ist inzwischen eine Band nachdem Freud’schen Drei-Instanzen-Modell geworden. „Nina ist das Über-Ich, Nathan, der als Produzent alles zusammenhält, das Ich und ich bin als Es zuständig für alle elementaren Bedürfnisse“, erläutert Niclas Frisk, der dritte im musiklaschen Bunde. Mit ihm zusammen hatte Nina bereits am A Camp-Debüt gearbeitet. Aus dem verspielten Country von damals ist „Powder-Pop“ geworden, textlich haben sich die beiden diesmal einem speziellen Thema angenommen: Dem Kolonialismus. Doch ‘Colonia’ ist keine vertonte Geschichtsstunde geworden, sondern spannt schillernd den Bogen für prächtige Songs auf der einen und der Erkenntnis, dass sich seit fast drei Jahrhunderten wenig geändert hat, auf der anderen Seite: „Ausbeutung und Unterdrückung sind

heutzutage zwar weniger legal“, fasst Frisk zusammen, „doch die Menschen finden immer einen Weg, ihre Taten zu rechtfertigen.“ Die Anspielungen in ‘The Crowning‘ beispielsweise, einem der prägnantesten Stücke, dessen süßer Festlichkeit ein Hauch von Lebertran anhaftet, ist zwar zurückhaltend, aber nicht der erste kritisierende Song in Perssons Karriere. „Es gab diesen Cardigans-Song ‘Godspell’, in dem es um Religion ging, aber eigentlich stehe ich gar nicht auf Botschaften in der Musik“, erklärt Nina. „Weder direkt noch indirekt.“ So darf auch die aktuelle Single ‘Stronger Than Jesus‘ mit einem ironischen Augenzwinkern verstanden werden. Es gehe ihr darum, Dinge zur Sprache zu bringen. Politisieren sei nicht ihr Ding. Zumindest nicht musikalisch. Nicht mit dem Zeigefinger. „Sogar als Nathan und ich in Cleveland als Wahlhelfer Barack Obama unterstützt haben, waren meine Argumente eher emotional begründet und faktisch wahrscheinlich nicht immer einwandfrei. Meine Aussagen beschränkten sich meistens darauf, dass Obama der bessere sei und das Leben in Amerika durch ihn ein bisschen angenehmer werden könnte!“ Zumindest dieser Plan ist aufgegangen. Text: Ina Göritz Heimat: acamp.net


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MUSIK STORIES

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PAPA ROACH

Es war einmal: Papa Roach aus Kalifornien.

Der Weg war das Ziel Leicht deformiert und schwer verstaubt sind Papa Roach die letzte verbliebene Spezies des zu Recht nuklear vernichteten Nu-Metal-Genres und versuchen nun, sich per „Metamorphose“ vom prähistorischen Relikt in einen schillernden Schmetterling zu verwandeln. Da wird es Zeit, mal wieder den roten Knopf zu drücken. Ihr größter Hit ist auch neun Jahre nach dem über Nacht erklommenen Karrierepeak noch immer das Highlight auf jeder Ü-30-Fete: „Cut my life into pieces, this is my last resort.“ Abermillionen vor Weltschmerz krächzende Kehlen haben diese nicht wirklich sinnstiftende Phrase bereits in die kalte Partynacht gebellt und das Nu-Metal-Stück damit fraglos zum Klassiker gemacht. Seit diesem Tag sind Papa Roach wie jedes andere One-HitWonder auch auf der Suche nach dem nächsten, dem ’neuen’ Hit, der sie vom Stigma der Eintagsfliege erlöst. Also schraubte die Band den Rap-Anteil ihrer Songs in der Folge gen Null, kokettierte mit Emo, schrieb ein paar Balladen fürs Radio und drehte teure Videos. Anrechnen muss man Shaddix & Co. dabei, es wenigstens probiert zu haben, leider mit wirklich ALLEN Mitteln - Props also gleich wieder abgezogen. Mit neuem Album und adrett gegelten Betonfrisuren wollen sich Papa Roach also erneut „neu“ definieren. Um einen letzten Funken Relevanz zu

behalten, hat die Band ihren Klanggarten noch mal richtig umgepflügt: Statt Rap gibt’s synthetisch aufgemotzten Punk, viele Balladen und breitbeinigen, stadiontauglichen Format-Rock, auf den Creed oder Puddle Of Mudd sicher neidisch wären. Wieso die Band ihr überraschend überraschungsarmes Album aber mit ’Metamorphosis’ betitelt hat, weiß nicht mal Shaddix selbst. Der Medienprofi teert seine Sätze lieber mit Nullaussagen wie „Die Platte ist ein Wendepunkt und ein Schritt nach vorne“, sie sei „unheimlich divers“ und natürlich „voller Leidenschaft“. Ist klar. Am meisten freut sich Shaddix aber darüber, dass das Teil nach endlosem Hickhack nun endlich auch erscheinen darf: „Übrigens am gleichen Tag, an dem mein großer Sohn sieben wird!“ Klasse. Das wird sicher lustig, wenn der Nachwuchs am Kaffeetisch mit den Großeltern fragt: „Dad, what is a Hollywood Crackwhore...“? Da guckt die Omi aber. Ihr seht: Auch heute ist der 33-jährige Shaddix,

der sich zu Beginn seiner Karriere wahlweise Coby Dick oder Johnny Vodka nannte, textmäßig noch ziemlich deep und persönlich unterwegs. So handeln seine Stücke nicht nur von leichten Mädchen mit Drogenproblem, sondern auch und in erster Linie von ihm selbst. Da ist es schon lustig, wenn er sagt, die „Aufbruchstimmung in Amerika“, die Kollege Obama der Nation injiziert hat, hätte auch auf sein neues Album abgefärbt. Wenn das so sein sollte, dann sitzt Obamas Volk der Aufbrecher träge und Popcorn kauend auf den oberen Rängen der zu schicken ’Venues’ umfrisierten Basketballarenen und macht Pommesgabel zu Buckcherry. Auch eine Art von Weltschmerz. Text: Florian Hayler Heimat: paparoach.com

PAPA ROACH AUF TOUR 20.4. Köln – Live Music Hall *** 22.4. Hamburg – Docks *** 24.4.Berlin – Huxley’s *** 27.4. München – New Backstage


MASTODON Abgehoben

Die momentan beste, weil aufregendste und eigenständigste Metal-Band der Welt ist ohne Zweifel Mastodon. Der Vierer aus Atlanta produziert ein großartiges Konzeptalbum nach dem anderen und rockt nebenbei die gesamte Konkurrenz von der Bühne. Die im Jahre 2000 gegründete Band steht laut Bassist und Sänger Troy Sanders auf vier Säulen: „Thin Lizzy, Iron Maiden, Neurosis und die Melvins.“ So hört sich das dann auch an, wenn die Band richtig aufdreht - wuchtige Gitarren, mitreißende Riffs, mahlende Strukturen, geniale Melodien. Irgendwie Metal, aber irgendwie auch nicht. Ein Markenzeichen ist etwa, wie Schlagzeuger Brann Dailor (ehemals bei den Noise-Göttern Today Is The Day tätig) die Lücken zwischen den massiven Gitarrenakkorden mit Trommelwirbeln füllt. „Wir hatten bei unserer Gründung kein musikalisches Ziel oder so“, erinnert sich Troy. „Wir wollten einfach nur einzigartigen, schweren, interessanten und merkwürdigen Rock’n’Roll spielen. Wir sind auf jeden Fall Teil der Metal-Szene, aber wir wollen doch einen etwas weniger ausgetretenen Pfad beschreiten. Wir versuchen, unsere eigene Identität zu schaffen, etwas, das anders ist.“ Ihr neuestes Album heißt ’Crack The Skye’ und ist wie die Vorgänger ’Leviathan’ (Wasser) und ’Blood Mountain’ (Erde) Teil eines Zyklus’ über die klassischen fünf Elemente der alten Griechen - die glaubten, der Weltraum bestünde aus Äther, einer unbestimmten Materie, die man auch bereisen konnte. Eine solche Reise beschreibt die etwas wirre Geschichte, welche die Lieder auf ’Crack The Skye’ erzählen. Protagonist ist dabei ein in seinem Körper gefangener Junge, der nicht nur durch den Raum, sondern auch in der Zeit reist: „Die Konzepte unserer Alben dienen uns als notwendige Richtlinien“, erklärt Troy. „Als Grundidee nehmen wir immer eines der Elemente. Drumherum bauen wird dann unsere Geschichten. Wir vergleichen unsere Musik immer mit dem visuellen Aspekt eines Kinofilms - genau wie beim Film kommt der Text erst danach. Wir schreiben die Texte so, dass sie perfekt zur bereits bestehenden Musik passen. Diesmal sollte es also der Äther, der Himmel sein. Brent (Hinds, Gitarre, Gesang) hatte vor einiger Zeit eine schwere Hirnverletzung, die ihn für ein paar Monate ans Bett fesselte. Das war wohl der Antrieb, aus sich heraus zu gehen.“ Für den Hörer ein Glücksfall, denn das Ergebnis ist schlicht genial. Text: Hans Vortisch Heimat: mastodonrocks.com Sound-Kung-Fu: Mastodon aus Atlanta, Georgia.




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MIXTAPE

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APE T X I M A S ‘ E F I L HEUTE MIT: JARED SWILLEY (BLACK LIPS) Die Black Lips haben es faustdick hinter den Ohren. Das Aushängeschild einer selbsternannten „Flower-Punks“ aus Atlanta sind ihre nicht immer jugendfreien Shows, die ihnen schon so manchen Club-Rausschmiss beschert haben. Ganz zu schweigen von der Beinahe-Festnahme in Indien Anfang 2009. Wir fragten Bassist Jared Swilley, was schlimme Jungs gerne auf die Ohren bekommen - und bei welcher Musik sie das Laufen kriegen. Was ist die beste Beschallung für eine exzessive Partynacht? Irgendwas von Gino Washington. Er ist ein DetroitSoul- und R‘n‘B-Künstler, der in den späten Fünfzigern/frühen Sechzigern ein paar Hits hatte. Es macht echt Spaß, dazu zu tanzen. Und die Mädels stehen drauf. Was würdest du am verkaterten Morgen danach hören? Den Blues-Musiker Mississippi John Hurt. Er hatte eine sehr süße, angenehme Stimme und begleitete sich dazu auf der akustischen Gitarre. Seine Musik ist echt schön und sehr entspannend. Was ist der gelungenste Drogen-Song? „Now I Wanna Sniff Some Glue“ von den Ramones. Mit welchem Lied kriegt man Frauen rum? Vielleicht mit „Girl, Don‘t Tell Me“ von den Beach Boys? Nein, nein, nein!!! „Love Is All Around“ von den Troggs. Das spiele ich Mädchen gerne auf Mixtapes.

Welche Band gewinnt eine Gold-Medaille in der Disziplin „verrücktes Bühnengebaren“? Die Verrücktesten waren vermutlich die Germs. Es gab eine Menge Blut und Leute, die durchgeknallte, sadistische Dinge taten. Aber man muss das Ganze im Kontext der späten Siebziger sehen. Damals war es etwas Neues und hat Sinn gemacht. Heutzutage wäre es einfach nur albern. Welche Platte wäre das beste Foltermittel, um jedes Geständnis aus dir herauszupressen? „Metal Machine Music“ von Lou Reed. Ich habe gehört, dass die CIA das Album benutzt, um Häftlinge in Guantanamo zu terrorisieren. Es ist echt unhörbar. Davon abgesehen: Dreh‘ einfach das Radio auf. Alles, was da läuft, ist geeignet. Welcher Künstler verdient eine Gefängnisstrafe für seine Musik? Vampire Weekend. Wenn du ein Ivy League-Student aus New-England bist, gibt es keinen Grund für dich, in einer Band zu spielen. Es ist eine Schande, wenn

Kids Musik hören, die einfach nur schwach und ohne Leidenschaft ist. Sie sollten die Ramones hören, Zeug, das Spaß macht. Vampire Weekend covern bloß ein Paul Simon-Album. Wäre dein Leben ein Film, wer sollte den Titelsong dafür schreiben? Da würde ich Link Wray sagen. Wenn diese Musik im Hintergrund laufen würde, wo auch immer ich hingehe, das wäre der Hammer. Welches Album ist der Soundtrack deiner Teenagerzeit? Vielleicht die erste Minor Threat-EP. Die haben wir mit 14, 15 die ganze Zeit gehört. Wir sind skateboarden gegangen, haben am Wochenende im Souterrain bei unseren Eltern Alkohol getrunken, Flaschen zerschlagen... Diese Platte erinnert mich immer an die High School. Text: Nina Töllner, Heimat: black-lips.com Auch gut: „200 Million Thousand“ das aktuelle Album von den Black Lips


Aussehen ist das eine: All-American Rejects aus Oklahoma.

THE ALL-AMERICAN REJECTS Auch Dressmen können weinen...

Eigentlich sollen sie ja nur süß sein. Als Schmuse-EmoPop-Schwiegersöhne verschrien, wollen The All-American Rejects mit ihrem dritten Album ‘When The World Comes Down‘ aber vor allem eines: endlich mal ernst genommen werden. Leichter gesagt als getan, immerhin hat sich die Band aus Stillwater, Oklahoma, zumindest in den USA zum veritablen Mainstream-Act entwickelt. Touren werden von großen japanischen Autoherstellern gesponsert, das Vintage-Modell à la „Bon Jovi-Golf“ ist natürlich inklusive und auch der Hochglanz-Auftritt von Frontmann Tyson Ritter in der aktuellen ‘Boss Orange‘-Kampagne sollte den Herren nicht besonders viele Pluspunkte im IndieCredibility-Sparbuch einbringen. Zum Interview erscheinen Ritter und sein Schlagzeuger Nick Wheeler allerdings nicht im feinen Zwirn. Bewehrt mit lustigen Hütchen und kapitalen Hang-Overs machen sich beide gut aufgelegt ihre Gedanken zur popkulturellen Falle AAR: „Es ist nun mal so, dass Äußerlichkeiten gerade im Pop-Biz sehr viel zählen. Für Bands ist es ein ständiger Kampf beachtet zu werden. Wenn ich also Glitzer-Schuhe tragen muss, um deine Aufmerksamkeit zu bekommen, dann scheiß drauf, ich mach’ es. Wir wollen mit dieser Platte einfach nichts dem Zufall überlassen“, erklärt Tyson Ritter und fügt hinzu: „Fürs Klamotten tragen Geld zu bekommen ist übrigens auch nicht zu verachten.“ Und doch, gerade eine schicke Optik kann sich im US-amerikanischen Pop-Rock-Zirkus für eine Band zum echten Stolperstein entwickeln. „Playback-Spacken wie die Jonas Brothers und Good Charlotte lassen andere Bands einfach scheiße aussehen, weil das amerikanische Publikum oft nicht mehr unterscheiden kann, ob du deine Gitarre nur hältst oder wirklich darauf spielst“, schimpft Tyson. Ein Aufenthalt im alten Europa ist da Balsam auf die Seele der Missverstandenen. „Die Leute hier wissen zu schätzen, wenn du dein Instrument beherrschst und ihnen etwas bieten willst. In Amerika kannst du dir nie sicher sein, ob du nächste Woche nicht schon wieder total out bist, während hier sehr langlebige Beziehungen zwischen Bands und Publikum bestehen“, glaubt Nick den Unterschied erkannt zu haben. Irgendwie wirkt er selbst mit Zornesfalten auf der Stirn noch niedlich... Text: Timo Richard Heimat: allamericanrejects.com Auf sallys.net: sally*sTV! Schön sein mit AAR


THE THERMALS

Endlich wieder zu dritt: The Thermals aus Portland, Oregon.

Spiel mir das Lied vom Tod Anno 2006: Die Bush-Regierung wütet durch die Weltgeschichte und die Thermals pinseln mit ‘The Body, The Blood, The Machine‘ die Schreckensvision eines christlich-faschistischen Staates an die Wand. Anfang 2009: Barack Obamas Amtsantritt sorgt vielerorts für Entzücken. Zeit für das Trio aus Portland, sich auf seinem vierten Langspieler ‘Now We Can See‘ wieder anderen Dingen zu widmen. „Kathy (Bass) und ich haben entschieden, uns auf der neuen Platte von Politik und Religion fernzuhalten“, erzählt Thermals-Shouter und -Gitarrist Hutch Harris. „Wir haben diese Themen zuletzt zu Tode geritten, und ich wollte nicht, dass das Etikett der politischen Band an uns hängen bleibt. So etwas nutzt sich ziemlich schnell ab.“ Schön und gut. Bei einer Ansage wie ‘Now We Can See‘ drängt sich eine Assoziation zum Ende des George W. Bush-Desasters dennoch regelrecht auf. Keine Absicht, so Harris. „Der Albumtitel hängt nicht mit den Wahlen zusammen, aber er passt natürlich sehr gut. Ich hätte es gehasst, hätten wir diesen Titel und gleichzeitig John McCain als Präsidenten gehabt.“ Ein neuer Landeschef, eine neue Platte... Auch ansonsten verlief das Leben der Thermals in den vergangenen Monaten keineswegs langweilig. Da gab es zum einen den - freundschaftlichen - Wechsel vom bisherigen „Heimathafen“ ‘Sub Pop‘ zum Label ‘Kill Rock Stars‘ aus Olympia, Washington. Zum anderen verließ mit Lorin Coleman bereits der dritte Drummer in Folge die Band. Ebenfalls freundschaftlich, wie es heißt. Nachfolger Westin Glass stieß erst dazu, als der harte Thermals-Kern alias Hutch Harris und Kathy Foster die neuen Songs bereits im Kasten hatten. Wobei letzteres diesmal wohl „etwas länger“ dauerte. Harris: „Wir

haben geschrieben und geschrieben und wieder umgeschrieben. Besonders die Texte haben viel Zeit in Anspruch genommen. Unsere letzte Platte war so gut und die Resonanz darauf so positiv, dass es eine Herausforderung war, das Level zu halten.“ Der optimistische Grundtenor des Titels ‘Now We Can See‘ sollte dabei nicht überbewertet werden. Zwar entwirft Harris keine politischen Alptraumszenarien mehr. Aber: „Diesmal ist der rote Faden das Thema Tod. Das Album setzt da an, wo das letzte endet.“ Das trifft übrigens auch auf den akustischen Teil zu. Wie schon auf ‘The Body...‘ fahren die Thermals ihren Garagen-Punk-Pop im siebten Jahr ihres Bestehens nicht mehr gar so hochtourig. Mehr Midtempo als Highspeed, mehr Indie-Rock als Punk, eher „some-fi“ (O-Ton) als „no-fi“. Wer sich jedoch Sorgen macht, die Band sei drauf und dran, ihren einst so ungehobelten Charme einem neuen Perfektionismus zu opfern oder demnächst mit Streichereinlagen aufzuwarten, der sei beruhigt: „Wir haben schon eine Menge Stücke fürs nächste Album fertig, das hoffentlich noch dieses Jahr erscheint. Es scheint wieder mehr in Richtung unseres Debüts zu gehen. Ich versuche auch, die Texte diesmal wieder spontaner zu schreiben, anstatt ein Jahr lang daran herumzudoktern.“ Wir sind gespannt. Text: Nina Töllner Heimat: thethermals.com


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MUSIK STORIES

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DOVES

Trennen die Spreu vom Weizen Ein, zwei Terminverschiebungen mussten wir im Vorfeld für das Gespräch mit Doves-Sänger und Bassist Jimi Goodwin schon in Kauf nehmen. Immerhin proben die Herren aus Manchester bereits fleißig für die anstehende Tour zur neuen Platte ‘Kingdom Of Rust‘. Für ihr viertes Studioalbum hat sich das Trio aus Manchester ungewöhnlich lange Zeit gelassen. Ganze vier Jahre sind seit ‘Some Cities‘ ins Land gezogen. Ein Grund für diesen langwierigen Entstehungsprozess ist laut Jimi Goodwin der demokratische Umgang der drei Musiker miteinander. „Wer weiß, ob wir noch zusammen spielen würden, hätten wir in all den Jahren nicht alle Entscheidungen gemeinsam getroffen.“ Gleichzeitig gesteht Jimi jedoch, dass Gitarrist Jez Williams „definitiv der talentierteste Musiker in der Band“ ist. Die ersten Schritte machte das Album bereits im April 2006. Seitdem arbeitete die Band am Rückgrat der Songs, die allesamt nur stückchenweise zur endgültigen Form gefunden haben. Finalisiert und aufgenommen wurden sie auf einem Bauernhof, den man in ein riesiges Studio umfunktionierte. Warum auf einen klassischen Studioaufenthalt verzichtet wurde, erläutert Jimi anhand zwei einleuchtender Argumente: „In einem gewöhnlichen Studio siehst du auf die Uhr und hörst förmlich, wie dein Geld in

Die sichere Bank: Doves aus Manchester.

die Kasse des Studiobesitzers hineinprasselt.“ Außerdem begrüße die Band die Vorteile der modernen Technik, die es erlaubt, ein Studio buchstäblich auf dem Laptop mit sich herumzutragen. Anders als auf ‘Some Cities’ fließen die Songs auf ‘Kingdom Of Rust’ jetzt mehr ineinander. Jimi vergleicht den Sound der Platte mit einer physischen und zugleich mentalen Reise, bei der man sich voll und ganz auf seine Umwelt konzentriert. Dieser Beschreibung darf zugestimmt werden. Denn die Band bediente sich vielerlei Einflüssen aus ihrem

musikalischen Kosmos: Streicher sorgen für den epischen Sound der Platte, während die elektronischen Elemente die Band in die Moderne zurückholen. Überstürzt einfach gezogene Vergleiche zu Radiohead oder, wie früher gerne, Coldplay drängen sich auf. Doch letztendlich bewährt sich ‘Kingdom Of Rust’ als eigenständiges Meisterstück gereifter und anspruchsvoll ausgefeilter Gitarrenmusik. Text: Christopher Mühlig Foto: Deirdre 0 Callaghan Heimat: doves.net


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AUF DER COUCH

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?! AUF DER COUCH MIT:

GAN CKAver DUFN’RF/VeM /Loaded) lvet Revol (Ex-G

Erinnert man sich an die „Use Your Illusion“-Welttournee und an Duffs erstes 93er Soloalbum „Believe In Me“, dann hat man einen aufgedunsenen, fertigen Mr. McKagan vor Augen. Doch das alles liegt in der Vergangenheit. Mittlerweile ist der Punk unter den Gunners als drahtiger und studierter BWLer nicht nur körperlich, sondern auch geistig voll auf der Höhe. Wie kommt’s? Duff, du scheinst in den letzten Jahren dein Leben komplett umgekrempelt zu haben. Von destruktiver Resignation wie damals keine Spur, du wirkst ziemlich optimistisch. Anfang dieses Jahrtausends hatte ich wahrscheinlich die härteste Zeit meines Lebens, es kam alles zusammen: Der 11. September, der Tod meiner Mutter, private Probleme. Ich bin zwar noch nie ein depressiver Mensch gewesen, aber in dieser Zeit war ich wohl am nächsten an einer totalen Niedergeschlagenheit dran. Meine Mutter war meine absolute Bezugsperson und sie zu verlieren war grausam. Ich habe dann angefangen, das was mich bewegt und in meinem Kopf vorging, in den Songs von unserem Loaded-Debüt „Dark Days“ zu kommunizieren. Insofern hat die Platte für mich ihren therapeutischen Zweck erfüllt. Wie ging es dir damals körperlich? Ich war voll auf Koks. Deshalb ist der Gesang auf dem Album auch so nasal. Aber Gesangsstunden habe ich bisher noch nie genommen. Vielleicht sollte ich mal damit anfangen, es ist nie zu spät, was Neues dazu zu lernen.

Du bist mittlerweile auch journalistisch tä-

tig und schreibst für die Seattle Weekly und den Playboy eine Finanzkolumne. Ist Schreiben deine Therapie? Als ich wieder auf die Uni gegangen bin, hatten wir in Englisch einen super Professor, dessen Fähigkeit, Worte zusammenzusetzen mich total fasziniert hat. Ich bin selbst auch eine totale Leseratte. All das kommt jetzt zum Vorschein. Ich kann jedem nur empfehlen, sich mal auf das Abenteuer eines drogenfreien Lebens einzulassen: Man entdeckt Talente an sich, die man nie für möglich gehalten hätte. Was ist deine finanzfachmännische Einschätzung zur akuten wirtschaftlichen Krise? Das Problem ist, dass die Leute, die noch ein regelmäßiges Einkommen beziehen, derzeit alle lieber auf ihrem Geld sitzen bleiben, anstatt es auszugeben. Das hilft der Rezession nicht wirklich. Egal ob du in Seattle, Buenos Aires oder Berlin wohnst -

du musst die Läden in deiner Gegend unterstützen. Geh‘ einmal die Woche Mittagessen. Kauf’ beim Händler um die Ecke und nicht dort, wo die Kohle direkt wieder nach China geht. Der Geldfluss darf im Kleinen nicht versiegen, dann ändert sich auch das große Gesamtbild wieder.

FAZIT Anstatt weiterhin nur den Bass zu zupfen und Schnee zu schnupfen, hat Duff sein Post-GN’RLeben in voller Kostenkontrolle und von seinem gewinnenden Wesen nicht viel eingebüßt. Von „Sick“ kann somit also gar nicht mehr die Rede sein. Verdammt slick. So, und jetzt ab zum Gemüsehändler. Text: Frank Thießies Heimat: duff-loaded.com Auch gut: „Sick“ - Duff McKagans neues Album


SELIG

Als wäre nie etwas gewesen: Selig.

Stimmen aus der Vergangenheit Sie galten mit Songs wie ‘Ohne Dich‘einst als Pioniere einer neuen Ära deutscher Rock-Musik, sie schrieben Hits, verkauften Unmengen an Platten, spielten die größten Festivals und ausverkaufte Tourneen. Doch mit dem Erfolg kamen für Selig auch die Probleme. Geld, Ruhm, Spott, Drogen – und schließlich die offizielle Trennung im Januar 1999. “Die Band war zur ihrem eigenen Mikrokosmos geworden. Und wir zu Reitern unserer eigenen Apokalypse“, erzählt Frontmann Jan Plewka. Was folgt, sind zahlreiche Projekte: Jan veröffentlicht eine Soloplatte, gründet mit Schlagzeuger Stephan „Stoppel“ Eggert die Bands Zinoba und TempEau, ist als Nebendarsteller in einer Oper und als Schauspieler neben TempEauKollege Marek Harloff sowie Jana Pallaske im Kino zu sehen. In regelmäßigen Abständen zieht er als „Jan Plewka singt Rio Reiser“ durchs Land. Stoppel formiert mit Keyboarder Malte Neumann das kurzweilige Remix-Projekt „Saunaclub“ und spielt sogar Schlagzeug bei James Last! Malte stampft zwischenzeitlich seine eigene Internetfirma aus dem Boden. Bassist Leo Schmidthals dagegen macht sich als Träger eines Diploms in Komposition und Musiktheorie einen Namen als erfolgreicher Produzent. Gitarrist Christian Neander gründet die wenig beachtete Band Kung Fu, die sich auch bald auflösen sollte, bevor er sich als Produzent und Co-Songschreiber in einem Berliner Studio niederlässt. Willkommen in der Achterbahn. Im Gegensatz zu Stoppel und Jan herrschte zwischen Christian und Jan über die Jahre hinweg totale Funkstille. Leben verliefen eher konträr als parallel, die Vergangenheit aber ließ niemanden ruhen. Vor allem Jan Plewka ist überzeugt, das Potenzial der Band nie ausgeschöpft zu haben. „Eines Tages unterhielten sich Stoppel und ich über unser Leben, die ehemaligen Bandkollegen und eben auch über Selig. Er fragte, ob ich denn noch immer diesen Groll gegenüber Christian und den anderen hätte. Ich antwortete irgendwas wie ‘Es sei wohl an der Zeit, sich mal zu unterhalten’“, erzählt Jan. Den ersten Schritt in Richtung „Operation S“, wie es Malte nennt, unternehmen die

Bandmitglieder im September 2007 in einem Restaurant außerhalb von Hamburg. Die Jungs entspannen sich alkoholisch, unterhalten sich über dies, das oder jenen und klären, was geklärt werden muss. Langsam bröckeln die verkrusteten Unstimmigkeiten von damals, im Mai 2008 trifft sich die Band erstmals seit zehn Jahren wieder zum gemeinsamen Musik machen. „Das war ein sehr spiritueller Moment. Vor allem wegen der vielen Erinnerungen, die dann in einem hoch kamen. Wir merkten schnell, dass wir die alten Stücke noch drauf haben und begannen am selben Tag, neue Songs zu schreiben.“ In dieser Session entstand auch ‘Schau Schau‘, die erste Single des brandneuen Reunion-Albums ‘Und Endlich Unendlich‘. Die Platte war innerhalb eines Monats im Kasten, produziert hat die Band das Werk in Eigenregie, was „einen therapeutischen Effekt auf uns hatte“, wie Jan glaubt. Ganz in David Bowie-Manier gab es sogar festgelegte Studiozeiten. „Konzentriertes Arbeiten. Ohne Drogen!“, betont der Ausnahmesänger. ‘Und Endlich Unendlich“ ist mehr Selig als erwartet. Trotzdem frei vom Zwang, ein zweites ‘Ohne Dich‘ oder ‘Ist Es Wichtig‘ geschrieben haben zu müssen. Ein glaubwürdiger, gelungener Neubeginn zurück in die Vergangenheit. Text: Christopher Mühlig Foto: Mathias Bothor Heimat: selig.eu

SELIG AUF TOUR 5.6. Rock Am Ring – Nürburgring *** 6.6. Rock Im Park – Nürnberg *** 27.6. Berlin – Motor im Grünen *** 3.7. Bremen – Breminale *** 1.8. Anröchte - Big Day Out *** 8.8. Eschwege - Open Flair *** 22.8. Uelzen - Uelzen Open R *** 23.8. Bochum - Zeltfestival


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TEST

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TEST

FRITTENBUDE

Im großen Fast-Food-Test

Spätestens nach „Supersize Me“, der Sache mit dem Gammelfutter und Live-Schaltungen aus den Sterbekammern der Schlachthöfe sind Fast Food-Ketten so ziemlich das Letzte. Trotzdem stehen tagtäglich Millionen von Leuten am Ortsrand ihrer Wahl und bestellen Essen aus Plastik. Auch die Elektro-Freunde von Frittenbude ordern manchmal schnelles Futter und sind damit ideale Kandidaten für unseren 50/50- und Telefonjoker-gefüllten „Fast Food“-Test. Guten Hunger.

FRAGE 1 Welche kriminelle „Extra-Zutat“ fanden zwei Polizisten aus Albuquerque 2006 auf ihren Whoppern?

A B C D

eine Extraportion Marihuana den Finger eines Entführungsopfers den Zündschlüssel ihres Dienstwagens eine schriftliche Morddrohung

Johannes: Bestimmt die Morddrohung. Einer der Küchenknechte kannte die sicher persönlich und hat denen einen Zettel unters Brötchen geschoben. Jakob: Ich glaube einen Finger. Martin: Never. Da hat einer Gras draufgestreut, ist doch logisch. Der wollte den Cops ein bisschen die Zeit auf Streife versüßen. Klare Bauchentscheidung: A.

KORREKTE ANTWORT: A

FRAGE 2 Auf Grund kultureller Unterschiede weicht der „Big Mac“ in verschiedenen Ländern von der Originalrezeptur ab und darf deshalb nicht mehr „Big Mac“ genannt werden. Wie heißt der „Big Mac“ in Indien?

C „Mumbai Mac“ D „Maharaja Mac“

Jakob: Also in Ägypten ist er teuer, Island auch – oder jetzt vielleicht nicht mehr, nach der Staatspleite. In Ägypten ziehen sich die Leute sogar richtig schick an, wenn sie sonntags zu McDonald’s gehen. Martin: In China ist das Goldene M eines der feinsten Restaurants. Johannes: In Rumänien auch. Jakob: Ich glaube, McDonald‘s versucht die Leute in China mit billigen Angeboten zu ködern, damit die ihre Ernährung von Reis auf Kartoffeln umstellen. D!

Jakob: Dann ist es Mumbai.

KORREKTE ANTWORT: D

KORREKTE ANTWORT: D

FRAGE 4

FRAGE 3

Laut einer Studie der University of Michigan steht das Schlaganfall-Risiko eines Menschen in direktem Zusammenhang mit...?

A B C D

„Punjabi Mac“ “Big Curry” “Mumbai Mac” „Maharaja Mac“

Jakob: Von uns war noch keiner in Indien. Martin: „Mumbai Mac“ klingt plausibel, aber mein Bauch sagt mir, wir sollten den 50/50-Joker opfern.

Der vom Wirtschaftsmagazin „Economist“ entwickelte Big-Mac-Index vergleicht die Kaufkraft der 140 Länder, in denen der Burger verkauft wird, anhand der Preisunterschiede zum amerikanischen „Leit-Burger“. In welchem Land ist der „Big Mac“ am billigsten?

A B C D

USA Island Agypten China

A ...der Geschwindigkeit,

mit der er seine Mahlzeiten einnimmt

B ...der Anzahl von Fast-Food-Restaurants in seiner Nachbarschaft

C ...dem Verhältnis zwischen Fett- und Wasseranteil der Speisen

D ...dem Umfang der Pommes Frites Johannes: B wäre echt lustig.


Martin: D fällt absolut raus, C klingt schön wissenschaftlich und nach Langzeitstudie, aber mein Bauch sagt B. Manchmal sind die lustigsten Antworten ja auch die richtigen.

KORREKTE ANTWORT: B

FRAGE 5 Welchen dieser Wettbewerbe im Wettessen gibt es nicht?

A Nathan‘s International July Fourth Hot Dog Eating Contest

B Wing Bowl Chicken Wing Eating Contest C McDonald’s Egg Muffin Easter Bash D Krystal Square Off (The Official World Hamburger Eating Championship)

Martin: Saulange Namen haben die für sowas. Jakob: Ich glaube, es ist der McDonald’s Muffin Bash, denn die würden niemals offiziell ein Powerfressen veranstalten. Die haben doch immer so Salat-Kampagnen und machen auf gesund.

KORREKTE ANTWORT: C

FRAGE 6 Welcher Band haben wir den „Anarchy Burger“ zu verdanken?

A B C D

NOFX Lagwagon The Vandals Pennywise

Martin: Gab‘s den wirklich? Jakob: Wir würden gerne Lars anrufen, der weiß das. Lars ist unser Plattenboss und kennt sich aus mit Punk. Martin (wählt): Du sagst NOFX? Bist du ganz sicher? Ach so, die anderen Bands kennst du nicht. Gut, wir sagen A, NOFX.

KORREKTE ANTWORT: C

FRAGE 7 Wenn man in den Niederlanden einen „Hot Dog“ bestellt, bekommt man ein/einen:

A B C D

Katzenkeks Affenbrötchen Schlangenhörnchen Hundeschnecke

Martin: Starkes Hasch wäre auch eine mögliche Antwort. Jakob: Was soll denn eine Hundeschnecke sein? Oder ein Katzenkeks? Völlig bescheuert. Ich verstehe das sowieso nicht: Bekommt man denn einen Hot Dog, wenn man eines dieser „Gerichte“ bestellt oder was völlig anderes? Martin: Du kriegst natürlich einen Hot Dog. Ich glaube, es ist das Affenbrötchen, immerhin gibt’s die Wurst ja im BRÖTCHEN und nicht im Keks, im Hörnchen oder in einer Schnecke.

KORREKTE ANTWORT: B

FRAGE 8 Dieser/e Modemacher/in lieferte mit seinem/ ihrem Buch „Hectic Cuisine“ eine Vorlage für eilige Esser?

A B C D

Karl Lagerfeld Donatella Versace Wolfgang Joop Vivienne Westwood

Jakob: Joop, der macht sowas. Der ist ein bekannter Hektiker. Martin: Der Lagerfeld war doch mal so fett, vielleicht ist das sein Diätbuch? Johannes: Also die Westwood war‘s nicht, die interessiert sich nicht fürs Essen. Die ist einfach nur alt. Jakob: C, Joop.

KORREKTE ANTWORT: C

FRAGE 9 Acrylamid gilt als krebserzeugend und wurde zum Beispiel in Pommes und Chips gefunden. In Hinblick auf seine Gefährlichkeitsmerkmale wurde ihm was davon aber NICHT nachgesagt:

A B C D

Eine potenzstörende Wirkung zu haben Erbgutverändernd zu sein Giftig zu sein Fortpflanzungsgefährdend zu sein

Martin: A und D ist doch das Gleiche! Jakob: Vielleicht erzeugt das Zeug Krebs, aber das Erbgut bleibt sauber. Aber mit Potenzstörungen wäre selbst das egal. Johannes: Aber war es nicht so, dass der „Supersize Me“-Typ keinen mehr hochgekriegt hat? Martin: Nein, da hat alles einwandfrei funktioniert. Jakob: Dann kann es D aber auch nicht sein, weil das ist ja das Gleiche wie A. Wir sagen B.

KORREKTE ANTWORT: A

FRAGE 10 Eine berühmte Schlagzeile zum GammelfleischSkandal lautete?

A B C D

Gammelfleisch Gammelfleisch Gammelfleisch Gammelfleisch

macht die Runde in aller Munde und du bist Kunde fault schon im Munde

Martin: D ist doch Schwachsinn. Das Zeug war ja vorher schon schlecht. Johannes: B, wahrscheinlich wieder die BILD.

KORREKTE ANTWORT: B

FAZIT Sieben von zehn, gar nicht übel. Auch wenn Frittenbude in Sachen Punkrock ziemlich mager aussehen, haben sie sich die anderen Lösungen ziemlich pfiffig hergeleitet. Wer nun Lust auf ein schönes Affenbrötchen hat: Guten Appetit. Text: Florian Hayler Recherche: Christine Stiller, Timo Richard Heimat: myspace.com/frittenbude Auf sallys.net: sally*sTV! Auch gut: „Elektrofikke“ von Frittenbude


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MUSIK STORIES

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THE VIRGINS

Einmal ist immer das erste Mal

Drüber, drunter und durch: v.l. Wade, Donald & Nick aus New York.

Ihr Sänger teilt sich den Kieferorthopäden mit Jürgen Vogel, ihr Gitarrist sieht aus wie frisch aus dem Fluxkompensator und ihr Album ist der perfekte Soundtrack für eine fluffige „Miami Vice“-Party mit willigen Bräuten und reichlich Laberpulver in der Nase. Kein Zweifel: The Virgins sind die perfekte Band. Und durch sind sie auch. Im Herbst vergangenen Jahres prügelt das hypewitternde Umfeld der Virgins ein vom Jetlag verblendetes und Discoschorle-exendes Trio durch die Miniclubs von Europa: London, Hamburg, Berlin, Paris. Vier Konzerte plus Party inklusive Afterhour macht für jedes Bandmitglied drei Tage wach. Virgins-Frontmann Donald Cumming hat die Zeit seines Lebens. Donald, hast du schon immer so hart gefeiert? Auch vor ein paar Monaten, als du noch nicht der Sänger der Virgins warst und in den Clubs von New York noch bezahlen durftest? Wir kannten ja schon vor der Bandgründung genug Leute in den Clubs, da bekommt man schon mal den einen oder anderen Drink gratis. Mit einigen DJs haben wir’s uns im Laufe der Zeit aber ziemlich verscherzt. Wie das? Wir wollten checken, ob die Leute auch auf unsere Stücke tanzen, und haben die DJs belagert, damit die unsere Songs spielen. Die meisten haben das dann auch gemacht - um uns loszuwerden. Den Leuten hat‘s gefallen, das hat uns ermutigt. Sind die Virgins eine Rock- oder eine Pop-Band? Wir sind definitiv eine Pop-Band, zumindest war unser Ziel, ein Pop-Album zu machen. Aber ich sage

dir: Das ist echt schwer. Du brauchst den richtigen Groove, einen guten Sound und natürlich gute Songs. Im Grunde handeln eure Stücke doch ausschließlich von Mädchen. Mädchen, die ihr entweder mal hattet, die ihr gerade habt oder die ihr in Zukunft gerne hättet. Stimmst das? Absolut. Genau darum geht es. Wir mögen halt Mädchen, wir mögen es, mit ihnen auszugehen, mit ihnen zu reden, eine gute Zeit zu haben. Wer hat denn die Hübsche aus eurem „Rich Girls“Video mit nach Hause nehmen dürfen? Ich. Das ist meine Freundin. Sie ist nett, bescheiden und echt heiß. Sie weiß nur noch nichts von ihrem Glück. Ich muss sie heute Abend mal anrufen. Wie kommt ihr mit eurem Partyverhalten auf Tour zurecht? Ist der Job in einer Band nicht in erster Linie harte Arbeit, die Disziplin, Verantwortung und einen klaren Kopf braucht? Auch das stimmt. Wir arbeiten sehr hart daran, jeden Tag sehr hart zu feiern. Es ist nicht leicht, immer und ausdauernd Gas zu geben, aber wir geben uns Mühe. Was sind die Zutaten für einen perfekten PartyAbend inklusive Absturz?

Drogen, Alkohol und Musik. Ich mag Partys, wo es richtig laut ist. Als Drink des Abends schlage ich Cognac oder Whiskey vor und meine Lieblingsdroge sind alle zusammen. Hattest du schon mal einen Hang-Over? Noch nie. Wie lange haltet ihr das durch? Was machst du in zehn Jahren? Ich denke, in zehn Jahren haben wir unser eigenes Broadway-Musical, kombiniert mit einem Kinofilm. Und wir arbeiten an einer neuen Platte. Unserer zweiten. Meinst du, die Hübsche aus dem „Rich Girls“-Video ist dann immer noch deine Freundin? Schwer zu sagen, in letzter Zeit bekomme ich diese seltsamen Vibes von ihr, sie ist regelrecht kalt und abweisend. Aber WENN wir noch zusammen sind, dann haben wir so zwischen 15 und 45 Kinder. Text: Florian Hayler Heimat: thevirgins.net

THE VIRGINS AUF TOUR 6.4. München – Atomic Café *** 7.4. Köln – Gebäude 9 *** 8.4. Hamburg – Molotow *** 9.4. Berlin – Festsaal Kreuzberg


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MUSIK STORIES

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ONE FINE DAY Uns geht’s prima

Mit zwölf schon ein Relikt. Die Hamburger One Fine Day sind eine der letzten überlebenden Bands der großen PopPunk Welle, die Ende der Neunziger durch die Republik schwappte. Warum sie überlebten, wird beim Hören ihres neuen Albums schnell klar. Als neulich eine ganze Generation hoffnungsvoller deutscher Punk-Bands ins Gras biss, hatte das viel mit den zurzeit oft ausgerufenen „Selbstreinigungskräften des Marktes“ zu tun. Aus Schülerbands werden Studentenbands werden Bands von Typen, die einem geregelten Job nachgehen; und ewig dieselben drei Akkorde zu spielen, ist irgendwann sowieso durch. Das wissen auch One Fine Day, deren selbstbetitelte dritte Platte zum orchestralen Breitwandalbum geraten ist: „Uns war wichtig, dass wir uns bei der Arbeit an der Platte keine Grenzen setzen. Wenn wir beim Songwriting bemerkt haben, dass sich ein Lied in eine ganz andere Richtung entwickelt, als es bei uns vorher üblich war, haben wir im Gegensatz zu früher einfach weiter daran gearbeitet“, erklärt Sänger Marten die Veränderungen im Arbeitsprozess. Klar, dass durch eine neue Herangehensweise auch neue Herausforderungen entstehen. So manch gestandener Rocker schreckt vor Falsett-Einlagen oder Synthie-Streichern am Ende eben doch zurück. Marten und seine Mitstreiter haben allerdings das

Da kann man sich schon mal verzetteln: One Fine Day aus Hamburg.

Herz in die Hand genommen und drauf los gespielt: „Man muss sich einfach überwinden. Ich weiß, dass ich nicht Justin Timberlake bin, aber versuchen kann man es ja mal. Wenn du dich nichts traust, kann auch nichts Neues rauskommen.“ Man traut sich im Hause One Fine Day ohnehin so einiges in letzter Zeit, immerhin setzt die Band mit Album Nummer Drei alles auf eine Karte. Eine Entscheidung, die bis tief ins Privatleben hinein wirkt und textlich auch raumgreifend auf ‘One Fine Day‘

bearbeitet wird. „Ich finde es extrem wichtig, dass man sein Leben auch mal reflektiert und sich fragt, ob man mit dem, was man macht, glücklich und zufrieden ist. Wenn das nicht so ist, dann ist es wohl allerhöchste Zeit, etwas zu ändern“, erklärt Marten. Diese Fähigkeit zur Selbstanalyse hat One Fine Day bisher vor dem Bandtod gerettet. Die Schublade Pop-Punk kann die Band also getrost schließen. Text: Timo Richard Heimat: onefineday.de


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REISEFÜHRER

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ROCK'N'ROLL REISEFÜHRER

THE PAINS OF BEING PURE AT HEART MIT KIP NACH BROOKLYN Hauptberuflich befasst sich Sänger Kip Berman gerade mit dem ganzen Trubel rund um die Debüt-Veröffentlichung seiner Band. Nebenberuflich könnte der Indie-Boy ja mal über den Job als Fremdenführer nachdenken. Seine partytaugliche Ortskenntnis hat er in unserem Reiseführer jedenfalls recht gut unter Beweis gestellt.

Indie-Fan und bucht auch viele neue junge Bands. Obwohl der Laden in Manhattan ist, ist er sehr brooklynesque.

Welche Gegend in Brooklyn sollten wir definitiv ansehen? Brooklyn ist echt riesig. Ich wohne in Greenpoint. Im Osten liegt der Stadtteil Bushwick, Heimat einer noisy-avantgarde Punk-Szene. Ich habe da auch mal gewohnt. Alles ist sehr DIY-lastig, aber das ist eigentlich ganz Brooklyn. Greenpoint und Williamsburg sind mehr Pop, wenn ich es mal nach Musikgenres sortieren darf.

Hast du ein paar Insider-Tipps, wo wir in Brooklyn gut weggehen können? Clubs wie „Death By Audio“ (49 S. Second St) oder „Market Hotel“ (957 Broadway) sind sehr authentisch, und wenn sich da 400 Leute aneinander quetschen vom Ambiente her echt Punkrock. „Silent Barn“ ist in dieser Hinsicht auch richtig toll, liegt nur leider ein bisschen weit ab vom Schuss (915 Wyckoff Ave, Queens).

In welcher Bar hängt ihr Bands so rum? Kapellen wie Crystal Stilts, Vivian Girls und wir selbst sind gern im „Daddy‘s“ (435 Graham Ave). Das ist gleich bei mir um die Ecke. Aber ich gehe gar nicht so viel aus, weil‘s so teuer ist (lacht). Der „Cake Shop“ (152 Ludlow Street) ist so eine Mischung aus Club, Bar und Coffee Shop, allerdings nicht in Brooklyn, sondern Manhattan. Trotzdem geht es da sehr entspannt zu. Wir spielen dort selbst viele Shows. Der Besitzer ist ein echter

Wo in Brooklyn haben wir eine tolle Sicht auf die Skyline von Manhattan? Ich selbst steige auf dem Nachhauseweg immer an der Bedford Avenue Station aus (L Train). Im Sommer ist das der Hammer, du kannst am Fluss entlang laufen und die wunderschöne Skyline im Sonnenuntergang bewundern. New York ist ja ziemlich teuer, wo in Brooklyn finden wir gutes, aber billiges Essen?

In Manhattan essen zu gehen, ist irre teuer, und ihr wollt ja nicht eure ganze Reisekasse nur für Nahrung opfern. In Brooklyn ist es definitiv billiger und hier gibt es jede Menge traditioneller Diners, wo man für zehn Dollar schon gut bedient wird. Bei mir in Greenpoint findet ihr überall nette polnische Diner und traditionelle Restaurants. Wo in Brooklyn gibt es nette SecondhandLäden? New York ist der letzte Ort, an dem ihr VintageKram suchen solltet! Vintage ist hier genauso teuer, als würdet ihr das Zeug neu kaufen, deswegen lautet die uncoolere Alternative auf der Suche nach dem Retro-Look, bei Urban Outfitters zu shoppen. Und wo finden wir gute CD-Läden? Ehrlich gesagt, wenn man in dieser Sache richtig absahen will, sollte man sich doch besser an Manhattans Lower Eastside halten. Text: Christine Stiller Heimat: thepainsof beingpureatheart.com Auch gut: „The Pains Of Being Pure At Heart“ das Debütalbum der Kapelle


So wie einst Michael Jackson: Peter, Bjorn und John aus Stockholm.

PETER, BJORN AND JOHN Trio on the run

Melodien für Millionen sollen andere spielen: Peter, Bjorn And John wollen keine Hit-Lieferanten mehr sein und schlagen mit ihrem neuen Album ‘Living Thing’ sehr ungewohnte Töne an. Wer 2007 zum quietschvergnügten ‘Young Folks‘ nicht wenigstens einmal eine flotte Sohle aufs Parkett legte, verbrachte das Jahr wohl ausschließlich in den eigenen vier Wänden. Peter, Bjorn und John hießen die Macher dieses überraschenden Saison-Hits und hätten sich eigentlich diebisch über den Erfolg freuen können: „Immer wenn jemand meinte, er habe noch nie etwas von uns gehört, pfiffen wir die Melodie des Songs und schon machte es Klick!“, erzählt Sänger Peter Morén. Was er damit eigentlich sagen will: „An sich ist das eine tolle Sache, aber die Leute legen sich ungeheuer fest: Peter, Bjorn And John machen zuckersüßen Indie-Pop, las ich zuletzt oft – was nur die halbe Wahrheit ist!“ Zwar haben die drei Schweden kein Problem, einem gewissen Genre zugeordnet zu werden, schlagen zu früh gefällten Urteilen aber geschickt einen Haken: Auf ihrem neuen, vierten Longplayer ‘Living Thing’ baut das Trio harsche und oftmals zackige Samples in die sehr beschwingte Klanglandschaft: „Das war vielleicht die einzige Vorgabe, die wir vor den Aufnahmen hatten: Die Songs sollten vertrackte und manchmal schwierig zu analysierende Strukturen besitzen. Erstaunlicherweise ist ‘Living Thing’ am Ende poppiger geworden als unsere Alben zuvor. Frag’ mich nicht warum!“, wundert sich Morén und führt die verschiedenen Entstehungsorte als möglichen Grund an: „Mit den Aufnahmen haben wir in Schweden begonnen, sind dann nach England und brachten die Sessions in Amerika zu Ende“, erklärt Peter, und sein Sidekick John Eriksson ergänzt: „Ich glaube daher, dass die Platte den verschiedenen Musikkulturen der einzelnen Länder unbemerkt ihren Tribut zollt!“ Das ist anzunehmen, denn ‘Living Thing’ grenzt sich klar von der Hit-Single ‘Young Folks‘ ab – bietet zwar „zuckersüßen Indie-Pop“, ergänzt diesen aber durch elektronische Experimente, einen breit gefächerten Sound und mehrstimmigen Gesang. Die perfekte Art, dem Gestern Adieu zu sagen. Text: Marcus Willfroth Heimat: peterbjornandjohn.com

PETER BJORN AND JOHN AUF TOUR 27.3. Köln - Luxor *** 28.3. Berlin - Kesselhaus


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MUSIK STORIES

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SPORTFREUNDE STILLER In New York steht ein Hofbräuhaus

Im Januar luden die Sportfreunde Stiller gut 350 sportbegeisterte Fans ein, Zeugen eines ganz besonderen Moments im Leben von Flo, Peter und Rüde zu werden: „MTV Unplugged in New York - Sportfreunde Stiller“. Praktisch der Ritterschlag des Musikfernsehens.

Hier noch ein paar Worte von Billy und Charlotte von den Subways, wie es zu ihrem Gastauftritt bei „Sportfreunde Unplugged“ kam:

Dass es viel mehr als nur ein Sportfreunde-Konzert geworden ist, zeigen nicht nur die teils eigenwilligen, unerwarteten aber auch wunderschönen Versionen alter und neuer Songs wie „Ein Kompliment“ oder „Wellenreiten“. Auch die Liste an Gastmusikern lässt sich sehen. Unter ihnen beispielsweise Mitglieder der Emil Bulls und für die meisten Gäste besonders erfreulich: Charlotte und Billy von den Subways.

„Wir kannten die Sportfreunde Stiller bereits von einigen Festivalauftritten in Deutschland. Unter anderem von dem gemeinsamen Konzert bei der MTV Campus Invasion 2008. Bei einem der Konzerte unserer letzten Deutschlandtour kam die Band einmal Backstage und fragte, ob wir nicht Lust hätten, bei ihrem Unplugged-Konzert mitzumachen. Wir haben nicht eine Sekunde gezögert. Wir hatten unglaublich viel Spaß.“


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Außerdem dabei: ein Streicherquartett, verkleidet als Stewardessen, Bläser, Besuch aus Fernost und ein Pianist, der dem Spektakel eine ganz besondere Farbe verlieh. Wie sich die Sportis im Big Apple gemacht haben, um sich u. a. neben den Fantastischen Vier, den Toten Hosen und den Ärzten einzureihen und was das Ganze mit Udo Jürgens zu tun hatte, seht ihr im Mai auf MTV.

Auch Emil Bulls-Frontmann Christ hatte Spaß bei der Sache: „Ich wollte mir sowieso Tickets besorgen, was sich aber bereits im Vorfeld als ein Ding der Unmöglichkeit darstellen sollte. Deswegen war ich doppelt froh, als mich die Sportis baten, im Chor mitzusingen. Und mal abgesehen davon: Bei einer Aufzeichnung von MTV Unplugged mitwirken zu dürfen, ist wohl mit das Beste, was ich bis dato machen durfte.“ Text: Christopher Mühlig Fotos: Gerald von Foris Heimat: sportfreunde-stiller.de

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KONZERT DES MONATS

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KONZERT DES MONATS

Fotos: Ben Dominik

.

BLACK BOX REVELATION 12.3. Berlin – Huxley’s

Das Licht geht aus. Gleich kommen sie auf die Bühne. Nein, nicht die Eagles Of Death Metal, sondern das belgische Duo Blackbox Revelation, das für Jesse Hughes & Co. die Tour eröffnen darf. Das Publikum, das noch dabei ist, sich mit ausreichend Bier zu versorgen oder darauf zu warten genau das zu tun, spitzt die Ohren. Ein Blick auf die Bühne - das sind ja nur zwei? Kann doch gar nicht sein, wo kommt dann all diese Musik her? Bei dem ein oder anderen verrutscht der angeklebte Schnurrbart über der offenen Kinnlade. Füße fangen an zu wippen, der Blick bleibt bei den beiden Freunden des staubtrockenen Rock auf der Bühne. sie haben sichtlich Spaß. Denn was gibt es besseres, als allabendlich vor ausverkaufter Hütte zu spielen?! Eben. Mit tanzbaren Indie-Rock-Hymnen wie „Love Love Is On My Mind“ oder “Set Your Head On Fire” legen Dries (Schlagzeug) und Jan (Gitarre & Gesang) ein fulminantes Set hin, das auch jedem

Fan von Bands wie Johnossi, Blood Red Shows oder natürlich den White Stripes wohlige Schauer über den Rücken jagen dürfte. Die Eagles sind an diesem Abend zwar nicht so gut, wie ein paar Wochen zuvor im viel kleineren

Frannz-Club, aber solide. Überrascht und überzeugt haben an diesem Abend andere. Im April sind The Black Box Revelation erneut auf Tour, diesmal in den kleinen, geilen Abgehclubs und mit Sicherheit ganz ohne Schnauzbartträger.

KONZERTFOTOS OF DEATH Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen. Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:

ITCHY POOPZKID (SIBBI) 12.2. Berlin - Quiksilver Store GEKNIPST VON DANIELA:

Ob beim Akustik-Gig im Quiksilver Store oder am Abend beim Konzert in der Kultlocation (SO36), die Itchys überzeugen auch mit ihrem dritten Studioalbum auf voller Länge... sympathische junge Herren aus dem Schwabenländle.

THE SOUNDS 7.3. Hamburg – Molotow GEKNIPST VON DEEZ:

Trotz vollen Hauses wirkten die Sounds nicht so energiegeladen, wie man ihnen sonst nachsagt. Das Set war kurz, der Auftritt solide, aber leidenschaftslos.


TOURBUS

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Im Tourbus mit:

5 BUGS

WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER 7.3. Berlin - Eastend GEKNIPST VON ZWILICHT: YEAAAAAAAAY!

KINGS OF LEON 24.2. Berlin - Columbiahalle GEKNIPST VON EXIT9:

THE FUZZTONES 15.3. Berlin – Ramones Museum GEKNIPST VON MOTTI:

Vor Königen verbeugt man sich. Vor Bands, die diesen Titel durch die Welt tragen und so gute Shows abliefern wie die Herren Followill, verbeugt man sich erst recht. Kings Of Leon ließen das Berliner Publikum vom ersten Ton an spüren, dass sie nicht zum Ausruhen gekommen waren, trotz Calebs angeschlagener Stimmbänder. Helden hoch drei!

Die legendären Fuzztones live im Ramones Museum. Eigentlich sollte Frontmann Rudi Protrudi solo aufspielen, aber schließlich landete die ganze Band auf der Bühne. Tolles Konzert!

GEKNIPST VON DER-NIGGO:

Max Powers gekonnter Spring in die Masse, um für sich und seine Bandkollegen eine Runde Jägermeister vom Tresen abzuholen. Legendär.

Hattet ihr schon mal Ungeziefer im Bus oder anderweitig damit auf Tour zu kämpfen? Flo: Ungeziefer traut sich nicht in unseren Bus. Ab dem zweiten Reisetag schützt uns ein Geruchsgemisch aus Schnaps und Schweiß. Daniel: Also wenn du damit auf unseren Bandnamen anspielst, kann ich dir sagen: Unser Tourbus ist sauber. Essensreste bleiben nicht länger als zwei Tage liegen. In den Duschen dieses Clubs musstet ihr euch echt vor Pilzinfektionen fürchten: Flo: Bevor wir uns was einfangen, duschen wir lieber gar nicht. Dafür haben alle Verständnis - Sicherheit vor Hygiene, ganz klar. Aber im Kuba in Jülich nennen selbst die Angestellten die Bandwohnung Fixerhöhle.

KOTZREIZ 7.3. Köln – Bauwagenplatz Mühlheim MONTREAL 19.12. Hamburg - Headcrash

Schon lustig, so eine Reise mit den 5Bugs aus Berlin. Aber lasst euch lieber von Mami die Brote vorschmieren...

GEKNIPST VON BÄRTCHEN:

Keine Location zum Tragen von Chucks. Inmitten von Schlamm, alten Bauwagen, noch älteren Wohnmobilen und einer Sperrmüllhütte. Kotzreiz aus Berlin. Unglaublichstes Konzert bisher.

Was ist das Abstoßendste, was ihr auf Tour zu euch nehmt/genommen habt? Snöt: Einmal stand im Backstageraum ein Eimer mit Bohnerwachs oder sowas, auf jeden Fall sah es aus wie guter Schmalz. Irgendwer hat den Eimer zum Brotbelag gestellt und einladend ein Messer reingesteckt. Als dann jemand von der Vorband herzhaft in sein frischgeschmiertes Schmalzbrötchen gebissen hat, war das schon ein erheiternder Moment... Was ist der schlimmste Geruch auf Tour? Flo: Die Bühne vom Underground in Köln riecht, als hätte man auf ihr einen Menschen, der sich vier Wochen nicht gewaschen hat, zerquetscht und breitgeschmiert. Der übel riechende Matsch auf der Bühne stellte sich jedoch beim genaueren Betrachten als uralter, halbzersetzer Teppich heraus. Schon mal Ärger mit dem Gesetz gehabt? Daniel: Wenn man in München spielt, wird man eigentlich immer von der Polizei angehalten. Man steigt ins Auto, wendet und kann direkt wieder rechts ranfahren. Aber Lust, die ganze Karre auszuräumen, hatten sie bisher noch nie. Am 4. April ist es wieder soweit.

SOULFLY 4.3. Berlin – Huxley’s GEKNIPST VON FOTOGRAPHICS: Shake it!

Was war eure fieseste Panne? Snöt: Frontalzusammenstoß in einer Baustelle auf der Autobahn, nachts im strömenden Regen. Zweimal Totalschaden, drei zerbrochene Gitarren, ein paar gequetschte Organe und eine ausgelaufene Bacardi-Flasche. Gab es einen Moment, in dem du eine Tour am liebsten abgebrochen hättest? Snöt: Jeder, der mit Samy in einem Zimmer übernachtet, möchte die Tour am liebsten sofort abbrechen. Der Mann kann nämlich nur eine Sache noch lauter als Schlagzeugspielen: Schnarchen. Text: Christine Stiller Heimat: 5bugs.com Auch gut: „Best Off“ - das aktuelle Album von 5Bugs

THE KILLS 14.3. Düsseldorf – Zakk GEKNIPST VON CAPTAINCANDID:

Alison Mosshart! Hammerkonzert. Sehr exzessive Bühnenshow.

SPORTFREUNDE STILLER 14.3. Kempten - Kultbox GEKNIPST VON TILLY:

Man merkt erst, wie genial die Sportfreunde eigentlich sind, wenn man auf einem Konzert von ihnen war. Die geniale Stimmung in der wirklich kleinen Kultbox noch dazu und der Abend war perfekt.

5BUGS AUF TOUR 3.4. Karlsruhe - Substage *** 4.4. München - Backstage *** 15.4. Augsburg - Musikkantine *** 16.4. Jena - Rosenkeller *** 17.4. Melle - Honerkamps Ballsaal *** 25.4. Grebenstein - Kulturhalle *** 30.4. Cottbus - Gladhouse *** 1.5. Magdeburg - Blow Up *** 2.5. Gütersloh - Weberei *** 15.5. Erlangen - E-Werk *** 16.5. Passau - Proli *** 10.10. Berlin - Kesselhaus


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PRÄSENTIERT

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PRÄSENTIERT TOUR DES MONATS.

THE VIRGINS

Besser kann man nicht unterhalten werden. The Virgins aus New York haben mit den Stücken ihres selbstbetitelten Debüts nicht nur ein schön abwechslungsreiches Hitprogramm dabei, sondern laden danach auch noch zum ausgiebigen Umtrunk. Denn eine gelungene Aftershow-Party steht bei Frontmann Donald, Gitarrist Wade und Bassist Nick mindestens genauso hoch auf der Tagesordnung wie ein stimmungsgeladener Abend auf der Bühne. Mit ihrem Mix aus laszivem Indie-Pop, Punk und Disco sind die Virgins die zurzeit begehrteste Jungfer seit Madlen von Schweden, was sicher in übles Gebalze und ordentlich Zickenalarm vor der Bühne ausartet. Den Jungs dürfte das gefallen, schließlich sind sie dankbar für jede Form der In-

spiration, vor allem in Sachen Weibergeschichten. Und wer weiß, vielleicht schreibt Donald seinen nächsten Hit nach „Rich Girls“ schon über eine von euch? Gebt, aber mit Gummi.

AUF TOUR 6.4. München - Atomic Cafe *** 7.4. Köln - Gebäude 9 *** 8.4. Hamburg - Molotow *** 9.4. Berlin - Festsaal Kreuzberg

Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! ALESANA

18.05. Trier - Ex-Haus 19.05. Köln - Werkstatt 20.05. Hamburg - Headcrash 29.05. Berlin - Kato 30.05. Leipzig - Conne Island

03.04. Halle - Objekt 5 04.04. Berlin - Festsaal Kreuzberg 05.04. Berlin - Festsaal Kreuzberg 23.04. Stuttgart - Wagenhalle 24.04. Heidelberg - Karlstorbahnhof 25.04. Leipzig - Gwandhaus 22.05. Bremen - Lagerhaus 11.05. München - Atomic Cafe 12.05. Berlin - Magnet 13.05. Köln - Luxor 14.05. Leipzig - Iises Erika 15.05. Hamburg - Uebel & Gefährlich

05.05. Köln - Blue Shell 06.05. Hamburg - Logo 08.05. Bremen - Tower 09.05. Weinheim - Cafe Central 14.05. Frankfurt - Nachtleben 15.05. Essen - Cafe Nova 16.05. Berlin - Magnet 17.05. Regensburg - Heimat 20.05. München - 59 to 1 21.05. Freiburg - KTS 22.05. Konstanz - Kulturladen 23.05. Neukirchen - Jukuz 04.06. Würzburg - Cairo 06.06. Plauen - Club Zooma

DATAROCK

MONSTER MAGNET

THE CINEMATICS

08.05. Hamburg - Molotow 16.05. Berlin - Motor Club @ Magnet

THE ASTEROIDS GALAXY TOUR

DÚNÉ

06.05. Köln - Gebäude 9 09.05. München Molotow 13.05. Berlin - Lido 14.05. Heidelberg - Karlstorbahnhof

19.05. Hamburg - Headcrash 20.05. Köln - MTC 21.05. Berlin - Frannz Club

BETA SATAN

21.05. Heidelberg - Karlstorbahnhof 22.05. Berlin - Astra 23.05. Köln - E-Werk

17.04. Hamburg - Kukuun 18.04. Berlin - Magnet

13.06. Lindau - Club Vaudevielle 16.06. Würzburg - Posthalle 17.06. Karlsruhe - Substage 21.06. Aschaffenburg - Colos Saal

22.06. Krefeld - Kulturfabrik 23.06. Osnabrück - Rosenhof

ONE FINE DAY

05.05. Hamburg - Markthalle 06.05. Weinheim - Cafe Central 07.05. Stuttgart - Universum 08.05. Memmingen - Kaminwerk 10.05. Dresden - Bärenzwinger 11.05. Köln - Werkstatt 12.05. Oberhausen - Zentrum Altenberg 13.05. Aachen - Musikbunker 14.05. Recklinghausen - Vest Arena 16.05. Flensburg - Roxy 17.05. Berlin - Magnet 19.05. München - Backstage 20.05. Frankfurt - Nachtleben 21.05. Bremen - Lagerhaus

THE GOSSIP

ITCHY POOPZKID

14.04. Köln - Luxor 15.04. Saarbrücken - Garage 16.04. Erlangen - E-Werk

LA VELA PUERCA

THE BLACK BOX REVELATION 21.04. Hamburg - Molotow 22.04. Berlin - Magnet 23.04. Köln - Gebäude 9 24.04. München - Atomic Cafe

BONAPARTE

01.04. Wiesbaden - Schlachthof 02.04. Dresden - Beatpol

27.05. Frankfurt Am Main - Batschkapp 28.05. Konstanz - Kulturladen 03.06. Hamburg - Fabrik 04.06. Berlin - Lido 05.06. Bremen - Schlachthof 06.06. Hannover - Faust 07.06. Bochum - Bahnhof Langendreer 09.06. Münster - Skaters Palace 10.06. Köln - Gloria Theater 11.06. Erlangen - E-Werk 14.06. Stuttgart - LKA Longhorn

MIKROBOY

04.05. Oberhausen - Druckluft

TREND Nachdem die letzte Tour krankheitsbedingt verschoben werden musste, geht‘s für Trend nun auf große Fahrt. Lasst vor eurem Konzertbesuch nochmal das aktuelle Album „Vier“ kreiseln - textsicher macht‘s im Mosphit doppelt Spaß.

AUF TOUR 2.4. Hamburg - Molotow *** 3.4. Köln - Gebäude 9 *** 4.4. Berlin - Magnet *** 5.4. Duisburg - Djäzz *** 6.4. Bremen - Nook *** 7.4. Siegen - Vortex *** 8.4. Jena - Rosenkeller *** 9.4. Hannover - Bei Chez Heinz *** 10.4. Darmstadt - 603 qm *** 11.4. Karlsruhe - Alte Hackerei


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PRÄSENTIERT

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PETER FOX

12.06. Berlin - Wuhlheide 13.06. Berlin - Wuhlheide (Ausverkauft) 25.08. Berlin - Wuhlheide

SENSES FAIL

28.04. Münster - Sputnikhalle 29.04. Karlsruhe - Substage 06.05. München - 59 to 1 07.05. Leipzig - Conne Island 08.05. Schweinfurt - Alter Stattbahnhof 09.05. Hannover - Chez Heinz 10.05. Hamburg - Molotow 11.05. Berlin - SO36 12.05. Köln - Underground

Nur noch ein paar Mal duschen, dann ist es wieder soweit. Regen, Hagel, Schnee und Schlamm - und ihr verkatert mittendrin im deutschen Festivalsommer. Neben dem launigen Showprogramm auf dem Zeltplatz werden euch an den folgenden Tagen definitiv auch diese bislang bestätigten Bands auf der Bühne geboten. ASTA FESTIVAL 4.6. UNI PADERBORN

Line-Up: 7 Days Awake, After One Summer, Bedouin Soundclash, Clueso, Disco Ensemble, Dreadnut Inc., El*Ke, Ghost Of Tom Joad, Highfly, Jerk Off Kid, Karpatenhund, Trashmonkeys, Waterdown, Wir Sind Helden u.a. das-sommerfestival.de

motor.de

SERENGETI FESTIVAL 27.6. & 28.6. SCHLOSS HOLTE-STUKENBROCK

OPEN FLAIR 7.8. BIS 9.8. ESCHWEGE

Line-Up: Clueso, Deichkind, Flogging Molly, In Extremo, Julia, K.I.Z, Massendefekt, Maxïmo Park, Mia., The (International) Noise Conspiracy, Northern Lite, P:lot, Selig, Smoke Blow, Sondaschule u.a. open-flair.de

serengeti-festival.de

30.04. Berlin - Festsaal Kreuzberg 01.05. Wiesbaden - Schlachthof 02.05. München - Backstage 15.05. Köln - Luxor 16.05. Hamburg - Logo 22.05. Bremen - Kirchentag/Bürgerweide 23.05. Würzburg - Soundpark Ost 25.05. Erlangen - E-Werk 26.05. Krefeld - Kulturfabrik 27.05. Osnabrück - Rosenhof 05.06. Recklinghausen - Vest Arena

Line-Up: Clueso, Selig, Super 700 u.a.

Line-Up: Anthrax, Bloodhound Gang, The Carburetors, Donots, God Forbid, Millencolin, Montreal, Peter Pan Speedrock, Soulfly, Wirtz u.a.

SMOKE BLOW

THOMAS D

MOTOR IM GRÜNEN 27.6. BERLIN

HATESPHERE WILWARIN FESTIVAL 5.6. & 6.6. ELLERDORF

Line-Up: 1000 Robota, Bubble Beatz, Callejon, The Detectors, Frankie´s Freakshow, Großstadtgeflüster, Hatesphere, Sondaschule, Tequila And The Sunrise Gang, Threats, Trashmonkeys, Trip Fontaine, Vladimir Harkonnen u.a. wilwarin.de

MOTÖRHEAD DEVIL SIDE 28.6. DUISBURG-NORD

Line-Up: All Shall Perish, Anthrax, Bloodhound Gang, The Carburetors, Cro Mags, Discipline, Hammerhead, Millencolin, Motörhead, Peter Pan Speedrock, Soulfly u.a. devilside.de

MAXÏMO PARK HIGHFIELD FESTIVAL 21.8. BIS 23.8. HOHENFELDEN

Line-Up: Apocalyptica, Arctic Monkeys, Baddies, Clueso, Farin Urlaub Racing Team, Get Well Soon, Maxïmo Park, Panteón Rococó, Rise Against, Die Toten Hosen, Turbostaat, Wilco, The Wombats u.a. highfield.de

OASIS VOLLPLAYBACKTHEATER PRÄSENTIERT: JOHN SINCLAIR & DAS HORROR-SCHLOSS IM SPESSART

10.05. Wuppertal - Forum Maximum im Rex Theater 16.05. Düsseldorf - Stahlwerk 17.05. Köln - Essigfabrik 18.05. Essen - Lichtburg 19.05. Frankfurt - Batschkapp 20.05. Stuttgart - Theaterhaus 2 21.05. München - Muffathalle 22.05. Hamburg - Große Freiheit 36 23.05. Osnabrück - Rosenhof 24.05. Berlin - Postbahnhof 25.05. Bielefeld - Rudolf Oetker Halle 26.05. Hannover - Pavillon 27.05. Bremen - Schlachthof 28.05. Münster - Sinn Und Sünde

MELT! 17.6. BIS 19.6. FERROPOLIS

Line-Up: A Critical Mass ft. Henrik Schwarz, Aphex Twin + Hecker, Baddies, Bloc Party, Bodi Bill, Bonaparte, Boy 8-Bit, Caribou, Digitalism (live), Diplo, DJ Phono, Ellen Allien, Filthi Dukes, Foals, Gossip, Hudson Mohawke, James Yuill, Jazzanova (live), Jochen Distelmeyer, Kasper Bjørke, Kiki, Klaxons, Luke Slater (live), Markus Kavka, Mathias Aguayo, Mediengruppe Telekommander, Mikroboy, MSTKRFT, Mujava, Oasis, Paul Kalkbrenner, Pilooski, Sascha Funke, Simiam Mobile Disco, Super 700, The Dodos, The Faint, The New Wine, The Whitest Boy Alive, Tobias Thomas, Trentemøller DJ-Set, WhoMadeWho, Zander VT u.a. meltfestival.deE

COLDPLAY ROSKILDE FESTIVAL 2.7. BIS 5.7. ROSKILDE (DK)

Line-Up: Amadou & Mariam, Amon Amarth, Baddies, Black Dice, Cancer Bats, The Chap, Coldplay, Darkane, Deichkind, Den Sorte Skole, The Dodos, Down, Dungen, Fever Ray, Fleet Foxes, Friendly Fires, Frightened Rabbit, Fucked Up, Get Well Soon, Hakan Hellstöm, Katzenjammer, Klovner I Kamp, La Coka Nostra, Lily Allen, Lil Wayne, Madness, The Mars Volta, Nine Inch Nails, Oasis, Röyksopp, Satyricon, Skambankt, Slipknot, Social Distortion, The Soft Pack, Steinski, Marnie Stern, Tony Allen, Volbeat, Yoga Fire u.a. roskilde-festival.de

RISE AGAINST


Biffy Clyro

The Kooks

Razorlight

COCA-COLA SOUNDWAVE DISCOVERY TOUR 2009

Live-Saison mit den Top-24 und internationalen Superbands Ihr habt sie gewählt: die glorreichen 24 Kapellen, die sich im April live auf der Bühne eurem kritischen Urteil stellen wollen. An vier Abenden werden jeweils sechs der besten 24 Coca-Cola Soundwave Newcomerbands gemeinsam mit einem internationalen Top-Act die Bühne teilen. Jeweils drei Teilnehmer pro Abend lösen hier ihr Ticket für die nächste Runde, sprich für den „Band Clash“ bei Rock Am Ring. Darüber, wer die Glücklichen sein werden, entscheidet allein ihr mit eurem Applaus. Nach der Urteilsverkündung haben sich dann alle ein Extrabonbon verdient. Für den Abschluss des Konzertabends wird neben Samavayo, den Gewinnern der letztjährigen Tour, auch eine internationale Superband sorgen. Wer das in eurer Stadt sein wird, erfahrt ihr nachfolgend. Der Eintritt für alle Konzerte ist im Übrigen frei.

Für alle, die die Live-Runde überstehen, geht es dann erst richtig los. Die zwölf Gewinnerbands turnen sich an speziellen Coaching-Wochenenden fit für die riesige Bühne bei „Rock Am Ring“. Und das lohnt sich, denn die Sieger des „Band Clash“ reisen weiter zu den nächsten großen Festivals des Sommers und werden sich unter anderem auf dem Melt! und dem Highfield beweisen müssen. Hört euch die Top 24 schon jetzt im Netz auf myspace.com/cokemusic an. Hier findet ihr auch regelmäßig Infos, Fotos, Blogs und Videos zur Coca-Cola Soundwave Discovery Tour 2009. myspace.com/cokemusic

DIE TERMINE 4.4. HAMBURG - DOCKS MIT BIFFY CLYRO, SAMAVAYO UND... Bubble Session / Brandenburg Videoclub / Münster IchKannFliegen / Hannover Idiotlights / NRW K’s Life / Osnabrück The Knights / Hamburg

11.4. MÜNCHEN - MUFFATHALLE MIT RAZORLIGHT, SAMAVAYO UND... Yes But / München Split / Eislingen/Fils The Rising Rocket / Stuttgart TOS / Ebersbach-Musbach WIR / Endingen ScheinFrei? / Untereisesheim

18.4. KÖLN - E-WERK MIT REAMONN, SAMAVAYO UND... Million Dollar Handshake / Mainz Berti’s Beatpatrol / Wadern Another Day / Köln Earotation / Mainz Betty True / Köln Whitenights / FFM

25.4. BERLIN - ARENA MIT THE KOOKS, SAMAVAYO UND... Phases Of Life / Berlin The New Economy / Jena Circus Rhapsody / Berlin Jack Rabbit Slimz / Karlsruhe Mamasweed / Berlin Andioliphilipp / Heilbronn

Einlass: jeweils um 19.00 Uhr. Der Eintritt ist frei!


VOLKSWAGEN AUTOSHOW Quetschen und Krakeelen

Die optimale Chance, um sich mal richtig auszuspinnen. Volkswagen sucht nach eurem kreativen Input, wenn es darum geht, sich im Innern eines Autos in voller künstlerischer Pracht zu entfalten. Keine leichte Aufgabe. Aber ihr werdet es schon meistern. Schnappt euch einfach eine Kamera, eure Freunde, einen VW und legt los, was das Kreativmonster in euch hergibt: singen, zaubern, tanzen... Es ist nie zu eng, um abzugehen. Als Hauptpreis winkt ein Wochenende in Stuttgart für zwei Personen mit einem Konzert der Fantastischen Vier und vieles mehr. Unter myspace.com/ myvolkswagen könnt ihr eure Kurzfilme hochladen. Außerdem liefern euch die Mitglieder der Volkswagen Sound Foundation an jener Stelle schon mal Inspiration im Selbstversuch. myspace.com/myvolkswagen Foto: Matt Irwin

T-MOBILE STREET GIGS

The Ting Tings hinter schwedischen Gardinen in Berlin

Die Ting Tings werden weggesperrt. Am 9. Mai lassen die beiden Briten ihre Phobien zu Hause und spielen einen exklusiven Gig im ehemaligen Frauengefängnis Charlottenburg. Wer sich gemeinsam mit dem Dance-Pop-Duo hinter Stahlgardinen quetschen lassen möchte, sollte sich jetzt unter t-mobile-streetgigs.de für die begehrten Tickets bewerben, die es nicht zu kaufen, sondern nur dort zu gewinnen gibt. In unserem Bonussystem wartet allerdings noch ein ganz besonderer Preis auf einen von euch. Unter sallys.net verlosen wir 1x2 Tickets für die Show samt eines neuen Mobiltelefons (Samsung SGH-F480) an einen glücklichen Gewinner. Am 20. März zelebrierten die Jungs von Mando Diao mit ihrem Konzert im Dresdener Ballsaal Orpheum das 15. Jubiläum der T-Mobile Street Gigs. Die Ting Tings setzen diese kostenlose Konzertreihe, die regelmäßig an den abgefahrensten Orten ausgetragen wird, nun hinter schwedischen Gardinen fort. Was für ein Deal. T-Mobile Street Gigs mit The Ting Tings 9.5. Berlin - ehemaliges Frauengefängnis Charlottenburg Tickets unter: t-mobile-streetgigs.de


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QUICKIES

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QUICKIES

GUITAR HERO

Wie Gene an der AXE

Alles nur gekauft

Klar, ihr macht sicher bereits eine Top-Figur an der Guitar-Hero-Klampfe. Doch es geht noch besser. Mit dem „Gene Simmons AXE Gitarren Controller“, der sowohl für die PS3, PS2 und die Wii funktioniert, stellt ihr allein schon optisch alles und jeden in eurem Wohnzimmerradius in den Schatten. Mr. Simmons hat die Guitar-Hero-Adaption seiner legendären Bass-Axt selbst überwacht und gibt zu Protokoll, dass sich das Spielen mit dem Controller fast so anfühle, als würde er wieder live mit KISS auf der Bühne stehen. Was er genau damit meint, erfährt ein glücklicher Gewinner unter euch schon bald. Auf sallys.net verlosen wir jetzt eines dieser Prachtexemplare, die es für die Guitar Hero- und Rock Band-Videospielserien natürlich auch im Fachgeschäft eures Vertrauens gibt. genesimmonsaxe.com

SKATE 2 VS. ETNIES Für drinnen und draußen

RAZER CARCHARIAS Besser Hören mit Razer

Wer seine Nächte bevorzugt schlaflos, mit der Maus in der Hand und dem Headset auf dem Kopf verbringt, kennt das Problem – früher oder später schmerzen die Ohren, weil die Kopfhörer zu stark auf die empfindlichen Lauscher drücken. Hardware-Spezialist Razer will da Abhilfe schaffen: Das neue CarchariasHeadset setzt auf Samt-Ummantelung – und sitzt so auch am frühen Morgen noch bequem. Natürlich wurde aber auch Wert auf die Technik gelegt: Die Bässe sind kräftig, die Höhen differenziert, und das fest an der linken Ohrmuschel angebrachte Mikrofon ermöglicht glasklare Kommunikation. Schön auch: Dank des mehr als drei Meter langen Kabels ist Bewegungsfreiheit gesichert. Einzig der Preis ist – typisch Razer – nicht für jedermann: Bei 80 Euro greifen wohl nur die Hardcore-Gamer zu; die brauchen sich dank der hervorragenden Verarbeitung in den nächsten Jahren aber auch keine Gedanken mehr über ein neues Headset machen.

Um aber die Ausgewogenheit zwischen dem Skaten vor dem Bildschirm und der Bewegungsfreude an der frischen Luft zu wahren, lockt euch Etnies jetzt mit dem „Skate 2 RVM Skateschuh“ auf die Straße. Das Design orientiert sich an den Etnies-Modellen der Neunzigerjahre und macht euch mit der oberschicken Farbkombination auch ohne halsbrecherische Elemente zum Helden der Rails. Auf sallys.net verlosen wir ein Paket aus der kürzlich erschienenen zweiten Version des Skatespiel-Klassikers und einem Paar Etnies. Vergesst bitte nicht, eure Schuhgröße anzugeben. etnies-germany.com

razerzone.com

NIVEA

Zart, zarter, „Happy Time“

Wie ihr Bio-Cracks natürlich wisst, ist die Haut unser größtes Organ und bietet viel Platz, um sie ausgiebig zu pflegen. Für den optimalen Wohlfühleffekt sorgt ihr jetzt am besten mit der neuen „NIVEA Happy Time Body Lotion“. Sie verwöhnt eure Haut mit wertvollen BambusExtrakten und eure Nase mit dem frischen Duft von Orangenblüten. Mit etwas Glück schicken wir euch ein tolles NIVEA-Entspannungspaket direkt nach Hause. Auf sallys.net verlosen wir drei Sets mit je einem Duschgel und einer Body Lotion von Happy Time. nivea.de

„KISS MY AXE“

Macht euch zu Wohnzimmer-Rockstars

AXE lädt euch in Zusammenarbeit mit „Guitar Hero“ unter kissmyaxe.de ein, virtuelle Bühnenhelden zu werden. Das Prinzip des Online-Games ist das gleiche wie bei dem bekannten Musikspiel, nur ersetzt hier eure Tastatur die Gitarrenattrappe. Tolle Sache - und es wird noch besser: Wer sich registriert, sich einen schicken Bandnamen ausdenkt, sein Foto hochlädt und einigermaßen gut performt, findet sich ruckzuck mit Franziska Knuppe (sorry, Mädels!) im Backstage und mit Markus Kavka in den MTV-News wieder. Lustige neue OnlineWelt! Richtig und real rocken darf aber am Ende der Gewinner des ganzen Spektakels. Der bekommt nämlich nicht nur ein Backstage-Paket beim Hurricane-Festival für sich und seine vier besten Freunde - nein, er bekommt die Anreise in einem eigenen Nightliner! Also - nix wie ran an die Tasten. Wir haben auf sallys.net auch noch etwas schickes und nachhaltiges für euch abgestaubt: das tolle „Kiss My AXE“-Rockstar-Package, das wir hier gemeinsam mit AXE verlosen. Es besteht aus einer lederumhüllten Xbox 360, dem dazugehörigen Gitarrencontroller in Leder, dem Spiel „Guitar Hero World Tour“ sowie dem neuen AXE Instinct, das die Transpiration beim Spielstress optimal verhindern wird. kissmyaxe.de



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KINO

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UNBEUGSAM - DEFIANCE

KNOWING

Daniel Craig kann nicht nur Bond: unter der Regie von Edward Zwick („Der letzte Samurai“) spielt er einen jüdischen Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg, der gemeinsam mit seinen Brüdern hunderten Verfolgten das Leben rettet, indem er sie im Wald versteckt.

Manchmal gibt es Filme, bei denen möchte man nur über das Ende sprechen, das einen mehr beschäftigt als die gesamte Geschichte, die man zuvor gesehen hat. Aber meistens sind leider gerade das die Werke, deren Ausgang einem potentiellen Publikum eigentlich nicht verraten werden sollte.

Die nach ihnen benannten Bielski-Partisanen gab es wirklich. Was man von dieser wahren Geschichte im Film erzählt bekommt, ist aber wohl bestenfalls die Hollywood-Variante. In „Unbeugsam - Defiance“ wird aus dem verzweifelten Kampf gegen die SS, die abertausende Juden in Osteuropa tötete, ein zähes Waldabenteuer mit gelegentlicher Pfadfinderromantik. Das Drehbuch wertet das verlustreiche Überwintern im eisigen Weißrussland zum Hintergrund für Liebschaften, Bruderzwist und Lagerkoller ab. Schreckliches spart der Film zwar nicht aus, doch die tragischen Verluste werden meist in wenigen Szenen abgearbeitet. Da schaffen auch Großaufnahmen verhärmter Star-Gesichter nicht mehr Anteilnahme, selbst wenn Craig und Kollegen (u.a. Liev Schreiber und Jamie Bell) ihr Bestes geben. Text: Peter Meisterhans Kinostart: 23. April 2009

IM INTERVIEW: DANIEL CRAIG

Erst war er eine Weile „der Freund von Heike Makatsch“; seit Daniel Craig aber als James Bond über die Leinwand jagt, spricht natürlich längst niemand mehr über die deutsche Ex. Doch auch auf 007 möchte der Brite nicht festgelegt werden und nimmt deshalb zwischen den Bond-Filmen möglichst viele möglichst verschiedene Rollen an. So wie jetzt die des jüdischen Widerstandskämpfers Bielski in „Unbeugsam – Defiance“. Herr Craig, ihr neuer Film ist noch vor dem letzten Bond-Film entstanden, oder? Genau. Die beiden Filme entstanden sogar direkt nacheinander: Einen Tag, nachdem die letzte Klappe zu „Unbeugsam – Defiance“ fiel, stand ich schon am Set von „Ein Quantum Trost“. In diesem Fall kam mir der Stress aber gar nicht ungelegen, denn dadurch war ich gezwungen, diese anstrengende

Rolle sofort hinter mir zu lassen und nicht weiter in dieser Düsternis zu verharren. Ist der Kontrast zwischen einem Holocaust-Drama und einem 007-Abenteuer nicht arg groß? Das gehört nun einmal zum Job dazu! Außerdem finde ich solche Kontraste spannend, das hält das Interesse an diesem Beruf wach. Gerade die Möglichkeit, möglichst unterschiedliche Rollen zu spielen und immer wieder Neues auszuprobieren, macht doch den Reiz an der Schauspielerei aus. Welcher Aspekt dieses Films reizte sie am meisten? Es geht in diesem Film um Helden, aber eben derart, dass gar kein Zweifel daran besteht, dass diese Männer alles andere als makellos und heldenhaft waren. Sie haben einige fürchterliche Dinge getan, um unter diesen extremen Umständen zu überleben. Aber am Ende retteten sie dadurch 1.200 Menschen das Leben. Dieser ungeschönte, aber humanistische Ansatz war es, der mich interessierte. Plus die Tatsache, dass Edward Zwick als Regisseur mit dabei war, denn dadurch konnte ich davon ausgehen, dass er diese Geschichte auch unterhaltsam verfilmen und damit das Publikum erreichen würde. „Unbeugsam“ zeigt Juden, die zur Waffe greifen. Im Kontext des Nahostkonflikts könnte der Film durchaus kontrovers betrachtet werden. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe, mich dazu zu äußern. Ich will dem Thema gar nicht aus dem Weg gehen und vertrete zum Beispiel klar die Meinung, dass Israel jedes Recht hat, seine Grenzen zu verteidigen. Aber alles, was darüber hinausgeht, ist derart kompliziert, dass ich einfach nicht qualifiziert genug bin, dazu etwas zu sagen. Die politischen Parallelen müssen andere ziehen. Interview: Patrick Heidmann

So auch im Falle von „Knowing“, in dem eine rätselhafte Zahlenbotschaft, die in den Fünfzigern von einem kleinen Mädchen in eine Zeitkapsel gesteckt wurde, den Wissenschaftler Koestler (Nicolas Cage) und seinen Sohn zum Zentrum einer Katastrophe von apokalyptischem Ausmaß werden ässt. Ein paar der Spezialeffekte, die dafür aufgefahren werden, können sich durchaus sehen lassen, und auch Nicolas Cage, wenngleich immer noch weit entfernt von seiner Höchstform, schlägt sich wackerer als zuletzt. Leider aber entpuppt sich die Inszenierung von Alex Proyas („I, Robot“) nach atmosphärischem Einstieg als relativ banal und plump. Und dann ist da eben noch dieses Finale, das zwar erstaunlich drastisch, vor allem aber penetrant metaphorisch aufgeladen daherkommt. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 9. April 2009

IM INTERVIEW: NICOLAS CAGE

Als junger Romantiker wurde er mit Filmen wie „Mondsüchtig“ und „Wild At Heart“ Ende der Achtziger zum Star, als Alkoholiker in „Leaving Las Vegas“ gewann er den Oscar und schließlich erfand er sich als Actionstar und feierte Erfolge mit „The Rock“, „Das Vermächtnis der Tempelritter“ und „Ghost Rider“. Genau an diese Tradition knüpft der 45-Jährige nun auch mit „Knowing“ an. Herr Cage, erst kürzlich waren sie in „Next“ zu sehen, einem Film, der sich ebenfalls mit der Zukunft beschäftigt. Ist das ein Thema, das sie be-


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sonders interessiert? Absolut! Ich habe im Laufe der Jahre festgestellt, dass Science-Fiction eigentlich der einzige Weg ist, wie man im Film noch abstrakt sein kann und trotzdem den Draht zum Publikum nicht verliert. Mir ist es wichtig, in meiner Arbeit die Grenzen des Abstrakten und Theoretischen zu erfahren, doch natürlich soll der Zuschauer dem - zumindest auf eine intuitive Weise - folgen können. Science Fiction ist dafür das ideale Feld, denn wenig ist fruchtbarer für die Phantasie als dieses Genre. Für mich als Schauspieler ist die Arbeit an solchen Geschichten wie „Knowing“ geradezu befreiend, denn sie machen mich aufgeschlossen für das Neue und Unbekannte. Was genau meinen sie damit? Dass man einfach nicht aus dem Auge verliert, dass es auch jenseits von Materie und dem, was wir als unsere normale Umgebung wahrnehmen, noch etwas gibt oder zumindest geben könnte. Hatte ihre Rolle in „Knowing“ für sie eine besondere Bedeutung, weil sie selbst Vater sind? Ich spreche nicht gerne über mein Privatleben, aber ich kann ihnen auf jeden Fall verraten, dass der beste Lehrer für mich immer das Leben, oder besser: mein Leben ist. Dass ich also eigene Erfahrungen mit mittlerweile zwei Söhnen habe, hat mir hier auf jeden Fall sehr geholfen. Man muss nicht Vater sein, um einen zu spielen, aber natürlich kann ich mich dadurch noch stärker in die Rolle einfühlen, sie besser verstehen. Wie sehr interessieren sie selbst sich für Prophezeiungen? Wüssten sie selbst gerne, was auf sie zukommt? Das interessiert mich durchaus. Ich finde es immer sehr faszinierend, über Prognosen und Vorhersagen zu lesen. Nostradamus zum Beispiel ist ein interessanter Mensch gewesen. Aber wenn es konkret um mich geht, bevorzuge ich ehrlich gesagt doch ein gewisses Maß an Überraschungen. Wenn man immer wüsste, was einen erwartet, dann würde das Leben, fürchte ich, sehr schnell langweilig. Nichtwissen kann deswegen manchmal auch ganz nett sein! Interview: Patrick Heidmann

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PUBLIC ENEMY NO. 1 - MORDINSTINKT Er hat eigentlich keinen Grund, über 40 Morde zu begehen – und das sind nur die, die er vermeintlich gestanden hat. So versucht dieser Film auch gar kein Psychogramm des Raubmörders Jacques Mesrine (Vincent Cassel) zu erstellen, der 1979 tatsächlich der meist gesuchte Gewaltverbrecher Frankreichs war. Die Gewalt bleibt unerklärlich. Einen Großteil der extrem brutalen Banküberfälle, Entführungen und Folterszenen versucht Jean-François Richet in seiner Version dieser Lebensgeschichte darzustellen, weshalb „Public Enemy No. 1“ erst im zweiten Teil („Todestrieb“ startet am 21.5.) zu Ende erzählt wird. Dabei wünscht man sich, die Kamera würde auch einmal nicht alles zeigen. Richet aber hat kein Erbarmen. Ganz im Gegenteil: Er teilt die Leinwand mit dicken, schwarzen Streifen und zeigt die immer gleiche Szene aus verschiedenen Blickwinkeln. Da gibt es kein Entrinnen. Alles andere würde Mesrine auch nicht gerecht. Ein sehr aufregender und fesselnder Film, der einen auch in den vier Wochen bis zur Fortsetzung nicht loslässt. Text: Jochen Barthel Kinostart: 23. April 2009

IM INTERVIEW: VINCENT CASSEL

Seit 20 Jahren steht Vincent Cassel vor der Kamera, mittlerweile ist er Frankreichs vielleicht größter Star. Provokante Produktionen wie „Hass“ oder „Irreversibel“, Mainstream wie „Die purpurnen Flüsse“ und internationale Hits wie „Ocean’s Twelve“ oder „Tödliche Versprechen“ wechseln sich in seiner Filmografie problemlos ab. Und für „Public Enemy No. 1“ gewann er auch endlich den César, Frankreichs wichtigsten Filmpreis. Herr Cassel, der Gewaltverbrecher Jacques Mesrine war und ist in Frankreich eine Legende. Haben sie noch persönliche Erinnerungen ihn? Als er 1979 starb, war ich 13 Jahre alt, und natürlich habe ich als Kind oft von ihm gehört. Aber wirklich beschäftigt mit ihm habe ich mich nie. Eines Tages kam mein Bruder aus der Schule und erzählte, dass

Mesrine erschossen worden war, gleich um die Ecke von seiner Schule. Er hörte sogar die Todesschüsse der Polizei! Dadurch wurde das für mich zu einer konkreten Angelegenheit. Er ist bis heute ein sehr umstrittener Mann. Haben sie sich eine konkrete Meinung über ihn gebildet? Vor sieben Jahren fingen wir an, den Film zu planen und seitdem beschäftige ich mich mit diesem Mann. Aber bis heute fällt es mir schwer, ein endgültiges Urteil zu fällen. Mittlerweile weiß ich so viel über ihn, dass ich ihn nicht pauschal verdammen kann. Allerdings war ich auch nie ein Fan. Man muss sich das mal vorstellen: 1979, im gleichen Jahr als er der französischen Regierung mit Anschlägen drohte, falls sie ihre Politik nicht ändert, posierte er mit seiner Waffe für Magazincover und wurde von den Franzosen zum beliebtesten Prominenten gewählt! Diese Beziehung und diesen Missbrauch der Medien konnten die offiziellen Stellen einfach nicht länger hinnehmen, deswegen fiel wohl der Entschluss, Mesrine zu erschießen. Doch bis heute kann ihm keiner der 43 Morde, die er in seinem Buch beschrieben hat, nachgewiesen werden. Wie haben sie sich auf die Rolle vorbereitet? Es gibt keine Videoaufnahmen von ihm, nur Fotos. Aber ich habe natürlich so viel gelesen, wie ich konnte. Sein Buch, aber auch all die Bücher, die über ihn geschrieben wurden, von allen seinen Freundinnen, allen Polizisten, die ihn gejagt haben. Im Grunde hat jeder ein Mesrine-Buch veröffentlicht, der mal eine Stunde mit ihm im gleichen Raum war. Am hilfreichsten waren allerdings zwei Tonbandaufnahmen, die es gibt. Ein Interview nach seinem Gefängnisausbruch in Kanada, und ein Bekenntnis, das er drei Tage vor seinem Tod seiner Freundin hinterließ. Dort dekonstruiert er letztlich das ganze Macho-Image, das er sein Leben lang aufgebaut hat und kommt sogar zu dem Fazit, dass es in der Kriminalität keine Helden gibt. Er verwarf also im Grunde sein gesamtes Leben. Interview: Patrick Heidmann


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DORFPUNKS

Im Auftrag ewiger Jugend und Widerborstigkeit

45 Minuten drin lassen, sonst wird’s orange.

Fünf Jahre nach der Veröffentlichung des erfolgreichen „Dorfpunks“-Romans von Rocko Schamoni hat sich Regisseur Lars Jessen nun dessen Verfilmung angenommen. Schamoni bemerkt dazu einleitend: „Vor etwa zwei Jahren unterschrieb ich meinem Freund Lars Jessen einen Serviettenvertrag, dass ich ihm gegen die Erbringung von zwei Augustiner Halben die Rechte für den Film ‘Dorfpunks’ zusprechen würde. Ich habe die beiden Bier getrunken und nicht weiter dran gedacht. Jetzt ist der Film fertig.“ In der „Jungen Welt“ stand, dass „Dorfpunks“ auch Momente hat, in an denen er ein Heimatfilm wäre. Lars Jessen: Ich habe kein Problem damit, Heimatfilm-Regisseur zu sein. Ich sehe das eher als Kompliment, weil man dann ja über lokale Begebenheiten Bescheid weiß. Im Süden machen die uns das vor mit Filmen wie „Wer früher stirbt ist länger tot“ oder „Räuber Kneißel“, wo allein in Bayern 800.000 Zuschauer ins Kino rennen. Aber unsere Heimatkultur in Norddeutschland ist leider ein bisschen verschütt gegangen - bis Detlev Buck 1984 mit ein paar hervorragenden Filmen auf den Plan trat. War es schwierig – sowohl für das Buch als auch für den Film – dieses spezifisch „Heimatige“ unterzubringen und trotzdem eine Universalität zu erzeugen, die auch Leute aus anderen Orten anspricht? Jessen: Das Geheimnis liegt in der Genauigkeit und den Details. Meine großen filmischen Vorbilder wie Ken Loach oder Mike Leigh machen Filme in England und du weißt genau, ob das jetzt in Glasgow spielt, in Birmingham, in Manchester oder in Leeds. Weil die mit Leuten von dort arbeiten, weil die Akzente einbringen, weil die die Atmosphäre einfangen. Deswegen haben wir uns bei diesem Film bereits während der Drehbuchphase für alles viel Zeit genommen und wollten keine ausgebildeten Schauspieler haben. Wir wollten niemanden, der auf Grund seiner Erfahrung und seines Könnens eine Figur erarbeiten kann, sondern Leute, die sehr viel von sich aus mitbringen.

Rocko Schamoni: Deswegen ist der Film auch eher ein Heimatfilm als dass das Buch ein Heimatbuch ist. Denn im Film kannst du anhand der Sprache sofort feststellen, wo die Leute herkommen. Das hast du im Buch viel weniger, denn das ist einfach in Hochdeutsch geschrieben. Interessant, dass du sagst, dass durch dein besonderes Augenmerk auf die Details eine Allgemeingültigkeit zustande kommt. Man würde vielleicht eher denken, dass man alles sehr vage halten muss, damit sich möglichst viele Leute damit identifizieren können. Jessen: Ich bin sicherlich keiner, der so eine dezidiert kritische Meinung zum Mainstream hat wie Rocko, aber Mainstream wird eben oft auch mit so etwas wie Mittelmäßigkeit verwechselt, so dass versucht wird, es für jeden verständlich zu machen – und das ist meiner Meinung nach der vollkommen falsche Weg. Ich finde es viel interessanter zu sagen: „Das hier ist mein Phänomen. Und nun liegt es an dir, den Transfer hinzukriegen, um dich in einer bestimmten Figur oder Situation wiederfinden zu können.“ Wenn Leute heute von Punk sprechen, meinen sie damit oftmals nichts anderes als Widerstand, Rebellion, Abgrenzung. Was hat dich denn am Punk seinerzeit so fasziniert, Rocko? Schamoni: Die Widerborstigkeit. Nicht mitmachen, sich verwehren, dissidentisch sein. Weder dem Mainstream noch der Gesellschaft zu gehorchen. Nichts von dem zu kaufen, von dem einem gesagt wird,

dass man es kaufen soll. Nicht so auszusehen, wie einem gesagt wird, das man aussehen soll und sich stattdessen komplett selbst zu erfinden. Die Kontrolle über sich selbst und die eigene Welt zu haben. Interview: Daniel Schieferdecker

DORFPUNKS Die Verfilmung der Romanvorlage von Rocko Schamoni handelt von einer Jungenclique in der norddeutschen Provinz, die in ihrer pubertären Persönlichkeitsfindungsphase von der britischen Punkrock-Welle ergriffen wird und diese genüsslich und mit vollem Einsatz absurft. Das ist ein durchaus schöner Ansatz und an vielen Stellen sehr amüsant, man spürt das Bemühen aller Beteiligten und bekommt über den hörenswerten Soundtrack einen guten Eindruck vom damaligen Lebensgefühl. Aber ähnlich wie bei der Moviefizierung des thematisch ähnlich gearteten „Fleisch ist mein Gemüse“ von Schamoni-Buddy Heinz Strunk geht auch bei „Dorfpunks“ auf dem Weg vom Papier auf die Leinwand viel verloren. Oder um es in den Worten der Protagonisten zu sagen: „Auf einer Skala von nicht geil bis ziemlich geil war es eher so halbgeil.“ Kinostart: 23. April 2009


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KINO

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RACHELS HOCHZEIT Kraft des Dokumentarischen

Um an der Hochzeit ihrer älteren Schwester teilnehmen zu können, verlässt Kym für ein Wochenende die Entzugsklinik, in der sie die letzten neun Monate verbrachte. Als sie auf dem großzügigen Familienanwesen ankommt, ist das Haus bereits voller Gäste. Doch Kym ist viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als dass sie in der Lage wäre, sich dem illustren Treiben einfach hinzugeben. So wird sie zum Katalysator eines Aufbrechens des unverarbeitet gebliebenen Familientraumas, dessen Verursacherin sie vor Jahren selbst war. Es kommt zu Verletzungen und Schuldzuweisungen innerhalb der Familie – und „Rachels Hochzeit“ droht in einer Katastrophe zu enden. Eines steht fest: Selten wirkte eine Leinwandhochzeit so natürlich, so ungekünstelt, so echt. Zwar wurde Jonathan Demme bekannt als Regisseur großer Spielfilme wie „Das Schweigen der Lämmer“ oder „Philadelphia“. Was viele jedoch nicht wissen, ist, dass es in seiner Filmographie auch einige exzellente Dokumentararbeiten (u.a. über Neil Young und Jimmy Carter) zu entdecken gibt. Sein neuer Film nun scheint so etwas wie die Quintessenz seines bisherigen Schaffens zu sein. In „Rachels Hochzeit“ führt Demme die Stärken beider Formate gekonnt zusammen und zaubert daraus ein zwischen intimer Verhaltensstudie und kraftvollem Familienportrait oszillierendes Werk voller Tiefgang.

Demme verzichtete komplett auf Probedurchgänge, um seinen Darstellern den größtmöglichen Freiraum zu bieten und somit ihre Spontaneität möglichst unverfälscht einfangen zu können. Stattdessen verließ sich der Regisseur ganz auf seinen Kameramann Declan Quinn, der sich an den Bewegungen (und Reaktionen) der Schauspieler orientieren musste, und nicht – wie sonst üblich – andersherum.

neben der atemberaubenden Leistung Anne Hathaways, die uns mit ihrem schonungslosen Spiel den chaotischen Seelenzustand ihrer Figur auf erschütternde Weise nahe zu bringen vermag. Wäre Mrs. Winslet nicht gewesen, der Oscar stünde jetzt in Anne Hathaways Vitrine. Jonathan Demme aber hat sein erklärtes Ziel, das schönste Heimvideo aller Zeiten zu drehen, in jedem Fall mit Bravour erreicht.

Das ungeheure Maß an Authentizität, das der Film erreicht, ist das Betörende an „Rachels Hochzeit“;

Text: Sebastian Gosmann Kinostart: 2. April 2009

irgendwann auch endlich die Gelegenheit, seinem Rap-Talent freien Lauf zu lassen.

Mühe, auch mal etwas tiefer zu schürfen, macht sich „Notorious B.I.G.“ nicht.

Man schaut sich das, vor allem als dann Puff Daddy (Derek Luke), der Erfolg und die von ihm äußerst schlecht behandelten Frauen in Biggies Leben treten, nicht uninteressiert an, doch letztlich bleibt dieser Mann als Filmheld seltsam uncharismatisch. Irgendwo unter all den Gangster- und Biopic-Klischees stecken durchaus spannende Geschichten, über eine komplizierte Mutter-Sohn-Beziehung etwa oder natürlich den von den Medien gehypten, tödlich endenden East Coast-West Coast-Krieg. Doch die

Nicht einmal der wirklich grandiosen Musik räumt der Film genügend Platz ein. Stattdessen wird nach seinem Tod einfach so getan, als sei hier, für Fans und Freunde gleichermaßen, ein Held gestorben – und man fragt sich ratlos, womit eine solche Überhöhung zu rechtfertigen ist. Vermutlich nur mit der Liebe einer Mutter.

NOTORIOUS B.I.G. Rapper und Sohn

Die meisten Mütter lieben ihre Söhne. Aber vermutlich würden nur wenige so weit gehen und ihrem Nachwuchs mittels eines Spielfilms ein Denkmal setzen. Voletta Wallace, die Produzentin hinter „Notorious B.I.G.“, hat genau das getan; ihr Sohn war, der Filmtitel verrät es, der gleichnamige Rapper, der Mitte der Neunzigerjahre innerhalb kürzester Zeit zum gefeierten Meister seines Fachs wurde, bevor er 1997 erschossen wurde. „Es gibt so viele Dokumentationen, Reportagen und Bücher über meinen Sohn“, erklärt die Mutter im Interview ihre Motivation. „Aber so sehr ich auch gemerkt habe, wie sehr er überall auf der Welt geliebt wird, so sehr wurde mir klar, dass es immer um Notorious B.I.G. ging, den Entertainer, den Rapper, den Künstler. Ich wollte, dass all diese Fans auch den Menschen Christopher Wallace kennen lernen, den Vater, den Sohn, den Freund.“ Ob sie allerdings mit diesem Spielfilm, inszeniert von George Tillman jr. („Men Of Honour“), ihr Ziel tatsächlich erreicht, ist eher fraglich. Routiniertuninspiriert wie es sich für ein Standard-Biopic gehört, klappert der Film die wichtigsten Lebensstationen und Fakten ab. Mit der Kindheit geht es los: Christopher Wallace wächst als übergewichtiges Außenseiterkind bei seiner einfachen, aber herzensgut-strengen alleinziehenden Mutter (Angela Bassett, souverän wie immer) auf. Als Teenager (Jamal Woolard, vor allem stimmlich verblüffend) erliegt er dann dem Reiz des schnellen Geldes und der Drogendeals, wird früh zum Papa – und bekommt

Text: Patrick Heidmann Kinostart: 26. März 2009


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KINO SHORTCUTS

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CADILLAC RECORDS Der erfolgreich eingeschlagene Weg der amerikanischen Filmstudios, ein Biopic nach dem anderen auf den Markt zu werfen, wird weiter begangen. Aber gut, solange dabei so sehenswerte Umsetzungen wie diese herauskommen, wird sicherlich niemand großartige Einwände äußern. In „Cadillac Records“ (ab 23.4.) geht es vorrangig um Leonard Chess (Adrien Brody), der in den Fünfzigerjahren Chess Records gründet und zu einem der erfolgreichsten Labels des Landes macht. Muddy Waters (Jeffrey Wright), Little Walter (Columbus Short), Etta James (Beyoncé Knowles) oder Chuck Berry (Mos Def) – sie alle waren die schillernden Aushängeschilder eines Labels, dessen Bedeutung für die (afro-)amerikanische Musik immens ist. Den Ausgang der Geschichte kann sich letztlich jeder denken, wenn er sie nicht eh schon kennt. Aber nicht zuletzt dank der grandiosen Musik kommt dennoch zu keiner Zeit Kurzweil auf. Text: Daniel Schieferdecker

C’EST LA VIE – SO SIND WIR, SO IST DAS LEBEN Das Kino sagt uns, in manchen französischen Familien ginge es etwas freizügiger zu. Schon mal Louis Malles „Herzflimmern“ gesehen? Das sind vielleicht Zustände! „C’est la vie – So sind wir, so ist das Leben“ (ab 23.4.) ist da verhältnismäßig brav. Doch die Idee der Familie als sozialem Organismus, in dem einer für den anderen da ist, bestimmt den ganzen Film. Schlecht ist nur der aufdringlich programmatische Titel, den man sich für den deutschen Markt ausgedacht hat. Ansonsten ist fast alles an „C’est la vie“ liebenswert und wärmend. Episoden stellen jeweils ein Mitglied der fünfköpfigen Mittelschichtfamilie vor, doch immer gewinnt man auch einen neuen Blick auf das große Ganze. Das besteht aus allen Emotionsfacetten. Es ist lustig, der Tochter dabei zuzusehen, von den Eltern des Freundes fast bei der Fellatio erwischt zu werden. Es ist bekümmernd, den Vater beim Arzt sitzen zu sehen und zu wissen, dass jetzt nichts Gutes kommen kann. Das Leben, so ist es.

DIE HERZOGIN Mal wieder ein Kostümfilm aus England: Georgiana (Keira Knightley) erfährt am eigenen Leib, dass die Frau im 18. Jahrhundert nicht gleichberechtigt ist. Dass das inakzeptabel und für die Betreffende unerträglich ist, steht außer Frage. Saul Dibb benötigt aber geschlagene 109 Minuten, um uns diese Weisheit aufzutischen. „Die Herzogin“ (ab 26.3.), basierend auf der Biografie von Amanda Foreman, konzentriert sich leider viel mehr auf die schönen Kostüme und die wild-romantischen Landschaften als darauf, die Unerträglichkeit patriarchalischer Strukturen damals und heute anzuprangern. Der Film reicht für einen heimeligen DVD-Abend auf der Couch. Die durch Woody Allen und François Ozon geadelte Charlotte Rampling (Georgianas Mutter) und Keira Knightley hätten zwar etwas mehr erwarten lassen, aber große Schauspieler und die einfache Adaption der Bildsprache einer Austen-Verfilmung machen eben noch keinen guten Film. Text: Jochen Barthel

Text: Gordon Gernand

IL DIVO

INSIDE HOLLYWOOD

JOHN RABE

Toni Servillo ist „Il Divo“ (zu deutsch: „Der Star“) in Paolo Sorrentions Film über den Politiker Giulio Andreotti, der die italienischen Staatsgeschäfte geprägt hat wie kaum ein Zweiter. Doch sein Weg war stets mit Leichen gepflastert – ohne dass man ihm eine Mitschuld je hätte nachweisen können. Insofern schwankt „Il Divo“ permanent zwischen Politikerbiografie, Gangsterkracher und Pop-Video, das definitiv einen bleibenden Eindruck hinterlässt – wenn man auch beinahe schwindelig das Kino verlässt. Der Film ist wahnsinnig schnell und actionreich mit grandiosen Kameraeinstellungen und Schnittideen, auf der anderen Seite aber auch unglaublich informationsbepackt, langsam und verstrickt, so dass einem als Zuschauer nicht immer alle Hintergründe klar werden und man sich im Puzzlespiel von Andreottis Undurchschaubarkeit leider allzu oft verliert, als dass man „Il Divo“ (ab 16.4.) voll und ganz genießen könnte. Schade eigentlich.

Dass Hollywood durchaus in der Lage ist, sich selbst auf die Schippe zu nehmen, möchte es mit dieser Parodie einmal mehr beweisen. Power-Produzent Ben (Robert de Niro) hat zwei Ex-Frauen, drei Kinder und wechselnde Geliebte. Doch wirklicher Stress kommt erst in seinem Job auf: Er muss zwischen der zickigen Studiochefin Lou (eiskalt: Catherine Keener) und einem Regisseur vermitteln, der sich weigert, nach katastrophalen Testvorführungen das Ende seines Films umzuschneiden. Gleichzeitig wird ein anderes Projekt von Hauptdarsteller Bruce Willis sabotiert, der partout nicht seinen liebevoll gepflegten Vollbart der neuen Rolle opfern will. Es gibt also viel Überzeugungsarbeit zu leisten für Dauertelefonierer Ben. „Inside Hollywood“ (ab 26.3.) von „Rain Man“-Regisseur Barry Levinson versteht zwar recht kurzweilig zu unterhalten, ein wenig mehr Biss und Bosheit hätten dieser handzahmen Produzenten-Parodie jedoch noch besser getan.

In China wird „John Rabe“ (ab 2.4.) noch heute als „der gute Deutsche von Nanking“ verehrt. Er war der „Oskar Schindler Chinas“. Seit 30 Jahren lebt der Hamburger Kaufmann zusammen mit seiner Frau Dora in Nanking, als die japanische Armee 1937 die damalige chinesische Hauptstadt bombardiert. Das sieben Mal für den Deutschen Filmpreis nominierte Werk von Oscar-Gewinner Florian Gallenberger erzählt, wie der bekennende Nazi Rabe zusammen mit anderen in der Stadt verbliebenen Ausländern auf dem Werksgelände der Siemens China Company, die er leitete, eine Sicherheitszone errichtete und so etwa 250.000 Menschenleben rettete. Das größte Kapital dieses eindeutig zu lang und mitunter doch arg rührselig geratenen Heldendramas sind seine fabelhaften Darsteller. Ulrich Tukur, Steve Buscemi(!) und ein glänzend aufspielender Daniel Brühl schaffen es trotz aller Widerstände, den Zuschauer bei der Stange zu halten. Und das sogar fast bis zum Schluss.

Text: Daniel Schieferdecker

Text: Dirk Lüneberg

Text: Sebastian Gosmann


LIEBE AUF DEN ZWEITEN BLICK Der Brite Joel Hopkins schrieb das Skript und führte Regie bei „Liebe auf den zweiten Blick“ (ab 16.4.), in dem zwei Best Ager noch mal eine zweite Chance bekommen. Der in New York lebende Harvey (Dustin Hoffman) ist ein erfolgloser Komponist von Werbejingles. Auf der Londoner Hochzeit seiner Tochter Susan muss er akzeptieren, dass sie lieber von ihrem Stiefvater zum Altar begleitet wird als von ihm. Danach wird Harvey am Telefon gefeuert, will so schnell wie möglich nach New York zurück, landet aber nur im Flughafenrestaurant, wo er einen Whiskey nach dem nächsten kippt – und auf Kate (Emma Thompson) trifft. Sie macht Passagierumfragen, wird jeden Tag von ihrer Mutter via Handy terrorisiert und bekommt von Harvey ein Gespräch aufgedrückt – dann nimmt die fast altmodische und anrührende Liebesgeschichte ihren Lauf. Sie ist mal witzig, mal ernst, aber stets sehr charmant und begeistert garantiert nicht nur Thompson- und Hoffman-Fans.

RELIGULOUS Bill Maher ist in den USA eine Berühmtheit. Nun hat er sich mit „Borat“-Regisseur Larry Charles für einen Dokumentarfilm zusammengetan, in dem sie den Weltreligionen mit einer einfachen Frage auf den Zahn fühlen: Wie kann es sein, dass (halbwegs) normale und rational denkende Menschen an Dinge glauben wie Jungfrauengeburten oder dass ein Märtyrertod im Diesseits mit einem Harem im Jenseits belohnt wird? In dieser Herangehensweise liegt auch schon die Crux von „Religulous“ (ab 2.4.): Da dem Glauben per definitionem ein irrationales Moment innewohnt, ist ihm nur schwer mit rationalen Maßstäben beizukommen. Viel besser funktioniert diese bitterböse Real-Religionssatire dann auch in ihrer Übersteigerung: Denn Mahers Interviewkandidaten sind teilweise so abgefahrene Fanatiker, religiöse Querschläger oder Ein-Mann-Sekten, dass man an deren Zurechnungsfähigkeit (vor allem aber an der ihrer Anhänger) laut lachend (ver)zweifelt. Text: Dirk Lüneberg

Text: Karola Kostede

SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE Es gibt Filme, in denen nichts zueinander passt: die Besetzung nicht zu den Figuren, Erzählstil und Kameraarbeit nicht zur Geschichte. So auch im Falle von „So glücklich war ich noch nie“ (ab 9.4.), wo man das Wort „glücklich“ auch durch „gelangweilt“ ersetzen könnte. Schon mit Protagonist Frank (Devid Striesow), einem frisch aus dem Knast entlassenen Schmalspur-Betrüger, kommt man nicht zurecht. Dass er ein besserer Mensch werden will, glauben wir ihm nicht wirklich; dass er einmal ein ausgekochter Hochstapler war, kaufen wir ihm aber erst recht nicht ab. Was er ausgerechnet an Tanja (Nadja Uhl), einer Prostituierten mit Herz, findet, bleibt ebenso ein Rätsel wie die Frage, was ihn bewegt, am Ende noch einmal richtig aufzudrehen. Mit dieser Besetzung hätte aus dem Stoff eine clevere Gaunerkomödie werden können, doch hier werden nur Plattitüden und dumme Klischees bedient. Text: Dirk Lüneberg

MONSTERS VS. ALIENS Auch 2009 geht die Schlacht zwischen den beiden großen Animationsfilmstudios weiter. Nachdem Disney (diesmal ohne die Spezialisten von Pixar) mit seinem Hundeabenteuer „Bolt“ den ersten abendfüllenden 3D-Animationsfilm auf die Leinwand brachte, versucht nun auch der Erzrivale DreamWorks in der dritten Dimension Fuß zu fassen: „Monsters vs. Aliens“ (ab 2.4.), so der programmatische Titel dieses kurzweiligen Abenteuers, bei dem sich alles um fünf in Form, Größe und Charakter höchst unterschiedliche Kreaturen dreht, die von der amerikanischen Regierung zu Testzwecken gehalten werden und schließlich die Welt gegen einen herrschsüchtigen Außerirdischen verteidigen sollen. Trotz seines unoriginellen Plots und einiger ärgerlich altbackener Gags ist „Monsters vs. Aliens“ – nicht zuletzt wegen seiner diversen versteckten Filmzitate und dem einen oder anderen Seitenhieb in Richtung US-Politik – eine durchaus vergnügliche Angelegenheit. Text: Sebastian Gosmann


KINO DVD

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DVD DES MONATS

BURN AFTER READING (Universum)

In den Filmen der Coen-Brüder ist es stets der kleine Mann von nebenan, der sich mit Leuten anlegt, mit denen er sich besser nicht anlegen sollte. Und da die beiden Kultregisseure nun mal dazu neigen, derartige Charaktere mit Intelligenz nicht gerade zu segnen, enden deren Ausflüge in die Gangsterwelt regelmäßig im heillosen Chaos. In „Burn After Reading“ sind es die beiden tumben Fitnessstudioangestellten Linda Litzke und Chad Feldheimer (Frances McDormand und Brad Pitt), die aus dem zufälligen Fund einer CD-ROM, deren Inhalt

sie als “hot CIA-Shit” erachten, Kapital schlagen wollen, und damit eine Lawine der Gewalt lostreten. Nach dem erfolglosen Versuch, den unbequemen Besitzer des bedeutungslosen Silberlings (John Malkovich) zu erpressen und einem denkwürdigen Besuch beim russischen Geheimdienst, gerät ihr Vorhaben schließlich vollends außer Kontrolle. Das mittlerweile 13. Werk der Coens ist ein einziges neckisches Spiel mit den Zuschauererwartungen. Nicht zuletzt mittels des geradezu aufdringlichen Einsatzes des von Haus- und

Hofkomponist Carter Burwell gestalteten Scores erzeugen sie immer wieder Spannung, nur um diese gleich mehrmals gnadenlos ins Leere laufen zu lassen. Doch wer sich davon nicht behelligen lässt, erlebt eine ebenso brüllend komische wie brutale Kriminalposse, deren exquisiter Cast allein schon den DVD-Kauf rechtfertigt. Neben einer Einzel-Version der DVD ist auch die Deluxe Edition erhältlich, die mit Interviews, Outtakes, einem Making Of und ähnlichen Specials aufwartet.

ANANAS EXPRESS

ten, ungekürzten Standard-Version gibt es eine Limited DVD-Edition, die Interviews, Outtakes und ähnliche Extras beinhaltet.

teriösen Krankheit verschont, aber leichter ist die Situation für sie deshalb trotzdem nicht. Ein tolles Endzeit-Drama mit vielen Features in der DVD-Version – denn verfilmbar war die Geschichte eben doch.

(Sony) Es gibt Filme, die guckt man am besten zugedröhnt. Seth Rogen und James Franco laden in „Ananas Express“ als dauerbekiffte Chaoten, die es mit einem Gangsterboss zu tun bekommen, sogar förmlich dazu ein. Das Delirium der beiden sorgt allerdings auch nüchtern betrachtet für manch grandiose Szene. Während bisweilen geschickt mit Genrekonventionen gespielt wird, verpufft aber vor allem das Finale in drögem Action-Geballer. Benebelt macht’s daher wohl doch mehr Spaß, nicht umsonst erscheint der Film in einer „Superbreit Edition“, die ein Making Of, Pannen beim Dreh, alternative Szenen und vieles mehr enthält.

Text: Peter Meisterhans

ANONYMA – EINE FRAU IN BERLIN

(Constantin/Highlight/ Paramount) Berlin 1945. Die Russen marschieren ein, und wie in allen Kriegen kommt es zu Vergewaltigungen. Darüber spricht man nicht – nur eine anonyme Journalistin (Nina Hoss) tut es doch, weicht der Opferrolle aus und arrangiert sich mit dem Unausweichlichen. Max Färberböck zeigt keine Klischee-Gesichter und findet die richtigen Bilder für das Berlin der Zeit und einen auch heute noch kontroversen Stoff. Eigentlich wünscht man sich dementsprechende Extras, doch die DVD beinhaltet nur die Kinofassung von rund 130 Minuten, nebst Interviews und einem Making Of.

Text: Elisabeth Nagy

BABYLON A.D.

(Concorde) Als Bruce Willis-Wiedergänger gibt ein gut aufgelegter Vin Diesel den Söldner Toorop, der im Auftrag eines Mafia-Bosses ein Mädchen aus einem im Chaos versinkenden Osteuropa nach New York bringen soll. Doch Aurora (Mélanie Thierry) reist nicht allein, ihre Mentorin (Michelle Yeoh) will auch mit. Handgemachte Haudrauf-Action in Form einer apokalyptischen Trash-Oper, überfrachtet mit etwas peinlich wirkenden, religiösen Motiven. Neben der schlich-

Text: Dirk Lüneberg

BABY MAMA

(Universal) Kate ist eine Karrierefrau, wie sie im Buche steht: Single mit 37 - und nicht schwanger. Als auch eine künstliche Befruchtung erfolglos bleibt, versucht sie es über eine Leihmutteragentur. Und die setzt ihr prompt das tumbe WhiteTrash-Girl Angie vor die Nase, deren Lebenswandel sich so gar nicht mit ihrem deckt. Auch wenn die „Saturday Night Live“-Stars Tina Fey und Amy Poehler einmal mehr ein fabelhaftes Comedy-Gespann abgeben, ist dieser Schwangerschaftswerbefilm mit seinem hanebüchenen Happy End dann doch viel zu brav, um wirklich begeistern zu können. Genau wie die DVD, auf der nur ein paar entfallene Szenen zu finden sind.

Text: Sebastian Gosmann

CASA DE LOS BABYS

(Ascot Elite) Das Publikum wird mit dem Namen John Sayles wenig anfangen können, doch Insider schätzen den Regisseur als Ikone des US-Independentf ilms. In Deutschland schaffen es seine Filme kaum ins Kino, weswegen die DVD-Premiere dieses Films von 2003 umso mehr zu begrüßen ist. Das Drama belegt gleich zwei von Sayles’ Stärken: komplexe, zeitgemäße Geschichten (sechs Amerikanerinnen wollen in Südamerika Babys adoptieren) und großartige Schauspielerinnen (u.a. Maggie Gyllenhaal, Marcia Gay Harden, Lili Taylor, Daryl Hannah). Nur in Sachen Specials hätte man etwas mehr gewünscht.

Text: Patrick Heidmann

DIE STADT DER BLINDEN

(Kinowelt) In der als unverfilmbar gelten Romanvorlage von Saramago geht es um eine um sich greifende Epidemie, die den Menschen das Augenlicht raubt. Alle Betroffenen werden daraufhin in einer ehemaligen psychiatrischen Klinik zusammengepfercht und unter Quarantäne gestellt, bis das totale Chaos ausbricht und die Menschen zu Bestien werden lässt. Lediglich die Frau eines Augenarztes (Juliane Moore) bleibt von der mys-

Text: Sebastian Gosmann

Text: Daniel Schieferdecker

DR. ALEMÁN

(Zorro/Goodmovies/Indigo) Marc kommt als Medizinstudent nach Kolumbien, für Abenteuer und eine Aufgabe, die seinem Idealismus gerecht wird. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Regisseur Tom Schreiber ist, auch weil er auf reale Ereignisse zurückgreifen konnte, die komplexe Charakterstudie eines Gutmenschen gelungen, die alle Elemente eines Thrillers hat. Der hervorragende August Diehl in der Hauptrolle trägt dem Zuschauer auch die moralischen und ethischen Fragestellungen spannend an. Schonungslos, konsequent und mit Extras wie einem Making Of und Deleted Scenes.

Text: Elisabeth Nagy

LOST – STAFFEL 4

(Walt Disney) Jack, Sawyer, Kate & Co. starten in die vierte Runde. Allerdings mit nur noch 16 Folgen! Das soll auch bei den finalen Staffeln Fünf und Sechs so bleiben. Ob den Machern allmählich die Ideen ausgehen? Jedenfalls gibt’s zusätzlich zu den bekannten Flashbacks jetzt auch noch „Flash Forwards“ – Ausblicke in die Zukunft der Figuren also. Ob das der an sich furiosen Serie nun gut tut oder vielmehr den inhaltlichen Overkill bedeutet, muss jeder selbst beurteilen. Das Bonusmaterial ist mit Audiokommentaren, abwechslungsreichen Making Of-Segmenten, Pannen vom Dreh und vielem mehr aber wieder recht gut geraten.

Text: Peter Meisterhans

MAX PAYNE

(20th Century Fox) Schmerz ist sein Name. Und Schmerzen fügt er denen zu, die seine Frau und sein Baby brutal ermordeten. Über ein Jahr liegt das zurück, doch

der Cop Max Payne (Mark Wahlberg) sinnt noch immer nach Rache. Als auch sein Partner sowie Bond-Girl Olga Kurylenko zu Mordopfern werden, beginnt er weitere Nachforschungen anzustellen. Actiongeladene Computerspiel-Verfilmung im Neo-Noir-Stil als auf Hochglanz polierte Ausschussware, die es auf DVD sowohl als Director’s Cut auf zwei DVDs oder in der schlichten Version ohne Specials gibt.

Text: Dirk Lüneberg

MIRRORS

(Kinowelt) Ein Wachmann (Kiefer Sutherland), der auf ein leerstehendes Kaufhaus aufpasst und dort mit den Geistern Verstorbener zu kämpfen hat – das hört sich so originell an wie eine weitere Folge Scooby Doo. Der Franzose Alexandre Aja („The Hills Have Eyes“) weiß aber, wie er das unheimliche Treiben mit harten Sequenzen , gutem Timing und düsterer Atmosphäre in die Gänge bekommt. Bis auf den aufgesetzt wirkenden Schluss ist „Mirrors“ überdurchschnittlicher Horror, in dem Sutherland einmal mehr den getriebenen Ordnungshüter gibt. Die DVD kommt mit Making Of, Deleted Scenes und alternativem Ende leider nicht ganz so bedrohlich daher.

Text: Leon Ilsen

NEW YORK FÜR ANFÄNGER

(Concorde) Dem britischen LoserJournalisten Sidney (Simon Pegg) wird ein Job bei einem renommierten Hochglanz-Magazin in New York angeboten. Doch die Freude weicht schnell der Ernüchterung, denn seine unkonventionellen Ideen kommen weder bei den Chefs noch der Kollegin (Kirsten Dunst) gut an. Als er bei einer Promi-Party einen Fettnäpfchen-Marathon hinlegt, scheint das Ende seines Jobs bereits wieder greifbar. Ebenso elegante wie romantische Komödie, die auch hervorragend als Satire aufs promigeile Medienbusiness funktioniert, allerdings ohne Bonusmaterial auskommen muss.

Text: Dirk Lüneberg

Für Verlosungen bitte eine Mail mit Filmtitel und Lösung an verlosung@sallys.net schicken. Postkarte geht natürlich auch. Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net.


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PERSONAL EFFECTS

(HMH) Ach, Michelle Pfeiffer, was ist nur aus deiner Karriere geworden? Nach „Hauptsache verliebt“ ist dieses Drama der zweite Film des einstigen Superstars hintereinander, der es nicht mehr in die Kinos schafft. Auch dieses Mal steht ihr ein jüngerer Mann zur Seite, den sie in der Therapierunde für Angehörige von Gewaltopfern kennen und vielleicht auch lieben lernt. Die Paarung ausgerechnet mit Ashton Kutcher ist gewöhnungsbedürftig und Optimismus setzt sich hier vielleicht allzu mühelos durch, doch nicht zuletzt in seiner kleinstädtischen Ernsthaftigkeit wissen Pfeiffer und der Film durchaus zu überzeugen. Also nichts wie zurück auf die Leinwand!

Text: Jonathan Fink

PRISON BREAK – STAFFEL 3

(20th Century Fox) In der ersten Staffel war der Name Programm und Hochspannung pur angesagt. In der zweiten ging’s um das Leben auf der Flucht, was immer noch überraschend viel Spaß machte. Nun heißt es, zumindest für Michael und einige andere Protagonisten: zurück in den Bau – und zwar in Panama. Ein wenig geht der mitunter hanebüchenen Thrillerserie dabei die Puste aus, doch die eine oder andere überraschende Wendung nimmt sie trotzdem. Ein Making Of, Webisodes und andere unspektakuläre Specials runden die vier DVDs ab, bevor es dann mit Staffel Vier in die allerletzte Runde geht.

(Sunfilm) Im Kino nahm kaum jemand Notiz von dieser kleinen Perle des lateinamerikanischen Kinos, was sich auf DVD dringend ändern sollte. Der mexikanische Regisseur Rodrigo Plá erzählt die ebenso packende wie erschütternde Geschichte dreier Jugendlicher aus den Slums von Mexiko City, die eines Nachts in ein streng bewachtes Nobel-Wohngebiet eindringen. Zwei von ihnen erleben den nächsten Morgen nicht – und auf den dritten beginnt eine Hetzjagd. Über die Maßen eindringlich und zu Recht auf zahlreichen Filmfestivals mit Preisen überhäuft. Die DVD bietet obendrein noch ein Making Of des Films.

Text: Jonathan Fink

RICK KAVANIAN – KOSMOPILOT

(Spassgesellschaft/Sony Music) Man kennt ihn aus dem Fernsehen („Bullyparade“) und dem Kino (gerade war er in „Mord ist mein Geschäft, Liebling“ zu sehen), nun gibt es auf DVD auch den Stand-UpKomiker Rick Kavanian zu erleben. Mit seinem ersten Solo-Bühnenprogramm „Kosmopilot“ beweist der Dialekt-Meister einmal mehr, dass er eine ganze Ecke lustiger, vielseitiger und talentierter ist als die Kollegen Mittermeier, Appelt und Barth, was sich natürlich auch im Bonusmaterial wie dem Audiokommentar und einem Interview niederschlägt.

Text: Patrick Heidmann

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DIE RUHRGEBIETSSAGA

(Turbine Medien/Alive) Der Name ist Programm: vier Kultfilme über das Ruhrgebiet versammeln sich in dieser DVD-Box, allesamt inszeniert von Regisseur Prof. Adolf Winkelmann versammelt sind, der zuletzt mit „Contergan“ im Fernsehen für Aufsehen sorgte. Hier gibt es ein Wiedersehen mit „Die Abfahrer“ (1978), „Jede Menge Kohle“ (1981), „Super“ (1984) und „Nordkurve“ (1993) sowie umfangreiches Bonusmaterial (Audio- und Videokommentare, Interviews, Soundtracks, ein Kurzfilm), in dem sich neben Winkelmann selbst auch Udo Lindenberg zu Wort kommt.

Text: Patrick Heidmann

THE AIR I BREATHE

(Koch Media) Schon wieder ein Episodendrama, in dem sich die Wege unterschiedlicher Protagonisten auf bemüht clevere Weise kreuzen. Allzu viel Tiefgang und Substanz hat diese DVDPremiere über die Macht des Schicksals dabei leider nicht zu bieten. Aber immerhin stilistisch weiß Regisseur Jieho Lee, was er tut. Ganz zu schweigen von seinem beeindruckend prominenten Ensemble, zu dem u.a. Forest Whitaker, Brendan Fraser, Kevin Bacon, Sarah Michelle Gellar, Andy Garcia und Emile Hirsch gehören. Die DVD bietet außerdem einen Audiokommentar und entfallene Szenen.

Text: Jonathan Fink

Text: Patrick Heidmann

LA ZONA

KINO DVD

WIEDERSEHEN MIT BRIDESHEAD

(Concorde) Ob britische Kostümfilme über schnöselige Adlige wohl noch überraschen können? Diese Romanverfilmung über einen Offizier, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts dem Zerfall der Familie Marchmain auf ihrem herrschaftlichen Anwesen Brideshead beiwohnt, tut es nicht unbedingt. Aber das heißt nicht, dass die eleganten, sorgsam ausgestatteten Bilder und überzeugenden Darsteller (Matthew Goode, Ben Whishaw, Hayley Attwell, aber vor allem Emma Thompson) nicht trotzdem sehenswert sind. Schade, dass die ausstattungslose DVD keine weiteren Seh-Anreize liefert.

Text: Patrick Heidmann

WOLKE 9

(Senator/Universum) „Sex im Alter“ – auf diese Formel wurde Andreas Dresens Film vielerorts reduziert, dabei geht es in dem Liebesdrama um viel mehr. Als die knapp 70-jährige Inge sich in den zehn Jahre älteren Karl verliebt, wird sie vor die Entscheidung gestellt, ihren Mann, mit dem sie fast ihr ganzes Leben zusammen war, zu verlassen. Mit der Enthüllung der Affäre weckt sie nicht nur die trotzigen Besitzansprüche ihres Mannes, sondern auch die den Widerstand ihrer Tochter. Gewohnt authentisch und humorvoll improvisiert Dresens Ensemble und schafft so einen glaubwürdigen und unterhaltsamen Zugang.

Text: Leon Ilsen

BEST OF THE REST

Bunt gemischt, also ganz wie gemacht fürs Osterkörbchen, präsentiert sich der Rest der neuen DVDs, auf die an dieser Stelle auch noch hingewiesen sein soll. Da wäre zum Beispiel deutsches Kino, das auf den hiesigen Leinwänden ein wenig unterging, wie etwa das Feelgood-Movie „Finnischer Tango“ (Neue Visionen/Goodmovies/Indigo), mit dem Regisseurin Buket Alakus zwar nicht in jeder Hinsicht, aber zumindest durch Hauptdarsteller Christoph Bach überzeugt. Oder die zartschwarze Öko-Komödie „Die Eisbombe“ (Neue Visionen/Goodmovies/Indigo), die mit norddeutscher Trockenheit und Katharina Schüttler punktet. Anderes hat es gar nicht erst in die Lichtspielhäuser, beispielsweise der britische Horrorthriller „Eden Lake“ (Universum), der mit seiner Geschichte vom netten Ehepaar in der brutalen Provinz schon beim Fantasy Filmfest begeisterte und mit Kelly Reilly und Michael Fassbender zwei von Englands spannendsten Nachwuchsstars zu bieten hat. Auch „Extreme Risk“ (Highlight/Constantin/ Paramount) aus dem Jahre 1999 lief nie in deutschen Kinos, was Fans von lässigen Gangsterthrillern und Schauspielern wie Joseph Fiennes und Rhys Ifans nicht stören dürfte. Dritter britischer Beitrag in dieser Kategorie ist „Jeder braucht einen Engel“ (Epix/ Indigo), ein preisgekröntes Zeitreise-Kriegsdrama, aufwendig inszeniert und mit Tom Wilkinson in der Hauptrolle. Wieder anderes findet direkt aus dem Fernseher den Weg in die DVD-Player. Der kanadische Historienzweiteiler „Jeanne d’Arc“ (Winklerfilm/Alive) zum Beispiel, der durch die erlesene Besetzung mit Leelee Sobieski, Peter O’Toole, Maximilian Schell und Shirley MacLaine besticht. Aber auch ein neuer „Futurama“-Film namens „Leela und die Enzyklopoden“ (Fox) oder Kultserien wie „Ein seltsames Paar“ (Paramount). Na dann: fröhliche Ostern! Text: Patrick Heidmann

WIN A LOT Auch in diesem Monat könnt ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@sallys. net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und eurem Wunschtitel. Zu gewinnen gibt es: 3x Burn After Reading + Poster, 5x Dr. Alemán, 5x The Air I Breathe, 3x Mirrors + Longsleeve-Shirt, 3x Anonyma, 3x Die Stadt der Blinden, 3x Personal Effects, 3x Der Mann, der niemals lebte, 3x Rick Kavanian – Kosmopilot, 3x Max Payne, 3x Casa De Los Babys, 3x Babylon A.D., 3x Wiedersehen mit Brideshead, 3x New York für Anfänger, 3x Ananas Express, 3x Extreme Risk, 3x Finnischer Tango, 3x Jeanne d’Arc, 3x Eden Lake, 2x Wolke 9, 2x La Zona, 2x Baby Mama, 1x Lost Blu Ray-Box, 1x Prison Break und 1x Family Guy.

KULT

FAMILY GUY – SEASON 5 (20th Century Fox)

Leicht hat es diese Zeichentrickserie nie gehabt: Der Ruf des prolligen „Simpsons“-Klons hängt ihr heute noch an, zwischenzeitlich war sie im US-TV sogar schon abgesetzt. Doch Qualität setzt sich durch – und so gehen die grandios skurrilen Geschichten um Familie Griffin samt Baby Stewie und den sprechenden Hund Brian nun in die fünfte DVD-Runde. Wenig im Fernsehen ist derzeit, vor allem im englischen Original, frecher, böser und witziger als „Family Guy“. Die 14 Folgen dieser Staffel kommen allesamt mit Audiokommentar sowie um entfallene Szenen ergänzt ins Haus. Text: Jonathan Fink

Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net.


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COMICS

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und zu übers Ziel hinaus schießt – eine Nachtclubsängerin Britney Schpires zu nennen! Leute! Das ist nicht lustig! Das hätte noch nicht mal Trash-Ikone Uderzo gebracht. Lustiger und detaillierter gezeichnet als die letzten MorrisAbenteuer ist “Der Mann aus Washington“ aber allemal! Wir freuen uns auf mehr!

Text: A. Hartung Preis: 5,50 Euro Heimat: lucky-luke.com

SPAM

DIE ODER WIR!

(Nagel/Burmeister/Dörr/Andere) Er hat es schon wieder getan! Karl Nagel ist ein irrer Comic-Idealist. Erst gründet er laut schreiend die Alligator-Farm, um dort Comicnachwuchs heranzuzüchten. Das Projekt scheitert in Ehren. Karl fliegt auf die Fresse, steigt aus, verkauft seine Fachbibliothek im Internet, steht wieder auf und rennt schreiend weiter, um eine Comiczeitung mit dem launigen Titel “Die oder Wir!“ aus der Taufe zu heben. Das Magazin soll eine derbe krachige Alternative zum bibliophilen Kunstcomic sein. Eine Zeitung auf billigem Papier in hoher Auflage, schnell zu lesen, schnell wegzuwerfen und nahe am Leben der Kids, die eigentlich sowieso keine Comics mehr lesen. Ein Schundmagazin, das der so genannten Wirtschaftskrise fröhlich ins Gesicht grinst. Seit kurzem ist die erste Ausgabe da. Und schnell wird klar, was Nagel mit Storys nahe am Leben der Kids meint: Tote Babys in der Mülltonne, Amoklauf in der Schule, etc. Wobei vor allem die erste Story (Punks, Nazis, Türken bereinigen auf Grund irgendeines ominösen Planes einen ganzen Plattenbau und warten auf die Bullen), gerade für Kids, die eigentlich keine Comics lesen, vermutlich recht wirr und schwer zu durchsteigen ist. Dafür, dass Karl Nagel wirklich glaubt, er könne mit diesem Konzept 10.000 Kids aus der Unterschicht erreichen, die sich wie durch ein DOW-Erweckungswunder nun wieder der schmutzigen Jugendkultur der Comics zuwenden. Für diese sich überschlagende derbe Naivität muss man ihn einfach lieben und ihm zurufen: „Flieg weiter, weil wir es nicht tun!“ Andererseits wünscht man sich, irgendjemand hätte ihm beiseite gestanden. Denn so will DOW! ein wenig zu viel. Die Comics sind dynamischer Augenschmaus. Inhaltlich schreit man dem Leser aber ein wenig zu bemüht, derbe und provokant ins Ohr. Wenn Karl sich in Zukunft durchringen kann, auch mal jemand anders eine Story schreiben zu lassen, bleibt das auf jeden Fall noch eine spannende Sache. Ob es jedoch überhaupt eine Weiterführung des Projektes in dieser Form geben wird, ist im Moment unklar. Auf Grund der jugendgefährdenden Bedenken irgendeines Anwaltes kam der Vertrieb über den Comic- und Bahnhofshandel nie richtig in Schwung. Karl Nagel zog vorsorglich die Hefte zurück. Zukünftig wird der Verkauf wohl erst mal nur über Punk-Mailorder, Konzertverkauf und einzelne Comicläden laufen. Das ist natürlich schade, denn gerade der ganzflächige Angriff an allen Betriebsfronten wäre sehr interessant gewesen. Interessierte können sich das aktuelle Heft im Moment bei impact-records.de und phantastische-zeiten-shop.de bestellen. Text: A. Hartung Preis: 99 Cent bis 3 Milliarden Euro

NEIL GAIMAN CORALINE

(Gaiman/Russel) Coraline ist umgezogen. Mit ihren Eltern. In eine Wohnung in einem alten Haus mit einem großen Garten und einem tiefen Brunnen. Coraline langweilt sich. Die Schule fängt erst in ein paar Wochen an und ihre Eltern haben keine Zeit oder sind einfach nur nervig. Eines Tages entdeckt sie eine geheimnisvolle Tür. Dahinter existiert in einer fast identischen Wohnung, aber anderen Welt, ihre andere Mutter. Sie hat ein wenig zu lange Zähne und statt Augen Knöpfe im Gesicht. Aber sie kann kochen, ist aufmerksam und überhaupt scheint die Welt hinter der Tür viel aufregender zu sein. Dennoch beschließt sie, das Angebot, für immer dort zu bleiben, vorerst nicht anzunehmen. Zu recht. Als sie in

(Mahler) Sie sind das skurrile Pendant zur Werbewurfsendung. Kleine unbestellte E-Mails, die uns (auch den Frauen) nahelegen, den Penis vergrößern zu lassen oder fragen, ob wir nicht das Vermögen eines gerade gestürzten afrikanischen Diktators geschenkt haben möchten?! Die meisten Leute verfrachten die sogenannten SPAM-Mails ungelesen in den digitalen Mülleimer ihrer Inbox. Nicholas Mahler dagegen, seines Zeichens lustigster Comiczeichner der Welt, liest sie nicht nur mit wachsender Begeisterung, sondern tut alles, um die Botschaft der Mails sogar noch weiter in der Welt zu verbreiten. So baut er in seinem neuen Buch SPAM aus den Texten der unbeliebten Mails Cartoons, indem er sie beliebten Figuren der Populärkultur in den Mund legt. Pfui, Herr Mahler! Waschen sie sich den Mund mit Norton Antivirus aus! Ziemlich lustig!

Text: A. Hartung Preis: 12 Euro Heimat: mahlermuseum.at, reprodukt.com

VERLOSUNG

Passend zum neuen Game “Homecoming“ veröffentlicht Panini ein weiteres Silent Hill-Comic. In der düsteren und atmosphär ischen Erzählung brennt der Auftragskiller Jack Stanton mit der Frau seines Bosses durch und landet (natürlich) in Silent Hill, wo seine Sünden bereits auf ihn warten. Wir verlosen 3 Exemplare von “Der Sünde Sühne“ unter comix@sallys.net

Heimat: tikoloshe.de

die wirkliche Welt zurückkehrt, sind ihre Eltern verschwunden und Caroline muss hinter die Tür zurück, wenn sie ihre Eltern jemals wieder sehen will. “Caroline“ ist die Adaption einer Erzählung von Neil Gaiman. In seiner typischen Art durchdringt dieser das Grauen mit dem Alltäglichen, angereichert mit ein paar Ideen, die nur er hat. Auf Grund der sehr behutsamen Adaption ins Medium Comic, hat Coraline überdurchschnittlich viele Textpassagen, die klingen, als wären sie direkt aus der Erzählung übernommen worden und würden noch mal ausführlich beschreiben, was gerade auf dem Bild zu sehen ist. Das stört das Lesevergnügen aber nicht im Geringsten, sondern ergänzt die klaren sanften Zeichnungen in Pastelltönen hervorragend. Ein Buch wie eine gruselige Sommerbrise! Coraline wurde vom Regisseur von “Nightmare before Christmas“, Henry Selick, rasant verfilmt und kommt im Sommer dieses Jahres in die deutschen Kinos!

Text: A. Hartung Preis: 19,95 Euro Heimat: panini-comics.de

LUCKY LUKE BAND 84 DER MANN AUS WASHINGTON

(Achde/Gerra) Bis auf einige Ausnahmen gibt es eigentlich nur zwei Arten von Lucky LukeAbenteuern: Die Daltons brechen aus, planen etwas und Lucky Luke bringt sie wieder zurück oder Lucky Luke begleitet irgendeine Art von Treck durch den Wilden Westen und wird dabei von einem Saboteur aus den eigenen Reihen behindert. Das neue Lucky Luke-Abenteuer zählt eindeutig zur zweiten Kategorie. Und so erfüllt das neue Team nicht ganz die Erwartungen auf frischen Wind in der Prärie, die das hoffnungsvolle Debüt versprach und der Nachfolge-Band schon nicht ganz einlöste. Aber der Band ist rasant erzählt und voller aktueller Anspielungen. Auch wenn man da ab

COMIC-WEB-TIPP Jeden Donnerstag lässt die mittlerweile in Berlin lebende Stuttgarterin die Daheimgebliebenen mittels des Comicstrips „Zuckerfisch“ in der Stuttgarter Zeitung an ihrem Leben teilhaben (wobei noch nicht ganz geklärt ist, wie authentisch die beiden schwulen und sprechenden Kaninchen sind). Für alle Nicht-Stuttgarter-Zeitung-Leser veröffentlicht Naomi die Strips (ca.) eine Woche später auf ihrem Blog zuckerfisch. blogspot.com. Ein lustig charmantes Comicvergnügen mit Hang zur Suchtgefahr. Und einen Haufen unnützer skurriler Surftipps gibt es jede Woche noch obenauf!

zuckerfisch.blogspot.com


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HÖREN

LESEN

UWE TELLKAMP DER TURM

OSWALD METZGER DIE VERLOGENE GESELLSCHAFT

(MDR/Der Hörverlag) Deutscher Buchpreis, Kritikerlob, Bestseller: Hat Deutschland also doch noch seinen ultimativen Wenderoman bekommen? „So wie wir heute die Welt des Bürgers mit den Augen Thomas Manns sehen“, war in der SZ über den „Turm“ zu lesen, „so werden spätere Generationen in Tellkamps Roman Erstarrung und Implosion der DDR nacherleben können.“ Nun ja. Es gab auch Leser, die den Roman langatmig, schwafelig und belanglos fanden, aber bitte: Auch Literatur ist Kunst. Jedenfalls liegt von Tellkamps tausendseitiger Fleißarbeit über die letzten Jahre der Deutschen Demokratischen Republik nun auch die Hörbuchfassung vor. Die ist, wenn auch immer noch neun Stunden lang, ordentlich gekürzt, was aber eher dazu führt, dass die Geschichte an Tempo gewinnt, als dass riesige Löcher in sie gerissen würden. Den Vorleser gibt Sylvester Groth, der den Text mit dezenter Theatralik aber völlig humorlos vorträgt. Aber auch das ist werkgetreu. War halt doch nicht so lustig, die DDR, wie uns Leander Haußmann dauernd glauben machen will. (8 CDs/rund 540 Minuten)

Text: Moritz Honert

JOHN NIVEN KILL YOUR FRIENDS

(DG Literatur/Universal) Steven Stelfox ist 27 Jahre alt und 1997 als Talentsucher für ein britisches Label unterwegs. Zwar interessieren ihn Sex und Drogen, aber kaum der Rock’n’Roll. Gut ist, was verkauft. Ihm ist wichtiger, Abteilungsleiter zu werden, als den nächsten interessanten Künstler zu finden. Blöd ist nur, dass die Konkurrenz nicht auf sich warten lässt. Doch mit genügend Skrupellosigkeit lässt sich da noch was machen… Vorgelesen wird das Hörbuch von Bela B., der seine Sache sehr gut macht – auch wenn Stelfox durch ihn deutlich älter wirkt. Aber vielleicht passt das auch zu dem Zyniker, der vielen PopHassern aus der Seele spricht. So gesehen ist das zwar nichts Neues, aber durchaus kurzweilige Unterhaltung. (3 CDs/rund 235 Minuten)

Text: Holger „HolK“ Muster

THOMAS MANN BEKENNTNIS SE DES HOCH STAPLERS FELIX KRULL

(NDR Kultur/Der Hörverlag) Ein eindrucksvolles Vorstrafenregister hat der geständige Protagonist da vorzuweisen: Diebstahl, Hochstapelei, Betrug, Urkundenfälschung, sogar Zuhälterei. Von Reue findet sich in den Memoiren Felix Krulls jedoch keine Spur. Warum auch? Schließlich ist Thomas Manns - trotz aller Dünkelhaftigkeit - sympathischster Romanheld doch der festen Überzeugung, „aus feinerem Holze geschnitzt zu sein“ als der Rest des ihn umgebenden Pöbels. Es ist schwierig, einen Sprecher zu finden, der die verlangte Balance zwischen unsympathischer Schmierigkeit und unschuldigem Liebreiz gut hinkriegt. Mit Barnaby Metschurat hat Regisseur Sven Stricker einen solchen jedoch gewinnen können. Aber auch das übrige Personal (Friederike Kempter oder Peter Fricke) schafft es, die blumige und geschwollene Sprache der Vorlage angenehm natürlich und nicht lächerlich klingen zu lassen. Trotz der in Anbetracht der Vorlage kurzen Spielzeit von gut zwei Stunden werden alle Stationen in Krulls Biografie behandelt: Kindheit, Musterung, Zugreise, Lissabon. Heftig gekürzt wurde nur beim Hotel, einige Figuren wie Lord Kilmarnock flogen ganz raus. Übrig bleiben trotzdem ein schlüssiges Gesamtbild und ein gelungenes, weil lustiges und gut komponiertes Hörspiel. (2 CDs/rund 145 Minuten)

Text: Moritz Honert

(Rowohlt) Oswald Metzger hat ganz schön was auf dem Kasten. Und was noch ungewöhnlicher für einen deutschen Politiker ist: Er macht Politik aus Leidenschaft, für die Sache und nicht für die Partei oder für Posten. Deutlichstes Beispiel dafür ist der Verzicht auf die Mitnahme seines Mandats, als er vor zwei Jahren auf Grund eines Grundsatzstreits über das bedingungslose Grundeinkommen von den Grünen zur CDU wechselte: schließlich hätten ihn die Wähler ja als Mitglied der Partei der Grünen gewählt. Somit verzichtete er immerhin auf insgesamt 230.000 Euro an Diäten und auf zusätzliche Pensionsansprüche. Womit wir auch schon bei einer der Kernaussagen seines Buches wären: Zu viele Politiker in Deutschland haben bei Ihren Entscheidungen und öffentlichen Auftritten und Aussagen eben nur das im Sinn: Wie bleibe ich dran am Füllhorn öffentlicher Gelder, an den Posten und Mandaten, wie sorge ich dafür, dass ich wieder gewählt werde und in der Partei Karriere mache? Der Weg dahin führt meist über Wahlversprechen und die Besetzung von Positionen in öffentlichen Debatten, die dem eigentlichen Auftrag der Politiker – die Interessen des Volkes nach bestem Wissen und Gewissen zu vertreten – konträr entgegen stehen. Denn auch Politiker wissen sehr wohl, dass unsere Renten- und anderen sozialen Sicherungssysteme voll an die Wand gefahren sind und dringendst umgestaltet werden müssen. Doch spätestens in Wahlkampfjahren werden dem Volk regelmäßig die billigsten Versprechen zu Steuersenkungen, steigenden Sozialleistungen und anderen Vergütungen gemacht, die nur dazu führen, dass kommende Generationen vollkommen absurde Schuldendienste werden leisten müssen und der Anteil von Einzahlern und Beziehern in die bzw. aus den sozialen Systemen sich immer weiter zugunsten der Bezieher verschiebt. Und WIR glauben den Politikern das und wählen sie, so Metzger. Doch hier irrt sich der Autor – zumindest im Rezensenten. Und auch der Großteil derjenigen, die sich in Ihrer Freizeit solcherlei Lektüre gönnen, dürfte sich durch ein ziemlich hohes politisches „Involvement“ auszeichnen und demzufolge kaum auf derart hohle Versprechen reinfallen. Stattdessen sollte das Buch zur Pflichtlektüre für Politikeinsteiger erkoren werden. Denn die Einblicke, die Metzger in den verlogenen und prostituierten Politikapparat gewährt, sind sowohl schockierend als auch erhellend und in jedem Fall lesenswert.

Text: Elmar Bassen

MARKUS HEITZ BLUTPORTALE

(Knaur) Markus Heitz gilt den Anhängern weltentrückter Genres wie Science Fiction, Fantasy und Horror als funkelnder Stern am deutschen Autoren-Firmament. Was auch immer der Mann in die Tastatur hackt, ob Rollenspiel-Roman oder Blutsauger-Fachbuch, gerät nach allen Regeln der Kunst. Selbiges lässt sich auch über „Blutportale“ den neuen Horror-Thriller aus der Feder des Herrn Heitz berichten. Dieses zwischen zwei Buchdeckel gepresste Gore-Fest ist nichts für Wendy-Leser oder Hochkultur-Fanatiker, immerhin müssen sich die Protagonisten Will und Saskia durch eine verwirrend große Anzahl und Artenvielfalt an Gegnern kämpfen, die allesamt verhindern oder vorantreiben wollen, dass die titelgebenden Blutportale – Türen ins Dämonenreich – geöffnet werden. Wer sich jetzt vor Lachen biegt, sollte die Finger von den Blutportalen lassen. Horror-Fans sind gut bedient.

Text: Timo Richard

OLIVER USCHMANN MURP!

HÖREN UND LESEN

(Scherz) Im vierten Teil der „Hartmut-und-ich-Romane“ reisen sowohl Hartmut als auch „Ich“ nach Hausauflösung mit ihren Freundinnen und ihrem Projekt „Kunstpause“ über die Tankstellen der Republik. Die „Jungs“ hängen dann abends vorm Fernseher oder spielen Computerspiele, trinken Bier und kritteln rum. Einmal bauen sie auch eine Insel für ihre Schildkröte. Beim zwanghaften Konsumieren der Medien fällt Hartmut dann auf, dass versucht wird, die Konsumgesellschaft in einer Endlosschleife auf allen Kanälen glattzubügeln. Diese wahrhaft tiefschürfende Beobachtung untermauert Oliver Uschmann, indem er seine Hauptfigur ein Buch über das „UnperfektSein“ verfassen lässt. Das ist so eine Art Gegendemonstration gegen Arbeit und dünn und vital sein und ein Buch im Buch und witzige Gesellschaftskritik und stört irgendwie den Lesefluss.

Seite 75

SARAH KUTTNER MÄNGELEXEMPLAR

(S. Fischer) Ein Buch über eine Frau, die depressiv ist und Angstzustände hat: Will man das lesen? Es braucht ein wenig Überwindung und dauert ein paar Seiten, bis die anfängliche Skepsis langsam weicht, die ersten komischen Momente auftauchen und schließlich Sympathie für die Protagonistin aufkommt. Karo ist authentisch, nicht doof und bei aller Traurigkeit oft ganz schön witzig. Sarah Kuttner schildert ihre dramatische Geschichte unglaublich einfühlsam und in einer angenehmen, lockeren und humorvollen Sprache, die nie aufgesetzt wirkt. Und mit Psychosen hat sie sich offensichtlich auch intensiv auseinandergesetzt. Ein bewegendes und manchmal lustiges Buch, sicher nicht nur für Menschen, die auch oft traurig sind.

Text: Elmar Bassen

Text: Marie Schaefer

Foto: Thorsten Cronauge

DAS VOLLPLAYBACKTHEATER

John Sinclair – Das Horror-Schloss im Spessart John Sinclair? Das war doch der Manager von MC5 - werden jetzt die Musik-Freaks unter euch erinnern. Echte Hörspielfans schlagen bei solchen Gedanken die Hände über dem Kopf zusammen – geht es hier doch um John Sinclair, den Geisterjäger! Erfunden 1973, turnte der Oberinspektor von Scotland Yard mit seiner Sonderabteilung für übersinnliche Phänomene durch 50 Fälle und Ausgaben der „Gespenster-Krimi“-Serie des Bastei Verlages, bis er dann eine eigene Serie erhielt. Von 1981 bis 1991 produzierte das Tonstudio Braun insgesamt 110 Hörspiele (von denen allerdings nur 107 veröffentlicht wurden) und erhielt dafür einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde. Wieder was gelernt. Den Fans des Vollplaybacktheaters dürfte John Sinclair durch seine absurden Gastauftritte und der quietschgelben Plastikperücke in den ???-Aufführungen bestens bekannt sein. Jetzt bekommt er auch hier seine eigene Show. Im Mai will das VPT dem Geisterjäger ein Denkmal setzen und wir können nur wieder einmal dringend raten, diesen Spaß nicht zu verpassen und sich vor allen Dingen rechtzeitig die Tickets zu sichern oder dieselben bei uns zu gewinnen. Schickt uns eine Mail mit eurer Wunschstadt und dem Betreff „Geisterjäger“ an verlosung@sallys.net. Die Termine findet ihr auf den Seiten 60/61. P.S. Ganz passend dazu wird Mitte April mit „Zombies in Manhattan“ die 50. Folge der Hörspielserie veröffentlicht. Herzlichen Glückwunsch, Sohn des Lichts!


Seite 76

COMPUTERSPIELE

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HALO WARS

(Microsoft) Für Xbox360

Feuerpause für den Master Chief: Nach drei gelungenen und erfolgreichen EgoShootern versucht sich die „Halo“-Reihe erstmals an der Echtzeitstrategie. Und belegt damit eindrucksvoll, dass das sonst auf dem PC angestammte Genre auch auf Konsolen funktionieren kann. Die Handlung von „Halo Wars“ spielt dabei rund 20 Jahre vor den Geschehnissen des ersten „Halo“-Shooters. Auf dem Planeten Harvest gehen seltsame Dinge vor, also kommandiert die Weltraumpolizei UNSC ihr Schiff „Spirit Of Fire“ dorthin, um der Sache nachzugehen. Die UNSC-Truppen stoßen rasch auf das außerirdische Volk der Covenant, das offensichtlich irgendetwas Wertvolles entdeckt hat. Und kurze Zeit später schickt der Spieler seine ersten Marines und Panzer los, um die Aliens zu attackieren. Die grundsätzlichen Aktionen - Basis errichten, Ressourcen sammeln, Einheiten erforschen und produzieren, gruppieren, bewegen und zum Angriff schicken - sind aus anderen Titeln dieser Art bekannt. „Halo Wars“ führt aber bravourös vor, wie unkompliziert und effektiv ein Echtzeitstrategiespiel auf Konsole funktionieren kann, ohne dabei zu viel Tiefgang vermissen zu lassen. Strategieneulinge werden perfekt ans Genre herangeführt, „Halo“-Fans freuen sich über das bekannte Szenario, und auch erfahrenen Strategen wird noch einiges geboten. Optik und Multiplayer-Modus überzeugen ebenso; da kann die Shooter-Kanone ruhig noch ein paar Monate ruhen.

Text: Tito Wiesner

RESIDENT EVIL 5

(Capcom) Für Xbox360, Playstation3

In „Resident Evil 5“ setzen die Entwickler von Capcom nicht mehr auf unheimliche Atmosphäre und Schockmomente, sondern auf kompromisslose Action. Schweißperlen auf der Stirn und erhöhter Pulsschlag bleiben dank gnadenloser Gegnerhorden trotzdem nicht aus. Serien-Veteran Chris Redfield muss diesmal nach Afrika, wo Terroristen Menschen und Tiere durch einen gefährlichen Bio-Virus in willenlose, mordende Mutanten verwandelt haben. Mit diversen Feuerwaffen wird in der Wüste, verlassenen Dörfern und Fabrikanlagen gegen unerbittliche Feindesgruppen gekämpft, zwischendurch warten beeindruckend aussehende und alles andere als leicht zu besiegende Boss-Gegner. Damit Chris auch eine Chance hat, wird er von der ebenso schönen wie smarten Afrikanerin Sheva begleitet - die hilft, heilt, löst Rätsel und kann wahlweise nicht nur von der Konsole, sondern auch von einem Freund im Koop-Modus gesteuert werden. Und Freunde wird man mit diesem Spiel schnell finden - schließlich will bestimmt jeder mal einen Blick auf die grandiose, detailreiche Optik und die wunderbar inszenierten, oft minutenlangen Zwischensequenzen werfen. Angesichts dieses technisch meisterhaften Action-Feuerwerks verzichtet man doch glatt auf das frühere Horror-Flair; der Adrenalin-Pegel bleibt schließlich auch so hoch genug.

Text: Tito Wiesner

GALLISCHE DÖRFER Alle gute Ideen im Internet werden irgendwann einmal von Marketing, PR oder Werbung missbraucht. Alle gute Ideen? Nein. Zum Glück gibt es tatsächlich noch Bereiche, die zwar absolut viral und effektiv sind , wo sich aber kein Marketingfuzzi herantrauen würde. Zumindest heute noch nicht. Und deshalb bin ich immer wieder erfreut, wenn ich von guten Aktionen höre, wo zum Beispiel gehackt und auf smarte Weise - und vielleicht auch im Grenzbereich zur Legalität das Netz zur Weltverbesserung genutzt wird. Ein paar Beispiele: Toll fand ich zum Beispiel das Kapern der Website des FC Schalke. Mit der auf der Seite geposteten Entlassung von Kevin Kuranyi wurde medienwirksam auf die Gesetze zur Vorratsspeicherung aufmerksam gemacht. Und damit das nicht noch einmal passiert, haben die Hacker auch gleich einen Link für den Webmaster hinterlassen, mit dem er die genutzte Sicherheitslücke schließen kann. Die Aktion hat niemandem wirklich weh getan und letztlich wurde sogar anstatt Schaden eine Verbesserung hinterlassen. Hat ein bisschen was von Robin Hood. Gute Sache. Auch gut war die Aktion von Attac Ende März. Neben einem gefakten Online-Auftritt (www. die-zeit.net) produzierte das Netzwerk 150.000 Exemplare der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Ausgabe von Attac war auf 2010 datiert und enthielt Nachrichten, wie wir sie nur lesen könnten, wenn wir heute damit beginnen, alles richtig (weil ökologisch und sozial gerecht) zu machen. Die Idee ist natürlich nicht neu - so etwas wurde bereits letztes Jahr in den USA mit der New York Times gemacht - aber sie ist schlau. Einen kleinen Surftipp habe ich noch: www. abgespeist.de. Hier präsentiert Foodwatch die Wahrheit hinter den Etiketten der Nahrungsmittelindustrie. Findet die Industrie gar nicht toll und das kann man an den dort veröffentlichten Reaktionen auch nachlesen. Während also Offline-Aktionen von Greenpeace inzwischen als Blaupause von der Marketingmaschinerie genutzt werden (bspw. mit einem Banner sich irgendwo abseilen, Forderungen mit einem Projektor auf Gebäude projizieren etc.) werden Internetaktivisten noch eine Weile unkopiert bleiben, hofft *Lou Canova


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GRAND THEFT AUTO: CHINATOWN WARS

COMPUTERSPIELE

Seite 77

RUNES OF MAGIC

SILENT HILL HOMECOMING

Text: Tito Wiesner

Eigentlich grenzt es an Wahnsinn, heutzutage ein Online-Rollenspiel zu veröffentlichen – neben „World Of Warcraft“, „Herr der Ringe Online“ oder „Warhammer Online“ ist eigentlich kaum noch Platz für abendfüllende Massenkloppereien. Zumal „Runes Of Magic“ auf den ersten Blick auch wenig Aufregendes zu bieten hat: Eine kunterbunte Fantasy-Welt, gefährliche Kreaturen, mächtige Artefakte, Arena-Turniere und Gilden-Kriege gibt es schließlich auch bei der Konkurrenz. In einer – alles andere als unwichtigen – Hinsicht ist das Spiel dann allerdings doch etwas Besonderes: es kostet nämlich nichts. Free-to-Play-Onlinerollenspiel nennt sich das Ganze dann, und wer sich schon länger über die hohen monatlichen Gebühren ärgert, die er für die nächtlichen Feldzüge so abdrückt, findet die virtuelle Welt von Taborea und den kostenlosen ClientDownload unter runesofmagic.com dann vielleicht doch ganz interessant.

Während im neuen „Resident Evil“ Feuergefechte wichtiger geworden sind als Schock-Effekte, darf man sich in „Silent Hill“ weiter gruseln – “Homecoming” bleibt der Serien-Tradition mitsamt der düsteren Atmosphäre treu. Diesmal schlüpft der Spieler in die Rolle von Alex Shepherd, der in seine Heimatstadt Shepherd’s Glen zurückkehrt, um dem plötzlichen Verschwinden seines jüngeren Bruders nachzugehen. Die Suche nach dem Verwandten entwickelt sich natürlich schnell zu einem Albtraum: Grausig verunstaltete Kreaturen stellen sich Alex in den Weg, zudem wird er von mysteriösen Ereignissen überrascht und von Schreckensvisionen gequält. So faszinierend und spannend sich der Überlebenskampf inklusive einiger Rätsel gestaltet, so groß ist leider auch die Enttäuschung über die Grafik, die hinter den Möglichkeiten der PS3 zurück bleibt – aber dafür auch den einzigen Kritikpunkt am ansonsten hervorragenden Horror-Spiel darstellt.

STREET FIGHTER 4

TRIVIAL PURSUIT

ULTIMATE BAND

Was Sylvester Stallone als Rocky kann, können Ryu und Co schon lange: Trotz nahezu biblischen Alters treten die Street-Fighter-Helden jetzt erneut zum Kampf an; diesmal auf Playstation 3 und Xbox 360. Und sie wollen dringend wieder Boden gut machen. So dominierend die „Street-Fighter“-Reihe in den Neunzigerjahren nämlich war, so deutlich war der Bedeutungsverlust des Capcom-Prüglers in der letzten Dekade. Reihen wie „Soul Calibur“ und „Tekken“ hatten dem einstigen Platzhirschen vorübergehend den Rang abgelaufen. „Street Fighter 4“ vollbringt nun das Kunststück, neue Spieler für die Reihe zu gewinnen und gleichzeitig die alten Anhänger in der Arena zu halten - mit altbekannten Moves und neuen Ideen, einer einfachen Zugänglichkeit und dennoch vorhandener Tiefe sowie einer tollen Präsentation. Besser prügelt es sich nirgends!

Den Brettspiel-Klassiker gibt es jetzt also auch als Wii-Adaption. Was aber ist anders? Es gibt einen Party-Modus, bei dem man auf die Cleverness der Anderen wetten kann und Fragen, bei denen Fotos oder Landkarten gezeigt werden können – aber das war es dann auch schon mit der digitalen Innovation. Die Fragen gehen von albern einfach bis unbeantwortbar absurd – am Schlimmsten ist aber die Stimme, die sie nicht nur stellt, sondern versucht, mit komischen Kommentaren auch sonst noch lustig zu sein. Vielleicht ganz gut gemeint, aber zum Glück gibt es eben doch noch Dinge, die an einem runden Tisch, bei dem man sich auch mal gegenseitig angucken kann, anstatt ständig auf einen Monitor zu starren und schweigend einer Konsolenstimme zu lauschen, mehr Spaß machen.

Musikspiele wie „Guitar Hero“ oder „Rock Band“ sind ja eine durchaus unterhaltsame Sache; wer eine kleine Wohnung hat, ärgert sich aber schon bald über die ständig im Weg stehenden Plastikinstrumente. Für Leute mit wenig Wohnraum oder der Vorliebe für aufgeräumte Zimmer könnte „Ultimate Band“ da eine gelungene Alternative sein – hier dürfen zwar auch vier Spieler gleichzeitig antreten, die brauchen aber jeweils nur die Wii-Controller. Zu über 30 verschiedenen Songs – allesamt Coverversionen bekannter Stücke von Bands wie den White Stripes oder Weezer – muss dann die Wiimote geschüttelt werden. An Gitarre, Bass und Schlagzeug macht das noch durchaus Sinn, für den Sänger aber wird es eher öde – der muss nämlich nur posen statt ins Mikro zu trällern. Für die kleine Party zwischendurch taugt das schon; von der Faszination der großen Vorbilder ist Ultimate Band aber leider weit entfernt.

(Rockstar Games) Für Nintendo DS GTA für die Hosentasche? Klingt zunächst nach einem wenig reizvollen, abgespeckten Klon der großen Konsolenvorbilder. „Chinatown Wars“ ist allerdings viel mehr als eine Mini-Version der Serie – all das, was man von GTA kennt und daran liebt, wird einem nämlich auch auf Nintendos Handheld geboten. Unzählige Missionen in Liberty City, eine spannende Story, viele Gefechte und zahlreiche Autofahrten gehören auch hier zum Tagesgeschäft. Hinzu kommen aber auf die Hardware des DS abgestimmte Minispiele; etwa das Knacken von Schlössern via Touchscreen oder das Heranrufen eines Taxis durchs Pfeifen ins Mikrofon. Zudem ist die Spieltiefe gigantisch, die Aktionsmöglichkeiten riesig – derart komplex und vielseitig war wohl kaum ein DS-Spiel zuvor. Das Kürzel GTA bleibt eben ein Garant für hochklassige Unterhaltung, egal auf welcher Plattform.

(Capcom) Für Xbox360, Playstation3

Text: Tito Wiesner

(Koch Media) Für PC

Text: Tito Wiesner

(EA) Für Nintendo Wii

Text: Caroline Frey

(Konami) Für Playstation 3

Text: Tito Wiesner

(Disney Interactive) Für Nintendo Wii

Text: Tito Wiesner


Seite 78

COMPUTERSPIELE

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NINTENDO DSi DS GOES INTERNET

Unglaubliche 100 Millionen Menschen besitzen mittlerweile ein Nintendo DS und trainieren damit ihr Gehirn, pflegen ihre virtuellen Schoßhündchen oder treten weltweit im „Mario Kart“ gegeneinander an. Damit der Ansturm auf die Videospieltheken auch in Zukunft nicht abreißt, bringt Nintendo am 3. April eine runderneuerte, zunächst nur in weiß und schwarz verfügbare Version der Handheld-Konsole heraus – die auf den ersten Blick allerdings gar nicht so wahnsinnig anders aussieht als ihr Vorgänger. Etwas kleiner, etwas edler, im Großen und Ganzen von außen aber unverändert. Die Neuerungen erschließen sich erst auf den zweiten Blick, haben es dann aber in sich. So finden sich im Gerät jetzt zwei Kameras, eine an der Außenseite und eine im Gelenk der Innenseite. Passend dazu ist neben einem Online-Browser und einem Mediaplayer auch eine Bildbearbeitung vorinstalliert, und die Konsole ist in der Lage, Gesichter zu erkennen – auf die ersten Spiele, die das sinnvoll nutzen, darf man sich schon mal freuen. Die Displays wurden vergrößert, ohne jedoch deren Auflösung (256x192 Pixel) zu verändern. Das größere Bild macht sich beim Spielen trotzdem gleich angenehm bemerkbar, ebenso wie die etwas stabileren Knöpfe: Die überarbeiteten Buttons haben einen genaueren Druckpunkt als bei den Vorgängern, das Drücken wird von einem deutlich spürbaren Klick begleitet. Der Schieberegler für die Lautstärke wurde abgeschafft, nun gibt es einen Plus- und einem Minus-Knopf. Ebenfalls überarbeitet wurden die Lautsprecher, die in punkto Lautstärke und Tonqualität nun deutlich mehr überzeugen. Der DSi übertönt in maximaler Einstellung so manches Notebook.

Kamera

SD-Slot

Kamera & Mikro

Statt des Gameboy-Advance-Modulschachtes auf der rechten Seite hat das DSi jetzt einen Steckplatz für SD-Karten – ärgerlich für den, der noch viele Gameboy-Spiele zu Hause hat, schön für den, der die ganzen neuen Möglichkeiten der SD-Karte nutzt. Darauf lässt sich unter anderem Musik ablegen, außerdem richtet Nintendo einen DSi-Online-Shop ein, über den alles mögliche – auch Retrro-Spiele – heruntergeladen und auf der Konsole gespeichert werden können. Das DSi ist also eher Multimedia-Maschine denn puristische Spielkonsole. Einziger Wermutstropfen ist der Preis, günstiger wird das schicke Handheld nämlich nicht: Knapp 170 Euro muss bezahlen, wer ab sofort mit der modernsten Form des DS unterwegs sein will. Text: Tito Wiesner

ZIMMER FREI – SING DICH REIN MIT LIPS

Einmal singen – ein Semester lang kostenfrei wohnen Studentenbude gesucht? Das beliebte Sing- und Partyspiel für die Xbox 360 sucht in fünf großen Unistädten nach jeweils drei partytauglichen Bewohnern für eine WG. Ob ihr gut kochen, putzen oder Yogaturnen könnt, ist bei der Aktion „Zimmer frei – Sing Dich rein mit Lips“ egal. Was zählt, sind Feierlaune und gut geölte Stimmbänder. Wer sich jetzt unter www.sing-dich-rein.de für eines der noch ausstehenden Castings bewirbt, hat vielleicht schon bald nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch ein entspannteres Bankkonto. Die Wohnung wird euch ein Semester lang zur Verfügung gestellt – und das mietkostenfrei. Die Bewerber dürfen sich an den folgenden Tagen am Lips-Mikro vorstellen: 27.3. Hamburg *** 30.3. Köln *** 1.4. Berlin

Die genauen Adressen und Zeiten gibt’s unter www.sing-dich-rein.de. Außerdem wird dort ein weiterer WG-Platz vergeben und zwar an den Bewerber, der nicht nur mit der größten Online-Fangemeinde, sondern auch mit der besten Bewertung der Lips-Community glänzen kann. www.sing-dich-rein.de


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SPORT

Seite 79

T-MOBILE EXTREME PLAYGROUNDS THE DIRT SESSION Interview mit Kye Forte

BMX-Weltmeister Kye Forte ist ein alter Hase auf dem Duisburger Dirt-Parcour. Am 19. April schwingt er sich hier zum dritten Mal im Rahmen der T-Mobile Extreme Playgrounds aufs Rad. Zeit wird’s also, den jungen Mann mal etwas näher kennen zu lernen.

Wie bist du zum BMX gekommen? Als einer von drei Brüdern (die anderen beiden sind mittlerweile ebenfalls BMX-Profis) hat sich das ganz automatisch ergeben. Wie fast alle Kinder sind wir mit den Rädern im Garten herumgejagt. Außerdem ist unser Vater immer schon Motorrad gefahren, da lag die Sache mit der Zweirad-Karriere wohl irgendwie nahe.

ren. Außerdem ist er vor seiner Dirt-Jump-Karriere auch Rennen gefahren.

Wie alt warst du, als du mit dem BMXen begonnen hast? Mit sieben Jahren habe ich angefangen zu fahren. Von 12 bis 19 bin ich BMX-Rennen gefahren. Dann habe ich gemerkt, dass die Sprünge mehr mein Ding sind und ich bin zum Dirt Jump übergewechselt.

Wo fährst du am liebsten? Auf den Pisten bei mir zu Hause in Decoy. Wir hatten dort schon so viele tolle Sessions. Ich wünschte nur, es würde nicht so oft regnen.

Was macht das Suchtpotenzial dieses Sports für dich aus? Die Begeisterung für das Fahren an sich. Neue Tricks zu erlernen, ist immer eine spannende Herausforderung und das Reisen kommt als fetter Bonus hinzu. Man lernt viele Leute kennen. Außerdem mag ich die Tatsache, dass man aus einem bisschen Dreck die abgefahrensten Sprünge bauen kann. Welcher Fahrer ist dein Held und deine größte Inspiration? Ich schätze das ist Brian Foster. Er hatte immer schon einen guten Stil und kann echt alles fah-

Welcher Fahrer gefällt dir besser: Cory Bohan oder Chris Doyle? Das ist schwer zu sagen. Sie haben beide einen anderen Stil. Ich denke, es läuft auf ein Unentschieden hinaus.

Was war der bislang beste Contest deiner Karriere? Ich schätze, der Red Bull Empire Of Dirt, den ich selbst veranstaltet habe. Es war megastressig, alles zu organisieren und zwischendrin auch noch zu fahren. Die Qualen war es aber allemal wert! Wie bist du dazu gekommen, den Empire Of Dirt auszurichten? Ich wollte die Contests ein wenig verändern. Es sollte mehr um das Gelände und die Bewegung an sich gehen als darum, wie viele Drehungen und Salti du machen kannst. Was sind deine Ziele für die anstehende Dirt Session in Duisburg?

Mein persönlicher Anspruch ist es, anständig zu fahren, Spaß zu haben und ein paar Tricks zu versuchen, die ich lange nicht mehr gemacht habe. Für uns UK-Fahrer ist es noch ganz schön früh in der Saison, müsst ihr wissen. Freust du dich schon auf den Auftritt von NOFX? Ja, das wird toll. Die meisten von uns BMXern sind mit ihrer Musik aufgewachsen. Welche drei Kapellen dürften auf deinem persönlichen BMX-Mixtape nicht fehlen? Ich sage mal: TV On The Radio, Joy Division und The Appleseed Cast. Text: Christine Stiller

T-MOBILE EXTREME PLAYGROUNDS DIRT SESSION MIT KYE FORTE Was: Wann: Wo: Live:

BMX Dirt Jump und Mountainbike Slopestyle 19.4. Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord NOFX, The Flatliners, Dan Dryers

Tickets unter: t-mobile-playgrounds.de


Seite 80

X-WORT

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QUERGEFRAGT Einfach die Antworten auf die Fragen in die dazugehörigen Kästchen kritzeln, und somit im besten Fall das richtige(!) Lösungswort ermitteln. Das könnt ihr dann per Postkarte oder E-mail an uns schicken und nehmt damit automatisch teil an der Verlosung von fünf Exemplaren des Kilians-Albums „They Are Calling Your Name“. Einsendeschluss ist der 15. April ’09. [Sämtliche Umlaute (also ä, ö, ü) werden zu Vokalen (ae, oe, ue) und alle Begriffe werden ohne Leerzeichen geschrieben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.]

WAAGERECHT

1

2. So spielten de Sportfreunde Stiller kürzlich in München 3. Im Mai veröffentlichen Maxïmo Park mit „Quicken The Heart“ Album Nummer (ausgeschrieben)... 4. Titel des neuen A Camp-Albums 8. All American Rejects-Sänger Tyson hat einen „edlen“ Nachnamen, genauso wie Lanzelot 10. Hier trafen wir die Mädels von Black Sheep 11. Condo Fucks musizieren üblicherweise unter diesem Bandnamen 12. neue Lieblingsband von Bob Mould 13. Namengebende Witterungserscheinung des neuen Yeah Yeah Yeahs-Albums 15. Dieser Roman von Rocko Schamoni kommt jetzt ins Kino 17. Jan Plewka ist Sänger dieser Band 18. Kein kaputtes Ding, sondern das neue Buch von Sarah Kuttner 19. Den besten Drogen-Song hat laut Black Lips-Bassist Jared Swilley diese Band beschrieben

SENKRECHT 1. Duff McKagan studiert nicht nur den Rock’n’Roll-Lifestyle, ondern auch dieses Fach 2. Von wegen Außenseiter, nicht nur Fire In The Attic gehen hier Platten kaufen 5. Hamburger Indie-Label 6. New Yorker Stadtteil und Heimat von Kip Berman 7. Hit von Peter, Bjorn & John 9. Heimatstadt der White Lies 14. Wenn Karin Dreijer Andersson nicht als Fever Ray unterwegs ist, spielt sie in dieser Band 16. The Rakes haben ihr Album nach diesem Schallsignal benannt

Das Lösungswort des Rätsels aus der Februar-Ausgabe war übrigens: „Firestarter“.

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Seite 82

SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM

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IMPRESSUM

SCREENSHOTS Hygiene vor Gericht

„Warst du Pipi machen?“ „ Ja.“ „Und hast du dir danach auch die Hände gewaschen?“ „Nein.“ PATSCH!

Herausgeberin:

Eine Mutter. Ein Kind. Eine schmutzige Hand. Ein Schlag ins Gesicht eines Wehrlosen. Hygieneerziehung in Deutschland – der Panikraum der Pädagogik. Werte Geschworene: Ich werde beweisen, dass dieser Junge frei von Schuld ist, dass es sinnlos ist, sich nach dem Pinkeln die Hände zu waschen. Dass es jedoch extrem sinnvoll wäre, es DAVOR zu tun. Warum? Weil die Backe des Kleinen jetzt wahrscheinlich dreckiger ist als sein Pimmel!

Chefredaktion: Caroline Frey Stellvertr. Chefredaktion: Florian Hayler Redaktion: Ina Göritz Volontärin: Christine Stiller

Es gibt keinen Teil an meinem Körper, der sauberer ist als mein Genital. Mindestens zweimal am Tag wird „er“ gewaschen, gebohnert und gewichst, so dass er in der Sonne nur so glänzt (wenn ich ihn rausholen würde). Ich mache mit ihm keine Autotüren auf, halte mich mit ihm nicht an der Bushaltestelle fest und bohre mir mit ihm nicht in der Nase. Er ist rein! Gleich nach der rituellen Morgenwaschung wird der duftende Prallhans aromafrisch versiegelt und in strahlende atmungsaktive Baumwolle gepackt. Statt sich zur Begrüßung die Hände zu geben, wäre das gegenseitige Aneinandereiben oder Schütteln der Geschlechtsorgane - zumindest in meinem Fall - die denkbar hygienischste Art und Weise sich „Hallo“ zu sagen. Meiner ist so sauber - von dem kann man essen!* Hände sind der dritte Mann in einer Skatrunde mit Bazillus und Bakterius. Unsere Gesichter vergilben im Nebel der Luftverschmutzung. Alles ist dreckig! Niemand, wirklich NIEMAND wäscht sich beim Duschen die Füße. Die werden angeblich „von alleine sauber“. Selbst meine Augen sind schmutziger als mein Samensorium. Und jetzt kommt die deutsche Hygienegesetzgebung und sagt: „Geh auf die Toilette. Nimm ihn in die Hand. Kontaminiere deine Liebeskanone mit klebrigem Syph und der Gülle, die

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an deinen Fingern klebt, steck ihn dann zurück, lass das Ganze über den Rest des Tages zu einer Pilzkultur des Grauens heranreifen und… wasch dir DANN die Hände.“ Da mach ich nicht mit. Ich nicht! Wenn unser Intimbereich der sauberste Teil unseres Körpers ist, warum waschen wir uns dann die Hände nicht BEVOR wir auf die Toilette gehen? Und warum waschen wir sie DANACH? Weil wir etwas Sauberes angefasst haben? Sind wir dumm? Wegen Urin? Ist das denn an meinen Händen? Ist es nicht! Und WENN schon. In Penatencreme ist Urin von Tigern. Das ist allen egal. Die Römer haben ihre Wäsche damit gewaschen. Andere schmieren sich Urin auf ihre Pickel. Ins Gesicht! Es gibt sogar welche, die trinken warmes Urinat zum Frühstück. Kann also sooo dreckig nicht sein - dieses… Urin. O.K. Es gibt natürlich auch Intimschweine. Bäh. Aber mal ehrlich: Einen dreckigen Charakter bekommt man auch mit Wasser und Seife nicht ausgehfertig geschrubbt. Und der Rest? Der wäscht jetzt bitte pre-urinal! Danke. Yessica Yeti *Aus Sicherheitsgründen, bitte Fingerfood. Kein Besteck!

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INTERVIEWS The Enemy

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IM KINO

Graupelschauer adé, es geht in Richtung Festivalsommer! Nicht nur die musikalische Freiluftsaison steht vor der Tür, sondern auch The Enemy, Gallows, Art Brut, Maximo Park, Dredg, Jupiter Jones und viele mehr - allesamt natürlich mit ihren neuen Alben unter dem Arm. Dazu mehr ab dem 24. April.

Nicht nur der Sommer kehrt zurück, auch auf den Leinwänden wird manches Comeback gefeiert. Julia Roberts gibt sich nach längerer Pause und an der Seite von Clive Owen in „Duplicity“ mal wieder die Ehre einer Hauptrolle, während mit „Ricky“ das Skurrile ins Werk von François Ozon einkehrt und der Achtziger-Horror von „My Bloody Valentine“ ein 3D-Remake erfährt. Aber keine Rückkehr wird wohl mit so viel Spannung erwartet wie die des Raumschiffs Enterprise. Weswegen wir natürlich die Stars des neuen „Star Treks“ zum Interview trafen.

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