unclesally*s 150 - die Jubiläumsausgabe!

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EDITORIAL

unclesally*s magazine

EDITORIAl Und alle:

Happy birthday to us Happy birthday to us Happy birthday, alte abgetakelte aber immer noch ganz korrekt unterwegs seiende Fregatte 150 - echt krass (Ersatzreime für die Schlusszeile: „Ihr braucht mehr Bass“ oder „Ihr könnt nix am Glas“, wahlweise auch als Kanon) 150 Hefte sind noch lange kein Grund, sentimental zu werden. You know it‘s just another Ausgabe, wie immer prall gefüllt mit dem hipsten Shit, den ItPeoples unter den Szeneasten und natürlich mit Girls, Guys, Gays und amtlich Bobos. Für diese Jubiläumsausgabe haben sich einige der angesagtesten Acts freiwillig comittet, uns fette Geburtstagsgimmicks zu schnüren, meistens als Autogramm, selten als Torte, oft als codierter Diss oder manchmal als Lied. Guckst du mal die drei Seiten von an Start oder schaltest um auf sally*sTV – da geht’s ab. Abgehen tut’s auch (kann mal jemand seine Flinte auf mich richten, bitte?) bei unserer soeben final bestätigten Jubiläumsparty, dem legendärsten aller Heft-Festivals außerhalb der Festival-Saison, dem place to be bi: sally*sounds09! Zum schmalen Kurs gibt’s hier die Stars aus Indie und Disco hautnah und live zu erleben, zum Beispiel die Hit-Combo Maxïmo Park, die Tanzbären der Blood Red Shoes und viele Überraschungsgäste, deren Name wir aus rechtlichen Gründen noch kurz im Tresor parken müssen. Alle Infos zum Festival zum Jubiläum am 24. Oktober inklusive Absturzparty entnehmt bitte einem Portal namens www.sallys.net – der größten Trojaner-Hochburg außerhalb der Provinz Çanakkale. Auch hier geht’s natürlich ab.

Ein Gruß an dieser Stelle an alle, die diese Ausgabe im Foyer eines CinemaxxMultiplexes ihrer Wahl abstauben konnten: Ist doch ein Spitzen-Kino-Spot, unser Kino-Spot, oder? Genau. Und hier noch ein Tipp an alle, die gerade auf dem Weg in das Foyer eines Cinemaxx-Multiplexes ihrer Wahl sind: Achten sie auf unseren Spitzen-Kino-Spot, der wo bei allen Vorführungen ab 18.00 Uhr im Vorprogramm des Kinofilms Ihrer Wahl läuft – und immer schön in Deckung gehen vor den Torten, gelle?! Geht schwer wieder raus, das Zeug. Bevor ich uns ein letztes, fremdverfasstes, aber redaktionsintern gern angestimmtes Ständchen von 1984 bringe, hier noch flugs ein Hinweis an alle Jubilare: Sollten sie mit ihrer Ehefrau Helga im Amöneburger Kappeweg wohnen, Vorsicht: Einer ihrer Gäste hat Hunde-AA unterm Schuh. Aber jetzt zum Lied: Manchmal bin ich klein Manchmal bin ich generös Aber Baumwollpflücken macht mich immer so nervös Nein, du wirst niemals einen Baumwollpflücker aus mir machen A bumm. Bumm. Danke übrigens. Wofür auch immer. (Smoke) Flo



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INHALT

INHALT

„Ich höre auch andere Sachen. Den Wetterbericht zum Beispiel.“ (Ian Hill/Judas Priest), März 2005

No. 150 – Oktober 09

Foto: Nathalie Voelcker

Musik: Seite 16

Musik: Seite 36

Kino: Seite 68

AUF Achse - Highfield games

PEARL JAM VS. ALICE IN CHAINS

stieg Larssons „Verblendung“

Wir feierten unseren persönlichen Abschied vom schönsten Festivalgelände der Welt, indem wir für unsere traditionellen „Highfield Games“ mal wieder Bands gegen die Zuschauer antreten ließen. Was chaotisch begann, war am Ende des Tages quasi wie immer: Die Bands haben meistens verloren, die Zuschauer waren ab 16.00 Uhr voll wie ein Bus und Thees Uhlmann fräste wieder alle Neune.

18 Jahre nach der Veröffentlichung des legendären Pearl Jam-Albums „Ten“ erfährt Grunge ein stadienfüllendes Revival. Während Eddie Vedder & Co. als eine der letzten verbliebenen Genre-Könige ein neues, sagenhaft gutes Album vorlegen, feiern Mudhoney oder Alice In Chains derzeit ihren zweiten Frühling. Schade, dass Kurt Cobain das nicht mehr erleben darf. Aber von oben zuschauen geht auch...

Drei seiner Bücher hat der Autor Stieg Larsson in den Bestsellerlisten verankern können. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis Hollywood anklopfte, um seinen Krimi-Stoff zu verfilmen. Mit „Verblendung“ kommt nun der erste seiner drei Romane als Filmversion in die Kinos, bevor ihm in Kürze auch „Verdammnis“ und „Vergebung“ folgen. Wir trafen Hauptdarstellerin Noomi Rapace zum Interview.

8-12 Starter

35 Im Mixtape: Die Goldenen Zitronen

56 sally*sounds09 – Das Festival zum Jubiläum!

08 Biffy Clyro/ Boxhamsters 09 Chuck Ragan 10 Airbourne 11 KISS 12 Euer Ding

14-21 Musik Stories I 14 AFI 15 The Heavy 18 The Big Pink/ Brand New 19 The Asteroids Galaxy Tour 20 Bela B 21 Port O’Brien

Irgendwie hat die Goldies ihre Doku-DVD „Material“ zu neuen Höhenflügen animiert. „Die Entstehung Der Nacht“ ist wahrscheinlich das beste Album seit „Schafott Zum Fahrstuhl“, und so lustig wie in unserem Mixtape waren Schorsch und Ted noch nie – gemeinsam jedenfalls.

40-47 Musik Stories II Foto: Erik Weiss

40 The Hickey Underworld/ Kings Of Convenience/ Hockey 41 Reiseführer: Aviv Geffen 42 Manchester Orchestra/ Emil Bulls 43 Moneybrother 44 Paramore 46 Calvin Harris/ Alberta Cross/ Sometree 46 The Cinematics/ The Ettes 47 Editors 48 Die goldenen Regeln des Moshpit

49 Auf der Couch

Folgendes Szenario: Ein Mann hat alles, was er sich wünschen kann: Bräute galore, ein millionenschweres Bankkonto, Häuser, Karren, Kinder. Aber: Macht Luxus wirklich glücklich? Chester Bennington weiß auch nicht so recht.

22 Titel: Wolfmother

Andrew Stockdale ist schon ein trockener Typ: Kam mit seinen Ex-Kollegen Chris und Miles auf keinen gemeinsamen Nenner mehr, zog sich zum Songschreiben an die australische Goldküste zurück und rekrutierte im Anschluss eine neue Hintermannschaft, um sein „Cosmic Egg“ auszubrüten. Schön rund geworden, das Ding.

26-34 Platten

Der Herbst wird heiß. AFI legen nach und das Manchester Orchestra macht’s allen vor. Hier lest ihr, was ihr hören solltet.

50 Im Test: Ihr

Alles, was ihr noch nie über unclesally*s wissen wolltet und das wir trotzdem zu fragen wagen. Wer alles richtig beantwortet, gewinnt vielleicht eines der 150 Tickets für unser sally*sounds09-Festival am 24. Oktober in Berlin.

52-55 Musik Stories III 52 Thrice/ Raveonettes 53 Cornershop 54 Richard Hawley/ Max Herre/ 55 Jochen Distelmeyer

Wir gratulieren uns selbst – mit einigen der besten Combos der Welt. Als da wären: Unsere Ex-CoverKings von Maxïmo Park, die Blood Red Shoes und viele mehr. On top gibt’s Spiel, Spaß und Spannung – live am 24. Oktober 2009, live aus Berlin!

58 -65 Für Zwischendurch 58 Konzer des Monats/Konzerfotos Of Death 59 Im Tourbus mit Baddies 60 Auf Tour - unclesally*s präsentiert 62 In the Mix 64 Freestyle 65 Quickies

66-75 Kino

65 Männerherzen 70 Away we go/ Durst/ Mein halbes Leben 71 (500) Days of summer/ Das weisse Band 72 Shortcuts 74 Kino-DVDs

76-82 Der Rest

76 Computerspiele 78 Comics 79 Bücher/ Hörspiele 80 Kreuzworträtsel 81 Redaktionscomic 82 Vorschau/ Impressum/ Screenshots

Der Kinospot

Im Kino und auf sallys.net



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STARTER

„Ich habe schon Leute sterben sehen, während sie meine Songs gespielt haben.“ (Billy Idol), April 2005

Neuigkeiten Heute auf: Dänisch livløs og skadet

en. Ob das das finale Aus für die wohl erfolgreichste Brit-Pop-Band bedeutet, ist noch unklar.

ECHO AND THE BUNNYMEN

THE RASCALS

(Tote und Verletzte)

Jake Brockman, Ex-Keyboarder der britischen Band Echo And The Bunnymen, ist bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. Brockman wurde 53 Jahre alt.

PLACEBO

Während eines Auftritts auf der Bühne des Summer Sonic Festivals in Japan kollabierte Placebo-Frontmann Brian Molko. Ursache sei nach ärztlicher Aussage das Zusammenspiel eines Virus mit dem Stress der laufenden Welttournee. Als Gegenmaßnahme wurde eine sechswöchige Pause verordnet.

adskillelse og bryder (Trennungen und Pausen) OASIS

Nach langjährigen Eskapaden und steten Streitigkeiten mit seinem Bruder Liam hat Noel Gallagher die Gitarre an die Wand gehängt und Oasis verlassen. In einem Statement begründet der Gitarrist den Ausstieg damit, dass Liams „verbale und gewalttätige Einschüchterungen” in diesem Grad nicht mehr auszuhalten und gegenüber Freunden und Familie nicht mehr vertretbar sei-

The Rascals sind Geschichte. Nach der Trennung ist Frontmann Miles Kane nun auf Solopfaden im Studio unterwegs, nebenher spielt er gemeinsam mit Alex Turner im Projekt The Last Shadow Puppets. Die beiden anderen Rascals, Greg Mighall und Joe Edwards, arbeiten momentan an einem Filmprojekt namens „Rascalize”.

TV ON THE RADIO

Eine einjährige Auszeit steht TV On The Radio bevor. Ursache ist eine Überdosis von allem, was das Banddasein mit sich bringt: Das gemeinsame Tourleben auf engstem Raum, die Albumproduktion, Heimweh, Schlafmangel und der Wunsch nach Abwechslung und einem Leben außerhalb der Band. Nun gibt’s erst einmal Landurlaub.

medlemmerplyndre (Mitgliederwechsel)

NO USE FOR A NAME

Der mit dem Wechsel von Dave Nassie zu Bleeding Through vakant gewordene Posten des Gitarristen bei No Use For A Name wurde mit Christ Rest von Lagwagon neu besetzt.

die geschichte hinter dem song

Heute mit: Co (BOXHAMSTERS)

Biffy Clyro Die lustig bollernden Vorab-Singles „Mountains“ und „That Golden Rule“ geben wohl den besten Vorgeschmack auf das, was uns mit dem neuen Biffy Clyro-Album „Only Revolutions“ im November erwartet. Beide Songs charteten in Großbritannien auf Anhieb und verraten, dass man sich im Hause Clyro für den großen Wurf bereit macht. Die Gebrüder Johnston und Sänger Simon Neil begeben sich ab Ende Oktober auf Mammut-Tour, supporten Muse bei 14 Konzerten und verrieten darüber hinaus im Interview, dass man die jahrelange Antipathie gegen aufgepustete Stadion-Bands wie U2 mittlerweile begraben habe. Damit sollte wohl auch die letzte selbstauferlegte Grenze nach oben gefallen sein, denn „Only Revolutions“ bietet neben den beiden Singles massig weiteres Futter für die große Bühne. Das schottische Trio hat den Breitwand-Pop im Prog-Rock aufgespürt und sich allein für diese Entdeckung die Titelstory unserer November-Ausgabe redlich verdient. „Mon the Biff!“

Biffy Clyro auf Tour 15.11. Saarbrücken – Garage *** 23.11. Köln – Gloria *** 6.12. München – Backstage *** 11.12. Wiesbaden – Schlachthof *** 12.12. Hamburg – Grünspan *** 13.12. Berlin – Postbahnhof *** 21.12. Bochum - Zeche PENNYWISE

Frontmann Jim Lindberg hat nach 20 Jahren genug von Pennywise und verlässt die Band, um sich seiner Familie und der Verfilmung seines Buchs „Punk Rock Dad: No Rules, Just Real Life” zu widmen. Pennywise spielen die kommenden Shows mit Zoli Teglas am Mikrofon, dem Frontmann von Ignite.

SMASHING PUMPKINS Der Song: „1982“

„Nach dem Kinobesuch von ‘Control‘ bekam ich Lust, mir den besten New Order-Song auszudenken.“ Heimat: boxhamsters.net

Auch gut: „Brut Imperial“ – das neue Album der Boxhamsters

(zum Ersten) Vor kurzem trennte sich Frontmann Billy Corgan vom letzten verbliebenen Gründungsmitglied, Schlagzeuger Jimmy Chamberlain. Nach längeren Auditions für einen Nachfolger fiel die Wahl auf den 19-jährigen Mike Byrnes. Der hat nun seine Probezeit überstanden und ist offiziell engagiert.

nye projects og genforening (Neue Projekte und Wiedervereinigungen) AEREOGRAMME

Sie spielten gemeinsam in einer schottischen Band namens Aereogramme, die sich 2007 auflöste. Frontmann Craig B und Gitarrist Iain Cook können allerdings nicht voneinander lassen und schreiben gemeinsam als The Unwinding Hours weiter: www. myspace.com/theunwindinghours.

BEAK>

Unter dem Namen Beak> haben sich Billy Fuller, Matt Williams und Portishead-Mastermind Geoff


Barrow Anfang des Jahres zusammengefunden und gehen nun mit erstem Material an die Öffentlichkeit. Was bei Portishead im Schnitt fünf Jahre pro Album dauerte, wird in der neuen Formation um ein Vielfaches beschleunigt: In nur zwölf Tagen soll man das Debüt eingespielt haben, erste Hörproben finden sich unter www.myspace.com/beak2009.

BECK

In hoher Frequenz empfängt Beck Besuch in seinem „Record Club”, wo er mit Kollegen jeweils innerhalb eines Tages ein komplettes Album covert. Nachdem auf diese Weise die legendäre Platte „The Velvet Underground & Nico” neu eingespielt wurde, wagte sich Beck mit Unterstützung von MGMT und Wolfmother an eine Interpretation des Leonard Cohen-Debüts „Songs Of Leonard Cohen”. Unter beck.com kann jede Woche einer der Titel angehört werden. Abseits des „Record Clubs“ tat sich der Musiker mit Charlotte Gainsbourg zusammen, um das Album „IRM” zu komponieren und zu produzieren.

CHAD SMITH’S BOMBASTIC MEATBEATS

Red Hot Chili Peppers-Drummer Chad Smith beschäftigt sich nebenbei zum einen in der Supergroup Chickenfoot mit Ex-Van Halen-Sänger Sammy Hagar, zum anderen leitet er das Soloprojekt Chad Smith’s Bombastic Meatbeats. Neben dem Debüt „Meat The Meatbeats“ stehen schon zwei weitere Platten in den Startlöchern. Zu erleben unter www.myspace.com/bombasticmeatbats.

PAVEMENT

Zehn Jahre nach ihrer Auflösung verkünden Pavement die Reunion. Zumindest für ein BenefizKonzert im New Yorker Central Park im September 2010 wollen sich die Herren öffentlich auf der Bühne treffen - für mindestens vier weitere Konzerte.

RADIOHEAD

Drummer Phil Selway spielt sein erstes Soloalbum ein. Mit dabei sind Wilco-Schlagzeuger Glenn Kotche und Lisa Germano.

JACK WHITE

Neben zahlreichen Projekten nahm Jack White eine Reihe von Songs mit Rolling Stones-Gitarrist Keith Richards auf. Was daraus wird, ist noch unklar.

skiven

Foto: Erik Weiss

(Platten)

AS I LAY DYING

Die jungen Menschen von As I Lay Dying schreiben an ihrem neuen Album, das zu Beginn des kommenden Jahres vor die Ohren Freiwilliger tritt.

THE ATARIS

Während das sechste Studioalbum der Ataris namens „Graveyard Of The Atlantic” praktisch fertig gestellt ist, fehlt noch die Plattenfirma, die das Werk veröffentlicht.

BIOHAZARD

Der Nachfolger von Biohazards „Means To An End” befindet sich im Aufnahmeprozess.

BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB

Das neue Album ist aufgenommen und wird dieser Tage in L.A. finalisiert. Im März 2010 darf die Motorradjacke wieder ausgepackt und dem rebellischen Club gelauscht werden.

THE BRAVERY

Im November erscheint das dritte Bravery-Album „Slow Poison”.

EAGLES OF DEATH METAL

Frontmann Jesse Hughes zieht die Solokarte und kommt mit dem Debüt „Boots Electric Fabulous Weapon” seines Projekts Boots Electric daher. Weiterer Informationsbedarf ist unter myspace. com/bootselectric zu stillen.

KINGS OF LEON

Während der Soundchecks der laufenden Konzerte arbeiten Kings Of Leon an ihrer fünften Platte, die 2010 erscheinen wird. Parallel entsteht ein Remix-Album vom Vorgängerwerk „Only By The Night”, dem sich Linkin Park, Lykke Li, Mark Ronson und einige andere widmen. Mit dem Ergebnis ist noch in diesem Jahr zu rechnen.

MASSIVE ATTACK

Mit „LP5“ befindet sich das kommende Werk von Massive Attack in Vorbereitung. Besondere Töne kommen dabei von Damon Albarn (Blur), Martina Topley-Bird und Guy Carvey (Elbow). Ein Veröffentlichungstermin ist noch nicht bekannt.

im hobbykeller mit:

Foto: Jill Ragan

CHUCK RAGAN

Heute: Innenausbau

„Noch mehr als die Musik erfüllt mich meine andere Leidenschaft, das Schreinern. Ich betrachte beides als Kunst, aber wenn ich mich zwischen Handwerk und Songwriting entscheiden müsste, würde ich das Handwerk wählen. Ich laufe eben lieber auf meinem sauber verlegten Boden durchs Haus, als meine eigenen Platten zu hören.“ Heimat: chuckraganmusic.com Auch gut: „Gold Country“ – das neue Album von Chuck Ragan


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STARTER

„Unsere Shows sind wie die Beerdigung vom Papst - nur mit Ballons.“ (Happy Tom/Turbonegro), Mai 2005

SVEN REGENER

Für die ARTE-Reihe „Mein Leben - Ma Vie” hat sich Element Of Crime-Sänger Sven Regener von der Kamera begleiten lassen. Die Ausstrahlung des Porträts „Sven Regener - Mein Leben” wurde auf Samstag, den 10. Oktober 2009 um 17.20 Uhr (ARTE) verschoben.

SONIC YOUTH

In einer Folge der TV-Serie „Gossip Girl” werden Sonic Youth auftreten und einen Song zum Besten geben. Angeblich sei die Produzentin ein Fan der Band und hatte den Gastauftritt angeregt, nachdem sie einen Konzertmitschnitt von Sonic Youth im Internet sah, in dem Szenen aus Gossip Girl als Hintergrundprojektion gezeigt wurden.

YEAH YEAH YEAHS

Airbourne Die Live-Qualitäten von Airbourne sind legendär. Vergangenen Dezember plätteten die Australier mit ihren Heavy-Hymnen im Vorprogramm der Toten Hosen alle Anwesenden, in diesem Jahr waren ihre Gastspiele eher spärlich gesät. Nicht ohne Grund, galt es doch ihrem Debüt „Runnin’ Wild“ einen würdigen Nachfolger zu bescheren. Dafür kehrten die vier an den Ort zurück, an dem für sie alles begann: Ins „Criterion Hotel“, einem Pub ihrer Heimatstadt Warrnambool und der Geburtsstätte der Live-Band Airbourne: Hier wurden die neuen Songs geschrieben, bevor sie ihre Mission nach Chicago zu Johnny K., Produzent von u.a. Machine Head und Disturbed, führte. Das Ergebnis gibt es Anfang kommenden Jahres endlich von Airbourne persönlich um die Ohren.

Airbourne auf Tour 8.3. München - Tonhalle *** 10.3. Wiesbaden - Schlachthof *** 11.3. Stuttgart - LKA Longhorn *** 13.3. Berlin - Huxley’s *** 21.3. Hamburg - Große Freiheit 36 *** 22.3. Köln - E-Werk

Frontmann Lou Koller verkündete per OnlineVideo den Beginn der Arbeit am neuen Sick Of It All-Album. Die momentan komponierten Songs werden im November im Studio aufgezeichnet.

Frontmann Billy Corgan nacheinander kostenfrei im Internet angeboten werden. Im Anschluss ist die Veröffentlichung von elf EPs mit jeweils vier Songs geplant, bevor zum Schluss eine Deluxe-Box mit dem kompletten Album erscheint

SLAYER

biograf og tv

SICK OF IT ALL

Mit „World Painted Blood” erscheint im November das neue Zuckerstück aus dem Schlachthaus. Auf Wunsch auch serviert auf Vinyl oder DVD.

SMASHING PUMPKINS

(zum Zweiten) Details zum kommenden ersten Album mit Schlagzeuger Mike Byrnes sind veröffentlicht worden. „Teargarden By Kaleidyscope“ soll 44 Songs beinhalten, die nach dem Willen von

(Film und Fernsehen)

Frontdame Karen O zeichnet für den Soundtrack von Spike Jonzes Kinderbuchverfilmung „Where The Wild Things Are” verantwortlich. Als Karen O And The Kids nahm sie ihre Songs gemeinsam mit Kollegen der Queens Of The Stone Age, The Dead Weather, Deerhunter und ihrer eigenen Band The Yeah Yeah Yeahs auf. Der Film ist ab Dezember im Kino zu erleben, die Musik kann bereits im Vorfeld erworben werden.

rester

(Der Rest) RYAN ADAMS

nicht, so existiert in den USA beispielsweise auch die „Myrmekiaphila neilyoungi”. Mit derartigen Namensvetterschaften soll ein Bewusstsein für die vom Menschen verursachte Bedrohung des Lebensraums der Tierwelt geschaffen werden.

PETE DOHERTY

Angeblich spielte Pete Doherty einen einstündigen Privatgig für einen Minderjährigen und seine Mutter, denen der Zugang zur eigentlichen Show verwehrt wurde.

SMASHING PUMPKINS

(zum letzten) Frontmann Billy Corgan rief einen neuen Blog ins Leben. Auf everythingfromheretothere.com schreibt er über spirituelle Themen. So lautet sein erster Eintrag: „The purpose of this website is to discuss openly and without fear concepts of MindBody-Soul integration. If you are drawn to the Hidden Truths, drawn to God as something beyond limitation, and drawn to Love as the greatest force in the Universe, then you have come to the right place at the right time. This is a place of Love.”

Turbostaat

Newsticker zu Turbostaat: Die Flensburger sind nach Berlin umgesiedelt, um gemeinsam mit Produzenten Moses Schneider an ihrem neuen Album zu werkeln. Auf turbostaat.de soll es täglich einen neuen Lagebericht aus dem Tonstudio geben. Mit der Platte ist im Frühjahr 2010 zu rechnen.

Seit seinem Rückzug aus der Musikbranche zu Beginn des Jahres beschäftigte sich Ryan Adams mit mindestens zwei Dingen. Zum einen ist er als Maler aktiv, dessen Werke in der Morrison Hotel Gallery (morrisonhotelgallery.com) zu sehen sind. Daneben schreibt er unter dem Titel „Long Player With D.R. Adams” eine Kolumne über Videospiele auf theawl.com.

Anthony Green

THE BEATLES

Und der Spitzenposten geht an: Death Cab For Cutie. Die Seattler Jungs dürfen mit „Meet Me On The Equinox“ gleich den Titelsong zum zweiten Teil der vampirsaga“Twilight“ beisteuern. Der Soundtrack steht ab dem 16. Oktober in den Läden und eure neue Lieblingsvampirschnulze „New Moon - Biss zur Mittagsstunde“ gibt�s ab dem 26. November im Kino zu sehen.

40 Jahre nach Aufnahme der letzten Songs erscheinen die Werke der Beatles endlich digital aufgefrischt. Als kleine Sensation können einige Titel nun auch in Dateiform erworben werden. Eigentlich sei das seitens der Plattenfirma nicht möglich, die Veröffentlichung des Videospiels „The Beatles: Rock Band” habe jedoch eine Hintertür geöffnet, so Paul McCartney. Drei Platten lassen sich über den „The Beatles: Rock Band Music Store” downloaden.

DAVID BOWIE

Zur Ehrung Herrn Bowies und seines legendären – den Spinnen gewidmeten – Albums „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars” wurde eine malaysische Spinnenart „Heteropoda davidbowie” benannt. Allein ist er damit

Einen Namen für seine neue Solo-Platte hat der vielbeschäftigte Anthony Green schon gefunden. Doch wird er erst an „Beautiful Things“ zu schnitzen beginnen, wenn das neue Circa Survive-Album fertiggestellt ist.

Death Cab For Cutie

The Rakes

Nicht, dass man sagen könnte, die Rakes hätten klangliche Wiederkäuerqualitäten � nein, nein, aber so ein Päuschen zum Denken und Umdenken hat doch noch niemandem geschadet. In jedem Fall erklärt Sänger Alan Donohoe jetzt, die Band wolle sich nach der bevorstehenden UK-Tour eine Weile zurückziehen, um an einer neuen Herangehensweise in Sachen Songschreiben zu tüfteln.

BEATLES

Disney arbeitet derzeit an einem 3D-Remake des Beatles-Filmklassikers „Yellow Submarine” aus dem Jahr 1968. Die Regie übernimmt Robert Zemeckis, bekannt durch Filme wie „Zurück In Die Zukunft”, „Forrest Gump” und allerlei andere. Der Filmstart ist für das Jahr 2012 geplant.

Hier die Termine für drei Stunden sally*s-Radio mit Flo im Oktober, jeweils ab 0.00 Uhr LIVE auf allen Frequenzen von Fritz und auf fritz.de (dort im Anschluss auch 24/7 als Loopstream) Mit dabei: neue Hits & Hymnen aus Punk, Indie, Alternative. Vom: 1. auf 2.10. *** 15. auf 16.10. *** 29. auf 30.10.


60 SEKUNDEN mit: Eric Singer (KISS)

Es ist fast unmöglich, ein neues Album zu machen, wenn man in der Liga spielt, in der KISS spielen. KISS machen keine Musik, sie verwalten eine Religion. Jede musikalische Regung findet vor einem überdimensionalen und zweifelsfrei legendären Backkatalog statt. Man wird nicht am letzten oder besten Album gemessen, sondern an einer in Platin geschlagenen Greatest Hits-Collection. Jetzt haben sich Paul Stanley, Gene Simmons, Eric Singer und Tommy Thayer dem Kampf gegen sich selbst noch einmal gestellt und mit Bravour geschlagen. „Sonic Boom“ ist kussecht, biedert sich keinem Trend an und klingt wie KISS in den Siebzigern. Warum geht das erst jetzt? Eric Singer weiß es auch nicht! Eric, wie habt ihr diese Platte gemacht? Wir haben uns im Proberaum getroffen, die Basisarrangements erarbeitet und später im Studio gemeinsam und live aufgenommen. Oldschool eben. Wir haben Vintage-Equipment benutzt. Alte Gitarren, alte Verstärker, alte Mikrofone. Die Platte wurde genauso aufgenommen, wie wir es früher mal gelernt hatten. Warum habt ihr das nicht längst mal wieder so gemacht? Ich weiß es nicht. Paul wollte es so. Wenn du jemand anderes in der Band KISS sein müsstest, wer wärst du gerne? Paul Stanley! Er ist der Dompteur des „Zirkus KISS“. Er singt all diese Lieder. Ich wäre gerne Sänger. Ich hatte nie die Selbstsicherheit, mich da vorne hin zu stellen und alle mitzureißen. Würde man mir anbieten, das für einen Tag zu machen, ich würde es sofort tun. Wie war denn eigentlich dein „first Kiss“? Ich erinnere mich. Ich war noch sehr jung. Ich glaube, sie hieß Heidi. Wenn du kein Drummer wärst, was wärst du dann? Ich mag Uhren - ich sammele Uhren - ich würde Uhren verkaufen. Gibt es Musik, die du magst, die komplett anders ist als die, die du machst? Gibt es: klassische Musik. Ich höre fast nur Klassik. Mozart. Das Beste, um mich ruhig zu halten, ist Mozart. Wer schminkt dich vor der Show? Oder macht ihr das mittlerweile mit Airbrush? Ich schminke mich selbst. Jeder schminkt sich selbst. Es ist ein Ritual. Wir legen uns Kriegsbemalung an. Wir machen es genauso wie es immer war. Jeden Abend. Heimat: kissonline.com Auch gut: „Sonic Boom“ - das neue Album von KISS


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EUER DING

„Liam is full of shit, er hat einfach keine Ahnung, was läuft.“ (Noel Gallagher/Oasis), Juni 2005

euer ding

Liebe Leserinnen und Jungs

Das hier ist EURE Seite, auf der ihr uns eure Meinung geigen könnt oder sonst so erzählen, wer oder was euch gerade beschäftigt. Unserem Aufruf in der letzten Ausgabe sind tatsächlich ein paar von euch gefolgt und haben uns ihre persönlichen Glückwünsche zur Jubiläumsausgabe zukommen lassen. Danke dafür! Auch sonst war gut was los in unserem Postfach, zunächst aber das hier:

Liebe sally*s-Redaktion, Letzten Samstag, auf dem Highfield haben eine Freundin und ich das Kegeln gegen Tomte gewonnen. Unsere lieben Freunde haben es leider nicht geschafft, auch nur ein anständiges Foto zu machen, da setzen wir unser Vertrauen doch lieber in Menschen, die etwas vom Fotografieren verstehen. Unter anderem wurde auch ein Foto von Thees und uns gemacht, was wir wirklich gern für unsere Pinnwand hätten. Es wäre wunderbar, wenn man uns die Fotos irgendwie zukommen lassen könnte. Zur Information: Ich hatte ein braunes TomteShirt an, meine Freundin ein graues Farin Urlaub Racing Team-Shirt. Danke im Voraus! Vicky & Ully Tag ihr beiden, so ein Glück! Da hatten unsere spontan angeheuerten „Profis“ doch mal im richtigen Moment den Finger am Abzug und deshalb gibt’s hier auch euer Bild zum Einrahmen. Danke übrigens fürs Mitmachen! Was sonst so ging am diesjährigen sally*s-Stand beim Highfield, checkt ihr am besten mal auf Seite 16, da rollen ordentlich Köpfe (und Bälle). Wir sehen uns dann im nächsten Jahr an anderer Stelle und mit neuen Disziplinen. Bewerbt euch doch schon mal vor!

Bleiben wir noch kurz bei den Festivals. Auch Marcel möchte sich akribisch auf das nächste Jahr vorbereiten und fragt deshalb das hier:

Hallo, ich wollte fragen, was man bei dem T-Shirt Tausch auf dem „Open Flair Festival“ im nächsten Jahr alles gegen eure T-Shirts tauschen kann? Nur T-Shirts, oder auch Achselshirts, Pullies oder Langarmshirts? Mfg, Marcel Hi Marcel, meinetwegen kannste auch deinen Schlafanzug oder deine Schützentracht eintauschen, Hauptsache, DU ZIEHST DICH AUS! Ein Witz. Bring mit, was du hast.

Unser externer und hiermit herzlich gegrüßter Mitarbeiter Ben Foitzik konnte sich dank seiner Titelstory zu Muse mit ordentlich Lorbeeren behängen. Zu Recht! Liebes Sallys-Team, nachdem ich das Lachen beendet habe, muss ich nun unbedingt meine Meinung zum aktuellen SeptemberHeft kundtun und dabei besonders zu dem Artikel über Muse. Ich kannte euer Magazin bisher noch nicht und bin einzig durch die Homepage von Muse (muse.mu) darauf aufmerksam geworden. Da der deutsche Zeitschriftenmarkt auf Grund der Veröffentlichung des neuen Albums mit Artikeln geflutet wurde, war ich zunächst etwas skeptisch, ließ es mir aber dennoch nicht nehmen, den besagten Artikel zu lesen. Und bereits nach den ersten Sätzen war ich mir sicher, dass es sich lohnen würde.Ich habe sehr gelacht über eure Darstellung der Jungs

und kann nur ein großes Kompliment an den Verfasser Ben Foitzik aussprechen, welches ihr ihm hoffentlich weiterleiten werdet. Der Artikel ist im Gegensatz zu vielen anderen nicht einfach eine bloße lahme Beurteilung des ach so lang erwarteten neuen Albums, sondern beleuchtet auf extrem gekonnte und urkomische Art und Weise die Eigenheiten der drei Engländer. Es war wirklich erfrischend, einmal etwas nicht ganz so Trockenes zu lesen und ich musste tatsächlich des öfteren lachen. Danke für diesen erfolgreichen Einblick in die Gedankenwelt der doch recht eigensinnigen Genies von Muse! Die total begeisterte Kristin PS: Bore-Dom ist bei weitem nicht immer so teilnahmslos... Auch Sarah ist hin, weg und hoffentlich wieder da: Liebes Team des unclesally*s, ich kann meine Begeisterung gar nicht beschreiben, seit ich euren Artikel über Muse’ neues Album gelesen habe. Noch nie konnte ich beim Lesen eines gedruckten Textes die Songs gewissermaßen in Gedanken schon „vorhören“. Um sicher sein zu können, dass mich meine Vorstellungen nicht täuschen, würde ich mich über ein Exemplar von „The Resistance“ aus eurer Verlosung freuen - das Lösungswort ist „Teignmouth“. Danke für den tollen Artikel und danke vielleicht auch für die CD, Sarah Hi Sarah, hi Kristin, Kollege Foitzik lässt ein freundschaftliches “Gern geschehen” ausrichten und wälzt seinen dicken Ranzen noch ein bisschen in der sardinischen Sonne, bevor er euch hoffentlich in Kürze mit neuen Storys beglückt. Und Sarah: Glückwunsch zur richtigen Lösung. Mal sehen, ob’s klappt mit der CD.

Jemand mit dem Namen Enikross schreibt uns im Namen des Vaters: Hoidelaha, also vorerst: super Zeitschrift! Ich jedenfalls werde euch noch länger treu bleiben, aber da ist jemand anders. Ich war sehr überrascht, als mein Vater die Zeitschrift aufschlug und ver-

suchte, sie zu lesen. Doch zu seinem und meinem Bedauern musste er aufgeben mit den Worten: „Die Schrift ist zu klein“. Wäre es zu viel verlangt, wenn ihr vielleicht in einer Ausgabe mal wenigstens einen Artikel in größerer Schrift abdrucken würdet? Mein Vater und seine Augen würden sich über ein einmaliges Entgegenkommen sehr freuen. Gruß, Enikross

HALLO ENIKROSS SEIN VATER! GANZ BESONDERS FÜR SIE HABEN WIR AUSNAHMSWEISE DIE SCHRIFTGRÖSSE GEPIMPT, UM AUCH DEM SENIOR MAL EIN LESEVERGNÜGEN ERSTER KAJÜTE KREDENZEN ZU KÖNNEN. IST JA WIRKLICH SCHEISSE, WENN MAN IMMER NUR DIE AUTO BILD ZUM BLÄTTERN HAT! GRÜSSE AUCH AN IHREN SOHN. COOLER TYP! (PS: Wären wir das YPS, hätten wir Ihnen eine Lupe beigelegt.)

Bis gestern hätte uns Lille mit dieser Frage den Finger in unsere noch immer heftig blutende Wunde gelegt. Aber wie gesagt: bis gestern. Liebste sally*s, gibt’s denn dieses Jahr wieder ein sally*sounds? Wenn wann? Und vor allem mit wem? Oder habe ich es gar schon verpasst?? Rock’n’Roll und Prost, Lille Hi Lille, Prost zurück und natürlich Props an deine Eltern für diesen Namen. Und hier die gute Nachricht: Am 24. Oktober steigt in Berlin unser sally*sounds09 – das Festival zur 150. Jubiläumsausgabe. Mit dabei: Unsere Freunde von Maxïmo Park, die extrem freundlichen Friendly Fires und ganz viele mehr! Mehr dazu täglich auf sallys.net!


Lara wollte das noch kurz erwähnen: Großes Lob an euch, dass ihr als einzige Personen auf der ganzen Welt letztes Jahr auf das Xavier Caféine Konzert aufmerksam gemacht habt. Es war super. Aber nur fünf Leute waren im Publikum. Darunter ich. Habt ihr gut gemacht Hey Lara, danke. Du auch.

Und hier endlich: Die Glückwünsche

Hallo nach Berlin, ich bin seit einigen Jahren sehr zufriedener unclesally*s–Leser. Es sind auch wirklich alle Rubriken gut gemacht. Und mich als Schwaben freut es natürlich auch, dass das alles nichts kostet. Also weiter so. Und danke noch einmal für den schönen Gewinn letztes Jahr (Berlin-Trip zum Finale Jägermeister Rock-Liga). Ich freue mich auf die weiteren Ausgaben, irgendwann (wahrscheinlich dann 2011) mit Tool-Titel-Story! Tobster aus Esslingen Moin Tobster, lustig. Unser Kumpel Lutze hat uns gerade erzählt, er habe den ganzen Sommer auf der Weinplantage von James Mynard-Keenan gearbeitet, mit dem Glatzkopf Roten geköpft und überhaupt den Eindruck gehabt, als würde der Mann lieber schön einen zwitschern als an einem neuen Album zu schrauben. Dann halt 2011.

Hallo Horst, herzlichen Dank für deine Glückwünsche und schön, dass die Beurteilung der neuen Juliette Lewis-CD genau deine Einschätzung trieft – auch wenn das eine merkwütige Sauerei auf dem Boden geben dürfte. Was deine Trauer ob der Abgänge vom Kollegen DeVille und dem Karriereende der Schröders und Muff Potter angeht: Da schließen wir uns gerne an: Rest in Peace, Willy, macht‘s gut, Schröders (Peine Forever!) und bis später Nagel.

Schickt eure Leserbriefe an sallys@sallys.net oder per Post an unclesally*s, Waldemarstr. 37, 10999 Berlin.

DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist: Empfohlen von MAD MONKS

Die Mad Monks sind bekannt für abwechslungsreichen Ska-Punk und lustige Konzerte. Soeben erschien das zweite Album „Mad Monks’ Flying Circus“ über das befreundete Label ‘An’na Nadel Records‘ auf CD und LP in edlen Verpackungen, ist aber auch auf www.madmonks.de komplett GRATIS downloadbar - falls ihr nicht auf edle Verpackungen steht. Heimat: madmonks.de

Go Bäng! Am Wall 140 28195 Bremen

„Bei unseren Konzerten tanzt der schwarze Mönch auf der Bühne. In seinem Privatleben ist er ein totaler Musiknerd und kauft seine Platten, Shirts, Aufnäher und Poster seit 666 Jahren bei ’Go Bäng’ in der Bremer Innenstadt nahe des Hauptbahnhofs. Wichtig ist der Laden besonders für die lokale Szene, weil es extra Ecken für Tonträger und Shirts von Bremer Bands gibt.“


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MUSIK STORIES

„Also, ich hatte in Musik immer eine Fünf.“ (Andi/Die Toten Hosen), Juli/August 2005

AFI

Metamorphosen

Haben sich abgeschminkt: AFI um Frontmann Davey Havok (rosa Hose) und Jade Puget (lila Hose).

Vergoldete Kauleiste, Gesichts-Tattoo, Schmalztolle – nicht nur „Für Sie“-Leserinnen rüsten sich für neue Lebensabschnitte, indem sie ihr Aussehen verändern. Auch AFI-Frontfrisur Davey Havok hat sich mal wieder die Haare schneiden lassen, um optimal auf die mit dem neuen Album ‘Crash Love‘ beginnende „Post-Nummer-Eins“-Phase vorbereitet zu sein. „Wenn du versuchst, ein Nummer-Eins-Album zu schreiben, kommt ziemlich sicher Scheiße dabei raus“, lacht Havok und streicht sich durch die frisch blondierte „Schwiegermütter-In-Love“-Frisur. Der einstige Misfits-Wiedergänger hat sich seit dem bandhistorischen Knackpunkt ‘Decemberunderground‘, jenem Album, das AFI 2006 zum ersten Mal die Pole Position der amerikanischen Charts einbrachte, auch rein äußerlich im Mainstream eingefunden. Hemdsärmel bedecken seine zugehackten Unterarme, der Kajal ist heute im Schminktäschchen geblieben - nach 18 Jahren im Biz ist Schluss mit Horror-Punk. Auch Havoks CouchNachbar, Gitarrist Jade Puget, zeigte bei seinen jüngsten Remix-Ausflügen ins Tokio Hotel keine Berührungsängste mit den Pop-Zombies im RockZirkus. AFI sind im Jet Set angekommen: „Der größte Teil des neuen Albums ist in Hotelzimmern entstanden“, bestätigt Jade, kommt dann allerdings schnell auf die Musik zu sprechen. „Wir leben mittlerweile in verschiedenen Städten, deshalb haben wir uns oft irgendwo getroffen und mit Gitarre und Gesang die Grundzüge der Songs ausgearbeitet.“ Der Weg zum fertigen Album gestaltet sich für die Band dann allerdings spannender als zunächst anzunehmen wäre. Man wechselt während der Aufnahmen den Produzenten und lädt sich zu allem Überfluss auch noch eine handverlesene Fanschar

ins Studio, die für ‘Crash Love‘ Background-Chöre eingrölt. Bei all den Make-Overs ist Basiskontakt ja auch gut für die Bodenhaftung: „Dass es unsere Band noch gibt, hat viel damit zu tun, dass die Fans alle unsere Verwandlungen mitgemacht haben. Da war es nur logisch, sie näher kennen zu lernen. Sie haben sich mit Videos über ihr Leben beworben und es war wirklich schwer, aus den vielen Einsendungen diejenigen auszusuchen, die wir dann letztendlich eingeladen haben. Als sie dann da waren, war es eine tolle Gemeinschaftserfahrung. Normalerweise schotten wir uns im Studio sehr von der Außenwelt ab. Der Tag mit den Fans war schon deshalb hilfreich, weil die nicht so abgeklärt an Musik rangehen“, erzählt Havok. Puget ergänzt: „Wir sind alle nicht verheiratet oder haben Kinder. Wenn wir Musik machen, hängen wir also ständig aufeinander, fast eineinhalb Jahre lang. Da ist es ganz gut, auch mal jemand anderen zu treffen.“ Auch diesmal werden die Fans wohl die Metamorphose der Band mittragen. Die ehemaligen Hardcore-Puristen haben sich aus dem popkulturellen Verweisgeflecht weitgehend herausgespielt und sind ohne größeren Einsatz der Szene-Polizei mit ihrem atmosphärischen Trademark-Sound mittlerweile selbst zur Referenzgröße geworden. Kaum einer anderen Band gelingt der Spagat zwischen Mainstream-Rock und authentischer Atti-

tüde besser als dem Quartett aus Ukiah, Kalifornien. Jade Puget sinniert: „Unsere Überzeugungen machen uns das Leben oft auch schwerer. Versuch mal, in Deutschland oder Japan veganes Essen zu bekommen. In vielen Kulturen gilt Schinken immer noch als Salatgarnitur.“ Text: Timo Richard Heimat: afireinside.net Auf sallys.net: sally*sTV! Davey & Jade total

Liebe knallt Auch auf ‘Crash Love‘ bleibt Davey Havok seiner Vorliebe für düstere Themen treu, zieht sich der dramatische Titel doch wie ein roter Faden durch das neue Album. Textlich kreist alles um destruktive Liebesbeziehungen – etwa die enttäuschte Liebe zu Veronica Sawyer, der von Winona Ryder verkörperten Hauptfigur des Anti-Teenpics ‘Heathers‘ – und den Verlust von Mythen in der Informationsgesellschaft. „Wenn man aus einer italienischen Einwandererfamilie stammt, gehört es einfach zum Programm, auf eine katholische Schule zu gehen. Ich war da neun Jahre, da bleibt einiges hängen. Viele der Bilder, die ich in meinen Texten einsetze, und mein Sinn für Dramatik haben sicher mit dieser Zeit zu tun. Der Schuld-Komplex des katholischen Dogmas hat mir aber ziemlich die Jugend versaut. Gottseidank bin ich darüber hinweg!“ Amen.


„Den ’Deep Wound’–Pulli hat mir meine Mutter gestrickt.“ (J Masics), September 2005

MUSIK STORIES

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The Heavy

Schmutz-Funk in der Soul-Küche Wer vor zwei Jahren durch die KnallerSingle ‘That Kind Of Man‘ das Heavy-Debüt ‘Great Vengeance And Furious Fire‘ kennen und lieben lernte, wird sich im Nachhinein etwas gewundert haben: Wie konnte sich dieses Album trotz einer Handvoll radiotauglicher Hits und furioser Live-Shows unbemerkt durch die Hintertür verabschieden, ohne den Geheimtippstatus ablegen zu können?! Da hätte man durchaus mehr erwarten können. „Macht gar nix“, sagen Sänger Swaby und Gitarrist Dan ‘T‘ und sorgen mit ‘The House That Dirt Built‘ nun für gleichwertigen Nachschub. Coolness-technisch macht den beiden sowieso keiner was vor, mit The Smiths-Shirt, dicken Sonnenbrillen und bunten Sneakers bilden die Typen das exakte visuelle Äquivalent ihres Soul-Funk-Punk-WhateverMix. Beim letzteren fällt sofort auf, dass sich The Heavy trotz diverser Neuerungen (beispielsweise der Rekrutierung eines „richtigen“ Produzenten, den Aufnahmen in einem „richtigen“ Studio oder dem Songwriting als „richtige“ Band inklusive Schlagzeuger) absolut treu geblieben sind! Insbesondere der Mixtape-Charakter des Erstlings wurde beibehalten; vom dreckigen Garage-Rocker ’Oh No! Not You Again!’ über den Disco-Funk-Kracher ’How You Like Me Now?’ bis hin zum Schmacht-

Gar nicht so schwer: The Heavy aus Noid, England.

fetzen ’Stuck’ ist hier wieder so ziemlich jeder Stil vertreten, den ihre Plattensammlung hergibt. „Wir könnten einfach kein homogenes Album machen“, erklärt Dan. „Ich habe Tiere in osteuropäischen Zoos gesehen, die nur noch im Kreis laufen, weil sie jeden Tag das gleiche machen. Wir würden genau wie diese Affen werden, die die Besucher mit ihrer Scheiße bewerfen.“ Generell müsse aber kein Konzertbesucher solche Exzesse auf der Bühne befürchten, schiebt Swaby vorsichtshalber lachend ein. Schließlich ist man ja insgesamt sehr zufrieden im Hause The Heavy

- zufrieden mit dem Album, zufrieden mit der Bandkonstellation und vor allem extrem glücklich mit Neuzugang Chris am Schlagzeug: „Wir haben zwar auch Castings durchgeführt, aber ihn haben wir durch Zufall über einen Freund kennen gelernt. Ich denke, das war Schicksal, denn er ist zwar ein klasse Drummer, vor allem aber ein begnadeter Koch!“ Zumindest musikalisch ist ihnen auch wieder ein Fünf-SterneMenü geglückt. Bon appetit! Text: Thomas Müller Heimat: theheavy.co.uk


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AUF ACHSE

unclesally*s magazine

auf achse...

Gebrochene Nasenbeine, zerfetzte Achillessehnen und geprellte Weichteile sehen anders aus. Das Gruppenbild nach der Völkerballpartie mit den Riverboat Gamblers steht symbolisch für die Tugenden unserer alljährlichen Highfield Games: Fans gegen Bands! Und das alles mit viel Liebe in der Tüte.

Völkerball ist ein Sport für harte Kerle mit Kolibrireflexen. Pierre und Alexander wählten sich ein Team zusammen, das ordentlich von Wurfarmwunder und Gamblers-Bassist Rob malträtiert wurde, dafür aber...

...mit Schmackes zurückballerte. Unterm Strich hieß es: Spielerpech für die Gamblers.

Zweite Disziplin: „Staat, Band, Fluss“ mit Turbostaat. Trotz (heimlichen) Gucklochs verzweifelt Bassist Tobert an seinem Buchstabensalat und der Frage nach einer Band mit „T“. Da kann auch Gitarrist Rotze nicht mehr helfen.

Noch mitten im Saft ihrer Schulbildung halten Katja und André abgebrüht dagegen und posieren selbstbewusst für ihr Gewinnerbild.


Dritte Disziplin: Topfschlagen mit den Baddies. Das Highlight auf jedem Kindergeburtstag ist auch jenseits der Volljährigkeit noch eine körperliche und emotionale Herausforderung für die Teilnehmer.

...wer sich zu früh freut. Erst das nachgereichte Zielfoto ergab: Festivalbesucherin Sandra hatte als erstes draufgehauen und Baddies-Zwilling Michael Webster ganz knapp auf Platz zwei verbannt.

Vierte Disziplin: Bierflaschenkegeln mit Tomte. Alle Neune. Fast. Das war Thees Uhlmanns fulminanter Treffer zum Sieg.

Im direkten Zeitlupenvergleich mit Gegnerin Vicky könnt ihr sehen, mit welcher Peitsche sich der bis in die Fingerspitzen austrainierte Thees zum Pokalgewinn katapultierte.

Text: Christine Stiller Fotos: Nathalie Voeckler, Ben Dominik Heimat: highfield.de Auf sallys.net: sally*sTV! Bands gegen Zuschauer am sally*s-Zelt


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MUSIK STORIES

„Menschen gehen mir allgemein auf den Sack.“ (Köfte/Mad Sin), Oktober 2005

The Big Pink

Das Leben nach der Karriere Mehr noch als ihr düster überlaufender Sound rechtfertigt den gegenwärtigen Hype um The Big Pink die Fähigkeit, mit dem Unerwarteten zu überraschen. Und das über die Musik hinaus Nichts langweiliger als die immergleichen Bandfotos, dachten sich Robbie Furze und Milo Cordell und posierten nackt und genitalgreifend fürs Shooting. Warum nicht mal den Schwanz des Bandkumpanen in die Kamera halten?!: „Ja, das war echt lustig und mal was Besonderes, als die Art von Fotos, die man als Musiker sonst so macht“, lacht Furze und Cordell zeigt im Laptop die neuesten Bilder, die das Duo mit ihren Livemusikerinnen in Bondage-Optik zeigen. Ähnlich locker sind die beiden Engländer auch an ihr Debüt ‘A Brief History Of Love‘ herangegangen. Weil es ihrem einstigen Metal-Projekt Hatechannel an Erfolg mangelte, probierten sie es mit experimentellem Noise-Pop. „Joe Strummer war auch nicht immer Frontmann der Clash“, erklärt Cordell die Entwicklung, die Furze vom Gitarristen bei Alec Empire und Cordell vom Manager der Klaxons und Telepathe zu The Big Pink machte. Nun erkunden die Musiker mit ihrem Krach entlegendste Ecken, ohne im Underground die Orientierung zu verlieren. Manchmal droht der Sound in Industrial umzukippen, aber dann funkt ein wenig

Pretty in black: The Big Pink aus London.

Pop dazwischen und nimmt der Platte die Schwere. Parties, Drogen und Mädels inspirierten The Big Pink zu ihren Songs, die dann oft als das direkte Ergebnis durchfeierter Nächte entstanden. Eine verkaterte Partyplatte ist ‘A Brief History Of Love‘ aber nicht geworden, denn das Morbide bleibt romantisch: „Wir leiden schon an Verfolgungswahn, bloß als Partyband verstanden zu werden. Dabei liegen unter der Oberfläche eine Menge Herz, Seele, Tod, Schweiß und Emotionen“, sagt Cordell und Furze ergänzt: „Auch eine Platte, die das Feiern thematisiert, kann die anderen Seiten der Liebe

zeigen.“ Und um noch einen drauf zu setzen, reibt Cordell sich über die Stirn und erklärt: „Verliebt zu sein, ist nicht immer der tollste Zustand.“ Für Trübsinn aber bleibt keine Zeit. Unzählige Interviews hat das Duo in den vergangenen Wochen gegeben. „We like to talk about ourselves“, grinst Cordell. Wenigstens das ist keine Überraschung bei der Band, die in England als the next big thing gilt. Text: Verena Reygers Foto: Tim Saccenti Heimat: musicfromthebigpink.com

Brand New

Füchse und Gänseblümchen April 1988: der neunjährige Jesse Lacey sieht in Begleitung seines Vaters im Nassau Coliseum in Uniondale, New York, eines der ersten Konzerte seines Lebens: Bruce Springsteen. 21 Jahre später steht er mit seiner Band Brand New selbst dort auf der Bühne. Was war passiert? Das hätte sich der kleine Jesse sicher nicht träumen lassen, einmal dort zu stehen, wo der „Boss“ seine Hymnen schmettert. Apropos Hymnen: Dank zweier exzellenter und hitgespickter Alben sowie hartnäckigen Tourens sind Brand New eine feste Größe im amerikanischen Rock-Business geworden. Und das, obwohl - oder gerade weil - sie die Schublade Emo, die sie mit ihrem Debüt ‘Your Favourite Weapon‘ einst mitzimmerten, schon mit ihrem zweiten Album ‘Déjà Entendu’ (2003) fluchtartig verließen. Den Kritikerliebling ‘The Devil And God Are Raging Inside Me’ (2007) zu toppen, war eine Aufgabe, um die man Brand New wahrlich nicht beneiden konnte. No risk, no fun, dachte sich die Band und ging das Nachfolgewerk an, ohne einen Hauch von Songmaterial oder eine konkrete Richtung zu haben. Eine Reise ins Ungewisse. Nach einem Jahr des Probierens, Änderns, Verwerfens und Diskutierens liegt das Ergebnis endlich vor. Nach Waffen, dem Teufel und Gott ziert das neue Werk nun der niedliche Name ‘Daisy’, zu deutsch bekanntlich „Gänseblümchen“. Der neugierige Fuchs auf dem Cover und das seltsame Intro – eine GospelAufnahme aus den Sechzigerjahren, die aus Laceys

Bald größer als Springsteen: Brand New aus Long Island, New York.

Sammlung obskurer Flohmarkt-Kassetten stammt – lassen den Fan zunächst rätseln, ob bei Brand New nach den schwermütigen Vorgängern eine neue Niedlichkeit ausgebrochen sein könnte. Doch als der Opener ‘Vices’ lospeitscht, werden diese Gedanken rasch zerstäubt. Auch Gitarrist und Co-Songwriter Vincent Accardi glaubt, dass die neuen Songs ein wenig schwerer und heftiger ausgefallen sind: „Die Platte ist kürzer und kommt mehr auf den Punkt. Ich hatte auch lange Zweifel, ob wir damit die Fans der letzten Platten vor den Kopf stoßen. Doch schließlich hat sich das alles so ergeben. Wir konnten wohl einfach nicht anders.“ Die allgegenwärtige Aufbruchsstimmung und der konsequent durchgezogene Mut

zur Veränderung manifestiert sich vor allem in experimentellen Intermezzi wie ‘Be Gone’ und ist nach Meinung von Vincent „etwas, das wir noch viel mehr betreiben sollten“. Die größte Herausforderung an ‘Daisy’ war laut Accardi, etwas zu schaffen, womit sich die Band selbst wohl fühlt: „Wir werden diese Songs für die kommenden 16 bis 20 Monate jeden Abend live spielen. Da ist es unerlässlich, dass wir immer noch Bock auf die Stücke haben.“ Text: Robert Goldbach Heimat: fightoffyourdemons.com


The Asteroids Galaxy Tour Zimtzicken

Es ist wunderbar, was sich die Natur so alles einfallen lässt. Eine ihrer schlausten Ideen ist die Symbiose. So wie Putzerfische Haie vor Hautparasiten bewahren, wird auch aus musikalischer Zweckgemeinschaft mitunter dicke Freundschaft, die auf engstem Raum zur Hochform aufläuft. Als TAGT-Mastermind Lars Iversen seine alte Bekannte Mette Lindberg anrief, um sie für seine musikalischen Tüfteleien als Sängerin zu gewinnen, rettete er diese vor lästigen Gelegenheitsjobs, die mit viel Spülwasser und Speiseresten verbunden waren. Sie wiederum bewahrte ihn durch ihre Zusage vor der Reue über ein abgebrochenes Architekturstudium. Was darauf folgte, waren sechs Monate in Lars Einzimmerwohnung/Tonstudio in Kopenhagen und eine weitere symbiotische Zusammenarbeit mit einem sehr dicken Fisch: Apple schnappte sich die Single ‘Around The Bend‘ für Werbezwecke und trug so sicher nicht unwesentlich dazu bei, dass die Kapelle schon im Vorfeld der Veröffentlichung des Debütalbums ‘Fruit‘ ihre verspielten Soul-Pop-Perlen weltweit nicht vor leeren Hallen zum Besten geben musste.

Viel Zimt und manchmal Beef: Lars Iversen & Mette Lindberg.

Die Wurzeln ihres detailverliebten Sounds lassen sich wohl am besten in Lars’ Vergangenheit suchen. Der leicht stoffelig wirkende 29-Jährige beschäftigte sich laut eigener Aussage schon als Kind lieber mit dem Musikmachen als mit seinen Altersgenossen. Bei den Aufnahmen von ‘Fruit‘ sollte sich dieser Tunnelblick nun auszahlen, hat der Bassist/Keyboarder der Band doch das Einspielen der meisten Instrumente sowie die Produktion übernommen. Nur für die musikalische Unterstützung bei den Live-Shows rekrutiert das eingeschworene Duo ein paar Freunde, die im Gegenzug den Glamour der großen Bühne spüren dürfen. Allerdings müssen die sich dann schon mal die eine oder andere Taktlosigkeit von Prinz Lars gefallen lassen. Ganz im Gegensatz zu Prinzessin Mette, die mit ihrer fragilen äußeren Erscheinung noch jede Primaballerina auf sofortige Nulldiät polen würde. Apropos, in punkto Essen scheint die Harmonie der Traumsymbiose tatsächlich mal zu wanken: „Während ich bei den Aufnahmen an den Beats herumgetüftelt habe, hat Mette für uns gekocht“, berichtet Lars. „Und sie hat jede Speise mit Zimt gewürzt. Das hat vielleicht genervt...“ Text: Christine Stiller Heimat: myspace.com/theasteroidsgalaxytour


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MUSIK STORIES

„Jeder ist besser als der Spinner von Velvet Underground.“ (Thees Uhlmann/Tomte), November 2005

Bela B

Rock’n’Roll Übervater

Dann doch lieber allein: Bela B aus Hamburg.

Während andere in Urlaub fahren, schaufelt sich Die Ärzte-Schlagzeuger Bela B die letzten Seiten seines diesjährigen Terminplaners zu. Als da wären: Auftritte in Funk, Fernsehen, Magdeburg und anderen Metropolen. Anschließend Weihnachtseinkäufe für die Familie, lange Winterspaziergänge und natürlich ein Prosit auf 2009 – das Jahr ohne Kompromisse, das Jahr vom ‘Code B‘. Als hätte es hier nie ein Schanzenfest gegeben, herrscht in den Sträßchen des Hamburger It-Viertels eine entspannte Ruhe, wie sie nur die Hood einer sorglosen Elite umwehen kann. Vespas knattern über holpriges Kopfsteinpflaster, Mütter verscheuchen die Wespen von ihrer Bionade und schieben ihre Wayfarers über die Figaro-designten Bedhead-Frisen. Auch Bela B hängt hier ab, nippt gerne am ChaiLatte und kann sogar in Erziehungsfragen mitreden. Trotzdem ist er noch immer der Punk in der Schanzen-Crowd - einer Mischpoke, die von Besitzern einer Dauerkarte für St. Pauli nur „Werber“ genannt wird. Bela B schenkt den Werbern der Republik ein neues, ab sofort über die Stadtgrenzen Hamburgs hinaus gültiges Pseudonym: Werber (und ihre Frauen UND ihre Kinder) sind ab heute „Bobos“. Das darf übrigens gerne in den Duden. Bevor wir uns aber weiter auf die Bobos einschießen, schauen wir doch noch einmal auf Belas mit ‘Code B‘ bedruckte Wundertüte, für die der beste Schlagzeuger der Welt zu einem fähigen Gitarristen mutierte. Nach erfolgreich absolvierter Tour zum ersten Soloausflug ‘Bingo‘ vertiefte der 46-Jährige die taufrische Liebe zu seinem neuen Lieblingsinstrument, indem er die sechssaitige Braut allabendlich in seinem Kämmerlein übernachten ließ: „Mir hat‘s schon gereicht, wenn die

da irgendwo lag“, sagt Bela. „Ich musste die nicht mal spielen.“ Platonische Annäherung nennt man das. Überhaupt hat sich Bela für ‘Code B‘ einiges mehr getraut: Sämtliche Songs des Albums wurden vom Graf eigenhändig geschrieben, arrangiert und nach seinen persönlichen Vorstellungen umgesetzt. Gönnte sich Bela beim Vorgänger noch dramaturgische Schützenhilfe, so hat er sich diesmal auf breiter Front durchgesetzt: „Ich habe bei meinen Solosachen die Freiheit, meine Ideen komplett umzusetzen und zu sagen, wo es lang geht – diesmal noch mehr als vorher. Natürlich versuche ich, dabei nicht betriebsblind zu werden. Deshalb hieß es bei ‘Code B‘ auch nur: Kritik ist nicht erwünscht, aber Ratschläge sind willkommen.“ Ergo fiel auch das spekulierte Mitwirken von Belas Band Los Helmstedt ziemlich gering aus. Die einzigen, denen Bela einen musikalischen Beitrag zugestand, entstammen – mal wieder – seinem ganz persönlichen Helden-Quartett. Nachdem Bela Soul-Legende Solomon Burke zu einem Duett auf ‘Bingo‘ bewegen konnte, holte er sich diesmal sein Jugendidol Chris Spedding an die Gitarre und ließ sich von der rechten Hand Ennio Morricones – dem Italiener Alessandro Alessandroni – das Stück ‘The Wahrheit‘ kompositorisch veredeln: „Alessandroni war mir zunächst überhaupt kein Begriff, bis

man mir sagte, dass der Typ mit seinen Film-Scores ganze Genres beeinflusst hat. Er hat zum Beispiel bei ‘Spiel Mir Das Lied Vom Tod‘ gepfiffen oder den Refrain zum legendärsten Song der Muppet-Show beigesteuert: Manamana/Badipidipi – das stammt von ihm! Wie großartig, diesen Kerl auf meinem Album zu haben!“ Keine Frage. So kultiviert Bela nach seinem Ausflug im Privatjet von KISS oder einer Fahrstuhlreise mit Alice Cooper weiter sein Fantum, das nicht zuletzt auch ‘Code B‘ zu einem „kompakten und griffigen Punk-Album“ werden ließ. Blöd für die Bobos, gut für die Fans. Text: Florian Hayler Foto: Konstanze Habermann Heimat: bela-b.de Auf sallys.net: sally*sTV! HH mit Bela B

Bist auch du ein Bobo? „Auf den Begriff ‘Bobo‘ stieß ich erstmals, als ich mit Julie Delpy für die Sendung ‘Durch die Nacht mit…‘ in Paris unterwegs war. Bobo war die Kurzform für ‘Bohème Bourgoise‘ und bezeichnet Leute, die den Prenzlauer Berg in Berlin oder das Schanzenviertel in Hamburg bevölkern; also Leute, die Bionade trinken, grün denken aber schwarz wählen. HippieYuppies, wenn man so will.“


„Es geht nur noch um Bibel dies, Bibel das...“ (Jonathan Davis/Korn), Dez./Jan. 2005-06

MUSIK STORIES

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Port O’Brien Ein neuer Start Als Port O’Brien im vergangenen Jahr mit dem Album ’All We Could Do Was Sing’ auf der hiesigen Bildfläche auftauchten, waren in der anhängigen Berichterstattung zwei Themen stets präsent. Erstens, dass die Alaskalifornier ziemlich mitreißende Musik machen, und Zweitens, dass viele ihrer Songs in den wenigen Mußestunden entstehen, die Sänger und Gitarrist Van Pierszalowski bei seinem eigentlichen Job, dem Lachsfang, bleiben. Und, klar: auch heuer kann man mit Van über den inzwischen dank des ausgiebigen Tourens deutlich ins Abseits gedrängten Rauhbein-Beruf sprechen, aber im Leben der Band sind in den vergangenen Monaten deutlich wichtigere Dinge geschehen. Das neue Album ’Threadbare’ beschäftigt sich textlich vor allem mit dem Tod und dessen Auswirkungen. Denn „Anfang Januar, unmittelbar bevor wir mit den Aufnahmen begannen, starb mein Bruder mit 17 bei einem Autounfall“, erzählt Cambria Goodwin, Vans Freundin und mit ihm der Kern von Port O’Brien. „Das hat den Grundton für das Album ziemlich eindeutig vorgegeben.“ Verständlich. Und so wie Cambria, wenn sie im Interview vom Tod ihres Bruders erzählt, des Öfteren die Stimme wegbleibt, ist auch auf ’Threadbare’ eine große Trauer

Horse The Band oder die Band Of Horses? Nein, Port O’Brien!

und Verzweiflung spürbar. Aber eben auch Hoffnung und der Wille zur Vorwärtsbewegung. Auch deshalb geht es in Kürze wieder auf Tour, um die Songs von ’Threadbare“ live vorzustellen - auch wenn das nicht immer leicht wird. Bedeutet es doch, die kathartische Auseinandersetzung mit dem Verlust ein ums andere Mal zu wiederholen. Besonders

für Cambria eine schwere Aufgabe: „Direkt nachdem es passiert war, tourten wir in Australien. Wir versuchten, ein paar der Songs zu spielen - und ich bin, ehrlich gesagt, einfach abgehauen...“ Text: Torsten Hempelt Foto: Lindsay Byrnes Heimat: portobrien.com


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TITEL

„Punk sein heißt Gewinner sein.“ (TV Smith), Februar 2006

Das Debüt des australischen Dreiers war 2005 der lebendige und angenehm anachronistische Beweis dafür, dass Classic-Rock-Wurzelpflege nicht zwangsläufig allein von bärtigen Batik-Hemden auf Schallplattenbörsen betrieben werden muss. Vier Jahre später sind Wolfmother zwar nicht mehr dieselben, aber das versierte Verständnis für die Rock-Ursuppe ist auf dem Nachfolger ‘Cosmic Egg’ glücklicherweise mehr als erhalten geblieben. Über den Dächern von Berlin sitzt Sänger, Songschreiber und Gitarrist Andrew Stockdale in langen engen schwarzen Röhrenjeans und mit noch längerer Hendrix-Gedenkfrise im obersten Geschoss des deutschen Mutterschiff-Komplexes seiner Plattenfirma. Vom Jet-Lag gezeichnet, wirkt der 33-jährige Leitwolf leicht neben der Spur, was sich im dezent verzögerten Frage-AntwortRhythmus des Gesprächs manifestiert. Aber so brennende Fragen wie die zum mittlerweile komplett ausgetauschten Line-Up seiner Band wollen schließlich wohlüberlegt und mit möglichst dezenter Dissdichte beantwortet werden. Im August letzten Jahres traf alle Wolfies - so die halb-offizielle Fan-Spezies-Bezeichnung - ein mittlerer Schlag, als der Ausstieg von Bassist und Keyboarder Chris Ross sowie Drummer Myles Heskett bekannt gegeben wurde – auf Grund „künstlerischer und persönlicher Differenzen“ hieß es; eine in solchen Fällen immer gern bemühte Formulierung. Was für die meisten Bands am Anfang einer erfolgsversprechenden Karriere wohl das sichere Aus bedeutet hätte, verhält sich bei Wolfmother letzten Endes doch wohl etwas anders. „Als die Band auseinander gebrochen war, hat mir mein alter Manager direkt eine Woche später einen Flug nach L.A. gebucht. Ich sollte einfach weitermachen, als wäre nichts gewesen, wozu ich natürlich noch nicht in der Lage war. Die Plattenfirma hatte vor Ort schon eine Session mit möglichen Mitmusikern organisiert. Und ich stand bei all dem ziemlich fassungslos daneben“, reflektiert Andrew. „Man sollte nie etwas machen, was gegen seinen Instinkt geht. Die Lektion habe ich dabei gelernt. Nach einem Monat habe ich alles hingeschmissen und bin wieder allein nach Hause geflogen.“

Im stillen Kämmerlein folgt Andrew somit besagten eigenen Instinkten und tut, was ein kreativer Wuschelkopf wie er zwangsläufig tun muss: Neue Songs schreiben und Demos skizzieren. Für den Komponisten und Multiinstrumentalisten, der gern alle Partituren selber schreibt und auch spielen kann, kein großes Ding. „Ich hatte für die Demoaufnahmen der Songs die Drums zunächst selbst aufgenommen. Aber um ihnen den richtigen Punch zu verleihen, ließ ich meinen Kumpel Dave (Atkins) das Schlagzeug noch einmal eintrommeln. Das war der Punkt, an dem ich sagte: ‘Hey Dave, hast du Bock, bei den neuen Wolfmother Schlagzeug zu spielen?‘ Dave hatte wiederum einen anderen Freund namens Ian Peres, der Bass und Keyboards

spielt. Also hat er auch den angeschleppt und es funkte auf Anhieb zwischen uns. Kurz darauf stieß über dasselbe Wer-kennt-wen-Netzwerk dann noch Aidan Nemeth als zusätzlicher Rhythmus-Gitarrist zu uns. Das war letztlich der Startschuss für die Wolfmother Version 2.0.“ Und dieser führte nach einem ersten kleinen Club-Gig direkt unter dem Proberaum der Band im Handumdrehen zum Turmsprung ins kalte Wasser, genauer gesagt: zu einem Benefiz-Gig in Sydney zugunsten der Victoria-Buschbrand-Opfer im März dieses Jahres - vor schlappen 8.000 Zuschauern. Die Feuerprobe war bestanden, also ab nach L.A. zur Albumaufnahme.

In nur zwei Monaten haben hier die wiedergeborenen, neuen Wolfmother ihr ‘Cosmic Egg’ gelegt; ein opulentes, vielschichtiges Album ganz im Sinne von Songspender und federführendem Visions-Vater Andrew, der mit seiner nunmehr komplett autonomen musikalischen Arbeitgeberstellung kein Problem hat. Im Gegenteil. „Manche Leute finden das total uncool, weil sie die romantische Vorstellung von einer Band als einem eingeschworenen Haufen mit Team-Arbeit haben. Ich sehe das so: Wenn jemand die Musik für ein komplettes Orchester schreiben kann, warum sollte einer das nicht auch für eine Rock-Band machen können? In der alten Besetzung musste ich immer diesen ganzen diplomatischen Prozess durchwandern. Heute bringe ich die Songs zur Band und sie spielen sie. Punkt“, so Stockdale selbstsicher und bestimmt, jedoch ohne despotischen Sklaventreiber-Unterton, denn dafür ist der Junge dann doch einfach zu sympathisch.

„Ich bin froh, dass ich mit genau diesem typischen Band-Demokratie-Scheiß nichts mehr zu tun habe“ [Andrew Stockdale] Die ersehnte und nun gewonnene Generalhoheit lässt sich vielmehr als Schutzmechanismus einer kreativ kompromittierten Künstlerseele deuten. Zumindest sprudelt es aus Andrew nur so heraus, als über den Umweg bereits mit der alten Band live gespielter neuer Songs die Sprache auf den Titel ‘Violence Of The Sun’ kommt. „Der Song ist

ein tolles Beispiel dafür, wie schwierig es war, mit der alten Besetzung zu arbeiten. Ich habe das Stück vor zwei Jahren so geschrieben, wie du es jetzt auf dem Album vorfindest, und es der damaligen Band vorgespielt. Sie haben gar nichts dazu gesagt, also weder positiv noch negativ darauf reagiert. Als wir dann an einem komplett anderen Riff gearbeitet haben, hatte der Bassist die tolle Idee, dieses neue Teil ‘Violence Of The Sun’ zu nennen, weil ihm der Titel so gefiel. Ich habe dummerweise aus diplomatischen Gründen auch noch eingewilligt. Jetzt gibt es zwei komplett verschiedene Wolfmother-Songs, die unter demselben Namen kursieren - nur weil ich damals solche Zugeständnisse gemacht habe. Ich bin froh, dass ich mit genau diesem typischen BandDemokratie-Scheiß nichts mehr zu tun habe“, lacht Andrew befreit. „Viele Leute sagen, dass es eine Stärke sei, diplomatisch zu sein. Aber zu viele Zugeständnisse sind letztlich einfach unehrlich und man macht sich selbst etwas vor. Man ist besser dran, wenn man klipp und klar zu seinen eigenen Vorstellungen steht.“

Und diese eigenen Vorstellungen sind bei Wolfmother ganz klar im klassischen Riff-Rock mit leicht psychedelischem Anschlag verwurzelt. So wie ‘Cosmic Egg’ beim Hörer vorstellig wird, könnte man meinen, dass Andrews musikalisches Universum hier den produktionstechnischen Quanten-Sprung in die Siebziger vollzogen hat. War das Debüt noch von jener Garagen geschultenRauheit und Dichte beseelt, die man eher mit frühen Black Sabbath und Led Zeppelin Ende der Sechziger assoziiert, so schwelgt das zweite Wolfmother-Werk noch viel mehr in den transparenten Klangssphären sämiger SeventiesSoundflächigkeit. Dazu gesellt sich ein stilistisch noch breiter gefächertes Song-Spektrum aus klassischem Rock und psychedelischen Phantasien, das neben zuvor erwähnten musikalischen Kniefällen auch Beatles-Zwischentöne, Piano-Pomp und epischere Strukturen beinhaltet. Und über alledem thront Andrews polarisierend eigensinniges, irgendwo zwischen Jack White und Ozzy Osbourne oszillierendes Organ noch (selbst-)bewusstseinserweiterter als zuvor. Kurzum: ‘Cosmic Egg’ hat alles, um zu einem künftigen Mitglied in der starbesetzten Reihe ‘Zeitlose Rock-Klassiker’ zu werden. Kein Wunder, schaut man sich Andrews favorisierte Fach-Führungskräfte an: „Ich höre meistens Bob Dylan, Led Zeppelin, die Beatles und die Stones. Die haben alle einen


„Ich habe im letzten August drei Wochen bei Starbucks gearbeitet“ (Adam Green), März 2006

Foto: Erik Weiss

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„Ich habe lieber mit den Fäusten ’diskutiert’.“ (Mike Ness/Social Distortion), April 2006

RTE STOCKDALES STANDA

Am besten im Rudel: Wolfmother um Andrew Stockdale (mit Gitarre).

Haufen Platten gemacht und man kann allein damit schon den Rest seines Lebens verbringen, wenn man sich nur deren Backkatalog anhört. Ich höre also eine gewisse Auswahl an Künstlern, aber dafür konsistent und kontinuierlich. Erst kürzlich hatte ich wieder eine massive Neil Young-Phase.“ Darüber hinaus gehen aber sowohl aktuelle wie etwas abwegigere musikalische Strömungen an Andrew nicht spurlos vorbei. „Aktuell mag ich die Fleet Foxes sehr, und auch MGMT oder die neue Beck-Scheibe. Und ich stehe total auf Jim Steinman (u.a. Meat Loafs ehemaliger Haus- und Hofkomponist). Das war teilweise ein Einfluss bei manchen der neuen Songs. Ich liebe Stücke wie ‘Total Eclipse Of The Heart’, dieses Songwriting mit seinen Steigerungen, Tonartwechseln und der Vielschichtigkeit - einfach brillant.“ Bescheidenheit war gestern, weshalb es auch nicht weiter verwundert, dass ‘Cosmic Egg’ zeitgleich in verschiedenen Formatvariationen erscheint. Neben der regulären Zwölf-Track-Version wird es zudem eine limitierte Edition mit 16 Tracks sowie ein standesgemäßes Vinyl-Doppelalbum mit ebenfalls 16 Songs geben. Diverse

„Manche Bands sind so ausdruckslos, dass selbst elektronische Musik noch mehr Verve, Chaos und Charakter rüberbringt.“ [Andrew Stockdale]

nicht-physische MP3-Formate noch obendrauf. „Als wir mit den Aufnahmen fertig waren, habe ich genau diese 16-Song-Tracklist des Doppelalbums an die Plattenfirma geschickt – das ist für mich das komplette Ding, die intendierte Form der Scheibe, auch genau mit dieser Songreihenfolge“, so Andrew. „Man wollte aber zusätzlich noch eine kompaktere Variante anbieten“, erläutert der Wolfmother-Vater und macht sich dabei sicherlich nicht aus rein monetären Gründen für den originären Oldschool-Ansatz des Director’s Cut stark. Alte Werte eben.

Und diese müssen keineswegs rückschrittlich sein. Insofern ist Andrew auch in der leidigen Retro-Rock-Diskussion nicht um eine triftige Spitze verlegen. „Wenn die Leute Wolfmother als Modern-Rock klassifizieren würden, wäre ich weitaus unglücklicher“, grinst der Australier bis über alle Haarspitzen seiner Afro-ähnlichen Lockenpracht hinaus. „Heute klingen viele Bands so, als könnten sie überhaupt nicht spielen. Und damit meine ich nicht so eine Art Punkrock-Spirit. Es fehlt ihnen vielmehr der Wille, es überhaupt zu wagen, Emotionen zu evozieren. Vielleicht macht das genau die klassische Ära der Rock-Musik aus: Die Leute damals sind risikobereiter an die Musik gegangen und haben sich intensiver damit auseinandergesetzt. Klar gibt es heute auch Bands, die diesen Ausdruck und einen zeitlosen Sound haben, aber vieles klingt einfach zu klinisch und konstruiert. Manche Bands sind so ausdruckslos, dass selbst elektronische Musik noch mehr Verve, Chaos und Charakter rüberbringt.“ Dabei muss der passionierte Rock-


„Ich kann mir nichts Trostloseres vorstellen als Helmstedt.“ (Bela B), Mai 2006

Fan nun gar nicht so weit gehen wie von Kollege Stockdale beschrieben und sich flott den Laptop mit Loops der hipsten Club-Hits zuknallen, will er lebendige Musik hören. ‘Cosmic Egg’ reicht auch in dieser Hinsicht vollkommen aus. „Mein Ansatz für das Album war, dass man die ganze Dynamik des Spiels hört, den Anschlag der Seiten, das stürmische Schlagzeug, singende Cymbals – einfach alles.“

Womit dann auch bewiesen wäre, dass Andrew seine Bandkollegen trotz ihres kreativen Stiefmütterchendaseins keinesfalls zu Statisten in einer Begleitband degradieren möchte, die nur

brav kaum hörbar im Hintergrund die SoundStaffage mimt. Ein Eindruck, der sich ein paar Tage später beim erneuten Wiedersehen, diesmal mit vollständiger Band, bestätigt. Grund für das längere Hauptstadt-Verweilen der Jungs ist nebst aktueller Album-Aktivitäten die Zusammenarbeit mit Musik-Fotograf Danny Clinch im Rahmen einer neuen Kampagne für eine große schwedische Wodka-Firma. Voll legitim, traditionelle musikalische Werte schließen neue Verbreitungswege und –formen ja nicht aus. Und während Danny und die Band so über ihre zweitägige Fotosession in L.A. referieren, die auch als Wanderausstellung zu begutachten sein wird, wird noch stärker klar, dass Wolfmother doch mehr sind als ein spleeniges Ein-Mann-Projekt mit marionettenhaften Aushilfskräften. Denn wie jede andere gute Band

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wollen auch Wolfmother letztlich nichts anderes als spielen, egal wo, wann oder unter welchen Bedingungen – aber am liebsten spontan und improvisiert. Eine Konstante bleibt aber: Im Wolfmother‘schen Rock-Regelwerk hat Andrew das alleinige Sagen. Text: Frank Thiessies Auf sallys.net: sally*sTV! Tortenschlacht mit Wolfmother Heimat: wolfmother.com

WOLFMOTHER AUF TOUR: 16.10. Hamburg - Knust *** 17.10. Berlin - Columbia Club

Entweder/Oder mit ANDREW STOCKDALE Lennon oder McCartney? Lennon. Der versuchte erst gar nicht, zu experimentieren. Seine Musik war immer ein Ausdruck dessen, was er gerade fühlte, was ihn zu einem sehr verletzlichen Typen machte. McCartney schien mir immer sehr berechnend, er hatte immer einen Plan. Bei Lennon kam alles aus dem Bauch. AC/DC oder KISS? AC/DC! Ich komme aus Australien, verstehst du.

Fleisch oder Gemüse? Steaks. Disco oder Techno? Disco. Ich war mit 17 mal in so einem TechnoClub. Ich habe mich noch nie so unglücklich und depressiv gefühlt wie an diesem Abend. Also war’s für mich die erste und letzte Begegnung mit Techno.

Bier oder Wein? Das kommt darauf an. Zurzeit definitiv Bier.

Sonne oder Mond? Sonne! Ich bin ein totaler Tag-Typ. Wenn ich zu Hause bin, gehe ich früh ins Bett und stehe sehr früh auf. Meine besten Songs schreibe ich in der Morgendämmerung.

Gras oder Koks? Schwierig, aber wenn ich mich entscheiden muss: Gras.

Moralisten oder Aktivisten? Aktivisten. Es ist definitiv besser, etwas zu tun, als immer nur darüber zu labern.

Jungs oder Mädchen? Das fällt mir schon leichter: Mädchen.

Boss oder Angestellter? Boss! Erstens verdient man mehr und zweitens war ich noch nie gut darin, für andere Leute zu arbeiten. Ich habe nie wirklich den Sinn darin gesehen und war nie ein zuverlässiger Mitarbeiter. In der Musik oder Fotografie ist das anders, hier bin ich Perfektionist. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich diese Disziplinen mit Leidenschaft und Hingabe betreibe. Es gibt keinen größeren Kick, als zu wissen, dass Leute für etwas bezahlen, das ich kreiert habe.

Katzen oder Hunde? Hunde. Mit Katzen kann ich irgendwie nichts anfangen… Strand oder Berge? Strand, ganz klar. Ich hasse Wandern. Flugzeug oder Schiff? Flugzeuge, die sind einfach schneller. Mein Vater ist früher zur See gefahren, er hat auf der Queen Mary gearbeitet und war deshalb nie zu Hause. Ich würde mir in die Hose scheißen, wenn ich monatelang auf einem Dampfer gefangen wäre. Wenn man einmal drauf ist, kommt man so leicht nicht mehr runter.

Stylecheck mit ANDREW STOCKDALE Mit Anfang 20 war ich völlig geflasht von T. Rex: Seine Haare, das Make-Up, die Klamotten, die Bühenperformance – das hat übel auf mich abgefärbt. Heute hat sich das etwas gelegt, nur die Frisur ist geblieben. Mich beeindrucken in jüngster Zeit vor allem Leute, die so aussehen, als würden sie NICHT auf der Bühne stehen: David Bowie, Iggy Pop, Henry Rollins. Sie sind der lebende Beweis, dass es immer besser ist, es nicht zu übertreiben, sondern seine eigene Persönlichkeit auf die Bühne zu übertragen. Nichts ist magischer als das.


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PLATTEN/10 GEBOTE

„Ich bin meine eigene Szene.“ (Davey Havok/AFI), Juni 2006

DIE 10 GEBOTE

AFI Crash Love

(Interscope/Universal) Wenn Punk-Bands erwachsen werden, klingen sie entweder so wie immer (Bad Religion), schreiben Rock-Opern (Green Day) oder versuchen, etwas neues zu erschaffen, ohne ihre Wurzeln zu verraten. AFI führen das seit Jahren exemplarisch vor und sind in Gebiete vorgedrungen, die noch keine Punk-Band je zuvor gesehen hat. Mit „Crash Love“ geht diese Reise weiter: Davey Havok und seinen Mannen haben einmal mehr Songs geschaffen, die in punkto Melodie und Atmosphäre die Konkurrenz in den Schatten stellen. Das Spektrum ist dabei breiter als zuletzt auf „Decemberunderground“: Horror-FilmZitate, Achtziger-Gitarrenwände sowie elektrische Soundbäder auf der einen, krachende Riffs, immens viel Druck und mitreißende Moshpit-Ausflüge auf der anderen Seite. „Crash Love“ ist ungemein ambitioniert, wird den eigenen hohen Ansprüchen gerecht - und hebt diese ohnehin konkurrenzlos agierende Band nochmals auf ein neues Level.

The Asteroids Galaxy Tour Fruit

Cornershop Judy Sucks A Lemon For Breakfast

Text: Natascha Siegert

Text: Torsten Hempelt

(I.E. Music/EMI) Ob der Sound von The Asteroids Galaxy Tour von dieser Welt ist, weiß man nicht. Fest steht jedoch, dass das dänische Duo mit seinem Debütalbum „Fruit“ einen völlig neuen, fruchtig-frischen Klang erfunden hat, der sich nur schwerlich einordnen lässt. Die Lieder schwirren irgendwo zwischen Pop, Funk und Folk umher und verwandeln sich schon nach erstmaligem Hören in hartnäckige Ohrwürmer. Verantwortlich für dieses verzeihliche Verbrechen ist Lars Iversen, Songschreiber und Gründer der Band. Abgerundet wird das instrumentale Potpourri aus Trompeten-, Gitarren- und Orgelklängen durch die unverwechselbar quirlige Stimme von Mette Lindberg. Ein Hörvergnügen der besonderen Art!

(Meccico/Ample Play/Cargo) Abgedroschen, aber wahr: Cornershop sind eine dieser Bands, bei denen man erst angesichts ihrer Rückkehr so richtig merkt, wie sehr man sie eigentlich vermisst hat. In der Regel bedeutet so ein Spruch, dass das Comeback gelungen ist, und Jungejungejunge: das ist es in diesem Fall! „Judy Sucks A Lemon For Breakfast“ sprüht vor Wohlklang, smarten Ideen und - Hits! Die Songs mögen im Grunde simpel sein, doch sind sie liebevoll-effektiv arrangiert und mit Tjinder Singhs doppelbödigen, kryptisch-zynischen Texten ein melodieverliebter Ohrenschmaus. Cornershop haben in den letzten zwölf Jahren nur drei Alben veröffentlicht, aber die waren alle gut - und dies ist vielleicht sogar das beste!

Text: Tito Wiesner

Die Goldenen Zitronen Die Entstehung der Nacht

(Buback/Indigo) Schon komisch: da wird von der Finanzelite mal eben die Weltwirtschaft vor die Wand gefahren, die Krise kommt bei den Bürgern an - und wo bleibt die Wut, die sich gegen das System richtet? Gute Frage. Sieht so aus, als würde die Jugend doch lieber mit Mando Diao tanzen. Da obliegt es also wieder den weisen Herren aus der ersten Welle des Punk, hinzusehen, Fragen zu stellen und Finger in Wunden zu legen. Auch musikalisch ist das Ganze natürlich unbequem, avantgardistisch und häufig elektronisch. Die Goldenen Zitronen 2009, das ist ein offenes Kollektiv von Querköpfen, unterwegs im Grenzstreifen zwischen Musik und Geräusch, unberechenbar, unbeugsam, mutig, spannend und wichtig.

Text: Robert Goldbach

Editors In This Light And On This Evening

(PIAS/Rough Trade) Wie viele Vergleiche und Plagiatsvorwürfe mussten sich die Editors in der Vergangenheit anhören, doch schon der fulminante Opener ihres dritten Albums, das gleichnamige „In This Light And On This Evening“, macht deutlich: Die Band hat den Schritt nach vorn gewagt. Doch Veränderung im EditorsUniversum bedeutet: Feinjustierung. Noch immer gibt es Joy Division-Bassläufe, die Stimmung bleibt düster, aber die bandinterne Freude an ElektroSpielzeug und Soundtracks wie „Terminator“ und „Blade Runner“ hat erhabene und epische Songs hervorgebracht, die trotz Überlänge funktionieren. Bestes Beispiel: Die Single „Papillon“ und das wechselhafte „You Don’t Know Love“. Bei aller Liebe zur Erneuerung bleibt auch diesmal das Licht gedimmt und die Hoffnungsschimmer sind spärlich gesät. Nur hören sich die Editors dabei ein wenig eigenständiger an. Gefallen wird das nicht jedem.

Text: Ina Göritz

The Heavy The House That Dirt Built

(Counter/Rough Trade) Vor knapp zwei Jahren spülte ihr Debütalbum „Great Vengeance And Furious Fire“ vielen verzückten Musik-Gourmets unweigerlich den Schaum vor den Mund. Und auch beim Nachfolger darf wieder ordentlich gesabbert werden. Die Einstiegs-Tracks „Oh No! Not You Again!“ und „How You Like Me Now“ bitten zum Tanz mit einem SoulPunk-Funk-Rock-Hybriden in klobigem Garage-Schuhwerk vor einem großen Plattenschrank. Doch auch ohne eklatanten Disco-Esprit bleibt bei Songs wie „Short Change Hero“ oder „No Time“ kein Füßchen ungewippt. Richtung Plattenende wird die Hitdichte zwar dünner und der Rausschmeißer am Ende erstickt den Übermut in Herzschmerzflair, dafür bleibt jetzt die Zeit, sich die Spucke aus dem Mundwinkel zu tupfen.

Text: Christine Stiller

Monsters Of Folk Monsters Of Folk

Strike Anywhere Iron Front

Text: Marcus Willfroth

Text: Tito Wiesner

(Rough Trade/Beggars/Indigo) Wie heißt es so schön: Viele Köche verderben den Brei. Nicht im Falle der Monsters Of Folk - die nach mehreren Jahren Anlaufzeit endlich ihr Debüt abliefern. Bestehend aus Conor Oberst (Bright Eyes), Jim James (My Morning Jacket), M. Ward und Mike Mogis gelingt ihnen auf dem gleichnamigen Album der Spagat zwischen Folk und Songwriter-Pop. Die Harmonien schießen dabei in ungeahnte Höhen, die mehrstimmigen Gesänge sitzen maßgeschneidert und wenn dann noch Refrains wie sonst nur bei Crobsy Stills Nash & Young aufgefahren werden, ist die Glückseligkeit perfekt. Der Versuch, eine passende Umschreibung für diese Combo und ihre unwiderstehlichen Songs zu finden, endet nur in größenwahnsinnigen Superlativen. Trotzdem: Die Monsters Of Folk werden dem eigenen Bandnamen locker gerecht. Daher Obacht, wenn diese vier Typen demnächst als Genrereferenz gelten.

(Bridge9/Soulfood) Mit ihrem letzten Album „Dead FM“ nahmen sich Strike Anywhere eine Auszeit vom eingängigen HardcorePunk und setzten auf poppige Melodien - eine Entwicklung, die nicht bei allen Fans gut ankam. „Iron Front“ dürfte nun aber auch die MoshpitFreunde der ersten Stunde wieder versöhnen: Die Jungs sind nicht nur zum Hardcore-Label ‘Bridge9’ gewechselt, sondern haben in punkto Härte und Aggressivität deutlich zugelegt - es ist also wieder Zeit, die Barrikaden zu stürmen. Stücke wie „Invisible Colony“ und „Hand Of Glory“ lassen die Faust fast automatisch nach oben schnellen und brauchen keine zehn Sekunden, um mitzureißen. Bei „The Crossing“ oder „Failed State“ hingegen singt man inbrünstig mit und glaubt irgendwie doch noch, dass eine bessere Welt möglich ist. Von Abnutzungserscheinungen keine Spur - Strike Anywhere sind 2009 stärker denn je.

Every Time I Die New Junk Aesthetic

(Epitaph/Indigo) Die bekloppteste Chaos-CoreRock’n’Roll-Kapelle des Planeten ist mit einem neuem Album zurück - und beweist erneut eindrucksvoll, dass sich manisches Geschrei, wüstes Geknüppel und absolute Party-Tauglichkeit nicht ausschließen. Ein Gastauftritt von Dillinger Escape Plan-Sänger Greg Puciato, Songtitel wie „Wanderlust“ und „Organ Grinder“ oder die Tatsache, dass laut Band bei der Aufnahme von „New Junk Aesthetic“ genauso viel Blut wie Schweiß und Bier flossen, sollten als Gradmesser für den Arschtritt-Faktor der Scheibe schon reichen. Wer trotzdem noch nicht überzeugt ist, höre die erste Single „The Marvelous Slut“ und lasse sich von dem Wut-Rock’n’Roll-Hardcore-Monster überrollen. Dann beginnt man automatisch, wild um sich zu schlagen und wie von allen guten Geistern verlassen mit einem breiten Grinsen auf den Lippen umherzuspringen. Ein uneingeschränkt heftiges Vergnügen!

Text: Tito Wiesner

Thrice Beggars

(Vagrant/Hassle/Soulfood) Thrice bleiben ein Mysterium. Denn es gibt nur noch wenige Bands, die es schaffen, in so kurzen Abständen konstant hochklassige Musik zu veröffentlichen. Auch „Beggars“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass diese Band Post-Hardcore-/Progressive-RockMaßstäbe setzt. Das mittlerweile siebte Album verfolgt den Weg, den die Band mit „Vheissu“ einschlug und den sie mit dem vierteiligen „The Alchemy Index“ beinahe zu perfektionieren wussten. Die zum Großteil pathetischen Songs sind unwahrscheinlich intelligent und trotzdem eingängig arrangiert, womit die Band den Zwiespalt zwischen künstlerischem Anspruch und Zugänglichkeit problemlos überwindet. Vor allem setzen Thrice auf Variation, wodurch jeder Song sowohl für sich alleine spricht als auch nahtlos in ein homogenes, Album definierendes Gesamtbild einfügt.

Text: Christopher Mühlig


„Die Sex Pistols sind blöde Arschlöcher.“ (Marky Ramone), Juli/August 2006

PLATTEN/OFFENBARUNG

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DIE OFFENBARUNG Manchester Orchestra MEAN EVERYTHING TO NOTHING (Sony)

Nachdem das Debüt bei uns gar nicht erschien, beamen uns Manchester Orchestra nun im zweiten Versuch zurück in eine Zeit, als Indie-Rock laute, dissonante Gitarren bedeutete, EmoBands noch Punk waren und lustige Namen wie Jawbreaker oder Texas Is The Reason hatten. Du glaubst, das war doch erst gestern, findest Styler noch immer uncool und „Pinkerton“ ist sowieso die beste Weezer-Platte!? Dann könnte das dein Album des Jahres sein. Mit bemerkenswerter Leichtigkeit und ohne irgendwie altbacken zu klingen, schafft es das junge Quintett um den blasphemischen Pfarrerssohn Andy Hull, die Essenz der alternativen Gitarrenmusik der frühen

Neunziger zu destillieren und zeitgemäß zu verpacken. Hulls Stimme geleitet uns sicher über ruhige Folk-Akustik-Täler bis zu den verzweifeltsten Noise-Schrei-Brocken. Das Beste ist, dass das Ganze auch ohne Grunge-Sozialisation funktioniert, denn der Hymnenappeal von Songs wie „I’ve Got Friends“ oder „Everything To Nothing“ ist zeitlos. Das hier ist keine einfache Blaupause, kein Revival - das ist Grunge 2.0! Im Kosmos von „Mean Everything To Nothing“ finden eben nicht nur Nirvana und Weezer, sondern eben auch Brand New, die Weakerthans oder Two Gallants eine Nische. Ein Gesamtkunstwerk!

Text: Thomas Müller

1 hoffnungslos ** 2 egal ** 3 üben ** 4 bemüht ** 5 kann man machen ** 6 gut ** 7 vorn dabei ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 klassiker Air Love 2

(Virgin/EMI) Die französischen ElektroPioniere Air sind zurück wie schon so oft seit ihrem 96er Megaerfolg „Moon Safari“. Doch das Interesse an ihren Alben hat außerhalb der Heimat deutlich abgenommen. Zu ähnlich klangen die letzten Platten und zu wenige Überraschungen konnten Niclas Godin und Jean-Benoît Dunckel bieten. Aber Totgesagte leben länger: Der neue Longplayer „Love 2“ ist ihr innovativstes Album seit zehn Jahren. Dem hauseigenen ElectronicaSound wurden sanfte Indie-Pop-Elemente hinzugefügt, und im Gegensatz zur letzten Platte „Pocket Symphony“ schaffen es die beiden, diese Mischung homogen klingen zu lassen. Textlich wird hingegen auf Altbewährtes gesetzt: Liebe, Fantasie und Träumerei. Nicht weiter schlimm, denn Veränderungen passieren bei Air Schritt für Schritt. Vernünftig, bitte weitermachen. 6

Text: Marcus Willfroth

Alberta Cross Broken Side Of Time

(Ark/PIAS/Rough Trade) Alberta Cross sind ein weiterer Vertreter des wieder aufstrebenden VollbartRocks mit Country- und Blues-Einflüssen, kommen aber überraschenderweise nicht aus den Staaten, sondern aus London. Auf ihrem Debüt sind sie seltsam unentschlossen: An den gelungeneren Stellen kann es „Broken Side Of Time“ durchaus mit den Werken der empfindsamen Vollbärte von My Morning Jacket oder Band Of Horses aufnehmen, und dafür sollte man sich den Namen schon mal merken. Aber manchmal geht noch der derbe Schweine-Rock mit den Herren durch. Dann klingen sie wie ein verzichtbarer Aufguss der Black Crowes, die bekanntlich auch prächtige Bärte hatten. 7

Text: Arne Lieb

Alice In Chains Black Gives Way To Blue

(Virgin/EMI) Grunge, du lebendes Denkmal! Pearl Jam sind als geläuterte Rock-Band immer noch da, und Alice In Chains sind zurück. Und wie! Sieben Jahre nach dem Tod ihres charismatischen Sängers Layne Staley und 14 Jahre nach ihrem letzten musikalischen Lebenszeichen auf Albumlänge haben die Überlebenden Jerry Cantrell, Mike Inez und Sean Kinney jemanden gefunden, der Staley nicht

ersetzen sollte - aber genau das auf eine erschreckend beeindruckende Art und Weise tut: William DuVall (Ex-Comes With The Fall) intoniert Cantrells neue Rock-Songs, als schrieben wir wieder oder wahlweise immer noch das Jahr 1992. „I’m the last of my kind still standing“ singt und post er, der optisch so Ungleiche, und wenn man es nicht besser wüsste, man glaubte an Staleys Reinkarnation. Wäre doch auch Chris Cornell zumindest in Hörweite seiner Leisten geblieben. 6

Text: Fabian Soethof

All Time Low Nothing Personal

(Hopeless/Soulfood) Frisch gekämmt und vom Stylingberater herausgeputzt begeben sich die vier Jungs von All Time Low mit ihrem dritten Album „Nothing Personal“ nun auf die erneute Suche nach Ruhm, Anerkennung und noch zu erobernden Mädchenherzen. Einige Besetzung-wechsel-dich-Spielchen später wird mit dem aktuellen Line-Up nun kräftig am Pop-Punk Olymp angeklopft. Doch die Tore bleiben zunächst weiterhin verschlossen. Zu kalkuliert erscheinen sowohl die Texte als auch die Musik. Es lassen sich auf der aktuellen Platte zwar einige nette Melodien wiederfinden, aber an Größen wie Blink 182 oder Fall Out Boy kommen All Time Low bei weitem noch nicht heran. Vielleicht beim nächsten Versuch! 5

Text: Natascha Siegert

Anti-Pop Consurtium Flourescent Black

(Big Dada/Rough Trade) „Yo Kanye, I’m really happy for you! I’ll let you finish yourself, but Anti-Pop Consortium really has something to say. Really something to say!“ Und deswegen haben sich die vier New Yorker wohl auch wieder zusammengetan, um nach sieben Jahren Auszeit ihre unorthodoxe Interpretation von HipHop voranzutreiben und erneut zu Gehör zu bringen. 17 neue Tracks, teils originell instrumentiert, teils schlicht auf den Punkt arrangiert und mitreißend vorgetragen, beweisen, dass es bei allem Geprotze und Geblinge doch noch soviel mehr im Leben gibt, über das es sich zu rappen lohnt. Smart, inspiriert und inspirierend! 8

Text: Stephan Behrens

Baddies Do The Job

(Proper/Rough Trade) Sie sind innerhalb eines Jahres in die Top-Riege des britischen Indie-Rock aufgestiegen, schauen nun

aus ihrem Van zurück auf hunderte Konzerte in Clubs und auf Festivalbühnen, und fragen sich zu Recht, wie all das passieren konnte. Baddies um die Zwillinge Jim und Michael hinterließen innerhalb eines Jahres dank ihres tanzfreudigen Mixes aus Punk, Wave und Indie allerorts eine Heerschar neuer Fans, die redundanten UK-Sound nicht mehr hören wollten und nach der nächsten Combo lechzten, deren Texte man auch mit Bier am oder wahlweise Finger im Hals noch lauthals mitsingen konnte. Ein schönes Bingo! also für beide Parteien, womit die Baddies ihren Job wohl erledigt haben dürften. 6

Text: Florian Hayler

Bad Lieutenant Never Cry Another Tear

(Triple Echo/Cooperative/Universal) Weil New Order gerade zu einer On/Off-Band mutieren, orientiert sich Frontmann Bernard Sumner neu: Bad Lieutanent heißt sein gemeinsames Projekt mit Phil Cunningham und Jack Evans. Auf dem Debüt „Never Cry Another Tear“ erinnert freilich vieles an die Hauptband. Nicht nur der wavige Sound ist typisch für Sumners Songwriting bei New Order, auch sein Gesang lässt die alten Kollegen zu keinem Zeitpunkt vergessen. Trotzdem wagt er sich mit einigen Akustik-Nummern auf neues Terrain und tatsächlich funktioniert dieser Ausflug erstaunlich gut. Sollten Bad Lieutenant ein zweites Album ins Auge fassen, wäre dies zwar Schade für New Order, aber einfacher für Bernard Sumner selbst - hier gibt es keine unnötigen Querelen, sondern schmissige Musik, die nicht zu genretypisch klingt. Prima so. 6

Text: Marcus Willfroth

Bigelf Cheat The Gallows

(Powerage/Soulfood) Sollte die mittlerweile kurz vor dem Kollaps stehende Retro-Welle der Siebziger demnächst endgültig dahinsiechen, werden Bigelf wohl eine der wenigen Überlebenden dieser Dekade sein. Mit ihrem aktuellen Werk „Cheat The Gallows“ vereinen die zotteligen Gesellen um Bandchef Damon Fox so ziemlich alles, was die Siebziger im Bereich Rock-Musik zu bieten hatten. Von pompösen, schon fast theatralisch inszenierten Arrangements, über düstere Riffs in bester Tony Iommi Manier bis hin zu kühlen und epischen Melodien ist auf diesem Album alles vertreten. Majestätische Mellotron-Teppiche

und wirre Keyboard-Spielereien schicken einen bereits beim Opener auf eine nicht mehr enden wollende Zeitreise. Wer sich schon immer gefragt hat, wie es wohl geklungen hätte, wenn sich Black Sabbath, die Beatles und Pink Floyd mal zum Jammen getroffen hätten - Bigelf sind die Antwort. 7

Text: Kai Butterweck

Björn Kleinhenz B.U.R.M.A.

(Devil Duck/Indigo) Ein karges 500-EinwohnerEiland und acht Monate brauchte Björn Kleinhenz für sein neues, viertes Werk „B.U.R.M.A.“. Mit Liebe zum Detail hat Kleinhenz ein Album gezaubert, das an Herz und Nieren geht, denn „B.U.R.M.A.“. ist intim und distanzlos, drängt sich nahezu auf, ohne zu belästigen. Mit viel Stimme, Rhythmus und großen Melodien erzählt der Schwede Geschichten aus seinem kleinen Kosmos, die für die große, weite Welt wie geschaffen sind. Bei so einem Album verzeiht man Björn Kleinhenz nur zu gerne, dass er sich als Phrasenklopfer outet und es „Be Undressed Ready My Angel“ genannt hat, denn das schrieben in der Zeit des Zweiten Weltkrieges viele amerikanische Soldaten ihrer Liebsten. So einfach kann eine Phrase wieder romantisch werden. 8

Text: Kati Weilhammer

Boxhamsters Brut Imperial

(Unter Schafen/Alive) Ähnlich wie EA80 sind auch Boxhamsters eine der wenigen wegweisenden, nie kommerziell erfolgreichen Underground Kult-Bands, die mehr als 20 Jahre Deutsch-PunkGeschichte auf dem Buckel haben und fleißig für neuen Stoff sorgen. Musikalisch wurde das achte Album der Band sehr minimalistisch gehalten, doch der Schwerpunkt liegt ohnehin auf den Texten. Bei der Menge deutschsprachiger Bands, die eigentlich nichts zu sagen haben, erfrischen Boxhamsters mit Witz und Charme. Zehn Songs haben die Gießener in petto, fast immer ein bisschen schräg, aber genau deshalb originell: Mal mehr Punk als Pop, wie in „1982“ oder „Herzigel“, dreckig wie im Fall von „Lochfrass, Der 3. Ton“, rotzig wie bei „Daumenkino“ oder, wie mit „Schluchtenflitzer“, countryesk - gutes Teil! 7

Text: Roland Köppel

The Cinemactics Love And Terror

(The Orchard/Intergroove) Wir leben doch nicht in den Achtzigern! Beim Hören von „Love And Terror“, dem zweiten Album der Glasgower Band The Cinematics, fühlt man


sich dennoch um einige Jahrzehnte zurückversetzt. Ziemlich düster und fast schon dreist an The Cure und Joy Division erinnernd, wird der Hörer in breite und schwere Klanggewänder gehüllt, die ihn fast erdrücken. Einzig die wie das Album betitelte Single kann auf ganzer Linie begeistern, wenngleich sie auch mehr nach Wüste als nach schottischer Arbeiterstadt klingt. Ein bisschen mehr Originalität und Substanz hätten „Love And Terror“ sicher nicht geschadet, aber die selbstreflektierte Ironie in Textzeilen „I know that you can dance/ but what have you got to say“ („You Can Dance“) macht verlorenen Boden wieder gut. Zumindest Humor scheinen The Cinematics ausreichend zu haben. 4

Text: Frédéric Schwilden

Dead By Sunrise Out Of Ashes

(Warner) Chester Bennington ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sich der Leadsänger einer erfolgreichen Band einmal komplett alleine im Rampenlicht suhlen möchte. Die Stimme von Dead By Sunrise, besser bekannt als Frontmann von Linkin Park, macht mit seinem ersten Soloalbum „Out Of Ashes“ seine ersten alleinigen Gehversuche im Musikbusiness. Zur Unterstützung holte er sich die Elektro-Rocker von Julien-K mit ins Boot, doch trotz aller Bemühungen klingt der düstere Sound uninspiriert und schlicht ergreifend langweilig. Dead By Sunrise hätten es auf ihrer eigenen MySpace-Seite nicht besser ausdrücken können: „Sounds like Linkin Park.“ Einen eigenen Stil hat Bennington mit „Out Of Ashes“ nicht erfunden, auf Grund der Masse an Fans wird das Album trotz ermüdenden Gleichklangs sicher reichlich Absatz finden. 4

Text: Natascha Siegert

Death By Stereo Death Is My Only Friend

(I Scream/Warner) Endlich ein neuer Langspieler der Kalifornier Death By Stereo! Das letzte Album ist immerhin schon vier Jahre alt, viel zu verstaubt für die Freunde der Todespunk-Band um Sänger Efrem Shulz. Das Warten hat sich aber definitiv gelohnt, denn es geht grandios weiter: Die geniale Mischung aus rasender Knüppelei, Gitarrenlicks in feinster Iron Maiden-Manier und anspruchsvollen Texten überzeugt wieder auf ganzer Linie. Mit Knallern wie „The Ballad Of Sid Dynamite“, „I Sing For You“, „Wake The Dead“, „We Sing Today For A Better Tomorrow“ oder „For All My Friends“ lässt sich problemlos die Revolution einleiten. Nur die neue Version von „Forever And A Day“ vom Vorgängeralbum hätten sie sich sparen können, denn das Original ist der neuen, seichteren Klavierversion um Längen überlegen. 8

Text: Hans Vortisch

Electric Eel Shock Sugoi Indeed

(Rodeostar/Sony) Electric Eel Shock sind nicht totzukriegen. Um das aktuelle Album zu finanzieren, ließen sie ihre Fans via Sellaband.com spenden. Nun dürfen die Japaner machen, was sie wollen, ohne dass ihnen eine Firma auf die Finger schaut. Zu revolutionären Veränderungen im Sound hat das nicht geführt, was aber nicht stört. Denn auf „Sugoi Indeed“ machen Electric Eel Shock immer noch das, was sie sehr gut können: lauten, punkigen Hard-Rock mit einprägsamen Melodien, der diesmal noch stärker als sonst an Motörhead erinnert. 7

Text: Arne Lieb

Element Of Crime Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie

(Vertigo/Universal) So leicht ist der Job. Hätte wohl niemand gedacht:

Nur ein Jahr nach dem letzten Teil seiner „Herr Lehmann“-Trilogie kehrt Frontmann Sven Regener mit Element Of Crime auf die Bildfläche zurück. „Immer Da Wo Du Bist Bin Ich Nie“ heißt das neunte Werk im 24. Bandjahr und offenbart unerwartete Neuerungen. Statt einzig auf Chanson-Pop und Trompete zu setzen, vermischen Element Of Crime Blues und klassischen Rock’n’Roll der Marke Bo Diddley. Was hervorragend zu Regeners Beobachtungsgabe passt, die nie durch hochtrabende Lyrics ihren Ausdruck findet, sondern Zustände so beschreibt, wie sie sind. Eine Art süffisante Traurigkeit begleitet die Songs und gibt der Platte einen grau-braunen Anstrich. Selbst wenn die Band es nicht mehr hören kann, aber auf Element Of Crime ist jederzeit und überall Verlass. 7

Text: Marcus Willfroth

Emil Bulls Phoenix

(Drakkar/Sony) Auch das neue Werk der Emil Bulls geht ansatzlos auf die Zwölf. Neues gibt es zudem von der Besetzungscouch zu melden: Gitarrist Christian Schneider hat Anfang des Jahres die Band verlassen und wurde durch Andy Bock ersetzt. Auf den ersten Eindruck hat dies nicht geschadet. Die Münchener knüppeln sich auf „Phoenix“ nach wie vor durch eine herbe Mischung aus Metal, Hardcore und Screamo. Klar wird auch mit „Phoenix“ das Rad nicht neu erfunden, die kleinen Schwächen von „The Black Path“ sind jedoch ausgewuchtet. Das Gitarren-Riffing überzeugt, Schlagzeuger Fabian Füss macht einen exzellenten Job. Und dass es Frontmann „Christ“ von Freydorf kaum an Talent mangelt, ist ohnehin längst bekannt. 6

Text: Christopher Mühlig

The Ettes Do You Want Power

(Kntrst/Universal) Wenn man sein Album schon „Do You Want Power“ tauft, sollte das Kind auch einiges zu bieten haben. The Ettes haben den Mund aber leider ein wenig zu voll genommen. Ihr Ansatz, Südstaatenrock mit Wumms, ein paar Synthies, Garage und einer naiv kokettierenden weiblichen Stimme zu garnieren, ist keineswegs schlecht, wird aber leider nicht konsequent genug verfolgt. Zwischen wirklich krachigen Hitkandidaten wie der ersten Single „No Home“ oder „I Can’t Be True“ wirken Songs wie das belanglose „Love Lies Bleeding“ einfach zu blass, um restlos zu überzeugen. Insgesamt keine schlechte Platte, der man definitiv eine Chance geben sollte, die aber auch unter den Möglichkeiten der Band geblieben ist. 6

Text: Frédéric Schwilden

Findus Sansibar

(Delikatess/Broken Silence) Schön, dass sich neben solchen Spitzenlabels wie ‘Zeitstrafe’ aus Kiel oder ‘Audiolith’ aus Hamburg nun auch ‘Delikatess Tonträger’ um das Wohl deutscher Nachwuchsbands bemühen. Als eine der ersten Veröffentlichungen erscheint jetzt „Sansibar“, das ordentlich Küstennebel tankende Debütalbum der holsteinischen Dorfpunks von Findus. Findus spicken ihre scheppernden Hymnen mit Zitaten von Hammerhead, baden im frühen Sound von Kapellen wie Muff Potter oder But Alive und haben mit Sicherheit auch mal die „Opel Gang“ gehört. Auf die Autobahn würde ich mich mit der Findus-Karre zwar nicht trauen, aber ans Ziel kommt man ja auch über die Landstraße. 5

Text: Florian Hayler

The Generators Between The Devil And The Deep Blue Sea (Concrete Jungle/Broken Silence)


„Du arbeitest für Leute, die ihr Magazin unclesally*s nennen?“ (Lemmy/Motörhead), September 2006

Von wegen Punks seien unzuverlässige Chaoten: Fast auf den Tag genau zwei Jahre nach „The Great Divide“ bringen die Generators Album Nummer Sieben heraus. Die Kalifornier funktionieren schon seit Jahren wie ein Uhrwerk und lassen auch qualitativ nicht nach. Klar tragen die Songs wieder Titel wie „Worlds Apart“, „Somewhere In The Rain“ und „Lonely Boulevard“ und tippt man mit geschlossenen Augen auf die Texte im Booklet, wird der Zeigefinger mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Wort „dark“, „night“ oder „storm“ landen. Aber dann hört man plötzlich clever eingesetzte Keyboardklänge, das stimmungsvolle Gitarrengeheul in „Southern Nights“, das überraschend poppige „Right Beside You“ - und man merkt, dass die Generators einiges getan haben, um uns und sich selbst nicht zu langweilen. 7

Text: Marek Weber

Hatebreed Hatebreed

(Roadrunner/Warner) Hatebreed schaffen es auf ihrem neuen Album trotz des einfallslosen Titels tatsächlich, den Hörer vor Überraschung aus der Bahn zu hauen - und gleichzeitig mit der sattsam bekannten Wand aus Wut und Schalldruck vom Stuhl zu blasen. Die vorangegangen Alben waren bei weitem nicht langweilig, aber mit den Jahren schlich sich eine Formelhaftigkeit ein, die den Wiedererkennungswert der meisten Stücke arg reduzierte. Monsterriffs und Jamey Jastas Gesang sind geblieben, aber dazu kommt eine Eingängigkeit und sogar ein Hang zur Melodie, wie ihn Hatebreed bisher vermissen ließen. Lieder wie „No Halos For The Heartless“ oder „Every Lasting Scar“ haben eindeutigen Ohrwurmcharakter und reihen sich trotzdem nahtlos an typische Hardcore-Ballerstücke wie „Through The Thorns“ ein. Kein Schaden ist auch das rein instrumentale „Undiminished“, das auch auf einer Metallica-Scheibe nicht fehl am Platz wäre. 8

Text: Hans Vortisch

Health Get Colour

(City Slang/Universal) Health sind jung, aus L.A. und holen elektronisch anmutendes AvantgardeEffekt-Geschwurbel aus analogen Instrumenten, das mit bis zur Unkenntlichkeit verfremdeten, Mantra-Gesängen garniert wird. Was daran nun so neu sein soll!? Im Grunde nichts. Bands wie Ani-

mal Collective, Battles oder Fuck Buttons haben das ja alles schon ausgiebig durchdekliniert. Spaß macht’s trotzdem und so klingen Health sogar fast so radikal wie The Locust oder Fantômas. Was vor vielleicht noch zwei Jahren den Nerd-Band-Stempel bekommen hätte, soll nun der heiße Scheiß sein - strange aber ziemlich cool eigentlich! 7

Text: Thomas Müller

The Hickey Underworld The Hickey Underworld

(Naïve/Indigo) Eines vorneweg: Bands, die sich nach Songs von Nation Of Ulysses benennen, darf man eigentlich per se nicht schlecht finden. Cleverer Schachzug der Belgier könnte man also denken, andererseits hätten sie so was gar nicht nötig. Der Antwerpener DC-Punk-Indie-Rock-Mischlingsrüde will nicht nur spielen, der beißt auch. Ähnlich freigeistige Landsmänner wie Soulwax und Millionaire sind hier ebenso präsent wie die Helden ihrer Punk-Sozialisation Fugazi oder Drive Like Jehu. Eine derart stimmige Kombination aus beiden Welten hat man bisher selten gehört, vor allem der rotzige Schreigesang und die punkige Produktion sammeln hier Pluspunkte. Da fusioniert der Moshpit mit dem Dancefloor und alle haben Spaß! Wer hier ein bisschen unter dem Schmutz gräbt, wird sogar den ein oder anderen kleinen Hit entdecken! Es lohnt sich! 7

Text: Thomas Müller

Hockey Mind Chaos

(EMI) Wagen wir ein Experiment: Man packe Bravery und Razorlight in einen Mixer, dazu noch eine ordentliche Prise Synthesizer und ein paar elektronische Elemente, vermische das ganze zu einem zähen Brei, den man schon gefühlt tausend Mal probiert hat. Dazu noch die Stimme eines durchschnittlichen Frontmanns, der statt zu singen eher zu hysterischem Schreien neigt. Fertig. Das Ergebnis dieses kleinen Versuchs gibt es jetzt in den Plattenläden - die Band nennt sich Hockey, ihr Album „Mind Chaos“. Sie kommen aus Portland, Oregon, und man möchte sich fast wünschen, sie hätten den Weg aus der Musikmetropole im Nordwesten der Vereinigten Staaten nie gefunden, denn musikalisch sind ihre Songs belanglos und uninspiriert, oder um es mit dem Titel ihres Openers zu sagen: „Too Fake“. 2

Text: Kati Weilhammer

PLATTEN

Horse The Band Desperate Living

Idlewild Post Electric Blues

Text: Marek Weber

Text: Friedrich Reip

(Vagrant/Hassle/Soulfood) Der Mix aus fiesem Metal-Core und an 8-BitVideospiele erinnernden Keyboard-Spinnereien war 2003 zweifelsohne originell. Seitdem haben Horse The Band bewiesen, dass ihr Konzept auch ohne den Überraschungseffekt funktionieren kann. Dennoch fragt man sich langsam, wie lange das noch gut geht. Braucht die Welt eine weitere Neuauflage ihres Debütalbums „R. Borlax“? Dieser Gefahr war sich die Band offenbar selbst bewusst und hat sie bravourös abgewendet. „Desperate Living“ klingt anders als seine Vorgänger, dabei aber weder anstrengend noch angestrengt. Die schrillen Keyboard-Sounds sind immer noch vorhanden, aber längst nicht mehr ganz so präsent. Dafür wurde das Tempo gedrosselt, Post-Rock-Gitarren integriert und Gäste wie Jamie Stewart von Xiu Xiu ins Studio eingeladen, der das grandiose „Shapeshift“ mit seinem Gesang veredelt. 7

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(Cooking Vinyl/ Indigo) Wenn man versucht ist zu sagen, die Songs einer Band würden einfach nicht alt werden, dann muss doch zumindest die Band selbst schon einige Jahre auf dem Buckel haben. Die schottischen Idlewild gibt es seit über zehn Jahren und „Post Electric Blues“ ist ihr siebtes Album, dessen Titel doch in die Irre führt. Schluss mit Gitarren-Rock ist hier noch lange nicht. Im Gegenteil, muss man doch ziemlich tief im Gelärme wühlen, ehe einige der so typischen stillen, Folk-inspirierten Elemente zum Vorschein kommen. Was durchaus schade ist. Der „Blues“ hingegen ist eher auf das Musikgeschäft zurückzuführen, mit dem Sänger Roddy Woomble schon ein Weilchen im ideologischen Clinch liegt. Die neue Platte war deswegen zunächst als Direkt-Download erhältlich, erst jetzt darf ein Label für den Rest des Wegs einspringen, der wieder vermehrt auf die Bühnen dieser Welt führen soll. Immer wieder gern. 5

Disco-Dank Wenn die Blätter von den Bäumen fallen und Kürbissuppe aufgetischt wird, ist - kurz vor den weihnachtlichen Exzessen - noch mal der Moment der Dankbarkeit gekommen. Warum also nicht auch mal unter der Discokugel einen Moment innehalten und sich brav bedanken? Gute Gründe dafür gibt es mehr als genug. So kann man sich vor Basement Jaxx verbeugen, die mit „Scars“ (XL/Beggars/Indigo) ihr bestes Album seit Jahren vorlegen und trotz düsterer Momente eine furiose Party feiern, die schon wegen ihrer Gästeliste (Yoko Ono, Kelis, Yo Majesty, Santigold, Sam Sparro etc.) zu den Höhepunkten des Jahres gehört. Oder auch vor Calvin Harris, weil er auf seinem Zweitling „Ready For The Weekend“ (Ministry oO Sound) zwar wieder mit dem totalen Mainstream flirtet, aber eben auch einige gnadenlose gute DanceNummern wie „I’m Not Alone“ im Angebot hat. Und nicht zuletzt MSTRKRFT, denn wie die beiden Kanadier auf „Fist Of God“ (Downtown/ Cooperative/Universal) mit Hilfe von Legenden wie N.O.R.E., Ghostface Killa oder John Legend die Schnittmenge zwischen Elektro und HipHop ausloten, ist ebenso furios wie kongenial. Auch Namosh gebührt Dank, der immer noch nicht so groß ist, wie er verdient hätte, und mit

„Keep It For Later“ (Crippled Dick Hot Wax) unbeirrt ein weiteres, überraschend ernstes Geheimtipp-Album abliefert. Oder Yacht, weil man das zwischen LCD Soundsystem und Chicks On Speed anzusiedelnde Duo schon allein für seinen „Summer Song“ (unbedingt Video auf YouTube gucken!) lieben muss - und auch das Album „See Mystery Lights“ (DFA/Cooperative/Universal) gefällt. Nicht zu vergessen Yello, einfach weil die Rückkehr der Elektro-Urgesteine mit „Touch Yello“ (Universal) trotz ein bisschen viel Till Brönner-Jazz unbedingt begrüßenswert ist. Und wer Dankbarkeit auch für die kleinen Dinge des Lebens übrig hat, dem sei „Letters & Signs Part One“ (Una Music/Rough Trade), das neue Album von Northern Lite empfohlen: hier freut man sich über die wenigen Techno-Einsprengsel, die zwischen dem mittlerweile ziemlich dominanten Rock-Sound noch zu finden sind!

Text: Patrick Heidmann


Ja, Panik The Angst And The Money

(Staatsakt/Rough Trade) Viele Bands wären froh, wenn sie zumindest die geteilte Liebe zum Bier einte. Ja, Panik hingegen sind musikalisch tief miteinander verwurzelt, hören am liebsten The Fall und machen auf ihrem dritten Album „The Angst And The Money“ aus dieser Faszination keinen Hehl. Sänger Andreas Spechtl und sein herrlich schräger Gesang, als auch die Riffs der Jungs erinnern oft an die Idole. Doch niemals klingen sie dabei nach Hamburger Schule, frühen Tocotronic oder Die Sterne - es ist ein eigener, unwiderstehlich famoser Kosmos in denen sich Ja, Panik bewegen. Bereits zum dritten Mal in Folge gelingt ihnen der Spagat zwischen geballter Faust und hochsensiblen Befindlichkeitstexten. Es wäre daher nicht vermessen zu behaupten, dass Ja, Panik eine der besten deutschsprachigen Platten der vergangenen Jahre abgeliefert haben. 8

Text: Marcus Willfroth

Jochen Distelmeyer Heavy

(Columbia/Sony) Ziemlich am Beginn des Albums poltert Jochen Distelmeyer los: „Kennst du die Reichen und Mächtigen? Lass ihre Wagen brennen!“ heißt es in „Wohin Mit Dem Hass?“. Auf diesen Protest-Song und den erhöhten Einsatz verzerrter Gitarren bezieht sich womöglich der Titel des Solo-Debüts von Distelmeyer nach der Auflösung von Blumfeld. Es ist aber keine unzufriedene, sondern eine sehr ausgeglichene, fast reife Platte, bei der vor allem die langsamen Stücke in Erinnerung bleiben. So wie „Murmel“, mit dem das Album in verträumter, fast weiser Zufriedenheit schließt: „Ich bin am Ziel, weiß was ich will und brauch’ nicht viel.“ 8

Text: Arne Lieb

Juli Zeh und Slut Corpus Delicti

(Strange Ways/Indigo) Endlich gibt es neues Klanggut aus dem Hause Slut - alleine diese Neuigkeit lässt viele Herzen höher schlagen. Allerdings handelt es sich nicht um ein klassisches Studioalbum, sondern - wie es die Band selbst bezeichnet - um eine „Schallnovelle“. Wie auch schon mit der „Dreigroschenoper“ wandern Slut wieder abseits des üblichen Pop-Musikpfades und sind mit der Autorin Juli Zeh eine tiefgründige und besondere Partnerschaft eingegangen. Während die Erfolgsautorin Passagen aus ihrem Roman „Corpus Delicti“ neu arrangierte, haben sich Slut hingesetzt und die passende Musik dazu geschrieben. Das Ergebnis ist alles andere als leichte Kost und erfordert vom Hörer höchste Aufmerksamkeit. Daran muss man sich gewöhnen, erfährt dann aber ein famoses wie literarisches Klangerlebnis. 6

Text: Kati Weilhammer

Kid Harpoon Once

(XL/Beggars/Indigo) Passend zum Herbst wirft Kid Harpoon mit seinem Debütalbum „Once“ die perfekte Musik zur melancholischen Jahreszeit in die Welt. Okay, die Texte sind mitunter arg philosophisch geraten und die anhaltende Nachdenklichkeit muntert auch nicht immer auf, dafür schafft es Tom Hull, Herz- und Kopfstück von Kid Harpoon, mit inbrünstig gesungenen Textzeilen wie „Hold on, the full moon won’t be out tonight/ hold on, and everything will be alright“ der Trübsinnigkeit und Weltuntergangsstimmung einen dicken Dämpfer zu verpassen. Mit munter eingesetzten Streichern, Klavier und altbewährter Schlagzeug-Gitarren-Kombo hat die Scheibe so einiges an Charme zu bieten und ist eine schöne Pop-Bereicherung für jeden Singer/Songwriter-Fan. 8

Text: Daniela Bringer

Kings Of Convenience Declaration Of Dependence

Lou Barlow Goodnight Unknown

Text: Marta Marszewski

Text: Torsten Hempelt

(Virgin/EMI) Erlend Øye ist wieder nach Hause zurückgekehrt. Nach fünf Jahren in Berlin und zwei Alben mit The Whitest Boy Alive, kam der Norweger zu der Erkenntnis, dass zu viel Freiheit auch lähmend wirken kann, anstatt die Kreativität zu potenzieren. Daraufhin kehrte er in seine Heimatstadt Bergen zurück, um zusammen mit seinem Bandkollegen Eirik Bøe einen Pakt der Abhängigkeit zu schließen. Ihr neues Album „Declaration Of Dependence“ ist ein Manifest für mehr zwischenmenschliche Bindung und Bodenständigkeit, ohne die Lust am Ungewöhnlichen zu verlieren. Dabei werden die Erwartungen der treu gebliebenen Fans belohnt - das Album ist eine konsequente Fortführung des typischen KoC-Sounds: Zurückhaltend, bedächtig, atmosphärisch, mit Akustikgitarre und Klavier als vorherrschende Rhythmusgeber. Überaus convenient. 8

Kiss Sonic Boom

(Roadrunner/Warner) Jahrelang wollten sie nicht ins Studio. Zu wenig Erfolg versprechend schien es, mit neuem Material gegen die eigene Legende anzutreten. Aber Kiss haben sich noch nie um ihr Geschwätz von gestern geschert. „Sonic Boom“ verweist musikalisch sowohl auf die SeventiesKlassiker der Band, als auch auf die folgende maskenlose Ära. Einigen Tracks von Schlabberzunge Gene Simmons mangelt es an Klasse, aber: Es ist stets zu spüren, dass es die Truppe um Kiss-Strategen Paul Stanley noch mal wissen will! Keine Balladen, kein Gedöns. Drummer Eric Singer singt mit „All For The Glory“ eines der Highlights. „Sonic Boom“ ist nicht das versprochene beste Album seit drei Dekaden, aber Mitglieder der Kiss Army werden gut bedient. In diesem Sinne: „Say Yeah“! 7

Text: Jens Fritze

(Domino/Indigo) Trotz ausgiebigen Tourens mit den wiedervereinten Dinosaur jr hat Lou Barlow Zeit gefunden, seinem umfangreichen Katalog ein weiteres Album hinzuzufügen. Und dessen 14 Songs sind eher mehr als weniger „klassischer“ Barlow-Stoff: Das, was in Ermangelung eines adäquaten deutschen Wortes „guitar strumming“ genannt werden muss, und wovon sich Lou vor vielen Jahren schon eine sehr prägnante Variante ersonnen hat, dominiert die meisten Stücke. Und auch wenn mal fragiler gezupft oder dank musikalischer Gäste wie Dale Crover (Melvins) flotter getrommelt wird, so klingt doch alles sehr vertraut. Einerseits gut, so ein Trademark-Sound. Andererseits finden sich hier leider eigentlich keine Songs, bei denen er sein bekanntes Terrain verlässt oder diesem wenigstens wirklich neues hinzufügt. Und so bleibt trotz mehrerer schöner Momente ein mulmiges Gefühl von Stillstand. 6

Massive Attack Splitting The Atom EP

(Virgin/EMI) Massive Attack hatten schon immer ein gutes Händchen für außergewöhnliche Stimmen. Den Sängerinnen Shara Nelson und Tracey Thorn verhalf die Band in den Neunzigern zu Ruhm, nun hat es den Anschein, als ob prominente Stimmen den verblassenden Stern von Massive Attack wieder zum Leuchten bringen sollen. Während sich beim Titelsong der altbekannte Horace Andy den Leadgesang mit Grant Marshall teilt und ein leichtes Glimmern erzeugt, schafft es Tunde Adebimpe von TV On The Radio in „Pray For Rain“ das Glühen zu entflammen. Hier zeigen sich Massive Attack von ihrer besten Seite: Düsterer Trip Hop mit fulminantem Showdown. Elbows Guy Garvey kann da in „Bulletproof Love“ nicht mithalten, „Psyche“ mit Martina Topley-Bird hingegen schon. Wer sich an Trickys „Black Steel“ erinnert, weiß Bescheid. 7

Text: Marta Maszewski

Bela B Code B

(BPX 1992/Sony)

PRO

Drei Jahre ist es her, dass Bela uns mit „Bingo“ beglückte und aus dem Schattenreich von Die Ärzte mit seinem ersten Alleingang auf Albumlänge hervortrat. Den glamourösen Glitter-Tand von Vergnügungsmetropolen wie Las Vegas und Helmstedt hat Herr B diesmal allerdings für einen geerdeten Sixties-Garagen-Ansatz eingetauscht. Somit regiert auf „Code B“ auch weniger der TechnicolorHochglanz, sondern der eher monochromatische Charme zeitloser B-Film-Schätzchen mit etwas Tarantino-Twang und Surf-Segeln auf Tempo getrimmt. Das wirkt weniger experimentell, dafür aber Sound-technisch schön in sich geschlossen. Und mit „Liebe Und Benzin“ gibt es gar wieder ein feines bilinguales Duett. Zwar nicht mit Altmeister Lee Hazlewood, dafür aber mit der französischen Schauspielerin Emmanuelle Seigner. Très cool.

Text: Frank Thießies

Contra

„Code B“ ist Belas musikalischer Komplettalleingang, und entsprechend deutlich feiert sich der „Human Boss“ auch selbst ab. Sein musikalisches Terrain flaggt der Die Ärzte-Schlagzeuger auf seinem zweiten Soloalbum nach „Bingo“ zwar geschickt mit Twang, Surf, Rockabilly oder Punk ab, in der Hoffnung, sein abgespecktes Album direkt in Herz und Beine seiner Fanschar verpflanzen zu können. Leider stolpert man wiederholt über ironisch konnotierte aber humorarme Reime, in die entweder keine Arbeit investiert wurde oder bis zur Verkrampfung viel. So bekommt man in gleichmäßigen Abständen ein schönes, großes Fragezeichen vor die Stirn genagelt: „Die Nacht ist schwarz, so viel steht fest. Das Gras ist grün, Urin ist gelb.“ Klingt einleuchtend.

Text: Andi Taphel


„Nehmt euch in Acht vor Gratis-Tattoos!“ (Evan Dando/Lemonheads), Oktober 2006

Meine Kleine Deutsche Before People Forget Sound

(Sounds Of Subterrania/ Cargo) Mit dem Namen kann man als schwedische Band hierzulande immer noch für einige Verwirrung sorgen. Was aber auf dem mittlerweile dritten Album dahintersteckt, ist weniger überraschend. Auch wenn Meine Kleine Deutsche zur skandinavischen Elektro-Clash-Keimzelle gehören, bleibt zwischen all der Melancholie der Einfallsreichtum etwas auf der Strecke - möglicherweise wird die Monotonie auch als Stilmittel verstanden. Große Partykracher sind jedenfalls nicht auszumachen, „Before People Forget Sound“ läuft so gleichmäßig daher wie die hübsch selbstgemalten Wellen auf dem Cover. Letztendlich verspricht der Bandname doch mehr Absurdität, als die Musik halten kann. 6

Text: Tim Kegler

Mika The Boy Who Knew Too Much

(Universal) Songs über die Zeit als Teenager zu schreiben, hatte Mika sich für Album Nummer Zwei vorgenommen. Dabei klang doch schon sein Megaseller „Life In Cartoon Motion“ nach pubertärem Hormonüberschwang! Auch auf „The Boy Who Knew Too Much“ gibt er die aufgekratzte Rampensau, und das ist hin und wieder fast ein bisschen „too much“. Ein bisschen zu bunt, zu exaltiert, zu niedlich, zu augenzwinkernd, zu hitverdächtig klingen die neuen Songs, mehr als einmal! Trotzdem muss man neidlos anerkennen: Was fluffigen Ohrwurm-Pop für die gut gelaunte Masse angeht, steht Mika nun endgültig überzeugend und selbstbewusst in der Tradition von Freddie Mercury, George Michael und Robbie Williams. 7

Text: Patrick Heidmann

Modest Mouse No One’s First and You’re Next

(Epic/Sony) Wie erstaunlich die immense Popularität einer Band wie - nein, besser: der Band Modest Mouse tatsächlich ist, führt diese Sammlung von Überbleibseln aus den Sessions zu den letzten beiden Alben vor Augen. Die acht Songs auf „No One’s First And You’re Next“ sind spröde, so spröde wie MMChef Isaac Brock. Der lispelt, nölt und scheint den introvertiert-ruppigen Misfit - anders als so

mancher Indie-Posterboy - nicht kokett zu geben, sondern wirklich zu leben. Aber alle psychospekulativen Ansätze mal beiseite: Dies hier ist eine gute halbe Stunde kantig-groovender GitarrenRock mit Melodien, die nicht übermäßig nach Resteverwertung riecht und sogar noch besser ist als der grandiose Titel des zweiten Songs „Guilty Cocker Spaniels“. 7

Text: Torsten Hempelt

Mofa Punk Rock Fuck Off

(Hamburg/Soulfood) Der Albumtitel von Mofa hält, was er verspricht: Der Punkrock wurde erfolgreich vertrieben. Zumindest von dieser CD. Das Cover von „Punk Rock Fuck Off“ lässt zwar noch auf ein paar durchgeknallte Twens schließen, die Musik dann aber eher auf gelangweilte und einfallslose. Die Songs sind einfach gestrickt, Power-Pop, der immer auf die Zwölf geht, garniert mit ein paar Handclaps oder auch einer durchdrehenden Cowbell. „Wenn ich einsam bin, dann gehe ich in den Park und wenn ich tot bin, dann liege ich im Sarg“, singt Bandchef Kiba Kalkei in „Im Gras“ und seine Kollegen stimmen ein, bis das ganze in einem lustigen „Babadadada“ gipfelt. Fertig ist das Debütalbum, das am Ende niemand braucht. 3

Text: Maleen Mohr

Moneybrother Real Control

(Our Choice/Rough Trade) In der Musik ist es leider oft so, dass Künstler mit fortschreitender Karriere nicht zwangsläufig besser, sondern gern belangloser werden. Wird irgendjemand „Real Control“ abfeiern können, den einst „Blood Panic“ und „To Die Alone“ verzückten? Wahrscheinlich nicht. Vor allem, wenn noch immer der üble Nachgeschmack von Singles wie „Just Another Summer“ vom Vorgänger „Mount Pleasure“ oder dem schwedischen Hit „Dom Vet Ingenting Om Oss“ in der Mundhöhle keimt. Moneybrother hatte schon immer einen starken Hang zum Kitsch – und das war toll. Allerdings wurde das jetzt mit Tracks wie „Young Faithful Love“ bis zur Schmerzgrenze ausgereizt. Sicher, Lieder können wachsen. Doch wer hat schon Zeit zu warten, vor allem, wenn er erst mal an den fluffigen Einstiegs-Tracks „Born Under A Bad Sign“ und „We Die Only Once“ vorbeikraxeln muss?! 5

Text: Christine Stiller

Montreal Montreal

(Hamburg/Soulfood) „Ihr müsst die Band erst mal live sehen!“ - Diese Aussage, die auch dem dritten Album des Hamburger Trios mitgegeben wird, ist oft nur ein Euphemismus dafür, dass eine Band auf Platte nicht die Energie des LiveAuftritts konservieren kann. Im Fall von Montreal kann man hier schon mal Entwarnung geben: Diese Aufnahme drückt ganz ordentlich, ist aber auch so breit und fett produziert, wie es auf der Bühne wohl kaum umzusetzen geht. Live geht es aber auch um etwas anderes: diese Song schreien danach, von einem Teeniepublikum abgefeiert zu werden. Sind doch alle mit Wortwitz und griffigen Melodien ausgestattet. Und diese Art deutschen Punkrock mit Spaß in den Backen spielen derzeit nicht viele Bands. Sicher sind Montreal nicht die nächsten Ärzte, aber immerhin vielversprechende Medizinstudenten. 6

Text: Robert Goldbach

The Mountain Goats The Life Of The World To Come

(4AD/Beggars/Indigo) Die Mountain Goats sind anno 2009 ein wahres Fest für Onomastiker. Nicht, dass wir uns falsch verstehen - das sind Leute, die sich beruflich mit Namensforschung beschäftigen. Ich bin zwar nur Hobbyonomastikus, doch selbst mir ist nicht entgangen, dass der neue Schlagzeuger der Mountain Goats hinten „Wurster“ heißt (und früher mal bei Superchunk spielte). Oh, und die Songs auf „The Life Of The World To Come“ haben auch alle irgendwie komische Namen. „Genesis 3:23“ zum Beispiel, oder „Deuteronomy 2:10“. Bibelstellen, schon klar. Was die mit den Songs zu tun haben, bleibt wohl John Darnielles Geheimnis. Kein Geheimnis hingegen ist die Tatsache, dass dies eine ziemlich gute Band ist, die auf ein stattliches Häufchen Platten voll melancholischen Gitarren-Rocks zurückblicken kann. Ganz oben drauf legen sie nun still und leise „The Life...“ und wissen sicher, dass auch das wieder ’ne schöne Platte ist. 7

Text: Torsten Hempelt

The National Anthems The National Anthems

(Leon/Rough Trade) Dass der Schwede gerne Süßes knabbert, ist hinlänglich bekannt. Ob Kanelbullar mit extra viel Zimt oder die weltberühmten schwedischen Mandeltorten – Hauptsache, der Zucker knallt in die

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Blutbahn. In diesen heimischen Leckereien scheinen die fünf Jungs von The National Anthems mindestens dreimal die Woche baden zu gehen. Anders lässt sich der süße Sound der Jungs aus Karlstad auf ihrem neuen Album wohl kaum erklären. Engelsgleich schwebt die Stimme von Sänger Robert Stalbro über den melancholischen Indie-Pop-Hymnen, doch die Songs wandeln damit gefährlich auf dem schmalen Grad zwischen pathetischer Atmosphäre und belanglosem Schmalz. Hin und wieder wird kräftig in der Zuckerdose gerührt, aber unterm Strich bleibt dann doch die dichte Atmosphäre hängen. 6

Text: Kai Butterweck

New Model Army Today Is A Good Day

(Attack Attack/Alive) Auch nach 30 Jahren und elf Alben haben die Ikonen um Frontmann Justin Sullivan noch gewaltig Hummeln im Allerwertesten, und sie legen mit ihrem aktuellen Output die Messlatte im Bereich Post-Punk-FolkRock für alle Genrekollegen hoch an. Auch wenn man hört, dass die drei Jahrzehnte Herrn Sullivan stimmlich ziemlich zugesetzt haben, schafft er es dennoch spielend leicht, den Hörer mit seinem markanten Organ um den Finger zu wickeln. An zeitlose Klassiker wie „Ghost Of Cain“ aus dem Jahre 1986 oder das 1989 erschienene „Thunder And Consolation“ kommt „Today Is A Good Day“ zwar nicht ganz ran, aber für Quereinsteiger und Neugierige ist der neue Silberling der Engländer ohne Einschränkungen zu empfehlen. Für Fans gar ein Muss. 7

Text: Kai Butterweck

Newton Faulkner Rebuilt By Humans

(Sony) Dass Newton Faulkner seine Fans wieder mit Klängen aus seiner Akustik Gitarre betören kann, verdankt er wohl einigen fähigen Chirurgen und einer gehörigen Portion Glück. Der Brite mit den roten Dreadlocks hatte sich Anfang des Jahres das Handgelenk gebrochen und den Arm ausgekugelt. Nach einigen Operationen und einer langen Reha scheint jetzt alles überstanden und Faulkner startet mit seinem zweiten Album „Rebuilt By Humans“ wieder voll durch. Mit den 18 Songs der neuen Platte bleibt sich der Gitarrenvirtuose selbst treu, ohne sich jedoch zu wiederholen. Die kraftvolle, aber weiche Stimme


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„Chi läuft ständig rum wie ein Penner.“ (Abe Cunningham/Deftones ), November 2006

in Verbindung mit der speziellen Zupftechnik erschafft einen einprägsamen Sound und ist die perfekte Hintergrundmusik für sonntägliche Frühstücksgelage. 6

Text: Natascha Siegert

Noah and the Whale The First Days of Spring

(Young And Lost/Cooperative/Universal) Für die sentimentalen Texte ihres ersten Albums wurden Noah And The Whale zum Teil scharf angegriffen. Kaum reservierter hören sich die Zeilen von „The First Days Of Spring“ an, zumal den elf Songs angeblich das Narrativ einer gescheiterten Beziehung zugrunde liegt. Aber das lässt sich doch überhören. Charlie Finks Stimme erinnert ungefähr an Jack Johnson im Abwrack-Modus und rettet somit diese gemächlichen Folk-Songs; denn dass die vier Briten beim Gesang diesmal auf weibliche Unterstützung verzichtet haben, tut der Sache gut. Die Garnitur (mal Geige, mal Bläser) drängt sich nicht auf und kulminiert in einem Instrumental zum Sufjan-Stevens-Effekt. 6

Text: Philipp Kohl

Pearl Jam Backspacer

(Island/Universal) „Backspacer“ - Pearl Jams neuntes Studioalbum und nachträglicher Startschuss in die Post-George W. Bush-Ära. Zu Beginn überzeugen geradlinige, Punk inspirierte Songs, die in ihrer Qualität an die frühen Tage der Band anknüpfen können. Beispiellos bleibt Eddie Vedders Gesangsleistung über das komplette Album hinweg. Nur leider verläuft der Spannungsbogen

ähnlich wie auf dem Vorgänger „Pearl Jam“ weitgehend unspektakulär, trotz so mancher Anlehnung an Größen wie The Who. Die ruhigen Stücke hingegen sind ein wohlklingendes Echo von Eddie Vedders grandiosen Soundtrack zu „Into The Wild“. Letztendlich ist „Backspacer“ ein weiteres facettenreiches und solides, wenn auch teils streitbares Werk geworden. 7

Text: Christopher Mühlig

Polar Bear Club Chasing Hamburg

(Bridge 9/Soulfood) Zurzeit formiert sich in den Staaten eine neue, gut vernetzte und gemeinsame Ressourcen nutzende Generation von Punk-Bands, die mit ihren innovativen Sound-Ansätzen die Grenzen des Genres neu absteckt. Im Gegensatz zu ihren im Folk verankerten Kumpels von The Gaslight Anthem oder den Pop-Punks von Broadway Calls schlägt der Polar Bear Club seine Zelte im Camp von Bands wie Face To Face, Samiam oder Jawbreaker auf. Entsprechend wird „Chasing Hamburg“ dominiert von hymnischen Chören, heiseren Vocals und abrupten Tempowechseln, die bei Stücken wie „Living Saints“ oder „One Hit Back“ vor allem live zum kollektiven Auskreisen einladen dürften. Wer die Band auf ihrer jüngsten Kurztour durch Miniclubs verpasst hat, sollte das nächste Mal am Start sein. 6

Text: Florian Hayler

Poolstar 4

(GOM/RodRec7Cargo) Man mag kaum glauben, dass man im Jahre 2009 noch mit luftigem Teenie-Punk was reißen kann. Bei Poolstar scheint es aber zu funktionieren, wenn man sich im Booklet des aktuellen Albums die Mitverantwortlichen mal näher bringt. Da

schoben sich so illustre Gestalten wie Rodrigo González, Philipp Hoppen und Michael Schwabe die Kugeln zu. So klingt die neue Scheibe dann auch. Schnittig, schnell und homogen kommen die 13 Tracks daher und die Jungs versuchen von Anfang an klar zu machen, wer im bundesweiten PartyPunk-Vergleich für 14- bis 20-Jährige von nun an das Sagen hat. Für die Veteranen unter uns bleibt am Ende allerdings nicht ganz so viel hängen und so klingt „4“ auf Dauer eher nach einer begrenzten Halbwertzeit. Passender Titel also. 4

Text: Kai Butterweck

The Popes Outlaw Heaven

(Shake The Tree/Cargo) Ein Wunder, dass PoguesFrontmann Shane McGowan durch sein zahnloses Maul noch immer genug Sauerstoff in seine Kettenraucherlunge pumpen kann, um a) genug Luft zum Überleben zu saugen und b) drei Stücke auf „Outlaw Heaven“, dem neuen Album seines 1994 gegründeten Seitenprojekt The Popes, „gesanglich“ zu unterstützen. Was da allerdings von McGowan zu hören ist, klingt schauerlich und ist bestenfalls mit „traurig“ zu umschreiben. Wenn dieses von Hauptsongwriter Paul McGuinness in einem irischen Gefängnis verfasste Album ein Zeugnis vom Zustand der einst so einflussreichen irischen FolkPunk-Szene sein sollte, dann aber Amen. 1

Text: Florian Hayler

Port O’Brien Threadbare

(City Slang/Universal) Manchmal sind es gerade Geschichten um tragische Begleitumstände oder Schicksalsschläge, die ein gutes Album zu einem Meisterwerk machen, siehe „Electro Shock Blues“ oder „Pink Moon“. Auch wenn der Unfalltod des Bruders von Sängerin Cambria wohl nicht der Hauptgrund für den U-Turn vom übermütig hibbeligen Indie-Folk mit Alaska-Fischer-Romantik des Überraschungsdebüts war, so dürfte dieser den überraschend schwermütigen Sound von „Threadbare“ doch entscheidend mitgeprägt haben. Ruhiger, nachdenklicher und zurückhaltend orchestriert - mit so einer Entwicklung hätten wohl nur die Wenigsten gerechnet. Man wollte nicht als „Crazy Horse-Tribute-Band“ enden, Neil Young hört man trotzdem noch oft heraus. Insgesamt bestehet die Band auch auf diesem bisher ungewohnten Terrain. Ein überzeugendes Zweitwerk, das klar macht: Port O’Brien sind gekommen, um zu bleiben! 8

Text: Thomas Müller

Rain Machine Rain Machine

(Anti/Indigo) Da ja TV On The Radio derzeit eine selbstverordnete und einjährige Sendepause absitzen, Stillsitzen jedoch nicht das Ding der umtriebigen Mitglieder der Band aus Brooklyn ist, verwundert es wenig, dass Gitarrist Kyp Malone nun unter dem Namen Rain Machine ein Solo-Album vorlegt. Darauf finden sich elf Songs, die des öfteren in Sachen Quirligkeit ans Mutterschiff erinnern. Allerdings stehen bei Malones Soloflug die treibenderen und tanzbaren Elemente meist deutlich hintan; der Mann mit der großen Frisur rückt die Gitarre ins Zentrum, lässt allerhand Schnarr-, Klirr- und Flirrgeräusche plus andere Schrägheiten drumrumflattern und präsentiert sich insgesamt als wuseliger aber nicht unspannender Singer/Songwriter. 6

Text: Torsten Hempelt

The Raveonettes In And Out Of Control

(Fierce Panda/Cargo) Und wieder eine Runde Hit-and-Miss mit den schwarz-weißen Dänen: die Hälfte der Feedbackgefluteten, wohlig übersteuerten Sixties-Songs

auf „In And Out Of Control“ ist klasse, die andere Hälfte business as usual. Und das heißt bei den Raveonettes nun mal „Suicide“, „D.R.U.G.S.“ und „Boys Who Rape (Should Be Destroyed)“. Was das partnerschaftliche Verständnis von Sexualität angeht, hat Sängerin Sharin diesmal aber noch einen ExtraTipp auf Lager, von dem gerade junge Mädchen in sackgassigen Zweierbeziehungen profitieren könnten: „Break up, girls! You might like it!“ Genau, Selbstbestimmung ist sexy. Wie auch der düsterromantische Surf-Sound des musikalischen Fetisch-Duos, das seine Lektionen in Lärm noch längst nicht abgeschlossen hat und demnächst bitte ein Album nur mit Hits schreibt. 7

Text: Michael Haacken

Repomen Roadkill

(Suburban/Cargo) Gut abgehangen ist nicht nur die blutige Tierhälfte auf dem Albumcover dieser Holländer. Das Seitenprojekt des Peter-Pan-Speedrock-Sängers weiß auch ganz genau, wie man den dazugehörigen Schweinerock souverän umsetzt. Anders als bei seiner Hauptband setzt Peter mit seinen Buddies von Borehole nicht auf die High-Speed-Punkrock-Schiene. Hier regiert die verkiffte Schwere dreckig-schwitziger SiebzigerRiffs, aufgemotzt mit einer fetten Soundwand und einer Prise Stoner versetzt. Repomen erinnern dabei öfter an ganz frühe Motörhead, kurz nach Lemmys Abschied von Hawkwind. Das ist natürlich nicht die Rock-Revolution, aber man hört die Erfahrung der Beteiligten. So knallt „Roadkill“ wie Metzgers Messer in die Schweinelenden und ähnlich wie ein gutes Steak hat dieses Album zumindest eins - genug Saft! 7

Text: Tim Kegler

Richard Hawley Truelove’s Gutter

(Mute/EMI) Ach, Richard! Bei Hawley von einem „Unbekannten“ zu sprechen, entspricht eigentlich nicht der Wahrheit - der Mann aus Sheffield ist eher ein „Verkannter“. Doch dass seine Musik weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet, scheint ihn nicht anzufechten. Nach wenigen Minuten Hörgenuss von „Truelove’s Gutter“ wird auch klar, warum dem so ist: Der Mann braucht weder Ruhm noch Geld, Kummer und Leid singt er mit seiner Wahnsinnsstimme einfach in die Flucht! Aber mal ernsthaft: Wie er hier auf samtenen Pfoten die großen Themen der Menschheit - Liebe und Einsamkeit und ein bisschen mehr - abhandelt, dabei wie eine gediegene Mischung aus Scott Walker und Jarvis Cocker klingt und Trost, Ruhe und Gelassenheit spendet, verdient einfach mehr Beachtung, verdammt! 8

Text: Stephan Behrens

Shrinebuilder Shrinebuilder

(Neurot/Cargo) Shrinebuilder ist eine neue Doom-Monstergruppe, bei der allein schon die Nennung der Mitwirkenden Ehrfurcht erweckt: Scott Kelly von Neurosis, Dale Crover von den Melvins, Al Cisneros von Om, und nicht zuletzt Wino von Saint Vitus, Spirit Caravan, etc. Das lässt Gewaltiges erwarten. Leider reicht es nur zum Guten. Sicher, die vier musizieren auf hohem Niveau und ihre Mischung aus Neurosis und Black Sabbath ist mehr als gefällig. Die dominanten Riffwände, die Trance-induzierenden Bassläufe und der Gesang aller vier Beteiligten sind Klasse, insbesondere bei „Blind For All To See“. Was aber fehlt ist der ausschlaggebende Kick, das Aha-Erlebnis. Vielleicht hätten sich die Jungs einfach etwas mehr Zeit als nur drei Tage nehmen sollen, in denen sie die ganze Platte aufgenommen haben. 7

Text: Hans Vortisch


„We love Neukölln!“ (Matt Caughthran/The Bronx), Dez./Jan. 2006-07

Die Skeptiker Fressen Und Moral

(Rozbomb/Cargo) Elf Jahre nach dem letzten Studioalbum „Wehr Dich“ haben die fünf Berliner Punk-Urgesteine (und Musiker von u.a. Cultus Ferox, Blind Passengers, Jingo De Lunch, Extrabreit) bewiesen, dass sie das Bollwerk des deutschen Straßen-Punk sind. Mit „Fressen Und Moral“ legen sie ein Dutzend energiegeladener Songs inklusive bissiger Texte vor - von dem Anarcho-Polit-Poeten Eugen Balanskat mit seiner unverwechselbaren Stimme direkt ins Gesicht gepfeffert. Im Vergleich zu früheren Alben klingen die Gitarren zwar nicht mehr so metallisch, rocken aber ordentlich. Absoluter Hit ist „Lügenwelt“ mit eingängiger Melodie und ganz großem Mitgröhl-Faktor. Ob die Skeptiker allerdings 2009 immer noch auf politischen Demos als Soundtrack laufen, wie einst mit dem Song „Strassenkampf“, bleibt abzuwarten. An der Band dürfte es nicht scheitern. 8

Text: Roland Köppel

Sometree Yonder

(PIAS/Rough Trade) Manchmal ist die Welt ungerecht. Da hauen Sometree regelmäßig gute bis großartige Platten raus, gehören zu den eigenständigsten und besten deutschen Bands - und keinen interessiert’s. Nach den auslaugenden Arbeiten am ambitionierten, dick orchestrierten „Bending The Willow“ und der eher bescheidenen Resonanz war erst mal Schluss für die Berliner Chefmelancholiker. Die Maschine wurde komplett runtergefahren und eine Zwangspause zwecks Bestandsaufnahme und Kursjustierung beschlossen. Nur noch das machen, was Spaß bringt, lautete im Ergebnis der einhellige Tenor und das bekommt der Band hörbar gut. „Yonder“ ist weitaus introvertierter, weniger opulent. Sometree schalten zwei Gänge zurück und folgen allein ihrem Instinkt, berührend fragile Momente mit dunkelblauen Pinselstrichen zu schaffen - irgendwo zwischen Logh und Radiohead. Vielleicht das intimste, ehrlichste, spontanste Sometree-Werk. Bleibt wahrscheinlich trotzdem zu clever für die breite Masse. 7

Text: Thomas Müller

Times New Viking Born Again Revisited

(Matador/Indigo) Erstaunlich, was einer Band heutzutage so an Heimstudio-Equipment zur Verfügung steht.

Erstaunlich, wie egal das den Mitgliedern von Times New Viking ist. Jared, Adam und Beth lieben es, sich in eine große Plastiktüte zu setzen und die Regler mit den Zehen zu bedienen. Ihre Songs dauern zwei Minuten und damit doppelt so lange wie ihr Songwriting. Das Artwork ist optischer Krach, ihre Karriere ein Selbstmordversuch und die Tonqualität des Endproduktes ein Fall für den Archäologen. Aber wenn der Wind richtig steht, hört sich dieses Album an wie die neue Nachbarschaftsband mit deiner kleinen Schwester am Bass, die in der sommerlichen Garagenauffahrt selbstvergessen gegen den Rasenmäher anlärmt und für wenige Minuten, die keiner mitkriegt, die beste Band der Welt ist. „I Smell Bubblegum“? Von wegen. 7

Text: Michael Haacken

Teenage Bottlerocket They Came From the Shadows

(Fat Wreck) Punk der alten Schule. Wer mal die Descendents, die Queers, Screeching Weasel oder die Ramones gehört und danach sein Leben um 180 gedreht hat, MUSS die hier haben. 9

Text: Florian Halyer

Tracedawn Egoanthem

(Drakkar/Sony) Gerade mal ein Jahr nach dem recht ordentlichen Einstand schicken die jungen Finnen von Tracedawn Album Nummer Zwei hinterher, und wieder spricht ihr Label vom „Next Big Thing“ im Metal-Zirkus. Ist natürlich Blödsinn: Die großen Stadien werden die Jungs auch diesmal nicht erobern. Dafür fehlt ihnen weiterhin die Eigenständigkeit - wer braucht schon „Egoanthem“, wenn er dasselbe Songmaterial in besserer Qualität von Soilwork, Children Of Bodom oder Mercenary haben kann? Andererseits klauen Tracedawn wirklich vorbildlich: Glasklare Produktion, munter bretternde Strophen, hymnisch-pathetische Refrains, und fertig ist der Power Melodic Death-Mix. Für Album Nummer Drei sollten sie sich trotzdem Eigenständigkeit ganz groß auf die persönliche Setlist schreiben; sonst wird das wirklich nichts mehr mit dem großen Durchbruch. 5

Text: Tito Wiesner

The Twilight Sad Forget The Night Ahead

(Fat Cat/PIAS) Eine Band so schottisch wie Braveheart, Whiskey und beschissenes Wetter schlecht drauf und Spaß dabei. Auf „Forget The Night Ahead“ findet sich alles wieder, was das Debüt der Glasgower zu einer der Entdeckungen 2007 machte. Zumindest fast alles, den stimmigen Folk hat man diesmal dezent ausgeklammert und sich stattdessen drauf konzentriert, die unheilsschwangeren Hybriden aus Shoegaze, Wave und Noise-Rock zu veredeln. Im Einzelnen bedeutet dies: unglaublich verhallte Drums, die stoisch nach vorne poltern, umgarnt von Gitarrenwänden so dick wie Reiner Calmund und eine fast erdrückende Melancholie. Wenn man sich den großartigen schottischen Akzent von James Graham wegdenkt, sind Interpol und Junius nicht so weit weg. Ganz im Sinne ihrer Mentoren Mogwai, beweisen The Twilight Sad ein weiteres Mal, dass Trauerklos-Musik auch verdammt laut sein kann. Der Herbst wäre gerettet, danke! 7

Text: Thomas Müller

Ulme Tropic Of Taurus

(Noisolution/Indigo) Zu Ulmes 2007er-Comebackalbum „Friends Of The Earth“ stellte sich Kollege Soethof die Frage, ob „sich progressive Noise-Wände noch gewaltiger, destruktiver und apokalyptischer auftürmen“ könnten?! „Tropic Of Taurus“ gibt die Antwort: nein. Aber Ulme perfektionieren sich als Architekten solcher und arbeiten mehr denn je mit Stimmungen und Spannungsbögen, wie etwa im siebenminütigen „Phoenix Awakens“. Auch wenn aus dem Familienunternehmen Heesch nur noch Sänger/Gitarrist Arne übrig ist, bleiben Ulme ihrem tonnenschweren Sound treu. Diesen richtig einzufangen, war dieses Mal die Aufgabe von Bruder im Geiste Kurt Ebelhäuser (Blackmail/Scumbucket), der in „Orpheus“ auch gleich ein Duett mit Arne anstimmt. Gesamturteil: erhaben und majestätisch. Aber wer hätte anderes erwartet?! 8

Text: Robert Goldbach

The Victorian English Gentlemens Club Love On An Oil Rig

(Flowershop/Alive) Mit ihrem zweiten Album „Love On An Oil Rig“ werden die Waliser Art-Rocker The Victorian

PLATTEN

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English Gentlemens Club nicht mehr nur handgreiflich gegen ihre armen Instrumente, nein, der Gegner musste größer sein und wurde letztendlich im Pop gefunden. Während die meisten Songs auf dem nach sich selbst benannten Debüt noch wie die unvermuteten Glückstreffer eines überdrehten Dilettanten-Vereins wirkten, macht die mittlerweile zum Quartett angewachsene Band auf „Love On An Oil Rig“ arty ernst. Das Album quietscht und knarzt, zerfasert und zerfällt an allen Enden und baut eine fast bedrohliche Atmosphäre auf, nur um am Ende von purer Melodieseligkeit aus dem Lärm-Sumpf gezogen zu werden. Klar ist das stellenweise kompliziert, deshalb zündet auch nicht jedes Lied. Ein Album, mit dem man UB40-Fans töten kann. 7

Text: Timo Richard

Windmill Epcot Starfields

(Grönland/Cargo) Der exzentrische Engländer mit dem großangelegten Piano-Pop und dem kränklich dünnen Stimmchen ist zurück. Wie zu erwarten, ist auch das zweite Album des Matthew Dillon Thomas a.k.a. Windmill keine schnöde Aneinanderreihung von Songs, sondern ein Konzeptalbum über seine Kindheitserinnerungen an eine Reise mit seiner Familie in das Epcot Center, einem futuristischen Themenpark in der Disney World Florida. Die dort in den Siebzigerjahren entstandenen Ideen einer durchweg technologisierten Zukunft verpackte Thomas in seine gewohnt traurig epischen Pathosbomben, die wegen des Gesangs immer noch ein wenig an Why? erinnern und programmatische Titel wie „Airsuit“ oder „Sony Metropolis Stars“ tragen. Das ist gleichermaßen berührend wie anstrengend. Polarisierend, aber auch absolut eigen! 6

Text: Thomas Müller

MEHR PLATTEN GIBT´S AUF SALLYS.net


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DEMODESASTER

„Wir hatten einfach Lust zu Ballern!“ (Arnim Teutoburg-Weiß/Beatsteaks), Februar 2007

DEMODESASTER Zimmer frei

Oktober. Die letzten Tage der Semesterferien ziehen ins Land. So mancher verlässt die Heimat zum Studieren und zieht in großstädtische Gefilde. Spätestens jetzt bricht die schiere Panik bei denjenigen aus, die bis dato noch kein WG-Zimmer haben, denn die Plätze sind begehrt. Bei uns ist noch was frei. Doch alt eingesessene WGler wie wir entpuppen sich beim Bewerbungsgespräch dann gern als Wohnungskapitalisten und fragen die potenziellen neuen Mitbewohner: „Naja, soweit schön und gut. Aber was steuerste denn zum Haushalt bei?“ BOGATZKE FRAGMENTS & FOUNDATIONS

KNOW SKOOLS 123…STUPIDITY

Heimat: myspace.com/bogatzkelectro Live:6.10. Duisburg, Steinbruch

Heimat: myspace.com/knowskools Live: 11.10. Hamburg - Astra-Stube

Der Name und das Leuchtturm-MerchandiseArtwork dieser Technikmeister lassen vermuten, dass hier ein hanseatisches Nordlicht mit küstennebelnder Schunkelmusik am Werke sei. Aber weit gefehlt. Vielmehr basteln Bogatzke aus NRW feinsten Elektro mit Post-Rock-Elementen zusammen und nehmen uns mit auf eine transzendentale Reise durch die Atmosphäre. Wohin die Reise geht, ist egal, denn der gechillte Weg ist hier die Zielsetzung. Nur der Ausblick lässt manchmal etwas vermissen, soll heißen, es fehlt an Bildern zur Musik. Das wissen Bogatzke live aber durch ein Sahnehäubchen aus Filmen und Diashows zu überbrücken. WG-Mitgift: Eine Internetflatrate und Reparaturgenie

Know Skools nennen ihr Ding Uptempo-Post-Rock aka „guitardriven jungle/ d’n’b“. Das trifft den Nagel so ziemlich genau auf dem Kopf, klingen die drei doch in der Tat wie Radiohead auf einem Breakbeat-Film. Dabei verfährt das Trio nach einem simplen Aschenputtel-Prinzip: Mastermind Kövi schnitt aus ProberaumJams die besten Passagen heraus und bastelte sie am heimischen Pult zurecht. Diese Prozedur hört man der Platte an, verharren die Ideen doch hier und da noch in einer Art Anfangsstadium. Gleichwohl ist Know Skools Debüt wieder mal ein Beleg dafür, dass in Münster in Sachen ambitionierter Musik einiges geht. WG-Mitgift: Zuchttauben und ein 8-Spur-Rekorder

FRAMES 124 EP

THE ROADS THE ROADS

Heimat: myspace.com/framesband Live: 30.10. Hannover - GiG Linden

Heimat: theroads.de

Wer behauptet, man bräuchte unbedingt eine wilde Rampensau, um Hörer in den Bann zu ziehen, wird von den Instrumentaljüngern von Frames sofort Lügen gestraft: 08/15-Rock-Nummern sind deren Sache nicht. Vielmehr präsentiert uns die Hannoveraner Combo mit ihrer „124 EP“ einen bereits wohlgeschliffenen Diamanten, der mit Post-Rockund Progressive-Anleihen stark an die Gitarrenfrickler Porcupine Tree oder Opeth erinnert. Klare, süß melancholische Melodien werden hier zu einem Klangteppich verwoben, der dabei jedoch stets zurückhaltend und sphärisch bleibt. Alles in allem ein kurzweiliges wie abwechslungsreiches Debüt, das man fast episch nennen mag und das am Ende Hunger auf mehr macht. WG-Mitgift: Organisationstalent und jugendliche Coolness

IBSEN GRAFFITI IN GRE NADA

Knarzig steigen Ibsen aus Erlangen ein, um kurz darauf auch schon hyperaktiv loszuzappeln. Die Melange aus nervösen Beats, quengelnden Gitarren und nimmermüden Laptop-Loops ähnelt zwar einem Flohzirkus, trotzdem sitzt hier nahezu jeder Ton an der richtigen Stelle. Heiter-beschwingt sind Ibsen aber nicht unbedingt, vielmehr liegt über allem eine leicht verstörte Note, die sich auch schon mal zu Geschrei hochschwingen kann. Das alles erinnert zwar stark an At The Drive-In oder auch Q And Not U, allerdings in Form einer beherzten Eigeninterpretation – immer spannend, immer überraschend. Wir freuen uns auf eine Langspielplatte. WG-Mitgift: Eine verrückte Miezekatze und ein Casio-Keyboard

Heimat: myspace.com/ipsenband

Stellt euch vor, Neil Young hätte zur Zeit der BeatGeneration zusammen mit den Monkees ein RockMusical geschaffen. So klingt das Debüt von The Roads. Denn die tschechisch-britische Connection vermischt hier im leichten Retro-Gewand feinsten Beat und Indie-Rock mit Synthie-Pop. Am Stück lassen die Jungs kunterbunte Radionummern vom Band, mal rockig poppig, mal verspielt melancholisch – hier ist ganz klar ein Quintett mit guten Songschreibern am Werk. So ist denn auch ein wahres Gute-Laune-Album heraus gekommen. Zwar lässt dies in seiner Länge (immerhin zwölf Songs) dennoch etwas Abwechslung vermissen, die Stimmung steigt dafür aber enorm und animiert zum Mitwippen. WG-Mitgift: Gute Laune und eine auf Pilzkopf geeichte Haarschneidemaschine

SAVE TODAY THERE IS A WORLD OUTSIDE

Haben wir uns gedacht: Der bloße Blick aufs Cover verrät, dass es sich bei Save Today aus Bamberg um eine Hardcore-Band handelt. Die Jungs sehen sich eigentlich als Post-Variante, wovon erst mal nicht viel zu hören ist. Stattdessen setzt es metallenes Riffing, melodramatische Refrains, Breakdowns sowie geile Crew-Vocals. Caliban-Schema-F, sind wir versucht zu sagen, wären da nicht diese Momente, in denen sich Save Today aus der Deckung wagen und mit verspielten Passagen auch mal Richtung (Screamo-)Rock a la Billy Talent schielen. Insofern dann doch eine ziemlich gelungene Genre-Platte, die überdies für lau auf der Bandhomepage zu saugen ist. WG-Mitgift: Düstere Gedanken und ein VeganKochbuch

Heimat: savetoday.de

SOCIAL DISTRUST WHO IS MY KILLER

WHAT? WHATEVERISM

Live: 2.10. Attendorn – NoiseBox *** 3.10. Bocholt – Keller *** 10.10. Berlin - Tommyhaus

Heimat: whatisourbandname.com

Unsere Fresse: Im Durchschnitt kommen die Jungspunde von Social Distrust auf gerade mal Anfang 20, spielen aber schon so abgebrüht auf wie die „Großen“. Das sind in diesem Fall Bands wie Rancid oder die Hellacopters, also Kapellen aus dem Dunstkreis von Street-Punk und Schweinerock. Mit dem Opener „Silence“ legen Social Distrust dann gleich mal eine amtliche Hymne hin, und auch im Anschluss lassen es die Sauerländer kräftig fetzen, mit der drahtbürstigen Stimme von Frontrotzer Manuel als I-Tüpfelchen. Auch wenn nicht jeder Track gleich zum Überhit gerät: Grün hinter den Ohren klingt anders! WG-Mitgift: Schweißbänder und Lederjacken Heimat: myspace.com/socialdistrust

Diese Duisburger sollte man ernst nehmen. Sie pendeln zwischen Alternative-Rock, Progressive und einer Prise Nu-Metal. Melancholische Zwischenparts geben sich hier mit ordentlich Schmackes aus dem Verzerrer die Hand und zaubern einen Einstand, der sich wahrlich nicht verstecken muss. Wenn dann auch noch der Blackmailer Kurt Ebelhäuser für die äußerst druckvolle Produktion verantwortlich zeichnet, um dem guten Songwriting einen Extramonat Sonne und Eingängigkeit mitzugeben, dann ist sich vor catchy Hitpotenzial kaum noch zu retten. WG-Mitgift: Eine Dolby-Surround-Anlage, Skinny Jeans und Tätowierbesteck

Texte: Roy Fabian, Maik Werther

T-Mobile Local Support Band Cotest Win/Win für alle

Ihr liebäugelt mit einer Rockstar-Karriere? Dann lest mal das hier: Zum dritten Mal unterstützt der Local Support Band Contest Nachwuchskünstler, egal welchen Genres, mit tollen Sach- und Förderpreisen. So warten beispielsweise professionelle Studioaufnahmen und hochwertiges Equipment – alles im Gesamtwert von über 20.000 Euro – auf die fünf besten Kapellen. Bis zum 30. September habt ihr noch Zeit, unter t-mobile.de/young mit euren Songs vorstellig zu werden. Danach pickt die Online-Community ihre 25 Favoriten heraus und legt sie der Expertenjury – unter anderem mit Claire Oelkers (Karpatenhund) und Dennis Lisk (Beginner) – vor. Die wiederum wählen die letzten fünf Finalisten und entsenden die Gewinnerband am 5. Dezember auf die Bühne der Riders Night der T-Mobile Extreme Playgrounds im Berliner Cassiopeia. Doch auch wir lassen uns nicht lumpen und verlosen auf sallys.net angstarke Kopfhörer (Sennheiser HD 215 – DJ Headphone) Transportbeutel und steckbarem Wendelkabel, einen MiniAmp (Mini-Amp Mikrobe MS-2) sowie ein Gitarrenstimmgerät (Korg GA 30). t-mobile.de/young

k l m i t


life‘s a mixtape

Heute mit: DIE GOLDENEN ZITRONEN Nach ihrer öffentlichen Häutung dank der sagenhaften Doku-DVD „Material“ schlagen die Goldenen Zitronen das nächste Bandkapitel auf: Trotz meist entgegengesetzt tickender Herzen und Hirne der Bandmitglieder Schorsch Kamerun und Ted Gaier wurde das neue Zitronen-Werk „Die Entstehung Der Nacht“ zu einem Album, das seiner Zeit mal wieder gut voraus ist. Im Mixtape blicken wir aber noch mal kurz zurück. Was ist der beste im Dialekt gesungene Song? Ted: Alles von den Cockney Rejects! Schorsch: Ich liebe Josef Bierbichler, den Schauspieler, der ganz toll die Lieder von Hanns Eisler singt. Oder die von Schubert oder Mahler, aber ganz merkwürdig mit seinem unbehauenen bayerischen Dialekt. Trotz seiner physischen Präsenz haben die Lieder so eine Feinheit, das finde ich wunderbar. Gibt es einen guten Elektro-Song, zu dem man nicht tanzen kann? Ted: Es gibt was von Jay Denham, meinem Lieblings-Technoproduzenten: „Trash Can“. Denham ist so ein Detroit-Techno-Typ und das Stück ist sehr hart. Der Beat ist nur „dandandan“, total untanzbar. Schorsch: Ich glaube sowieso nicht, dass elektronische Musik reine Tanzmusik sein muss. Es gibt ja auch viel Elektronisches komplett ohne Beats. Und sphärische Sachen, Filmmusik oder so. Welcher ist der schlimmste Rock-Song, der je verfasst wurde? Ted: Das würde jetzt dem Rahmen sprengen. Also so eine Top 50 kann man vielleicht machen. Schorsch: Wir können ja einen nennen, den wir wirklich blöd finden. Ted: „Eye Of The Tiger“. Schorsch: „We Built This City On Rock‘n‘Roll“, „Give Me Hope Joanna“ und „Lady In Red“. Ted: Komischerweise stammt das alles aus den Siebziger- und Achtzigerjahren. „Modernen“ Rock kann man gar nicht ernst nehmen. Gibt es einen guten Song von Queen? Ted: Da gibt es ja nur gute Songs. Sogar das Spätwerk ist noch einigermaßen okay, „A Kind Of Magic“ und so. Ich würde mich für die Band nicht prügeln, aber parteiisch bin ich schon. Gibt es eine bandinterne Motivationshymne, die euch durch die größten Krisen geholfen hat?

Ted: Wir sind nicht so Jungs-Typen, die sich dann abklatschen und so. Das hatten wir früher mal. Schorsch: Ich überlege gerade, ob ich so was wie eine Motivationshymne habe. Aber ich hatte schon immer Schwierigkeiten damit und empfinde das teilweise auch als schade. Es gibt ja so Leute, die können sich in einer gewissen Wehmut mit einer Musik begleiten lassen; wenn sie Liebeskummer haben, dann bringen die sich wieder in Gang mit einer bestimmten Musik. Mit Cockney Rejects oder so (lacht). Welcher Song bringt euch am besten durch die Nacht? Schorsch: Ich will meine Ruhe haben. Tagsüber aber auch… Ted: Durch was für eine Nacht? Wo man romantisch rumknutscht oder ekstatisch durchtanzt? Also ich habe eine Zeit lang Fotos entwickelt, nachts in der Dunkelkammer, und dann lief immer Deutschlandfunk, so um vier Uhr morgens, wo sie erst moderne Komponisten spielen und dann klassische. Eine Nacht lang habe ich auch mal „This Is Not A Lovesong“ von PIL gehört, knutschend auf LSD. Darin steckte so viel Wahrhaftigkeit. Als das Lied rauskam, war das auch der Schlusspunkt von Punk. Welchen Eröffnungssong würdet ihr für die WM 2010 wählen oder komponieren? Schorsch: Man fühlt sich sofort aufgerufen, diese Frage kaputt zu machen. Ted: Fußball und Songs, das ist too much. Aber es gibt natürlich Momente, gegen die man sich nur schwer wehren kann, zum Beispiel bei St. Pauli – auch für mich, der ich gar kein richtiger Fan bin. Aber wenn bei „Hells Bells“ von AC/DC diese Glocken losgehen und die Mannschaften einmarschieren, das ist großes Theater.

Text: Florian Hayler Heimat: die-goldenen-zitronen.de Auf sallys.net: sally*sTV! Oldies mit Goldies


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MUSIK STORIES

„Der Plan ist, die Welt zu erobern.“ (Nick Cave), März 2007

Pearl Jam

Die letzten ihrer Art? Pearl Jam aus Seattle.

Fingerfarbe

Am 22. Oktober 1990 spielt eine Band namens Mookie Blaylock ihren ersten Gig im „Off-Ramp Cafe“ in Seattle. Am 15. August 2009 spielt eine Band namens Pearl Jam ihr einziges Deutschlandkonzert in der Berliner Wuhlheide. Dazwischen liegen Höhen und Tiefen, gewonnene und verlorene Kämpfe, Tragödien und Triumphe, neun Studioalben, ein wichtiges Kapitel Musikhistorie und natürlich jede Menge Geschichten. Die, mit der alles beginnt ist eine tödliche. Am 16. Mai 1990 stirbt Andrew Wood an einer Überdosis. Das ist zwar traurig, aber wie auch die Tatsache, dass er Sänger einer Band namens Mother Love Bone war, leider noch nichts Weltbewegendes doch geht die eigentliche Geschichte jetzt erst los. Sein Mitbewohner, ein Typ namens Chris Cornell, ist so traurig, dass er Andrew ein Denkmal in Form eines Tribut-Albums setzen will, und so nimmt er mit den ehemaligen Mitgliedern von Mother Love Bone - Stone Gossard und Jeff Ament (inzwischen bei Green River) sowie Matt Cameron und Mike McCready - ein paar Songs auf. Ein Demo gelangt über Jack Irons, den damaligen Drummer der Red Hot Chili Peppers (und von 1994 bis 1998 Drummer bei Pearl Jam) zum Tankwart Eddie Vedder nach San Diego. Dieser mixt einige Vokalspuren dazu und schickt das Tape zurück an die Absender. Jeff und Stone sind begeistert und laden Eddie nach Seattle ein. Die Songs werden zu einem ganzen Album und das Projekt bekommt den Namen Temple Of The

Dog. Eddie zieht nach Seattle und arbeitet mit Jeff Ament, Mike McCready, Stone Gossard und Dave Krusen an neuen Songs. Nach dem ersten gemeinsamen Auftritt, damals noch unter dem Namen Mookie Blaylock (ein berühmter Basketballspieler), nennt man sich in Pearl Jam um. Das erste Album heißt übrigens nach der Rückennummer eben jenes Basketballspielers: „Ten“ und ist nach wie vor das meistverkaufte der Band. 18(!) Jahre später, kurz vor dem Auftritt in Berlin, sitzen Stone und Jeff entspannt an einem Biertisch, um über Geschichte, Geschichten und das neue Album „Backspacer“ zu plaudern: Lasst uns mit einem „Backspace“ in die GrungeÄra beginnen – was wäre eine Lektion, die euch diese Zeit gelehrt hat? Stone: Ich glaube, die größte Überraschung oder eher Offenbarung hatte ich nach einem Streit, den Jeff und ich mit Mark Arm und Steve Turner (heute

Mudhoney, damals noch bei Green River) hatten. Es war eine Meinungsverschiedenheit während einer Probe. Wir hatten unterschiedliche Vorstellungen von einem Song und gingen ziemlich sauer auseinander. Kurz darauf haben die beiden dann mit Mudhoney einen unglaublich großen kreativen Schritt nach vorne gemacht. Ich hätte niemals gedacht, dass sie in der Lage wären, etwas so Cooles, Eindrucksvolles zustande zu bringen. Es hat mich einfach umgehauen, was aus Chaos und Widerspruch entstehen kann. Zu sehen, dass Dinge, die ich im Prinzip verachtete, sich zu etwas so Kraftvollem und Einflussreichem verwandeln konnten. Das hat meinen Glauben daran gestärkt, dass du an einer Idee oder einem Traum festhalten musst. Wenn eure Kinder zu euch kommen und sagen: „Daddy, was genau ist eigentlich dieses Grunge?“ Was würdet ihr antworten? Jeff: Ich würde sagen: „Was? Wo ist deine Mutter?“ Ich habe nämlich keine Kinder.


Stone: „Es ist wie Fingermalen. Leicht. Du kannst ein tolles Bild malen, indem du einfach Farben mischst. Wenn es die richtigen Farben sind, sagen die Leute: ‘Wow, cool!‘“ Welches ist die am meisten unterschätzte Band dieser Zeit? Jeff: Ich denke mal: Mudhoney, in vielen Beziehungen. Auch, weil es sie immer noch gibt und sie auf eine gewisse Art besser sind denn je. Stone: Ich glaube, sie sind es, die diesen Sound erfunden haben. Sie waren die erste Band, die dieses gewisse Etwas hatte. Nirvana hatten das zwar auch, aber die nahmen eher etwas von dem, was Mudhoney bereits ausmachte. Sie haben es verändert und es war verdammt brillant – aber dieses Irre, Wilde, alle Sounds Umfassende, das hatten Mudhoney zuerst. Was haltet ihr von der Alice In Chains-Reunion? Stone: Großartig! Jeff: Die Platte ist der Hammer, es sind einige wirklich tolle Songs darauf. Wahnsinn. Stone: Es klingt wirklich wie Alice In Chains. Ihr habt auch ein neues Album. „Backspacer“ beschreibt jemanden, der zurückgeht, überschreibt, auslöscht – ist das der Grund, warum ihr es als Albumtitel gewählt habt? Oder ist es doch die Schildkröte? (siehe Kasten) Jeff (lacht): Jeder denkt, es wäre die Schildkröte. Stone: Eddie hat dem Album den Titel gegeben, ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, warum er es „Backspacer“ genannt hat. Ich glaube, der Titel bezieht sich auf eine Taste an der Schreibmaschine, und er sammelt alte Schreibmaschinen. Bei den Modellen aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren hieß die Taste nicht „Backspace“, sondern „Backspacer“. Das hat ihm anscheinend gefallen. Und ich denke, es spielt auch in gewisser Weise darauf an, zurück zu blicken. Aber er hat das nie gesagt, ich spekuliere da nur – es könnte auch etwas ganz anderes bedeuten. Es ist also keine Band-Entscheidung, wie das Album genannt wird? Stone: Es gibt viele Einflüsse von jedem in dieser Band, aber Eddie hat das Album benannt. In dem Song „The End“ geht es um „die Träume, die wir vor so vielen Jahren geteilt haben“. Welche eurer Träume haben sich erfüllt und welche nicht? Stone: Ich glaube, wir haben alle unglaubliches Glück, so viele Dinge erlebt zu haben. Das betrifft die Band, die Musik, sogar unsere Beziehungen

untereinander und zu unseren Familien. Wie das Leben sich vor uns auftut und uns Möglichkeiten bietet, Dinge richtig zu machen, die Vergangenheit auf eine Art zu verstehen, die es dir ermöglicht, Frieden mit ihr zu schließen. Ich würde sagen, alle von uns hatten so viele glückliche Momente – und soviel davon basiert auf dem andauernden Teilen dieser Momente mit den anderen. Die Band ist eine Art Vehikel für so viele gute Dinge, die in unserem Leben passiert sind. Es war eine echte Lektion für jeden von uns, zu erkennen, dass du als Teil von etwas Größerem als dir selbst zwar deinen eigenen Willen und deine eigenen Ansichten einbringen kannst, aber nicht immer bekommst, was du willst. Das ist eine sehr machtvolle Erfahrung. Gibt es einen aktuellen Traum, den ihr teilt? Stone: Ein Traum, den wir jetzt haben? Das weiß ich: Ein total verkopftes Kunst-Album zu machen, nur mit Bongos und Keyboards. Eins, das die Leute umhaut: „Wow, was macht ihr denn jetzt?“ Das betrifft allerdings nur Jeff und mich, ich weiß nicht, was der Rest der Band davon halten würde. (grinst) Ihr habt euch entschieden, für „Backspacer“ in Amerika nicht mit einer Plattenfirma zusammen zu arbeiten. Ihr hättet ja auch euer eigenes Label gründen können, wie es viele andere Bands getan haben. Stattdessen arbeitet ihr mit ‘Target‘, einem großen Einzelhandels-Konzern zusammen. Stone: Wir haben zwar keinen eigenen Namen dafür, aber im Prinzip haben wir selbst die Labelarbeit übernommen: Wir haben uns Gedanken gemacht, in welchen Läden wir das Album verkaufen können, und zu welchen Bedingungen das geschieht. Jeff: Wir haben uns um die Herstellung gekümmert, den Vertrieb, die Fotos gemacht, das Cover selbst gemalt... Stone: …Wir sind ein Label! Hattet ihr nicht die Befürchtung, eure Fans könnten das als politisch unpassend empfinden, zumal ihr ja mal eine heftige Auseinandersetzung mit Ticketmaster hattet und euch mehr als einmal klar gegen Konzernkommerz ausgesprochen habt? Stone: Wir verkaufen es über unsere Website - jeder, der das Album kaufen möchte, kann das dort tun. Wenn du es in einem kleinen Laden kaufen möchtest, geht das auch. Es gibt fast 800 Läden in Amerika, die das Album verkaufen. Wenn du zu ‘Target‘ gehst – was viele machen, besonders die, die Kinder haben - kriegst du es dort zu einem so günstigen Preis, wie wir noch nie ein Album zuvor verkauft haben.

Die Lederschildkröte ist mit ihrem Gewicht von bis zu 700 Kilogramm und einer Panzergröße von über zwei Metern die größte lebende Schildkröte. Sie kann nicht nur ausgezeichnet tauchen und erreicht dabei Tiefen von bis zu 1.200 Metern, sondern sie legt auch Strecken bis zu 6.000 Kilometern zurück. Hauptnahrung sind Quallen - eine Lederschildkröte braucht bis zu 100 Kilogramm Quallen pro Tag. Wie die echten Meeresschildkröten sind die Lederschildkröten insbesondere im Pazifik in ihrem Bestand gefährdet. Gründe dafür sind die Jagd, die Entnahme von Eiern aus den Nestern zum Verzehr sowie die Fischerei. Eine wesentlich größere Gefahr stellt für Lederschildkröten der im Meer treibende Müll dar, denn die Tiere verfangen sich in Netzen und Leinen und ersticken unter Wasser. Mitunter halten sie im Wasser treibende Plastiktüten für Quallen und verzehren sie. Das kann für die Schildkröten tödlich sein. Die großen Mengen an Abfall, die in großen Müllstrudeln in den Meeren treiben, stellen daher eine der größten Gefahren für diese Art dar. Untersuchungen haben gezeigt, dass 44% der Tiere Plastikmüll im Magen haben. (Quelle: Wikipedia)

Auch um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, haben Wissenschaftler und Forscher auch in diesem Jahr wieder elf Schildkröten mit Sendern ausgestattet und auf das „Great Leatherback Turtle Race“ geschickt. Zugleich dient das Projekt der weiteren Erforschung der Wanderbewegungen sowie zur Finanzierung der Arbeit durch Spendengelder. Das ließen sich Pearl Jam nicht zweimal sagen und sponsorten eine Schildkröte namens „Backspacer“. Mehr Infos unter: greatturtlerace.com


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MUSIK STORIES

„Wir vier waren nie nackt in einem Bett.“ ( Olli Wong/Gods Of Blitz), April 2007

Wie teuer ist es denn? Jeff: Ich glaube, zehn Dollar. Oder 13? Stone: Sie haben uns schlicht und einfach am meisten geboten, außerdem haben wir den Deal nur für ein Album abgeschlossen. Jeff: Die Musiklandschaft hat sich stark verändert und ist vollkommen anders, als sie noch vor 15 Jahren war. Ist das auch ein Grund, weshalb ihr bei „Rock Band“ dabei seid? Jeff: Meine Neffen sind total drinnen in diesem Wii/ Playstation-Ding. Meine älteste Nichte ist 14. Bisher hat es sie nicht im Geringsten interessiert, was ich gemacht habe. Aber seitdem unsere Songs in „Rock Band“ auftauchen, hat sich ihre Sichtweise auf mich total verändert. Auf einmal ist sie geradezu begeistert und will zu unseren Shows kommen.

Alle ihre Freunde spielen „Rock Band“, und fühlen sich wie der Bassist von Bands wie ZZ Top, AC/DC – oder eben Pearl Jam. Aber dann gründen sie doch keine eigenen Bands mehr, oder? Stone: Was meinst du? Weißt du das?

Jeff: Doch, ist es! Viel eher als bei Gitarre und Bass. Stone: Wir empfehlen es niemandem. Wir sagen nicht: Spiele acht Stunden „Rock Band“ am Tag. Das wäre ja auch bescheuert. Aber es unterscheidet sich nicht großartig davon, einen Song im Radio zu hören. Du spielst ein Spiel und hörst dabei Musik. Es ist eine bedeutende Art geworden, Musik zu erfahren.

Das nicht, aber diese Plastikgitarren haben ja nicht viel mit der Realität gemein... Jeff: Die Drums sind gut! Hast du schon mal die Drums gespielt bei „Rock Band?“

Hast du selbst „Rock Band“ mal ausprobiert? Stone: Ein wenig. Ich spiele lieber Gitarre. Das ist meine Empfehlung: Spielt echte Gitarren, nicht „Rock Band“!

Gar nicht so einfach… Jeff: Genau! Und es ist tatsächlich fast so, wie richtige Drums zu spielen.

Text: Caroline Frey Foto: Steve Gullick Illustration: Mario Krenz Heimat: pearljam.com Glückwünsche auf sally*s TV.

Nein, ist es nicht.


Alice In Chains Zurück in die Zukunft

Auch wenn sie sich nie als Grunge-Band bezeichnet haben, verwalten Alice In Chains mit ihrem neuen Album nicht nur das eigene Erbe, sondern auch das einer ganzen Ära. Wie alle großen Epen des Grunge erzählt ‘Black Gives Way To Blue‘ eine Geschichte von Hoffnung, Tod und Weltschmerz – und das ganz ohne Karohemden. Über 13 Jahre nach dem letzten gemeinsamen Auftritt mit dem 2002 verstorbenen Layne Staley befinden sich die verbliebenen Alice In Chains-Mitglieder Jerry Cantrell (Gitarre), Mike Inez (Bass) und Sean Kinney (Schlagzeug) gemeinsam mit ihrem neuen Sänger William DuVall wieder auf Tour in Europa. Wie sie hierher geraten sind, können weder Cantrell noch Inez so richtig nachvollziehen. „Allein hier zu sitzen und über ein neues Alice In Chains-Album zu reden, ist schon erstaunlich für uns. Eigentlich wollten wir nur ein paar kleine Konzerte spielen und haben auch mit fünf ClubShows angefangen. Dann haben wir aber direkt vor 40.000 Menschen in Portugal gespielt. Das hatte mit ’klein’ nichts mehr zu tun“, zeichnet Inez den Weg seit den ersten vorsichtigen Gehversuchen der Rekonvaleszentin Alice In Chains 2005 nach. „Die ganze Sache hat eine ziemliche Eigendynamik entwickelt“, fügt Cantrell hinzu. „Wir haben einfach eine Welle gesurft, die uns hierher gespült hat. Natürlich nehmen wir die Entscheidungen, vor die uns diese Entwicklung stellt, nicht leicht, aber es ist schon erstaunlich wie weit dich so ein Welle tragen kann, wenn du die Dinge einfach nimmst, wie sie kommen.“ Die Eigendynamik der Reunion führte letztendlich nicht nur zu den Aufnahmen zu ‘Black Gives Way To Blue‘, sondern setzte auch einen intensiven Aufarbeitungsprozess innerhalb der wiedervereinten Band in Gang. „Wir mussten dieses Album machen. Auch, um mit unserer Geschichte aufzuräumen“, beschreibt Inez die Dringlichkeit, die die Arbeit an ‘Black Gives Way To Blue‘ für die Band hatte. Die Frage nach dem „Wie weiter?“ bildet den roten Faden des Albums und findet ihre Antwort in der Tatsache, dass Alice In Chains auch mit William DuVall am Mikrofon nichts von der Dynamik und klar identifizierbaren Eigenständigkeit eingebüßt haben, die sie in den Neunzigern zu Megasellern der Grunge-Ära gemacht haben. So schlägt ‘Black Gives Way To Blue‘ eine Brücke zwischen der dramatischen Vergangenheit und der seltsam leichten Gegenwart von Alice In Chains. Einerseits spielt man gemeinsam mit Elton John – dem musikalischen Fachmann in Sachen Trauerarbeit – in Las Vegas das Staley gewidmete Titelstück ein, andererseits genießt man die wiedergefundene Gemeinsamkeit. „Wir versuchen Alice In Chains so sorgsam wie möglich zu behandeln“, betont Jerry Cantrell und kann sich die Begeisterung darüber, wie gut die komplizierte Bandgeschichte fortgeführt wurde, bei allem gebotenen Ernst nur selten verkneifen: „Ich werde jeden Tag im Pyjama zur Arbeit gefahren. Das hat schon was!“ Text: Timo Richard, Heimat: aliceinchains.com


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MUSIK STORIES

„Songs schreiben ist wie kotzen.“ (Amedeo Pace/Blonde Redhead), Mai 2007

The HickEy Underworld Aller Tarnung zum Trotz

The Hickey Underworld aus dem belgischen Antwerpen nageln konventionelle Genres ans Kreuz und schmücken ihr Kunstwerk mit pechschwarzem Humor, Blut und kranken Videos. Ein Hoch auf die Jugend, denn da ist noch alles erlaubt: Candlebox, Fugazi und Clawfinger dürfen in trauter Eintracht vom Mixtape dudeln, aufs Schulklo geht man nur zum Gras kaufen und nachts glotzt man mit Vorliebe die Filme, die Papa immer so sorgfältig im Bad versteckt. Nach einer solchen Jugend im Paradies fragt man sich zu Recht, wie die Jungs von Hickey Underworld so freidrehen konnten. „Alles nur Tarnung“, erklärt Gitarrist und Splatterfreund Jonas Govaerts, der mit Frontmann Younes Faltakh seit seinem zwölften Lebensjahr verwachsen ist wie Pech mit Schwefel. „Wir sind eigentlich ganz normal. Der Grund, warum wir unsere Homepage als verschlüsseltes Labyrinth darstellen oder unser Albumcover mit selbst entworfenen kryptischen

Symbolen spicken, ist der, die Leute verwirren und uns ein mysteriöses Image verpassen zu wollen. Die Musik betrifft das allerdings nicht. In ihr offenbart sich unser wahres Ich.“ Ein Ich, dem man sogar nachts im Park furchtlos begegnen würde. Ihren Songs über Einsamkeit, Liebe, Trennungsschmerz oder Frust nähten The Hickey Underworld ein löchriges Kleid aus Alternative, Grunge und tanzbarem Indie, was das zuvor erwähnte Tarnnetz völlig obsolet erscheinen lässt. Die vier Belgier brauchen keinen codierten Überbau, um ihre Musik zu pimpen – die schafft es von ganz alleine, Herausforderungen liebende Abenteurer in ihren Bann zu ziehen. Text: Florian Hayler

Heimat: thehickeyunderworld.com

Kings Of Convenience Keine Atempause, es geht voran

Knapp ein halbes Jahr ist die Veröffentlichung des letzten Whitest Boy Alive-Albums her und schon legt Erland Oye mit seiner zweiten Band Kings Of Convenience nach. Seine ‘Declaration Of Dependence’ ist durchaus wörtlich zu verstehen. Stillsitzen ist nicht seine Stärke. Erland Oye bewegt sich gern, wenn er über sich und seine Musik spricht. Der Grund: Stillstand bedeutet Leere und auf die hat der Schwede zurzeit gar keinen Bock. „2009 soll mein aktivstes Jahr als Künstler werden und deswegen bringe ich gleich zwei Platten heraus. Meine beide letzten, wenn alles klappt.“ Moment mal, spricht da jemand vom Vorruhestand und dem Ende seines Schaffens? „Gut möglich. Ich finde, dass mein neues Album mit den Kings Of Convenience alles sagt. Zumindest ist es mir schleierhaft, was wir ‘Declaration Of Dependence’ noch hinzufügen sollen“, erklärt Oye ohne mit der Wimper zu zucken. Jedoch sollte man wissen, dass diese Aussage keine Überraschung ist. Vor gut fünf Jahren

hatte er Ähnliches verkündet und kurze Zeit später The Whitest Boy Alive gegründet. Ein ElektronikProjekt, das noch mehr Arbeit bedeutete: „Immer, wenn eine neue Platte fertig ist, habe ich dieses Gefühl vom Schlussstrich und ganz ehrlich: Wäre es anders, hätte ich was falsch gemacht“, glaubt er. Lassen wir uns also nicht verwirren: Die Kings Of Convenience haben sicher nicht ihr letztes Album aufgenommen, dafür ist Oye zu sehr abhängig von Musik, wie der Albumitel verrät. Und zwischen sachtem Folk und zerbrechlichem Songwriter-Pop werden auch weiterhin genug Ideen versteckt sein. Erland Oye muss sie nur finden wollen. Text: Marcus Willfroth Foto: Åse Holte Heimat: kingsofconvenience.com

Hockey

Lust auf Hockey?

Hockey aus Portland, Oregon, sind ziemlich neben der Spur. Bassist Jerm sitzt leicht zugenebelt in der edlen Hotelsuite und beschreibt sich als “den Penner der Band, der am wahrscheinlichsten einfach in der Gosse einschläft”. Das kann ja heiter werden. Mit leicht zufallenden Augen referiert Jerm über die Qualitäten des treffend mit ‘Mind Chaos‘ betitelten Hockey-Debüts, das er als “Pop-Musik mit traditionellem Songwriting“ beschreibt, dann aber noch hinzufügt, dass “unter der Oberfläche jede Menge experimentelle und gar esoterische Songstrukturen“ zu erkennen seien. Mit World-Music-Pop der Marke Gypsy Kings könne man das Album natürlich nicht im Entferntesten vergleichen, vielmehr würden Hockey klangliche Parallelen zu den “ansteckenden Ohrwurm-Qualitäten der Strokes oder dem beatlastigen Sound von LCD Soundsystem“ nachgesagt, obwohl er selbst die Band mehr zwischen “Ace Of Base, Bob Marley und MGMT“ verorten würde. Wenigstens mit dem Orientierungssinn scheint bei Jerm noch alles in Ordnung zu sein.

Apropos Orientierung. Um trotz allen Erfolgs immer schön auf dem Boden haften zu bleiben, schlugen Hockey ihr Produktionszelt direkt im heimischen Keller auf, schraubten akribisch an jedem Detail ihres Debüts und singen über das Aufwachsen irgendwo im Nirgendwo und die untrennbar damit verknüpften „komischen Leute“. Diese “komischen Leute“ sind nicht selten befreundete Bands, die Hockey gleichzeitig inspirieren und herausfordern: Die gesamte Kapelle steht kollektiv auf die “neue kreative Brooklyn-Szene mit Bands wie MGMT, Chairlift und Boy Crisis.“ Hippe Typen also – zwar ein bisschen neben der Spur, aber immer am Puls der Zeit. Text: Linda Aust Foto: Pamela Littky Heimat: hockeyband.com


ROCK'N'ROLL REISEFÜHRER Mit AVIV GEFFEN nach Tel Aviv

In Israels Trend-Metropole gibt es tolle Strände. Aviv Geffen hat nichts davon. Zum einen mag er keine Sonne, zum anderen ist er in seiner Heimat viel zu berühmt, um ungestört vor die Tür gehen zu können. Außerdem residiert Aviv mittlerweile sowieso die meiste Zeit in London. Durch Tel Aviv führt er uns trotzdem so ortskundig, als wäre er nie weg gewesen. Was macht Tel Aviv so besonders? Die Stadt ist jung, voller Leben und erinnert mich an Berlin: viel Musik, viele Clubs. Außerdem sind Pubs und Restaurants im Gegensatz zu London länger als bis 23.00 Uhr geöffnet, so dass du auch um Mitternacht noch die Qual der Wahl haben kannst, wo du hingehst. Was ist momentan das Trendviertel Tel Avivs? Florentine, im Süden der Stadt, ist die Gegend der Stunde. Eine Art Künstlerviertel. Auch Neve Tzedek ist schon allein wegen der Architektur – ein Mix aus alten und modernen Gebäuden – fantastisch. Dort gibt es auch viele Galerien und Cafés. Dein Lieblingsessen serviert man dir wo? In einem Lokal namens „Asalon“ (8 Mavar Yabuk), was eine Art Geheimtipp ist. Die haben nur mittwochs und donnerstags geöffnet, aber der Koch ist ein wahres Genie. Noch nirgends auf der Welt habe ich so gut gegessen wie dort. Meine Empfehlung ist ein Gericht mit Auberginen und Tomaten. Kennst du noch weitere GastronomieHighlights? Ja, „Yoezer Wine Bar“ (2 Ish-Habira St. Jaffa) in Jaffa. Sie servieren französische und italienische Gerichte. Das Essen ist super. Und für eine Übernachtung empfehle ich das „Hotel Montefiore“

(36 Motifiore St). Das befindet sich in einer der schönsten Straßen der Stadt mit vielen Gebäuden im Bauhaus-Stil. Und wenn wir uns mal mehr nach Imbissbude fühlen? Dann empfehle ich „Tahini“, eine Paste aus Sesam und Hummus. Dein Lieblingsclub ist...? ...ein im Jazz-Stil aufgemachter Club namens „Zappa“ (Raul Wallenberg 24). Alle zwei Monate bringe ich auch befreundete Musiker aus England mit. So habe ich dort zum Beispiel schon mit Brett Anderson, den Bee Gees und Belle And Sebastian gespielt. Welchen romantischen Ort kannst du uns für ein perfektes Date ans Herz legen? Den Strand in Jaffa. Wenn ich noch mal 16 wäre, würde ich mir da den Sonnenuntergang ansehen. Ein Traum. Eigentlich stehe ich selbst aber überhaupt nicht auf Strände. Ich hasse die Sonne – es ist einfach zu heiß. Im Sommer werden es 40 Grad in Tel Aviv. Außerdem bin ich zu berühmt, um mich dort am Strand blicken zu lassen. Text: Christine Stiller Heimat: myspace.com/avivgeffen Auch gut: “Aviv Geffen” das aktuelle Album von Israels Superstar


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MUSIK STORIES

„Wenigstens habe ich meine Katze zurück.“ (Marilyn Manson), Juni 2007

Manchester Orchestra Das Drama beginnt im Kopf

hat neben zwei Platten mit Manchester Orchestra schon zwei Konzeptalben seines Soloprojekts Right Away, Great Captain! aufgenommen und ein drittes und finales im Kopf, ist verheiratet – und gerade 22 Jahre jung. Das ist vor allem dann gruselig, wenn man sich die Reife von ‘Mean Everything To Nothing‘, einer epischen Meisterleistung in zwölf Akten, vor Augen und Ohren führt: Manchester Orchestra beschwören Geister, imaginäre Freunde und die für Genre-Kollegen so obligatorische Ex-Freundin nur am Rande, bedienen sich am klassischen Rock-Band-Instrumentarium sowie an Streichern und Klavier und damit an der Theatralik von My Chemical Romance, am Drama der guten Freunde von Brand New, am Pop-Appeal von Biffy Clyro, am Gestus von Aereogramme, an der Intensität eines Kevin Devine, der neulich „auf meiner Hochzeit gespielt hat“, bei Conor Oberst und an der Dynamik aller Referenzen zusammen. Dirigent Hull relativiert: „Ein guter Song ist einer, der niemals langweilig wird. Mich hat immer schon begeistert, dass Musik in drei Minuten ein Gefühl erzeugen kann wie ein Film in anderthalb Stunden.“

Kopf von Manchester Orchestra, damit seine Musik gemeint. Dieser Erklärung aber hätte es gar nicht bedurft.

So gesehen drehen Manchester Orchestra gerade den Film ihres Lebens: ‘Mean Everything To Nothing‘ ist ein Kabinett der Assoziationen, ein Lehrstück melodischen Songwritings – und ein kleines Manifest an zeitgemäßer Rock-Musik im Jahre 2009. Nur für die Band selbst ist dieses vor einem Jahr aufgenommene Album schon ein alter Hut. „Ich will gerade nichts mehr, als eine neue Platte machen“, sagt Hull noch, bevor er weiter spült und sich auf die nächste Tour freut. „Die Songs habe ich schon alle in meinem Kopf!“

Wie seine Highschool-Kumpel Robert, Jeremiah, J und Chris stammt Hull aus Atlanta, Georgia,

Text: Fabian Soethof Heimat: themanchesterorchestra.com

Anders: Andy Hull & seine Gang.

Liebe Emo-Kids, werdet endlich erwachsen! Wir stellen vor: Manchester Orchestra, eure neue Lieblingsband. Geschirr klirrt. Ein Teller fällt zu Boden. Andy Hull, zwischen monatelangen Touren gerade auf Heimatbesuch, spült: „Dynamik! Ja, darum geht es mir. Ich liebe Dynamiken, ich spiele mit ihnen“, sagt er am anderen Ende der Leitung. Eigentlich hat Hull, bärtiger Sänger, Texter und kreativer

Emil Bulls

Hüttengaudi for life Ganz lustig, so ein Bulls’sches „Songwriting-Bootcamp“: Man verbarrikadiert sich mit den Kumpels in einer Hütte im Allgäu, trinkt Helles, schraubt parallel ein paar Hits zusammen und fertig ist die Laube. Ganz so leicht war der Weg zum neuen Emil BullsAlbum ’Phoenix’ dann vielleicht doch nicht. Was so klingt wie ein heiteres Ringelpiez mit Instrumenten war für Frontmann Christoph von Freydorf und seine Gang alles andere als ein Spaziergang. Im Gegenteil. „Eingesperrt“ hat sich die Münchner Hardcore-Combo in einer angemieteten Berghütte, um „für zwei Wochen ungefähr 24 Stunden pro Tag konzentriert Musik zu machen.“ So ersparte sich die Kapelle lästige und privatlebenbedingte Ablenkungen vom Masterplan, das sechste Album in der 15-jährigen Karriere zum Opus Magnum der Bandgeschichte werden zu lassen: „Tradition der Bulls ist es, die musikalischen Grenzen von Album zu Album immer weiter aufzubrechen und mehr in die Extreme zu gehen. Auf ’Phoenix’ ist das nicht anders: Die Platte ist aggressiver als alles, was wir vorher gemacht haben, ohne unsere typischen Trademarks wie Melodie und Härte aufzugeben. Man merkt ’Phoenix’ unsere Energie, unser Lebensfeuer an.“

Ausstieg von Gitarrist Chrissi Schneider und stetigem Wechsel der Plattenfirmen mussten die Emil Bulls quasi mit jedem Album von vorne anfangen: „Andere Bands wären vielleicht daran zugrunde gegangen“, glaubt Christoph, „aber uns hat jeder Tritt in die Magengrube nur stärker gemacht. Deshalb ist ’Phoenix’ auch ein sehr passender Titel: Wir sind quasi aus unserer eigenen Asche auferstanden und haben uns - mal wieder - neu erfunden.“

Keine Frage. Nach unzähligen Nackenschlägen sind die Emil Bulls 2009 - in der jetzigen Besetzung - endlich die unschlagbare Einheit, nach der sie seit Bandgründung gestrebt haben. Nach dem jüngsten

Das freut natürlich nicht nur die Band, sondern auch und vor allem die Fanbasis, die die Emil Bulls über die Jahre und durch das ein oder andere Tal loyal begleitet hat. Christoph ist sich dessen vollends bewusst

Auch erst 15: Die Emil Bulls aus München.

und bezeichnet es „als wahnsinniges Privileg“, noch immer ganz oben in der Metal-Szene mitmischen zu dürfen. Trotz aller Zufriedenheit ob des bisher Geleisteten kann auch Christoph nicht leugnen, dass er es eigentlich ganz okay fände, wenn’s doch noch klappt mit dem Durchbruch: „Jede Band träumt davon, dass irgendwann mal der große Knall kommt. Aber wir machen weder Radiomusik noch drehen wir Hochglanzvideos, deshalb wird das nicht so leicht. Aber wir fühlen uns in unserer Nische auch ganz wohl.“ Dann mal auf die nächsten 15 – Bootcamps inklusive. Text: Florian Hayler Foto: Gerald von Foris Heimat: emilbulls.de


„Kein Tod hat mich bisher mehr getroffen als der meines Chihuahuas.“ (Mike Ness), Juli/August 2007

MUSIK STORIES

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Moneybrother Liebeskummer ist Luxus

Spätestens seit der Veröffentlichung seines Zweitwerks ’To Die Alone’ haftet Moneybrother das Image des Liebeskummer geplagten Unglückstropfs an. „Die Leute sprechen mich immer noch auf das Album an. Manche haben sich den Titel sogar tätowieren lassen“, wundert sich Anders Wendin, dessen Oberarm ebenfalls ein neues Bild ziert. Für ihn war die Zeit des Trauerns nach besagtem Langspieler zunächst vorbei. Mit ’Mount Pleasure’ folgte ein Party-Album inklusive Siebzigerjahre-Fetenhits. Und nun? Katerstimmung auf ’Real Control’. Die Zeit zwischen den Alben verbringt Anders, der Mann hinter Moneybrother, für gewöhnlich mit Reisen. Auch kürzlich verschlug es ihn wieder in die Ferne – diesmal allerdings für den guten Zweck. „Normalerweise sage ich grundsätzlich alles ab, was nichts mit Musik zu tun hat“, versichert er. Aber wenn Unicef anruft, ist auch Anders zur Stelle und reist, wie in diesem Fall, nach Guatemala, um ein Waisenheim für Mädchen zu besuchen. „Manche von ihnen hatten selbst bereits Kinder, obwohl sie erst elf Jahre alt waren. Der Kleinen, die ich für eine Fernsehdokumentation interviewte, musste ich versprechen, dass ich meinen Nachwuchs nie im Stich lassen würde, falls ich je welchen bekäme. Das brach mir das Herz und ich habe fast angefangen zu heulen - im Fernsehen.“ Allerdings war es weniger diese Geschichte, die im Zuge der Albumveröffentlichung von ’Real Control’ beachtet wurde. Anders, der in der Heimat „eher als Society-Typ“ und weniger als Musiker wahrgenommen wird, wollte per WerbeGag den Gossip-Hunger der Klatschblätter stillen: Tomatensuppe à la Moneybrother ziert in Schweden mittlerweile die Regale - und die Schlagzeilen. Dabei liefert Moneybrother auch musikalisch genügend Gesprächsstoff. So verließen ihn jüngst zwei seiner wichtigsten Bandmitglieder, und alte Weggefährten obendrein: „Als ich Gustav Bendt in meine erste Band Monster aufnahm, sah er verdammt sty-

Schwierige Kiste: Moneybrother & „Real Control“

lish aus und hatte ein Saxophon. Spielen konnte er nicht“, erinnert sich Anders. „Kurze Zeit später war er einer der besten Saxophonisten in Schweden. Ähnlich war es mit seiner Leidenschaft für Mofas. Vor ein paar Jahren hatte er keine Ahnung davon, jetzt hat er eine Werkstatt mit Geschäft.“ Gitarrist Patrick Andersson wiederum hat es in die Chefetage einer Filmfirma geschafft. Und geheiratet. Mit ihrem Bandleader haben die beiden so ziemlich jede seiner Lebenslagen vertont, die nicht selten die logische Konsequenz von Wendins Frauengeschichten darstellten. Dass Moneybrother in seinem neuen Song ’Showdon’ davon singt, wie er seinem besten Freund das Mädchen ausspannen möchte, ist ausnahmswei-

se keine davon. „Es gibt dieses Lied von Dr. John, ’Such A Night’, von dem ich das Thema übernommen habe. Auch die Zeile ’If I don’t do it, somebody else will’ stammt von ihm.“ Musikalisch ist sein Einfluss ebenfalls zu hören: Soul und Reggae statt Thin Lizzy und AC/DC-Riffing. Emotional ist zwar auch diesmal durchaus die eine oder andere Schieflage herauszuhören. Nur: So richtig funktioniert das auf ’Real Control’ nicht immer. Doch Liebeskummer ist wirklich niemandem zu wünschen. Auch, wenn er die besseren Alben hervorbringt. Text: Ina Göritz Heimat: moneybrother.net


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MUSIK STORIES

Foto: Birte Filmer

„Ich habe mir beim Singen mal in die Hand gekotzt. Üble Nummer.“ (Beth Ditto/Gossip), September 2007


Paramore

Ihr seid aber groß geworden Die Jugend ist eine tolle Sache und leider viel zu kurz. Doch erfolgsverwöhnte amerikanische Pop-Punk-Bands lernen besser schnell, sich in Medienmühlen und Erwachsenenwelt zu behaupten. So lauern die Kollegen von Paramore mit Anfang 20 an der Schwelle zur Selbständigkeit, hängen mit einem Bein aber noch unter Papis Esstisch. Spätestens mit dem Erfolg ihres zweiten Albums ‘Riot!’ und den Songs ‘Decode’ und ‘I Caught Myself’ zum Teen-Schmachtfetzen ‘Twilight’ schnappte die goldene Käfigtür unweigerlich zu. Doch da bei amerikanischen Pop-PunkKüken schon wenige Monate große Entwicklungsschritte ausmachen können und die fünf sowieso nichts gegen mehr Eigenständigkeit einzuwenden haben, sind sie momentan fleißig mit dem Ausbruch beschäftigt. Zu Beginn ihrer Karriere sei der Band viel von außen vorgegeben worden. Das soll sich mit dem neuen Album ’Brand New Eyes’ nun geändert haben, wie die orangegelockte Sängerin Hayley Williams stolz erklärt. „Wir mussten diesmal ein paar Mauern einreißen und lernen, uns weniger an die eigenen Perfektionsansprüche zu krallen. Alles ist viel entspannter abgelaufen. So, wie Rock’n’Roll eben sein soll. Diese Platte zeigt so viel mehr von uns, als wir je zuvor offenbaren konnten.“ Und tatsächlich klingt das, was die fünf Kollegen präsentieren, mittlerweile mehr nach post-pubertärem Alternative-Rock als nach Avril Lavigne und jovialem Kinder-Pogo. An so einer Platte wächst eine Band im Idealfall schließlich mit, und so lernten auch die aus dem amerikanischen Bible Belt stammenden Paramore, dass das Leben keine Sonntagsmesse ist, sondern Probleme eigenhändig gelöst werden wollen. Mit den Jahren haben die fünf bandintern schwer an der Verschiedenheit ihrer Persönlichkeiten zu knabbern bekommen. Allein mit einer hyperextrovertierten Frontdame, die von sich selbst behauptet, stolze Besitzerin von 1.000 nervtötenden Angewohnheiten zu sein, hat man es nicht leicht. Bei Zickereien und Konflikten wissen sich die Freunde mittlerweile aber bestens mit erwachsener und diplomatisch moderierter Kommunikation zu helfen - sagen sie. Aber manchmal geht’s halt doch nicht ohne Rettungsring. Vor allem bei wichtigen Dingen. Auf die Frage, inwieweit ihre christliche Erziehung Einfluss auf ihr voreheliches Liebesleben nimmt, spielt die Managerin stellvertretend für ihre erleichtert aufatmenden Schützlinge die ‘No-Comment’-Karte aus. Super Taktik, haben sich doch andere Nachwuchsstars mit ungeschickt formulierten Intimbeichten schon den Fettnapf ihres Lebens abgefüllt. Auch wenn Hayley in Geschäftsangelegenheiten ein geschicktes Händchen haben soll, kommen die fünf Business-Krabbelkinder in Sachen Selbstvermarktung wohl noch an die kurze Leine. Verständlich, in ihrer Heimat dürfen die meisten Bandmitglieder schließlich noch nicht mal legal an einem Bierglas nippen. Text: Christine Stiller Foto: Birte Filmer Heimat: paramore.net Auf sallys.net: sally*sTV! Kreuzverhör mit Paramore

Ein Sprungbrett namens „Twilight“ Blut, Spannung, Hass und ganz viel Liebe. Das ist der Stoff, aus dem die Hollywood-Erfolge sind. Die auf der Romanvorlage von Stephenie Meyer basierende Verfilmung der Vampir-Romanze „Twilight“ ist nicht nur ein feuchter Traum unzähliger Heranwachsender, sondern eine Goldgrube für jede Band, die sich mit einem der heißbegehrten Titelsongs schmücken kann. Für Paramore wurde die Single „Decode“ vom Soundtrack des ersten Teils der Verfilmung zu einer dreifachen Kirsche in ihrem persönlichen Glücksspielautomaten. Und wie immer ist das Erfolgsrezept hinter dem Teenie-Hype rotzsimpel. Mädchen trifft Junge, der zufällig Vampir ist – Tiervegetarier, natürlich – und kommt dadurch zwar zu chronischen Schmetterlingsschwärmen im Bauch, gerät aber auch in lebensgefährliche Situationen. Da lobt man sich doch die bezaubernde Fernsehserie zu Angela Sommer-Bodenburgs Kinderbüchern „Der Kleine Vampir“ aus dem Jahre 1985.

Paramore auf Tour 3.12. Hamburg – Grünspan ***4.12. Berlin – Columbia Club *** 6.12. Köln – Live Music Hall


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SPEED DATING

„Als Rockstar bist du nicht wirklich fähig zur Selbstkritik.“ (Farin Urlaub/Rockstar), Oktober 2007

SPEED DATING CALVIN HARRIS

THE ETTES Suchen: Freunde des sanften Garage-Punk, denen auch bei massivem Kosenameneinsatz einer abgeht. Der erste Eindruck: Coco, Jam und Poni zirpen wie Sirenen aus einem fernen, dumpfen, staubtrockenen Beat-Punk-Kellergewölbe nach Hasi, Mausi und Schatzi. Das werden die Schwiegereltern sagen: Hübsche Partner hat man nie für sich allein. Hochzeit oder kurze Affäre: Herzklopfen, aber keine Rhythmusstörungen, rosige Wangen aber noch kein Bluthochdruck - die Zeit wird zeigen, ob aus supernetten Typen Liebhaber fürs Leben werden. Und Zeit habt ihr jede Menge, denn wer bindet sich heute schon vor 53?!

Sucht: Quirlige Quasselstrippen zum Tanzen und Liebhaben. Der erste Eindruck: Guter Rat ist hier nicht teuer, sondern nur eine Disco-Nacht entfernt: „These are the good times in your life, so put on a smile and it‘ll be alright.“ Heimspiel. Das werden die Schwiegereltern sagen: Ganz ehrlich? Hoffentlich nichts Gutes, denn Ü-50-Damen, die hier anbeißen, wollen auch in engen weißen Jeans mit aufs KillersKonzert - oder Schlimmeres. Hochzeit oder kurze Affäre: Es gibt ein böses Wort, das mit „R“ beginnt und „esteficken“ aufhört. Doch aufatmen, weder das noch eine längere stabile Bindung kommen hier in Frage. Ein provisorischer Kurztrip zurück zum Ex, die nächste Clubbekanntschaft, ein juveniles Kennen-wir-unsnicht... Es lebe die Leichtigkeit und rosa Zuckerwatte! Heimat: calvinharris.co.uk Aktuelles Album: „Ready For The Weekend“

SOMETREE Suchen: Disco-Nudeln, Fetenspaß, Schnaps und Jürgen Drews – äh, nein. Der erste Eindruck: Klaviertasten, die sich sanft in eure Seele bohren. Darin bin ich eigen: Dieses Berliner Ensemble verbreitet auf bescheidene Art eine Melancholie, die so ungebremst durch Mark und Bein rauscht, dass sie selbst ein Kind in Disneyland unverzüglich Sturzbäche heulen lassen würde. Hochzeit oder kurze Affäre: Wenn man jetzt mal eins und eins zusammenzählt, stellt sich die Frage gar nicht. Hier dudelt kein Hochzeitsmarsch, das ist der OST für den Scherbenhaufen danach – gern auch ohne Trauschein.

Heimat: theettes.com Aktuelles Album: „Do You Want Power”

Heimat: myspace.com/thisissometree Aktuelles Album: „Yonder“

THE CINEMATICS Suchen: keine schnellen Abenteuer, aber noch genügend Flüchtigkeit, um ihre Post-Punk-Indie-Brut nicht nach allzu viel Esprit abzuklopfen. Der erste Eindruck: Keine „Strange Education“. Auf der Rock’n’Roll-Oberschule wären sie die besten, wenn es um Fleißaufgaben geht. Dafür gäbe es bei Klassenarbeiten meist nur Note Zwei bis Drei. Darin bin ich eigen: Prätentiöse Zungen behaupten, sie hätten ihren Zenit genau an dem Punkt überschritten, als sie beim sally*sounds 2006 von der Bühne schritten... Hochzeit oder kurze Affäre: Gibt es etwas Schöneres als das Solide? Ja. Nur ist das meist mit Schweiß, Tränen und viel zu viel Ärger verbunden. Da hören wir doch lieber eine Cinematics-Platte. Heimat: thecinematics.com Aktuelles Album: “Love And Terror”

ALBERTA CROSS Suchen: Gesichtshaar-Fetischisten, die mit ihnen in die guten, alten, glorreichen Zeiten der Rock-Musik zurückreisen wollen. Der erste Eindruck: Die Länge ihrer Kopf- und Gesichtsbehaarung könnte in Kombination mit ihrem traditionellen Verhältnis zur RockMusik fälschlich darauf schließen lassen, dass sie das alles „noch“ so

tragen. Darin bin ich eigen: Trotz aller Nostalgie sind die Herren im Jahre 2009 angekommen und dopen ihre verstaubt anmutenden Vorlieben ordentlich mit Eigenblut. Hochzeit oder kurze Affäre: Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter – ein Mann für jede Lebenskrise. Heimat: myspace.com/albertacross Aktuelles Album: “Broken Side Of Time”


Editors

Macht mal einer das Licht an?! Da sag’ noch mal einer, Tapetenwechsel wären überbewertet: Die Editors krempeln ihre Leben um und lassen es den Hörer auf ihrem düsteren Drittling ‘In This Light And In This Evening‘ auch deutlich spüren Zwei kleine Editors... gingen über den Teich ins gelobte Amiland. Ein kleiner Editor... zeugte einen noch kleineren Editor und wischt ihm nun in London den Hintern ab. Und der vierte kleine Editor... der sitzt ganz allein in Birmingham! Nachdem die Editors mit ihren ersten zwei Alben wie Phoenix aus dem Krematorium geschossen kamen, hatten sie – neben viel Kohle – vor allem eines: Angst stillzustehen. Also zog die Saitenfraktion Chris Urbanowicz und Russell Leetch ins ferne New York, um sich nicht im trostlosen Königreich zu Tode zu langweilen, und Sänger Tom Smith recherchierte noch mal intensiv die Sache mit den Bienchen und den Blümchen. Andere Bands wären an viel weniger zerbrochen. Nicht so die Editors, die im sterilen Konferenzraum eines schnieken Alsterblick-Hotels in Person von Tom, Chris und Trommler Edward Lay bei ein paar Gummibärchen Auskunft zum neuen Zuwachs ‘In This Light And On This Evening‘ geben und trotz allen Lebenswandels natürlich „keine Songs übers Windelwechseln“ schreiben. „Aber“, gibt Wortführer und Sänger Tom zu Protokoll: „Vater zu sein hat meine Perspektive verändert, und das macht sich auch in der Musik bemerkbar. Chris und Russel leben jetzt in New York, was ebenfalls einen neuen Einfluss auf sie ausübt. Auch das ist sicher dafür verantwortlich, dass sich das neue Album drastisch vom letzten unterscheidet. Einige werden damit ein Problem haben, aber das ist okay. Denn ich bin mir sicher, dass unsere Fans honorieren, dass wir versucht haben, etwas Neues zu wagen und nicht auf Nummer sicher zu gehen.“ Auch wenn Fans allgemein nicht für Experimentiertoleranz bekannt sind, dürfte der schöne Tom mit dieser Einschätzung richtig

liegen. Schließlich ist es ja auch nicht so, dass die Editors jetzt nicht mehr die Editors wären – sie haben nur drei Elemente ihres Sounds stärker in den Fokus gerückt: die Schwere, die Kontemplation, die Dunkelheit. Denn, so wird Tom nicht müde zu betonen, die Editors sind dunkel. Mindestens. Wenn nicht sogar düster. Kollektiv schwarze T-Shirt- und JeansMode beweist das. „Editors sind eine Nacht-Band: Die Dinge, die wir erforschen, und die Art, wie wir sie erforschen, haben eine nächtliche Ästhetik an sich. Das war schon immer so, tritt auf dem neuen Album aber mehr denn je zutage. Wir lieben die Dunkelheit, unsere Musik hat mitunter bösartige, beängstigende Wesenszüge“, gibt Tom noch mal all jenen mit auf den Weg, die aus irgendeinem unerfindlichen Grund dachten, Editors wären eine Sunshine-Band. In der Tat besitzt ‘In This Light And On This Evening‘ einen nahezu unheimlichen Impact, der sich perfekt mit (durchaus vorhandenem) Pop-Appeal zu einem morbiden Bastard paart und von Produzentenlegende Flood bewusst rau vertont wurde. „Wir wollten ein Album, das nicht perfekt und poliert ist, also haben wir alles live eingespielt – um den Moment einzufangen“, erklärt Tom und wird dann tatsächlich mal vom Kollegen Edward unterbrochen: „Obwohl es im weiten Sinne ein elektronisches Album ist, hat es dadurch Menschlichkeit und Tiefe bekommen.“ Und Chris fügt hinzu: „Ich hasse den Sound von heutigen Pop-Alben, die hören sich scheiße an. Völlig affektiert und so lange mit Tools bearbeitet, bis kein Leben mehr drin ist. Wir wollten etwas mit Seele haben.“ Gerne mit einer dunklen. Text: Benjamin Foitzik Foto: Kevin Westenberg Heimat: editorsofficial.com

Non-smoking outside some hospital doors: Die Editors aus Birmingham.


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MUSIK STORIES

„Die Ärzte laufen bei uns selten, aber sonst eigentlich alles von AC/DC.“ (Thomas Götz/Beatsteaks ), November

Mit HATEBREED, HORSE THE BAND & EVERY TIME I DIE Die beiden Metal-Core-Kapellen Everytime I Die und Horse The Band sind sich angeblich nicht sehr grün. Vielleicht ändert sich das, wenn wir Frontzicke Keith Buckley und Horse The Band-Keyboarder Erik Engstrom aus unserem fiktiven Pit entlassen. Um aber nicht zu riskieren, dass zum Grün noch Blau hinzukommt, haben wir Hatebreed-Sänger Jamey Jasta als harmonisierende Instanz dazu geparkt und lassen die Kapellen mal ein paar grundlegende Verhaltensregeln für das allabendliche Moshpit klären. Und nein, die Herren sind sich kein bisschen einig... In welcher Stimmung sollte man sein, wenn man sich ins Pit begibt? Keith: Wenn du fröhlich drauf bist, solltest du nicht da rein, jedenfalls nicht bei unseren Shows. Ich habe aber schon so Weichei-Pits gesehen, wo jeder rein darf: bei Blink 182 zum Beispiel. Jamey: Ich denke, wenn du nur darauf aus bist, andere zu verletzen, solltest du der Sause fern bleiben. Es muss schließlich Spaß machen. Aber stimmt: Auch ich möchte niemanden bei den Foo Fighters moshen sehen. Was sollte man im Moshpit nicht bei sich tragen? Erik: Ach, Requisiten sind doch ganz spannend. Einmal haben wir in Puerto Rico gespielt und jemand hat dem Typen neben sich sein Nintendo über den Schädel gezimmert. Das Teil ist explodiert und man konnte später noch die Plastikscherben des Spiels in kleinen Blutlachen finden. Echt brutal, aber man muss sein Temperament im Pit frei entfalten dürfen.

Jamey: Wir wollen da niemanden mit irgendwelchen Waffen, logisch. Wen würdest du aus dem Pit werfen lassen? Erik: Oft ist Gewalt die einzige Lösung, wenn so Kloppis nicht kapieren wollen, dass sie vor allem in der Nähe unseres Equipments nichts zu suchen haben! Aber manchmal ist die aggressive Art, wie unser Sänger mit den Typen umgeht, auch wirklich nicht gerechtfertigt: „Nathan, wieso hast du diesem Jungen eine aufs Maul gegeben, während du ihn an den Haaren von der Bühne geschleift hast? Er wollte doch nur mitsingen!“ Was denkt ihr über zu viel Alkohol im Pit? Keith: Je betrunkener, desto besser. Das lindert die Schmerzen. Jamey: Wenn einer schon komplett abgedichtet ist, kaufst du ihm besser keine weiteren Drinks, denn beim nächsten Stoß kotzt er dich vielleicht voll. Ich habe schon viel Kotze im Pit gesehen. Mädchen im Moshpit...

Erik: ...sind nicht sicher. Keith: ...werden nicht geschützt. Als einziger Ort außer im Trailer Park ist es hier okay, ein Mädchen zu kloppen. Jamey: ...tritt man nicht ins Gesicht, die stehen da nicht so drauf. Ich nehme Rücksicht. Einmal hat mich eine total brutal geschubst und ich konnte mich gerade noch zurückhalten. Ein Typ wäre dran gewesen. Wenn jemand fällt... Keith: ...hilft man ihm auf, das ist Pflicht! Erik: ...ist er selbst schuld. Er sollte er bessere Schuhe tragen. Nike Air zum Beispiel. Text: Christine Stiller Foto Pit: Erik Weiss Heimat: horsetheband.com, hatebreed.com, myspace.com/everytimeidie Auch gut: Die neuen Platten von Every Time I Die („New Junk Aesthetic“), Hatebreed („Hatebreed“) und Horse The Band („Desperate Living“)


?!

AUF DER COUCH MIT:

Chester Bennington

NRISE) (LINKIN PARK/DEAD BY SU Eine Karriere wie aus dem Bilderbuch. Neben seiner Hauptband Linkin Park widmet sich Chester Bennington nun auch seinem ersten Soloprojekt Dead By Sunrise. Dabei wäre er doch so gerne Hausmann. Oder doch nicht? Wie viel Bodenständigkeit in dem millionenschweren Überflieger steckt, haben wir hier analysiert. Bei welcher Anschaffung hast du dich selbst ein bisschen geschämt? Was den Kauf von Häusern und Autos angeht, habe ich mich noch nie schlecht gefühlt. Ich mag das. Wenn ich allerdings eine Woche lang in einem total überteuerten Hotel wohne, dann denke ich im Nachhinein schon: Was für eine Geldverschwendung! In welcher Situation hatte jemand anders komplett die Kontrolle über dich? Es war nicht „jemand“, sondern „etwas“ anderes. Ich bin irgendwann an den Punkt gelangt, an dem ich feststellen musste, dass ich lange Zeit komplett von Alkohol und Drogen kontrolliert wurde. Das konnte ich mir nur schwer eingestehen und hatte Mühe, es zu überwinden. Kannst du dir vorstellen, ab morgen wieder in ein komplett normales Leben zurückzukehren? Darüber denke ich ständig nach. Darüber, wie ich mich selbst aufteilen muss. Darüber, wie mich die Musikindustrie von meiner Familie fernhält. Da frage ich mich, inwieweit es all die Kohle wert ist. Was würdest du nach einem Ausstieg aus dem Business vermissen? Ich wäre wohl nur für kurze Zeit glücklich. Ich würde hoffen, dass meine Söhne mich abfeiern, weil ich nun immer für sie da sein kann. Aber wahrscheinlich wären sie bald schon gestresst von mir. Dann würde ich unausgelastet sein, meinen kreativen Job vermissen und zu einem miesepetrigen Kauz mutieren.

In welcher Rolle siehst du dich am liebsten? In der des Vaters für meine vier Jungs. Kinder zu haben macht dich zu einem verantwortungsvolleren Individuum. Ohne sie wäre ich wahrscheinlich selbst noch ein Kind. War das immer so? Nein. Weil ich sehr jung Vater geworden bin, stand ich auch früh vor dem Konflikt, mein altes Party-Leben aufgeben zu müssen. Es war ein Prozess, aber irgendwann habe ich kapiert, dass man absolut nichts verpasst. Durch Kinder lernt man, dass sich die Welt nicht nur um einen selbst dreht und dass man mit gutem Beispiel vorangehen muss. Du kannst nicht sagen: „Nimm keine Drogen!“ und dann selbst welche schmeißen - wie ich es früher tatsächlich getan habe. Ich glaube, im Idealfall bringen dich Kinder dazu, aufzuwachen.

FAZIT Für alle, die ihre fruchtbaren Jahre im Rausch der nächsten Pille an sich vorüber ziehen sahen, ist Chester ein tröstendes Beispiel. Er hat es nicht nur geschafft, diese Drogensache kaltzustellen, sondern sich trotz Karriere offensichtlich zu einem treusorgenden Vater zu mausern. Der einzige Unterschied zwischen ihm und dem Durchschnittserzeuger ist allerdings ein millionenschweres Bankkonto und das Privileg, von „Häusern“ und „Autos“ im Plural sprechen zu können. Text: Christine Stiller, Foto: Travis Shinn Heimat: cbennington.com Auch gut: „Out Of Ashes“ das Debütalbum von Dead By Sunrise


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TEST

„Als Kind habe ich oft gelogen. Aus Langeweile.“ (Pelle Almqvist/The Hives), Dez./ Jan. 2007-08

TEST

IHR!

Im großen unclesally*s-Test Alle 50 Ausgaben kramen wir die eigenen Autogrammkarten hervor, plakatieren das Büro mit unseren Konterfeis zu und tätowieren uns gegenseitig unsere Namen auf den Arsch. Im Rausche dieser Selbstgeilheit haben wir nun überlegt, das Testthema in diesem Jubiläums-Monat auf niemand anderen als UNS zu beziehen. Doch das ist nur zu eurem Vorteil. Unter allen Teilnehmern, die das richtige (oder gut begründete falsche) Lösungswort an verlosung@sallys.net (Stichwort: unclesally*s-Test) schicken, verlosen wir 150 (75x2) Freikarten für unser sally*sounds09-Festival in der Berliner Columbiahalle. Die richtigen Antworten versorgen euch mit den Buchstaben, die das korrekte Lösungswort ergeben.

FRAGE 1 Wer schreibt die Kolumne auf der letzten Seite? A Reinhold Messner D Yessica Yeti A Lucky Luke C Lou Canova

Hier ein Tipp: Es ist ein Mann. Gutaussehend, sexy, bescheiden.

FRAGE 2 Welche dieser Bands war noch nie auf einem unclesally*s-Cover? H Guano Apes O Law P Rammstein E Tomte

Seit vielen Jahren bestehen wir darauf, unsere Cover-Bilder selbst zu knipsen und nicht die Fotos zu nehmen, die alle anderen auch haben. Klappt fast immer! Deshalb ist das Heft so hübsch! Die gesuchte Band übrigens auch.

FRAGE 3 Welchen dieser Tests hat es nie gegeben? A Thomas D im großen Vaterschaftstest M Turbostaat im großen Idiotentest E Die Toten Hosen im großen

Die Ärzte-Test

großen Insekten Test

N Juliette Lewis im

Wenn ihr mal eine gute Idee für einen Band-Test habt, schickt uns einfach mal eine Mail. Vielleicht klappt‘s ja.

FRAGE 4 Welche Band sally*sounds06?

spielte

nicht

bei

G Billy Talent E The Subways L The Sounds D Millencolin

Das sally*sounds ist unser alljährliches Selbst-Belohnungs-Festival. Damit die bleiche Redaktion auch mal vor die Türe kommt. Am 24. Oktober gibt‘s das sally*sounds09. Tickets gewinnt ihr, wenn ihr hier D ankreuzt. Vielleicht auch einen der anderen Buchstaben.

FRAGE 5 Auf welchem Festival sangen die Beatsteaks der Chefredakteurin ein Ständchen zum 30. Geburtstag?


T Rock Am Ring 2007 I Hurricane 2008 E Bizarre 1999 R Monsters Of Hauptstadt 1998

Die Chefredakteurin heißt übrigens Caroline Frey und ist die einzige Chefredakteurin eines deutschen Musikmagazins. Überhaupt arbeiten in unserer Redaktion minimum so viele Frauen wie Jungs und auch ihr seid zu 54% LeserINNEN! Da seid ihr einmalig!

FRAGE 6 Folgende Bands/Schauspieler waren bereits auf unserem Titel. Welche davon schrieben wir richtig? B Social Distorsion R Marylin Manson O Inchtabokatables T Jason Stratham

Der Fehlerteufel ist ein Blödmann und hat eine eigene Wohnung in unserem Büro. Wir wollten immer, dass er nach Dortmund umzieht, aber da wohnt schon einer. Angeblich im Loft! Dafür haben wir es schon mal geschafft, eine Anzeige doppelt zu drucken. Fehlerfrei!

FRAGE 7 In welcher Doku-DVD schwebt das unclesally*s-Banner ca. vier Minuten durchs Bild? I Blur - „No Distance Left To Run“ P Oasis - „Familiar To Millions“ O Metallica - „Some Kind Of Monster“ D AC/DC - „Family Jewels“

Die Leute fragen immer wieder: „Warum heißt ihr unclesally*s?“. Die Antwort darauf ist so langweilig, dass wir sie selbst nicht mehr so genau wissen.

FRAGE 8 Justin Sullivan von New Model Army kommentierte unser Logo während eines Konzerts mit: H What‘s that, US Allies...? A My aunt‘s name is Sally, too... U I just hope Uncle Sally is

not related to anyone here... S That army backdrop is larger than ours...

unlcesally*s schreibt sich im Übrigen klein, in einem Wort und mit Sternchen als Apostroph vor dem „s“. Also so: unclesally*s. Unser Geschlecht ist leider nicht ganz geklärt, vielen nennen uns „die“, andere „das“ unclesally*s. Niemand sagt „der“ unclesally*s zu uns (remember: 54%!). Der Pizza-Lieferdienst führt uns unter „Anke Selisch“, beim In-

der sind wir die „Ankels“. Seitdem lassen wir uns immer gleich eine Kundennummer geben. So kommt das Essen wenigstens an.

FRAGE 9 Wie heißt die Band aus dem unclesally*sComic? T Black Barcodes E Black Devils I Bad Bone Devils Club G Black Rebel Motoguzzis

Der Lieblingskünstler unseres Comiczeichners AHA ist übrigens Alice Cooper. Deshalb sind wir auch die einzigen, die ein komplett gezeichnetes Interview mit Opa Cooper im Heft hatten. Der darf also endlich sterben.

FRAGE 10 Auf dem Klo welches legendären aber inzwischen geschlossenen Clubs klebt(e) nachweislich einer unserer Aufkleber? S Berghain, Berlin L CBGB, New York O Debaser, Stockholm W Roundhouse, London

Lustigerweise klebt in UNSEREM Klo auch ein Aufkleber des Clubs, in dessen WC ein Aufkleber von uns klebt!

FRAGE 11 Zwei Seiten Nachbericht gab es in der ersten Ausgabe von 1994 zu welchem Event? P Love Parade, Berlin I Mayday, Dortmund L Gothic Treffen, Leipzig Z Venus, München

Über Tellerränder gucken wir gerne mal, litten aber nachweislich auch das ein oder andere Mal unter akuter Geschmacksverirrung. Zum Ausgleich unserer Pillengesteuerten Hirne haben wir die Story damals lieber schwarz/weiß gedruckt.

FRAGE 12 Wer war noch nie zu Gast auf einer unclesally*s-Party? G Dave Grohl E Josh Homme I Max Buskohl L Eddie Vedder

Urban Legends gibt es viele. Eine davon besagt, dass der Arroganzpegel einer Person nicht zwangsläufig simultan mit dem Berühmtheitsgrad wächst. Und tatsächlich, die dickeren Dinger sind oft die entspannteren Typen. Kann aber auch an den Freidrinks gelegen haben.


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MUSIK STORIES

„Ich schätze, Barbie & Ken haben eine stabile Beziehung...“ (Anders Wendin/Moneybrother), Februar 2008

Thrice

Born to be mild So manchem Künstler hätte eine hyperkomplizierte Kopfgeburt wie der ‘Alchemy Index‘ sicher die Birne weggesprengt. Die vier Herren von Thrice aus Orange County tun mit dem Nachfolger ‘Beggars‘ allerdings so, als wäre alles ganz normal. Im Gespräch mit Schlagzeuger Riley Breckenridge entsteht zumindest selten der Eindruck, dass die Band aus einer Ansammlung von Wirrköpfen oder drogenüberfütterten Rock’n’Roll-Opfern besteht. Man hat sich mit einem eigenen Studio im Keller des Gitarristen Teppei Teranishis häuslich eingerichtet und versucht auch in sonstigen Lebenslagen eine gewisse Bodenständigkeit an den Tag zu legen. „Wir haben keinen extravaganten Lifestyle. Unser Arbeitstag im Studio beginnt um neun und endet um fünf. Das mag zwar nicht besonders Rock’n’Roll sein, aber für uns funktioniert es so einfach am besten. Wir streiten uns im Gegensatz zu früher auch immer weniger“, konstatiert Riley. „Das ist gar keine bewusste Entscheidung. Wir waren schon vier normale Typen, bevor wir mit der Musik unser Geld verdient haben. Und ich sehe gar nicht ein, warum ich mich ändern sollte, nur um der Berufsbezeichnung besser gerecht zu werden.“ Recht so, Riley. Offensichtlich haben Thrice das Talent, ihr Leben allein musikalisch kompliziert genug zu gestalten, da braucht es keine BierBong-Rekorde und keine Betty Ford. Wer von der

Schwer in Ordnung: Thrice aus Irvine, Kalifornien.

Band nach der Vertonung der vier Elemente eine Rock-Oper erwartet hat, kann seine Hoffnungen allerdings begraben. ‘Beggars‘ führt die revolutionären Post-Punk-Visionäre aus den abgehobenen ‘Alchemy Index‘- Sphären zurück auf den Boden der Tatsachen – in diesem Fall den des eigenen Proberaums. „Wir haben unsere Möglichkeiten mit den vorhergehenden Alben so weit ausgelotet, dass es erleichternd war, den Kopf mal wieder auszuschalten und zu viert Musik zu machen“, bestätigt

Riley den hinter ‘Beggars‘ vermuteten „back to basics“-Kurs. Das Ergebnis ist das wahrscheinlich geradlinigste Album, das die Band seit ihrem Debüt ‘Identity Crisis‘ veröffentlicht hat und sicher die normalste Antwort, die eine Band auf ein epochales Projekt wie ‘Alchemy Index‘ geben kann. Text: Timo Richard Heimat: thrice.net

THE RAVEONETTES Hits Hits Hits

Frauen und Multi-Tasking: Die weibliche Hälfte der Raveonettes, Sharin Foo, sitzt in New York, füttert ein Baby und schafft es, gleichzeitig Auskunft zu ihrem vierten Album ‘In And Out Of Control‘ zu geben. Respekt! „Sune und ich wollten eine dritte Person ins Boot holen, jemanden, der uns herausfordert, dekonstruiert und auch am Songwriting mitwirkt“, schildert Sharin die Produzentensuche für die neue Platte. „Unsere Wahl fiel auf Thomas Troelsen, der in vielerlei Hinsicht das Gegenteil von uns ist.“ Stimmt, schließlich ist der dänische Produzent eher dafür bekannt, Hupfdohlen à la Monrose oder Sarah Connor auf Chartformat zu bürsten. Die gemeinsamen Aufnahmen gestalteten sich dann auch zunächst frustrierend, da Troelsen kurze Arbeitszeiten pflegte. Zudem zerbrachen sich Sharin und Kollege Sune den Kopf darüber, wo es klanglich hingehen soll, war das Duo doch ausnahmsweise ohne fertige Songs ins Studio. Sharin: „Die ersten Wochen waren beängstigend und hart. Von da an nahmen wir den Prozess selbst in die Hand, und Thomas erwies sich als große Inspirations- und Energiequelle.“ Der Einfluss des Pop-Produzenten ist unüberhörbar. Auf „In And Out Of Control“ findet sich das Hitverdächtigste, was die Raveonettes je aus ihrem Fünfziger-/Sechziger-infizierten Garagen- und Shoegazer-Rock herausgekitzelt haben. Dur-Akkorde und

Lieber L.A. als Dänemark: Sharin Foo (links) und ihr in New York lebender Kollege Sune Rose.

Ohrwurmrefrain machen jedoch nicht zwangsläufig eine Gute-Laune-Nummer. Drogen, Selbstmord, Vergewaltigung - die zwei Dänen besingen auch weiterhin gerne die düsteren Dinge des Lebens. „Wir mögen es nicht, wenn etwas zu einseitig ist“, kommentiert Sharin das entstehende Spannungsfeld. „Wird etwas zu ernst, denken wir: ‘Lass uns mehr Spaß reinbringen’. Ich glaube, das ist typisch dänisch“, sagt die Exil-Dänin, die mit Mann und Kind in L.A. lebt, während Bandpartner Sune in New York residiert. Was schätzt Sharin an ihrer aktuellen Heimat? „Ich

mag die Größe der USA und die unglaubliche Natur Kaliforniens. Wenn man aus einem kleinen Land wie Dänemark kommt, ist es inspirierend, an einem so weitläufigen, vielfältigen Ort zu leben.“ Klingt das Ergebnis wie ‘In And Out Of Control‘, dann sollen die Raveonettes ruhig weiterhin jenseits des Atlantiks bleiben. Text: Nina Töllner Foto: Camilla Stephan Heimat: theraveonettes.com


Cornershop

Die verflixte siebte Limo Es gibt ja dieses Sprichwort, welches den Empfänger möglicherweise durchs Leben zugeteilter Zitronen zur Herstellung von Limonade aus ebendiesen auffordert. Wenn nun eine Band wie, sagen wir mal: Cornershop, nach sieben Jahren Pause fast schon leisetreterisch wieder zurückkehrt, und den ComebackLongplayer auch noch ’Judy Sucks A Lemon For Breakfast’ nennt - dann stellt sich doch irgendwie die Frage, was für Zitronen das gewesen sein mögen, die eine solche verflixt lange Unterbrechung verursacht haben. Was also war damals so schlimm? Oder ist es gar heute noch? Ein bisschen angesäuert wirkt Cornerchef Tjinder Singh nämlich durchaus, wenn er konstatiert: „Als wir uns 2002 verabschiedeten, spielten wir in riesigen Stadien und bei großen Festivals. Heutzutage können wir nicht einmal mehr in einer Pfütze am Nachmittag beim Glastonbury auftreten. Ich finde, das ist eine verdammte Schande! Es ist lächerlich, aber in dem Schlamm haben wohl andere Leute ihre Finger, nicht wir.“ Seltsam. Aber auch beim Konzert im Londoner Jazz Cafe, das wenige Minuten nach dem Interview beginnt und zwar „nur“ ein Testballon, aber immerhin auch immerhin das erste in der Hauptstadt seit einigen Jahren ist, trudeln die Fans recht langsam und in eher überschaubaren Mengen ein.

Just another lemontree: Cornershop.

Vielleicht muss man mit so etwas nun einmal rechnen, wenn man sich eine Auszeit von derartiger Länge nimmt. Ach ja, richtig - die Pause, sieben Jahre seit ’Handcream For A Generation’ und so. Warum eigentlich noch mal? „Ich habe damals alles in dieses Album gesteckt, und war danach einfach ausgebrannt! Deshalb musste ich für eine Weile aufhören.“ Und wie fanden das die Bandkollegen, mal eben für sieben Jahre ohne Job zu sein? „Nun, ich schätze, sie waren auf ihre Art und Weise schon recht angepisst. Aber ohne die richtige Geisteshaltung geht es einfach nicht. Glücklicherweise haben wir alle während der Auszeit Kinder bekommen, und waren somit gut beschäftigt.“ Und so ganz der Musik abgeschworen hatten sie ohnehin nicht: „Wir haben Mixe angefertigt, mit Leuten wie SoKo, Quincy Jones und Jeffrey Lewis gearbeitet, haben einen Film über Menschen in der Musikindustrie gemacht und waren mit unserem eigenen Label ’Meccico’ beschäftigt.“ Auf genau dem Label erschien kürzlich (in Zusammenarbeit mit ’Ample Play’) das wirklich gelungene Cornershop-Comeback-Album, das mit der Zitrone im Titel. Und glaubt man Tjinder Singh, so droht in dessen Kielwasser keine erneute Auszeit ähnlichen Ausmaßes: „Wir haben das nächste Album schon fertig geplant, fürs kommende Jahr. Es wird eine Zusammenarbeit mit Bubbley Kaur sein - aber auf gewisse Weise werden viele Leute gar nicht verstehen, worum es dabei geht, denn die Texte werden komplett auf Punjabi sein. Was ich allerdings durchaus gerade für eine Stärke halte.“ Falls nicht, sehen wir uns eben einfach in sieben Jahren auf ’ne Limo wieder... Text: Torsten Hempelt Heimat: cornershop.com


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MUSIK STORIES

„Nichts an meinem Körper dehnt sich so sehr aus wie mein Bauch.“ (Adam Green), März 2008

Gods Of Blitz Rhythmus interruptus

Was macht eine Band, deren Sänger nach zwei Alben, mit denen man sich Fanbasis und Identität erspielt hat, nach Schweden übersiedelt? Im Falle der Gods Of Blitz lautet die Antwort: Sie verfällt nicht in Panik. Aber sie fällt zunächst in ein Loch. Einen Ersatzmann schüttelt man eben nicht einfach so aus dem Ärmel, und so war der gesunde Platte-TourRhythmus der Stoner-Rock’n’Roller erst einmal unterbrochen. „Hätten die sich an einem Tag abgeklatscht und wir wären mit einem neuen Sänger weiter gezogen, wäre das wesentlich angenehmer gewesen“, sagt Gitarrist Jens Freudenberg. Bevor Nico Kozik der neue Mann am Mikro wurde, hatte man aber erst mal andere Ideen zur Überbrückung der ungeplanten Zäsur. So spielte die Band bereits vorhandenes Songmaterial mit verschiedenen Gastsängern ein und zog sogar in Erwägung, eine Projektplatte herauszubringen. Zufällig war Nico einer dieser Sänger, und er harmonierte mit den Gods so gut, dass allen Beteiligten schnell klar wurde: Die-

ser Gast muss bleiben: „Es ist eben erstrebenswert, eine Band mit einem festen Line-Up zu haben, mit dem man auf Tour gehen kann“, erklärt Jens, und Co-Gitarrist Olli Wong fügt hinzu: „Außerdem hat Nico kein Instrument, wodurch sich für ihn neue Möglichkeiten ergeben, mit uns und dem Publikum zu interagieren.“ Die von Ex-Frontmann Sebastian Gaebel verlassene Position am Bass hat Carsten Brocker übernommen, der seine Arbeit aber nicht an vier Saiten, sondern an einem Moog-Synthesizer verrichtet. Und so ist man nach einer turbulenten Phase heiß darauf, mit dem neuen Werk ‘Under The Radar‘ endlich auf Tour zu gehen. Text: Marek Weber Foto: Dennis Scharlau Heimat: godsofblitz.de

Richard Hawley

Frühlingsgefühle im Herbst

Geduldig wartet Richard Hawley auf den Durchbruch und weiß, dass diese Mission mit seinem neuen Album ‘Truelove’s Gutter’ nicht leichter wird: „Ich bin keine 20 mehr, habe aber genug Zeit.“ Für Morrissey, Robbie Williams, Jarvis Cocker oder die Girl-Group All Saints hat der 42-jährige Gitarrist bereits in die Saiten gehauen. Sie alle schwärmen von Richard Hawley, nur die Pop-Welt erkennt seine außergewöhnlichen Qualitäten einfach nicht. Im Jahre 2007 wäre es fast so weit gewesen, doch schnappten ihm die Arctic Monkeys den Mercury Prize für das beste Album vor der Nase weg. „Ich habe mich oft gefragt, warum meine Songs nicht einen ähnlichen Erfolg haben wie die vielen Kollaborationen, an denen ich beteiligt bin“, wundert sich der smarte Brite. Er raucht Kette, wirkt aber weder gestresst noch getrieben: „Diesmal wird es erst recht nicht klappen – die neuen Sachen sind alles andere als kommerziell verwertbar.“

Versammelt sind jene auf ‘Truelove’s Gutter’, dem neuen Album von Richard Hawley. Und wirklich, fast jeder Beitrag durchbricht die Vier Minuten-Grenze, setzt auf Soundcollagen statt klassische Songstrukturen und es scheint, als hätte Scott Walker heimlich Pate gestanden: „Kein schlechter Vergleich, denn es ging diesmal nicht anders: Ich konnte keine fetten Gitarren und rasante Drums aufnehmen. Die Lyrics sind viel zu persönlich, als dass sie so etwas vertrügen.“ Vielleicht genau der richtige Weg, jetzt einfach das zu machen, worauf man Bock hat. Richard Hawley muss niemandem mehr etwas beweisen – außer sich selbst. Und das scheint mit ‘Truelove’s Gutter’ gelungen. Text: Marcus Willfroth Foto: Joe Dilworth Heimat: richardhawley.co.uk

Max Herre

Nach vorne gefallen

Das Scheitern seiner Ehe mit Joy Denalane war für Max Herre ein herbe Bruchlandung. Aber statt den Kopf in den Sand zu stecken, hat sich der FreundeskreisSänger den Staub vom Sakko geklopft und ein Folk-Album gemacht. Für ‘Ein Geschenkter Tag’ hat sich Herre endgültig vom HipHop wegbewegt. Knarzig kriechen Folk, Blues und Soul durch die poetischen Texte, mit denen der Musiker den zurückhaltenden Sprung nach vorne gewagt hat: „Als Rapper war diese Richtung schon schwierig, denn Rap bedeutet, Geschichten zu erzählen und nahe an der Realität zu sein. Aber das wollte ich nicht, und deshalb kam dieses Genre auch nicht in Frage. Mir ging es ums Gefühl, das dahinter steckt. Sachen, die lyrischer sind, lassen viel mehr Platz dafür, Gefühle zu verarbeiten, ohne irgendwelche Fakten zu liefern.“ Das Schild Singer/Songwriter will Herre sich aber nicht an die Tür nageln lassen. Obwohl das Klischee des einsamen Gitarristen, der melancholisch vor sich hin klampft, nicht ganz abwegig ist. „Es ist auf jeden

Fall ein Gefühl, das ich hatte. Ich saß schon ganz schön viel allein da oben in der Wohnung und habe so vor mich hingemacht. Aber an irgendeinem Punkt habe ich gesagt, so jetzt muss ich mal raus aus der Isolation.“ Herre traf sich mit alten Freunden, anderen Künstlern wie Clueso, und stand schließlich mit einer fantastischen Band im Studio. Auch deshalb ist ‘Ein Geschenkter Tag‘ eine optimistische Platte geworden, in der die Musik die sensible Hoffnung der Texte einfach mitnimmt. Oder wie Herre sagt: „Mit dem Album habe ich den Rücken von der Wand gekriegt und wieder ein paar Schritte ins Leben gewagt.“ Text: Verena Reygers Foto: Daniel Sannwald Heimat: maxherre.de


Jochen Distelmeyer Die hohe Kunst des Alleinseins

Er galt als Vordenker der deutschen Independent-Szene, nun sucht Jochen Distelmeyer solo das Glück. ‘Heavy’ nennt sich sein Debüt nach dem Ende von Blumfeld und soll beweisen, dass die Zeichen der Zeit auf Veränderung stehen. Wie er da sitzt, im schneeweißen Anzug, die Haare perfekt gescheitelt und die Schuhe blitzblank poliert! Jochen Distelmeyer ist zufrieden, weint seiner alten Band keine Träne hinterher und freut sich auf die Karriere als Solokünstler: „Ich erkannte schon auf den Abschiedskonzerten mit Blumfeld, dass es für mich nur mit Musik weitergehen kann. Eine genaue Vorstellung gab es natürlich nicht, aber nach und nach kamen mir neue Ideen und ich dachte: Hey, das ist ja ein Song und da, schon wieder einer.“ Das Ergebnis dieser Ideen nennt sich ‘Heavy’ und ist seine erste Platte als Alleinunterhalter. Auch wenn es so wirkt, eine große Umstellung ist das Ganze für ihn nicht – im Gegenteil: „Von einem nahtlosen Übergang möchte ich nicht sprechen, denn anfänglich war es komisch mit neuen Leuten zusammen zu arbeiten. Irgendwie aber auch vertraut: Bei Blumfeld habe ich ja schon den Großteil der Songs losgelöst von der Band geschrieben“, erklärt Distelmeyer und richtet stilbewusst seinen Kragen. Freilich ist das, was wir nun geboten bekommen, nichts völlig Neues. Vielmehr setzt ‘Heavy’ dort an, wo die letzten BlumfeldAlben aufhörten: Starker Pop-Appeal kombiniert mit rauhen Gitarren-Passagen und Lyrics, die mal über die Leichtigkeit des Seins philosophieren, um im nächsten Moment die Probleme im Hier & Jetzt anzuprangern. „Einige haben bestimmt erwartet, dass ich was komplett anderes mache. Doch für mich war klar, dass es nicht mit Drum’n’Bass oder so weitergeht – ich kann nur die Songs schreiben, die mir in den Kopf kommen. Auf der neuen Platte sind zehn davon enthalten.“ Zehn Songs, die auch schon einige Live-Auftritte hinter sich haben. Bei denen gibt Distelmeyer auch weiterhin Blumfeld-Songs zum Besten. Eine klare Abgrenzung ist somit nicht vorhanden und auch gar nicht nötig. „Es gibt keinen Grund die Vergangenheit zu beenden, ich mag die alten Sachen und will sie auch spielen.“ Text: Marcus Willfroth

Foto: Nic Frechen

Heimat: jochendistelmeyer.de

Jochen Distelmeyer auf Tour 4.11. Bremen - Modernes *** 5.11. Dortmund - FZW *** 6.11. Bielefeld - Kamp *** 7.11. Mühlheim - Ringlokschuppen *** 9.11. Köln - Gloria *** 10.11. Trier - Ex-Haus *** 11.11. Erlangen - E-Werk *** 12.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof *** 14.11. Stuttgart - Universum 15.11. München - Ampere *** 16.11. Leipzig - Conne Island *** 17.11. Berlin - Postbahnhof *** wird fortgesetzt


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MUSIK STORIES

„Bettina soll ruhig mal so weitermachen.“ (Doktor Renz/Fettes Brot), April 2008

Besser spät als nie Ein dreifaches Hurra auf – uns. Rechtzeitig zum großen Jubiläum haben wir es noch geschafft, uns selbst ein Geburtstagsgeschenk aus dem Ärmel zu zaubern. Was das Beste daran ist: Ihr habt noch viel mehr davon. Am Abend des 24. Oktober laden wir in guter alter Tradition zu unserem sally*sounds in die Columbiahalle. In diesem Jahr als Hauptgast mit dabei: Maxïmo Park! Das smarte englische Indie-Ensemble kann mittlerweile mit drei Erfolgsalben und Hitgranaten wie „Apply Some Pressure“, „Books From Boxes“ oder „The Kids Are Sick Again“ glänzen. Live sind Hut-Fan und Frontbarde Paul Smith und Co. natürlich eine Partyinstanz sondergleichen. Ähnlich wie die Blood Red Shoes, die sich auch nicht lumpen lassen und ihre tanzgierigen Songs aus der Indie-Punk-Garage in unsere kleine Gemeinschaft einbringen werden. Welche Kapelle sich sonst noch über ein Einladungskärtchen freuen durfte, erfahrt ihr in Kürze zusammen mit allen weiteren Infos auf sallys.net.

Sally*sounds09 24.10. Berlin - Columbiahalle Live: Maxïmo Park, Blood Red Shoes, The Films u.a. Alle Infos auf sallys.net

Foto: Erik Weiss

Sally*S


Sounds


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KONZERT DES MONATS

„Ich schaue kein Fernsehen.“ (Serj Tankian/System Of A Down), Mai 2008

KONZERT DES MONATS:

Foto: Roland Owsnitzki

DIE TOTEN HOSEN 2.9. Berlin – SO36

Auf 200 Länge Meter nichts als aufgereihte Menschen. Und alle wollten nur eins: Ein Ticket kaufen für das Soli-Konzert der Toten Hosen für das SO36, eine kündigungsbedrohte Club-Institution in Berlin-Kreuzberg. Hier im SO36 spielten die Hosen ihre ersten Berlin-Shows, die so oder so ähnlich abgelaufen sein müssen wie dieser Achtziger-Revival-Abend: Eröffnet wurde das Retro-Konzert wie einst vom „wahren Heino“ Norbert Hähnel und seinem Medley aus den schönsten Heino-Hits, bevor die Hosen im farbenfrohen Flohmarkt-Look die Bühne bestiegen und loslegten wie frisch vom Stapel gelaufen: „Shake Hands“, „Wir Sind Bereit“, „Warten Auf Dich“ oder „Verschwende Deine Zeit“ – Campino & Co. zückten einen Hit nach dem nächsten, verzichteten fast komplett auf Material nach 1990 und das Publikum drehte durch – und zwar durch die Bank und durch alle Generationen. So wurde das Konzert im SO36 ein von Band und Publikum gleichsam abgefeiertes Kontrastprogramm zur Routine der Hallen- und Festival-Shows und damit zu einem der Live-Highlights des Jahres. Für alle Daheimgebliebenen gibt’s die Show in Kürze auf DVD – Heino inklusive.

KONZERTFOTOS OF DEATH Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen. Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:

CJ Ramone 28.8. Berlin - Festsaal Kreuzberg

Whitest Boy Alive 15.8. Hamburg - Dockville Festival

Geknipst von Christina:

Geknipst von Lena:

CJ Ramone das erste mal seit 13 Jahren wieder live, und sämtliche Ramones-Hits am Start! Als Verstärkung dabei hatte er Brant Bjork, ein geiles Package. Alles top, nur der dicke Bouncer hat diesen paradiesischen Abend etwas versalzen.

The Whitest Boys Alive machten eine der besten Shows auf dem Dockville dieses Jahr! Die Menge konnte sogar nicht mehr aufhören, mitzusummen und -jubeln, als die Jungs schon von der Bühne waren!


„Ich verabscheue das verdammte ’Chelsea Dagger’.“ (John Fratelli/The Fratellis), Juni 2008

TOURBUS

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Im Tourbus mit:

BADDIES

Peter Fox 26.7. Karlsruhe - Das Fest Geknipst von Mrs. Neeg:

Ein Spektakel der besonderen Art und Weise

Rilo Kiley 25.5. Denver - Ogden Theatre Geknipst von Choclady: Pascal Briggs 10.9. Düsseldorf - People Clubbar

Wir waren ganz nah dran bei diesem wunderbaren Konzert. „With Arms Outstreched“ brachte pure Gänsehaut... Diese Band ist immer wieder ein Erlebnis!

Geknipst von Lemmi:

Supergeiles Akustik-Konzert mit Vom (DTH) am Schlagzeug.

Kilians 6.9. Rheine-Mesum Trosse Kult Open Air Frank Turner 4.9. Berlin - Ramones Museum Geknipst von David:

Frank Turner spielt sein erstes Solo-Konzert in Berlin standesgemäß im Ramones Museum. Selten hat die Luft so gebrannt wie an diesem Abend. Als Turner Müller-Westernhagens „Freiheit“ ins Mikro improvisierte, gab es kein Halten mehr.

Geknipst von Deez:

Als Headliner dieses Mini-Festivals waren die Kilians bestens aufgelegt. Ich hatte sie zuletzt 2007 live gesehen und muss sagen, dass sie sich zu einer klasse Live-Band entwickelt haben!

Was war die gefährlichste Situation, mit der ihr bisher auf Tour konfrontiert wurdet? Mike: In Belgien sind wir fast mal von einem Blitz getroffen worden. Das war ziemlich beängstigend, auch wenn man im Auto angeblich sicher ist. Das Ding ist vor dem Van eingeschlagen, ansonsten hätte es uns wohl alle gegrillt. Welche Band würdet ihr nie mit euch reisen lassen? Mike: Ich würde Beth Ditto von Gossip nicht an Bord lassen, die ist zu fett, eine Achse könnte brechen. Wärst du selbst ein guter Tourbusfahrer? Mike: Bestimmt. Ich fahre am liebsten selbst, um die Kontrolle zu haben. Wenn jemand anderes am Steuer sitzt, bin ich die ganze Zeit unruhig. Allerdings chauffiert uns ein Kamikaze-Fahrer, den wir „Dog“ nennen, durch Europa. Ich werde also permanent unter Strom stehen.

Anna Ternheim 14.9. Hamburg - Fabrik Geknipst von Frangelic: Kasabian 29.8. Konstanz - Rock Am See

Ganz im Sinne ihres Debütalbumtitels „Do The Job“ lassen sich die Baddies auch von Naturgewalten und kilometerdicker Wurstpelle nicht die gute Tourlaune verderben. Selbst brutale Wortgefechte mit dem Zwillingsbruder sind für Sänger Michael Webster kein Problem, so lange nur die dicken Dinger VOR der Bustür bleiben.

Anna Ternheim beim Akustik-Konzert in der übervollen Fabrik - melancholisch, witzig, ergreifend. Man darf nur nicht hinsehen, sonst ist das Klischee von der Elfe perfekt...

Geknipst von Lena:

Es war ein total schöner Auftritt und die Lieder wurden super umgesetzt! Sehenswert!

Wie organisierst du dir auf Tour ein bisschen freie Zeit für dich? Mike: Ich erkunde gern die jeweilige Tourstadt. Meine Eltern wollen, dass ich ihnen einen Kühlschrankmagneten von überall her mitbringe. Das hat Priorität. Geht die geschwisterliche Vertrautheit zwischen dir und deinem Zwillingsbruder Jim den anderen an Bord manchmal auf die Nerven? Mike: Das eigentlich Nervige ist: Da wir Brüder sind, streiten wir viel mehr und viel gnadenloser als unter Freuden. Jim gehört zur Familie und da gibt es, was Direktheit anbelangt, keine Grenzen. Schon seit frühen Kindertagen waren wir ständig anderer Meinung – so wie Noel und Liam Gallagher, schätze ich. Obwohl, so schlimm ist es dann doch nicht. Die beiden mochten sich wahrscheinlich nie. Da willst du nicht zum Weihnachtsessen kommen. Das Ekeligste, das du auf Tour gegessen hast? Mike: Austern! Das ist wie Popel-Essen. Und diese Bockwürste, die man an deutschen Raststätten serviert bekommt, gehen gar nicht. Die Haut ist so ekelig dick.

Auletta 12.9. Offenbach Rise Against 30.8. Hamburg/Pinneberg - Wasserskiarena Geknipst von La Estrellita:

Live bei der Summer Session der T-Mobile Extreme Playgrounds.

Geknipst von Ly:

Ich habe Auletta in Offenbach zu einer Autogrammstunde getroffen. Es ist zwar nicht ganz ein Konzert, aber ich finde es trotzdem druckwert. Ich fand es sehr cool, weil die Jungs nicht so überheblich waren wie andere Musiker. Auf dem Bild sind (v.l.n.r.) Dan, Jusch, Abdel (der gehört nicht zur Band), Martin und Alex mit der „Klotzpose“.

Text: Christine Stiller Heimat: myspace.com/baddies Auch gut: „Do The Job“ - das Debütalbum der Indie-Punks aus Essex

Baddies auf Tour 26.10. Hamburg - Molotow *** 27.10. Berlin - Bang Bang Club *** 30.10. Dresden - Beatpol *** 31.10. Leipzig - Sweat *** 6.11. München - 59:1 *** 12.11. Stuttgart - Schocken *** 13.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof *** 14.11.Frankfurt - Nachtleben *** 15.11. Köln - Werkstatt


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PRÄSENTIERT

„Mein nächstes Tattoo: Ein Revolver, aus dem Blumen sprießen.“ (A. Hammond Jr./The Strokes), Juli August 2008

Foto: Alex Lake

Präsentiert TOUR DES MONATS.

FLORENCE AND THE MACHINE Auf ihrer ersten Tour lenkte Vater Welch noch persönlich den Bandbus durch die englische Clublandschaft. Inzwischen ist Töchterchen Florence allein unterwegs und schafft endlich auch den Sprung aufs europäische Festland. Florence And The Machine haben nicht nur einen Faible für verrückte Klamotten, sondern auch für das Morbide. Als Kind trällerte die Londonerin häufiger auf den Beerdigungen als auf den Wiegenfesten der Verwandtschaft und so ist es wenig verwunderlich, dass auch ihr Brit-Award-prämiertes Debütalbum „Lungs“ ein schräges Werk geworden ist, das trotzdem über genügend Pop-Appeal verfügt, um die Massen zu begeistern. Mal anmutig wie Kate Bush, mal tough wie Annie Lennox ist der stimmgewaltige Rotschopf damit den anderen zeitgenössischen Pop-Prinzessinnen des UK stets einen Schritt voraus, und wird nun endlich auch die deutschen Konzertsäle mit Glanz erfüllen. Also Vorhang auf und Feuer frei für Florence And The Machine.

Florence And The Machine auf Tour 5.10. Hamburg - Logo *** 6.10. Köln - Luxor *** 12.10. Berlin - Frannz *** 15.10. München 59 to 1

Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! 3 Feet Smaller & Templeton Pek

18.10. Nürnberg - Cult 19.10. Hannover - Bei Chez Heinz 20.10. Hamburg - Logo 21.10. Berlin - Sage Club 22.10. Stuttgart - Club Zentral 23.10. Freiburg - Waldsee 24.10. Keltern - Hallenfest

5Bugs

28.09. Siegen - Vortex 29.09. Dortmund - FZW 30.09. Düsseldorf - Stone im Ratinger Hof 01.10. Köln - Underground 02.10. Paderborn - Multikulti 03.10. Bremen - Tower 05.10. Frankfurt a.M. - Nachtleben 06.10. Weimar - Schützengasse 07.10. Hamburg - Logo 08.10. Kassel - Spot 09.10. Osnabrück - Kleine Freiheit 10.10. Berlin - Kesselhaus

Airbourne

08.03.10 München - Tonhalle 10.03.10 Wiesbaden - Schlachthof 11.03.10 Stuttgart - LKA Longhorn 13.03.10 Berlin – Huxley‘s 21.03.10 Hamburg - Große Freiheit 22.03.10 Köln - E-Werk

Athlete

11.10. Hamburg - Uebel & Gefährlich 14.10. Köln - Luxor 15.10. Berlin - Frannz Club 21.10. München - 59:1

Babylon Circus

12.12. Hamburg - Grünspan 13.12. Berlin - Postbahnhof 21.12. Bochum - Zeche

Baddies

Bosse

17.10. Berlin - Haus des Rundfunks 07.11. Freiburg - Jazzhaus 08.11. Karlsruhe - Tollhaus 09.11. Erlangen - E-Werk 10.11. Konstanz - Kulturladen 12.11. Dortmund - FZW 13.11. Hannover - Pavillion 15.11. Bremen - Schlachthof 16.11. Stuttgart - LKA Longhorn 17.11. Leipzig - Anker 18.11. Kiel - Pumpe 26.10. Hamburg - Molotow 27.10. Berlin - Bang Bang Club 30.10. Dresden - Beatpol 31.10. Leipzig - Sweat 06.11. München - 59:1 12.11. Stuttgart - Schocken 13.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof 14.11. Frankfurt a.M. - Nachtleben 15.11. Köln - Werkstatt

Beat!Beat!Beat!

07.10. Düsseldorf - Pretty Vacant 09.10. Geldern - Seven 10.10. Wiesbaden - Schlachthof 12.10. Köln - Studio 672 13.10. Hannover - Glocksee 14.10. Nürnberg - MUZ 15.10. Berlin - NBI 16.10. Görlitz - Basta 17.10. Plauen - Club Zooma 18.10. Regensburg - Heimat 20.10. München - Atomic Café 22.10. Bayreuth - Glashaus 23.10. Schwabmünchen - U-Turn 20.11. Hamburg - Indra 21.11. Berlin - Magnet 04.12. Halle - Objekt 5 05.12. Leipzig - Sweat

Biffy Clyro

15.11. Saarbrücken - Garage 23.11. Köln - Gloria 06.12. München - Backstage 11.12. Wiesbaden - Schlachthof

26.09. Paderborn - Cube 01.10. Aachen - Musikbunker 02.10. Erfurt - HsD 03.10. Dresden - Beatpol 08.10. Flensburg - Max 09.10. Hamburg - Uebel & Gefährlich 13.10. Saarbrücken - Kleine Garage 14.10. Fulda - Kulturkeller 15.10. Halle - Volkspark 16.10. Potsdam - Waschhaus 17.10. Cottbus - BLOCrock@Bebel 21.10. Darmstadt - Centralstadion 22.10. Recklinghausen - Vest Arena 23.10. Münster - Triptychon 24.10. Bremen - Lagerhaus 28.10. Lüneburg - Vamos! 29.10. Osnabrück - Kleine Freiheit 30.10. Braunschweig - Meier Music Hall 31.10. Wuppertal - Live Club Barmen 04.11. München - 59:1 05.11. Freiburg - Waldsee 06.11. Tübingen - Sudhaus 07.11. Passau - ProLi

Chris Wollard & The Ship Thieves

02.12. Bremen - Schlachthof 03.12. Saarbrücken - Garage 04.12. Schweinfurt - Alter Stattbahnhof 06.12. München - Backstage 08.12. Düsseldorf - Zakk 10.12. Frankfurt a.M. - Café ExZess 20.12. Hamburg - Logo 21.12. Berlin - Festsaal Kreuzberg

The Cinematics

25.09. Geldern - Seven 19.11. Bremen - Tower 20.11. Halle - Klub Drushba 21.11. Stuttgart - Universum 23.11. Köln - Gebäude 9 26.11. Freiburg - Waldsee 27.11. Augsburg - Kantine 28.11. Hannover - Café Glocksee

Duné

01.10. Flensburg - Max 02.10. Osnabrück - Kleine Freiheit 03.10. Magdeburg - Projekt 7 04.10. Bochum - Matrix 05.10. Frankfurt a.M. - Batschkapp 10.10. Stuttgart - 1210 11.10. Erlangen - E-Werk 13.10. Köln - Luxor 14.10. Hannover - Musikzentrum 15.10. Augsburg - Neue Kantine 16.10. Berlin - Lido 17.10. Hamburg - Grünspan 18.10. Dresden - Groovestation 21.10. Freiburg - Jazzhaus 22.10. München - 59:1 27.10. Rostock - Mau

Emil Bulls

01.10. Konstanz - Kulturladen 08.10. Koblenz - Circus Maximus 11.10. Hannover - Musikzentrum 14.10. Bochum - Matrix 15.10. Übach-Palenberg - Tatort Musicclub 16.10. Erfurt - Unikum 17.10. Karlsruhe - Substage 18.10. Hamburg - Logo 21.10. Weinheim - Café Central


„Ich habe zurzeit keine Lust, über System Of A Down zu reden.“ (Serj Tankian/System Of A Down), September 2008

22.10. Köln - Underground 23.10. Osnabrück - Bastard Club 24.10. Kaiserslautern - Kammgarn 25.10. Berlin - Lido 27.10. Niederhofen - Disco Y 28.10. Dresden - Puschkin 29.10. Giessen - Jokus 30.10. Cham - Lagerhalle 31.10. Passau - Proli 03.11. Freiburg - Atlantik 04.11. Frankfurt a.M. - Nachtleben 05.11. Stuttgart - Universum 06.11. Ulm - Roxy 07.11. Kisslegg - Spatz 14.11. München - Backstage

Silversun Pickups

16.11. Frankfurt a.M. - Batschkapp 17.11. Stuttgart - LKA Longhorn 18.11. München - Backstage Werk 19.11. Hannover - Faust 20.11. Rostock - Mau Club

08.12. Hamburg - Molotow 09.12. Berlin - Magnet 10.12. Köln - Underground 11.12. Münster - Sputnikhalle

Frank Turner

01.12. Hannover - Bei Chez Heinz 02.12. Köln - Luxor 10.12. Hamburg - Molotow 11.12. Berlin - Magnet 12.12. München - 59:1

Friska Viljor

Mediengruppe Telekommander

Mikroboy

22.10. Wiesbaden - Schlachthof 23.10. Ludwigshafen - Das Haus 24.10. Trier - Ex-Haus 25.10. Stuttgart - Universum 26.10. München - 59:1 27.10. Halle - Objekt 5 29.10. Darmstadt - Schlosskeller 25.11. Hannover - Bei Chez Heinz 26.11. Gießen - MUK wird fortgesetzt

Montreal

15.10. Bremen - Tower 10.11. Berlin - Maria 11.11. Köln - Gebäude 9 12.11. Konstanz - Kulturladen 16.11. München - Feierwerk 17.11. Nürnberg - MUZ 18.11. Osnabrück - Kleine Freiheit 23.11. Stuttgart - Schocken 24.11. Frankfurt a.M. - Brotfabrik 25.11. Leipzig - Conne Island 26.11. Cottbus - Bebel 28.11. Rostock - Mau Club

09.10. Hamburg - Headcrash 10.10. Hamburg - Headcrash 16.10. Berlin - Tommyhaus 17.10. Magdeburg - Sackfabrik 24.10. Bad Wörishofen - JUZE 30.10. Harsefeld - Gymnasium 31.10. Bremen - Lagerhaus 13.11. Bielefeld - Falkendom 14.11. Dortmund - FZW 20.11. Köln - Werkstatt 21.11. Saarwellingen - Flexibel 28.11. Hannover - Bei Chez Heinz wird fortgesetzt

Golden Silvers

Muff Potter

27.11. Berlin - Privatclub 28.11. Hamburg - Molotow

Itchy Poopzkid

25.11. Bruchsal - Fabrik 26.11. Darmstadt - Centralstation 27.11. Erfurt - Centrum 28.11. Magdeburg - Sackfabrik 30.11. Reutlingen - FranzK wird fortgesetzt

K.I.Z.

02.10. Osnabrück - Beatstreet 06.11. Rostock - Mau Club 07.11. Leipzig - Conne Island 09.11. Braunschweig - Jolly Joker 10.11. Dortmund - FZW 11.11. Würzburg - Posthalle 17.11. Freiburg - Jazzhaus 18.11. Wiesbaden - Schlachthof 19.11. Regensburg - Kulturspeicher 20.11. Erfurt - Stadtgarten 22.11. Hamburg - Docks wird fortgesetzt

The Living End

15.11. Hamburg - Grünspan 16.11. Köln - Live Music Hall 18.11. Berlin - Postbahnhof 19.11. Leipzig - Conne Island 20.11. München - Metropolis 24.11. Stuttgart - Die Röhre

Local Natives

17.10. Berlin - Bang Bang Club

Seite 61

11.11. Berlin - Maria 12.11. Münster - Gleis 22 14.11. Heidelberg - Halle 02

Strike Anywhere & Dead To Me

26.09. Dresden - Beatpol 29.09. Würzburg - Posthalle 04.10. München - Backstage 05.10. Regensburg - Alte Mälzerei 06.10. Wiesbaden - Schlachthof 07.10. Konstanz - Kulturladen 12.10. Stuttgart - Röhre 13.10. Köln - Gebäude 9 14.10. Osnabrück - Lagerhalle 15.10. Hamburg - Uebel & Gefährlich 16.10. Rostock - Mau Club 17.10. Berlin - Festsaal Kreuzberg 20.10. Oberhausen - Zentrum Altenberg 23.10. Hannover - Faust 24.10. Magdeburg - Projekt 7

Escape The Fate

PRÄSENTIERT

03.12. Berlin - Lido 04.12. Leipzig - Conne Island 06.12. München - Backstage 08.12. Düsseldorf - Zakk 09.12. Saarbrücken - Garage 10.12. Hamburg - Grünspan 12.12. Münster - Jovel

24.11. Hamburg - Logo 25.11. Hannover - Faust 26.11. Bremen - Schlachthof 28.11. Stuttgart - JuHa West wird fortgesetzt

Tegan & Sara

25.11. Hamburg - Grünspan 26.11. Berlin - Astra 27.11. München - Theaterfabrik 28.11. Köln - Gloria

The Airborne Toxic Event 16.11. Köln - Gebäude 9 21.11. München - Backstage Halle 24.11. Frankfurt a.M. - Batschkapp 26.11. Berlin - Franzz

The Blackout

04.12. Köln - Werkstatt 07.12. Hamburg - Logo 09.12. München - 59:1 11.12. Chemnitz - AJZ Talschock 12.12. Stuttgart - Universum

25.10. Köln - Essigfabrik 26.10. Wiesbaden - Schlachthof 27.10. München - Backstage Halle 31.10. Stuttgart - Universum 01.11. Bochum - Matrix 02.11. Hamburg - Grünspan

The Films

12.11. Köln - Luxor 13.11. Kaiserslautern - Kammgarn 14.11. Lingen - Alter Schlachthof 16.11. Frankfurt a.M. - Batschkapp 17.11. Stuttgart - LKA Longhorn 18.11. München - Backstage 19.11. Hannover - Faust 20.11. Rostock - Mau Club 22.11. Hamburg - Knust 23.11. Wuppertal - Live Club Barmen

The Sounds

28.09. Berlin - Postbahnhof 29.09. Köln - Gebäude 9 30.09. Hamburg - Uebel & Gefährlich

Ohrbooten

The Temper Trap

10.10. Weinheim - Café Central 11.10. Bamberg - Live Club 14.10. Regensburg - Alte Mälzerei 18.10. Stuttgart - Wagenhallen 21.10. Karlsruhe - Substage 27.10. Würzburg - Postclub 28.10. Dresden - Beatpol 03.11. Fulda - KuZ Kreuz 04.11. Nürnberg - Hirsch 05.11. Köln - Stollwerck 25.11. Hamburg - Fabrik 26.11. Bielefeld - Kamp 27.11. Bremen - Lagerhaus 28.11. Hannover - Faust 30.11. Münster - Sputnikhalle wird fortgesetzt

PARAMORE

03.12. Hamburg – Grünspan 04.12. Berlin – Columbia Club 06.12. Köln – Live Music Hall

30.09. Köln - Underground 01.10. Trier - Ex-Haus 02.10. Frankfurt a.M. - Ponyhof/Ex-Bett 03.10. Landau - Fatal 05.10. Hannover - Bei Chez Heinz 06.10. Siegen - Vortex 07.10. Münster - Amp 08.10. Hamburg - Molotow 09.10. Flensburg - Volxbad 10.10. Wolfsburg - Jugendhaus Ost

Windmill

26.09. Dortmund - FZW 29.09. Rostock - JAZ 30.09. Hamburg - KulturhausIII&70 01.10. Dresden - Beatpol 02.10. Leipzig - Nato 03.10. Berlin - Magnet 04.10. Fulda - Kulturkeller 10.10. Freiburg - Swamp

The Devil Wears Prada

18.11. Münster - Sputnikhalle 04.12. München - Backstage 05.12. Köln - Live Music Hall 06.12. Dresden - Reithalle 10.12. Berlin - Postbahnhof 11.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich

Noisettes

Trip Fontaine

25.11. Hamburg - Molotow 26.11. Frankfurt a.M. - Nachtleben 27.11. Köln - Gebäude 9 28.11. Berlin - Lido 30.11. München - Atomic Café

The XX

13.10. Berlin - Lido 14.10. Hamburg - Grüner Jäger 15.10. Köln - Luxor 16.10. München - 59:1 02.11. Stuttgart - Universum Club 03.11. Frankfurt a.M. - Nachtleben

EVENTS UND SO David Schumann “The Tokyo Diaries” - Live and Drunk 06.10. Leipzig - Moritzbastei 07.10. Oberhausen - Druckluft 08.10. Nürnberg - MUZ 09.10. Wiesbaden - Kulturpalast 14.10. Köln - Werkstatt 15.10. Osnabrück - Lagerhalle 16.10. Berlin - Admiralspalast

T-Mobile Extreme Playgrounds: Street Session

BMX und Skateboard Street/Vert; Finale World Cup Skateboarding Tour 2009 6.12. Berlin - Velodrom, Live: Deichkind

FREESTYLE.Berlin

9. bis 11.10. Flughafen Berlin-Tempelhof Die 60 weltbesten Athleten in den Disziplinen Snowboard, Freeski, FMX und Skateboard und jede Menge Parties.

The Virgins

05.11. München - Backstage 06.11. Stuttgart - Schocken 07.11. Wiesbaden - Schlachthof 09.11. Köln - Gebäude 9 10.11. Hamburg - Uebel & Gefährlich

sally*sounds09

24.10. Berlin - ColumbiaHalle Maximo Park, Blood Red Shoes und jede Menge lustige Gäste


Seite 62

MIX

„Als Rapper würde ich‘s erst mal mit Reden versuchen.“ (Thomas D./Die Fantastischen Vier), Oktober 2008

Warmlaufen fürs Finale

Die Coca-Cola Soundwave Bands vor dem großen Auftritt Natürlich – beim großen Coca-Cola Soundwave Finale 2009 geht es nur um die Musik. Aber eine gute Taktik hat noch niemandem geschadet, und deshalb lassen die drei Schwabenkapellen The Rising Rocket, TOS und AndiOliPhilipp hier mal schick die Muskeln spielen. Wie viel Schlagkraft hinter der großen Klappe der Finalisten steckt, erfahrt ihr am 3. Oktober live vor dem Brandenburger Tor in Berlin.

The Rising Rocket

AndiOliPhilipp lasst ihr Welches Gericht tter zur Mu r re eu n euch vo Auftritt m de r Stärkung vo (vor)kochen? topf. Lecker Gulaschein Gegner mit Wenn ihr eure ausschalten ln tte unfairen Mi ...? ihr wolltet, würdet sie mit uns in d un en ess ili ...fett Ch sperren. m au -R den Backstage Gedanken welchem Bei fieber ins en mp wächst das La . he lic ss me Uner die Zahl der Beim Gedanken an Zuschauer. ihr mit dieIm Notfall werdet Showeinla“ ser „artfremden ... en ge glänz zte sind, rechDa wir nicht Die Är llen. tfä nen wir nicht mit No

TOS

Welches Gericht lasst ihr euch von eurer Mutter zur Stärkung vor dem Auftritt (vor)kochen? Pasta ist das Beste vor dem großen Kampf. Und wie es sich für den Schwaben gehört, kommt nur das Original auf den Tisch: Handgeschabte Spätzle mit Soße! Wenn ihr eure Gegner mit unfairen Mitteln ausschalten wolltet, würdet ihr...? ...ihre Gitarrensaiten ansägen, in der Nacht davor Stechmücken ins Hotelzimmer schleusen und das Wasser auf der Bühne mit purem Wodka tauschen! Bei welchem Gedanken wächst das Lampenfieber ins Unermessliche. Eigentlich sollte das beim Gedanken an die Zuschauermassen passieren - aber das kennen wir nicht. Zitternde Knie, massive Schweißausbrüche und Bluthochdruckgesichter sind bei uns einzig und allein aufs Alter zurückzuführen.

Drei SchwabenCombos in Berlin Welches Gericht lasst ihr euch von eurer Mutter zur Stärkung vor dem Auftritt (vor)kochen? Eine fette Portion Käsespätzle, Maultaschen, Lins en und saure Kutteln! Wenn ihr eure Gegner mit unfairen Mitteln au wolltet, würdet ihr sschalten ...? ...auf Abführmitt el, Luftgewehr und Stromschläge set auf die Bühne stürm zen, dann en als würden wir ihn und so tun, en machen wir uns nic helfen... So ht verdächtig!

Bei welchem Geda nk das Lampenfiebe en wächst r ins Unermessliche. Beim Gedanken an den Moment, wenn wir angesagt werden! Im Notfall werd et ihr mit dieser „artfremden “ Showeinlage glänzen... Da wir alle Mitglie de club Edelweiss e.V r im „Jodel.“ sind (kein Witz!), könnten wi r eine Jodeleinlage darbieten, wä hrend wir dazu Quetsche spielen!

Im Notfall werdet ihr mit dieser „artfremden“ Showeinlage glänzen... Die Stuttgarter Nachrichten behaupten, wir kämen nur mit farbigen Socken bekleidet auf der Bühne. Wenn Not am Mann ist, würden wir die natürlich auch noch ausziehen.

Jennifer Rostock

Sie haben es geschafft – fast. The Rising Rocket, TOS und AndiOliPhilipp konnten im Online-Voting, vor der Expertenjury, auf der großen Konzert- und Festivalbühne bestehen und wurden von euch aus den letzten sechs Finalisten herausgepickt, um am Tag der Deutschen Einheit vor dem Brandenburger Tor zu spielen. Doch nur einer kann gewinnen... Unterstützt werden die drei Newcomer bei ihrem großen Auftritt unter anderem von Bands wie Jennifer Rostock, Alle weiteren Infos zu den Kapellen Ich + Ich, Revolverheld und Sil- und dem konkreten Zeitplan gibt es unter: myspace.de/cokemusic bermond.


„Ich habe keinen Psychiater.“ (Tom Gabel/Against Me!), November 2008

MIX

Seite 63

Volkswagen Sound Foundation

Weil HipHop hier meist nur eine Nebenrolle spielt, seien diese Zeilen jetzt mal den aktuellen Talents der Volkswagen Sound Foundation gewidmet.

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Vorhang auf für die Beat-Biester

Jona:S

Beats, Bässe und dicke Hose mit Schluck den Druck. Wer lang schon nicht mehr Arschgewackelt hat, ist bei den Berlinern in den aller besten Händen. Immerhin lassen sie mit ihren Elektro-Beats auch den verklemmtesten „Stockfisch“ tanzen – und das im Neonstrampler. Deutlich pop-melodischer zeigen sich Jona:S, vor allem mit ihrer Single „Steig Ein“. Hier lassen die Giessener Jungs große Gefühle sprechen, knutschen und fummeln bei „Oh Oh Oh“ dann aber artig weiter. Ein bisschen Klugscheißern auf ElektroBeat – bei Jona:S sitzt ihr da ganz vorn. Im Vergleich zu ihren Kollegen setzen Lingua Loca mehr auf die Soul-Funk-Karte. Liebe, Herzschmerz und Romantik plätschern bei den Schwaben ebenso durch die Boxen wie Alltagswut und ihr Sinn fürs Soziale. Unter soundfoundation.de findet ihr neben allen Infos zu den HipHop-Talents auch alles zu den Nachwuchskapellen aus den Bereichen Rock und Pop.

Lingua Loca

soundfoundation.de

T-Mobile Street Gigs

Dreifacher Rittberger mit Polarkreis 18

Gleiches Spiel, gleiches Glück. Nur dieses Mal wird’s rutschig beim T-Mobile Street Gig. Am 3. November werden Polarkreis 18 gemeinsam mit dem Philharmonic Volkswagen Orchestra auf der Kunsteisbahn der Eissporthalle Frankfurt zu einem kostenlosen Konzertereignis laden. Die Tickets für den tiefgekühlten Spaß gibt es nicht zu kaufen, sondern exklusiv bis zum 2. November unter tmobile-streetgigs.de zu gewinnen.

T-Mobile Street Gigs mit Polarkreis 18 3.11. Frankfurt - Eissporthalle Tickets bis zum 2.11. unter: t-mobile-streetgigs.de


Seite 64

MUSIK STORIES

„Es stinkt überall nach Männerpisse.“ (Liela Moss/The Duke Spirit), Dez./Jan. 2008-09

QUICKIES

Alles nur gekauft

Frankie’s Garage

Ausgemottet und wieder vorgekramt

Noch kurz bevor sich die ersten Alterserscheinungen bemerkbar machen könnten, kommt das 1985 in New York gegründete Taschenlabel mit strahlender Optik zu neuer Bewunderung. Und Bewunderung ist „Frankie’s Garage“ gewöhnt, schmückten sich doch schon Berühmtheiten wie David Bowie mit ihnen. Der ganz große Durchbruch gelang dann aber vor der legendären Fotolinse Andy Warhols, der sich das flotte Täschchen als Accessoire für eines seiner Shootings angelte. Auf unserem bescheidenen Bild könnt ihr jetzt die Record Bag aus der aktuellen Kollektion bewundern. frankies-garage.info

Fisherman’s Friend

Für Styler, Sammler und Seemänner

So ein bisschen Bling-Bling kommt immer gut - auch in der Hosentasche. Noch bis Ende Oktober wird euch zu jedem Doppelpack Mint, Extra Stark, Wild Cherry und Lemon eine schicke, limitierte Dose mit maritimem Design gereicht. Ob Anker-, Steuerrad-, Kompass- oder Leuchtturmmotiv – stilvoller habt ihr eure Fisherman’s Friend-Pastillen noch nie verstaut. Doch Obacht, der Vorrat ist begrenzt – also flott. fishermansfriend.de

AXE Dark Temptation Amplified Neu auf alt

Bei Amplified hängt für alle Vintage-Fans der Himmel voller Geigen. Nicht nur Stars und Sternchen schwören auf die T-Shirts der 2004 im hippen London gegründeten Marke. Hier wird aus Neuem ein schicker Retro-Look in hochwertiger Baumwolle kreiert und so können auch Bands wie Guns N’ Roses, die selbst ihren Coolness-Zenit vor Jahren überschritten haben, auf der Brust getragen glatt zum heißen Scheiß der Streetwear-Szene werden. Auf bravado.de, dem Online-Mekka für Musik, Band Merchandise und Fashion, gibt es die Shirts zu kaufen. Auf sallys.net verlosen wir ein Modell für Jungen und eins für Mädchen. bravado.de

Ich will Schokolade...

Jungs, es kann so einfach sein. Wer sich bisher (vergeblich) mit Blumen und netten Gesten bemüht hat, die Damenwelt zu betören, dem seien folgende zehn Buchstaben ans Herz gelegt: S-c-h-o-k-o-l-a-d-e. Laut einer AXE-Online-Studie ist ein Großteil der Frauen der Anziehungskraft der süßen Köstlichkeit willenlos erlegen. Und da die Damen meist noch ein bisschen mehr auf ihre Figur als auf den Genuss von Süßigkeiten geben, ist der neue AXE-Duft Dark Temptation eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Wer zum Anknabbern gut riechen möchte, sollte jetzt vertrauensvoll auf das schokoladige Aroma dieses Bodysprays und Duschgels setzen. Wenn ihr dann auch noch mit einem von den drei tollen schokobraunen Fatboy-Sitzsäcken glänzen könnt, die wir auf sallys.net verlosen, werden euch die Damen nicht mehr von der Pelle rücken. Versprochen... axe.de


„38 Pfund für ein menschliches Wesen ist ziemlich billig.“ (Nick McCarthy/Franz Ferdinand), Februar 2009

SPORT

Seite 65

Foto: Swatch

Lance Coury (USA) beim Hart Attack am Swatch Free4Style in Extavayer-le-lac 2008.

Jürgen Horrwarth und Nico Zacek freuen sich.

freestyle.berlin Großer Sport, große Party

Der Flughafen Tempelhof kommt nicht zur Ruhe. Nach dem böllernden Berlin Festival im August scharrt nun schon das nächste Großereignis ungeduldig mit den Turnschuhen. Vom 9. bis zum 11. Oktober wird richtig Aufwand betrieben, wenn dort die internationale A-Mannschaft der Freestyle-Szene zusammentrifft. Abgefahrene Sporteinlagen der Skateboard-Profis im Freestyle Motocross, Freeski und Snowboard und das tatsächlich mitten im Herbst. Eine 32 Meter hohe, künstlich eingeschneite Rampe auf dem Rollfeld macht’s möglich. Doch alle hier dargebotenen Sportarten haben ihren Reiz und ordentlich Adrenalinpotenzial unter der Mütze. Nach so viel körperlicher Anstrengung - der anderen - habt ihr euch dann natürlich eine Belohnung verdient. Am Freitag werden die Berliner Elektro-Punker von Warren Suicide das musikalische Treiben eröffnen. Samstag wird Busty Wolter neben seiner Teilnahme im Freestyle Motocross am Abend auch noch auf die Bühne klettern, um gemeinsam mit seinen Dan Dryers als Headliner des Tages das Unterhaltungsprogramm zu bestreiten.

Neben der live-musikalischen Bespaßung werden jeden Abend auch fingerfertige DJs für euer tänzerisches Wohlbefinden sorgen. Mauerdicke Beats sind Trumpf, wenn am Samstagabend unter anderem Fra Diavolo alias Totze und Teute ihre Plattenteller und euren Hüftspeck kreisen lassen. Nur, damit ihr vorbereitet seid: Hinter diesem DJ-Duo stecken Arnim und Torsten von den Beatsteaks, die von Old-School-HipHop über die pfiffigsten Rock- und Pop-Granaten bis zur Alternative-Hymne alles spielen, was eure Socken qualmen lässt. Zutritt zur Party verschafft ihr euch ganz einfach mit eurem freestyle.berlin Ticket. Allerdings müssen alle Besucher der Sause über 18 sein. Tickets sind im Vorverkauf unter freestyleberlin.de und

eventim.de erhältlich. Alle weiteren Infos sowie den genauen Ablaufplan gibt es ebenfalls auf der hauseigenen Homepage.

freestyle.berlin:

Ski, Snowboard, Motocross, Skateboard

9. bis 11.10. Berlin - Flughafen Tempelhof Live: Warren Suicide, Twin Atlantic, Ricoloop, Dan Dryers

DJs: Fra Diavolo, Urban Knights, Wax Wreckaz, Drifter & Mortensen Tickets und Infos unter: freestyle.berlin, eventim.de

T-Mobile Extreme Playgrounds: Street Session Ein Stiefel voller Spaß

Am Nikolaustag gibt’s kein Date im Kegelverein. Die T-Mobile Extreme Playgrounds machen Halt in der Hauptstadt und werden im Rahmen der Street Session nun bereits im dritten Jahr die weltbesten BMX- und Skateboard-Profis begrüßen dürfen. Zum ersten Mal wird dabei das Finale der World Cup Skateboarding Tour 2009 ausgetragen. Die bestplatzierten Fahrer wie Tour-Spitzenreiter Renton Millar rollen sich praktisch schon warm. Als musikalischer Headliner sind bereits die Partygranaten von Deichkind bestätigt. Tickets für den Spaß gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen und unter: t-mobile-playgrounds.de.

T-Mobile Extreme Playgrounds: Street Session BMX und Skateboard Street/Vert; Finale World Cup Skateboarding Tour 2009 6.12. Berlin - Velodrom Live: Deichkind Tickets jetzt unter: t-mobile-playgrounds.de

Sam Beckett fotografiert von Kay Clauberg


Seite 66

KINO

„Kermit ist der Puff Daddy der Sesamstraße.“ (Olli Schulz), März 2009

Männerherzen Wenn Kerle lieben...

Alles hip: Florian David Fitz in „Männerherzen“

Das ist doch mal was: eine romantische Komödie ganz aus Männersicht! Simon Verhoeven, seines Zeichens Schauspieler („Der Fischer und seine Frau“) und Sohn von Senta Berger, wirft mit seinem zweiten Film als Regisseur einen episodischen Blick auf ein paar sehr unterschiedliche Kerle in Berlin und deren Lebens-, vor allem aber Liebessorgen.

Auf der Überholspur: Florian David Fitz

Da ist der spießige Werber (Florian David Fitz), der vom bevorstehenden Ehealltag bis hin zum Eigenheimkauf alles durchgeplant hat; sein leicht verpeilter Kumpel (Maxim Mehmet), der sich gerade so mit Nebenjobs über Wasser hält; ein Musikproduzent (Til Schweiger), für den es eigentlich nur um schnellen Sex und ordentlich Kohle geht; ein furchtbar verklemmter Behördenangestellter (Christian Ulmen), der sich in eine Verkäuferin (Nadja Uhl) verliebt und schließlich deren Ex-Mann, ein traumatisierter U-Bahn-Fahrer (Wotan Wilke Möhring).

Florian, „Männerherzen“ ist deine erste große Kinohauptrolle. Spürt man da eine andere Verantwortung? Ja, finde ich schon. Den Druck fühle ich aber eher im Vorfeld. Bei der Arbeit versuche ich das zu vergessen. Bringt mich ja nicht weiter. Im Gegenteil: Ich funktioniere nicht so gut unter Druck.

All diese Figuren sind nicht sonderlich originell gezeichnet und sehr typisch besetzt, während gleichzeitig das Setting zwischen Werbeagenturen und Fitnessstudios, der genau wie die Red Bull-Dose immer sorgfältig ins Bild gerückte Fernsehturm und die Untermalung mit House-Musik ein wenig gestrig wirken. Aber wie man es auch dreht und wendet: „Männerherzen“ hat allen Klischees zum Trotz reichlich Schwung, ziemlich viele gute Gags und ein blendend aufgelegtes Ensemble, in dem die Frauen absolut in der Minderheit sind. Und mit Justus von Dohnányi als bisexuellem Schlagerstar Bruce Berger, der mit Til Schweiger kuscheln darf, kann die Komödie sogar ein echtes Glanzlicht setzen. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 8. Oktober 2009

Ein unbeschriebenes Blatt ist Florian David Fitz keineswegs, immerhin steht er schon seit neun Jahren für diverse TV-Produktionen und Filme wie „Mädchen Mädchen 2“ oder „3º kälter“ vor der Kamera. Sogar mit dem Grimme-Preis wurde er bereits ausgezeichnet, für die Fernsehkomödie „Meine verrückte türkische Hochzeit“. Doch in diesem Jahr gibt der Münchener richtig Gas: die amüsante Serie „Doctor’s Diary“, deren zweite Staffel soeben auf DVD erschienen ist, entpuppt sich als Publikumshit – und in „Männerherzen“ spielt er seine erste Kino-Hauptrolle.

Bist Du ähnlich gut organisiert wie Niklas, also ein echter Planer? Oder ist Dir ein anderer der Kerle in „Männerherzen“ persönlich näher? Privat bin ich zwischen Projekten immer eine Zeit lang planlos, um auch mal wieder runter zu kommen - stelle aber immer wieder fest, dass ich mich wohler fühle, wenn mein Leben einen Rhythmus hat. Kennst Du das eigentlich aus Deinem eigenen Leben: dass sich irgendwelche Träume oder Lebenspläne als die falschen herausstellen und man alles über den Haufen werfen muss? Ich stelle manchmal fest, dass ich bestimmte Träume geträumt habe, die eigentlich anderen Menschen gehören, die großen Einfluss auf mein Leben haben. Der ein oder andere hat sich ausgeträumt und es tut mir kein bisschen leid. Manchmal sortiert sich das Leben von selbst. Du hast mal in einem Interview gesagt, Du würdest Frauen nicht wirklich verstehen. Warum ei-

gentlich? Und schlagen Männerherzen wirklich so anders als Frauenherzen? Na ja, da ging es nur um die unterschiedliche Art der Geschlechter, zu kommunizieren. Männern - zumindest wollen wir das glauben - geht es eher um Information, um einer Lösung näher zu kommen, während bei Frauen oft die Kommunikation selbst im Vordergrund steht. Die Lösung ist nicht so wichtig wie die Tatsache, dass man darüber gesprochen hat. (lacht) In „Männerherzen“ spielt auch Berlin eine große Rolle. Wie stehst Du als Münchener eigentlich zur Hauptstadt? Ich liebe Berlin. Im Sommer zumindest. (lacht) Sowohl „Männerherzen“ als auch „Doctor’s Diary“ spielen mit der Mischung aus Humor und Romantik. Was von beidem spielt in Deinem Leben eine größere Rolle? Definitiv Humor! Scheiß auf Romantik. Nichts geht mehr in die Hose, als einen Abend ganz romantisch gestalten zu wollen. Keine Anzahl von Kerzen am Badewannenrand macht einen Moment auf Biegen und Brechen besonders, weil ich mir das gerade wünsche. Romantische Momente sind doch im Rückblick immer Geschenke des Zufalls, oder? Interview: Patrick Heidmann



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KINO

„In China ist McDonald‘s eines der feinsten Restaurants.“ (Martin/Frittenbude), April 2009

Verblendung

Stieg Larsson - Der Erste Streich Wirft man einen Blick auf die Bücher-Bestsellerliste, wird man dabei unweigerlich auf den Namen Stieg Larsson stoßen. Die drei Krimi-Thriller des schwedischen Autors verkaufen sich weltweit blendend - bis zur Verfilmung war es also nur eine Frage der Zeit. Der erste Teil kommt nun mit einer Laufzeit von gut zweieinhalb Stunden in die Kinos. Und man merkt ihm trotzdem noch die Mühe an, die komplexe Handlung und all die Figuren des Buches im Film unterzubringen, ohne den Zuschauer zu überfordern. Der macht in „Verblendung“ Bekanntschaft mit dem Investigativ-Journalisten Mikael Blomkvist (Michael Nyqvist) und der jungen Hackerin Lisbeth Salander (Noomi Rapace). Die beiden geben ein ungewöhnliches, aber in ihrer Arbeit hocheffektives Gespann ab, das im Auftrag einer Großindustriellen-Familie das bereits 40 Jahre zurückliegende Verschwinden eines ihrer Mitglieder aufklären soll. Entstanden ist ein düsterer und spannender Thriller, in dem zwar nicht alles immer restlos schlüssig erscheint, der aber trotzdem Lust auf mehr Larsson im Kino macht. Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 1. Oktober 2009

Drei Teile im Kasten: Noomi Rapace als Lisbeth Salander.

Noomi Rapace im Interview In Deutschland ist Noomi Rapace, die bislang in einigen TV-Serien und einer Handvoll Filmen mitspielte, noch ein gänzlich unbeschriebenes Blatt. Doch genau wie in ihrer schwedischen Heimat dürfte sich das ziemlich schnell ändern. Immerhin spielt sie in „Verblendung“ die Protagonistin Lisbeth, mit der bereits Millionen von Stieg Larsson-Lesern auf der ganzen Welt mitgefiebert haben. Und auch die Leinwandversionen der beiden Nachfolge-Romane „Verdammnis“ und „Vergebung“ hat die Mutter eines Sohnes bereits abgedreht. Frau Rapace, gehören Sie zu den Millionen Lesern, die die Bücher von Stieg Larsson verschlungen haben? Oh ja, ich hatte „Verblendung“ und auch die beiden anderen Bände schon lange gelesen, bevor an eine Verfilmung überhaupt zu denken war. Alle drei am Stück, in nicht einmal zwei Wochen! Schon damals schien mir die Geschichte hervorragend für das Kino geeignet, weil mir beim Lesen sofort sehr cineastische Bilder in den Kopf kamen. Und ich konnte mir auch mich selbst gleich als Protagonistin vorstellen. Wobei ich das letztlich immer tue. Sogar wenn die Hauptfigur eigentlich ein 50-jähriger Mann ist.

Sie mussten für die Rolle eine ziemliche Verwandlung durchmachen. Wie sind Sie die angegangen? Ich habe sieben Monate lang vier Tage die Woche mit einem verrückten Typen aus Serbien Thai-Boxen trainiert. Und eine Spezialdiät habe ich auch gemacht, damit ich abnehme und mein Körper ein wenig maskuliner wird. In den Büchern wird Lisbeth ja als beinahe magersüchtig beschrieben, aber weil ich mich nicht zu Tode hungern wollte, trafen wir die Entscheidung, dass ich - so gut es geht - wie ein Junge aussehen sollte. Außerdem habe ich mir natürlich die Haare geschnitten und gefärbt, und


den Motorradführerschein gemacht. Auch die Piercings habe ich mir wirklich stechen lassen! Nur bei den Tätowierungen habe ich dankend auf künstliche zurückgegriffen. War es denn wirklich nötig, sich die tatsächlich für den Film stechen zu lassen? Ich möchte nichts faken, denn mir ist als Schauspielerin Authentizität wichtig. Wenn es möglich ist, entscheide ich mich immer für die echte Variante. Abgesehen davon, dass es sich für mich anders anfühlt, bin ich überzeugt, dass auch der Zuschauer sehen kann, wenn Dinge nicht echt sind. Jede Bewegung muss organisch und selbstverständlich sein. Wenn ich aber immerzu Angst haben muss, mir könnte das falsche Piercing aus dem Gesicht fallen, wenn ich mit der Hand drüber streife, wird es krampfig. Hatten die Veränderungen denn Auswirkungen auf ihre Persönlichkeit, ihren Alltag? Es hat mich zumindest überrascht, wie sich die Reaktionen der Umwelt veränderten. Die Leute sind häufig wirklich unfreundlich, wenn vor ihnen jemand mit kurzen schwarzen Haaren und lauter Piercings steht. Normalerweise werde ich in meiner Bank sehr zuvorkommend behandelt. Aber sobald da diese nicht mehr ganz junge Punk-Göre vor ihnen stand, sah die Sache plötzlich anders aus. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich mich selbst nicht wahnsinnig ansehnlich fand. Früher als Teenager hatte ich mehrere Piercings im Gesicht und fand die total schick. Heute sehe ich das ein wenig anders. Neben dem Äußeren ist sicherlich auch die unsichtbare, die emotionale Annäherung an so eine Figur von Vorteil, oder? Natürlich, und die ist sogar der wichtigere Teil der Arbeit. Ich versuche immer, diese Person in mir selbst zu finden. Einfach nur am Set auftauchen und so tun als ob, das reicht mir nicht. Also muss ich zusehen, dass ich die Figur wirklich verstehe und Parallelen zu mir selbst entdecke. Erstaunlicherweise war das in diesem Fall gar nicht so schwer. Als ich jünger war, hatte ich selbst Phasen großer Frustration und Wut. Ich war definitiv auf Anti-Kurs, gegen die Gesellschaft, die Polizei, die Schule. Diese alten Gefühle musste ich nun nur wieder hervorkramen – und noch ein wenig intensivieren. Interview: Patrick Heidmann

CinemaxX und unclesally*s präsentieren

VERBLENDUNG

bereits vor dem offiziellen Filmstart als Preview am Mittwoch, den 30. September um 20.00 Uhr! Wir verlosen exklusiv 10x2 Tickets pro CinemaxX Standort* für diese Preview - einfach bis zum 28. September eine E-Mail mit eurem Wunschkino an verlosung@sallys.net schreiben und gewinnen. Weitere Infos zur Preview gibt’s unter cinemaxx.de * gilt nicht für: Darmstadt, Delmenhorst, Halle-Neustadt, Hamm, Solingen und Mannheim.


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KINO

„Ich singe über Sex, weil die anderen Grundbedürfnisse des Menschen langweilig sind.“ (Peaches), Mai 2009

Away We Go

Roadtrip ins Ungewisse

Nach dem beklemmenden Ehedrama „Zeiten des Aufruhrs“ überrascht „American Beauty“-Regisseur Sam Mendes mit einem kleinen, luftig-leichten Roadmovie. Im Leben des kauzigen Pärchens Burt (John Krasinski) und Verona (Maya Rudolph) hat sich seit dem College nicht viel getan. Mehr schlecht als recht schlagen sie sich als Freiberufler durch, und genießen ansonsten die ungestörte Zweisamkeit. Bis Veronas plötzliche Schwangerschaft eine Veränderung der Verhältnisse verlangt. Als Burts Eltern, von denen sich die beiden Antikarrieristen umfassende erzieherische Unterstützung erhofft hatten, freudestrahlend ihren Umzug ins ferne Belgien(!) verkünden, hält auch sie nichts mehr zuhause. Sie machen sich auf, die wenigen verbliebenen Freunde, Bekannten und Familienmitglieder zu besuchen, mit dem Ziel, den rechten Ort zum Niederlassen zu finden.

und Burt gern auf ihrer Reise durch die unterschiedlichsten Lebensentwürfe. Komödiantischer Höhepunkt ist dabei die Begegnung mit der NewAge-Prophetin Ellen (Maggie Gyllenhaal), die Kinderwagen für Hexenwerk hält und meint, auch ihren vierjährigen Sohn noch stillen zu müssen.

Die Aufbruchsstimmung, die der Film so euphorisch vermittelt, steckt an, und man folgt Verona

Text: Sebastian Gosmann Kinostart: 15. Oktober 2009

Schon mit der köstlichen Bettszene gleich zu Beginn schafft es „Away We Go“, uns zu erobern und macht gleichzeitig klar: Ein Blatt wird hier nur selten vor den Mund genommen. Die Häufigkeit, mit der sich die Charaktere unangenehme Wahrheiten an den Kopf knallen, ist beträchtlich. Und irre amüsant.

Durst

Eine erstaunliche Wiedergeburt

In den letzten Jahren, irgendwann zwischen „Blade“ und „Buffy“, drohte der Vampir seine geheimnisvolle Faszination und Dunkelheit zu verlieren. Koreas Star-Regisseur Park Chan-wook („Oldboy“) gibt sie ihm nun zurück. Und wie! Durch eine infizierte Bluttransfusion wird der bibeltreue Pater Sang-hyun (Song Kang-ho) zum Vampir. Mit dem Blutdurst entflammt auch die Liebe zur jungen Tae-ju (Kim Ok-bin), die zwangsläufig sein untotes Naturell bemerkt. Das ist schlecht – für ihn, für sie und für eine Menge unbedarfter Seelen. „Durst“ ist sowohl Horrorfilm als auch groteskes Beziehungsdrama. Und dabei einfach großartig. Park Chan-wook liefert erneut eine perfekt gefilmte und brillant durchdachte Geschichte. Eine Flut überwältigender Bilder beschreibt die Momente, die Sanghyun und Tae-ju erleben; magische Szenen, liebevoll, mitreißend, grausam und wahnwitzig. Jede scheint eine Facette der heftigen Konflikte der beiden widerzuspiegeln. Die Figur des Vampirs erweist sich als

treffende Metapher für die schon in früheren Filmen Parks behandelten schweren Themen: Monster und Erlöser, Verführter und Verführer zwischen Trieb und Moral, zwischen Schuld und unerfüllbarer Sühne. Eine der großen Stärken des Films ist der Umgang mit dem Vampirmythos. Noch nie wurde das Thema so mühelos und glaubhaft in unsere Zeit versetzt. „Durst“ ist grell, düster, komisch, voller Blut und Sex und hat ein wundervolles Ende. Ein Meilenstein des Genres, ein Muss für Fans von Park Chan-wook und ein überaus einfallsreicher und intelligenter Film, den man sehen sollte. Text: Christian Stein Kinostart: 15. Oktober 2009

Mein Halbes Leben

„Warum ist es so schwer, 30 zu sein?“

„Ich habe nichts in meinem Leben erreicht.“ Mit dieser ernüchterten Feststellung kehrt der Filmemacher und Wahl-Kreuzberger Marko Doringer seiner Wohnung in Berlin den Rücken und macht sich in die österreichische Heimat auf. Von der nagenden Gewissheit getrieben, dass sein 30. Geburtstag eine Zäsur bedeutet, die ihn zum totalen Loser stempelt, sucht er alte Freunde und Familienmitglieder auf. Es gilt in Erfahrung zu bringen, wie andere Menschen mit dieser schicksalhaften Altersmarke umgehen. Der autobiographische Dokumentarfilm ist größtenteils aus der IchPerspektive gefilmt und kommentiert. Die anfangs etwas dröge wirkende Erzählstimme des Regisseurs entlockt dem Zuschauer durch seine ironisch-analytischen Beobachtungen bald das erste Schmunzeln und später wild zustimmendes Nicken. Dabei gelingt es Doringer, lustige Situationen zu kreieren, ohne seine Interviewpartner bloßzustellen. Da ist zum Beispiel Tom, der Manager-Freund, der nur

für seinen Beruf lebt. Er sieht seine Familie kaum und muss die vielfältigen Hobbys hinten anstellen. Die Problematik vieler „Thirtysomethings“, immer alles gehabt zu haben und gleichzeitig der Illusion nachzuhängen, dass das „richtige“ Leben erst noch anfängt, kristallisiert sich als zentrale Erkenntnis heraus. Werden sich die eigenen Träume verwirklichen oder ist man irgendwann mit einem Schlag einfach zu alt? Die große Freiheit, die mancher manchmal eher als Belastung empfindet, wird von der Eltern-Generation mit einem gewissen Neid betrachtet. „Mein halbes Leben“ ist aber besonders für Leute um die 30 wärmstens zu empfehlen. Text: Lasse Holler Kinostart: 8. Oktober 2009


„Es gibt nur gute und schlechte Bands. Wir sind eine gute!“ (Brian Molko/Placebo), Juni 2009

KINO

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(500) Days of Summer

Please, Please, Please, Let Me Get What I Want Ausgerechnet ein Lied der Smiths führt die beiden zusammen. Die AchtzigerIkonen um Morrissey, sind ja dafür bekannt, über die enttäuschenden und gerne auch herzschmerzhaften Seiten der Liebe zu singen. Der aus Toms (Joseph Gordon-Levitt) Kopfhörern klingende Smiths-Song bringt Summer (Zooey Deschanel) dazu, ihren schüchternen Kollegen im Fahrstuhl anzusprechen. Beide arbeiten in einer Firma, die Grußkarten für alle Lebenslagen produziert, und Tom hatte schon länger ein Auge auf seine bezaubernde Kollegin geworfen. Es war Liebe auf den ersten Blick und so beginnt Tag Eins der Toms Summer-Zeitrechnung. Die bereits erwähnte Episode im Fahrstuhl findet am Tag Vier statt, an Tag 22 glaubt Tom, dass alles schon wieder vorbei ist, bevor es richtig angefangen hat. An Tag 26 stehen beide während eines Karaoke-Abends der Firma auf der Bühne und kommen sich näher, am nächsten Morgen im Büro folgt dann der erste, etwas unbeholfene Kuss am Kopierer – und für Tom beginnen die romantischen Summer-Festspiele. Doch seine neue Freundin scheint da etwas anders zu ticken: Eine echte Beziehung will sie eigentlich nicht, eher eine gute Freundschaft, ergänzt um gelegentlichen Sex, denn an die wahre, große Liebe glaubt Summer im Gegensatz

Sie so, er so, zeig’ mal Perso: Tom & Summer.

zu Tom nicht. Dieser Aufeinanderprall der gegensätzlichen Beziehungsvorstellungen kann nicht lange gut gehen – und hier kommt dann auch wieder die pessimistische Song-Philosophie der Smiths ins Spiel. Durch die Höhen und Tiefen ihrer Beziehung begleiten wir das Nicht-so-richtig-Paar, wobei sich Regisseur Marc Webber eines cleveren Tricks bedient: Er inszeniert die Liebesgeschichte, die - wie gleich zu Anfang durch einen Off-Erzähler klargestellt wird - gar keine sein soll, sondern lediglich eine Jungetrifft-Mädchen-Story, nicht linear, sondern springt

munter zwischen den einzelnen Tagen, sprich: Beziehungsstadien, hin und her. So wissen wir schon relativ früh, dass sich die beiden Smiths-Fans irgendwann um den Tag 300 der Summer-Zeitrechnung herum einmal trennen werden, und betrachten so bereits ihre Treffen davor mit einem gewissen Argwohn. Dieser Kniff sowie die zwei tollen Hauptdarsteller aus Hollywoods Geheimtipp-Ecke machen den Reiz dieser Melanchomödie aus. Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 22. Oktober 2009

Das weisse Band Ursachenforschung

Michael Haneke ist ein Filmemacher der unbequemen Sorte. Auf Grund der formalen Strenge und seines analytisch-kühlen Blickes auf die Dinge wirken seine Filme eher wie anthropologische Versuchsanordnungen. Und doch fühlt sich der Zuschauer angesprochen und wird sich der Allgemeingültigkeit des modellhaft Erzählten schmerzlich gewahr. Der österreichische Regisseur zwingt den Zuschauer zur Auseinandersetzung sowohl mit sich selbst als auch mit der ihn umgebenden gesellschaftlichen Realität, indem er ihn teilhaben lässt an der in ihr stattfindenden Kommunikationsunfähigkeit und der daraus resultierenden Gewalt. Sein Publikum muss bereit sein, sich auch nach Verlassen des Kinosaals noch mit den unangenehmen – zumeist moralischen – Fragen auseinanderzusetzen, die Filme wie „Caché“ oder „Funny Games“ aufwerfen – und ganz bewusst nicht beantworten. Auch Hanekes neuer Film „Das weisse Band“, der im Mai bereits die Goldene Palme in Cannes gewann, gibt keine Antworten, gönnt uns keine Aufklärung der mysteriösen Vorfälle, die sich im Sommer des Jahres 1914 in einem kleinen protestantischen Dorf in der Uckermark zutragen. Heimtückische Anschläge auf Gemeindemitglieder, (vermeintliche) tödliche Unfälle und Misshandlungen häufen sich; und der Verdacht drängt sich auf, dass die Kinder des Dorfes etwas damit zu tun haben könnten. Mit

Hauptsache Manieren: Michale Hanekes „Das weisse Band“.

der Ruhe und Präzision eines Pathologen seziert Haneke das Wesen der obrigkeitsgläubigen preußischen Gesellschaft, deckt die allgegenwärtige psychische und physische Gewalt auf, mit welcher der gestrenge „Herr Vater“ etwa auf Ungehorsam oder andere Verfehlungen reagiert, und sinniert über die Folgen dieses – im Sinne der Glaubenslehre praktizierten – rigorosen Moralismus’, der konsequenterweise gerade im Pfarrhaus zu beklemmenden Bestrafungsritualen führt.

20 Jahre später dem Hitlerregime die Hand reichen wird. Mit einem hervorragenden Gespann aus durchweg talentierten Kinderdarstellern und wahren Leinwandgrößen wie Ulrich Tukur, Josef Bierbichler oder Burghart Klaußner im Rücken macht sich Haneke daran, die Wurzeln der Unmenschlichkeit freizulegen. Und die sind – um mit den Worten des Meisters zu schließen – überall dort zu finden, „wo ein Ideal zur Ideologie verkommt und verabsolutiert wird“. Dann nämlich wird es gefährlich.

In wunderschönen Schwarz-Weiß-Bildern porträtiert „Das weisse Band“ jene Kindergeneration, die

Text: Sebastian Gosmann Kinostart: 15. Oktober 2009


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KINO SHORTCUTS

„’Octahedron’ ist einfache Musik für einfache Leute.“ (Cedric Bixler/The Mars Volta), Juli/August 2009

Die nackte Wahrheit

Es kommt der Tag

Evet, ich will!

Macho-Mann mit großem Mundwerk trifft auf Kontrollzicke mit hohen Ansprüchen: Abby (Katherine Heigl) hat eine Liste mit Attributen, über die ein Mann zu verfügen hat, und überlässt nur ungern etwas dem Zufall – weder als TV-Producerin noch bei ihren Dates. Der neue Nachbar Colin (Eric Winter) scheint alles zu bieten. Doch wie angelt man sich so einen Traumtypen? Man fragt am besten jemand, der sich damit auskennt - ihren verhassten Kollegen, den sexistisch-schamlosen Moderator Mike (Gerard Butler). Der schafft es zwar, dass Colin sich in Abby verliebt, doch eigentlich ist hier laut Genre-Vorgabe eine andere Paarung erwünscht. Nachdem die Figuren anfangs viel zu sehr an ihren flachen Klischees kleben, ändert sich dies wenigstens noch kurz vor Schluss: Mit dem zaghaften Rollenbruch der Charaktere versprüht „Die nackte Wahrheit“ (ab 1.10.) dann doch ein wenig Charme. Dies macht sie zwar noch lange nicht zum Kino-Muss, FreundInnen der klassischen Rom-Com dürften aber auf ihre Kosten kommen.

Judith (Iris Berben) kämpfte für die Revolution und musste nach einem Mord untertauchen. Ihre Tochter Alice (Katharina Schüttler) gab sie einfach weg. Heute lebt sie mit einer neuen Familie im Elsass, und niemand ahnt etwas von den Leichen im Keller, als Alice sie aufspürt. Judith soll sich ihrer Schuld stellen und so ihr eigenes Leben zerstören, wie sie das ihrer Tochter zerstörte.Regisseurin Susanne Schneider fragt, ob doppelte Ungerechtigkeit zu Gerechtigkeit führt und ihre Schauspielerinnen schöpfen dieses Potenzial komplett aus. Sie kreischen, keifen, zischen, lachen, weinen und prügeln sich, so dass die Darstellung ihrer Hass-Liebe bestürzt und begeistert. Mancher Dialog hätte zugunsten bitterbös funkelnder Augen oder überheblicher Gesten locker ausgespart werden können, sagen Blicke doch mehr als tausend Worte. „Es kommt der Tag“ (ab 1.10.) sollte man sich trotzdem nicht entgehen lassen.

Der Sprachmix im Titel „Evet, ich will!“ (ab 1. 10.) verrät bereits, dass es sich bei der Komödie um eine deutsch-türkische Angelegenheit mit Heiratsbestrebungen drehen muss. Sinan Akkus ist hier der debütierende Langfilm-Regisseur, der im Wesentlichen drei verliebte Paare zeigt (u.a. Oliver Korittke und Lale Yavas). Sie sind im Gegensatz zu ihrem familiären Umfeld absolut heiratsbereit. Bevor die Turteltauben also mit dem Segen aller vor den Traualtar treten können, müssen sie so einige kulturelle Hürden überwinden.Leider sind es fast ausschließlich kleinere Nebenschauplätze, die den Film liebenswert machen, im narrativen Überbau fehlt die Leichtigkeit an allen Ecken und Enden. Dass Akkus durch sämtliche MultiKulti-Witze und Klischees hurtig hindurch rauscht, mag zunächst nach einem fliegenden Erzähltempo klingen, zeigt sich aber tatsächlich als nervender Versuch, auf Krampf alles mitzunehmen, was innerhalb der deutsch-türkischen Beziehungen an Klamauk so möglich ist.

Hangtime – Kein leichtes Spiel

Orphan

Wendy & Lucy

Groß ist der Wunsch nach einem dritten Kind bei Kate (Vera Farminga) und John (Peter Sarsgaard), wobei eine Fehlgeburt das Ehepaar eine Adoption versuchen lässt. In einem Waisenhaus treffen sie auf die wohlerzogene und zurückhaltende Esther (Isabelle Fuhrman), die schon ein paar Wochen später bei der Familie einzieht. Während sich Esther mit der jüngeren, taubstummen Max (Aryaba Engineer) schnell anfreundet, bleibt der ältere Danny (Jenny Bennett) skeptisch. Und er soll Recht behalten, denn Esther entwickelt sich vom Unschuldsengel zum Satansbraten. Regisseur Jaume Collet-Serra wendet viel erzählerische Sorgfalt für seinen sanften Schocker auf und kann zudem seinen Schauspielern vollends vertrauen. Gepflegten Grusel erzeugt dieser zwar etwas langatmige, aber nicht unspannende Thriller und verzichtet glücklicherweise auf die Ausgeburt-des-TeufelsKonstruktionen, was „Orphan“ (ab 22.10.) einen fast schon realistischen Touch verleiht.

Eine junge Frau und die Liebe zu ihrem Hund stehen in „Wendy & Lucy“ (ab 22.10.) im Mittelpunkt, und doch könnte dieser Film kaum weiter weg sein von kitschiger Wohlfühlromantik. Regisseurin Kelly Reichardt geht es vielmehr um knallharte, sehr amerikanische Alltagsrealität. Wendy (Michelle Williams) besitzt kaum mehr als ihren Hund Lucy und ein altes Auto. Auf halbem Wege nach Alaska, wo vielleicht ein Neubeginn warten könnte, strandet sie im Nirgendwo von Oregon. Ohne Geld und mit einem kaputten Wagen ist die Situation schnell ausweglos – und sie wird noch schlimmer, als Lucy irgendwann verschwunden ist. So sparsam und spröde, wie sich der Inhalt liest, ist dieser Film auch. Doch gerade in der Schlichtheit liegt auch seine Stärke, denn nichts lenkt ab von der Präzision und Eindringlichkeit, mit der Reichardt ihre bewegende Geschichte erzählt. Und vor allem nicht vom unglaublich nuancierten Spiel von Michelle Williams, die man noch nie so großartig gesehen hat wie hier.

Text: Jochen Barthel

Text: Dirk Lüneberg

Der 21-jährige Vinz (Max Kidd) lebt seit dem Tod seiner Eltern mit seinem älteren Bruder Georg (Misel Maticevic) in einer Hochhaussiedlung in Hagen. Sein einziger Ausweg führt über sein Basketball-Talent. Vinz träumt von einem Sportstipendium in den USA, sein Bruder hingegen möchte ihn in der deutschen Basketball-Bundesliga unterbringen. Aber was wird aus seinem derzeitigen Team Phoenix Hagen? Was aus seinen beiden besten Freunden Samuel und Ali? Und wie soll es mit Kathy (Mirjam Weichselbraun) weitergehen, die er doch gerade erst kennengelernt hat? Es gilt, viele schwierige Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen und erwachsen zu werden. Regisseur Wolfgang Groos erzählt mit „Hangtime“ (ab 15.10.) ein kleines, aber feines Coming-OfAge-Drama mit Basketball-Background, das vor allem durch die nachvollziehbare Nähe zu seiner Hauptfigur und die Frische seiner Darsteller zu überzeugen weiß. Text: Daniel Schieferdecker

Text: Vanessa Pape

Text: Dirk Lüneberg

Text: Patrick Heidmann


„Bei ’Guitar Hero’ habe ich zwei linke Hände.“ (Tom Morello), September 2009

Ein Teil von mir

Gigante

Der aufmerksame Jugendzeitschriften-Leser weiß sofort, dass „Ein Teil Von Mir“ (ab 15.10.) der Titel eines Songs von Sido ist. Die Nicht-Jugenzeitschriften-Leser kennen jenen Musiker vielleicht als den Berliner Rapper mit der Totenkopfmaske. Wie auch immer, handeln Song und Film von einer ungewollten TeenagerSchwangerschaft. Als die werdende Mutter (Karoline Teska) von dem „Resultat“ ihrer durchfeierten Partynacht erfährt, wendet sie sich sofort an den zuständigen Erzeuger (Ludwig Trepte), der von der Kunde jedoch eher minimal begeistert ist. Das Debüt von Christoph Röhl ist problematisch, denn Handlungen wirken motivationsarm und Dialoge karg. Sie können weder durch innovative Bildsequenzen, noch durch besondere Schauspielkünste aufgefangen werden und so dauert es langatmige 85 Minuten, bis es wie bei Sido endlich heißt: „Du bist mein Fleisch, mein Blut, du bist ein Teil von mir“.

Jara ist ein sympatischer Mann mit ruhigem Gemüt und imposanter Statur. Als Wachmann eines Supermarktes kontrolliert er andere Mitarbeiter über Monitore. Dabei verliebt er sich in die Putzfrau Julia. Zu schüchtern sie anzusprechen, folgt er ihr. Zunächst nur mit den Überwachungskameras, schon bald jedoch auf Schritt und Tritt. Vordergründig geht es darum, wann, wie und ob Jara auf Julia treffen wird. Darüber hinaus zeigt Adrián Biniez’ Regiedebüt den schmalen Grad zwischen Zuneigung und Besessenheit, sowie das Verhältnis von gefühlter Nähe zu tatsächlicher Distanz. Auf der Berlinale gab es dafür u.a. einen Silbernen Bären. „Gigante“ (ab 1.10.) ist ein schöner Film mit vielen außergewöhnlich komischen Momenten, durchweg authentischen Charakteren sowie einem stimmigen Soundtrack. Allerdings gleicht er seinem Protagonisten stark in dessen Ruhe und Gemächlichkeit.

Text: Vanessa Pape

Text: Christian Stein

KINO SHORTCUTS

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Unter Bauern – Retter in der Nacht Die Verfilmung der Autobiographie Marga Spiegels, einer in Deutschland geborenen Jüdin erzählt, wie sie gemeinsam mit ihrem Mann und der kleinen Tochter im Frühjahr `43 von einer Gruppe westfälischer Bauern versteckt und damit (vorerst?) vor der sicheren Deportation bewahrt wird. Der Film zeigt lediglich die zu erwartenden Probleme und Entwicklungen, die eine solche Situation provoziert. Zwar wird „Unter Bauern“ (ab 8.10.) nie richtig langweilig und verzichtet glücklicherweise auf Effekthascherei durch zu viele Nazi-Requisiten. Auch die Darsteller sind gut. So erinnert Veronica Ferres eher an Nicole Kidman als, nun ja, an Veronica Ferres. Doch die Umsetzung des Stoffes reicht weder dramaturgisch noch visuell für die Leinwand aus. Ein Fernsehfilm wäre das passendere Format gewesen. Text: Christian Stein


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KINO DVD

unclesally*s magazine

DVD des Monats

Der Knochenmann (Majestic/20th Century Fox)

Simon Brenners Tage bei der Grazer Polizei sind längst gezählt. Heute verdient er seine Weckerl, indem er für seinen Freund Berti Leasingfahrzeuge wiederbeschafft, für die die Ratenzahlungen ausbleiben. Mehr Abneigung als für diesen Job verspürt der stets leicht gequält dreinschauende Miesepeter (Josef Hader) wohl nur für die muffige Provinz. Und prompt verschlägt es ihn in die ländliche Steiermark. Widerwillig quartiert er sich im eher ungastlich wirkenden „Gasthof Löschenkohl“ ein – und stößt auf nichts als Verschwiegenheit und Argwohn. Als ihn der schmierige Wirts-

sohn anheuern will, um ihn auf seinen zwielichtigen Vater (Josef Bierbichler) anzusetzen, den er insgeheim für die zunehmenden Geldprobleme der Pension verantwortlich macht, lehnt Brenner zunächst ab. Bis er dessen reizende Frau (Birgit Minichmayr) kennen lernt. Schon bald befindet er sich inmitten eines äußerst delikaten Kriminalfalls, in dem es unter anderem um eine Prostituierte und eine alte Knochenmahlmaschine geht.

50 Dead Men Walking

Musik immens war. Den Ausgang der Geschichte kann man sich denken. Aber dank der grandiosen Musik kommt dennoch nie Langeweile auf. Als Extras gibt es Audiokommentare, entfallene Szenen, ein Making Of und mehr.

(Ascot Elite) Bis heute versteckt sich der Nordire Martin McGartland vor der IRA. Denn vor 20 Jahren unterwanderte er die Terrororganisation – als Informant im Dienste des britischen Geheimdienstes. In der Verfilmung seines gleichnamigen Tatsachenromans gleicht das Belfast der ausgehenden 1980er Jahre einem postapokalyptischen Trümmerfeld. In trostlosen, oft hektischen Handkamerabildern vermittelt der effektiv inszenierte Thriller, was es heißt, ein Leben in ständiger Bedrohung zu führen. Mit Ben Kingsley und Jim Sturgess ist er noch dazu hervorragend besetzt. Einzig das dürftige Bonusmaterial enttäuscht.

Text: Sebastian Gosmann

Buddenbrooks

(Warner) Eine mit Armin MüllerStahl, Iris Berben, Mark Waschke, August Diehl und Jessica Schwarz hochkarätig besetzte Verfilmung des Literaturklassikers von Thomas Mann. Fein säuberlich und geschickt bricht Regisseur Heinrich Breloer den Romanstoff von Schwartenlänge auf Kinoformat herunter und inszeniert mit gefühliger Geste ein auf Hochglanz poliertes Filmepos, in dem die Zeit und die Protagonisten lebendig werden und ihren Schicksalen so etwas Zeitloses verliehen wird. Auf der Einzel-DVD befinden sich keine Extras, auf der Collector’s Edition mit zwei DVDs noch ein Booklet mit Bildern von Armin Müller-Stahl, ein Blick hinter die Kulissen, der Kinotrailer sowie ein Making Of.

Text: Dirk Lüneberg

Cadillac Records

(Sony) „Cadillac Records“ handelt von Leonard Chess (Adrien Brody), der in den Fünfzigerjahren Chess Records gründete und zu einer der erfolgreichsten Plattenfirmen des Landes machte. Muddy Waters, Etta James und Chuck Berry (Jeffrey Wright, Beyoncé Knowles & Mos Def) – sie alle waren die schillernden Aushängeschilder eines Labels, dessen Bedeutung für die (afro-)amerikanische

Nachdem schon die beiden ersten beiden Brenner-Verfilmungen, „Komm, süßer Tod“ und „Silentium“, bei Pu-

Text: Daniel Schieferdecker

Californica tion – Die erste Season

(Paramount) Nach längerer Durststrecke wieder ein Erfolg für David Duchovny. Für die bisweilen ziemlich derbe Comedy-Serie „Californication“ erhielt er seinen zweiten Golden Globe und gute Quoten. Nur bei uns war sie ein Flop. Schade, brilliert Duchovny doch als abgestürzter Erfolgsautor Hank Moody, der sich durch den Sündenpfuhl L.A. treiben lässt. Dort versucht der rüpelhafte Womanizer immerhin, sein Leben samt Ex-Frau und kleiner Tochter wieder in den Griff zu bekommen. Selten wurde im US-TV das Thema Sex derart eindeutig inszeniert. Das ist auch bei uns erst frei ab 18! Staffel Eins auf DVD bietet außer zwölf ungemein witzigen Episoden nur einen Audiokommentar.

Text: Peter Meisterhans

Crank 2

(Universum) Auftragskiller Chev Chelios lebt! Nach dem Sturz aus einem Helikopter am Ende des ersten Teils ist das eigentlich schon der größtmögliche Unsinn. Doch so geht’s weiter: Böse Chinesen klauen ihm sein Herz als Ersatzorgan für ihren Boss, und Chev braucht diesmal Strom statt Adrenalin, um es bis zum wohl unvermeidlichen „Crank 3“ zu schaffen. Zahllose Schnitte, viel Geballer und recht derbe Gewalt können Bestandteile guter Actionfilme sein, hier ist alles nur nervtötend und öde. Einzig die Filmmusik überzeugt. Das DVD-Extra der Standardversion ist der lausige Audiokommentar des Regieduos so überflüssig wie der ganze Film.

Text: Christian Stein

Das Geheimnis der Geisha

(Sunfilm) Schriftsteller Alex (Benoît Magimel) macht in Japan seinem Vorbild Konkurrenz und wird prompt von dem mysteriösen Kollegen bedroht. Als es einer verführerischen Geisha ähnlich geht, wird er

blikum und Kritik gleichermaßen gut ankamen, taten sich Brenner-Erfinder Wolf Haas, Brenner-Darsteller Hader und Regisseur Wolfgang Murnberger ein weiteres Mal zusammen, um das Publikum mit einem ebenso spannenden wie schwarzhumorigen Krimi zu begeistern, der – neben seinen glänzenden Darstellern – vor allem mit seinem makabren Charme zu punkten weiß. Ein aufschlussreiches Making Of und ein Special zur Musik der Sofa Surfers runden die empfehlenswerte Veröffentlichung ab. Text: Sebastian Gosmann

aktiv – und lässt sich damit auf ein gefährliches Spiel ein. Barbet Schroeder erzählt die Geschichte nach einer Vorlage von Rampo Edogawa ausschließlich aus Alex’ Sichtweise, wobei dem Zuschauer keine Wahl bleibt, als sich mit dem Protagonisten in einem Netz aus Illusionen und Intrigen zu verlieren. Die verschachtelten Ebenen und der verknotete rote Faden machen die spannende Geschichte unauflösbar. Bonus ist das Making Of.

Duplicity

Defiance

Text: Dirk Lüneberg

Text: Jochen Barthel

(Constantin/Highlight/ Paramount) Edward Zwick erzählt die Geschichte der jüdischen Bielski-Brüder, die sich im Zweiten Weltkrieg vor den Nazis und deren Kollaborateuren im Wald verstecken. Bald schließen sich ihnen ganze Familien an und das Überleben wird immer schwerer. Daniel Craig und Liev Schreiber spielen die Brüder, die irgendwann getrennte Wege gehen, facettenreich und keineswegs als Helden. Mitnichten ist dies nur ein Kriegs- oder Actionfilm, sondern auch ein – nicht immer ganz überzeugender – Charakterfilm. Auf der DVD gibt es ein kurzes Making Of und einen Audiokommentar des Regisseurs.

Text: Elisabeth Nagy

(Universal) Claire (Julia Roberts) arbeitet für die CIA, Ray (Clive Owen) für das britische Pendant, den MI 6. Sie quittieren ihren jeweiligen Geheimdienst und heuern in der Sicherheitsabteilung eines großen Kosmetikkonzerns an, um nach einem eigenen Plan am ganz großen Coup zu arbeiten. Ein furioser Fischzug-Film um ein mehrfach gedoppeltes Spiel ohne doppelten Boden, der sich als kleines Meisterstück outet und an die Klassiker des Genres erinnert, ohne verstaubt zu wirken. Das Bonusmaterial der DVD beschränkt sich auf einen Audiokommentar.

Hilde

(Warner) Dass Heike Makatsch die Hildegard Knef unbedingt spielen wollte und sich bemüht, der Figur gerecht zu werden, ist nicht zu übersehen. Genau hier liegt das Problem: die Mühe merkt man ihr leider an. Aber auch Regisseur Kai Wessel schafft es in seinem Biopic, in dem das bewegte Leben der Knef von den 1940ern bis zu den 1960ern erzählt wird, nicht, ihre Faszination dem Zuschauer begreiflich zu machen, sondern verstrickt sich im Kleinklein aus grauem Nachkriegsalltag, Beziehungskrisen und Geldproblemen. DVD-Specials sucht man vergeblich.

Text: Dirk Lüneberg

Der Fluch der 2 Schwestern

Hinter Kaifeck

Text: Patrick Heidmann

Text: Dirk Lüneberg

(Paramount) Die Flut des Japan-Horrors und der entsprechenden Remakes ebbt langsam ab, diese US-Neuauflage ist einer der letzten Ausläufer. Auch sie kann es in Sachen Gruseligkeit nicht mit dem asiatischen Original aufnehmen. Verglichen mit ähnlichen Produktionen ist die Geschichte zweier Schwestern, die ihrer neuen Stiefmutter (Elizabeth Banks) Übles unterstellen, aber eine der Gelungeneren. Das liegt zum einen an einer gewissen Spannung, zum anderen aber auch an der interessanten Besetzung. Ebenfalls besserer Durchschnitt: die Specials, die aus einem Making Of, entfallenen Szenen und einem alternativen Ende bestehen.

Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net

(Kinowelt) Fotograf Marc (Benno Fürmann) verschlägt es mit seinem Sohn in das abgelegene bayerische Dörfchen Kaifeck. Von seiner Zimmervermieterin Juliana (Alexandra Maria Lara) erfährt er, dass hier vor über 80 Jahren ein fürchterliches Verbrechen stattgefunden hat. Marcs Neugier ist geweckt und er stellt sehr zum Missfallen der Dorfbewohner weitere Nachforschungen an. Ein etwas wirrer und nicht immer ganz schlüssiger, aber nicht unspannender Heimat-Thriller mit Top-Besetzung. Die DVD bietet an Extras entfallene Szenen, ein Blick hinter die Kulissen, Interviews, eine Bildergalerie und das Presseheft.


unclesally*s magazine

Il Divo

(EuroVideo) Giulio Andreotti war an insgesamt 33 italienischen Regierungen beteiligt, bekleidete allein sieben Mal das Amt des Ministerpräsidenten. Mit der Coolness eines Tarantinos und der Eleganz eines Scorseses analysiert Regisseur Paolo Sorrentino das Wesen dieser ebenso streitbaren wie unnahbaren Persönlichkeit und deren angeblicher Mafiaverstrickungen. Ohne umfassende Kenntnis der italienischen Politik und Geschichte ist der ungeheuren Komplexität des Stoffs zwar nur schwer beizukommen. Dennoch sollte man „Il Divo“ – schon allein auf Grund seiner überwältigenden visuellen Kraft – gesehen haben. Auf DVD gibt’s dazu Interviews, ein Making Of und mehr.

Text: Sebastian Gosmann

Jerichow

(Piff l/Goodmovies/Indigo) Für „Jerichow“, 2008 bei den Filmfestspielen in Venedig zu sehen, greift Christian Petzold nach „Yella“ erneut auf die desolate wirtschaftliche Situation im deutschen Osten als Setting zurück, in die er unerwartete Handlungselemente integriert. Diesmal ist es eine unheilvolle Dreierkonstellation zwischen Nina Hoss, Benno Führmann und Hilmi Sözer, die bald mehr an Film Noir und italienischen Neorealismus denken lässt als an SachsenAnhalt. Doch Petzold gelingt eine gewohnt dichte und überlegte Inszenierung, deren präziser Blick die Figuren glaubhaft macht. Mit Interviews und einem Audiokommentar des Regisseurs.

Text: Peter Meisterhans

John Rabe

(Majestic/20th Century Fox) 1937 erreicht der chinesisch-japanische Krieg auch Nanking, wo der Deutsche John Rabe (Ulrich Tukur) als Leiter der Siemens-Fabrik agiert. Das brutale Vorgehen der Japaner lässt ihn mit einem amerikanischen Arzt (Steve Buscemi) und einer Französin (Anne Consigny) eine Schutzzone errichten und um die Leben der Zivilbevölkerung kämpfen. Regisseur Florian Gallenberger stellt ein bewegendes Drama nach wahren Begebenheiten auf die Beine, das sich durchaus mit internationalen Großproduktionen messen kann. Als Extras winken Making Ofs, Audiokommentare, entfallene Szenen und mehr.

Text: Daniel Schieferdecker

Novemberkind

(Schwarzweiß/Goodmovies/Indigo) Eigentlich dachte Inga (Anna Maria Mühe), dass ihre Mutter kurz nach ihrer Geburt ertrunken sei. Als der Literaturprofessor Robert (Ulrich Matthes) jedoch berichtet, ihre Mutter vor ein paar Jahren getroffen zu haben, fällt Ingas gesamtes Lebenskonstrukt zusammen und sie begibt sich auf die Suche. Mit seinem Diplomfilm ist Christian Schwochow die grandiose Aufarbeitung einer deutsch-deutschen Geschichte gelungen. Ein tolles Buch, hervorragende Regiearbeit, bestechende Kameraführung und ein gutes Händchen beim Casting – traurig und schön zugleich, auf DVD umfangreich mit Bonusmaterial ausgestattet.

Text: Daniel Schieferdecker

Reich mir deinE Hand

(Salzgeber) Die 18-jährigen Zwillinge Antoine und Quentin machen sich per Anhalter von Frankreich nach Spanien auf, um ihre Mutter zu beerdigen. Die Reise auf eigene Faust erweist sich für die Brüder emotional verwirrender als erwartet. Regisseur Pascal-Alex Vincent verwandelt den Road Trip zu einer Reise in die eigene Seele. Dabei spielt er mit dem altbekannten Zwillingsmotiv, der Idee einer doppelten Identität und ihrer zwangsläufigen Unterschiede. Zwar ist deshalb „Reich mir deine Hand“ mitunter von ungelenk plumper Symbolik geprägt, doch die spröde visuelle Schönheit stimmt letztlich versöhnlich.

KINO DVD

Seite 75

Kult

OSS 117 – Der Spion, der sich liebte (Koch Media)

Wer James Bond sagt, sollte auch Hubert Bonisseur de La Bath sagen. Alias OSS 117, französischer Geheimagent. Seit 1949 treibt er sein Unwesen in Literatur und Kino, in diesem Film von 2006 als Parodie. Jean Dujardin („39,99“) unwiderstehlich, aber tollpatschig – bekommt den Auftrag, 1955 in Kairo einen verschwundenen Kollegen zu suchen, und setzt sich dabei von einem Fettnäpfchen ins nächste. Ein großer Spaß, bei dem sich Oliver Kalkofe viel Mühe mit der Synchronisation gegeben hat. Die DVD erscheint als Singleund - mit unzähligen Bonus-Material gefüllt - als Doppel-Disc-Edition. Text: Elisabeth Nagy

Text: Cornelis Hähnel

WIN A LOT

Ricky

(Concorde) Ein paar Wochen nach der Geburt ihres Sohnes Ricky entdeckt Katie blaue Flecken an dessen Rücken, ist sich sicher, dass ihr Freund den Säugling misshandelt und schmeißt ihn aus der Wohnung. Doch aus Rickys Flecken wachsen plötzlich kleine Flügel. François Ozon vermischt erneut Fantasie und Realität. Sein Genremix aus sozialkritischem Drama und Märchen schafft es, den Zuschauer wirklich an dieses Wunder glauben zu lassen. Dank seiner präzisen und eleganten Inszenierung ist der Film, trotz einiger Schwächen, spannendes Autorenkino aus Frankreich, das zu unterhalten weiß – und leider ohne DVD-Specials auskommt.

Auch in diesem Monat könnt ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und Eurem Wunschtitel. Ggf. Altersnachweis nicht vergessen! Zu gewinnen gibt es: 3x Der Knochenmann, 3x OSS 117, 3x Buddenbrooks + Roman, 3x John Rabe, 3x Defiance, 3x 50 Dead Men Walking, 3x The Lucky Ones, 3x Hilde + Hörbuch, 3x Reich mir deine Hand, 3x Das Geheimnis der Geisha, 3x Jerichow, 3x Il Divo, 3x Novemberkind, 3x Hinter Kaifeck, 3x Wolverine, 3x Cadillac Records, 3x Ricky, 3x Molière, 3x Vinyan, 3x With Gilbert & George, 3x Rohtenburg, 3x Bonneville, 3x Fair Play, 2x Californication, 2x Crank 2, 2x Der Fluch der 2 Schwestern, 2x Push und 1x das Duplicity-Fanpaket samt DVD und Claudia E. Enkelmanns Buch „Erfolgreich mit den Waffen einer klugen Frau“ aus dem Redline Verlag.

Text: Cornelis Hähnel

The Lucky Ones

(Sony) Amüsantes Road Movie über drei höchst unterschiedliche, aus dem Irak heimgekehrte Soldaten, die es auf einen gemeinsamen Trip von New York nach Las Vegas verschlägt, wo sie erkennen müssen, dass das Leben zuhause einfach ohne sie weitergegangen ist. Der Mix aus melancholischer Comedy und Heimkehrer-Drama gelingt nicht immer. Doch das tolle Spiel der drei Hauptdarsteller (Rachel McAdams, Tim Robbins & Michael Peña) macht die Figuren schon nach wenigen Minuten derart sympathisch, dass man ihnen gerne bis zum Ende zuschaut. Auf die Extras, die nur aus einem mauen Making Of bestehen, kann man dagegen getrost verzichten.

Text: Peter Meisterhans

X-Men Origins: Wolverine

(20th Century Fox) „X-Men“ war eine der überzeugendsten ComicVerfilmungen der letzten Jahre, und so ist es kein Wunder, dass nicht nur zwei Fortsetzungen folgten, sondern nun sogar ein Prequel. Schade nur, dass die Wolverine-Werdung Hugh Jackmans in Sachen Witz und Cleverness nicht mit dem gruppendynamischen Erstling mithalten kann, sondern sich eher als Effekt-Orgie versteht. Immerhin: Jackman beweist auch darin jede Menge Star-Präsenz. Auf DVD gibt’s davon nicht nur eine längere Version, sondern auch ein alternatives Ende. Aber viel mehr Bonusmaterial leider auch nicht.

Text: Jonathan Fink

Best of the Rest Da kommen schon so viele französische Filme wie nie in die deutschen Kinos – und trotzdem bleibt noch eine enorme Menge übrig, die ihre Premiere nur auf DVD feiert. Doch selbst bei diesen Filmen lässt sich feststellen, wie vielseitig – und prominent besetzt – es auf den Leinwänden unserer Nachbarn immer wieder zugeht. „Fair Play“ (Concorde) etwa entpuppt sich als Satire mit ThrillerTouch, in der ein intriganter Chef seine Angestellten ihre Rivalität beim Sport ausleben lässt. Als Vorlage für die Geschichte, in der Benoît Magime, Jérémie Renier und Oscar-Gewinnerin Marion Cotillard die Hauptrollen spielen, diente ein Oscar-prämierter Kurzfilm! Ganz anders „Vinyan“ (Koch Media) mit Emmanuelle Béart und Rufus Sewell: die beiden reisen nach Burma, um ihren vermissten Sohn zu suchen, was sich als bildgewaltige Mischung aus Horror, Familiendrama und exotischem Abenteuerfilm präsentiert. Und schließlich geht es mit „Molière“ (Concorde) noch mal in eine andere Richtung: Romain Duris und Ludivine Sagnier begeben sich in diesem gutgelaunten Kostüm-Biopic auf die Spuren des vielleicht berühmtesten französischen Schriftstellers! Verschiedene Genres werden aber natürlich auch in anderen Ländern bedient. Aus den USA kommt – selbst als DVD-Premiere – aufgedonnertes Special-Effect-Gedöns wie „Push“ (Universum), eine nicht in allen Details überzeugende, aber angenehm unterhaltsame Superhelden-Geschichte mit Dakota Fanning und Chris Evans. Aber eben auch Hausfrauen-Wohlfühl-Kino wie „Bonneville“ (Ascot Elite), das vor allem deswegen erwähnenswert ist, weil sich mit Kathy Bates, Joan Allen und Jessica Lange drei tolle Schauspielerinnen auf die tragikomischen Road Trip-Spuren von „Thelma & Louise“ begeben. Und um noch mal zu Nennenswertem aus Europa zurückzukommen: „With Gilbert & George“ (Salzgeber), Julian Coles sehenswerter Dokumentarfilm über das titelgebende, skurril-faszinierende Künstlerduo aus England, und „Rothenburg“ (Senator/Universum), der Skandal umwitterte deutsche Kannibalenfilm mit Thomas Kretschmann, den erst kein sehen durfte, dann kaum einer sehen wollte, erscheinen ebenfalls auf DVD. Text: Patrick Heidmann

Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net


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COMPUTERSPIELE

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Cursed Mountain (Koch Media) Für Nintendo Wii

Friedliche Mönche, atemberaubende Natur, verträumte Bergdörfer? Für Eric Simmons haben Tibet und der Himalaya mit dieser Bilderbuch-Romantik wenig gemein – stattdessen sieht er sich im Grusel-Adventure „Cursed Mountain“ unzähligen feindlichen Geistern und einer mysteriösen Geschichte gegenüber. Schuld daran ist sein Bruder Frank: Aus Geldnot hat der den Auftrag eines seltsamen britischen Geschäftsmannes angenommen und ist auf der Suche nach einem sagenumwobenen Artefakt ins Gebirge gekraxelt. Allerdings kam er von der Tour nicht zurück - und Eric gebührt jetzt die Ehre, das Bruderherz ausfindig zu machen. Kaum im Himalaya angekommen, muss er allerdings feststellen, dass das Verschwinden von Frank nur eines von zahlreichen seltsamen Ereignissen in der Region ist. Die belebt geglaubten Bergdörfer sind wie ausgestorben, mysteriöse Geister irren durch die Straßen, überall herrscht der Geruch von Verwesung – offensichtlich scheint hier eine größere Katastrophe passiert zu sein. Schritt für Schritt geht es tiefer in die Berge und die Aufklärung eines uralten Geheimnisses, das schon bald auch den Kampf gegen magische Kräfte erfordert - gut, dass Eric auch selbst nach kurzer Zeit auf übersinnliche Fähigkeiten zurückgreifen kann. Als Waffe steht ihm zwar nur ein Eispickel zur Verfügung, der lässt sich im Spielverlauf aber aufrüsten und durch Magie-Upgrades auch

zum Besiegen von Geistern oder Aufbrechen versiegelter Türen nutzen. Hat Frank einen Teil seiner Lebensenergie verloren, kann die übrigens stilecht mit Hilfe von Räucherstäbchen an den in den Orten verteilten Schreinen wieder aufgeladen werden. In punkto Schockeffekte ist „Cursed Mountain“ eher zurückhaltend. Auf der Packung prangt zwar die Bezeichnung „Survival Horror“, und die spielerischen Parallelen zu „Resident Evil“ sind teilweise frappierend - der Spieler läuft auch hier durch verlassene, unwirtliche Ortschaften und weiß nie, was ihn hinter der nächsten Tür erwartet. Trotzdem lebt Cursed Mountain eher vom Adventure-Flair als von

der Grusel-Stimmung: Die Kämpfe sind komplett unblutig, die Zwischensequenzen mit Standbildern eher unspektakulär, die Geister äußerst berechenbar. Spannung bezieht „Cursed Mountain“ meist aus der clever gestrickten Story – den Entwicklern gelingt es beispielhaft, den Spieler mit der Zeit immer tiefer in die eigentümliche Bergwelt hinein zu ziehen und ihn gespannt auf die Auflösung fiebern zu lassen. Bei so viel Flair und Atmosphäre sollten Adventure- und Action-Freunde dennoch zugreifen - zumal gerade auf der Wii ähnliche Titel rar gesät sind. Text: Tito Wiesner

neue Wettbewerbe freischalten lassen. Neben den klassischen Rundkurs- und Platzierungsrennen gibt es Ausscheidungsrennen, bei denen jeweils der letzte einer Runde rausfliegt oder Drift-Aufgaben, Herausforderungen gegen die Uhr und Hersteller-Wettbewerbe, in denen mit einem vorgegebenen Fahrzeug die beste Platzierung herausgeholt werden muss. Vom toleranten Unfall- und Schadensmodell abgesehen, verlangt einem die Steuerung durchgängig einiges ab - insbesondere wer die Fahrhilfen wie Ideallinie und Traktionskontrolle abschaltet, wird zunächst große Probleme haben, enge Kurven fehlerfrei zu nehmen. Schön auch: Je nach Modell sind die Unterschiede beim Fahren wirklich deutlich spürbar - ein BMW 135i steuert sich komplett anders als ein Bugatti Veyron.

Need For Speed Shift

(Electronic Arts) Für Xbox360, Playstation3, PC Jetzt wird‘s ernst: Nach wilden Verfolgungsjagden mit der Polizei, Rasereien durch belebte Innenstädte oder nächtliche Tuning-Wettkämpfe, besinnt sich Electronic Arts wieder auf die Wurzeln der Need For Speed-Reihe und setzt bei „Shift“ auf klassische Renn-Action mit abgesteckten Kursen. Damit einher geht allerdings auch eine deutliche Erhöhung des Schwierigkeitsgrades: So oft wie hier wurde in „Need For Speed“-Titeln das Kiesbett schon lange nicht mehr besucht. Kernstück des Spiels ist natürlich erneut der Karriere-Modus. Hier wird mit

kleinem Start-Kapital und einem eher schwachen Wagen wie einem Ford Focus ST gestartet. Im Laufe der Karriere werden dann immer mehr Punkte, Sterne und natürlich auch Preisgelder verdient, mit denen sich der Fuhrpark aufbessern und Schritt für Schritt

Auch die Präsentation ist rundum gelungen: Detaillierte Wagen mit umfangreichem Schadensmodell, wunderschöne Kurse, gutes Geschwindigkeitsgefühl, mehrere Perspektiven inklusive rasanter Cockpit-Sicht: EA nutzt die vorhandene Hardware vor allem auf Playstation3 und Xbox360 nahezu optimal. Wer hingegen die Soap-Opera-artigen Zwischensequenzen und Videos der Vergangenheit mochte, könnte enttäuscht sein - in „Shift“ steht ganz klar das fahrerische Können auf der Piste im Mittelpunkt. Mit diesem Spiel stellt EA die Ausrichtung seiner wichtigsten Rennspielreihe komplett um - und landet einen Volltreffer. Wie beim ähnlich gelungenen und fast zeitgleich erschienenen „Dirt 2“ fällt es schwer, an „Shift“ überhaupt einen Kritikpunkt zu finden. Text: Tito Wiesner


Seite 77

MUSIK STORIES

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Colin McRae Dirt 2

Guitar Hero 5

Rallye-Legende Colin McRae kam 2007 bei einem tragischen Helikopter-Unfall ums Leben, Codemasters bringt trotzdem Jahr für Jahr ein neues Spiel unter dem berühmten Namen heraus – sorgt aber auch dafür, dass die Qualität dem großen Vorbild gerecht wird. „Dirt 2“ hat mit den Simulations-lastigen Anfangstagen der Reihe nicht mehr viel zu tun. In London, Tokio oder L.A. locken die Innenstädte, anderswo warten mal staubige Pisten, mal Dschungelstrecken. Auch bei den Modi herrscht Abwechslung pur: Klassische Platzierungsrennen gibt es ebenso wie Duelle oder Ausscheidungsaufgaben, bei denen jeweils der letzte rausfliegt. Hinzu kommt eine traumhaft realistische Grafik, ein abwechslungsreicher Fuhrpark, ein motivierender Karriere-Modus sowie die Möglichkeit, per Knopfdruck die Zeit ein paar Sekunden zurück zu drehen und so ärgerliche Fahrfehler ungeschehen zu machen. Unrealistisch? Mit Sicherheit. Aber dafür auch verdammt unterhaltsam.

Schon wieder ein neues Guitar Hero-Spiel? Glücklicherweise gehen den Entwicklern die Ideen nicht aus; auch Teil Fünf hat wieder einige Neuerungen zu bieten. Das beginnt bei der umfangreichen Setlist von 85 von Beginn an verfügbaren Titeln, darunter bekannte Hits von den Kings Of Leon, White Stripes oder The Bronx. Zudem darf die Zusammensetzung der Band komplett selbst bestimmt werden – wer also gerne zwei Gitarren und zwei Drumkits kombinieren oder einen Sänger mit drei Bassisten auf die virtuelle Bühne schicken will, bekommt hier die Möglichkeit (entsprechendes Plastik-Instrumentarium vorausgesetzt). Und wer sowieso immer zu spät zu den Spiele-Partys kommt, kann – dank neuem Modus auch während der Jam-Session problemlos Ein- und Aussteigen. Grundlegend anders spielt sich „Guitar Hero 5“ dadurch natürlich nicht; zumindest wird einem aber auch mehr fürs Geld geboten als „nur“ ein bisschen neue Musik.

(Codemasters) Für Ps3, Xbox360

Text: Tito Wiesner

(Activision) Für Xbox360, PS3

Text: Tito Wiesner

The Whispered World

The Beatles - Rock Band

Der junge Sadwick hat es nicht leicht: Alpträume, ein ungeliebter Job als Clown und die Rolle als Kanonenkugel im familieneigenen Wanderzirkus,. Als wäre das alles nicht genug, steht auch noch der Weltuntergang bevor. Zum Glück kann Sadwick bei seiner Reise durch zahlreiche von Trauer gezeichnete Landschaften immerhin auf sein Haustier Spot zurückgreifen, das per Klick je nach Bedarf verändert werden kann; aus einer Raupe wird so etwa ein Kugelfisch. Was zunächst seltsam klingt, kann in den vier verschiedenen Traumwelten von „The Whispered World“ aber immer wieder weiterhelfen – ebenso wie die typischen Adventure-Werkzeuge (Reden, Objekte einsammeln, Dinge kombinieren). Manche Rätsel sind allerdings mehrfach um die Ecke gedacht. Wer Kopfnüsse liebt, ist in dieser faszinierenden Welt aber bestens aufgehoben – zumal die melancholische Grundstimmung des PC-Titels ebenso ungewöhnlich wie ergreifend ist.

Es ist eine Sensation. Wer noch nie danach gesucht hat, wird es wahrscheinlich nicht wissen: Es gibt keinen einzigen Song der Beatles als Download (legal) zu kaufen. Dementsprechend spektakulär ist es nun, dass die Beatles ab sofort über ihre eigene Edition des Erfolgstitels „Rock Band“ verfügen und sich damit dem Web ein bisschen annähern. Neben einem Grundstock von 45 Songs gibt es über 30 weitere als Download alles aus den Jahren 1963 bis 1970. Zwar können die Tracks nur auf der Konsole angehört und nachgespielt werden, aber immerhin. Neben zahlreichen Zusatzfeatures wie unveröffentlichtes Audiomaterial und Videos steht natürlich das „Rock Band“-typische Singand-Play-along im Mittelpunkt des Spiels. Um den richtigen Beatles-Sound reproduzieren zu können, kann bei dieser Ausgabe mit bis zu drei Mikrofonen gesungen werden. Ob es dann auch so klingt wie bei Paul, George und John, liegt an euch.

(Koch Media) Für PC

Text: Tito Wiesner

(Electronic Arts) Für PS3

Text: Lukas-C. Fischer

COMPUTERSPIELE

Seite 77

Oh, wie schön ist Internet (1) Das Internet ist eine tolle Sache. Nirgendwo anders kann die Medienmacht der großen Unterhaltungskonzerne und die Vorselektion durch alteingesessene Journalisten so wunderbar umgegangen werden wie im Netz. An dieser Tatsache verzweifeln schon länger Verlage, TV-Sender und sonstige Bis-2005-haben-wir-mit-dem-vonuns-kreierten-Mainstream-Medium-noch-gutverdient-Unternehmen. Plötzlich stimmen nämlich Auflagen und Quoten nicht mehr, weil sich die vermeintlich junge Zielgruppe einfach ihre Themen und Inhalte selbst sucht oder sogar selbst macht. Und das in eigenen Blogs, eigenen Tweets, eigenen Videos, eigenem Eigenen. Im Fachjargon nennt sich das Social Media, und der Zusatz „social“ macht es so mächtig. Im Netz steht und fällt dein Erfolg mit deiner Auffindbarkeit. Wer eine signifikante Zahl an Lesern/ Zuschauern/Nutzern erreichen möchte, muss gefunden werden. Und Suchmaschinen bewerten Inhalte, die viel von anderen Angeboten verlinkt werden, höher und zeigen diese weiter oben an. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Blogs verlinken Blogs, und da es leicht ist, ein eigenes Blog zu betreiben, gibt es viele Blogs, die sich gegenseitig nach oben pushen. Ist vielleicht eine etwas naive Erklärung, aber so ungefähr funktioniert es. Und so kommt es zustande, dass kleine, nerdige Stories von kleinen, nerdigen Blogs prominent neben den klassischen Inhalten der Großen aufgelistet werden und an Relevanz gewinnen. Schönes aktuelles Beispiel: In Hamburg stand ein CDU-Plakat, auf dem steht: „Die Kanzlerin kommt“. Spontan kreativ hat jemand mit Edding dazugeschrieben „und alle so: yeah“. Das Foto davon landet im Netz. Es wird darüber gebloggt und getwittert. Johnny Haeusler von Spreeblick ruft dazu auf, ihm eigene „Yeahs“ als MP3 zu schicken. Das machen ziemlich viele und er baut einen Song daraus, der sich rasend im Netz verbreitet. Im Hamburg gibt es spontan einen „Und alle so: Yeah“-Flashmob. Das Video davon gibt es auf YouTube. Und das mediale Establishment steht da mit offenem Mund an der Außenlinie und staunt Bauklötze. Vor allem die Redakteure, für die das Internet immer noch eine mediale Randerscheinung ist und behaupten, ihre Leser surfen nicht. Denn es zeigt sich, dass diese kleinen, nerdigen Inhalte gar nicht so klein sind und oft viele Leute interessieren. Das ist der so genannte Long Tail und den erkläre ich ein andermal, verspricht * Lou Canova


Seite 78

COMICS

unclesally*s magazine

sich. Als wäre das noch nicht verwirrend genug, bekommt es Dave noch mit einem bösartigen Dämon zu tun, verliebt sich in eine schöne Zigeunerin, die hinter eben jenen Dämon her ist und zu allem Überfluss rafft eine unerklärliche Seuche die Anwohner dahin und zwingt Dave zu Akkordarbeit.

Mamei/Kircheis

Dave Grigger Dave lebt mit seinem Hund Nebukadnezar in einem Wohnwagen auf dem Friedhof. Das klingt verwunderlich, aber schließlich ist er der Totengräber (Wobei zu fragen ist, warum die Gemeinde ihm nicht ein kleines Häuschen am Rande des Friedhofes spendiert. Das wäre doch wohl drin gewesen?). Dave ist zufrieden, die Leute grüßen ihn höflich, stets in der Hoffnung, nicht demnächst von ihm unter die Erde gebracht zu werden. Alle paar Wochen geht er ins Dorf, schaut, was es Neues gibt und lässt sich seine Wood/Gianfelice/McCaig Northlanders Band1: Sven, der Verräter

Sven von den Orkaden ist zurückgekehrt. Zurück aus Konstantinopel, wo er das Bett viele Jahre mit einer schönen reichen Frau teilte. Zurück in den kargen, unwirtlichen Norden, wo das Wetter selten gut und die Paläste der Stammesfürsten niedrige miefige Holzhütten sind. Er ist zurückgekehrt, um sein Erbe anzutreten. Dieses hatte einst sein hinterlistiger Onkel Gorm an sich gerissen und der ist nun nicht mehr bereit, es herauszugeben. Sven ist geschult in der Kunst des Kampfes und der psychologischen Kriegsführung, beginnt einen Einmann-Krieg gegen seinen Oheim und seinen ehemaligen Heimatstamm. Was im ersten Moment klingt wie Geschichtenware von der Stange (Junger Held kehrt zurück, wird zurückgewiesen, leistet Beachtliches im Guerillakampf, erleidet Rückschläge, kann sich letztendlich aber triumphal durchsetzen), erweist sich beim Lesen als ungewöhnlich düster, berührend mitreißend. Sven wird einen hohen persönlichen Preis für den Kampf um sein Erbe (welches im Grunde genommen ein Haufen Dreck ist) zahlen und nie wieder in sein altes Leben zurückkehren können. “Sven, der Verräter“ erzählt von einer Zeit im Umbruch. Die Sachsen stehen klopfend vor den nordischen Türen und wollen den stinkenden Bärtigen das Christentum mit Schwert und Feuer in die Seele tätowieren. Natürlich ist das auf dem Cover gedruckte Zitat: „Endlich zeigt jemand die Wikinger, wie sie wirklich waren!“ ein wenig arg hoch gegriffen. Dennoch weiß der erste Band vor allem durch seine glaubhafte Erzählung

Brieftasche klauen. So könnte es ewig weitergehen, hätte er nicht eines stürmischen Nachts jemand seine Namen rufen hören. Den Rufen folgend findet er unter einem Baum einen Schädel, auf dessen Hinterkopf eine Prophezeiung geschrieben steht. Was er auch tut, ab diesen Augenblick wird er den Schädel nicht mehr los. Wenn er ihn vergräbt, liegt er am nächsten Morgen in seinem Bett. Und die Prophezeiungen ändern

und das unerwartete Ende zu überzeugen. Dazu kommen die einfachen aber epischen Zeichnungen von Davide Gianfelice, der auch schon eine Episode von Dylan Dog zeichnen durfte, und ein wirklich tolle und stimmige Colorierung. Also durchaus auch einen Blick wert für Leute, die sonst eher nichts mit “historischen Abenteuercomics“ anfangen können. Blut sollte man aber durchaus sehen können.

Text: A. Hartung Preis: 19,95 Euro Heimat: paninicomics.de

Wiechmann/ Mendez/Gual/ Sarompas Hombre & Thomas, der Trommler

Also, zeichnen konnten diese Spanier. Mann, Mann! Einen dynamischen Pinselschwung und Bildaufbau, da bleibt einem die Spucke weg. Schade nur, dass man die schwülstigen großväterlichen Texte und Geschichten von Peter Wiechmann dazu nicht ertragen kann. Was bei “Andrax“ noch als unterhaltsamer Fantasy-Abenteuer-Trash funktioniert, ist bei “Hombre“ oder “Thomas, der Trommler“ nur noch unglaublich bieder und langweilig. Nun ja, ist schließlich auch schon einige Jahrzehnte her, dass diese Comicgeschichten für Rolf Kaukas YPS-Magazin produziert wurden. Entsprechend hochwertig und bibliophil ist dann auch die Aufmachung der Cross-Cult-Ausgabe für Nostalgiker. Aber zeichnen konnten diese Spanier!

Text: A. Hartung Preis: 22 Euro, 26 Euro Heimat: Cross-Cult.de

Verlosung Levin Kurio (siehe “5 Fragen an…“) ist auch die neueste Ausgabe des Berliner Comicmagzins „Epidermophytie“ gewidmet. Genauer gesagt: Kurios alter Comic-Serie „KOMA-Comix“. In der ging es in heiter beschwingter Manier vor allem um Alkohol, Gnöcken und dicke Klötzer. Die Berliner setzen jetzt diesem fast vergessenen Meilenstein der deutschen Comicgeschichte ein Denkmal und lassen für ein einziges Mal die alten KOMAHelden Quevis und Knülle wieder auferstehen. Ganz nach dem Motto: „Sie hatten Blümchen und die Loveparade, wir hatten Karsquell und KOMA-Comix!“ Wir verlosen 5 Exemplare unter dem Stichwort: Hoch die Tassen! Schreibt an comix@sallys.net

Dave Grigger wurde von Mamei in drei Monaten chronologisch Seite für Seite ohne vorheriges Skript gezeichnet. Anschließend hat Arbeitstier Ivo Kircheis den Zeichnungen durch Tuschen seinen charakteristischen Stempel aufgedrückt. Herausgekommen ist ein äußerst charmante, mystische, komische (und manchmal ein wenig verworrene) Geschichte, die in ihren besten Momenten an eine Mischung aus “Drei Schatten“ von Cyril Pedrosa und Joann Sfar erinnert. Nur ein wenig länger hätte es sein können. Wenn man frei zeichnet, muss man sich doch nicht unbedingt an das typische 46 Seiten–Limit halten. Text: A. Hartung Preis: 10 Euro Heimat: beatcomix.de

5 Fragen an Levin Kurio Gibt es etwas Besonderes, was Comic allen anderen Medien voraus hat? Ich mag dieses Medium, weil es in einer Weise plakativ und gleichzeitig subtil sein kann wie kein anderes... Welche Musik hörst du (momentan) am liebsten beim Zeichnen? Im Moment meist Stoner-Rock. Eigentlich schaue ich aber oft Fernsehen, vorzugsweise irgendwelche Dokumentationen auf Phoenix, die haben so etwas Meditatives. Welcher ist dein aktueller Lieblingscomic? (Bitte nicht witzigerweise den eigenen nennen!) Das, was mich im Laufe des letzten halben Jahres am meisten beeindruckt hat, war ein Stapel Kamandi-Hefte aus den Siebzigern. Das ist vielleicht die beste Serie, die Jack Kirby in diesem Jahrzehnt gemacht hat. Eine wirklich phantastische Endzeitgeschichte voller netter Ideen, und das Ganze liest sich spannend hintereinander weg! Was empfiehlst du jungen Nachwuchskünstlern? Das hängt immer ein bisschen vom Stadium der Verblendung ab - ich könnte ja generell sagen: „Lasst es sein!“. In Deutschland kann man vom Comiczeichnen nicht leben. Aber ich weiß, was die Nachwuchskünstler dann denken: „Ha, dieser frustrierte, verbitterte Typ, der sagt das nur, weil er es selbst nicht geschafft hat. Ich bin ja so viel besser, ich werde der nächste Brösel/Moers/Moebius/Rob Liefeld!“ Als Nachwuchskünstler sollte man sich darüber im Klaren sein, dass es hierzulande mehr Rockstars gibt als Leute, die ihren Lebensunterhalt mit Comiczeichnen verdienen. Und zu dieser Weisheit noch ein paar obendrauf: Gut zeichnen können allein reicht nicht und: Das wird kein Spaziergang! Ansonsten: Viel Spaß! Welche Musik soll bei deiner Beerdigung laufen? Das entscheide ich dann vor Ort. Ich hätte vorzugsweise etwas live, so von CD wäre irgendwie komisch. Also was Klassisches oder etwas, das der Organist auch hinkriegt. Aber wahrscheinlich wird es auf betretenes Schweigen hinaus laufen. Auch ganz gut: Die Jubiläums-Ausgabe von “Hammerharte Horrorschocker“Wer hätte das gedacht? Bereits zum 20. Mal erscheint dieser Tage Deutschlands einziges Horror-Comicmagazin mit dem ansprechenden Titel “Hammerharte Horrorschocker“. Zum Jubiläum gratulieren: Der schwarze Mönch, ein schizophrener Serienkiller und ein Junge, der lieber nicht den Waldweg verlassen hätte. Und schon kündigt sich neues Unheil an. Im Herbst soll die neue Weissblech-Serie “Welten des Schreckens“ erscheinen. Erhältlich ist das Heft im Bahnhofshandel und natürlich unter weissblechverlag.com!


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AGATHA CHRISTIE EVIL UNDER THE SUN & ARTHUR CONAN DOYLE THE VALLEY OF FEAR

(beide BBC Audio/Der Hörverlag) Nicht mal im Urlaub hat man Ruhe. Kaum ist Hercule Poirot einen Tag im Jolly Roger Hotel abgestiegen, schon liegt die Schauspielerin Arlena Stuart tot am Strand. Also muss die belgische Schwulenikone seine heiße Schokolade wegstellen und ermitteln. 1998 vertonte die BBC den Klassiker mit John Moffatt in der Titelrolle. Gelegentlich hätte ein bisschen mehr Tempo nicht geschadet, aber die Freude an dem gestelzten Spiel steckt an. Gleiches gilt für die Arbeit des Kollegen Sherlock Holmes aus demselben Studio mit Michael Williams und Clive Merrison aus dem Jahre 1995. Hier muss man sich als Hörer zwar erst mal an die rasanten Schnitte zwischen Holmes Ermittlungen in England und den Geschehnissen rund um eine ominöse Geheimloge in den USA gewöhnen, aber besonders die Geräusche sind eine Wucht. Da hört man sogar dumpf die Geige scheppern, wenn Holmes sich durch seine Unterlagen wühlt. Ein bisschen mehr als Schulenglisch ist allerdings für beide Produktionen von Nöten. (2CDs rund 136 Minuten & 2CDs/rund 112 Minuten)

Text: Moritz Honert

ROGER WILLEMSEN BANGKOK NOIR

(Tacheles/Roof Music) Es gibt Menschen, die bleiben freiwillig keine drei Stunden in Bangkok: Ihnen ist die Stadt zu laut, zu krawallig und beherbergt viel zu viele besoffene Rucksacktouristen. Nicht so Roger Willemsen. Der in manchen Kreisen als intellektueller Gigant verehrte Universalkulturschaffende verbrachte volle drei Monate in der thailändischen

Hauptstadt, um das dortige Leben zu erkunden. In „Bangkok Noir“ hat er aufgeschrieben und liest nun auch, was er in den Nachtclubs, bei den Straßenverkäufern und in den Wartehallen so erlebt hat. Er erzählt von engen Märkten, gelangweilten Prostituierten und grapschenden Europäern. Das ist zwar alles nicht uninteressant, geht aber selten über das hinaus, was jeder sehen und entdecken kann, der sich drei Kilometer von der Khao San Road entfernt. Außerdem krankt der Text über weite Strecken an einer wahnsinnigen Geschwätzigkeit. Das wird auch nicht besser durch die Tatsache, dass Willemsen ständig liest, als wären seine Skizzen Gedichte. Sicher nicht doof, aber insgesamt doch eher geht so. (2CDs/rund 146 Minuten)

Text: Moritz Honert

JAN BÖHMERMANN ALLES, ALLES ÜBER DEUTSCH LAND

(Tacheles/Roof Music) Seit Günter Jauch dem deutschen Bürgertum wieder ins Gedächtnis gerufen hat, dass Bildung sein Fetisch ist und nicht die Designerküche, boomt der Markt für Instant-Wissen. Auftritt Jan Böhmermann. Der Journalist, dem wir bereits Poldis unautorisierte Memoiren „Lukas Tagebuch“ zu verdanken haben, hat sich die ehrenvolle Aufgabe gemacht, den Nürnberger Trichter für die Neuzeit zu schaffen. Auf zwei CDs gibt’s hier alles, alles, was es über Deutschland zu wissen gibt: Heimatkunde, Geschichte, politisches System, Medienlandschaft, Kunst. Hier können wir lernen, dass sich der durchschnittliche Deutsche mehr Erotik in den Tagesthemen wünscht, dass FDP so ist wie Grüne ohne Stricken und mit gepflegten Haaren, oder dass die RAF 1970 von Gustav Mahler gegründet wurde, um Stefan Aust auf Lebenszeit ein zweites Standbein als Buchautor zu garantieren. Zugegeben, aufgeschrieben klingt das jetzt nicht so wahnsinnig grandios. Vorgetragen in dem verstolperten Stil des Autors ist dieser Crashkurs in Staatskunde allerdings oft wirklich komisch. Ehrlich. (2CDs/rund 152 Minuten)

Text: Moritz Honert

SONST ERSCHIENEN Wäre Point Whitmark eine Fernseh- und keine Hörspielserie, litten nun alle Beteiligten an der jüngsten und 27. Folge „Eiland der Gespenster“ (Universal) an Trockeneisvergiftung. So viel im Nebel rumgestochert – wörtlich und im übertragenen Sinne - wurde lange nicht mehr. Um einen Geist geht es, um einen unheimlich Insel und einen noch unheimlicheren See. Spannung kommt leider trotzdem nicht auf. In der 32. Folge von Gabriel Burns untersuchen Larry und Joyce, was es mit den qualvollen Vorgängen in einer abgelegenen Klinik auf sich hat. Auch wenn der Titel „Die, die nicht bluten“ (Universal) der 32. Folge von Gabriel Burns anderes vermuten lässt, wird diesmal wieder reichlich roter Lebenssaft vergossen. Bei Jack Slaughter Nummero Fünf werkelt Professor Doom dagegen weiter „Am Ende Der Welt“ (LPL/Universal). Zudem hat aber auch noch das Department of Disaster Control den unbeholfenen Dämonenjäger ins Visier genommen. Klingt witzig? Schade nur, dass dem Ganzen immer noch etwas Tempo und Biss fehlt. Die Ferienbande schließlich macht in Recycling. Für ihre fünfte, extra lange und live aufgezeichneten Folge „…und das echt gruselig fies schwere Rätsel“ (Kai+Sven/Wort Art) haben die Macher einen großen Berg der aus den kurzen Radiofolgen bekannten Pipi-Kacka-Pups-Witze aufpoliert. Das ist oft mehr albern als lustig, aber dafür wenigstens richtig bescheuert. Nur wirft auch diese Produktion wieder mal die Frage auf, wieso so viele Humorschaffenden hierzulande meinen, Comedy ohne Stimmen verstellen wäre keine Comedy? Um die großen philosophischen Fragen des Lebens geht es für den kleinen `Petit` Hector, wenn er mit seinen Freunden, in der Schule oder sogar mit den Mädchen seinen Alltag bestreitet. Maman - ihres Zeichens Utalitaristin und Papa, der eher Kant verinnerlicht hat, stehen mit Rat und Tat beiseite. „Hector & Hector - und die Geheimnisse des Lebens“ (Osterworld) ist dann mit all der Kindlichkeit in den Geschichten und Lösungsansätzen vielleicht doch eher was für diese - und Achtung, das Geflöte zwischen den Tracks ist arg gewöhnungsbedürftig. Ein eingeschneites Hotel, ein Toter in einem von innen verschlossenen Zimmer, ein Kommissar und ein Arzt als unfreiwilliger Assistent sowie zahlreiche Verdächtige und das alles von den beiden Autoren mit dialektischem Einschlag vorgelsen - das klingt nach einer deutschen Mischung aus Sherlock Holmes trifft Hercule Poirot und genauso ist es wohl auch gemeint. „Rauhnacht“ (Osterworld) zitiert seine Vorbilder sogar, kommt aber leider nicht an sie heran. London im Jahr 2015. Laura ist eine ganz ’normale’ Jugendliche mit den dazugehörigen Problemen: eine nervenden Schwester, die ersten Liebe, Uneinigkeiten mit den Eltern und einem Tagebuch, dessen Einträge wir auf „Euer schönes Leben kotzt mich an!“ (HörbucHHamburg) hören. Das was (noch) nicht normal ist, sind die Lebensumstände. So hat die englische Regierung Energierationierungen eingeführt - das allein würde das Leben schon verdammt anders aussehen lassen, aber es ist noch lange nicht alles, worüber sich auch jetzt schon nachdenken lässt.

Text: Moritz Honert, Holger Muster, Caroline Frey

HÖREN UND LESEN

Seite 79

Nick Hornby Juliet, Naked

(Kiepenheuer & Witsch) Schon mal einen Musik-Nerd getroffen? So einen richtigen, der glaubt wirklich ALLES über seine Lieblingsband zu wissen? Duncan gehört zu der Sorte Menschen, die sich als Musikarchäologen verstehen und für Zeitgenossen, die ihre Leidenschaft nicht zu teilen wissen, nur eins übrig haben: Unverständnis und ein bisschen Verachtung. Seine Freundin Annie mag ihn trotzdem und pilgert mit Duncan durch Amerika, um die Spur seines Helden Tucker Crowe zu verfolgen - bis hin zu dessen mysteriösem Verschwinden nach dem Besuch der Toilette des Pits Club in Minneapolis. Als nach ihrer Rückkehr eine Rohversion von Crowes Erfolgsalbum „Juliet“ auftaucht, gerät ihre Beziehung durch eine Meinungsverschiedenheit ins Wanken. Dank Annies Online-Rezension des Werks erwacht Crowe aus seinem 20-jährigen Dornröschenschlaf und alle drei beginnen, ihr bisheriges Leben in Frage zu stellen. Natürlich erinnert „Juliet, Naked“ an Nick Hornbys zweiten Roman „High Fidelty“. Abermals bestimmt die Begeisterung für Pop-Musik den Handlungsrahmen, doch Hornby belässt es nicht bei einer blassen Milieustudie des modernen Fantums und der Abbildung von Duncans Obsession. Im Laufe der fein gesponnen Geschichte wird deutlich, dass alle drei Protagonisten den gleichen Kampf gegen Reue, verschwendete Zeit und die Zweifel an der Korrektheit ihrer Taten austragen. Wirklich neu sind weder Charaktere noch Motive von „Juliet, Naked“, doch es ist das, was Hornby am besten kann. Text: Ina Göritz

RICHARD POWERS DAS ECHO DER ERINNERUNG

(WDR/Der Hörverlag) 130 km/h auf einer vereisten Landstraße sind zu schnell. Es knallt. Als Mark Schluter zwei Wochen später wieder aus dem Koma erwacht, erkennt er seine Schwester nicht wieder. „Capgras-Syndrom“, sagen die Ärzte. Die Symptome: Verfolgungswahn, Aggressionen, Verlust des Selbst. Der Amerikaner Richard Powers hat mit seinem Roman „Das Echo der Erinnerung“ versucht, einen Einführungskurs in die moderne Hirnforschung als Roman zu verpacken – die Diskussion um den freien Willen inklusive. Doch was auf 700 Seiten vielleicht funktioniert, geht zusammengestrichen auf zwei CDs leider völlig in die Hose. Technisch mag das hier mit seinen multiplen ineinander- und nebeneinander laufenden Tonspuren hohe Hörspielkunst sein und auch die Sprecher (Annett Renneberg und Florian Lukas) agieren glaubhaft. Aber die Geschichte selbst, die davon erzählt, wie Marks Schwester versucht, ihren Bruder zurück in die Welt zu holen und den Unfallhergang zu rekonstruieren, erscheint so planlos wie die Figuren selbst. Vielleicht ist das Absicht. Spannend ist es nicht. (2CDs/rund 110 Minuten)

Text: Moritz Honert

KEN FOLLET DIE TORE DER WELT

(WDR/Lübbe Audio) Die Stadt Kingsbridge hat zu Beginn des 14. Jahrhunderts wirklich keinen guten Lauf. Erst kracht ein Teil der Kathedrale ein, und dann geht auch noch die Brücke kaputt. Die Folgen: Menschen tot, Markt abgeschnitten. Alles nicht schön. Ken Follet setzt den Figuren der Fortsetzung seines Mittelalterbestsellers „Die Säulen der Erde“ wahrlich gehörig zu. Der Plot in Schlagworten: Lügen, Machtspielchen, Schicksalsschläge,

Grausamkeiten aller Art und Verschwörung. Wem bei dieser Synopsis das Wort Seifenoper in den Sinn kommt, der liegt nicht ganz verkehrt. „Die Tore der Welt“ ist nix anderes als „Dallas“ - nur halt mit Hexenprozessen, Schwertergeklirr und Mönchskutten. Für die Produktion hat der WDR allerdings ordentlich aufgefahren: mehr als 20 Sprecher in größeren Rollen (darunter der große, kürzlich verstorbene Traugott Buhre), permanente Musikuntermalung, fast neun Stunden Spielzeit. Am Anfang wirkt das fast etwas zu protzig für die manchmal doch sehr vorhersehbare Allerweltsgeschichte über Leben, Liebe und Leid, die hier erzählt wird. Nach einer Stunde bleibt man aber dann doch dran. Denn wie alle Seifenopern macht auch diese hier vor allem eins: höchstgradig abhängig. (8CDs/rund 528 Minuten)

Text: Moritz Honert

Heinrich Steinfest Gewitter über Pluto

(Hörbuch Hamburg) Der Pornodarsteller Lorenz Mohn beschließt eines schönen Tages und in einer durchaus beruflichen Situation, ein neues Leben zu beginnen und einen Strickwarenladen zu eröffnen. Das Startkapital bekommt er von einer dubiosen Dame der Wiener Unterwelt unter der Bedingung, es auf den Tag genau in sieben Jahren zurückzuzahlen oder aber an diesem Tag ein Leben zu retten. Zunächst aber endet das Leben des Ladenvormieters, und zwar direkt unter einem Bett, das Lorenz in seinen neuen Räumen entdeckt und gleich ausprobiert hat. Das wäre ja schon genug Stoff für eine Geschichte, hier ist es gerade mal der noch überschaubare Anfang. In der Folge wird die Geschichte zu einer eigentümlichen Persiflage vom Thriller- und Science-Fiction-Genre, in der Heinrich Steinfest immer wieder und vor allem auch mit einem ausgefuchsten Sprachwitz begeistern kann. (6 CDs/ rund 465 Minuten)

Text: Caroline Frey


Seite 80

X-WORT

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QUERGEFRAGT Einfach die Antworten auf die Fragen in die dazugehörigen Kästchen kritzeln, und somit im besten Fall das richtige(!) Lösungswort ermitteln. Das könnt ihr dann per Postkarte oder E-Mail an uns schicken und nehmt damit automatisch teil an der Verlosung von drei Exemplaren des Wolfmother-Albums „Cosmic Egg“. Einsendeschluss ist der 15. Oktober ’09. [Sämtliche Umlaute (also ä, ö, ü) werden zu Vokalen (ae, oe, ue) und alle Begriffe werden ohne Leerzeichen geschrieben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.]

Waagerecht 1. Mad Monks empfehlen „Go Bäng“ als Gutes Geschäft dieser Stadt 4. Rockende Himmelskörper aus Hamburg 5. Engl. für Kuss 8. Bandbeförderungsgefährt 10. Cornershops Lieblingsgetränk der Stunde 12. Französisches Duo mit elementarem Namen (engl.) 16. Aviv Geffen wohnt zwar längst nicht mehr auf dem „Hügel des Frühlings“, hat aber trotzdem Ausgehtipps für diese Stadt parat 17. Heimatland von Biffy Clyro 19. Inzwischen verfilmter Roman von Stieg Larsson 21. Lieblingsgewürz von The Asteroids Galaxy Tour-Sängerin Mette 24. Nicht irgendein Baum, sondern eine Band 25. Davey Havok singt in dieser Band 26. Stockballsportart & amerikanischen Pop-Gruppe 27. Vor seiner Zeit bei Pearl Jam verdiente Eddie Veddersein Geld als...

SENKRECHt 2. Wenn vor der Bühne im Kreis getanzt wird, nennt man das so 3. Erfolgreiche Lieder 6. Lou Canova beschäftigt in seiner Kolumne diesen Monat mit diesem globalen Netzwerk 7. Bela Bs neues Lieblingswort. Kurzform für Bohéme Bourgoise 9. Gods Of... 11. Noel Gallagher ist seit dem 28. August nicht länger Mitglied dieser Band 13. Mehr als zehn Jahre nach „Reign In Blood“ veröffentlicht diese Band in Kürze „World Painted Blood“ 14. Diese Band hat ihr „Cosmic Egg“ erfolgreich gelegt 15. Er hat endlich „Real Control“ 18. Chester Bennington (Linkin Park/Dead By Sunrise) ist Gast auf unserem Psycho-Möbelstück 20. Titelgebendes Atemorgan des Florence And The Machine-Debüts (engl.) 21. Anzahl der Bandmitglieder von The Raveonettes 22. Editors-Sänger Tom hat den häufigsten Nachnamen Englands 23. Jochen Distelmeyers erstes Soloalbum & Englisch für „schwer“ 28. Nach seinem Kreativ-Exil in Berlin, ist Kings of Convenience -Sänger Erlend Øye in diese Stadt zurückgekehrt Das Lösungswort des Rätsels aus der letzten Ausgabe war übrigens: „Teignmouth“.

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Seite 82

SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM

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IMPRESSUM

SCREENSHOTs Tiefsee

Kürzlich sah ich eine Dokumentation über die Tiefsee.

Herausgeberin:

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Die hässlichsten Kreaturen der Erde wohnen auf dem Grund des Meeres, hieß es dort. Die Erklärung dafür war naheliegend und einleuchtend: Extreme Dunkelheit und mangelnde soziale Kontakte mit Andersartigen machen Aussehen unnötig! Da unten sieht man nichts und es kommt auch niemand vorbei, für den es sich lohnen würde, sich hübsch zu machen. Genau wie in England. England. Bewölkt. Über Jahrhunderte war diese Insel abgeschnitten von der Zivilisation. Niemand außer Engländern konnte Engländer sehen. So wurden sie hässlich. Gerne hätten sie ihr genetisches Material mit etwas Festland-Sex aufgewertet, aber das war unerreichbar. Niemand hatte das Schiff erfunden. Also ließ Charles Darwin den Engländern, die sich ständig nach Vermehrung mit französischen Straßenmädchen sehnten, Segelohren wachsen. Eine gute Idee. Bis zum Festland kamen sie damit allerdings nie. Ganz anders die Hula-Hula-Mädchen auf Hawaii. In der Südsee ist immer was los! Die Sonne strahlt, und im Minuten-Rhythmus werden Tonnen von Touristen aus Flugzeugen auf die Inseln gekippt. Wenn es hier Regen gibt, dann sozialen Austausch. Deshalb sind alle Menschen schön. Überhaupt. Überall wo ordentlich populiert wird, machen die Menschen was her. In Rio de Janeiro sehen die Menschen so gut aus, dass sie nur noch mir freiem Oberkörper herumlaufen und ständig vor Glück tanzen. In Oberfranken tanzt niemand. Und vor allem nicht nackt. Früher hieß die weiter rechts gelegene Seite unseres Landes Dunkeldeutschland. Hier kam keiner rein und keiner raus - und so sah man auch aus. Angeblich soll es in der Sprache der Einheimischen damals 211 verschiedene Worte für „Grau“ gegeben haben. Und bis heute kleidet man sich dort in

Chefredaktion: Caroline Frey Stellvertr. Chefredaktion: Florian Hayler Redaktion: Ina Göritz Volontärin: Christine Stiller Anzeigenkoordination & Marketing:

weiten Teilen so, als hätte man gerade keinen Besuch erwartet. Aus Gera: Tiefensee. Bundesminister. Hat keine Haare und sieht blöd aus. Aus der Tiefsee: Spongebob und Patrick. Haben keine Haare, sehen auch nur „so mittel“ aus. In der geselligen Sonne von Texas gereift: Das Eichhörnchen Sandy. Niedlich. Keine Frage! Alle Babys sind irre hässlich und sehen aus wie ein nasser E.T. Auch sie kommen von einem dunklen Ort, an dem man nichts sieht und niemand außer Ultraschall einen sehen kann. Erst wenn man Babys in die Sonne hält und einige Monate wartet, nehmen sie Gestalt an und man muss sich vor Freunden nicht mehr schämen, wenn man sie dabei hat. Besucher von Dark-Rooms sind ebenfalls ausnahmslos unattraktiv und dick wie die Nacht. Wären sie schön und schlank, würden sie ja das Licht anmachen, oder?! Früher lebte ich in der Provinz. Ich war hässlich. Meine Haare auch. Heute lebe ich in einer richtigen Stadt und sehe nicht mehr so schlimm aus. Hübsch bin ich natürlich immer noch nicht. Aber ich wohne ja auch nicht in der Südsee. Noch nicht! Yessica Yeti

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Titelfoto Wolfmother: Erik Weiss Fotografen: Frank Abel, David Biene, George DuBose, Birte Filmer, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Rosa Merk, Oliver Schümers, Sight Of Sound, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf

INTERVIEWS

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Nach dem Geburtstag ist vor der Novemberausgabe. Herbstlich bunt gestalten das Potpourri der guten Laune darin anderem Pop-Sternchen Titiyo, die furchtlosen Freaks in Gestalt der Flaming Lips sowie Weezer, Biffy Clyro und viele andere. Nachzulesen ab dem 30. Oktober. Flaming Lips

IM KINO International und globalisiert wie nie präsentiert sich die Filmwelt im November. Ausgerechnet der dänische Superstar Mads Mikkelsen (den wir zum Interview trafen) spielt die Hauptrolle im deutschen Fantasy-Horrorfilm „Die Tür“, während gleichzeitig Matthias Schweighöfer für „Friendship!“ ins ferne Amerika aufbricht. Dort längst angekommen ist Action-Regisseur Roland Emmerich, der in seinem neuen Film „2012“ mal wieder mit dem Weltuntergang liebäugelt. Und wem das nicht reicht, der darf sich auf Kino aus England (Ken Loachs „Looking For Eric“), Chile (der Berlinale-Gewinner „Eine Perle Ewigkeit“) oder der Tanzschule („Fame“ in der Neuauflage) freuen.

Caroline Frey, Mario Krenz Praktikant: Marvin Warnke Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.latifoberholz.de

Druck:

Frank Druck GmbH & Co. KG

Vertriebspartner:

unclesally*s Distribution: Berlin, Potsdam Cartel X Culture Promotion: Hamburg, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Hannover, Braunschweig, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Mainz, Stuttgart, Nürnberg, Rostock, Kiel, Flensburg, Göttingen u.a. PMS Köln: Köln, Düsseldorf, Essen, Bochum, Dortmund, Wuppertal, Oberhausen, Bonn, Krefeld, Duisburg u.a. Primeline Dresden: Dresden, Leipzig, Halle, Chemnitz Blanda Promotions: München Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es wird keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Tonträger und Fotos übernommen. Diese gehen in den Besitz des unclesally*s über. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der unclesally*s GmbH & Co.KG. Für alle Verlosungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.01.2009




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