unclesally*s magazine
April 2010 / Ausgabe 155
www.sallys.net
„Beim Songwriting gibt’s für mich keine Schmerzgrenze oder Peinlichkeit!“ (Chris Carrabba)
TURBOSTAAT The Picturebooks / Dashboard Confessional / Slash Donots / Goldfrapp / You Me At Six / Paul Weller She & Him / Black Francis / Im Test: Gentleman
Kino
PRECIOUS Roundtable mit:
Dendemann, Totze & Winson
Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs
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April 10 / Ausgabe 155
THE PICTUREBOOKS Turbostaat / Donots / Dashboard Confessional Slash / Goldfrapp / You Me At Six / Paul Weller She & Him / Black Francis / Im Test: Gentleman
www.sallys.net
„So ein paar Haare sind ganz praktisch...“ (Dendemann)
Kino
PRECIOUS Roundtable mit:
Dendemann, Totze & Winson
Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs
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INHALT
INHALT
Seite 2.1
NO. 155 – APRIL 10
Foto: Erik Weiss
Foto: Birte Filmer
Musik: Seite 10
Musik: Seite 12
DASHBOARD CONFESSIONAL
Dendemann, Totze & Winson PRECIOUS
Chris Carrabba ist mittlerweile zwar Mitte 30, sieht aber immer noch aus wie frisch aus dem Jungbrunnen. Von seiner Musik kann man das nicht unbedingt behaupten. Die klingt viel mehr wie ins Stadionformat mutierter Emo-Rock, der mit seinen herzerwärmenden Balladen über enttäuschte Liebe vor wirklich keinem Klischee zurückschreckt: I love you, you love me, but somehow kriegen wir das nicht gebacken. Sick.
Wir begeben uns mit Dendemann und seinen HipHop-Homies Totze Scholz (Beatsteaks) und Winson (Radio-Ikone) auf Zeitreise, lauschen ihrem Gespräch über die guten alten und viel besseren neuen Zeiten und beobachten sie beim Erfinden eines musikalischen Genres namens Dendemann. Wer wie viele Zigaretten in 30 Minuten schafft und wo man am besten Achterbahn fährt, erfahrt ihr in unserem dreiseitigen Spezial.
04-09 Starter/Stories I
30 Titel: The Picturebooks 45-49 Auf Tour
04 Against Me!/ Melissa auf der Maur 05 MGMT 06 John Butler Trio/ Jamie Cullum 07 Paul Weller 08 Euer Ding 09 Eagle Seagull
16 Auf Achse
In Finnland bedeutet “Sauna” nicht lustig im Dampf chillen und Latte trinken, sondern Krieg: Die Aufgüsse sind hart wie Waterboarding, die Duschen so kalt wie die sibirische Tundra und das Bier knallt doppelt so schnell in die Hirnrinde. Wir haben mit den Profis von Lapko mal die true version der finnischen Sauna imitiert. Ganz schön heiß.
18 Titel: Turbostaat
Wir sind uns einig: Das beste jemals von uns veröffentlichte Heft erschien im Juni 2007, auf dem Titel damals: Turbostaat! Nun, knapp drei Jahre später, ist es wieder soweit: Turbostaat haben mit dem „Island Manöver“ das vierte Album im Kasten, was uns dazu veranlasst hat, eine alte Tradition aufleben zu lassen und die Band erneut zum Titelthema zu küren.
22-28 Platten
Das Jahr kommt langsam in Bewegung und vor allem deutsche Bands nutzen den April, um ordentlich auszuschenken: Bratze, Herpes, Donots, Turbostaat, Dendemann. Alles geniale Scheiben.
29 Mixtape
Sie sind heiße Anwärterinnen auf den Hype des Sommers: Gegen die Garage-Punk-Formation Dum Dum Girls müssen sich auch die Anführer der Hype-Tabelle namens The Drums warm anziehen.
Kino: Seite 55
Sie ist übergewichtig, HIV positiv, zum zweiten Mal schwanger und überhaupt ziemlich perspektivlos: Precious, ein Mädchen im besten TeenieAlter, die - eingesperrt zwischen sozialer Misere, familiärem Desaster und ihren kühnen Träumen – trotzdem nie die Hoffnung verliert. Erst als sie auf eine alternative Schule für Problem-Kids wechselt, kommt ihr Abnabelungsprozess von der Familie und ihrem sozialen Umfeld in Gang.
Auch auf dem Land kann man völlig ungestört und vor allem schön laut vor sich hin mucken, wie man an den Gütersloh-Allstars namens Picturebooks eindrucksvoll sehen kann.
Wie war‘s eigentlich bei Hot Chip und wie wird’s bei Fettes Brot? Steht alles hier! Außerdem: Die wichtigsten Termine und eine erste FestivalVorschau!
34-44 Stories II
52-59 Kino
34 Archie Bronson Outfit/ Rainer Von Vielen / The Avett Brothers 35 Goldfrapp 36 Donots 37 Fakebook: Slash 40 Bakkushan/ Scumbucket/ General Fiasco 42 She & Him/ Drive-By Truckers/ Fanfarlo 42 An Horse/ Detroit 7 44 You Met At Six/ La Brassbanda
38 Im Test: Gentleman
Wenn einer Manieren hat, dann wohl der 35-jährige Tilmann Otto aka Gentleman! Der zwischen Jamaika und Köln pendelnde Globetrotter scheint bestens vertraut mit den Benimm-Regeln der verschiedensten Kulturen…
41 Reiseführer mit: Eternal Tango
Ein Land, so nah und doch so fremd: Luxemburg! Wer schon immer mal wissen wollte, wie viele Amtssprachen es in Luxemburg gibt, sollte mal mit Eternal Tango auf Heimreise gehen.
43 Auf der Couch mit: Black Francis
Black Francis müsste in Kürze Silberhochzeit feiern, so knorke läuft alles in seiner Ehe mit Violet Clark, der Mutter seiner fünf Kinder. Wie man auch über die lange Distanz noch Bock aufeinander haben kann, erklärt euch der Ex-Pixie in dieser Sitzung.
52 Im Interview: Johannes Allmeyer 53 3 Fragen an… 54 Neukölln Unlimited/ A Single Man 56 Lourdes/ From Paris With Love/ Blind Side 57 Kino Shortcuts 58 Kino-DVDs
60-63 Computerspiele
Viele tolle neue Neuerungen und die besten Spiele des Monats im kompakten Überblick.
64-67 Der Rest
64 Coheed And Cambria/ Bücher/ Hörspiele 65 Kreuzworträtsel 66 Vorschau/ Impressum/ Screenshots 67 Redaktionscomic
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EDITORIAL
Seite 2.2
Foto: Oliver Schümers
editorial
Es ist doch so:
Keiner mag die gelben Nimm2. Alle wollen nur die orangenen. Dabei kleben beide wie Flüssigbeton in den Karieskratern der Backenzähne, unabhängig von Farbe, Geschmacksrichtung oder religiöser Gesinnung. Noch härter als wie Nimm2 zu kauen war für die West-Kids der Achtziger allerdings das Lutschen von Werther’s Echten. Spätestens nach drei Loopings im Mund pappte die braune Pest aus gezuckertem Kaffeesatz wie Sperma unterm Gaumen, was nicht nur bei Mädchen für einen heftigen Würgereflex sorgte. Noch schlimmer traf es die Jungpioniere im Osten. Deren Zucker war so hart rationiert, dass ihn das Zentralkomitee durch weiß-gebleichten und als Bonbon getarnten Pfefferminz-Extrakt ersetzte. Dieser geniale Staatsstreich sorgt auch 20 Jahre nach dem Mauerfall noch für lustige Kapriolen am Frühstückstisch, wenn der Papi mal wieder gestampfte Fisherman’s in den Kaffee rieseln lässt. Drei, die sich mit Würgereflexen verschiedenster Mundart bestens auskennen, sind die aus West und Ost stammenden Wortakrobaten Dendemann, Totze Scholz und Winson, die sich für die vorliegende Ausgabe zum RapperStammtisch trafen. Die Zeit verflog wie im Flug, die Zigaretten neigten sich zur Neige und die Schritte der Walkmen wurden langsam müde, als eine frische Flasche Domestos neuen Schwung in die Bude brachte: Plötzlich reimten die drei taufreshe Raps zum rhythmischen Ratschen ihrer KlettVerschlüsse und garnierten ihre Kunst mit lustigen Human-Meat-BoxBäuerchen, die sich hervorragend zum Sampeln eignen. Wir schenken euch diesen einmaligen Soundtrack der Eingeweide zum kostenlosen Download und spenden die Erlöse an unsere Idole von www.lovetalk.de, aus humanitären Gründen. Und so geht’s: Einfach auf www.baba-jaga.net einloggen, die passende Hilfestellung suchen, kurz meditieren und anschließend ganz fest pressen. So schreibt man Hits!
Ein Hinweis: Chat-Roulette ist gefährlich, vor allem an Ostern. Deshalb bieten wir euch ab sofort eine garantiert genitalfreie und Leser sowie Web2.0 umarmende People-Zapping-Alternative namens „unclesally*s Chat Roulette“. Der Plan ist der: Wir stellen monatlich eine bis drei ziemlich astreine Bands zur Auswahl, die ihr per Video zu allem befragen könnt, was euch so in den Sinn kommt. Zum Beispiel: das Wetter, die Gräueltaten der Roten Khmer oder die Sonntagsabfahrzeiten der Regionalbahn Richtung Schkopau an Pfingsten. Entlockt euren Stars die intimsten Geheimnisse, schreibt damit Geschichte oder gebt uns wenigstens einen Grund zum herzhaften Fremdschämen! Auf eure Fragen freuen sich zum Auftakt zunächst zwei Bands: Madsen, die hübsche Bruderschaft aus dem Wendland, und natürlich die Spaßfraktion von Against Me!, die selbst auf die dümmste Anmache schlau und schlagfertig reagiert! Zieht euch also was Nettes an und sprecht eure Frage laut, deutlich und – natürlich bandabhängig – auf Deutsch oder Englisch in die Kamera. Schickt den Clip an chatroulette@sallys.net und dann schön abwarten. Wir melden uns, könnt euch drauf verlassen. Wie nie an dieser Stelle wünschen wir sehr viel Spaß mit dieser Ausgabe, in der wir diverse Neuerungen verankert haben: 1. Das Fakebook ist jetzt in der Muttersprache des/der Protagonisten/In formuliert, was für uns als Hauptschüler in etwa so angenehm ist wie für den Chinesen die Wasserfolter. 2. Die Computerspiele werden ab sofort per Punktesystem abgestraft, abgefeiert oder bei Schneemangel abgesagt. 3. Turbostaat und die Picturebooks sind bis auf weiteres Titelthema, weil wir noch so viele Fotos von denen haben. 4. Freitag ist der neue Samstag und 5. Haben wir gar kein Auto. Wir trampen wieder. (Smoke) Flo
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Neuigkeiten Heute auf: Friesisch düüdje än fersürde
(Tote und Verletzte) BEASTIE BOYS
Durch die Krebserkrankung von Adam Yauch wurde die Veröffentlichung des neuen Beastie Boys-Albums „Hot Sauce Committee Part I“ auf bisher unbestimmte Zeit verschoben. In einem Interview ließ Yauch nun verlauten, dass er sich erhole und seine Energie langsam zurückkehrte. Der Plan sehe danach vor, das Album im September zu veröffentlichen, sofern die Gesundheit mitspiele.
BIG STAR
Im Alter von 59 Jahren ist der Frontmann von The Box Tops („The Letter“) und Big Star, Alex Chilton, in Folge von Herzproblemen in einem Krankenbaus in New Orleans gestorben. Bands wie R.E.M. und Wilco wurden von Chilton maßgeblich beeinflusst.
THE WHO
The Who-Gitarrist Pete Townshend leidet verstärkt unter Tinnitus-Symptomen, was bereits zur Streichung einer Reihe von Shows führte und nach Aussage Townshends auch das Ende der legendären britischen Band besiegeln könnte. Die Musiker waren früher bekannt dafür, enorme Verstärkerleistung auf der Bühne aufzufahren, um sich gegenseitig zu übertrumpfen.
THE XX
Der Tod des Vaters von Frontfrau Romy Madley Croft führte zur Absage eines Teils der XX-Tour.
schiisinge än weele (Trennungen und Pausen) LILY ALLEN
Mit ihrem fortgeschrittenen Alter von 24 Jahren tritt Lily Allen nun eine zweijährige Auszeit an.
lasmootewksel
MADSEN
Sänger Sebastian Madsen stürzte bei einem Videodreh vier Meter tief auf den Betonboden des Filmstudios, als das Seil riss, an dem er hing. Nach anfänglichen Bedenken steht nun jedoch fest, dass sowohl die Veröffentlichung von „Labyrinth“ als auch die Tour wie geplant stattfinden werde. Mehr zum neuen Album von Madsen dann im Mai.
SPARKLEHORSE
Mit einem Schuss ins Herz nahm sich Mark Linkous, Frontmann von Sparklehorse, das Leben.
(Mitgliederwechsel) ASH
Bei der bevorstehenden Tour von Ash wird kein geringerer als Bloc Party-Gitarrist Russell Lissack mit auf der Bühne stehen.
BLACK LABEL SOCIETY
Will Hunt von Evanescence übernimmt das Schlagzeug der Black Label Society für die Zeit der Albumaufnahmen und der anschließenden Tour.
HELDEN & DIEBE
Heute mit: MELISSA AUF DER MAUR
Against Me! Mit ihrem Blitzbesuch Ende Februar und zwei Akustik-Shows in Hamburg und Berlin haben Against Me! ihre Fans schon gut angefixt, und auch die auf YouTube bereits dauerrotierende Single „Rapid Decompression“ bietet einen angenehmen Vorgeschmack auf das neue Album „White Crosses“, das im Juni erscheint. Als Inspirationsquell für seine neuen Folk-Punk-Hymnen diente AM!-Frontmann Tom Gabel diesmal seine zwischenzeitliche Heimatstadt St. Augustine, Florida, die ihn zu Protestsongs und Liebesliedern gleichermaßen herausforderte. Für die Band selbst ist „White Crosses“ der Beginn einer neuen Ära, mit der sie Diskussionen um ihre Glaubwürdigkeit oder Genre-Zugehörigkeit endgültig begraben und ihren mit dem Vorgänger „New Wave“ eingeschlagenen Weg in Richtung Rock-Olymp unbeirrt fortsetzen. Alles zum neuen Album von Against Me! erfahrt ihr in der Mai- und Juni-Ausgabe. Besorgt euch rechtzeitig Tickets für die bevorstehende ClubTour, denn live ist und bleibt diese Band ungeschlagen.
Against Me! auf Tour 24.5. München - 59:1 *** 25.5. Köln - Luxor *** 26.5. Hamburg - Logo *** 27.5. Berlin - Festsaal Kreuzberg
MY CHEMICAL ROMANCE
Schlagzeuger Bob Bryar ist bei My Chemical Romance ausgestiegen. Informationen zum Hintergrund und zum Folgekandidaten wurden noch nicht preisgegeben. Bekannt ist allerdings, dass man sich momentan (mal wieder) im Studio befände.
SOCIAL DISTORTION
Über: GLENN DANZIG
“Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich glühende Verehrerin von Glenn Danzig. Er war stets mein größtes musikalisches Vorbild. Seine Stimme und seine Songs haben mich schon immer gefesselt, und er wurde fast zu so etwas wie einer Vaterfigur für mich. Erst als Mitglied von Hole konnte ich genug Selbstvertrauen aufbauen, um mein Glenn Danzig-Armband, das mir stets durch schwere Zeiten geholfen hat, endlich ablegen zu können. Für mein neues Album schrieb ich ein Duett namens ‘Father‘s Grave‘, für dessen männlichen Part ich unbedingt Glenn gewinnen wollte. Ich schickte ihm also einen handgeschriebenen Brief und ein Demo des Stücks an seine Postfach-Adresse, und er hat sich tatsächlich zurückgemeldet und ist nun so etwas wie der Ehrengast auf meinem neuen Album.“ Heimat: xmadmx.com Auch gut: “Out Of Our Minds“ - das neue Album von Melissa auf der Maur
Knapp ein Jahr lang konnte Angels And Airwaves-Drummer Atom Willard gleichzeitig auch den Schlagzeugschemel von Social Distortion besetzen, bis er nun wegen zu vieler terminlicher Überschneidungen beider Bands die Stöcke von Social Distortion an einen noch unbekannten Nachfolger weiterreichen muss und sich auf Angels And Airwaves konzentriert.
RADIOHEAD
Radiohead-Frontmann Thom Yorke benannte sein gemeinsames Projekt mit Bassist Flea von den Red Hot Chili Peppers, Produzent Nigel Goodrich, Percussionist Mauro Refosco und R.E.M.-Drummer Joey Waronker nun „Atoms For Peace“, rechtzeitig vor den anstehenden Konzerten in den Vereinigten Staaten. Auftritte außerhalb der USA sind noch nicht geplant.
SONIC YOUTH
Drummer Steve Shelley zimmerte sich ein neues Projekt. The High Confessions bringen im Sommer ihr Debüt „Turning Lead Into Gold With The High Confessions“ heraus. Einer der Projektkollegen ist Chris Connolly von den Revolting Cocks und Ministry.
naie projäkte än widertuhuupekaamen
SUNNY DAY REAL ESTATE
DANZIG
plaate
(Neue Projekte und Wiedervereinigungen)
Glenn Danzig kommt zurück aus den Tiefen der Versenkung, um den einen oder anderen mit „Deth Red Sabaoth“ zu verzücken. Gerüchteweise sind mit Tommy Victor (Prong) an der Gitarre und Johnny Kelly (Type O Negative) an den Stöckchen zwei alte Bekannte mit im Tross. Als Gastsänger zu hören ist Danzig auf dem neuen Album von Melissa auf der Maur (Ex-Hole).
In der originalen Besetzung von 1992 nehmen die vier wiedervereinigten Herren aus Seattle ein neues Album auf. Es ist das erste Werk seit „The Rising Tide“ aus dem Jahr 2000.
(Platten)
ARCTIC MONKEYS
Das Studio ist nach der US-Tour die nächste Station auf der Agenda der Arctic Monkeys, so Schlagzeuger Matt Helders: „Entgiftung, dann Amerika, und danach denke ich, sind wir ziemlich darauf erpicht, wieder aufzunehmen.“
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BAND OF HORSES
Während die Arbeit am neuen Album bereits im Oktober 2008 ihren Anfang nahm, steht die Veröffentlichung jetzt bevor. Im Mai wird das dritte Werk „Infinite Arms“ in den Läden stehen.
BELLE AND SEBASTIAN
Vier Jahre nach „The Life Pursuit“ arbeitet die schottische Band Belle And Sebastian an einem neuen Album, das im weiteren Verlauf des Jahres 2010 erscheinen könnte.
THE BLACK KEYS
Unter dem Maibaum liegt Blues-Rock in Form von „Brothers“, dem sechsten Album der Black Keys nach dem 2008er „Attack & Release“.
BLINK 182
Per Twitter sprach Schlagzeuger Travis Barker über den Veröffentlichungstermin seines Soloalbums. Im Juni soll es soweit sein.
BROKEN SOCIAL SCENE
„Forgiveness Rock Record“ heißt die im Mai erscheinende neue Platte der Broken Social Scene, die die Kanadier auch gleich auf Tour zu uns führt.
COCO ROSIE
Zwei Jahre Arbeit in Berlin, New York, Paris, Melbourne und Buenos Aires stecken in „Grey Oceans“, dem im Mai erscheinenden vierten Werk von Coco Rosie. Die Schwestern Bianca und Sierra Casady haben ihren Tour-Musiker Gael Rakotondrabe, einen französischen JazzPianisten, als festes Mitglied integriert und firmieren nun offiziell als Trio.
COLDPLAY
Die Arbeit am fünften Studioalbum läuft, wie Coldplay in einer brasilianischen Fernsehshow verrieten. Man hoffe auf die Veröffentlichung des Nachfolgers zu „Viva La Vida Or Death And All His Friends“ pünktlich zur Weihnachtszeit.
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DANKO JONES
Was sich bei Danko Jones „Below The Belt“ befindet, lässt sich ab Mitte Mai in Erfahrung bringen.
EARTHBEND
Der August bringt das dritte Album „Attack Attack Attack“ in die Stuben.
KAREN ELSON
Die Ehefrau von Jack White, Model Karen Elson, gibt der Welt ein Album. „The Ghost Who Walks“ wird demnächst zu erwerben sein.
THE FOALS
„Total Life Forever“ darf ab Mai ausprobiert werden, wenn der Nachfolger des Debüts „Antidotes“ erscheint.
FOO FIGHTERS
Im Laufe des Jahres werde sich die Band um Dave Grohl versammeln, um mit den Planungen für das Nachfolgealbum des 2007er „Echoes, Silence, Patience And Grace“ zu beginnen, lässt Schlagzeuger Taylor Hawkins verlauten. Hawkins stellte jüngst sein zweites Soloalbum „Red Light Fever“ unter dem Projektnamen „Taylor Hawkins & The Coattail Riders“ fertig. Es erscheint im Mai.
THE HOLD STEADY
Platte Nummer Fünf hört auf den Namen „Heaven Is Whenever“ und steht im Mai auf dem Programm.
KEANE
Während der von 2008 bis 2009 stattfindenden „Perfect Symmetry“-Tour geschrieben und im vergangenen Jahr aufgenommen, erscheint im nächsten Monat die „Night Train“-EP von Keane.
LCD SOUNDSYSTEM
Das dritte Album ist fertig produziert und soll gerüchtehalber gleichzeitig das letzte des Projektes sein.
MGMT Ein Haus am Strand und ein Surfbrett unter den Füßen: In einem früheren Interview verriet uns Sänger Andrew VanWyngarden seine Traumvorstellung von einem entspannten Leben, auch wenn er zum damaligen Zeitpunkt selbst noch gar nicht surfen konnte. Mit seiner neuen, am 9. April erscheinenden Platte „Congratulations“ verbindet er thematisch die Sehnsucht nach dem Wellenreiten mit seiner Leidenschaft für sphärische Sound-Spielereien. Auf dem Vorgänger „Oracular Spectacular“ hatten sein Kollege Ben Goldwasser und er nicht nur ein Händchen für expressive Tanzflächenzünder wie „Electric Feel“ und „Kids“, sondern auch den Hang, ihren Elektro-Pop psychedelisch aufzuladen. Auf ihrer neuen Platte legen sie in dieser Hinsicht noch mal eine Schippe nach. Was euch genau erwartet und wie sich Andrew mittlerweile selbst auf dem Surfbrett schlägt, erfahrt ihr in der nächsten Ausgabe.
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im hobbykeller mit:
JOHN BUTLER
JAMIE LIDELL
Feist, Beck und Gonzales sind Gäste auf dem neuen Album „Compass“ von Jamie Lidell. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.
THE LOW ANTHEM
In einer alten Lebensmittelfabrik haben The Low Anthem ihr neues Werk aufgenommen. Die mit der Baufälligkeit einhergehende Lebensgefahr während der Produktion wurde in Kauf genommen, da die akustischen Verhältnisse unglaublich gut gewesen sein sollen.
THE NATIONAL
„High Violet“ ist der Titel der im Mai erscheinenden Platte des Quintetts aus Brooklyn, die mit Studiogästen wie Sufjan Stevens und Justin Vernon (Bon Iver) aufwarten kann.
MINUS THE BEAR
„Omni“ heißt die im Mai erscheinende vierte Platte des Seattler Quintetts. Leitmotiv war das Themenfeld der zwischenmenschlichen erotischen Beziehungen.
SELIG
„Wenn ich nicht die Gitarre umhabe, dann bin ich entweder auf dem Skateboard unterwegs oder mit meiner Ehefrau im Bett. Letzteres mache ich natürlich nicht nur in meiner Freizeit, sondern sogar auf der Arbeit! Ich kann von ehelichem Beischlaf kaum genug kriegen, um ehrlich zu sein. Noch viel schlimmer in dieser Beziehung ist allerdings unser Bandmitglied Byron Luiters. Der Typ hat einen Schlag bei Frauen – unglaublich! Da fühlt man sich als Durchschnittstyp klein, unbedeutend und impotent. Aber was soll’s: Wenigstens bin ich ein guter Ehemann.“ Heimat: johnbutlertrio.com Auch gut: „April Uprising“ - das neue Album von John Butler Trio
Ein neues Studioalbum ist in Produktion, der Arbeitsprozess kann per Videoblog unter selig. eu verfolgt werden.
film än fiirnsiien (Film und Fernsehen) DAFT PUNK
Der Soundtrack des Science Fiction-Streifens „Tron: Legacy“ kommt aus Frankreich: Das Werk der Franzosen Guy Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter, auch bekannt als Daft Punk, ist ab Dezember in den Kinos zu bestaunen.
FLAMING LIPS
Nach dem Filmepos „Christmas On Mars“ arbeiten die Flaming Lips nun an einem neuen Blockbuster, für den gerüchteweise Justin Timberlake an Land gezogen werden soll.
RADIOHEAD
Gitarrist Johnny Greenwood schuf mit „Doghouse“ ein Orchesterstück für die Verfilmung des Haruki Murakami-Romans „Norwegian Wood“.
di räst (Der Rest)
GORILLAZ
Auf der bevorstehenden Tournee werden die Gorillaz besondere Unterstützung von Mick Jones und Paul Simonon (The Clash) erhalten. Die beiden teilen sich zum ersten Mal seit 1983 wieder eine Bühne.
Hier die Termine für drei Stunden Rock/Punk/Alternative Radio im unclesally*s Nightflight mit Flo im April, jeweils ab 0.00 Uhr (natürlich LIVE auf allen Frequenzen von Fritz und auf fritz.de, dort auch im Anschluss 24/7 als Loopstream!): Vom 15. auf 16.4. *** 29. auf 30.4., ab 0.00 Uhr
Telekom Street Gigs Mit Jamie Cullum in die Werkstatt
Ein bisschen Jazz gefällig? Nein? Aber! Das hier ist Jamie Cullum – klein, aber klanggewaltig. Das hat auch schon Clint Eastwood bemerkt, der den jungen Engländer für den großartigen Titelsong zu seinem Film „Gran Torino“ engagierte. Am 1. Mai wird das Wunderkind im Rahmen der Telekom Street Gigs in der Zentralwerkstatt der Bremer Straßenbahn AG am Flughafendamm spielen. Tickets für diesen exklusiven Event gibt es wie immer nicht zu kaufen, sondern nur bis zum 30. April unter telekom-streetgigs.de zu gewinnen. Wir verlosen 1x2 Karten – zusammen mit einem schicken Nokia X6. Dieses trendsichere Mobiltelefon verfügt unter anderem über klappbarer Stereo-Kopfhörer, eine 5-Megapixel-Kamera und ein Touchscreen. Gewinnen könnt ihr das Paket auf sallys.net.
Telekom Street Gigs 1.5. Bremen – Zentralwerkstatt am Flughafendamm Live: Jamie Cullum Tickets: telekom-streetgigs.de
60 SEKUNDEN mit: PAUL WELLER
Paul Weller: weltweit devot verehrter Ex-Frontmann von The Jam, Familienvater, glühender FC Chelsea-Fan und Solokünstler in Personalunion. Mit seinem neuen Album „Wake Up The Nation“ ist die Mod-Ikone auf dem besten Weg, seinem in Stein gemeißelten Kultstatus die Krone aufzusetzen. Wem Weller morgens als erstes begegnet und wo man in London Paul McCartney trifft, erfahrt ihr hier. Wenn ich zeitreisen könnte, würde ich… mich ins Jahr 1963 zurückbeamen lassen. Ich würde gegen Mitternacht den „Flamingo Club“ in der Wardor Street in Soho aufsuchen, um den kleinen Stevie Wonder live zu sehen. Als erstes sehe ich am Morgen… Mein altes Gesicht. Ein neuer Tag, eine neue Falte. Der tägliche schmerzende Gang zur Morgentoilette… aber was soll’s! Ich bin eben eitel (lacht). Als ultimative Ehre empfände ich… Von der Regierung steuerbefreit zu werden. Das wäre eine faire Geste, wenn mal jemand für MICH arbeiten würde. Das letzte Mal von einem Star geblendet war ich… Neulich traf ich in der St. Johns Wood High Street in London zufällig auf Paul McCartney. Er war sehr nett und zuvorkommend, aber ich war doch schon ziemlich sprachlos. Kein Wunder, er ist schließlich einer der Beatles. Mit dem Alter immer wichtiger wird… Das Leben zu genießen. Man bemerkt, wie schnell es vorbei sein kann, was dazu führt, dass man es von Tag zu Tag mehr Wert zu schätzen weiß. Außerdem lernt man, seine Prioritäten richtig zu setzen. Daran glaube ich: Gott, die Beatles, Liebe und meine Kinder. Einen guten Song zu schreiben ist wie… Fahrrad zu fahren. Etwas, das man nicht verlernt. Man muss vielleicht anfangs wieder ein bisschen üben, aber mit der Zeit sitzt man genauso sicher im Sattel wie früher. Den Samstagvormittag verbringe ich… Im Bett. Die ganze Woche ist so hektisch, dass wir auch gerne mal ausschlafen. England bedeutet mir… Alles. Es ist meine Heimat. Ich bin stolz auf das, was wir der Welt geschenkt haben: Musik, Kunst, Literatur. Noch stolzer bin ich aber auf den FC Chelsea. Heimat: paulweller.com Foto: Dean Chalkley Auch gut: „Wake Up The Nation“ – das neue Album von Paul Weller
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EUER DING
unclesally*s magazine
euer ding
Liebe Leserinnen und Jungs
Das hier ist EURE Seite, auf der ihr uns eure Meinung geigen könnt oder sonst so erzählen, wer oder was euch gerade beschäftigt. Nutzen wir die heutigen Euer Ding-Seiten doch mal, um euch zu einem neuen, lustigen Spiel einzuladen: das unclesally*s Chat-Roulette mit euren Lieblingsbands! Gleich mehr dazu, vorher noch eine links und eine rechts für den Robert: Das unclesally*s Chat-Roulette!
Hey Sandra, danke für die Post. Leider können wir da auch nix machen, aber probier’s vielleicht mal über die offizielle Homepage cbennington.com, eventuell wird dir da geholfen. Und Grüße an deinen Freund! Und nun:
Ab sofort habt ihr die Möglichkeit, uns EURE Fragen an ausgewählte Bands per VIDEO zu schicken. Die Bands zappen sich anschließend durch die Fragen und werden sie ebenfalls per Video beantworten. Das Ergebnis gibt es dann wenig später auf sally*sTV zu sehen. Bitte schickt eure Videos in den gängigen Clip-Formaten mit euren Fragen an: chatroulette@sallys.net! Für folgende Bands brauchen wir eure Fragen: Madsen, Against Me!
DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist: Robert, Alter. Zunächst einmal Chapeau für dein exzellent gewähltes Präsent. Mit einer Anti-Flag-Platte kann man nie etwas falsch machen, es sei denn, der Beschenkte hat eine Mutter oder wahlweise das Kennzeichen D-VU an der Mofa. Nun aber zu deiner Bitte: Natürlich können wir weder dir noch deinem Kumpel so ganz ohne richtige Lösung ein strengst limitiertes Sammlerstück schicken. Nicht auszudenken, was die Mami von deinem Homie mit dem Ding veranstalten würde! Wahrscheinlich würde sie es rituell verbrennen, in die Kochwäsche stecken oder damit auf dem Flohmarkt ihre Haushaltskasse aufbessern. Nein, Robert, das geht leider nicht. Hier aber ein Tipp: Für zehn Dollar gibt‘s sowohl das Anti-FlagShirt als auch das aktuelle Album plus eine Vier-Track-EP mit Clash-Coversongs zum Download. Wenn die Alte das auch wegwerfen wollte, müsste sie gleich den kompletten Rechner entsorgen…
Hey Julia, völlig korrekte Anmerkung. Mal sehen, ob wir beim nächsten Album richtig mitgezählt haben… Auch Sandra möchte jemandem etwas Gutes tun:
Gleich mehr zum Chat-Roulette, vorher noch eine Anmerkung von Julia:
Schickt eure Leserbriefe an sallys@sallys.net oder per Post an unclesally*s, Waldemarstr. 37, 10999 Berlin.
Zigeunerkeller Am Kurpark 2 36251 Bad Hersfeld
Der „Zigeunerkeller“ hat mit großem Abstand die rockmusikerfreundlichsten Öffnungszeiten von ganz Nord- und Osthessen. Hier kann man, bevor es zur Frühschicht geht, noch ein gemütliches Morgenschnäpschen trinken – weil der Laden immer noch auf hat! Über die hessischen Grenzen hinaus bekannt wurde der „Zigeunerkeller“ bereits in den Achtzigerjahren mit der Erfindung des Oberlippenbartes und der Vokuhila-Frisur. Täglich reisen Kunstliebhaber aus ganz Deutschland an, um die atemberaubende Innenausstattung des „Zigeunerkellers“ bestaunen zu dürfen. Doch leider versuchen eifersüchtige Konkurrenten der Nachtgastronomie immer wieder, die einzigartigen und extrem seltenen Wandteppiche entwenden zu lassen. Für Spaß, Spiel und Unterhaltung ist ebenfalls bestens ge-
sorgt. Die Sportbegeisterten können zwischen Sitz-Pogo, Tischfußball, Extrem-Darten und Baumstammnageln frei wählen. Und auch der intellektuelle Anspruch kann in einem ausgiebigen Gespräch mit dem einen oder anderen Stammgast vollständig befriedigt werden. Inhaber Hakims große Leidenschaft gilt allerdings dem Sammeln von Bierdeckeln. In seinem mächtigen Tresenschubfach liegen etwa 300 Kilogramm liebevoll handbeschriebener Bierdeckel, für deren Wert Hakim eines Tages die Opel-Werke komplett alleine sanieren wird.
Empfohlen von den KAFKAS
Die Kafkas aus dem nordhessischen Fulda haben mit ihrem aktuellen Video zum Song „Klatscht In Die Hände“ sowas von dermaßen den Nerv der Zuschauer getroffen, dass das neue Album „Paula“ mehr Exemplare verkaufen wird als der neue Opel Zafira. Mindestens!
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MUSIK STORIES
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Eagle Seagull Eigentlich ganz brav
Eagle Seagull gönnen sich einen kleinen Blick zurück im Zorn und wollen mit dem zweiten Album ’The Year Of How-To-Book’ die nervigen Arcade Fire-Vergleiche endgültig abschütteln. Man muss schon ein wenig im Gehirnstübchen kramen, um sich an das Eagle Seagull-Debüt aus dem Jahr 2006 zu erinnern. Damals, im deutschen WM-Sommer, gab es für die schreibende Zunft scheinbar wichtigere Dinge als irgendwelche USamerikanischen Newcomer, und so missachteten viele die Band um Sänger Eli Mardock. Oder, noch schlimmer: Man warf sie vorschnell mit Arcade Fire in einen Topf. „Es hat mich gestört, dass uns jede Eigenständigkeit abgesprochen wurde“, erinnert sich Sänger und Keyboarder Eli. „Anderseits sind solche Vergleiche ein Kompliment und inzwischen fasse ich sie als solches auf.“ Nicht nur für diese Lockerheit, auch für ihr neues Studiowerk ‘The Year Of How-To-Book’ brauchten sie länger als erwartet und machen damit bewusst einen Schritt nach vorn: Die Songs fühlen sich im AlternativePop weiterhin pudelwohl, präsentieren demgegenüber aber erstaunlich melodieselige und Raum ausfüllende Arrangements. „Obwohl bei Eagle Seagull mindestens fünf Leute im Studio ihr Unwesen treiben, waren die Aufnahmen punktgenau. Wir versuchten erst gar nicht,
Immer schön brav: Eagle Seagull aus Lincoln, Nebraska.
eine Stimmung wie bei einer Jam-Session zu erzeugen, sondern wollten konzentriert die Platte einzuspielen.“ Womit die Frage geklärt sein dürfte, ob es während der Aufnahmen zuging wie bei einer Horde Teenager auf Klassenfahrt. „Nein, natürlich nicht“, lacht Eli und kann sich den Vergleich bildlich vorstellen. „So sind wir nicht drauf! Es mag nach außen den Eindruck erwecken, aber selbst auf Tour sind wir wahnsinnig brave Zeitgenossen.“ Wo-
bei die kommende Tournee zum Triumphzug werden könnte: Gerade weil Arcade Fire sich aktuell bitten lassen, ihr neues Album zu veröffentlichen, platzen Eagle Seagull nicht unvermittelt in einen Hype. Den hätten sie sich langsam selbst verdient. Text: Marcus Willfroth Foto: Taura Horn Heimat: eagleseagull.com
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Foto: Erik Weiss
MUSIK STORIES
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Dashboard Confessional Love is in the air
Dashboard Confessional sind endgültig von einer One-ManEmo-Show zur Formatradio-Kumpel-Band gewachsen. Diese Entwicklung unterstreicht die Band jetzt auf „Alter The Ending“ dick mit Fettstift, denn so aufgepustet haben Dashboard Confessional noch nie geklungen. „Wir geben uns heute mal ganz natürlich“, kichert der vom vorangegangenen Fototermin noch schwer angepinselte Chris Carrabba, als er gemeinsam mit Gitarrist John Lefler auf der Interview-Couch Platz nimmt. Auch wenn die Ironie, die sich da den Weg durch diverse Make-Up-Schichten bahnt, durchaus angebracht ist: Mit überschminkter Wirklichkeit kennt sich der gute Herr aus. Denn schon seit damals, als er noch als einsamer Emo-Boy solo durch die Lande zog, ist das große Pathos sein ständiger Begleiter. Seither gilt Carrabba auch als einer jener Sänger, die dem gemeinen Sozialkrüppel das Leben ungemein erleichtern können. Denn der schmächtige Beau mit den zugehackten Unterarmen hat offensichtlich kein Problem damit, all jene Textzeilen verstärkt und mit inbrünstigstem Timbre vorzutragen, die dem Klemmi-Nerd im Analog-Date nicht recht über die Zunge wollen. Dementsprechend hoch sind auch die Mixtape-Einsatzzeiten von Carrabbas heute vierköpfiger Band, und ihre Konzerte geraten zu choralen Gottesdiensten, in denen jung Verliebte ungehemmt der romantischen Liebe huldigen. Natürlich ohne bis zum Äußersten zu gehen... „Es gibt für mich keine Schmerzgrenze oder Peinlichkeit, wenn ich Lieder schreibe“, erklärt Carrabba. „Damit würde ich mich nur unnötig einengen. Ich denke nicht darüber nach, was andere von mir halten könnten. Ich denke noch nicht mal darüber nach, wie ich später über mich denken könnte. Ich behalte mir lediglich das Recht vor, Songs nicht zu veröffentlichen“, kommentiert der 35-Jährige seine Fähigkeit, Textzeilen wie „I will always love you and forever“ völlig ironiefrei zu singen, durchaus reflektiert. Denn gerade wegen ihres elaborierten Schmacht-Images sind Dashboard Confessional eben auch eine Band, die polarisiert. Sowohl der Indie-Streber als auch der Hardcore-Rüpel unterstellen Bands mit Pop-Affinität und Kuschel-Rock-Lyrics nicht selten haarsträubende Oberflächlichkeit. Ein Vorwurf, den Carrabba nicht gelten lässt: „Ganz ehrlich: Es erfordert viel Selbstbewusstsein und Mut, solche Geschichten einem Publikum zu erzählen. Wenn ich dieses Selbstbewusstsein nicht aufbringe, stehe ich am Ende ohne eine Geschichte da, die im besten Fall Menschen berührt. Und das wäre viel schlimmer, als sich irgendeiner Peinlichkeit preiszugeben.“ Wessen Geistes Kind Dashboard Confessional sind, verdeutlicht das neue Album ‘Alter The Ending‘ auch ohne erklärende Worte. Genau jenes Selbstbewusstsein, das Carrabbas Schamesröte zurückhält, macht sich auch auf dieser ersten von der Band komplett gemeinsam geschriebenen, Langspielplatte Luft. Und auch Carrabbas alter Kumpel Pathos hat wieder ordentlich mitgemischt. Text: Timo Richard Foto: Erik Weiss Heimat: dashboardconfessional.com
Lidschatten ist ein alter Hut, Chris Männer und Kajal? Es wird davon ausgegangen, dass die Menschen bereits seit Urzeiten ihre Augen mit allerlei Tricks in Szene setzten. Ein tolles Beispiel für expressiven, vorchristlichen Lidstrich ist der altägyptische König Tutanchamun. Unabhängig vom Alter und Geschlecht nutzten seine Landsleute Khol (Kajal), ein schwarzes Pulver, das aus Ruß, Galenit, Manganoxiden, schwarzem Eisenoxid und Magnetit zusammengesetzt war. Für die damals ebenfalls populäre Lidstrich-Farbe Grün wurde ein Pulver aus dem Edelstein Malachit verwendet, dieses hatte gleichzeitig eine antiseptische Wirkung und sollte so Augenkrankheiten und angeblich auch Kurzsichtigkeit vorbeugen und natürlich vor der Sonne schützen.
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Dendemann & Totze & Winson
Kinder der Achtziger: Totze Scholz, Dendemann, Winson (v. links)
Freunde unter sich
Neulich in Berlin: Rap-Ikone Dendemann trifft im Dekadenz-Tempel Kempinski seine Kumpels Totze Scholz und Winson, um ein wenig über alte Zeiten, aktuelle Modetrends und den Fluch der dritten Klasse zu plaudern. Da sitzen sie also und rauchen wie Dampfloks: Der Vokuhila aus Hamburg (Dendemann), das bunt tätowierte HipHop-Gewissen der Beatsteaks (Scholz) und die auch als Musiker bekannte Radio-Rakete Winson. Ein Stammtisch aus drei Freaks, die mehr verbindet als ihr Alter. Trotz ihrer über Ost und West verstreuten Kinderstuben genossen die Mittdreißiger eine musikalisch nahezu identische Sozialisation: Iron Maiden, Run DMC, Black Sabbath oder die Beastie Boys wurden links und rechts vom eisernen Vorhang genauso kollektiv abgefeiert wie Neonstrümpfe, Walkmen oder knöchelhohe Nikes. Da muss man sich nicht wundern, wenn auf das neue Dendemann-Album „Vom Vintage Verweht“ all jene abfahren, die bei einem Megadeth-Sample automatisch auf innere Zeitreise gehen. Im Laufe der letzten 20 Jahre hat jeder unserer drei Protagonisten aus der Leidenschaft zur Musik zunächst ein Hobby und schließlich einen Beruf gemacht, der ihre Wege zwangsläufig kreuzen ließ: Scholz und Dendemann arbeiteten gemeinsam am Beatsteaks-Song „Wer A Sagt Muss Auch B Zahlen“, während DJ und Soundtüftler Winson mit
seiner kruden Plattensammlung und antrainierten Moderatoren-Skills bereits die eine oder andere After-Show-Party beschallt hat. Angefixt von der ersten Dendemann-Single „Stumpf Ist Trumpf“ und ausgestattet mit einer amtlichen Portion Insiderwissen schickten wir Scholz und Winson in den Ring, um Dendemann sämtliche Details zum neuen Album zu entlocken. Mal sehen. Winson: Gut siehst du aus, Dendemann. Wie lange hat es eigentlich gedauert, bis diese Matte gewachsen war? Dendemann: Als langjähriger Glatzenträger kann ich dir sagen: So ein paar Haare sind ganz praktisch. Man denkt zwar immer, man wäre so rasiert sehr hygienisch unterwegs, aber mit Glatze UND Mütze hast du eigentlich immer nur einen fettigen Kopf. Erst mit der Arbeit an der neuen Platte habe ich mich auch wieder für Haare und Mode interessiert, nach 15 Jahren Abstinenz! Ich wollte eben nicht mehr die gleichen Turnschuhe tragen wie in der dritten Klasse, so bildlich gesprochen. Winson: Verstehe. Neuer Sound = neuer Look. Dendemann: HipHop-Mode ist doch pure Sta-
gnation, die reine Totalverweigerung gegenüber Trends. Das gleiche Gefühl hatte ich im Übrigen auch in der Musik: Dass alle immer noch die gleichen Sachen machen wie in der dritten Klasse. Und ich brauchte mal ein bisschen frischen Wind im Schrank und bin gleich komplett im kalten Wasser gelandet. Scholz: Wie bist du denn darauf gekommen, „Vom Vintage Verweht“ mit einer Band einzuspielen? Winson: Genau: Was glaubst du, werden die TwoTurntable-and-a-microphone-Puristen zur neuen Dendemann-Platte sagen? Dendemann: Die haben sich doch schon auf meiner letzten Tour verabschiedet. Damals habe ich ja bereits bewiesen, dass ich beides auf meiner Setlist berücksichtigen kann, ohne einen zu großen Bruch zu verursachen: Sowohl die Stücke mit nur mir und einem DJ als auch die, die ich mit meiner Band spiele. Der Nachteil am Live-Konzept mit Band ist, dass man nicht mehr für einen Appel und ein Ei irgendwo hinfahren kann. Winson: Sprich: Es kostet jetzt auch mehr, den Dendemann mit Band zu buchen?
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MUSIK STORIES
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DAS LEBEN DER ANDEREN... TORSTEN SCHOLZ
DENDEMANN
WINSON
1973 Geburt in Ost-Berlin
1974 Geburt als Daniel Ebel in Menden (Sauerland)
1975 Geburt als Marcus Daniel Jürgen Winson in Frankfurt/M.
1993 Mitglied der HipHop-Formation "Arme Ritter" (bis 1996)
1996
1995 Umzug nach Berlin
Veröffentlichung der 12" "Disco 96" Umzug nach Hamburg
1997
1998 Gitarrist bei der Band Lowchainz
Gründung von Eins Zwo zusammen mit DJ Rabauke (ehem. Tour DJ von Fettes Brot)
1999
2000 Einstieg bei den Beatsteaks
Veröffentlichung des ersten Longplayers "Gefährliches Halbwissen"
2001
2002 Veröffentlichung des dritten Beatsteaks-Albums "Living Targets"
2004 Veröffentlichung von "Smack Smash"
2005 Veröffentlichung der DVD "B-Seite"
Veröffentlichung des Albums "Zwei"
2003 Trennung von Eins Zwo, Dendemann verfolgt Solo-Karriere Herbst 2003: Veröffentlichung der EP "DasSchweigenDilemma"
2006 Veröffentlichung der ersten Solo-Platte "Die Pfütze des Eisbergs"
2007 Veröffentlichung von "Limbo Messiah"
2007 Veröffentlichung der EP "Endlich Nichtschwimmer" Deutschlandtour als Support der Beatsteaks
2008 Veröffentlichung des Live-Albums "Kanonen Auf Spatzen"
2008 Deutschlandtour als Support von Herbert Grönemeyer Veröffentlichung des Live-Albums "Abersowasvonlive"
2010 Veröffentlichung der Platte "Vom Vintage Verweht"
2004 Veröffentlichung der Single "Wovon Lebt Eigentlich Peter?" Veröffentlichung des Debütalbums "So Sah Die Zukunft Aus"
2006 Veröffentlichung der zweiten Platte "Frag Die Richtigen Leute" Seit 2006 als Moderator beim Radiosender Motor FM tätig
Dendemann: Das wollte ich damit sagen. Scholz: War es denn eine bewusste Entscheidung, für diese Platte Moses Schneider anzuheuern; diesen Produzenten, der sich mit der Arbeit für Rock-, Indie- und Metal-Bands einen kleinen Namen gemacht hat? Auch damit „Vom Vintage Verweht“ anders klingt als alles, was es bisher im Deutsch-Rap so gab? Dendemann: Eines war von Anfang an klar: Ich wollte Krach machen. Und nachdem ich mit euch und Moses an „Wer A Sagt Muss Auch B Zahlen“ gearbeitet habe, wusste ich, dass man schon ein ganz schönes Arschloch sein muss, um sich NICHT mit dem zu verstehen. Außerdem ist mein letztes Produzenten-Kapitel eins, auf das ich nicht so gerne zurückblicke und deshalb brauchte ich einen Rick Rubin; jemand, der mit dieser ganzen Soul-Scheiße nichts zu tun hat. Ich wollte keinen Funk, keinen Groove und nichts Smoothes, sondern nur losholzen. Stumpf nach vorne und dabei in Höchstform sein. Scholz: Aber die Basis für deine Songs sind immer noch die Beats, die du zu Hause gebaut hast, oder wurde im Studio noch am Arrangement geschraubt? Dendemann: Jede Note ist so geblieben. Ich habe immer wieder angeregt, meine Sachen zu hinterfragen und vielleicht einen Alternativ-Akkord zu finden, aber am Ende haben wir alles behalten. Außer „Es Geht Bergab“, das hat einen ordentlichen Remix gekriegt. Winson: Ich habe mir ein Bild überlegt. Dendemann hören ist ein bisschen wie Achterbahn fahren: Am Anfang hat man Schiss, aber wenn man erst mal drin sitzt in der Karre… Dendemann: …dann geht’s bergab! Winson: Nein, aber wenn man die Strecke nach
zwei, drei Durchläufen kennt, dann wird einem nicht mehr speiübel, sondern man hat richtig Bock auf die nächste Kurve, weil man weiß, wie viel Spaß sie bringt. Dendemann: Das ist ein wunderschönes Bild, und es passt sehr gut: Ich war mir sicher, dass mein Gegröle bei einigen Leuten bestimmt gar nicht gut ankommt. Also habe ich ein paar Kurven entschärft und radikale Tempowechsel vermieden. So dreckig das Album klingt, so sauber sind die Silben geschrieben – die funktionieren auf 160 BpM genauso wie auf 80. Scholz: Freut es dich, wenn einer sagt: Dendemann, der rettet gerade den deutschen HipHop? Dendemann: Das freut mich, weil er anscheinend die Platte gut findet. Es freut mich aber nicht, dass ein weiterer Mensch auf dem Holzweg ist. Scholz: Ist er das? Dendmann. Natürlich! Das liegt aber nicht daran, dass es nichts zu retten gibt, sondern dass diese Platte das nicht tun wird. Wie sollte sie? Jeder 14bis 18-Jährige besitzt heute einen Computer. Es gibt Gratissoftware, die es jedem ermöglicht, ein paar Beats zu machen. Das ist genial, denn Kids in dem Alter haben nun mal keinen Bock auf nichts, außer ständig Dampf abzulassen. Und dank der Technik können die leicht ihren ganzen Frust verarbeiten und sich parallel für wenig Geld kreativ betätigen. Klar ist aber auch, dass dabei unglaublich viel Müll rauskommt, was man allerdings in Kauf nehmen kann: Schließlich ist und bleibt HipHop Sozialpädagoge Nummer Eins, weltweit. Und darauf kommt es an. Scholz: Trotzdem wäre es doch schön, wenn drei
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Platten im Jahr rauskämen, die das Genre bereichern. Das gab‘s schließlich schon lange nicht mehr. Dendemann: Drei? Das wäre ja fast eine pro Quartal! Und die sollen sich auch noch verkaufen? Das wird schwer. Winson: Gibt es denn etwas, das du vermisst? Vielleicht den Vibe aus den Neunzigerjahren, als alle noch eine große Mongo Clikke waren und – wenn es um deutschen HipHop ging – in einem Atemzug genannt wurden? Dendemann: Damals haben sich einfach alle füreinander mitgefreut. Egal, ob das die Zugezogenen waren wie ich oder Ferris oder Rabauke – für den Erfolg der Massiven Töne haben wir uns alle mit-
verantwortlich gefühlt. Das war UNSER Erfolg. Damals sind innerhalb einer Woche drei deutsche HipHop-Alben in die Top Ten gegangen und wir waren alle vor den Kopf gestoßen. Das hat uns ein halbes Jahr später keiner mehr geglaubt, weil es völlig normal war, die Beginner zu hören. Plötzlich war das so unpeinlich - endlich! Es war eine günstige Zeit so zu sein, wie wir waren. Scholz: Was wünscht du dir denn für die Zukunft? Dendemann: Dass man irgendwann sagt: Die Schublade für diese Musik heißt Dendemann. Aber um mich zu verstehen, muss man auf meine Referenzen klar kommen, und dafür muss man halt auch so alt sein wie ich. Man möchte doch von
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Gleichaltrigen gut gefunden werden, das ist doch das am schwersten zu knackende Publikum. Scholz: Wie alt bist du jetzt? Dendemann: 35. Winson: Ich bin 34 und ich mag die Platte. Dendemann: Dann ist ja gut. Hast du noch eine Zigarette? Heimat: dendemann.de Fotos: Birte Filmer Dank an: Dendemann, Torsten Scholz, Winson
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AUF ACHSE
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auf achse...
LAPKO Finnische SAUNA MIT
Text: Christine Stiller Fotos: Oliver Schümers Sauna: Badeschiff, Berlin Heimat: myspace.com/lapko Auch gut: „A New Bohemia“ das neue Album von Lapko
Es ist der 17. März, der letzte kalte Tag des Jahres. Die ideale Voraussetzung für eine entspannende heiss/kalt-Sitzung in der Sauna. Für die Finnen von Lapko ist regelmässiges Saunieren so überlebenswichtig wie essen, trinken und - ja - trinken. Wer beim Anblick von Sänger Ville Malja jetzt schon nach der Lupe kramt - gleich gibt es noch viel mehr unverhüllte Details zu sehen. Passt mal auf.
Nackte Haut und Schamgefühl stehen in Finnland in keinem direkten Zusammenhang. Deshalb beraten sich die drei hier gerade in ihrer Landessprache, wie sie ohne die albernen Bademäntel an Empfangsdame Jule vorbeikommen. Ohne Erfolg. So schlappen sie widerwillig in professioneller Saunamontur Richtung Badeschiff.
Dort angekommen heisst es nichts wie rein in die Kajüte, Eieruhr auf Anfang und raus aus dem Textil. Na ja, fast. So, wie Gott ihn schuf, bekommt Sänger Ville nur die gegenüber liegende Mediaspree zu sehen. Haben die da drüben auch mal was vom Tag. Währenddessen sorgt Basser Anssi Nordberg mit einem neuen Aufguss für eine satte Temperaturerhöhung...
...was er wenig später allerdings bitter bereut.
Kurz vor dem Kreislaufkasper geht’s zum ersten Abkühlen in den Duscheimer...
...und zum groSSen Finale mit einem todesmutigen Köpper direkt in die Spree...
So gut entspannen können die Jungs in ihrer Heimat nie, ist die Sauna in Finnland doch traditionell kein Wellness-Vergnügen, sondern harte Knochenarbeit - immer kurz vorm Herzinfarkt.
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Foto: Ben Wolf
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Mit ihrem Album ‘Vormann Leiss‘ stachen Turbostaat 2007 in raue See, Kurs auf Norden – wohin auch sonst? Nach drei stürmischen Jahren sieht die friesische Punkrock-Fregatte nun endlich Land am Horizont und fährt im eisigen Nordatlantik ‘Das Island Manøver‘. Es gilt zu beweisen, dass nichts faul ist im Turbostaate und die Bandphilosophie durch die gestiegene öffentliche Wahrnehmung nicht korrumpiert wurde. Ach was, Bullshit! Turbostaat gehören zu den ganz, ganz wenigen Kapellen dieser Welt, die überhaupt nichts beweisen müssen. Im Gegenteil: Vielleicht sollte die Welt endlich mal Turbostaat etwas beweisen.
Island ist am Arsch, big time: Da ein paar findige Banker das Kapital ausländischer Anleger verzockt haben, will und muss die isländische Regierung diesen nun Milliardenentschädigungen zahlen. Ergebnis: 11.000 Euro Schulden – pro Kopf. Klar, dass die rund 320.000 Isländer gereizt reagieren: In den Kneipen hängen Bilder der verantwortlichen Kamikaze-Banker über den Pissrinnen, Bankier-Paläste werden mit Farbe und Salzsäure besprüht, jüngst lehnte ein Volksreferendum die Entschädigungszahlungen ab und trieb das Land noch tiefer in die diplomatische Eiszeit. Nur eines kann dieses krisengeschüttelte Eiland noch retten: ‘Das Island Manøver‘! Gut, dass sich der friesische Turbostaat dieser Misere angenommen und ein Album gleichen Namens eingespielt hat. Schlecht, dass die Platte rein gar nichts mit Island zu tun hat. Aber eins nach dem anderen.
Turbostaat sind eine einzige Enttäuschung: Trotz der Verlegung ihres ‘Vormann Leiss’ ins gemütliche Trockendock der Plattenindustrie besaß die Band doch tatsächlich die Chuzpe, sich weder künstlerisch noch ideologisch beeinflussen zu lassen. Die fünf Friesen spielten immer noch in ranzigen Schuppen vor ein paar hundert Seelen, verkauften T-Shirts für zehn Mark und konsumierten Jägermeister nur abseits der Rock:Liga. Vereinzelt skandierten dennoch ein paar Haubentaucherwelpen den obligatorischen „Verrat!“ – aber auch das nur pro forma, weil man das eben so macht, wenn eine Szene-Band einen Schritt nach vorne geht. Und siehe da: Auch auf dem neuen Album vermeiden es die fünf kernigen Kerle erfolgreich, so richtig poppig und anbiedernd zu sein, weshalb sie weder Armeverschränker noch Szenepolizisten so richtig kacke finden können, im Gegenteil: Mit ‘Das Island Manøver’ folgen Marten, Tobert, Jan, Rotze und Peter weiter konsequent und unbeirrt dem Dekret des Turbostaats: einfach machen, auf Gelaber scheißen. Das überzogene Brimborium, die ganzen doofen Fragen um Szene, Neider, Einfluss oder Credibility verstehen die Nordlichter ohnehin nicht. „Wir gehen ja nicht in den Club und sagen: ‘Guten Tag, Sie haben es hier mit einer Band
mit dicken Hosen zu tun’, sondern man sagt: ‘Hallo, wir sind‘s, die Idioten‘, stöpselt ein und spielt seine Lieder“, erklärt Gitarrist und Texter Marten. Nur um klarzustellen, dass sich das Selbstverständnis der Band nicht geändert hat. Genau so sicher, wie nach der Ebbe die Flut kommt, kann man in Stein meißeln, dass Turbostaat immer Turbostaat bleiben werden. Bevor überhaupt irgendetwas geschieht, wird in dieser Band nämlich erst mal Folgendes gemacht: geredet. Dann vielleicht noch ein wenig erörtert, etwas diskutiert, ein bisschen argumentiert. Und wenn am Ende des kollektiven Diskurses alles (oder auch gar nichts mehr) klar ist, dann wird gemuckt. Genau so trug es sich auch zu bei Album Nummer Vier, das am Ende der Welt zusammengebaut wurde, einem völlig unbekannten kreativen Schaffensprozess entsprang und trotzdem zu 117% Turbostaat ist. Mindestens.
Schon die ganz großen Dichter und Denker der Weltgeschichte wussten, dass es sich in isolierter Abgeschiedenheit und fernab der Außenwelt ganz groß dichten und denken lässt. Und da diese beiden Tätigkeiten essentielle Ingredienzien für ein Turbostaat-Album sind, zog sich der komplette Hofstab für die Genesis von ‘Das Island Manøver‘ in ein Häuschen in der friesischen Einöde zurück: In Fresendelf, am Arsch der Welt, wo es wild und rau ist, der harsche Nordwind peitscht und man für eine Kiste Bier eine Dreiviertelstunde mit dem Auto über Buckelpisten juckeln muss. Dort baldowerte der basisdemokratisch geführte Staat die neue Platte von vorn bis hinten aus, was ein Novum in der zehnjährigen Bandhistorie darstellt, denn: Zum ersten Mal entstand ein komplettes Turbostaat-Album in einer zusammenhängenden Session. „Wir haben gemerkt, dass dieses alte Verfahren, dass wir proben und neue Lieder machen, diesmal nicht funktioniert“, erklärt Bassist und Bartträger Tobert die Hintergründe für die selbstauferlegte Isolationshaft. „Wir hatten also nichts, waren wie ein leerer Globus und es hat hammerlange gedauert, bis wir miteinander gespielt haben und die Maschine wieder in Gang kam.“ Doch dann, nach diversen dreiviertelstündigen Autofahrten, völlig überwürzten Zimt-Gerichten und ein paar Partien Wii-Tennis, begann schließlich das waghalsige Manöver, an dessen Ende zwölf astreine TurbostaatNummern standen, von denen eine geiler ist als die andere. Und jetzt kommt das Magische:
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den Song aufgenommen, und unser Mischer Hauke sagte: ‘Das Ende war super’! Daraufhin sagte unser Produzent Moses Schneider: ‘Dann werde ich das 'Haukes Ende' nennen’. Ich habe nur ‘Fraukes Ende’ verstanden und dann hieß eben das Lied auch so. Das ist wirklich einfach dumm.“ Doch im Dummen liegt manchmal die Kraft, und so tragen die mitunter kryptischen Songtitel nicht selten dazu bei, dass die eigentliche Essenz eines Stückes umso besser transportiert wird. Im Falle von ‘Fraukes Ende‘ erzählen Turbostaat die Geschichte eines außerehelich geschwängerten Mädchens, das nach altem nordfriesischem Brauch vom eigenen Vater ins Watt gebracht wird, um dort über die unehrenhafte Missetat nachzudenken – und nicht mehr zurückzukommen. Das klingt nicht nur traurig, das ist es auch. Überhaupt regiert diesmal viel Tristesse in Martens einzigartigen Texten, die von Einsamkeit, Entfremdung und Verzweiflung künden und lyrisch wie immer ganz weit vorne sind. Ein Wort passt Marten jedoch nicht so gut in den Kram: „Wir sind nicht kryptisch! Was liest du denn für Bücher? Liest du Bücher, die ‘Einsamkeit’ oder ‘Irre Verzweiflung’ heißen? Nein, du liest Bücher, die ‘Fraukes Ende’ heißen – ein wunderbarer Buchtitel, oder was?! Was wären das alles für Bücher geworden!“ Im Falle von ‘Fraukes Ende‘ mag diese Aussage zutreffend sein, bei Titeln wie ‘Strandgut‘ (Rosamunde-Pilcher-Romanze?), ‘Fünfwürstchengriff‘ (Karate-Buch?) oder ‘Urlaub Auf Fuhferden‘ (Pferde-Roman?) möchte man höflich widersprechen und behaupten: Nein, solche Bücher würden wir nicht lesen! Es sei denn, man zieht sich vorher den Klappentext rein und erfährt, dass ‘Urlaub In Fuhferden‘ von einer frustrierten Omi handelt, die eine Freundin damit beauftragt, sie im Maisfeld zu erwürgen. „Wir haben diese Geschichte gehört und fanden daran interessant, wie man sich diesen brutalen Prozess des Erwürgtwerdens vorzustellen hat“, erinnert sich Tobert. „Für die Omi muss es unbedingt der Tod ausgerechnet beim Frühlingserwachen im Maisfeld sein – das ist so eine verkehrte romantische Sicht. Da liegst du dann tot im Frühling rum und das ist dann geil oder was?“ Tot im Maisfeld rumliegen klingt aber auch wirklich ätzend. Dann doch lieber ins Watt gehen.
Weder still noch gestanden: Marten, Peter, Tobert, Jan & Rotze - der Turbostaat aus Flensburg.
Jeder Sekunde des Albums hört man an, in welchem Rahmen es entstanden ist. Bei jedem Song sieht man das Friesenhaus in Fresendelf vor dem geistigen Auge, in jeder Note hört man den garstigen Wind heulen, jeder Songtitel lässt auf eine in 45 Minuten geholte und anschließend geleerte Bierkiste schließen.
gekommen – in dieser gemütlichen Mummeligkeit.“ Und wie wir ja alle wissen: Mummeligkeit klingt nicht nur gut, sie ist es auch!
Tobert wird immer noch ganz warm ums Herz, wenn er ans herrliche Fresendelf denkt: „Wir sind in unsere Heimat gefahren, haben uns in dieses Haus gesetzt, unsere Instrumente waren im Wohnzimmer, zwischen den Schränken. Das war gemütlich, vertraut, isoliert. Ich bin ja ein ziemlich hibbeliger Typ und sehr unkonzentriert, meine Birne ist immer irgendwo. Aber als wir dorthin gefahren sind, hatte ich das Gefühl, dass ich mich nicht mal konzentrieren muss, sondern ich war einfach nur zu 100% wach und fühlte mich wie zu Hause an-
Dass Turbostaat-Songtitel nahezu dadaistische Qualitäten besitzen, ist weithin bekannt. Ob ‘Die Stulle Nach Dem Schiß’, ’18:09 Uhr Mist Verlaufen’, ‘Schalenka Hase’ oder ‘Ja, Roducheln’ – wer will, kann sich in wilden Interpretationen ergießen; wer daran scheitert, kann sie auch einfach nur kultig finden. Genauso wie ‘Das Island Manøver‘ nichts mit Island zu tun hat, beziehen sich auch die neuen Songtitel eher selten auf das eigentliche Lied. Ein Beispiel: ‘Fraukes Ende‘, dessen Entstehungsprozess Marten kurz skizziert: „Wir haben
Auch Marten ist ein großer Fan von Fresendelf. „Turbostaat ist Fresendelf! Turbostaat funktioniert nicht wie andere Bands, die alle nach Berlin ziehen und dort ihre City-Platte aufnehmen.“ Und das ist auch gut so. Trotzdem haben die gebürtigen Husumer, von denen es nur Wahlhamburger Tobert weiter als bis Flensburg geschafft hat, der Hauptstadt einen Besuch abgestattet: Nicht aus Vergnügen etwa, sondern um das in Fresendelf Ausbaldowerte im Studio von Moses Schneider auf Platte zu bannen. Was für ein Kontrast: Von der 100-Einwohner-Gemeinde (inklusive Turbostaat!) an der Treene, wo die Kühe im Wind scheißen, zur Millionen-Metropole an der Spree, wo der Bär schwoft – darauf muss man erst mal klarkommen! Doch dieser Kontrast gehört zum Konzept: „Dieser Gegensatz aus Einöde und Großstadt war mir total wichtig“, sagt Tobert. Zumal das Berliner Tohuwabohu die Atmosphäre vom ‘Island Manøver‘
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ohnehin nicht beeinflusst hat. Auch wenn sich das immer ziemlich cool anhört, eine Platte in Berlin aufzunehmen, ist die Realität oft wesentlich unspektakulärer: Nach einem kompletten Tag im Studio geht man meistens nicht mehr auf Streife, sondern rollt sich nachts völlig ausgemergelt in die Schlafkojen. Im Prinzip könnte man das auch in Fresendelf machen – nur ist in Berlin die ‘Biersituation‘ einfach wesentlich entspannter. Und außerdem steht in Friesland (noch?) kein Studio von Moses Schneider. Einmal Schneider, immer Schneider, hat es den Anschein – nicht nur Tocotronic und die Beatsteaks schwören auf den Berliner Erfolgsproduzenten, auch im Turbostaat scheint der Mann inzwischen gesetzt. Und dass diese Wahl wie schon bei ‘Vormann Leiss‘ ein absoluter Volltreffer war, belegt das, was man auf der neuen Platte zu hören bekommt. Um die Stärke der Band – ihre LiveMacht – voll auszuspielen, stellte Schneider ein Kunstkopfmikro, das quasi ein menschliches Gehör imitieren sollte, zwischen den Turbostaatlern auf und gab eine einfache Maxime aus: Die Songs sollten „live“ eingespielt anstatt später künstlich verknotet werden. „Zuerst hatten wir da wirklich Muffensausen“, gesteht Marten und hat damit neben „Mummeligkeit“ gleich einen zweiten Songtitel fürs Folgealbum parat. „Live sind wir ja sehr laut und die Leute sind betrunken, das ist nicht wie
eine Platte einzuspielen. Wir dachten einfach, wir könnten nicht so gut spielen, dass wir in der Lage sind, eine ‘Live-Platte’ zu machen.“ Doch siehe und höre da: Durch die unzähligen Live-Gigs nach ‘Vormann Leiss‘ sind Turbostaat inzwischen zu verdammt guten Musikern gereift, die solch eine Herausforderung erst annehmen und dann auch noch souverän nach Hause schaukeln. Und genau deswegen klingt ‘Das Island Manøver‘ auch so verdammt authentisch. Danke Moses, danke Kunstkopf, danke Berlin!
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sie für diese Konsequenz. Geschmack braucht Charakter. Keine Kompromisse. Und wenn man 45 Minuten fahren muss, dann fährt man eben so lange. Text: Ben Foitzik Heimat: turbostaat.de Fotos: Ben Wolf TOURDATEN AUF DEN SEITEN 46-49
DIE WAHRHEIT ÜBER TURBOSTAAT Durch die aufbrausende Brandung überholten Szenedenkens haben Turbostaat ihren Kutter zu einem weiteren glänzenden Manöver geführt, das im friesischen Bunker ausgeheckt und im hektischen Berlin in die Tat umgesetzt wurde. Auch im zehnten Jahr ihrer Bandgeschichte haben sich die fünf Husumer Gewächse ihre friesisch-herbe Eigenheit bewahrt und machen weiterhin keine Zugeständnisse: Wenn sie irgendwo nicht auftreten wollen, treten sie dort nicht auf. Wenn sie eine Frage nicht beantworten können oder wollen, dann lassen sie es eben. Was Turbostaat nicht wollen, machen Turbostaat nicht. Ganz offen, ganz ehrlich. Und man nimmt es ihnen nicht übel, nein, man bewundert
Tobert: "Peter macht alles in der Band. Peter hat alle Lieder geschrieben, und alle Texte! Peter sagt jedem, was er zu tun hat. Peter hat uns zusammengeholt und Peter bestimmt auch den Fortlauf der Band. Alles, was wir tun und machen, tun und machen wir nur, weil Peter sich das ausgedacht hat. Peter ist Glufke. Peter ist ‘Das Island Manøver'. Peter ist Turbostaat."
IM ISLAND-SCHNELLCHECK: TURBOSTAAT Wer ein Album „Das Island Manøver“ nennt, sollte sich mit dem Land auch auskennen - da kann er noch so oft betonen, dass sein Werk „doch gar nichts mit Island zu tun hat". Mal sehen, ob Turbostaat ihre Hausaufgaben gemacht haben. Wie viele Einwohner hat Island? Marten: Weiß ich nicht. Tobert: Vier. Etwa 320.000. Tobert: Nur? Marten: Man muss sich besser vorbereiten, wenn man eine Platte „Island Manøver“ nennt. Tobert: Nein, man müsste einfach sagen: „Die Platte hat gar nichts mit Island zu tun, ich will diese Fragen nicht beantworten!“ Marten: Aber dann verliert er seinen Job. Nennt drei isländische Städte. Marten: Reykjavik. Tobert: Reykjavik. Marten: Reykjavik.
Tobert: Ich auch nicht! Aber ich weiß, wer Island entdeckt hat: der König von Island! Marten: Island besteht, glaube ich, aus zwei Inseln, die dann irgendwie so übereinander… auf jeden Fall gibt’s diesen einen Berg, da wohnen diese ganzen Geister. Hieß der Donnersberg, oder so? Tobert: Wer hat denn nun Island entdeckt?! Als Entdecker gilt ein schwedischer Wikinger Namens Gardar Svavarsson (um 870), der die Insel prompt Garðarsholmur (Gardarsholm), also 'Gardars Insel' nannte. Wie groß ist das isländische Heer? Marten: Island hat kein Heer, oder? (Richtig!) Welche Währung hat Island? Marten: Keine sehr stabile. Bestimmt isländische Kronen.(Richtig!) Das wichtigste Exportgut des Landes? Marten: Björk.
Nennt drei isländische Bands. Tobert: Björk. Sigur Rós. Und, äh... Marten: Hießen die Sugarcubes oder Sugarbabes? Von Björk die Band. Tobert: Ach, und diese unbekannte Punk-Band aus den Siebzigern. Skáfngröwéldyr hießen die, glaube ich. Da habe ich eine LP von. Und Knyriöfté.
Nicht-kultureller Art. Tobert: Das weiß ich sogar, es ist in meinem Kopf versteckt und ich suche noch kurz. Marten: Könnte trotzdem Björk sein – was wollen die denn noch mehr verkaufen als Björk-Platten?! Tobert: Ich weiß es, ich habe es gelesen und war total erstaunt. Echt? Es ist Fisch? Marten: Die verkaufen mehr Fische als CDs? Wahrscheinlich weil Björk bei einem multinationalen Konzern unterschrieben hat und nicht bei einer isländischen Plattenfirma.
Wer hat Island entdeckt? Marten: Das ist eine richtige Scheiße hier! Ich weiß nix über Island!
Habt ihr schon mal die isländische Spezialität Gammelrochen probiert? Tobert: Nein, aber ich weiß, was es ist.
Akureyri
Akranes Keflavik
REYKJAVIK
Kópavogur Garðabær Hafnarfjörður
Abb.: Einige der größten Städte Islands. Die Hauptstadt Reykjavik hat mit rund 118.000 Einwohnern in etwa gleich viele Einwohner wie Pforzheim oder Offenbach am Main.
Würdest du es essen? Tobert: Ja. Marten: Noch nie gehört, was ist das? Fermentierter Fisch, der eigentlich giftig ist. Tobert: Generell bin ich bei so was nicht abgeneigt. Ich finde das einfach total interessant, Dinge zu probieren, die ich nicht kenne, es sei denn, ich find’s echt eklig oder beschissen. Letzteres dürfte auf Gammelrochen zutreffen: Da fallen Leute in Ohnmacht, weil der so widerlich stinkt. Tobert: Ich hab’s bisher nur gesehen, nicht gerochen. Ich weiß doch, wie das läuft: Ich sage jetzt, ich würde das essen, und nächsten Monat kommt das unclesally*s und hält mir so ’nen Gammelrochen unter die Nase. Also wenn ich das rieche und eklig finde, esse ich das nicht!
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PLATTEN/10 GEBOTE
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DIE 10 GEBOTE
Bratze Korrektur Nach Unten
Callejon Videodrom
Text: Flo Hayler
Text: Tito Wiesner
(Audiolith/Broken Silence) Neues vom zur Elektro-Punk-Institution gewachsenen Hobbyprojekt Bratze. Das Duo um den netten ClickClickDecker und seinen Kumpel Der Tante Renate lässt dem Debütalbum „Kraft“ nun ein Zeitgeist atmendes, die Gesellschaft observierendes und Meinung pitchendes Manifest folgen, das auch ohne Drogen 1a funktioniert. Stücke wie „Dazu Kann Man Gut Klatschen“ oder „Molfsee“ dürften live für schön viel Weißanteil im Auge sorgen, wenn man sich tanzend in Richtung Trance verabschiedet. Auch wenn Bratze ihre anfängliche Idee mit dem Metal-Album aus Vernunfts- oder Geldgründen im Gulli versenkten, dürfte diese Platte auch außerhalb der Elektro-Disko für ordentlich Wellengang sorgen. Vorausgesetzt, man hat trotz Partypulver im Hirn noch ein paar Synapsen zum Denken frei.
Joanna Newsom Have One On Me
(Drag City/Rough Trade) Ein modulierendes Piano und eine engelsgleiche Stimme - mehr braucht es nicht, um 120 Minuten Pop-Musik einzuleiten, wie sie kosmischer kaum sein könnten. Joanna Newsom legt mit „Have One On Me“ ein Opus Magnum vor und füllt drei Alben mit himmlischen und einnehmenden Songs. Die Essenz ihres bisherigen Schaffens und zugleich die Erweiterung dessen: Weniger Harfen als zuletzt verwendet die entzückende Songwriterin vom anderen Stern und entschwebt damit der Konkurrenz. Freilich ein Ding der Unmöglichkeit, „Have One On Me“ sinnvoll mit Worten zu umschreiben, denn wo das famos eingespielte Dreifachalbum anfängt, hört die klassische Plattenkritik auf. Musikalisch liegen Vergleiche zur frühen Kate Bush nahe, und doch ist es Joanna Newsom selbst, die hier einen ganz eigenen Sound fabriziert, der sich in Herz und Verstand festfrisst. Groß und absolut einzigartig.
Text: Marcus Willfroth
(Nuclear Blast/Warner) Man könnte sagen, dass das neue Callejon-Album härter, druckvoller, brutaler, aber auch melodischer, eingängiger und mitreißender ausgefallen ist als der bereits tolle Vorgänger „Zombieactionhauptquartier“. Das Problem: Es stimmt, und zwar jedes einzelne Wort. Callejon schnetzeln sich mit Metal-Core-Salven durch Drumgewitter, schreien sich von Breakdown-Armeen unterstützt den Frust von der Seele, zeigen dabei aber auch immer, dass tief in ihnen ein Herz für Liebe und Versöhnung existiert anders wären diese schreiend süßen Melodien gar nicht denkbar. „Videodrom“ ist eine Wundertüte aus harten Faustschlägen, kickenden AdrenalinTabletten, Science-Ficiton-Thematik und Herzschmerz-Umarmungen; ein Wechselbad der Gefühle und mindestens ebenso beeindruckend wie ein krachendes Sommer-Gewitter.
Leatherface The Stormy Petrel
(Big Ugly Fish/Cargo) Endlich ein neues Album von Leatherface. Viel zu lange mussten wir auf neue, erneut wunderschöne und furchtbar melancholische Punk-Perlen der Engländer warten. Die seit 1988 bestehende Band, inzwischen wieder in (fast) Originalbesetzung, hat Generationen von Punk-Bands beeinflusst, von denen heute nicht wenige, wie etwa Hot Water Music, weit bekannter sind. Ungerechterweise, denn Leatherface waren und sind so wie gute Musik sein muss: ungestüm, mitreißend, Herz und Hirn berührend. Wie immer wechseln die Tempi und Stimmungen, wie immer werden die Lieder fast ausschließlich von den unruhigen Gitarrenspuren und der rauchigen Stimme von Frankie Stubbs getragen. Großartig.
Text: Hans Vortisch
Donots The Long Way Home
(Solitary Man/Indigo) Die Donots wollen es noch mal wissen. So oder so ähnlich fällt das Urteil zum Erstkontakt mit „The Long Way Home“ aus. Da ist zum einen der Single-Vorbote „Calling“, ein Song, der nicht bis zum zweiten Refrain wartet, bis er es sich im Gehörgang häuslich eingerichtet hat. Und auch die anderen zehn Stücke wollen am liebsten aus mehr als einer Kehle gesungen werden. Auf ihrem achten Album schlagen die Donots eine Brücke zwischen Fortschritt und ihren typischen Trademarks: Da können auch schon mal Streicher, Tuba, Mandolinen, Country- oder Folk-Einflüsse vorbeischauen, am Schluss thront auf dem Song verlässlich eine mit Schmackes vorgetragene Hookline, bei der alle mit müssen. Eine kurzweilige Melodiegranate, die jeden Donots-Fan glücklich machen dürfte.
Text: Robert Goldbach
Goldfrapp Head First
(Mute/EMI) Kaum jemand im Pop-Geschäft versteht es, so dauerhaft cool und frisch zu klingen wie Goldfrapp, was das britische Duo mit dem fünften Album in zehn Jahren einmal mehr beweist. Dass Alison und Will dabei immer wieder ihre Richtung wechseln, ist der Sache natürlich überaus zuträglich. Nach der herbstlich-sanften Verschnaufpause „Seventh Tree“ kehren sie nun zurück in die Disco, wo allerdings nicht die kühlen Synth-Klänge zu hören sind, an denen sich Goldfrapp schon vor Jahren, und vor LaRoux & Co., abgearbeitet haben. Stattdessen folgen sie mit geradezu ausgelassen-jubilierender Fröhlichkeit den Spuren von Giorgio Moroder oder Olivia Newton-John. Entstanden sind dabei neun Melodien, die ausgefeilter und eingängiger nicht hätten sein können, und Goldfrapp im Rennen um das zeitgemäßeste PopAlbum des Jahres schon jetzt fast uneinholbar an die Spitze katapultieren.
Herpes Das Kommt Vom Küssen
(Tapete/Indigo) Schnauze voll vom Konsens, hier kommt ein Stück Kompromisslosigkeit. Aus Berlin. Wer will es einem verübeln, wenn man beim Hören von „Das Kommt Vom Küssen“ an die Achtziger, an NDW oder Wave, an Hans-A-Plast oder Wire, Trio und Gang Of Four denken muss?! In diesem Fall ohne arrogant nach oben gezogene Augenbraue. Aber das ist doch auch nicht alles! Herpes sind gut, machen Spaß, sie sind laut und schnell; und schlau sind sie auch! Herpes nervt das, was jeden nerven sollte. Wenn die Welt nicht nur im Berliner Mikrokosmos in Ordnung ist, läuft das im Radio, und die „Öffentlichkeit“ bekommt, frei nach Agent Orange, was sie verdient, und nicht, wonach sie gefragt hat. Wunderbar! Aber nennt es nicht Tanz-Punk.
Text: Tanja Marquardt
Text: Patrick Heidmann
MGMT Congratulations
The Picturebooks Artificial Tears
Turbostaat Das Island Manöver
Text: Timo Richard
Text: Tito Wiesner
Text: Fabian Soethof
(Sony) Hey Kids, kein „Kids“ zu vermelden. Am Ende von „Congratulations“ ertönt dürres Klatschen als finales Statement eines klassischen Manifests der Verweigerung. Erfolgreiche Bands machen so was. Sie gestalten ihr zweites Album als Stinkefinger Richtung Erwartungshaltung, weil sie ihren antikommerzielle Spleen voll ausleben wollen. Der Applaus nach „Congratulations“ wird für MGMT wohl dünner ausfallen, als sie es nach dem Hype-Gewitter um „Oracular Spectacular“ gewohnt sein dürften. Denn das Zweitwerk bietet - Entschuldigung an die Stirnband-Mädchen - keine Hype-Hits, weniger Pop, noch mehr spinnerte Keyboard-Sounds, ist noch überladener und könnte - wenn es etwas ungestümer produziert wäre - in der Vinyl-Plattensammlung eures komischen Onkels stehen, der immer so mit dem Auge zuckt. MGMT erweitern ihren Space-Hippie-Entwurf und entdecken Größe in der Fehlbarkeit des Hype-Detektors.
(Noisolution/Indigo) Das Debütalbum war ein Achtungserfolg, der Nachfolger „Artificial Tears“ soll dem deutschen Trio nun endgültig das Ticket in den Rock-Olymp lösen - und die Zeichen stehen gut, dass StilWächter und Szene-Türsteher die drei Herren durchwinken. Benannt nach einem Song der Kinks, musikalisch aber auf den Spuren so illustrer Kollegen wie Jon Spencer, Queens Of The Stone Age, The (International) Noise Conspiracy oder Danko Jones zitieren The Picturebooks gekonnt die RockGeschichte, ohne sie zu kopieren. Furioser Rock’n’Roll, Garagen-Dreck, Noise-Ausflüge und eine gesunde Fuck You-Attitüde gepaart mit intelligentem Songwriting und dezent gesetzten Elektro-Anteilen. Das hier sind keine herausgerotzten Schnellschüsse, sondern kickende Ausrufezeichen aus einem verschwitzten britischen Club oder einer ausrastenden US-WüstenBar. Könnte sein, dass die Picturebooks auch genau dort bald gefeiert werden.
(Same Same But Different/Warner) Dorfenge, tötende Blicke, Schlägereien, Inzest, Fluchtgedanken, Meuchelmorde, „Dreck im Idyll“. Auch auf ihrem vierten Album „Das Island Manöver“ skizzieren Turbostaat Endzeitszenarien eines Alltags, als ob sie eine norddeutsche Filmversion von „Tannöd“ untermalten. „Ohnmacht und Scheitern ist Normalität“ keucht Sänger Jan Windmeier im Eröffnungsplädoyer „Kussmaul“. „Wenn der Sommer kommt, erwürg mich im Maisfeld“, heißt es heute zur poppigsten Melodie eines an konventionellen Melodiestrukturen wieder erfrischend armen Albums. Frühjahrshits aus Flensburg oder alles beim Alten? Der gallekotzende Vorgänger „Vormann Leiss“ war dadaistischer, trotzdem ist „Das Island Manöver“ Stinkefinger, Faust, Punk gewordenes Waterboarding und bedrückender Soundtrack eines kaputten Acht-Millimeter-Streifens zugleich: „Am Ende vom Jahr nimmt er Deine Hand und geht mit Dir ins Watt. Hört sich traurig an, ist es auch.“
unclesally*s magazine
PLATTEN/OFFENBARUNG
Seite 23
DIE OFFENBARUNG Dendemann
VOM VINTAGE VERWEHT (Yo Mama/Four/Sony)
Der Dendemann hat jetzt die Haare schön und trägt auch Pornobalken. So ist das eben, nicht nur „Brigitte“-Leserinnen flankieren neue Lebensphasen mit neuen Frisuren. Während sich einige seiner Kollegen aus der ersten Generation des deutschen HipHop aus Pietätsgründen lieber ins Singer-Songwriter-Land verabschiedet haben, wehrt sich Dendemann standhaft gegen die totale Bushidosierung seiner originären Kultur und macht ein reflektiertes Rap-Album.
reimt und knödelt er, als ginge es um seine Seele, während er gleichzeitig musikalisch die Fesseln des mittlerweile unangenehm ausgeleierten Genres abwirft und mal Surf-Rock versucht. Genauso setzt sich das Album fort. Die altbekannte HipHop-Pose trifft auf den ernst gemeinten Versuch, sich von den ewig gleichen Bums-Bässen zu lösen. Und siehe da - es funktioniert. „Vom Vintage Verweht“ gerät so zum Abgesang auf eine Ära, zur Liebeserklärung an ein Genre und zum mutigen Blick in die Zukunft.
Im programmatischen Starter „Nesthocker“
Text: Timo Richard
1 hoffnungslos ** 2 egal ** 3 üben ** 4 bemüht ** 5 kann man machen ** 6 gut ** 7 vorn dabei ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 klassiker Aiden From Hell... With Love
(Victory/Soulfood) Wer Aiden aus Seattle immer noch für Kajal-beschmierte Teenies mit Der Kleine Vampir-Look hält und sich auch von den fünf Platten der Jungs bisher nicht eines Besseren belehren ließ, sollte mal ein offenes Ohr riskieren und „From Hell...With Love“, ihr erstes und Anfang des Jahres in Chicago aufgezeichnetes Livealbum anhören. Derart scheppernd, roh und wütend hat man Stücke wie „The Last Sunrise“ noch nicht gehört, und selbst Schmachtfetzen wie „Die Romantic“ gehen dank viel Publikum-Interaktion und deutlich erhöhtem Tempo noch als Horror-Punk durch. Am Ende wünscht man sich sogar fast, die Band hätte diese Scheibe nicht ganz so „authentisch“ auf den Markt gebracht - manche Songs bewegen sich soundtechnisch leider fast schon auf Bootleg-Niveau. Da wäre etwas mehr Make-Up sogar besser gewesen. 5
Text: Tito Wiesner
An Horse Rearrange Beds
(Grand Hotel van Cleef/ Indigo) Wer braucht schon korrekte Grammatik in der Kunst? Hauptsache man hat die richtigen Freunde. An Horse aus Brisbane sind ganz dicke mit Tegan And Sara. Die Kanadierinnen spannen das gemischte Doppel alias Karen Cooper und Damon Cox mit Vorliebe vor ihren Live-Karren und zählen An Horse zu ihren Lieblingsbands. Ein Kompliment, das die beiden Australier hörbar erwidern. Ihr Debütalbum nimmt den Tegan And Sara-Pop und gibt ihm einen - freundschaftlichen - Tritt in den Hintern. Allein mit Gitarre, Schlagzeug und Gesang stimmen An Horse zehn reduzierte Indie-Rock-Nummern mit Balladenunterbrechung an. Griffig, ungekünstelt, gut. Kate Cooper ist übrigens inzwischen von Down Under nach Montreal übergesiedelt. Man darf auf die erste künstlerische Kooperation mit den QuinSchwestern gespannt sein. 7
Text: Nina Töllner
Archie Bronson Outfit Coconut
(Domino/Indigo) Auch wenn der Titel ihrer LP keine große Bedeutung hat, wie das Trio beteuert - so ganz unangebracht ist er nicht. Immerhin betont Drummer Mark ’Arp’ Cleveland, dass man eine Kokosnuss aufbrechen müsse, um an den süßen Inhalt zu gelangen. Tatsächlich scheint „Coconut“ zunächst weniger zugänglich als ihr Indie-/Blues-Rockalbum „Derdang Derdang“. Zumindest für die, die gewohnte Kost erwarten. Doch „Coconut“ ist ein Stück gehaltvoller.
Denn die Briten setzen nicht mehr nur auf die klassische Rock-Instrumentierung Gitarre-Bass-Schlagzeug, sondern integrieren elektronische Elemente, exzessive Percussion- und PsychedelicKlänge bis hin zu WeltmusikVersatzstücken. In den schlechtesten Momenten ist das Album damit tanzbar, ohne belanglos zu wirken, die besten sind voll fast beängstigender Intensität wie gleich zu Beginn bei dem Groove-Noise-Geschoss „Magnetic Warrior“. 7
Text: Steffi Erhardt
Attack In Black Years (By One Thousand Fingertips)
(Dine Alone/Soulfood) Für den Die-Hard-Fan ist das vierte Attack In BlackAlbum schon wieder ein alter Hut, immerhin erschien es in der Heimat des kanadischen Vierers schon vor einem Jahr. Und hätten die Rock-Götter einen Sinn für Ironie, wäre es wohl auf dem von Teilen der Band gemeinsam mit ein Paar Homies gegründeten Label ‘You’ve Changed’ erschienen. Denn genau das haben Attack In Black getan - sich verändert. Wer sich auf Grund ihres Krachers „Marriage“ in die Band verliebt hat, wird über den entspannten Folk-Rock auf „Years“ leise stutzen. Sänger Daniel Romanos einstmals so kraftvolles Heulen ist samtweichem Timbre und Falsett gewichen. Die Band knallt nicht mehr mit der Punk-Peitsche, sondern bedient Freunde der Fleet Foxes und Neil Young-Verehrer. Das allerdings so gekonnt, dass man Attack In Black die Veränderung kaum übel nehmen kann. Nur ein bisschen. 7
Text: Timo Richard
The Avett Brothers I And Love And You
(Columbia/Sony) Der Bandname legt es nahe: The Avett Brothers aus North Carolina mögen es bodenständig und ein wenig altmodisch. Seit 2001 bearbeiten die Brüder Seth und Scott im Schweiße ihres Angesichts und mit Bassist Bob Crawford im Schlepptau den Acker US-amerikanischer Musiktradition. Beim Umpflügen von Country, Folk und Bluegrass gehen sie besonders live gerne mit zünftiger Punk-Energie zu Werke. Eher zivilisiert gibt sich nun das Major-Debüt der drei Farmer. Im Gewächshaus von Über-Gärtner Rick Rubin wurde mit „I And Love And You“ ein handwerklich astreines und harmonisch strukturiertes Beet hochwertiger Pflanzen angelegt. Die pflegeleichten „Kick Drum Heart“ und „Slight
Figure Of Speech“ sowie das malerisch wuchernde „Head Full Of Doubt“ haben gar das Zeug zum Vorgartenliebling des kommenden Frühlings. 6
Text: Nina Töllner
Bakkushan Bakkushan
(EMI) „Baby, Du siehst gut aus, ich will dich tanzen sehen“. Bei diesem Satz dürfte so manches Frauenherz auch mal aus dem Takt kommen. Ob nun pure Berechnung oder ehrlich gemeintes Kompliment: Bakkushan verstehen es, Gefühle und Situationen in banale Textzeilen zu bannen und diese mit Deutsch-Rock-Melodien zu vertonen. Ihr selbstbetiteltes Debütalbum hat zwar lange auf sich warten lassen, kann dafür aber durchaus mit vermeintlichen Hits aufwarten. Zum einen dürfte das an den verdammt eingängigen Gitarrenriffs liegen, die Robert Kerner und Daniel Schmidt mit ihren sechssaitigen Kumpanen erzeugen, zum anderen sind die Lieder der Mannheimer gradlinig und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Wer auf Songs mit Tiefgang gewartet hat, wird an dieser Stelle jedoch enttäuscht sein. 5
Text: Natascha Siegert
Bilderbuch Nelken Und Schillinge
(Schoenwetter/Broken Silence) Der Bandname dieses österreichischen Quartetts klingt nach schönem IndiePop, doch auf dem nun auch in Deutschland erscheinenden Debütalbum wird überraschenderweise in grellen Farben und mit hartem Strich gemalt. Völlig für Kinder ungeeignet ist dabei zum Beispiel „Kopf Ab“, in dessen dazugehörigem Video Sänger Maurice Ernst auch noch die Gewaltphantasie auslebt, seine Bandkollegen im Wald zu killen. Dabei liefern sie ihm doch pflichtbewusst einen meist krachigen Gitarren-Sound, zu dem er die Wörter wie Kaugummis in die Länge zieht. Dazu irritieren seine surrealen Texte mit Titeln wie „Tobias Kontrolle“, „Bitte, Herr Maertyrer“ oder „Psychiatrie“. Positiv wird so was wohl am besten mit dem Wort „exzentrisch“ beschrieben. Es kann aber auch einfach anstrengend genannt werden. 4
Text: Holger Muster
Black Francis Nonstoperotik
(Cooking Vinyl/Indigo) Bei seinem gefühlten 120. Soloalbum nimmt PixiesFrontschwein Frank Black wieder den Namen an, den er 1991, nach der Zerschlagung der Pixies, von sich warf: Black Francis. Warum? Keine Ahnung!? Mit Musik hat es auf alle Fälle nichts zu tun, denn
die ist so unpixiehaft wie selten zuvor. Allerdings ist sie auch so unfrankblackig wie nie. Was ist neu? Billige Keyboards, Saxofone, kitschige Balladen und eine Produktion, die nach Marke Eigenbau klingt. Ich glaube, sogar Harfen gehört zu haben! Schlimm? Nur ab und an. „Nonstoperotik“ ist weder Nonstop gut, noch auch nur an einer einzigen Stelle erotisch, landet aber nach zwei oder drei großen Momenten irgendwie doch mit einem im Bett. Francis versucht Bewegung und Farbe in sein Soloschaffen zu bringen. Das macht dieses Album interessant, abwechslungsreich, aber zu Teilen auch unerträglich. 5
Text: Yessica Yeti
Bleeding Through Bleeding Through
(Roadrunner/Warner) Manchmal zahlt sich Mut zur Veränderung doch aus. Obwohl der Anteil an Frauen im Metal-Core fast gegen Null tendiert, haben die Kalifornier von Bleeding Through seit Beginn ihrer Karriere ein weibliches Geschöpf hinter den Tasten postiert. Nachdem Keyboarderin Molly Street 2001 die Band verließ, hat sich Marta Peterson zu den fünf knallharten Metall-Jungs gesellt. Dank ihrer Klänge werden dramatisch sägende Gitarrenriffs, Maschinengewehrsalven-artige Schlagzeugbeats und das aggressive, tiefe Shouten von Brandan Shieppati durch atmosphärische Melodien zu einem besonderen Genuss. Um den Grad an melodiösen Anteilen noch zu verstärken, wurden zusätzlich kleine Gesangsparts in diverse Songs eingebettet. Das nennt man dann wohl Metalcore 2.0. 6
Text: Natascha Siegert
Brant Bjork Gods & Goddesses
(Low Desert Punk/Cargo) Das siebte Soloalbum der von hinten - sprich Drums - nach vorne - sprich Sänger und Gitarrist - umgesattelten, ehemaligen Kyuss-Stoner-Rock-Koryphäe Brant Bjork evoziert genau den gewünschten Peyote-Brand, den man sich seit seinem ersten Album-Alleingang erhofft hat. Mittlerweile ist Bjork zwar mit Songs wie dem eklatanten „Blowin’ Up Shop“ oder „Good Time Bonnie“ so stark im Hendrix-Spät-Sechziger-Spirit verwurzelt, dass es verwundert, wenn ihm sämtliche von Jimis möglichen Erben und Rock-Sprösslingen juristisch nicht die Einkünfte streitig machen. Aber gut - er macht seine Sache okay. Leider bleibt es dabei. 5
Text: Frank Thießies
Bright Eyes/ Neva Dinova One Jug Of Wine, Two Vessels
(Saddle Creek/Cargo) Wirklich gute Platten hatte Conor Oberst zuletzt nur im Alleingang oder als Kopf der Monsters Of Folk abgeliefert - und selbst dem größten Optimisten dämmerte, dass die sagenhaften Bright Eyes wohl ein Relikt längst vergangener Tage sind. Doch nun gibt es wieder Hoffnung: In Form eines alten, neuen Albums namens „One Jug Of Wine, Two Vessels“, das Oberst vor knapp sechs Jahren mit Neva Dinova in einer wilden Jam-Session zusammenzimmerte und nicht nur die sechs bereits bekannten Stücke der gleichnamigen EP, sondern auch vier neu eingespielte Songs enthält. Überraschend daran: Der Low-Fi/Folk-Charakter aus den Anfangstagen der Bright Eyes wird offensiv bemüht und es scheint, als habe der zuletzt perfektionistisch veranlagte Oberst seine Vorliebe fürs Unfertige wiederentdeckt. Was die Zukunft wohl bringt? Man darf gespannt sein. 6
Text: Marcus Willfroth
Brothers Of End The End
(Playground/Edel) Zwei Drittel des schwedischen Trios Brothers of End - genauer gesagt LarsOlof Johansson Stale und Bengt Lagerberg - spielen gemeinhin (oder sollte man sagen: früher?) bei den Cardigans, weswegen es verziehen sei, wenn man an dieser Stelle kurz Sehnsucht nach der Stimme von Nina Persson äußert. Aber wirklich nur kurz, denn das mit Jugendfreund Mattias Areskog aufgenommene Album „The End“ ist in seiner sanften Unaufgeregtheit derart schön, dass es wirklich überhaupt nichts zu vermissen gibt. Handgemachte Gitarren-Pop-Musik, so gemütlich, verträumt und manchmal melancholisch wie ein Spaziergang durch schwedische Frühlingsabende. Dazu passt der angenehme Gesang der drei Jungs hervorragend, weswegen man am Ende fast nicht einmal mehr traurig wäre, wenn Frau Persson aus ihrem Camp gar nicht mehr zurückkäme und Brothers Of End plötzlich doch mehr wäre als ein kleines Seitenprojekt. 8
king The Cow“, ebensso wie Lieder der jüngeren Alben „Lost And Found“ und „Fear Yourself“. Eingespielt wurden die Stücke mit Orchester in Holland. Das Ergebnis ist zwiespältig. Daniel Johnston schreibt Songs, die so schlicht wie ergreifend sind und zweifellos eine hochwertige Produktion verdienen. Die Diskrepanz zwischen der geschmackvoll-perfekten Instrumentierung auf „Beam Me Up!“ und Johnstons schrägem, unbeholfenem Gesang hat jedoch einen eher bloßstellenden Effekt. Vor allem was für Sammler. 6
Text: Nina Töllner
Dashboard Confessional Alter The Ending
(Vagrant/Geffen/Universal) Spätestens seit seiner Zusammenarbeit mit Julis Eva Briegel zur Single „Stolen“ hätte man es wissen müssen: Von Chris Carrabba ist nicht mehr viel Gutes zu erwarten. Der Mann, dem seit seinem platinveredelten MTV UnpluggedAuftritt 2002 und der Hitsingle „Hands Down“ eine halbe Emo-Generation zu Füßen liegt und an den Lippen hängt, egalisiert auch auf „Alter The Ending“ seine eigentlich hervorragenden Songwriting- und Gitarrenqualitäten durch gefällige Banalitäten. Bis auf den Opener „Get It Right“ langweilt Carrabba mit zwar wieder ohrwurmverdächtigen und in eigenen schwachen Momenten mitreißenden, aber im besten Fall polarisierenden Allgemeinplätzen zwischen Pubertät und Midlife Crisis. Dieser Brückenschlag wiederum ist vermutlich das Geheimnis seines anhaltenden Erfolgs: In diesem Frühjahr supporten Dashboard Confessional Bon Jovi auf ihrer Stadiontournee. 5
Text: Fabian Soethof
Dr. Dog Shame, Shame
(Anti/Indigo) Tiere, die zu therapeutischen Zwecken eingesetzt werden, kennt man seit Längerem. Therapie-Hund Dr. Dog ist schon seit über zehn Jahren bei Fuß, wenn es darum geht, Seelen zu streicheln, schlechte Laune zu vertreiben und
Lächeln auf verbitterte Gesichter zu bringen. Dabei setzt er auf hübsche Melodien, Sixties-PopFlair, dezente Psychedelic-Einflüsse und ausgefeilte Chorarrangements; seinem tierischen Kollegen, dem Grizzly Bear, nicht unähnlich. So empfiehlt sich die neue, abermals perfektionierte Therapieeinheit „Shame, Shame“ als konzentrierte Wohlfühlpille für graue Tage. Ein treuer Freund, der dich mit großen Augen anguckt - tut gut. 7
Text: Robert Goldbach
Dropkick Murphys Live On Lansdowne, Boston MA
(Cooking Vinyl/Indigo) Die Dropkick Murphys spielen seit fast zehn Jahren eine Heimatshow an jedem St. Patrick’s Day in Boston. Vergangenes Jahr zockten die Murphys an sieben Tagen hintereinander(!), und die besten Aufnahmen der Shows landeten auf „Live On Lansdowne“. Enthalten sind sowohl eine CD als auch eine DVD, die dieselben 20 Lieder vorstellen, größtenteils neueres Material, aber der Ton klingt etwas zu deutlich nachbearbeitet. Darunter leidet die Live-Stimmung zumindest auf der CD doch erheblich. Als Best-Of taugt die Scheibe jedoch hervorragend. Die DVD gibt einem da schon mehr das Gefühl, dabei zu sein und lässt den Zuschauer auch an diversen Gimmicks teilhaben nicht zuletzt an der Mitwirkung der Mighty Mighty Bosstones bei „I’m Shipping Up To Boston“. 7
Text: Hans Vortisch
Dum Dum Girls I Will Be
(Sub Pop/Cargo) Zunächst gebührt Dum Dum Girls-Sängerin Dee Dee dicker Respekt dafür, ein Polaroid ihrer Mami als Cover für ihr Albumdebüt auszuwählen. Selbst wenn das von 1972 und damit aus einer Zeit stammt, als Musik so geschmacksfeindlich und elend klang wie nie zuvor und – Punk sei Dank - nie wieder danach. Entsprechend bedienen sich Dee Dee und ihre Girls aus den Sechziger-, späten Siebziger- und nicht zuletzt Achtzigerjah-
Text: Patrick Heidmann
Coheed And Cambria Year Of The Black Rainbow
(Roadrunner/Warner) Vier Alben lang haben uns Mastermind Claudio Sanchez und seine Band nun schon die Science-Fiction-Saga rund um die Protagonisten Coheed And Cambria erzählt, aber selbst die größten Fans hatten irgendwann Probleme, der Story noch zu folgen. „Year Of The Black Rainbow“ soll nun als Prequel die Geschichte von Coheed und Cambria auflösen, doch: Verständlicher wird dadurch nichts. Zumindest die Musik ist wieder fokussierter. Kaum ein Song über fünf Minuten, mehr Melodie und Dynamik, weniger Gefrickel: Coheed And Cambria verschreiben sich weiter einem Mix aus Post-Hardcore, Prog-Rock und Emo, haben diesmal aber wieder den Song im Auge, nicht bewusstseinserweiternde Sphären. Ein zweites „Good Apollo...“ ist ihnen vielleicht nicht gelungen, ein tolles und spannendes Rock-Album mit viel Pop-Appeal schon - da braucht man auch gar kein Literaturstudium, um das gut zu finden. 7
Text: Tito Wiesner
Daniel Johnston And Beam Beam Me Up!
(Hazelwood/Rough Trade) Daniel Johnston, die tragische Außenseiter-Ikone, ist wieder da, mit seinem gefühlt 53. Album. Wirklich neu ist „Beam Me Up!“ jedoch nicht. Die Platte enthält in erster Linie Neuaufnahmen alter Johnston-Klassiker aus Home-Recording-Tagen, wie „True Love Will Find You In The End“ oder „Wal-
General Fiasko Buildings (PIAS/Rough Trade)
PRO
Die drei smarten Briten von General Fiasko haben mit ihren gerade mal 21 Jahren schon so einiges vorzuweisen. Neben Support-Shows für Snow Patrol und The Black Box Revelation waren sie auch schon Gast des Leeds- und Reading-Festivals. Mit ihrem Debütalbum „Buildings“ bringen die drei Jungspunde ein Werk unters Volk, das vor allem angesichts des Alters der drei Protagonisten mehr als begeistert. Man nehme die Melancholie von Radiohead, gepaart mit grandiosen Melodien à la Muse und verbindet das alles mit Elementen britischen Beats. Die drei Nordiren drücken mit diesem Output dem Indie-Rock ihren mehr als dicken Stempel auf und man kann nur hoffen, dass sich die Jungs nicht doch noch entscheiden, einen ordentlichen Beruf zu erlernen.
Text: Kai Butterweck
CONTRA
Schon beim ersten Durchlauf von „Buildings“ wird man das Gefühl nicht los, das Ganze schon mal gehört zu haben. Kein Wunder, schließlich haben General Fiasko ihre Songs nach bereits erfolgreich getesteten Hitrezepten zusammengeschraubt. Was keineswegs ein Frevel ist, sondern gängige Praxis und schon oft genug zum Erfolg geführt hat. Leider fehlen dem Trio die politischprogrammatisch Pop-Slogans von The Enemy oder die Extravaganz von Muse und so reicht es zwar für ein paar hookstarke Songshülsen über „First Impressions“ oder „Dancing With Girls“, mehr als ein paar nette Minuten auf der Tanzfläche kann man ihrem Debüt leider nicht abgewinnen.
Text: Britta Arent
unclesally*s magazine
ren, wenn sie manchmal wie „die Freundinnen der Ramones“ , oft wie die Shangri-Las und selten wie The Jesus And Mary Chain klingen. Als frisch vom Bühnenrand weggesignte ‘Sub Pop‘-Band sind die Dum Dum Girls derzeit heißer Kandidat für DIE Girl-Combo des Sommers, und das zu Recht. Ich habe meinen Zehner schon gesetzt. 6
Text: Michael Harz
Eagle Seagull The Year Of The How-To Book
(PIAS/Rough Trade) Gute Laune?! Die ist auf „The Year Of The How-To Book“ nicht zu finden. Ein Blick auf die Titelliste lässt erahnen, dass hier mit Eagle Seagull ausgesprochene Schwarzmaler am Werk gewesen sind: „I’m Sorry, But I’m Beginning To Hate Your Face“, „I Don’t Know If People Have Hated Me, But I Have Hated People“ oder „The Coming Of The Plague“ heißen die Stücke. Diese transportieren allerdings nicht den Gestus des ausgestreckten Mittelfingers, sondern in erster Linie den des hängen gelassenen Kopfes. Im Vergleich zum Debüt ist der Zweitling des Sextetts aus Nebraska weniger Singer/Songwriter-lastig, sondern opulenter und kräftiger. Den Vergleich mit Arcade Fire können Eagle Seagull nicht leiden, dennoch trifft er hier ins Schwarze. Schade, dass Frontmann Eli mit seinem gepresst-leidenden Gesang den Hörgenuss deutlich schmälert. 5
Text: Robert Goldbach
Eight Legs Best Of Me
(Snowhite/Universal) Alles eine Frage der Ehre: wo sich eine Band die Mühe macht, außerhalb des Album-Single-Regelbetriebs sechs Songs auf eine Platte zu brennen und dem Ganzen auch noch die charmant patina-überzogene Kategorisierung als EP gönnt - da lohnt es sich durchaus, genau hinzuhören. „The Electric Kool-Aid Cuckoo Nest“, die zweite Platte der Eight Legs, war ein bisschen fade geraten, über die mittlere Distanz von „Best Of Me“ macht der Feierindie der Londoner aber gleich wieder mehr Sinn. Es rotieren: die titelgebende Single und mit „Cloak & Dagger“ mehr oder weniger dieselbe Nummer mit anderen Lyrics; die schnuckelige zweiminütige Atempause „Take Me Over The Edge“; die Sing-A-Longs „Everyone Was Down“ und „Over & Over“; und das in Ansätzen an den Blur-Klassiker „Tender“ erinnernde „Cosmonauts“, freilich ohne Gospelchor - den gibt’s frühestens auf dem nächsten Album. 7
Text: Friedrich Reip
Eternal Tango Welcome To The Golden City
(Golden Fox/Rough Trade) „Don’t Wanna Be A Star“ singt Frontmann David Moreira auf dem zweiten Album seiner Band Eternal Tango. Das hätten sich die fünf Luxemburger vorher überlegen sollen. Wer mit einer Platte wie „Welcome To The Golden City“
um die Ecke kommt, kann sich schon mal auf ausverkaufte Clubs und eine ekstatisch gröhlende erste Reihe gefasst machen. Die zehn vorliegenden Songs gehen direkt in Mark und Bein und sind so verdammt eingängig, dass man sich wundert, wo der kreative Input eigentlich herkommt. Vielleicht wurde Luxemburg als künstlerische Metropole bis jetzt einfach unterschätzt?! Wenn die Pop-Punker weiterhin solche Songs, wie „Oh! No“ oder „By The River“ auf die Meute loslassen werfen, werden sie vielleicht noch mal zu Stars. 7
Text: Natasch Siegert
Evelyn Evelyn Evelyn Evelyn
trendfrisierten Jung-Styler auf dem Albumcover setzen unweigerlich eine fatale Assoziationskette von Muskelshirts, Großraumdiscos und ausgefranstem TribalTattoo auf solariumvergerbter Haut in Gang. Unter der Hülle steckt dann zwar nicht das befürchtete auditive Höllenszenario, dafür aber ein kleines Fegefeuer von elektronisch versetztem, deutschen IndiePop mit glattpoliertem Schlager-Effekt. Apropos Effekt, nach solchem haschen Fertig, Los! mit ihrer - sicher zwar total von Herzen kommenden, trotzdem nicht minder vorhersehbarer, plump-poetischen Gefühlsduselei. Aber Geschmäcker sind ja offenbar - und zum Glück - verschieden. 4
Text: Henrike Soltau
(Megaforce/NEO/Sony) Auch, wenn es so auf ihrer Homepage behauptet wird, Evelyn Evelyn ist NICHT das Debütalbum Siamesischer Zwillinge. Es handelt sich bei diesem geheimnisvollen Duo weder um Geschwister noch um zwei Frauen. Punk-Cabaret-Queen Amanda Palmer von den Dresden Dolls und der Support-Act ihrer ersten Solotour, Jason Webley, konnten sich nach Beendigung ihrer Live-Aktivitäten offenbar nicht voneinander trennen und schafften in drei Jahren Arbeit ein gruselig skurriles HörspielMusical. Amanda Palmer bringt ihr Talent auf den Punkt und kreiert eine groteske JugendstilTonflut, eine Mischung aus Zirkus-Freakshow, Stummfilm-Horror, Cabaret und Dreigroschenoper. Evelyn Evelyn ist Theater ohne Theater, Musical ohne Bühne, Vaudeville für das Kino in unserem Gehirn. Besonders! 7
Happy Birthday Happy Birthday
Fanfarlo Reservoir
Text: Michael Haacken
Text: Yessica Yeti
(Warner) Pop. Man kann das doch sagen, oder? Kommen keine verzerrten Gitarren drin vor, ist es Pop, nicht? Oder wenigstens AlternativePop, Indie-Pop, Art-Pop – und eben nicht Rock? Fanfarlo hören sich auf jeden Fall so an, als hätte man Arcade Fire in die Waschmaschine gestopft und zum Trocknen aufgehangen. Blitzblank, gebleicht, frühlingsfrisch. Und geschliffen, nichts was Ecken und Kanten hat. Simon Balthazars Stimme erinnert manchmal stark an Win Butler, manchmal auch an Will Sheff von Okkervil River. Fanfarlo mögen Melodien und üppige Instrumentierung. Allein das Besondere, das Alleinstellungsmerkmal, sucht man vergebens. 5
Text: Gordon Gernand
Fertig, Los! Pläne Für die Zukunft
(Columbia/Sony) Liebe Indie-Kinder, diese Platte würdet ihr definitiv nicht einfach im Vorbeigehen kaufen. Die drei
(Sub Pop/Cargo) Im Rock-Business gibt es so einige Leute, die ihre Schulzeit geistig noch nicht überwunden haben, aber nur Happy Bithday stehen auch dazu und singen davon. Auf der nach oben offenen Nerd-Skala kann man sich dieses Trio deshalb etwa wie drei Nachbarn aus der Sesamstrasse vorstellen, die gerade das Fummeln entdecken. Bester Beweis: Praktisch alle Songs handeln von Mädchen („Girls FM“), den Problemen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen („2 Shy“), und den Hautunreinheiten, die dafür mitverantwortlich sein könnten („Zit“). In einer Zeit, in der sich schon elfjährige ihre Gefühle im Internet abtrainieren, ist Pubertät eben etwas für Profis geworden, das man echten Jugendlichen gar nicht überlassen sollte. Aber dafür gibt’s ja jetzt diese fröhliche Dilettanten-Band mit den kurzen Bubblegum-Songs und der Nöl-Stimme. 7
Jaguar Love Hologram Jams
(Fat Possum/Soulfood) Vier Jahre liegt der Split der wohl wichtigsten PostHC-Band der Nullerjahre nun zurück und noch immer ist kein Thronfolger für die Blood Brothers in Sicht. Dass die ehemaligen BB-Bandmitglieder keinen Anspruch mehr erheben würden, deutete sich bereits an, als sich die aus zwei Fünftel der Blood Brothers-Asche formierten Jaguar Love 2008 anschickten, mit ihrem grandios überladenen Debüt „Take Me To The Sea“ den Indie-Pop zu reformieren. Der Ausstieg von Gründungsmitglied J Clark hat nun jegliche Hemmungen fallen lassen. Er wurde kurzerhand durch einen Billigdrumcomputer und mehrere Synthesizer ersetzt. Das Resultat klingt anfangs wie ein trashiges Lo-Fi-Demo, offenbart aber nach und nach die großen Trümpfe des Zweitwerks: Tanzbarkeit und hinterhältige Ohrwürmer. In einer geschmackvolleren Realität wären Songs wie „I Started A Fire“, „Up All Night“ oder „Evaline“
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Stammgast im kollektiven Großhirn der aktuellen Generation feierwütiger Jugendlicher. Mr. Whitneys Texte sind wie immer ein Erntedankfest für Küchenpsychologen und Hobby-Dadaisten, und wenn der ganze Wahnsinn dieser Platte schließlich in einer herrlich schrägen Janis Joplin-CoverVersion kulminiert, ist einem ein wie in Botox gemeißeltes Dauergrinsen sicher. 7
Text: Thomas Müller
Jenny Wilson Hardships!
(Gold Medal/Playground Music) Dass Jenny Wilson eine verdammt coole Socke ist, ist nichts Neues. Schließlich war ihr erstes Album „Love And Youth“, das auf dem Label von The Knife erschien, eines der spannendsten schwedischen Pop-Debüts der vergangenen Jahre. Mit reichlich Verspätung kommt nun der eigentlich für 2009 geplante Nachfolger - und Wilson macht ihrem Ruf wieder alle Ehre. Der letzte Rest Elektronik ist in den neuen Songs beinahe komplett verschwunden, die aber immer noch wunderbar schräg, textlich komplex und mitunter fast herausfordernd daherkommen. Gerade weil Wilson manchmal bewusst gegen das Harmonische anarbeitet und ganz auf ihre sehr spezielle Stimme setzt, gelingen ihr Melodien und Arrangements, die man anderswo viel zu selten hört. Betörend und raffiniert! 8
Text: Patrick Heidmann
John Butler Trio April Uprising
(Warner) Bei John Butler ist die Dreadlock-Matte ab, und sein Trio ist zu zwei Dritteln neu besetzt. Passend zu derlei Umwälzungen trägt das fünfte Album der Erfolgsaustralier einen „revolutionären“ Titel. Eine weitere Inspiration für „April Uprising“ lieferte die Erkenntnis, dass sich aufrührerische Elemente in John Butlers Familienstammbaum finden. Was nicht überrascht, ist doch Butler wie seine musikalischen Cousins Xavier Rudd, Ben Harper oder Michael Franti stets ein aufrechter Rebell im Dienst der guten Sache. Auch „April Uprising“ ist eine gute Sache. Akustische Umwälzungen sucht man zwar vergebens, doch rockt, bluest, groovt und folkt das Trio gewohnt abwechslungsreich und auf hohem Niveau. Nur gegen Ende geht dem Frühlingsaufstand etwas die Puste aus. Bekanntlich ist weniger manchmal mehr. 6
Text: Nina Töllner
Jónsi Go
(EMI) Unverkennbar ist es die Stimme von Sigur Rós, die sich hier in mitunter gewagte Höhen schwingt. Doch im Vergleich zu den Slo-Mo-Epen seiner Hauptband lässt es Jón Thor „Jónsi“ Birgisson auf seinem ersten Solotrip be-
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schwingter und melodieseliger angehen als je zuvor. Als erste Idee der Songs könnte man sich das Sigur Rós-Stück „Gobbledigook“ mit einer großen Saccharin-Injektion vorstellen. Wer keine Angst vor Kitsch hat, kann hier so überschwänglich in Melodien eintauchen wie Onkel Dagobert in sein Hartgeld. Neunmal Musik, zu der man Zeichentrickeinhörner über grüne Wiesen mit Regenbogen im Hintergrund springen lassen würde. 7
Text: Robert Goldbach
Kafkas Paula
(Domcore/Broken Silence) Auch wenn der Name „Paula“ auf den Geburtsstationen dieser Republik derzeit leicht inflationär gezückt wird, ist er eigentlich immer noch ganz hübsch. „Paula“ – das ist die zweisilbige Idealbezeichnung für das Kind von Eltern, die hoffen, ihre Brut möge sich eines Tages zu einer coolen Kombi aus Nerd, Strolch und Öko entwickeln. Auch die Kafkas aus der Punkstadt Fulda vereinen in ihrem klanggewordenen Nachwuchs nur die besten Einflüsse ihrer lauten Kinderstube: halbstarke Gitarren und angenehm unabstrakte Texte wachsen auf „Paula“ zu Pop und Melodie umarmenden Hymnen. Das ist vielleicht nicht mehr der Soundtrack des harten Pflasters der Straße, aber dafür eine überzeugend klingende Weiterentwicklung im bandeigenen Soundpark aus Punk, Indie und Disko. Nur die Nerds müssen - wie in jedem guten Club - erstmal draußen bleiben. 6
Text: Michael Harz
Maximilian Hecker I Am Nothing But Emotion, No Human Being, No Son, Never Again Son
(Blue Soldier/Rough Trade) Dieses Album mit der etwas kryptischen Selbstbeschreibung als Titel ist das Resultat eines Kampfes. In erster Linie ein Kampf gegen die Selbstzweifel eines Berufsmusikers in der Routinefalle: Hat das, was ich tue, überhaupt Relevanz? Repräsentiert es mich wirklich? Oder erledige ich einfach einen Job? Maximilian Hecker besann sich zurück auf sein Hauptanliegen: Musik zu machen, die direkt der Seele entspringt. Dafür verkroch er sich ganz in sich selbst und spielte die vorliegenden elf Songs zu Hause so spontan wie nur möglich ein. Der Hörer wird mit in Heckers Wohnzimmer genommen, wo er selbstvergessen am Klavier sitzt und für niemanden spielt als sich. Das erhoffte Prädikat „gefühlsecht“ darf sich sein neues Werk in jedem Fall verdientermaßen anheften. 7
Text: Robert Goldbach
Oh No Ono Eggs
(The Leaf Label/Indigo) Neulich beim Baden wurde ich vom Yellow Submarine gerammt. Als die Luke aufging, schaute ich in die hypnotischen Augen eines auf Helium delierenden Kermits, dessen filzige Hand mir sein neues Album entgegenstreckte. Einmal angeschmissen wird alles neon. Man weiß nicht, ob man tanzen, sich mit Blumen bemalen oder diabolisch lachend geisterfahren möchte. Das dänische Quintett Oh No Ono hat sich für alles gleichzeitig entschieden und erschafft dabei eine Art epischen Wahn-Pop für Hochbegabte, dessen Referenzliste von Brian Wilson und Supertramp über Devo und den Talking Heads bis zu Animal Collective und MGMT reicht. Nicht selten vollzieht sich dieser Trip durch die Musikgeschichte innerhalb eines Songs. Und wer meint, das klänge absurd, der sollte erst mal einen Blick auf ihre Klamotten werfen. So sicher wie die furchtbar sind, wird ihre Single „Helplessly Young“ ein Hit. 7
Text: Boris Mischke
Ojo Rojo Cost Of War EP
(Joe Black/Eigenvertrieb) Bei Ojo Rojo handelt es sich um eine Handvoll Altbekannter und illustrer Musikanten, die schon ordentlich was auf dem Kerbholz haben. Bandmitglieder von Jingo De Lunch, Revolver oder auch Gods Of Blitz frönen hier ihrer Lust zum tiefer gestimmten Stoner-Rock. Etwas lieblos in der Artwork-Gestaltung, aber dafür umso brachialer fürs Gehör. Sechs bisweilen doch recht passable Wüstenrocker fegen einem um die Ohren und man versteht schon nach dem Opener, warum die Jungs sogar schon mal die Ehre hatten, sich mit den Herren von Queens Of The Stone Age die Bühne zu teilen. Ein etwas kurzweiliges Feuerwerk, das aber durchaus einiges an Staub aufwirbelt. 6
Text: Kai Butterweck
Paul Weller Waking Up The Nation
(Universal) Dass Paul Weller als Mentor blutjunger Newcomer voll angesagt ist, kann niemand bestreiten. Obendrein gelangen dem Modfather zuletzt famose Platten, und so steigen die Erwartungen ins Unermessliche, wenn sich Weller zu uns herablässt und einen neuen Longplayer
bereithält - „Waking Up The Nation“ lautet aktuell das Motto und wird mit herben Rock-Riffs als Kampfansage formuliert. Keine Zeit fürs Alterswerk, dachte sich der wackere Brit-Pop-Veteran und rumort, als würden zwei Flaschen Doppelherz sein tägliches Frühstück bestimmen. Mutig von Weller, so kompromisslos die Verstärker auf Anschlag zu drehen und nicht davon abzulassen - denn Entertainment allein war ihm schon immer zu wenig. Wer das nicht glauben mag, bekommt nun „Waking Up The Nation“ um die Ohren gepfeffert. Lauter als erwartet. 7
Text: Marcus Willfroth
Pinksnotred Remedy
(Antstreet/New Music) Schon über ein Jahr sitzen Pinksnotred auf dem fertigen Longplayer, der endlich in Eigeninitiative auf die Republik losgelassen wird. Ob sich ihre Beharrlichkeit auszahlt, muss sich nun zeigen. Eine gewisse Reputation haben sich die fünf Mainzer schon durch ihren Video Kings-Hit „Ramona“ sowie durch energiegeladene Liveshows erspielt. So richtig spannend ist an „Remedy“ allerdings wenig: hausbackener Alternative-Rock irgendwo zwischen Beatsteaks, Kings Of Leon und Gods Of Blitz, der zwar zweifellos gut gespielt und gesungen ist, aber dann doch zu wenig aufhorchen lässt. Vielleicht schaffen sie es ja durch Ausdauer. 5
Text: Robert Goldbach
Rainer Von Vielen Milch & Honig
(Motor/ Rough Trade) „Milch & Honig“ hat man als Kind von Oma bekommen, wenn man nicht einschlafen konnte. Auch, wenn das neue und somit dritte Album von Rainer Von Vielen heißt wie dieses alte Hausmittel, wirkt es aber längst nicht so beruhigend wie damals Omas Gebräu. Außer vielleicht „Bei den Beiden“, dem letzten Song des Albums, einer nachdenklichen Ballade. „Milch & Honig“ beginnt allerdings mit einem treibenden Elektrobeat und „Klub Krise“. Es folgen Songs zwischen Dancehall „Asche zu Asche“, Volksmusik „Mein Block“ (Coverversion von Sido) und Gitarrenpop „Alles ist verbunden“. Die Mischung der Musikstile ist wirklich beeindruckend, auch der Mix von melodischem Gesang und rauem Rap. Doch die Einzelteile sind nicht neu, so hört sich die Melodie von „Die Illusion“ stark nach den Sportfreunden Stiller an. Dennoch: Die Zusammensetzung ist raffiniert. 5
Text: Maleen Mohr
SerenaManeesh S-M 2: Abyss In B-Minor
(4AD/Beggars/Indigo) Es ist alles nur ein Trick. Vordergründig unbeherrscht, ruhelos und krachig, ist das zweite Album der Norweger doch endlos durchkonzipiert. Eine Art inszenierter Kontrollverlust, ausgelöst in einer Höhle bei Oslo. Dorthin nämlich zog sich die Band 2008 zurück, um ihren Entwurf von Zügellosigkeit durch zu deklinieren. Von ebendiesem Widerspruch lebt das Album. Es ist abgeklärt und psychedelisch zugleich, minutiös kalkuliert und trotzdem einigermaßen verkifft. Dermaßen am Shoegazen waren wirklich zuletzt My Bloody Valentine, streckenweise werden wir erinnert an die letzte UNKLE-Platte. Mitsamt ihrer Verschmelzung von Stoner-Rock und Rave. Was ist so kunstvoll an Serena-Maneesh? Ihr Trick ist ein guter, das Album eine planvolle Einladung zum Freak-out, die wir gern annehmen können. 6
Text: Ulf Ayes
Serj Tankian Elect The Dead Symphony
(Warner) Serj Tankian ist als musikalischer Grenzgänger berühmt geworden. Mit seiner Band System Of A Down fusionierte er Stile, die so niemand zuvor kombiniert hatte. Sein Soloalbum „Elect The Dead“ von 2006 führte diesen Weg fort. Da muss man von „Elect The Dead Symphony“ fast schon ein wenig enttäuscht sein die Idee, Metal und Klassik zu kombinieren, hatten schon zahlreiche Musiker vor ihm, und nicht immer ging das Konzept auf. In der Auckland Town Hall in Neuseeland präsentierte sich Tankian im März 2009 unterstützt von einem 70-köpfigen Orchester stimmlich noch variabler, und auch das musikalische Grundgerüst klingt auf „Elect The Dead Symphony“ komplexer. Neue Facetten und Ideen erweitern die Klang-Palette von Klassik-Bombast bis zur verträumten Elegie. Sicherlich, bahnbrechend kreativ ist das nicht - besser als einfach nur ein liebloses Best Of- oder Remix-Album aber allemal. 6
Text: Tito Wiesner
She & Him Volume 2
(Domino/Indigo) Frühling ist zweifellos die beste Jahreszeit für ein neues Album von She & Him, denn genau wie auf dem weithin (und mitunter allzu euphorisch) gefeierten Vorgänger „Volume One“ klingt auch dieses Mal jeder Song nach warmen Sonnen-
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strahlen und „California Dreamin’“ für den Hippie von heute. Schauspielerin Zooey Deschanel und M. Ward präsentieren abermals im besten Sinne des Wortes netten Indie-Folk; fast ist das Album mit seinen beiden Coverversionen und dem Gastauftritt von Tilly & The Wall sogar noch ein bisschen hübscher als das erste. Allerdings hat das Duo ein ähnliches Problem wie Deschanel in ihren Filmen: die Rolle der naiven, leicht skurrilen Träumerin verkörpert sie auf Platte wie auch auf der Leinwand so überzeugend und vor allem regelmäßig, dass man sich manchmal ein bisschen mehr Abwechslung oder Überraschung wünscht. 7
Text: Patrick Heidmann
Six Gallery Breakthroughs In Modern Art
(Superball Music/EMI) Bei wem sich allein beim Gedanken an unendliches Prog-Rock-Genöle und Gegniedel der Brustkorb zusammenzieht, könnte in Six Gallery seine Erleuchtung finden, doch auch Freunde des Gefrickels dürften gleichermaßen Gefallen finden. Zwar haben die Ex-Instrumentalisten mit Daniel Francis inzwischen einen Sänger in ihrer Reihe, doch auch die anderen Bandmitglieder haben nach wie vor genug Möglichkeiten, ihr Können unter Beweis zu stellen. Vergleiche mit Aerogramme und Minus The Bear sind da schnell bei der Hand, aber die Jungs aus Athens, Ohio, haben den Kuschel-Faktor für sich gepachtet und betten ihre Songs stets ins mollig warme Soundschichten - harte Riffs und scharfe Kanten sind die Ausnahme. Trotzdem sind Six Gallery alles andere als schnöde Softies, auch wenn die Variabilität ein wenig unter dem Schmusekurs ihres Albumdebüts leidet. 6
Text: Britta Arent.
Slash Slash
(Roadrunner/Warner) Auf einen echten Slash-Alleingang musste die GunnerGemeinde lange warten, zog Herr Hudson wechselnde Band-Nester bislang doch immer vor. Umso größer also die Enttäuschung um dieses Werk. Weder hat sich das Warten gelohnt, noch erfüllt die Riege an Gastsänger-Größen jene SoloPrämisse wahrhaft. Zwar liest sich das Verzeichnis der am Album Mitwirkenden mit Iggy, Lemmy, Ozzy und auch jüngeren Generations-Gardisten (Kid Rock, Chris Cornell) so schmackhaft wie die
Schnapskarte des Rainbow, hilft aber über kreative P(l)anscherei nicht hinweg. Denn viel mehr als eine knappe Handvoll Songs bleibt am nächsten Morgen nicht. Ein zu aseptisches All-Star-Album, ohne Schmiss und Chuzpe - bis auf den Song mit Fergie(!). Die ist nämlich die einzige hier, die richtig knallt. 5
Text: Frank Thießies
The Tallest Man On Earth The Wild Hunt
(Dead Oceans/Cargo) Einschlägige Wissens-Seiten behaupten, dass der größte Mann der Welt 247 Zentimeter misst. Rein statistisch gesehen mag das korrekt sein, musikalisch rackert sich aber Kristian Matsson seit drei Jahren ab, seinem Namen auch Taten folgen zu lassen. Den ersten Teilerfolgt lieferte er mit seinem Debütalbum „Shallow Grave“ ab, nun beweist „The Wild Hunt“, dass der Dylan-Erbe mit seiner Gitarre bisher alles richtig gemacht hat. Klassische Folk-Songs mit einer ordentlichen Beigabe Wahnsinn und Weirdness, deren Krönung die ungewöhnliche Stimme des gebürtigen Schweden und selfmade „King Of Spain“ ist. Selbst krönen muss er sich allerdings nicht, denn der Applaus ertönte bereits aus diversen Blogs. Auch wenn das körperliche Wachstum von Matsson abgeschlossen ist, musikalisch geht’s für ihn gewiss auch jenseits des Internets noch hoch hinaus. 8
Xiu Xiu Dear God, I Hate Myself
(Kill Rock Stars/Cargo) Ständige Besetzungswechsel, die einzige Konstante von Xiu Xiu ist Jamie Stewart. Der Singer-Songwriter arbeitet seit Gründung der Band wie besessen sehr erfolgreich daran, auch die letzte musikalische Rückbindung hinter sich zu lassen. Irgendwie Noise, aber auch Folk, Elektro und nicht zuletzt Punk - Stewarts System kennt keine Grenzen. Insbesondere die markanten Achtziger-Pop-Passagen bringen Xiu Xiu auch in die Nähe der mächtigen Magnetic Fields. Mit Leichtigkeit werden naiv klingende Hooklines unvermittelt aus Kakophonien geschält, oder Stewart lässt Strukturen plötzlich in sich zusammen fallen. Das neue Album? Xiu Xius Sound bleibt die Auseinandersetzung mit Musik. Im Bandkontext nicht neu, dafür immer noch spektakulärer und künstlerisch interessanter als die meisten anderen. 7
Text: Ulf Ayes
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You Me At Six Hold Me Down
(Virgin/EMI) Du und ich um sechs an der Ecke und wir feiern die Emotionen, wie sie uns in unsere wunden Herzen purzeln! Mit You Me At Six schreibt eine der unverhofftesten und besten Geschichten der letzten zwei Jahre ihr nächstes Kapitel. Nach dem Aufstieg vom Nobody mit überraschendem Angels And Airwaves-SupportSlot zum souveränen Debütanten mit „Take Off Your Colours“ veröffentlicht die Band aus Surrey nun mit „Hold Me Down“ ein perfekt ausproduziertes Album voller edel geschliffener EmoPop-Hits. Wer also endlich mal wieder jeden kritischen Abstand aufgeben möchte und deswegen nach Musik sucht, die mit aller tränenübergossenen Verzweiflung in einen blitzzerschnittenen Gewitterhimmel schreit, der wird hier glücklich. Pardon, fündig. 7
Text: Friedrich Reip
Text: Britta Arent
The Weakerthans Live At The Buton Cummings Theatre (CD/DVD)
(Epitaph/Indigo) Man muss die zum Glück niemals groß gewordenen kanadischen Indie-Rock-Helden The Weakerthans einmal live gesehen haben, um zu begreifen, wo Begeisterung aufhört und Verliebtsein anfängt: Wenn John K. Samson, dieser erwachsene Junge, Familienvater und Songschreiber, über die Entfremdung eines Herrchens von seiner Katze singt und dabei lächelt, als bedeutete die Existenz dieses Moments das größte Glück der Welt. Wenn ihm Mädchen und Männer jeden Alters zu so liebgemeinten Zeilen wie „I Hate Winnipeg“ an den Lippen hängen und in Geselligkeit grinsen. Wenn seine Bandkollegen ihre Saiteninstrumente durch die Luft wirbeln, als wären sie Rockstars. Von all dem erzählt nun auch die eigentlich unspektakuläre CD und DVD „Live At The Burton Cummings Theatre“, 73 Minuten lang. Einen Konzertbesuch ersetzt die Dokumentation dieses Heimspiels natürlich nicht. Aber sie steigert die fast kindliche Freude darüber, dass es Lieblingsbands wie diese überhaupt noch gibt. 7
Text: Fabian Soethof
Fette Beats sind die halbe Miete Kinder, wie die Zeit vergeht! Ihr halbes Leben lang machen die hier vorgestellten Künstler nun schon Musik - und zeigen dabei vielen Frischlingen noch immer, wo der Hammer hängt. Kool Savas, Jahrgang ’75, lässt auf „John Bello Story III“ (Essah/Groove Attack) die Konkurrenz traditionell alt aussehen. Mal beschimpft er andere Rapper zusammen mit Olli Banjo als „Techno Pilot“, mal bedient er sich des wütenden Gezeters von Klaus Kinski und empfiehlt ihnen: „Mach doch deinen Scheiss“. Die Frage ist, was ihr draus macht! Ebenfalls seinen 35. Geburtstag feiert dieser Tage Gentleman, der sich selbst das neue Album „Diversity“ (Vertigo/Universal) schenkt. Auf Deutsch bedeutet der Titel „Vielfalt“, und ist damit programmatisch, denn der Kölner ReggaeKönig bietet ruhige Roots-Nummern, treibende Dancehall-Tracks und einige Überraschungen wie den Autotune-Effekt bei der Single „It No Pretty“. Die Verjüngungskur tut echt gut! Ganz neu positionieren müssen sich auch Deichkind. Mit „Papa Professionell“ (Buback/Indigo) setzen sie erst einmal ihrem 2009 leider viel zu
früh verstorbenen Produzenten Sebastian „Sebi“ Hackert ein musikalisches Denkmal. Dafür haben sie seine sehr abwechslungsreichen Arbeiten für unter anderem Fettes Brot, Mia, Madsen, Eins Zwo und Jennifer Rostock zusammengesucht. Sebi wäre dieses Jahr 34 Jahre alt geworden. Samy Deluxe feiert dagegen diesmal eine Schnapszahl. Da sehen die Fans doppelt, denn er legt mit „Dis Wo Ich Herkomm - Live“ (EMI) noch mal was zum letzten Album nach. Wahrscheinlich ist ihm die Auseinandersetzung und Aussöhnung mit seiner Heimat einfach so wichtig, dass er das Ganze nachdrücklich unterstreichen will. Als besonderen Bonus gibt es dann noch seine Kollabo mit Snoop Dogg: „I Wanna Rock“! Dass auch im höheren Alter noch gerockt werden kann, beweisen Cypress Hill. Fast 20 Jahre nach ihrem Debüt erscheint nun ihr neuestes Werk „Rise Up“ (Capitol/EMI). B-Real, Sen Dog und DJ Muggs sind selbst mehr als doppelt so alt, lassen es aber mit unter anderem Tom Morello, Mike Shinoda und Everlast wieder richtig krachen.
Text: Holger Muster
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DEMODESASTER
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DEMODESASTER
OB-LA-DI OB-LA-DA
Kaum eine Band hat die Musikwelt so nachhaltig beeinflusst wie die Beatles. Auch heute gelten sie noch als größte PopBand aller Zeiten. Grund genug, sie exakt 40 Jahre nach der offiziellen Auflösung als beratende Instanz für den Nachwuchs zu rekrutieren. Mal sehen, was die (verbliebenen) Jungs von damals den Mitstreitern von heute mitzugeben haben. ADMIRAL ADMIRAL
Ist Serj Tankian bei Stone Sour eingestiegen und nagelt seine Parolen nun in Hard-Rock-Bretter? Mitnichten, denn allzu schnell ist klar, dass bei Admiral ein eher schwachbrüstiger Sänger versucht, gegen die knackigen Saitenwände seiner Kollegen anzukämpfen. Das gelingt mal mehr, meist minder, und man müsste ihn eigentlich mit einem Topf Hühnersuppe aufpäppeln, damit er dem Bombast doch noch auf Augenhöhe begegnen kann. Davon abgesehen haben die Saarländer mit ihrer EP aber drei solide Genretracks am Start, für die mit Fug und Recht Lob verteilt werden darf. 5 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/admiralrock
NICE GUY EDDIE NICE GUY EDDIE
Nice Guy Eddie klingt nach dem kumpelhaften Mechaniker aus der PitStop-Werbung. Tatsächlich handelt es sich hierbei um vier junge Bayern mit einer großen Klappe. „Geilen Indie für alle“ wollen sie machen und nicht weniger als unsere „Lieblingsband“ sein. Ganz schön ungestüm. Folgerichtig toben sich Nice Guy Eddie mit dengelnder Gitarre, punkigen Riffs und zappeligem Schlagzeug aus und landen dabei in der Schnittmenge aus den Beatsteaks und den Strokes, mit harten Abzügen in der Hitdichte. Wenn die Parts mal komplizierter werden, dann hakt es noch. Passabel ist Nice Guy Eddies Einstand ohne Frage, zur „geilen Lieblingsband“ ist es aber noch ein weiter Weg. 6 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/niceguyeddieindie Live: 1.4. Augsburg - Flannigans Post *** 30.4. Erfurt - Stadtgarten
ORCATASTROPHE ORCATASTROPHE
Christlich angehauchte Musik ist in dieser Rubrik wirklich äußerst selten. Orcatastrophe aus München jedenfalls scheint alles Irdische mächtig auf den Sack zu gehen, so sehr verzehrt sich Sängerin Sabine nach der Hoffnung auf Sinn und Erlösung durch den „Lord“. Passenderweise ist dies Verlangen in ungeerdeten Post-Rock gehüllt, der sein Heil aber nicht in ausgewalzten Klangflächen sucht, sondern über handlichere Pop-Strukturen funktioniert. Sphärisch ist das trotzdem, allerdings eher im Sinne einer blassen Wattewolke, die scheu am Firmament entlang schleicht. Um wirklich Raum greifen zu können, fehlt es Orcatastrophe und ihren Melodien einfach an Prägnanz und Kontrast. 4 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/orcatastrophe
PARFUM BRUTAL PARFUM BRUTAL
Selten macht sich eine Band so wenige Umstände, um ihr Debütalbum anzupreisen. Kein Artwork, eine selbstgebrannte CD, ein kleiner Zettel als Anschreiben, der empfiehlt: Schnau-
ze halten, zuhören! Und selten fehlen uns so dermaßen die Worte. Denn hier sind Vollblutmusiker mit Händchen für wahrhaft gutes Songwriting am Werk. Violine, Klavier, ein schüchternes Cello und vor allem die äußerst vielseitige Sängerin Kassandra zaubern einen Klangmix, der uns nicht loslässt. Hören wir da Björk, Sheryl Crow, Emilana Torrini? Wahrscheinlich, und trotzdem klingt der „Rummage Pop“ unverkennbar nach Parfum Brutal. 9 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/parfumbrutal Live: 10.4. Lärz - Kulturkosmos
POSTAUDIO NEUE UFER
„Nach dem Hören ist vor dem Hören“ müssen sich Postaudio gedacht haben, als sie ihren Bandnamen ersannen. Leicht psychedelisch klingt auch das Debüt des Vierergespanns. Zwar werden hier keine „Neuen Ufer“ erreicht, aber die Frankfurter weben einen geräumigen Teppich aus Alternative-Rock und dreckigem Grunge, gepaart mit deutschen Texten. Darauf nehmen wir doch gerne Platz! Einziges Manko bei der Reise durch die Neunziger ist der Sänger, dessen an Thom Yorke gemahnende Kopfstimme dem Ganzen ein wenig den Reiz nimmt. Interessant bleiben Postaudio trotzdem. 6 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/postaudio Live: 22.4. Miltenberg - Beavers Miltenberg
Kruks En Karnak oder Che Sudaca durchaus standhält. Vermengt mit ihren teils sozialkritischen, oft hymnischen Texten pustet das Septett unseren Winterblues davon und stückelt die Ohrwürmer zu Vogelfutter. Da kann der Frühling kommen. 8 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: sudacapower.com Live: 30.4. Berlin - Junction Bar
TRILLIAN THE GREAT DISENCABLEMENT
Das letzte Trillian-Album überzeugte dank der abgebrühten Balance aus Progressivität und Pop-Appeal, auf der neuen EP konzentrieren sich die Hallenser auf komplexen Indie-Rock: Voller Wonne verrenken sie Gitarren- und Bassläufe,
während das Schlagzeug knifflige Rhythmen ausknobelt. Darüber liegt der Muse-infizierte Gesang, der diesmal allerdings nicht die großartigen Melodien des Vorgängers zustande bringt. Überhaupt wirkt „The Great Disencablement“ etwas unfertig, wie eine Ansammlung dessen, was eben gerade so da war. Für die nächste Platte empfehlen wir daher einen längeren Reifeprozess. 6 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: myspace.com/trillianband Live: 16.4. Halle/Saale - Objekt 5 *** 17.4. Nordhausen - Destille Text: Roy Fabian, Maik Werther
Talent: Mega! Mega!
SHELLYCOAT TALES FROM THE SWAMP
Schon die erste EP von Shellycoat hat uns ausgesprochen gut gefallen. Und auch auf dem Nachfolger hat sich am wesentlichen Klangkorsett nichts geändert: Die Hamburger zünden melodiösen Ohrwurm-Core à la Ignite und Good Riddance. Gut, mittlerweile sind sie mit einer Frontfrau sowie einem neuen Bassisten unterwegs und haben überdies ihren Sound aufpoliert, so dass nicht mehr ganz so viel Rotz fliegt wie noch auf dem Debüt. Aber das tut dem Spaß wenig Abbruch. Wie das alles noch mit dem schlammigen Albumtitel harmonieren soll, ist uns allerdings nicht ganz klar. 8 Ob-La-Di-Ob-La-Das Heimat: shellycoat.de Live: 10.4. Hamburg - Linker Laden *** 17.4. Hamburg - AJH Bargteheide
SUDACA POWER NOSOTROS ESTAMOS ACÁ
Ein Blick aufs Cover macht bereits deutlich: Hier gibt’s gleich ordentlich Rock mit lateinamerikanischen Einflüssen um die Ohren. Und wir werden nicht enttäuscht. Denn mit ihrem selbstbewussten Mix aus Latin-Rock, Funk und Ska zeigt die Berliner Combo mit den südamerikanischen Wurzeln, dass sie Vergleichen mit Bands wie
Volkswagen Sound Foundation Neue Talents gesucht
Die Volkswagen Sound Foundation fahndet wieder nach neuen Talenten. Bis Ende Mai könnt ihr euch unter volkswagen-soundfoundation.de bewerben. Ihr habt zwar noch keinen Plattenvertrag, gehört dafür aber regional schon zum festen Inventar diverser Live-Veranstaltungen? Dann dürft ihr euch ab Mai online als Talent bewerben. Eine Expertenjury entscheidet später darüber, wer ein duftes Förderpaket erhält. Ein fester Bestandteil dieses Nachwuchsprogramms ist ein Workshop, bei dem euch unter anderem alle wichtigen Tricks und Kniffe rund um das Musikbusiness näher gebracht werden. Außerdem stellt man euch bei der Sound Foundation einen VW-Tourbus für die nächsten Auswärtstermine zur Verfügung. Bewerben könnt ihr euch je nach Musikrichtung eurer Band in den Kategorien Rock, Pop und HipHop. Die aktuellen Talents findet ihr unter: volkswagen-soundfoundation.de
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life‘s a mixtape GIRLS : DUM DUM Heute mit
Vom legendären ’Sub Pop’Label frisch unter Vertrag genommen und zum LiveHighlight des diesjährigen South By South West-Festivals ernannt, surfen die Dum Dum Girls aus Los Angeles derzeit genüsslich die eigene Erfolgswelle ab.
Welchen Song hättest du gerne geschrieben? „Fade Into You“ von Mazzy Star.
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Unsere Bassistin Bambi mag Meat Loaf, was mir etwas befremdlich erscheint. Aber wir können uns auf Aretha Franklin als beste Sängerin aller Zeiten und auf Elvis als den unerreichten King einigen. Welche Band hättest du gerne mal live gesehen? Keine Frage: The Velvet Underground mit Nico, eine meiner absoluten Lieblingsbands. Hätte ich die live erleben dürfen, könnte ich glücklich sterben. Dein peinlichster Lieblinssong? „Dammit“ von Blink 182. Ein Lied, das dich an dein Zuhause erinnert? „Wild Thing“. Der Song lief ständig auf diesem Oldies-Sender, den meine Mutter in der Küche laufen ließ.
Angeführt von Frontlady Kristin Gundred aka Dee Dee wollte das GirlQuartett ursprünglich klingen wie eine Band, in der „die Freundinnen der Ramones“ gespielt hätten, aber das wäre auf Dauer vielleicht doch etwas monoton geworden. Also kippten die Dum Dum Girls noch ein bisschen Sixties-Surf und Achtziger-Wave in ihren Garage-Punk und fertig war die Laube. In unserem Mixtape nimmt uns Dee Dee mit auf ihre ganz persönliche Zeitreise durch 60 Jahre Rock’n’Roll. Welcher Song ist der ultimative Klassiker einer All-Girl-Band? Keine Frage: „Leader Of The Pack“ von den Shangri-Las aus dem Jahr 1964. Die Shangri-Las hatten zwar nur drei Top-Ten-Hits, aber „Leader Of The Pack“ gilt bis heute zu Recht als einer der größten Pop-Songs aller Zeiten. Wird sicher spannend, wenn mich meine Kinder eines Tages fragen, welches mein Lieblingslied aller Zeiten ist und ich nenne ihnen diesen 95 Jahre alten Song!
MIXTAPE
Ein Lied, das deinen Charakter ganz gut zusammenfasst? „I’ll Stand By You“ von The Pretenders. Ich bin halt eine ziemlich treue Seele! Text: Flo Hayler Heimat: myspace.com/dumdumgirls Auch gut: „I Will Be“ - das neue Album der Dum Dum Girls
Der am meisten unterschätzte Ramones-Song? Es gibt von den Ramones sogar komplett unterschätzte Alben, da wird es schwer, nur einen einzelnen Song auszuwählen. Deshalb entscheide ich mich für den vermeintlich „schwächsten“ vom Album „Rocket To Russia“: „Here Today, Gone Tomorrow“, ein großartiges Lied! Welches Lied singst du unter der Dusche?
Zurzeit: „I Wanna Kill“ von den Crocodiles. In der fünften Klasse stand ich total auf Mariah Carey, aber als mir mein Vater ein Jahr später den Plattenspieler erklärte, hörte ich nur noch Jefferson Airplane and Grace Slick. „Somebody To Love“ habe ich ein Jahr lang jeden Abend unter der Dusche gesungen. Mindestens! Welcher Song sorgt regelmäßig für Ausschreitungen innerhalb eurer Band?
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Die Rettung des deutschen Rock kommt aus Gütersloh. Woher auch sonst?! The Picturebooks biegen mit ‘Artificial Tears‘ in den Augen um die Ecke, sind laut, langhaarig, lederbejackt und – wie das Cover ihres neuen Albums zeigt – dem Lungentorpedo nicht abgeneigt. Das mit der Kippe wirkt fast schon pathologisch. Auf nahezu jedem habbaren Bild von The Picturebooks fingert gerade mindestens eines der drei Bandmitglieder nach der nächsten Fluppe. Diese Angewohnheit könnte sich für Fynn Grabke (Gesang/Gitarre), Tim Bohlmann (Bass) und Phillip Mirtschink (Schlagzeug) noch als echtes Problem erweisen, wenn die Karrierekurve weiterhin steil nach oben zeigt und sich die Fototermine häufen. Das Tempo legen die drei haarigen Anfangzwanziger freiwillig vor, in ihrem Alter spürt man den fauligen Atem des Sensenmanns noch nicht so stark im Nacken. „Der Plan ist, drei Alben in drei Jahren rauszubringen“, erklärt Fynn die bandeigene Planwirtschaft. „Wir haben direkt nach dem ersten Album weitergeschrieben und sitzen jetzt auch schon wieder am dritten.“ „Wir wüssten sonst auch gar nichts anderes mit unserer Zeit anzufangen“, ergänzt Phillip lachend. „Wenn wir von einer Tour zurückkommen, dauert es in der Regel 24 Stunden, bis wir uns wieder treffen und Musik machen. Aus dem Weg gehen kann man sich in Gütersloh sowieso nicht. Und wir kennen auch gar keine anderen Leute als uns.“ Obwohl sich die zum Interview-Ort auserkorene WG-Küche langsam mit blauem Dunst füllt, wird einiges klarer. The Picturebooks sind eine dieser Bands, in der sich Gegensätze vereinen: Leise und laut, Stadt und Land, alt und neu, Eltern und Kinder – bei dem Trio geht einiges zusammen, was sich sonst primär getrennt bewegt. Wichtig ist eigentlich nur, dass es unter dem Dach der bandeigenen Auslegung der Rock-Ikonographie funktioniert. Solange die Lederjacke sitzt, muss etwa das Umfeld gar nicht rockig sein. Wie schon für die Arbeit am landauf, landab von der Kritik gefeierten Debüt 'List Of People To Kill', zog man sich erneut ins Naturschutzgebiet nahe Gütersloh zurück, um am Nachfolger zu schrauben. Dort betreibt Fynns Vater – ja, der Claus mit demselben Nachnamen – in friedlicher Koexistenz mit der umliegenden grünen Idylle ein Studio und stellt The Picturebooks die Grundvoraussetzung für ein völlig autonomes Arbeiten zur Verfügung. Ein großer Rock'n'Roll-Abenteuerspielplatz. Fynn findet das natürlich spitze: „Für uns gibt es dort die perfekten Bedingungen. Wir können direkt aufnehmen und mit Sounds herum experimentieren soviel wir wollen. Für 'I Put A Spell On You' haben wir eine drei Meter lange Hallspirale aus dem Sperrmüll bei der Kirche gefischt. Dann haben wir die Chöre im Freien aufgenommen und am Ende alles noch mal durch die Spirale gejagt. So ein Gefrickel wäre in einem Studio, das wir bezahlen müssten, gar nicht möglich.“ Selbst die örtliche
Fauna scheint die Klangexperimente des Trios zu schätzen. „Wir haben einen Studio-Fasan namens 'Goebbels'. Der hängt gerne mit uns ab“, berichtet Phillip. In aller Stille, eine Mofa-Fahrt von der angeblichen Zivilisation entfernt, entstehen so brutal übersteuerte Rock-Songs, die sich nur schwer in eine Genre-Schublade stecken lassen.
Als Archetypen des verkrachten Kleinstadtrebellen haben Marlon Brando und James Dean schon in den frühen Fünfzigern die amtlichen Insignien des „Dagegen-Seins“ in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt. Seit „The Wild One“ und „Rebel Without A Cause“ sind Lederkutte und Kippe Pflicht im Outlaw-Inventar. Ganz wichtig außerdem: der fahrbare Untersatz. Denn wie soll man sonst dem Kleinstadtmief entfliehen? Was dem Brando sein Motorrad und dem Dean der Bolide ist dem deutschen Kleinstadtrocker seit jeher das Motorfahrrad. Heerscharen Sechzehnjähriger haben in einer langen Ahnenreihe das Frisieren und Aufbohren ihrer Mofas zum Lebenszweck erhoben. Das Mofa sollte auch aus HollywoodPerspektive nicht belächelt werden, denn schon geringe Geschwindigkeiten können ungeahnte physikalische Kräfte freisetzen. Auch The Picturebooks haben da so ihre Erfahrungen. Fynn: „Als ich mal mit 50 km/h im Schlamm stecken geblieben bin, bin ich gut fünf Meter weit geflogen. Aber immerhin bin ich im Stand wieder aufgekommen und Phillip hat mich aufgefangen.“
Marlon Brando in "The Wild One" (1953)
Über den Standortvorteil Naturschutzgebiet erklärt sich wohl auch der individuelle Sound der Band. Fernab jedes Szene-Hypes greifen The Picturebooks einerseits in den Fundus ihrer musikalischen Sozialisation, andererseits schrauben sie mit modernen Mitteln am Klangbild ihrer Lieder. „Unsere musikalischen Vorlieben haben uns damals zusammengeführt. Im Gegensatz zu vielen unserer Altersgenossen haben wir früher schon
David Bowie, The Cure oder Kraftwerk gehört“, erklärt Fynn. „Wir versuchen aber nicht, deren Musik zu kopieren. Gerade in Deutschland gibt es zu viele schlechte Plagiate von amerikanischen oder englischen Bands. Wir fühlen uns eher dem Geist dieser Künstler verpflichtet, etwas Neues entstehen zu lassen.“ Und das von einer Band, deren Mitglieder gemeinsam nicht so alt sind wie Mick Jagger. Unterhält man sich mit Fynn, Tim und Phillip, entsteht trotz all ihrer jugendlichen Energie selten der Eindruck, es mit Anfängern zu tun zu haben. Grün hinter den Ohren ist in dieser Band – nach Touren mit Brody Dalles Spinnerette oder Taking Back Sunday – keiner mehr, eher schon nikotingelb. Nicht von ungefähr können sich die drei Herren über ihren tadellosen Ruf als Live-Band freuen. Die Gesten und die Kutten sitzen, genauso wie der selbstgeschneiderte Sound. „Wir achten sehr penibel darauf, dass uns keiner in das reinquatscht, was wir machen. Wir machen die Musik, wir wissen, wie wir uns nach außen darstellen wollen, wir arbeiten an den Videos und der Homepage. Unsere Plattenfirma lässt uns da auch freie Hand. Wenn wir ‘Artificial Tears’ erst in drei Jahren fertiggestellt hätten, hätte sich da auch keiner beschwert. Ich glaube, man hört unserer Musik auch an, dass wir bestimmen, wie sie sein soll“, fasst Tim die Maxime der Band zusammen. „Aber auch wenn das so klingt, als würden wir einen großen Plan im Kopf haben: Wir verlassen uns bei all diesen Entscheidungen auf unser Gefühl. Wir wissen als Band einfach am besten, was uns gefällt“, ergänzt Fynn und wurstelt sich noch mal die Mähne zurecht. Bloß nicht zu viele Kommentare also, The Picturebooks vertrauen auf ihre eigene Urteilskraft. Fynn, Tim und Phillip beschwören das Bild der unzertrennlichen Freunde oft, ohne dabei als Schülerband durchzugehen. Stattdessen wirkt es so, als hätte der bisher zurückgelegte gemeinsame Weg die Abstimmung zwischen den drei Bandmitgliedern verfeinert. Phillip bestätigt das: „Wir sind keine Band, die lange diskutiert. Wir sind auch keine Band, die demokratisch entscheidet – entweder alle finden es gut, oder es ist scheiße. Aber wir finden sowieso immer dieselben Dinge gut. Oder schlecht.“ Neben der Musik ist das Bemerkenswerte an den Picturebooks sicher, dass sie ein wildes Rock-Image trotz guter Kinderstube glaubwürdig transportieren können. Rauchen, saufen, Rock’n’Roll – und Papa gibt Feuer. Der Rock der Picturebooks ist trotz ihrer Wurzeln im ostwestfälischen Bible-Belt keine Rebellion gegen ein verstocktes Bürgertum – auf Widerstand
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Foto: Jam Umpfenbach
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Was Literatur angeht, sind Fynn, Tim und Phillip nicht gerade Männer vieler Worte. Macht nichts, es geht ja auch um Bilderbücher. Passend zur Trio-Besetzung: Die drei Räuber (Tomi Ungerer) Phillip: „Die klassische Stockholm-SyndromGeschichte. Ein Mädchen und ihre Entführer machen gemeinsame Sache.“ Obwohl ziemlich moralinsauer doch irgendwie inspirierend: Der Struwwelpeter (Heinrich Hoffmann) Fynn: „Mit dem Buch haben wir eigentlich gar nichts zu tun. Aber die Haare könnten durchaus als Inspiration herhalten.“ Erfolgshunger auf dem Weg nach oben: Die kleine Raupe Nimmersatt (Eric Carle) Tim: „Klassiker. Kennt jeder.“ Im Dorf ist es manchmal aufregender als man denkt: Bei uns im Dorf (Ali Mitgutsch) Papa hilft nach. Claus Grabke: „Fynn, das hattest du auch mal. Das ist so ein Riesenformat.“ Fynn: „Ach ja.“ Die Bibel für das Rocker-Kind: Wo die wilden Kerle wohnen (Maurice Sendak) Fynn: „Den Film-Soundtrack von Karen O. finden wir alle ziemlich super.“
Eine 1 in Matte: Die Picturebooks um Fynn Grabke (Mitte).
gegen ihre Lebensführung sind weder Fynn noch seine Kollegen jemals gestoßen. Sie werden eher darin bestärkt, keine Lehre als Bankkaufmann aufzunehmen. „Uns wird vielmehr gedroht, wenn wir darüber nachdenken, die Haare abzuschneiden“, grinst Fynn. Aber auch wenn Rock'n'Roll sein klassisches Jugendkultur-Feindbild verloren hat, geht es den Picturebooks um emotionale Kritik. „Trotz aller verständigen Eltern gibt es doch genug, worüber man sich aufregen kann. Unser Albumtitel geht zwar ganz platt auf den Namen der Augentropfen zurück, die ich meinem Hund jeden Tag geben muss. Aber 'Artificial Tears' spielt natürlich schon auf einen größeren Zusammenhang an. Die meisten Emotionen in den Medien sind doch ein riesiger Fake“, erklärt Fynn die Hintergründe. „Ich glaube wir gehören zu einer Generation, die keine Revolutionen mehr anzettelt. Die großen Helden – also Leute wie Bushido – unterscheiden sich von Künst-
lern wie Janis Joplin dadurch, dass sie kein soziales Anliegen haben“, glaubt Phillip. Immerhin, ihre Platte haben The Picturebooks nicht ohne Grund mit Ökostrom aufgenommen. Bassist Tim sieht darin eine Politik der kleinen Schritte: „Das soll natürlich ein Denkanstoß sein. Die Firma betreibt ein Freund von uns, der auch das Spritgeld für uns bezahlt. Das ist natürlich für eine Band wie uns ein Segen. Ein gewisser Betrag pro abgefahrenem Kilometer geht an Greenpeace und vielleicht machen wir das Publikum so auf eine unaufdringliche Art mit neuen Ideen vertraut.“ Das mit den Fluppen werden Fynn, Tim und Phillip also tatsächlich erst mal nicht in den Griff bekommen müssen. Ihr Emissionshandel-Konzept geht doch ganz gut auf. Text: Timo Richard Fotos: Jan Umpfenbach (Location: Edelweiss, Berlin) Heimat: myspace.com/picturebooksthe
TOURDATEN AUF DEN SEITEN 46-49
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MUSIK STORIES
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ARCHIE BRONSON OUTFIT Von Nashville in den Dschungel
Mit dem trockenen, erdigen Sound auf ‘Derdang Derdang‘ erspielten sich die bärtigen Engländer vom Archie Bronson Outfit vor knapp vier Jahren das Etikett einer Blues-Rock-Band. Das Nachfolgealbum ‘Coconut‘ stellt nun sämtlichen etwaigen Erwartungen genüsslich ein Bein. Auf dem dritten Longplayer von Sam Windett (Gitarre, Gesang), Mark ‘Arp‘ Cleveland (Drums) und Dorian Hobday (Bass, Gitarre) wuchert ein klangliches Dickicht aus New Wave, Disco Beat, Punk, exotischen Percussion-Rhythmen, Psychedelic und Electronica. Jeder Versuch einer Klassifizierung muss hier fehlschlagen. Eine gewisse Linie, ja fast ein Gesamtkonzept, lässt sich jedoch ausmachen: Die subtilen musikalischen Querverweise auf fremde Kulturen – auch eine peruanische Flöte kommt beispielsweise zum Einsatz – treffen auf Texte, in denen es vor Tier- und Naturbildern nur so wimmelt. Angereichert wird all das mit Fotocollagen, auf denen sich die Band in afrikanisch anmutenden Roben zwischen Papageien präsentiert. Arp versucht sich an einer Erklärung: „Wenn
es tatsächlich so etwas wie ein Gesamtkonzept für diese Platte gibt, dann hat es wohl etwas mit Eskapismus zu tun. Flucht wovor? Ich weiß es nicht genau, aber wir wollten damals sicherlich weg von dem Ort, an dem wir waren. Aber eigentlich fangen wir meist nur Stimmungen ein.“ Intuitives Arbeiten wird bei den Briten groß geschrieben. Auch die Texte entstehen auf diese Weise. „Das kommt alles aus den Eingeweiden“, meint Arp. „Ich schreibe etwas, schaue es mir später wieder an und überlege, was es bedeuten könnte. Es ist so, als hätte man ein Ölgemälde gemalt, betrachtete es und arbeitete dann die Formen und Linien heraus.“ Text: Steffi Erhardt Heimat: archiebronsonoutfit.com
Rainer von Vielen Alles (m)eins
Auf seinem vierten Album ’Milch Und Honig’ setzt sich Rainer von Vielen aus dem Allgäu wieder über alle Genre-Grenzen hinweg. Da rockt die Alm und jodelt der Raver! Vielseitig war Rainer von Vielen schon immer. Auf seinem Debütalbum ’0160-98236130’ vor neun Jahren waren auch der Pop-Poet Lee Buddah und das Elektro-Duo Muddling Thru zu hören, zuletzt arbeiteten beim dritten Werk ’Kauz’ unter anderem der Fanta-4-Produzent And.Ypsilon und der tibetische Mönch Ven Bagdro mit. Auf ’Milch Und Honig’ reicht die Spannbreite diesmal von ’Klub Krise’, der House-Hymne für Fehlinvestierer, bis zur Volksmusik-Version von ’Mein Block’, die Sido für gut befunden haben soll. Wobei die Strophe zwar in seinem Video zu hören ist, aber eigentlich aus dem Stück ’Steig Ein’ stammt. Rainer von Vielen möchte vor allem betonen, dass er das Ganze durchaus ernst meint: „Ich bin davon
überzeugt, dass so was nur funktioniert, wenn das Original stark genug ist. Dabei ist es einfach spannend, wie der Text mit der anderen Musik wirkt.“ Im Grunde ist seiner Meinung nach sowieso alles miteinander verbunden. Ein Gedanke, den er in dem freundlichen Gitarren-Pop-Song ’Alles Ist Verbunden’ ausführlich abhandelt: „Es hört sich vielleicht teilweise nach einer Beziehung an, aber es geht schon um mehr. Es hat mit dem Blick auf die gesamte Menschheit zu tun. Von oben betrachtet sind wir alle eins. Den Gedanken, miteinander verbunden zu sein, finde ich dabei wirklich wichtig und schön.“ Text: Holger Muster Heimat: rainervonvielen.de
The Avett Brothers Rick Rubins letzte Worte
Nach all dem Wahnsinn nun das: The Avett Brothers liefern mit ‘I And Love And You’ das Folk-Album des Jahres und fragen sich selbst, wie das nur passieren konnte. Sie mussten sprichwörtlich Dreck fressen, ehe der Erfolg kam, und doch genossen die Avett Brothers ihre stürmischen Anfangstage. „Bei einem unserer ersten Auftritte kannte das Publikum nicht einen einzigen Song und wunderte sich, dass die Typen, die aussehen wie eine klassische Rock-Band, nicht mehr zu bieten haben als ein paar akustisch vorgetragene Folk-Songs. Das Ergebnis: Essensreste von den Tellern der Anwesenden landeten auf der Bühne“, erinnert sich Sänger Scott Avett und kann inzwischen darüber lachen. Was vor zehn Jahren mit seinem Bruder Seth in Charlotte, North Carolina begann, wuchs im Laufe der letzten vier Longplayern über die beiden Brüder hinaus; sogar Star-Produzent Rick Rubin, hat sich als Fan der Brüder-Bande geoutet: „Er sah uns live und hatte das Gefühl, mehr aus der Band herausholen zu können.
Also fuhren wir sofort in sein Studio.“ Was sie allerdings nicht ahnten: Der wuchtige Rubin wollte Chef im Ring sein. „Ganze drei Tage vergingen, bis er in den Aufnahmeraum kam und meinte, er habe unsere Musik jetzt verstanden und wisse, was getan werden müsse, damit sie perfekt klingt. Das Lustige daran: Bis dato hatte er uns nur 20 Minuten auf der Bühne gesehen.“ Und doch reichte dieser kurze Augenblick, um das neue Avett Brothers-Album ‘I And Love And You’ zu einer absolut verzückenden Sache werden zu lassen: Schwelgerische Akustik-Balladen und ruhiger Americana-Pop verschmelzen zu einem Folk-Sound, der das Prädikat „Genreplatte des Jahres“ verdient – völlig egal, wie sie zustande kam. Text: Marcus Willfroth Heimat: theavettbrothers.com
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Goldfrapp
Der nächste Richtungswechsel Pünktlich zum zehnjährigen Jubiläum veröffentlichen Goldfrapp ihr fünftes Album ‘Head First‘. Doch wer meint, Will und Alison würden nach all der Zeit vielleicht mal die eine oder andere Erwartung erfüllen, sieht sich schon wieder getäuscht. Außer natürlich man hatte erwartet, dass sie schon wieder eine komplette Kehrtwende hinlegen. Von den sanft-akustischen Balladen, die den Vorgänger ‘Seventh Tree‘ unerwartet mit sonniger Wärme füllten, ist nämlich längst nichts mehr zu hören. „Am Anfang haben wir kurz versucht, wieder Ähnliches zu schreiben“, meint Alison dazu. „Aber das passte einfach nicht zu dem, was ich fühlte und zu sagen hatte. Mir stand der Sinn nach etwas anderem, nach einem Sound, der meiner eigenen Stimmung entsprach. Deswegen musste etwas Flottes und Knackiges her, das ohne Umschweife direkt auf den Punkt kommt. Zarte Gitarrenklänge wären da schlicht fehl am Platz gewesen.“ So setzen Goldfrapp also doch wieder voll auf elektronischen Pop, der zum Mitsingen und vor allem Tanzen anregt. Wobei dieses Mal weniger die unterkühlten Synthie-Klänge zum Zuge kommen, die die beiden Briten etwa noch auf ‘Supernature‘ zelebriert und Kolleginnen wie Madonna oder auch La Roux als Inspiration vor die Füße geworfen hatten. Stattdessen orientieren
Oft verzweifelt: Alison Goldfrapp.
sie sich nun an Vorbildern wie Giorgio Moroder oder Olivia Newton-John, was neun relaxte, ja geradezu euphorische Songs im Gute-Laune-Sound zur Folge hat. Trotz zehn Jahren Erfahrung war Alison allerdings auch dieses Mal nicht unbedingt sicher, ob der neu eingeschlagene Weg wirklich der richtige war: „Ich zweifle eigentlich immer, an allem in meinem Leben. Ich weiß nie, ob ich gerade das Richtige mache. Oder besser gesagt: am Anfang bin ich immer voller Begeisterung und Überzeugung, aber das wandelt sich jedes Mal zu einem: ‘Ach du Scheiße, was tue ich denn hier?’“ Allzu sehr irritieren lassen wollte sich das Duo davon
dann aber doch nicht, schließlich „sollte man sich auf die Abenteuer des Lebens mit Haut und Haar und vor allem ohne Angst einlassen. Alles andere ist halbherzig und sinnlos!“ Außerdem sind Goldfrapp nach zehn Jahren nun einmal bekannt dafür, dass sie keine Erwartungen erfüllen. Weswegen auch niemand überrascht sein sollte von der nächsten Arbeit der beiden: dem Soundtrack zum Film ‘Nowhere Boy‘, der ausgerechnet von den Fünfzigerjahren und der Jugend John Lennons handelt. Text: Patrick Heidmann Foto: Ross Kirton Heimat: goldfrapp.com
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Es grenzt an ein Wunder, aber auch heute gibt es noch Bands, denen das Artwork zu ihrem neuen Album mindestens genauso wichtig ist wie die Musik. Einen besonderen Kraftakt absolvierten kürzlich die Donots aus Ibbenbüren, die ihr Cover von „The Long Way Home“ mit bemerkenswerter Akribie und unerschütterlicher Liebe zum Detail gestalten ließen. Die Mühe hat sich gelohnt. Die treibende Kraft hinter dem Kunstwerk war Fotograf Patrick Runte, der die Donots über mehrere Etappen der Albumproduktion zu dokumentarischen Zwecken begleitete. Sein Fachgebiet ist das Nachbauen von Computerspielwelten mit realen Kulissen und Personen. Der Mann ist also vom Fach.
Als Requisiten für die abenteuerliche Kulisse dienten Coverkünstler Runte Plastikspinnen, Streichhölzer, Coffee to go-Becher, Watte oder Luftballons. Das ist wie Bastelstunde, nur für Geld.
Zum krönenden Abschluss schnitzte Mario Lombardo die Buchstaben des Albumtitels aus großen Holzplatten, spießte einzelne Letter zwecks 3D-Effekt auf Nadeln und stecke sie auf das Kunstwerk. Nun noch die finalen Fotos geknipst, und voilà: Nach einer langen Reise ist die Covergestaltung von „The Long Way Home“ beendet.
Zwecks Produktion der drei verschiedenen Covervarianten für das Album und die Singles mussten die Donots zunächst mehrere hundert Mal zwischen Ibbenbüren und Hamburg pendeln, um in Nächte raubenden Sessions das Basismaterial für die Gestaltung knipsen zu lassen. Die Fotos der einzelnen Mitglieder wurden anschließend gedruckt, ausgeschnitten und in das jeweilige Coverszenario eingepasst.
FAZIT Du bist nicht allein: „Plastic Beach“ von den Gorillaz Jamie Hewlett war das Zeichnen leid und griff stattdessen zur Schaumstoffpistole. Seine neueste Schöpfung ist ein rosa Atompilz zum Anfassen und eigentlich ein paar Nummern zu groß für ein Albumcover. Plastic Beach gibt es wirklich. Der Ort, an dem angeblich das neue Gorillaz-Album entstand, und der angeblich irgendwo im Südpazifik versteckt liegen soll, ist in einer Londoner Lagerhalle zu besichti-
gen, aufgehängt an einem großen Haken, wo im Horrorfilm immer die Menschenhälften hinkommen. Plastic Beach geht sogar auf Tournee,
denn das, was auf der CD im Miniformat vor allem schön bunt wirkt, ist in Wahrheit drei Meter groß und der feuchte Alptraum jedes Modellbahners. Die Insel, die Damon Albarn und Co als neue Zuflucht für ihre durchgeknallten Cartoonhelden auserkoren haben, ist nämlich vor allem eine schwimmende Mülldeponie, auf der ein Schurkenversteck im frühen James Bond-Stil sprießt wie ein Pilz auf einem Kuhfladen. Der Technologieschrott, der sich als künstliches Riff unter der Wasseroberfläche stapelt, stammt dabei größtenteils aus Militärkreisen, was Waffennarren wie Murdoc und Noodle durchaus entgegenkommen dürfte.
Im Prinzip hätte für das Coverartwork von „Plastic Beach“ und „The Long Way Home“ auch ein kurzes Date mit Photoshop gereicht, aber die Übererfüllung des Plansolls ist eben das Privileg der Vinylgeneration. Dabei spielt die Vorstellung, dass alle Details der Landschaften sozusagen in 3D zum Anfassen existieren, natürlich auch eine wichtige Rolle im Selbstverständnis der Bands. Denn während etliche Kollegen aus Fleisch und Blut am Ende ihre ganze Karriere praktisch auf einem USB-Stick unterbringen könnten, hinterlassen ausgerechnet eine virtuelle Band wie die Gorillaz oder Fans wie die Donots ein paar Artefakte, für die man Platz machen muss im Hobbykeller. Text: Michael Haacken, Flo Hayler Heimat: donots.com, gorillaz.com
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Dave Lombard and Steven Adler like that.
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Slash Hey, Steven. Back from jail, yet?
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Genre: Rock’n F’n Roll Hometown Los Angeles Record Label none
Slash wants another baby… Wed at 10:02pm via Text Message Tommy Lee Want one of mine? Wed at 10:02pm · Report
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RECENT ACTIVITY Slash became a friend of D.A.R.E.
Michael Jackson
Lemmy
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Marlboro Man
Slash just bought „Chinese Democracy“. Falun Dafa likes this. Mike Piazza Love that song „I.R.S.“. Heard it years ago on Eddie Trunk. Still wonder how he got it... 5 minutes ago
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Les Paul
Robbie Williams
Geffen Records Bancruptcy, chapter 1! 6 minutes ago
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Song: Stairway To Heaven Artist: Led Zeppelin
Buckethead Hey, Slash! These people from Dr. Pepper still won’t send me one of their stupid cans. Got yours yet? 12 minutes ago
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March 19: Guitar Hero “Metallica”, Online Tournament (Guitar) – Expert
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Slash created a new album „Slash“
Suggestions Slash Finally an album with a good singer. 20 of them, actually! about an hour ago · Comment · Share · Like
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Scott Weiland 5 mutual friends Become a fan
Dave Grohl You’re welcome. about an hour ago · Comment · Share · Like Write a comment ...
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TEST
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TEST
GENTLEMAN
Im Test der guten Manieren
Als zwischen Jamaika und Köln pendelnder Kosmopolit und die Welt bereisender Musiker ist Gentleman prädestiniert für diesen Test der globalen Benimmregeln und den eisernen Gesetzen des Knigge. Ausgestattet mit den obligatorischen Jokern (50/50, Telefon), beweist der Gentleman, dass er die elementaren Höflichkeitsformalien mehr als draufhat.
FRAGE 1 In welcher Reihenfolge gehen Frau und Mann die Treppe hinauf?
A Die Frau läuft vor dem Mann B Der Mann läuft vor der Frau C Frau und Mann laufen nebeneinander D Der Mann wartet am Fuß der Treppe,
bis die Frau oben angekommen ist
Gentleman: Nebeneinander ist natürlich auch möglich, aber ich glaube es ist A. Dabei könnte der Mann der Frau zwar theoretisch unter den Rock schauen, aber es geht dabei wohl mehr darum, dass der Mann die Frau auffangen kann, falls sie stolpert.
Korrekte Antwort: A
FRAGE 2
Du bist zu einem mehrgängigen Menü eingeladen, die Gläser sind bereits zum Essen eingedeckt. In welcher Reihenfolge benutzt du die Gläser?
FRAGE 3 Was versteht man unter einem Chapeau Claque?
A Eine besondere Hutart B Eine französische Besteckart für
A Von rechts nach links B Von links nach rechts C Es kommt darauf an, wann welche
den Verzehr von Meeresfrüchten
D Es ist abhängig davon, wie viel man
D Eine Glasform für besonderen
Weinanbaugebiet Chapeau
Champagner
Getränke angeboten werden
von welchem Getränk trinken möchte
Gentleman: Das weiß ich, denn ich bin Linkshänder und fühle mich von der Regel, die Gläser von rechts nach links zu benutzen, immer diskriminiert. Also A. Aber mehrgängige Menüs sind überhaupt nicht mein Style, ich esse am Anfang immer so viel Brot, dass ich spätestens beim zweiten Gang schon pappsatt bin.
Korrekte Antwort: A
C Einen Wein aus dem französischen
Gentleman: Ich bin Hutträger, aber ich hatte noch nie einen Chapeau Claque auf. A, der Hut.
Korrekte Antwort: A
FRAGE 4 Wann darf man in arabischen Staaten eine Einladung annehmen?
A Nie! Persönliche Einladungen sind
eine reine Höflichkeitsfloskel B Zwei Einladungen sollte man ablehnen, die dritte aber annehmen C Man sollte sie nur annehmen, wenn man mit einem Chaffeur anreisen kann D Man sollte sie nur annehmen, wenn man verheiratet ist Gentleman: B. Ich war mal in Ägypten, da hat mich zwar niemand eingeladen, aber ich folge mal meinem Bauchgefühl.
Korrekte Antwort: B
FRAGE 5 Welches dieser Gastgeschenke kann man in Japan bedenkenlos überreichen?
A Eine Uhr B Einen Bierkrug vom Oktoberfest C Einen Brieföffner D Einen ausgestopften Fuchs Gentleman: Ein Brieföffner ist doch völlig harmlos, ein Fuchs ist auch nicht so schlimm. Die Uhr könnte als Diss verstanden werden, quasi als Hinweis auf Unpünktlichkeit. Der Bierkrug wäre zu klischeehaft, deshalb nehme ich den Brieföffner. Als Geste, dass man auch über das Treffen hinaus in Kontakt bleiben möchte.
Korrekte Antwort: B
FRAGE 6 Was bekommt man, wenn man Petits Fours bestellt?
A Ein klassisches Kleingebäck der
französischen Küche
B Ein verdauungsförderndes
alkoholhaltiges Getränk C Eine französische Käseplatte mit vier verschiedenen Käsesorten D Eine kleine Vorspeisensuppe aus der französischen Küche Gentleman: Das Gebäck. Ich habe das zwar noch nie probiert, aber ich bin mir trotzdem ziemlich sicher.
Korrekte Antwort: A
FRAGE 7 Was muss ein Mann tragen, wenn auf einer Einladung „White Tie“ steht?
A Frack, schwarze Hose, Frackhemd,
weiße Frackschleife
B Smoking, weiße oder helle Jacke mit
Revers, weiße Frackschleife C Jackett, Nadelstreifenhose, weißes Hemd, Krawatte D Schwarzer Frack, weiße Hose, rotes Frackhemd, schwarze Frackschleife Gentleman: „White tie“? „Tie“ ist doch die Krawatte, und die kommt in den möglichen Antworten nur ein einziges Mal vor… Schwierig. Ich glaube, da muss ich einen Joker ziehen.
A Frack, schwarze Hose, Frackhemd,
weiße Frackschleife
weißes Hemd, Krawatte
C Jackett, Nadelstreifenhose, Gentleman: Das ist doch eine Fangfrage! C ist zu leicht, deshalb nehme ich A. Krawatte hin oder her.
Korrekte Antwort: A
FRAGE 8 Welche Frage gilt in Polen als unhöflich?
A Wo ist die Toilette? B Wo haben Sie ihren Wagen gekauft? C Wo haben Sie ihre Frau getroffen? D Haben Sie mal eine Zigarette? Gentleman: B und C sind doch schon ziemlich unhöflich, oder? Nach der Toilette zu fragen ist im Grunde in Ordnung und auch D ist denkbar, immerhin wird in Polen so viel geraucht, dass da sicher keiner eine Zigarette schlauchen muss. Ich entscheide mich für D.
Korrekte Antwort: A
FRAGE 9 Worüber plaudern Chinesen nicht so gerne?
A Das Gehalt B Fußball C Umweltverschmutzung D Ihr Hotel Gentleman: Umweltverschmutzung wäre vielleicht nicht eines der angenehmsten Themen, aber definitiv eines der brennendsten auf der Liste. Von daher sage ich C und hoffe, dass sie einem das trotzdem nicht übel nehmen.
Korrekte Antwort: C
FRAGE 10 Wem wird der Spruch »Was rülpset und furzet ihr nicht, hat es euch nicht geschmacket?« zugeschrieben?
A Friedrich Schiller B Martin Luther C Sigmund Freud D Wilhelm Busch Gentleman: Keine Frage: Martin Luther! Der war vor Freud am Start!
Korrekte Antwort: B
FAZIT Das nennt man wohl einen glatten Durchmarsch. Dank des richtigen Bauchgefühls und einer guten Kinderstube kann man Gentleman also genauso bedenkenlos in die weite Welt entlassen, wie mit ihm einen Abend im Nobelrestaurant genießen. Hauptsache, er lässt den Brieföffner zu Hause. Recherche: Rebecca Spindler, Text: Flo Hayler Foto: Olaf Heine, Heimat: myspace.com/gentleman Auch gut: „Diversity“ – das neue Album von Gentleman
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Bakkushan
Knapp am Erfolg vorbei geschrammt
So ist das im Altbau: Die Tür der Bakkushan-WG schließt nicht richtig und durch die Fenster kriecht die Kälte. Nur die Küche sieht aus wie geleckt, normalerweise stapelt sich bei Jungs in diesem Alter doch das Geschirr! Kürzlich erschien das erste Album der Berlin-Bewohner mit dem originellen Titel ‘Bakkushan‘. Der Verkaufsrang bei Amazon ist die Nummer 1.487, somit sind sie stolze 1.017 Zähler besser als Bosses „Taxi“. Kein schlechter Start für ein Debütalbum. Die vierköpfige Band um Sänger Daniel Schmidt stammt ursprünglich aus Mannheim. Dort hat sich das Quartett an der Popakademie kennen gelernt und beschlossen, gemeinsam zu musizieren. Der schnell gefundene musikalische Nenner lässt sich zielsicher als „gefälliger Gitarren-Pop“ bezeichnen, der zuweilen gut tanzbar ist. Als deutsch textende Band fänden Bakkushan eine Quote für heimische Künstler im Radio gar nicht mal schlecht. „Gerade Bands aus Amerika haben doch
genügend Kohle, um sich hier überall einzukaufen“, glaubt Sänger Daniel, aber mit einem Label wie ’Virgin’ im Rücken dürfte Einkaufen auch für Bakkushan kein Problem sein. Obwohl: Ein kleiner Zwischenfall hätte die Band finanziell dennoch fast aus der Bahn geworfen. Als sie übernächtigt ins heimische Mannheim einrollten, striften sie einen Opel Oldtimer, der genau wem gehörte? Genau, Stadtpatron Xavier Naidoo. Da Xavier aber so ein dufter Kerl ist, zahlte er die Beule selbst. Die 2.000 Euro Schaden am Mietwagen der Band leider nicht. Es dürfte also noch ein paar Winter kalt durch die Fenster ziehen… Text: Frédéric Schwilden Heimat: baby-du-siehst-gut-aus.de
Scumbucket
Party machen, aufnehmen, fertig
Morgens um zehn in Deutschland: der stattliche Zweimetermann Kurt Ebelhäuser versucht, bei Kaffee und den obligatorischen Kippen in die Gänge zu kommen. Hinter ihm liegt die erste Scumbucket-Konzertreise seit vier Jahren. Eine im kleineren Rahmen: „Wir wollten mal wieder das Club-Gefühl haben, mit Nähe zum Publikum und richtig schwitzen. Wobei ja Scumbucket auch nicht die Band ist, die die großen Hallen füllen könnte.“ Mit diesem Status kann Kurt jedoch gut leben. Und auch, wenn der große Bruder Blackmail ein größeres Publikum zieht, ist Scumbucket für ihn nicht weniger wichtig. „Scumbucket werden immer da sein, so lange ich Musik mache!“ bekräftigt er. Und nachdem bei Blackmail mit dem Ausstieg von Sänger Aydo Abay ein Schnitt vollzogen wurde, darf nun wieder das „Raumschiff Scumbucket“ durchstarten. Zunächst wurde das Debüt ‘Heliophobe‘ von 1996 neu aufgenommen und als ‘Heliophobia‘ mit von Fans geremixtem Cover herausgebracht. „Die erste
Auflage war recht schnell vergriffen und wird mittlerweile für rund 140 Euro gehandelt, was ich für eine Frechheit halte. Zuerst wollten wir das Album remastern, aber dann kam Dylan mit der Idee an, das gleich neu aufzunehmen.“ Gemeint ist Bassist und Gründungsmitglied Dylan Kennedy, der wegen seines Wohnorts Birmingham nicht alle Bandaktivitäten mitmachen kann. Dennoch: „Er ist ein fantastischer Songwriter, der auch viel zur neuen Platte beigetragen hat“, bescheinigt Kurt. Dem knappen Zeitbudget begegnen Scumbucket mit einer hocheffektiven und gelassen spontanen Arbeitsweise, die man auch dem neuen Werk ‘Sarsaparilla‘ wieder einmal gar nicht anhört. Oder wie Kurt selbst sagt: „Da sind eigentlich nur Lieblingssongs drauf.“ Text: Robert Goldbach Heimat: myspace.com/scumbucketmusic
General Fiasco
Trockene Münder und geplatzte Reifen
Sucht man via Google nach „General Fiasco“ findet man auf Seite Eins ein Bild, das drei oberkörperfreie, knabenhafte Jungs im schwarzen Slip zeigt. Beim ganz linken ist der Schlüpfer soweit hinunter gezogen, dass man sogar Schamhaar erkennt. Mensch, die legen ja los. 2007 haben sich die zwei Brüder Owen und Enda Strathern mit Drummer Shane Davey zusammengesetzt und festgestellt, dass Krach machen ordentlich Spaß bringt. Jung und knackig, dazu ein Scheitel, wahlweise lockiges Haar, übrigens sie kommen auch von der Insel, zwar nicht aus London, aber aus Irland. Beste Voraussetzungen also. 2008 spielten sie schon Reading und Leeds, irgendwas scheinen sie wirklich richtig zu machen. Beim Reading-Festival ein Jahr später hat sich Sänger und Bassist Owen auch einen formidablen Trick abgeschaut. Er trinkt jetzt nicht mehr so viel Wasser auf der Bühne. Und wer hat’s erfunden? Brian Molko! Owen plagte beim Singen immer ein
trockener Mund, als er dann Placebo beim Spielen zuschaute, stellte er fest: „Mensch die trinken ja gar nicht während ihres Auftrittes!“ Die Schlussfolgerung: „Mein trockener Mund ist rein psychisch.“ Dank genialer Selbstdiagnostik und unermüdlichen Tourens in der Heimat, spielten sie hierzulande schon mit Black Box Revelation zusammen und sind demnächst sogar in Texas unterwegs. Dass dabei schon mal ein Reifen platzt und die Fahrt unterbrochen werden muss ist natürlich klar. Aber, und das sollten sich die schnuckeligen Jungs merken, im Verkehr ist ein geplatzter Reifen das geringste Übel. Text: Frédéric Schwilden Heimat: generalfiasco.co.uk
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REISEFÜHRER
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FÜHRER ROCK'N'ROLL REISE LUXEMBURG NACH Mit ETERNAL TANGO
Eingebettet in das Herz Eurpoas befindet sich das kleine, idyllische Luxemburg. Doch so verträumt dieses Land und seine gleichnamige Hauptstadt auch anmuten, an partytauglichen Einwohnern mangelt es hier nicht! Die fünf Post-Hardcore-Freunde von Eternal Tango haben uns in die schönsten Ecken ihrer multikulturellen Heimat entführt. Seht selbst! Wo kann man in Luxemburg günstig übernachten? Tom: Ich habe ein ausklappbares Sofa. Da pennen öfter mal Leute. David: Ansonsten gibt es die Hotelkette „Etap Hotel“. Da soll es ganz gut und günstig sein. Eigentlich kann man aber nichts falsch machen, wenn man sich etwas in Luxemburg Stadt sucht. Gibt es in Luxemburg ein Szeneviertel? David: In unserer Heimatstadt Dudelange wohnen viele Künstler. Sie befindet sich im Süden von Luxemburg. Früher wurde in der Gegend Eisenerz abgebaut. Seit den Achtzigerjahren ist das jedoch vorbei. Jetzt gibt es dort viele Ruinen, in denen sich Künstler mit ihren Ateliers niedergelassen haben.
gut betrinken. Dann gibt es noch das „Exit 07“ (Rue de l‘Aciérie 1), die haben eine phänomenale Auswahl an Absinth. Im Café „Why Not“ in Dudelange (81 Av. G.-D. Charlotte) hängen wir auch oft ab.
Wir haben Lust auf einen guten Konzertabend. Welche Location ist dafür die Beste? David: Bei uns gibt es zwei größere Clubs, die echt gut sind. Das ist zum einen die Kulturfabrik in Esch (Rue de Luxembourg 116) und zum anderen „Den Atelier“ in Luxemburg Stadt (Rue de Hollerich 54).
Und wo bekommt man das beste Kater-Frühstück am nächsten Morgen? David: Zu Hause bei Mutti. Joe: Die Bar „Interview“ (Rue Aldringen 21) in Luxemburg ist sehr zu empfehlen. Wenn du ein Hang-Over hast, bekommst du dort zu deinen Croissants oder Eggs & Bacon auch kostenlos einen Kaffee serviert.
Welche ist die beste Absturz-Kneipe? David: Davon gibt es einige! Da Luxemburg so multikulturell ist, haben wir neben normalen Bars auch Kneipen, die vor allem vom englischen Publikum bevölkert sind. Mit denen kann man sich echt sehr
In Luxemburg gibt es drei anerkannte Amtssprachen: Luxemburgisch, Deutsch und Französisch. Mit welcher kann man sich am besten durchschlagen? Joe: Mit Französisch. Wir haben sehr viele Fran-
zosen und Belgier, die in Luxemburg arbeiten. Die Luxemburger sind aber, was Sprachen angeht, sehr offen. Du kommst also auch mit Deutsch, Französisch oder Englisch durch. Luxemburgisch muss man hier nicht beherrschen. Könnt ihr uns trotzdem ein paar Worte auf Luxemburgisch beibringen? David: Um eine Konversation anzufangen, könntest du zum Beispiel sagen: „Salut, wéi geet et?“ Das ist auf jeden Fall schon mal ein guter Start. Für das Nachtleben kannst du die Frage gebrauchen: „Wie viel kost a mini?“ Das heißt übersetzt: Wie viel kostet das Bier? Text: Natascha Siegert Heimat: eternaltango.net Auch gut: „Welcome To The Golden City“ – das neue Album von Eternal Tango
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SPEEDDATING
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SPEED DATING DETROIT7 AN HORSE SHE & HIM Suchen: Niemanden, wie man bei dem Bandnamen fast befürchten könnte... Der erste Eindruck: Das gibt’s nicht im echten Leben! Nur hier, exklusiv bei uns bekommt ihr die Chance, einer Superbiene wie Indie-Folk-Prinzessin und Schauspiel-Starlet Zooey Deschanel bei einer Date-Börse gegenüberzusitzen. Darin bin ich eigen: Ohne Sängerin Zooeys Promi-Bonus könnte manchem der Country-Anteil ihrer sommerleichten Pop-Songs vielleicht süß-
sauer aufstoßen. Doch hey, das ist Zooey Deschanel. Die ist cool, hübsch, berühmt und singt ganz toll – und so romantisch! Hochzeit oder kurze Affäre: Pech, die Frage stellt sich nicht: Zooey Deschanel ist schon mit Death Cab For Cutie-Sänger Ben Gibbard verheiratet. Und Bandkollege M. Ward? Who cares! Der Hauptpreis ist vergeben! Heimat: myspace.com/sheandhim Aktuelles Album: “Volume Two”
Suchen: Unprätentiöse IndieTwens, die vor dieser Begegnung Hemmungen hatten, weil sie sich nicht zwischen Tegan und Sara entscheiden konnten. Der Erste Eindruck: Sollten die beiden Australier behaupten: „Wir klingen nicht wie Tegan And Sara“ startet euer Date mit einer speckfetten Lüge. Seid also gewarnt! Darin bin ich eigen: Copy-PasteExperten: Auch wenn die Musik eine ziemliche Blaupause der kanadischen Zwillinge ist, ist sie trotzdem – oder gerade deswegen – wirklich dufte. Hochzeit oder kurze Affäre: Kate und Damon sind keine Geschwister. Deshalb sollte der „IM“ in euch erst einmal in Erfahrung bringen, ob da nicht schon was läuft.
Suchen: Gleichgesinnte GaragePunk-Biester, bevorzugt im Porno-pinken Ausgeh-Outfit. Vorsicht, bissig! Der erste Eindruck: Ein Date mit diesem japanischen Trio ist, als würde man einem tollwütigen DuracellHäschen auf "Glückskeksen" gegenübersitzen. Ganz nett also - aber bloß nicht Händeschütteln. Darin bin ich eigen: Eure zarten Finger würden euch die drei sofort bis auf den bloßen Knochen runterschreddern. Hochzeit oder kurze Affäre: Japaner heiraten oft verfrüht und mit viel zu großem monetären Aufwand. Um beides zu verhindern, lasst es lieber gleich! "Wilde Ehe" klingt ja auch viel besser, in jedem Fall aber nicht nach chronisch müden Genitalien. Heimat: myspace.com/detroit7 Aktuelles Album: "Black And White"
Heimat: myspace.com/anhorse Aktuelles Album: "Rearrange Beds"
FANFARLO DRIVE-BY TRUCKERS
im Angesicht dieses leckeren Alternative-Country-Rock-Schnittchens. Vorsicht, nicht dass Papa ihnen schöne Augen und später lange Finger macht... Hochzeit oder kurze Affäre: Wenn Papa nicht landen konnte, werdet ihr sicher eine lange, solide und erfüllende Partnerschaft mit den seit 1996 musizierenden Drive-By Truckers haben – es gibt ja schließlich Viagra.
Suchen: Südstaaten-Schönheiten, gern mit Backstage-Erfahrung, es ist schließlich Rock’n’Roll. Der erste Eindruck: Erinnert schwer an Neil Young. Auch wenn die Band nicht wie dieser aus dem kanadischen Norden, sondern dem schönen Athens, Georgia, stammt. Die sind auf Neil Young dort ja bekanntlich alles andere als gut zu sprechen. Das werden die Schwiegereltern sagen: Nichts sagen, sabbern werden sie Heimat: myspace.com/drivebytruckers Aktuelles Album: “The Big To Do”
Suchen: Orchester-Pop versessene Schwelger, die eigentlich gern mit Arcade Fire gehen würden. Der erste Eindruck: Ist für Mädchen mit ausgeprägtem (Be)mutter(ungs)Instinkt bereits ein komplett befriedigender. Sänger Simon Balthazars zerbrechlich-gefühlvolle Künstlerstimme landet genau da, wo ihr sie haben wollt. Das werden die Schwiegereltern sagen: Jetzt müssen wir endlich nicht mehr das Übersee-Porto fürs ArcadeFire-Stalking zahlen. Und die wirken auch entspannter, die verklagen sicher nicht so viel.
Hochzeit oder kurze Affäre: Auch wenn die Hoch-Hype-Phase des Orchester-Pop momentan auf kanadischem Packeis ruht, heißt das nicht, dass das hier keine lange Liebesgeschichte werden kann. Wenn das Genre wechselt, zieht ihr einfach mit. Heimat: myspace.com/fanfarlo Aktuelles Album : „Reservoir“
MIT: AUF DER COUCH
?! BLACK FRANCIS
So turbulent seine Karriere als Frontmann der Pixies oder als Solokünstler auch verlaufen ist, so ruhig und stet führt Black Francis aka Frank Black sein Leben als fünffacher Vater und Ehemann von Violet Clark, mit der er auch musikalisch im Projekt Grand Duchy vereint ist. Wir trafen das 45-jährige Familienoberhaupt, um ihm die Geheimnisse der „nonstop Erotik“ und der ewigen Liebe zu entlocken. Könnt ihr noch was lernen. Black, wie hält man trotz der Last des Alltags und der Routine eine Beziehung in Schwung? Das ist nicht so leicht, denn Routine kann schnell zu Langeweile führen, und Langeweile killt früher oder später die meisten Beziehungen. Kinder erfordern in jedem Fall ein konstantes Improvisieren und Umdenken, was natürlich auch für eine Ehe spannend sein kann. Ich habe das Glück, dass ich meine Frau immer noch attraktiv und begehrenswert finde. Wenn das eines Tages nicht mehr so sein sollte, habe ich definitiv ein Problem. Glaubst du, eure Ehe ist eine Ausnahme? Das weiß ich nicht, ich führe ja nur diese eine und die funktioniert ausgesprochen harmonisch. Aber natürlich haben wir den Vorteil, erst relativ spät zueinander gefunden zu haben und beide aus den Fehlern vorheriger Beziehungen lernen konnten. Darüber hinaus hat meine Frau eine so unwiderstehliche Energie, auch eine sexuelle Energie, die ich bei keiner anderen Frau bisher so gespürt habe. Aber sich bei anderen Frauen ein bisschen „Inspiration“ zu holen, ist doch erlaubt? Schon, aber eher in Form einer Muse vielleicht. Man kann mit Frauen großartige Gespräche führen und eine gute Zeit haben, aber ich bin schließlich verheiratet, da gibt es eine Grenze der „Inspiration“, auch wenn das vielleicht manchmal schwer fällt. Aber mir ist die Liebe wichtiger als der Sex. Habt ihr so etwas wie „euren gemeinsamen Tag“, eine Auszeit, die ihr nur für euch beide nehmt?
Haben wir. Es gibt ein paar Rituale, die meine Frau und ich uns gönnen, um unsere Vater- und Mutterrolle auch mal verlassen zu können und nur Mann und Frau zu sein. Auch wenn das zurzeit eher die Ausnahme ist, weil die Kinder noch so klein sind. Ich denke, sich zeitliche und räumliche Freiheiten zu bewahren, ist viel hilfreicher als von langer Hand geplante „romantische“ Dinner oder eine Schublade voller Sex-Spielzeug. Wie viel Zeit brauchst du für dich selbst? Ist es der Harmonie zuträglich, sich einfach mal aus den familiären Verpflichtungen auszuklinken? Ich habe das Glück, dass mein Beruf genau das mit sich bringt. Ich bin häufig weg von zu Hause, weil ich auf Tour bin. In konzertfreien Wochen bin ich dagegen ganztags zu Hause und schaffe meiner Frau im Gegenzug so auch ein paar Freiräume, die sie für ihre eigenen Belange nutzen kann. Wir ergänzen uns da ganz gut.
FAZIT Ein echtes Traumpaar, diese Blacks. Mit aufeinander abgestimmten Zeit- und Zukunftsplänen gesegnet, lebt es sich einfach ein bisschen entspannter. Und vielleicht ist es nicht zuletzt genau jener relaxte Vibe, der den Blacks ihr knappes halbes Dutzend Nachwuchs bescherte. Text: Flo Hayler, Heimat: blackfrancis.net Auch gut: “Nonstoperotik” – das neue Album von Black Francis
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MUSIK STORIES
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You Me At Six Wir sind ja nicht blöd
Trotz ihres Schuljungen-Alters haben sich You Me At Six als heißeste Kandidaten für den britischen Post-EmoPunk-Thron aus der Ursuppe junger talentierter Insel-Bands hinaus destilliert. Mit Sozialdarwinismus hat das wenig zu tun, eher schon mit dem Weglassen von Umsonstbier. Nur ein Jahr nach ihrem in Großbritannien bis auf Platz 25 gecharteten – und hierzulande kaum wahrgenommenen – Debüt schießen You Me At Six mit ’Hold Me Down’ ein zweites Album nach, das die Band per Zeitraffer in eine neue Qualitätssphäre und in den englischen Top Ten bis auf die fünf schießt. Und das mit voller Absicht, wie Sänger Josh Franceschi und Gitarrist Max Helyer betonen: „Da draußen sind Millionen von guten Bands unterwegs. Wenn wir keine Alben rausbringen, machen die das. Be quick or be dead“, erklärt Josh gelassen und nippt an seiner Wasserflasche. „Selbst als Außenstehender sieht man doch, dass sich das Musikgeschäft verändert hat. Mit ’Sex, Drugs and Rock’n’Roll’ kommt man einfach nicht mehr weit.“ You Me At Six als Band 2.0. Wer heute im Biz überleben will, muss sich anderen Regeln unterwerfen, als die Schnapsnasen früherer Zeiten. Selbst eine Ikone der goldenen Ära des Rock wie Ron Wood muss wegen seiner Alkohol-Eskapaden mittlerweile den Rauswurf bei den Rolling Stones fürchten. Für You Me At Six alles eine Frage der Disziplin,
Haben einen Plan: You Me At Six aus Weybridge, England.
das ein oder andere Backstage-Bier kann man sich ja auch mal klemmen. „Und ganz ehrlich, vor etwas mehr als einem Jahr hatten wir noch ganz andere Probleme. Da musste ich mit meinen Eltern verhandeln, wenn ich sonntags ein Konzert spielen sollte und am Montag in der Schule ein Test geschrieben wurde. Wir können uns nicht beschweren“, wirft Josh ein und Max ergänzt mit glänzenden Augen: „Unsere Freunde gehen jetzt studieren. Das bedeutet in England, dass man sich hoch verschuldet und jedes Wochenende in denselben Pubs abschießt. Im Gegensatz dazu haben wir es ganz gut getroffen.“
Die Chancen stehen nicht schlecht, dass sich YMAS auch außerhalb ihrer Heimat durchsetzen werden. Immerhin sind sie eine der wenigen jungen Bands, die von der musikalischen Schwerindustrie in Zeiten des liebevollen Backkatalog-Durchnudelns noch ansatzweise aufgebaut werden. Josh ist der Altersdurchschnitt des musikalischen Establishments durchaus gegenwärtig: „In unserem Genre ist genügend Platz für eine junge Band.“ Text: Timo Richard Foto: Andy Fallon Heimat: youmetatsix.co.uk
LaBrassBanda Keine Mordsgaudi?
LaBrassBanda behaupten, sie seien nicht lustig. Für jeden, der die bayerische Kapelle schon mal live gesehen hat, dürfte diese Aussage vergleichbar sein mit jemandem, der einen guten Witz erzählt und dann jedem eins auf die Fresse haut, der darüber lacht. Paradox irgendwie. „Lustig ist der Quatsch Comedy Club, wir wollen nur unterhalten“, knurrt Bassist Oliver „Olli“ Wrage unzufrieden und blinzelt in die Frühlingssonne. Na gut. Nur wieso streut Frontmann Stefan „Sepp“ Dettl bei den Live-Shows dann zwischen die ohnehin schon flippigen Stücke seiner postmodernen Blaskapelle einen humorigen Spruch nach dem nächsten? Leitet sinnfremde Yoga-Übungen und Gruppengrölen beim Publikum an, so dass die Zuschauer am Ende nicht gerade von Heulattacken geschüttelt werden? Tuba-Spieler Andreas „Hans“ Hofmeir ergänzt: „Wenn man das als ‘lustig’ betrachten will, okay. Für uns klingt ja Bayerisch auch nicht lustig, so reden wir eben. Wir singen auf Bayerisch, weil wir Hochdeutsch und Englisch nicht können“, grinst der Dozent vom Mozarteum in Salzburg. Bayern, du fremdes Wesen! Dieses heimatverbundene Quintett hält seine blau-weiße Fahne gehisst, und das kommt an. Ob auf dem bayerischen Marktplatz oder im trendbesessenen Berlin - kaum einer Band gelingt es wie ihnen, ganze Familien gemeinsam zu Kon-
A Bayerische Gang: Labrassbanda vom Chiemsee.
zerten zu locken. Doch die Bayern-Karte spielen die Herren dabei angeblich gar nicht bewusst. Zugegeben, mit geschlossenen Augen klingt der mit Ska-, Reggae- und Elektro-Gypsy gespickte SoundMix der Kapelle - von besagter Sprachkonstellation mal abgesehen - nicht in aller erster Linie Bayerisch. Doch spätestens wenn man die Augen wieder öffnet, fixiert man direkt das Superklischee: die Lederhosen. Laut Kapelle sei auch das kein Spaß. Die Bandmitglieder würden das bayerntypische Outfit deshalb bei ihren Konzerten tragen, weil es prak-
tisch sei. Man bräuchte die Hosen auf Tour nicht waschen, moderige Körpergerüche wären trotzdem gering. So, so. Ein bisschen - äh - Ernsthaftigkeit, gern auch in Textilfragen, sei den Herren, die im letzten Jahr mit ‘Übersee‘ ihr zweites Album veröffentlicht haben, ja gegönnt. Die meisten von ihnen haben schließlich am Konservatorium studiert und könnten demnach auch im Abendanzug im Orchestergraben sitzen. Machen sie aber nicht! Text: Christine Stiller Heimat: labrassbanda.com
so war´s Hot Chip
12.3. Berlin - Astra
Viele, viele Wochen bevor Hot Chip die Bühne im Berliner Astra entern sollten, war das Konzert schon restlos ausverkauft. Und womit? Mit Recht! Eine frühzeitige Investition in die Karten hatte sich in diesem Fall tatsächlich mehr als gelohnt. Kurz nachdem Alexis Taylor und seine Geek-Kollegen am 12. März um 21.20 Uhr aus den Katakomben des Astra schlufften, hatten sie ihr Publikum schon komplett im Griff. Mit „Hand Me Down Your Love“, einem der Vorzeigesongs ihrer neuen Platte “One Life Stand”, eröffneten sie die Show und brachten mit dem anschließenden „One Pure Thought“ auch noch den letzten verspätet eingetroffenen Elektro-Freund unweigerlich zum Tanzen.
Nach einer kurzen Unterbrechung, die technischen Problemen geschuldet war, setzten die fünf ihr grandioses HitSet mit Songs wie „One Life Stand“, „Hold On“, „Over And Over“ und „Boy From School“ fort und beendeten ihre Elektro-Pop-Feierlichkeiten nach 80 Minuten mit dem Publikumsliebling „Ready For The Floor“. Und was bleibt? Auf jeden Fall die Gewissheit, dass auch schüchterne Nerd-Prinzen (ungewollt) coole Jungs sein können,
wenn sie es nur richtig anstellen. So haben uns reizende Indie-Mädchen im Publikum verraten, dass sie Anti-Adonis Alexis Taylor an diesem Abend sofort vom Fleck weg geehelicht hätten. So toll war’s. Eine glänzende Aussicht, die alle muskellosen Strebertypen mit trendfernem Brillengestell jetzt sicher erleichtert in die fischkalten Hände klatschen lässt. Foto: Sandy Worm
KONZERTFOTOS OF DEATH Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen. Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:
Daniel Wirtz 6.3. Chemnitz - Talschock Geknipst von: Lionpaw
Die vier Mädels der norwegischen Katzenjammer haben allesamt grandiose Stimmen und beherrschen jedes Instrument. Allerhöchste Qualität!
Rhys Jones & Co. haben den Magnet Club ordentlich durchgerockt. Klasse Show mit engem Publikumskontakt und Stage Diving-Einlage!
Jamie T
14.2. Hamburg - Grünspan
200 Leute im Publikum und ein supergut gelaunter Wirtz - besser geht es nicht. Bitte mach weiter so!
Katzenjammer 2.3. Hamburg - Fabrik Geknipst von: Senta
Good Shoes 12.2. Berlin - Magnet Geknipst von: IndieRocker90
Geknipst von: Deez
Er kann auch ganz gefühlvoll mit Akustikklampfe!
The Sounds 13.3. Hamburg - Saturn Geknipst von: Frangelic
Maja Ivarsson von den Sounds mal ganz ungestylt.
Lifehouse 23.2. Berlin - Frannz Club Geknipst von: Kattus
Kati und Laura mit Jason Wade von Lifehouse
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PRÄSENTIERT
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Präsentiert TOUR DES MONATS.
FETTES BROT
„Der beste Rapper Deutschlands ist offensichtlich Ich“. Wer sich bereits eines (oder besser beide) der kürzlich veröffentlichten Live-Alben der Brote zugelegt hat, weiß, warum sich die drei Musketiere des Nordens ungestraft selbst als Koryphäen des deutschen Sprechgesangs betiteln dürfen. Nach 18 Jahren Bühnenpräsenz ist dieser Legendestatus hochverdient. Niemand sonst kann Wörter so gekonnt verknüpfen, verknoten und zusammenschustern wie das Trio aus dem Norden. Da verfällt selbst der schärfste Kritiker ins Träumen. Doch genug der Lobhudelei. Die Brote laden euch auch dieses Jahr wieder zu kollektivem Abgehen und Feiern ein. Für alle schwulen Mädchen, Bettinas und Leute, die etwas auf sich und ihren Musikgeschmack halten, sind die Brot-Nächte ein absoluter Pflichttermin.
Fettes Brot AUF TOUR 30.4. Bremen - Pier2 *** 1.5. Bielefeld - Stadthalle *** 3.5. Stuttgart - Liederhalle BeethovenSaal *** 5.5. München - Zenith *** 6.5. Wiesbaden - Schlachthof *** 7.5. Dresden - Messe Dresden *** 8.5. Berlin - C-Halle *** 10/11/12.5. Hamburg - Große Freiheit 36 *** 12.6. Köln - Lanxess Arena *** 10.12. Hamburg - Color Line Arena
Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! Black Rebel Motorcycle Club 02.05. Hamburg - Markthalle 03.05. Köln - Essigfabrik 04.05. Berlin - Postbahnhof 05.05. München - Backstage
Dendemann
Lostprophets Was ist denn so toll an denen? Die Kombination aus Emo-schwangerem Alternative-Rock, dargeboten von fünf fresh frisierten Stil-Ikonen. Geht außer mir da noch wer hin? Aber hallo. In ihrer englischen Heimat kicken die Lostprophets in den großen Arenen, weshalb sich sicher eine ganze Heerschar englischer Fans via Easyjet in hiesige Mini-Clubs verfrachten lässt. So wird’s enden: Am Merchandise-Stand. Selten eine Band mit so einer Auswahl an T-Shirts gesehen. Vielleicht nochmal ans Sparschwein vorher?
28.04. Bremen - Schlachthof 29.04. Hamburg - Fabrik 30.04. Münster – Skater‘s Palace 01.05. Köln - Gloria 02.05. Heidelberg - Karlstorbahnhof 03.05. Frankfurt a.M. - Batschkapp 06.05. Stuttgart - Röhre 07.05. München - Backstage 08.05. Freiburg - Jazzhaus 09.05. Düsseldorf - Zakk 10.05. Saarbrücken - Garage 11.05. Würzburg - Posthalle 12.05. Berlin - Astra
24.05. München - 59:1 25.05. Köln - Luxor 26.05. Hamburg - Logo 27.05. Berlin - Festsaal Kreuzberg
02.06. Berlin - Comet 03.06. Köln - Gebäude 9 05.06. Hamburg - Molotow 06.06. Münster - Gleis 22 07.06. Heidelberg - Karlstorbahnhof
Angus & Julia Stone
Beat!Beat!Beat!
Against Me!
26.04. Köln - Gebäude 9 27.04. München - Atomic Café 28.04. Berlin - Lido 29.04. Hamburg - Molotow
Band Of Skulls
01.06. München - Atomic Café
21.05. München - Atomic Café 22.05. Ulm - Club Schilli 23.05. Stuttgart - Keller 25.05. Wiesbaden - Schlachthof 27.05. Hamburg - Molotow 28.05. Hannover - Bei Chez Hein 30.05. Düsseldorf - Zakk
03.04. Berlin - Magnet 07.04. Miltenberg - Musiklokal Beavers 10.04. Rendsburg - T-Stube 12.04. Bielefeld - Stereo 13.04. Bayreuth - Glashaus 14.04. Dresden - Ostpol 15.04. Chemnitz - Subway To Peter 16.04. Duisburg - Steinbruch 17.04. Osnabrück - Kleine Freiheit 14.05. Hamburg - Molotow 28.05. Hofheim - Jazzkeller 29.05. Karlsruhe - KoHi
Frank Turner
29.03. Stuttgart - Universum 30.03. Wiesbaden - Schlachthof 31.03. Düsseldorf - Zakk 01.04. Hamburg - Uebel & Gefährlich 03.04. Bremen - Lagerhaus
Lostprophets AUF TOUR 14.4. Wiesbaden - Schlachthof *** 18.4. Berlin - C-Club *** 19.4. Hamburg - Markthalle *** 21.4. Köln - Live Music Hall *** 22.4. München - Theaterfabrik
Findus
Dum Dum Girls
21.05. Hamburg - Molotow 22.05. Berlin - West Germany 23.05. München – Theatron Arena
Eight Legs
07.04. Stuttgart - Schocken 08.04. Heidelberg - Zum Teufel 09.04. Paderborn - Cube 10.04. Köln - Gebäude 9 12.04. Frankfurt a.M. - Ponyhof 14.04. Dresden - Ostpol 15.04. Berlin - Bang Bang Club 16.04. Augsburg - Beim weissen Lamm 17.04. Münster - Amp 22.04. München - 59:1
LaBrassBanda
20.04. Hannover - Pavillon 21.04. Bremen - Aladin Music Hall 22.04. Lüneburg - Vamos! Kulturhalle 23.04. Hamburg - Uebel & Gefährlich 24.04. Kiel - Pumpe 28.04. Münster - Gleis 22 29.04. Fulda - Kreuz 01.05. Köln - Gebäude 9 02.05. Koblenz - Café Hahn 06.05. Hof - Bürgergesellschaft 08.05. Stuttgart - LKA Longhorn 19.05. Weimar - Köstritzer Spiegelzelt 20.05. Nürnberg - Serenadenhof 21.05. Ulm - Ulmer Zelt 26.05. Ingolstadt - Festsaal
08.06. Mannheim - Alte Feuerwache 10.06. Frankfurt a.M. - Batschkapp 13.06. Marburg - KFZ
Reverend Horton Heat 27.03. Köln - Essigfabrik 28.03. Berlin - C-Club 01.04. Hamburg - Grünspan
Smoke Blow Liars
20.05. München - Feierwerk 21.05. Berlin - Volksbühne 22.05. Hamburg - Indra
Lonelady
01.04. München - Rote Sonne 02.04. Berlin - Bang Bang Club 03.04. Dresden - Altes Wettbüro
Montreal
03.04. Rüsselheim - Rind 04.04. Aachen - Jakobshof 24.04. Hammelburg - Wasserhaus 14.05. Ahlen - Schuhfabrik 15.05. Immenhausen - Akku
27.03. Chemnitz - Bunker 10.04. Bochum - Matrix 16.04. Hamburg - Fabrik 17.04. Osnabrück - Kleine Freiheit 23.04. Karlsruhe - Substage 24.04. München - 59:1 19.06. Weinheim - Café Central
State Radio
04.05. Stuttgart - Kellerklub 05.05. Köln - Werkstatt 06.05. Hamburg - Knust 07.05. Lingen - Alter Schlachthof 11.05. Dortmund - FZW 13.05. Wiesbaden - Schlachthof 14.05. München - 59:1 16.05. Berlin - Maschinenhaus
Ohrbooten
09.04. Neuruppin - JFZ 10.04. Brandenburg - HDO 22.04. Potsdam - Lindenpark 23.04. Cottbus - Gladhouse 24.04. Zossen - E-Werk 06.05. Erfurt - Gewerkschaftshaus 08.05. Mühlheim - Ringlokschuppen 09.05. Schweinfurt - Stattbahnhof 11.05. Erlangen - E-Werk 12.05. Heidelberg - Halle02 14.05. Soest - Kulturhaus Alter Schlachthof 15.05. Aachen - Musikbunker 18.05. Marburg - KFZ 22.05. Konstanz - Kulturladen 23.05. Reutlingen - FranzK
Panteón Rococó
25.05. Aachen - Musikbunker 26.05. Ulm - Ulmer Zeit 27.05. Bochum - Bahnhof Langendreer 28.05. Münster - Sputnikhalle 29.05. Hamburg - Millerntorstadion 30.05. Roststock - MAU Club 31.05. Berlin - SO36 01.06. Düsseldorf - Zakk 02.06. Reutlingen - FranzK 03.06. Jena - Kassablanca 07.06. Regensburg - Alte Mälzerei
Stompin‘ Souls
10.04. Stuttgart - Beatclub 11.04. Wiesbaden - Schlachthof 12.04. Bielefeld - Stereo 13.04. Kiel - Pumpe 14.04. Münster - Amp 15.04. Düsseldorf - Ratinger Hof 17.04. Berlin - Magnet
The Almighty Defenders 15.05. Berlin - Festsaal Kreuzberg 18.05. Hamburg - Uebel & Gefährlich 24.05. Münster - Gleis 22
The Intersphere
08.04. Bremen - Treue 09.04. Minden - Hamburger Hof 10.04. Hofheim - Jazzkeller
Pennywise Was ist denn so toll an denen? Der Berg rechts auf der Bühne! So einen Hühnen wie Gitarrist Fletcher Dragge bekommt man nicht alle Tage vorgesetzt. Aber nett sein, der beißt. Geht außer mir da noch wer hin? Logisch. Beim Pennywise-Konzert trefft ihr mehr Leute aus der Schulzeit als bei Stayfriends. Als Tipp für die Fraktion 30 Plus. So wird’s enden: Am Tresen, bierselig die wiedergefundenen Klassenkameraden im Arm und ganz laut die „Bro Hymn“ schmetternd.
Pennywise Auf Tour 25.4. Saarbrücken - Garage *** 26.4. Hamburg - Markthalle *** 27.4. Berlin - SO36 *** 2.5. München - Werk
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PRÄSENTIERT
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07.05. Bochum - Bahnhof Langendreer 08.05. Gießen - MUK 09.05. Erlangen - E-Werk 10.05. Wiesbaden - Schlachthof 12.05. Saarbrücken - Garage 13.05. Düsseldorf - Zakk 14.05. Leipzig - Conne Island 15.05. Berlin - Astra 16.05. Rostock - Mau Club
Underoath
02.04. Chemnitz - AJZ Talschock 03.04. München - Muffathalle
ZOOT WOMAN
We Were Promised Jetpacks
Was ist denn so toll an denen? Seit Mitte der Neunzigerjahre machen die Engländer um Produzentensternchen Stuart Price abgeklärten Elektro-Pop mit hoher Hitfrequenz. Geht da außer mir noch wer hin? Ja, klar. Nur schöne, bis in die Haarspitzen durchgestylte Menschen. „Living In A Magazine“ halt. So wird’s enden: Mit einer Shoppingattacke am Morgen danach. Auch wenn ihr dachtet, ihr wärt schon cool, habt ihr bei einem scheuen Blick nach links und rechts aber eure neuen Meister gefunden. Mist!
Zoot Woman 7.5. Köln - Bootshaus *** 8.5. Berlin - WMF *** 9.5. Rostock - Zwischenbau *** 10.5. Leipzig - Zentraltheater *** 11.5. Dresden - Beatpol The Temper Trap
20.06. Heidelberger - Karlstorbahnhof 21.06. Köln - Live Music Hall
Tegan & Sara
21.06. Frankfurt a.M. - Mousonturm
Trash Talk/Rolo Tomassi 03.04. Hamburg - Hafenklang 04.04. Berlin - Magnet 05.04. Köln - Underground 07.04. München - Ampere
Turbostaat
09.04. Flensburg - Volxbad 15.04. Wilhelmshafen - Kling Klang 16.04. Osnabrück - Kleine Freiheit 17.04. Aachen - Musikbunker 18.04. Schweinfurt - Stattbahnhof 20.04. Weinheim - Café Central 21.04. Koblenz - Circus Maximus 22.04. Erfurt - Centrum 23.04. Magdeburg - Sackfabrik 24.04. Dresden - Groove Station
18.04. Hamburg - Knust 20.04. Münster - Gleis 22 21.04. Köln - Werkstatt 22.04. Wiesbaden - Schlachthof 23.04. Dresden - Beatpol 24.04. Berlin - Lido
White Rabbits
28.05. München - 59:1 29.05. Stuttgart - Keller Klub 31.05. Köln - Luxor 01.06. Berlin - Magnet
Events Jägermeister Rock:Liga 29.05. Berlin - Kesselhaus mit: The Films, Hot Hot Heat
TKKG - „Das volle Paket mit dem Totenkopf“
27.03. Berlin - Postbahnhof 28.03. Hamburg - Große Freiheit 36 29.03. Kiel - MAX 30.03. Lüneburg - Vamos! Kulturhalle 31.03. Bremen - Schlachthof 01.04. Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe
Rock’n’Roll Wrestling Bash 10.04. Berlin - SO36 22.05. Hamburg - Knust 04.09. Braunschweig - Walhalla Skatehalle
T-Mobile Extreme Playgrounds 25.04. Duisburg - Landschaftspark Duisburg Nord Bad Religion, AFI, Sum 41
FESTIVALS Immergut Festival
28.05. & 29.05. Neustrelitz An Horse, Bonaparte, Heinz Strunk (Lesung), Chikinki, Tokyo Police Club, Does It Offend You Yeah, We Were Promised Jetpacks u.a.
Wilwarin Festival,
04.06. & 05.06. Ellerdorf Egotronic, Grossstadtgeflüster, Mad Monks u.a.
Roskilde Festival, Roskilde
01.07. bis 04.07., Dänemark Converge, Muse, NOFX, Pavement, Them Crooked Vultures, Motörhead, Gallows, Jack Johnson, Florence & The Machine, Japandroids, The Temper Trap, Health, Alice In Chains, Gorillaz, Kasabian, Wild Beasts u.a.
Open Flair
12.08. bis 15.08. Eschwege Jan Delay & Disko Nr.1, The Hives, Fettes/Brot, Bela B Y Los Helmstedt, The Gaslight Anthem, Wir Sind Helden, Therapy?, Turbostaat, Bad Religion, Jochen Distelmeyer u.a.
Highfield Festival
20.08. bis 22.08. Störmthaler See in Großpösna/ Leipzig Placebo, Blink-182, Billy Talent, Fettes/Brot, NOFX, The Gaslight Anthem, Monster Magnet, Madsen, The Sounds, Jennifer Rostock, Parkway Drive u.a.
Im Tourbus mit:
EIGHT LEGS
Zu fünft in einem Peugeot? Das kann schon nach zehn Minuten zur Hölle werden. Die Eight Legs haben bereits ihr gefühltes halbes Leben in abgerockten Tourvehikeln verbracht und sie machen keinerlei Anstalten, das zu ändern, im Gegenteil. Auch im April lockt Frontmann Sam Jolly & Co. wieder das harte Pflaster der Straße. Mal sehen, ob der Mann alles Wesentliche an Bord hat. Welches Bandmitglied hat die längsten Beine und muss deshalb IMMER vorne sitzen? Unabhängig davon, wer die längsten Beine hat, beanspruchen wir alle ziemlich viel Platz. Kein Wunder, denn nach all den klaustrophobischen Stunden auf der Bahn kann man sich gegenseitig schon mal richtig auf die Nerven gehen – wenn auch meist aus Langeweile. Erinnerst du dich an das Vehikel eurer ersten Tour? Klar: Unsere erste Europatour bestritten wir in einem Peugeot 206, das ist ein französischer Kleinwagen. Fünf Typen plus Instrumente, Verstärker und Gepäck, wenn irgendwas an Folter grenzt, dann das! Am Ende der Tour sind wir 18 Stunden nonstop von Wien nach London gebrettert. Wir wollten nur noch nach Hause. Das Seltsamste, was dir in, an oder auf einem vorbeiziehenden Auto aufgefallen ist? Einmal überholte uns ein Wagen, der scheinbar führerlos unterwegs war. Erst bei genauerer Betrachtung fiel uns auf, dass hinterm dem Steuer eine Omi saß, wenn auch eine sehr kleine. Die konnte kaum übers Lenkrad schauen! Was war die bisher übelste Piste, die ihr je bereist habt? Wir sind einmal für eine Stunde im Kreis gefahren, nur um eine Straße zu finden, die es nicht gab. Ein anderes Mal ging’s im Schlingerkurs über verwinkelte Berggässchen in Richtung Flughafen. Unser Schlagzeuger Jack saß mit Sonnenbrand in der Mitte und hörte nicht mehr auf zu jammern. Lag sicher am kurven- und Hangover-bedingten Kotzreiz. Hattet ihr schon mal einen Crash mit dem Tourbus? Nein, aber wir sind ihm ein paar Mal nur haarscharf entkommen. Eines Nachts ist uns bei 140 Stundenkilometern der Reifen geplatzt, wir waren sicher, dass unser letztes Stündlein geschlagen hat. Wir wären auch tatsächlich fast gestorben, allerdings auf Grund der Kälte, die sich beim Warten auf den ADAC genüsslich in die Knochen fraß. Was ist deine erste Amtshandlung an der Raststätte? Ich steige aus und kann endlich eine rauchen. Alles andere muss warten. Auch gut: “Best Of Me” – die neue EP der Eights Legs
Eight Legs auf Tour 7.4. Stuttgart – Schocken *** 8.4. Heidelberg - Zum Teufel *** 9.4. Paderborn – Cube *** 10.4. Köln - Gebäude 9 ** 12.4. Frankfurt a.M. – Ponyhof *** 14.4. Dresden – Ostpol ***15.4. Berlin - Bang Bang Club *** 16.4. Augsburg - Beim Weissen Lamm *** 17.4. Münster – Amp *** 22.4. München - 59:1
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MIX
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Donots und PETA wünschen... Fischfreie Ostern
Lecker Fischstäbchen und das ganz ohne Tier. Um die Zahl der Fischopfer am Karfreitag einzudämmen, stellt PETA-Anhänger und Donots-Schlagzeuger Eike Herwig hier sein Lieblings-Rezept für „Falsche Fischstäbchen“ vor. Auf Geschmackssicherheit wurde es im Übrigen von den anspruchsvollen Kindergaumen seiner Tochter Polly getestet. Na dann, ran an den Herd. Zutaten für vier Portionen 500g fester Tofu, abgetropft * 2/3 Tasse feines Bio-Maismehl (alternativ Weißmehl) * 2/3 Tasse gehobelte Mandeln * 2 TL süßer Paprika * 2 TL Seetang, granuliert (aus dem Reformhaus oder online bei vegangoods.com) * 2 TL Salz * 1/2 TL Zwiebelpulver * 1/2 TL Knoblauchpulver * 1/4 TL Dill * 2/3 Tasse ungesüßte Sojamilch * 1 Zitrone * Olivenöl und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer (nach Geschmack) Zubereitung Den Backofen auf 200 Grad vorheizen. Das Backblech mit Backpapier auslegen und mit Olivenöl bestreichen. Das Mehl mit gehobelten Mandeln, Paprika, Seetang, Salz, Zwiebel- und Knoblauchpulver in der Küchenmaschine mixen, bis der Großteil der Mandeln grob zerkleinert ist. Die Mischung in eine breite Backform oder Auflaufschale geben. Die Sojamilch in eine Schüssel geben und griffbereit daneben stellen. Den Tofu mit einem scharfen Messer in glatte, schmale Scheiben schneiden oder einen Ausstecher in Fischform verwenden. Jedes Tofustück einzeln erst in die Milch tauchen, dann vorsichtig in der Maismehlmischung panieren. Auf das Backblech legen. Die Tofustückchen im Anschluss mit Olivenöl besprenkeln. Insgesamt 30 Minuten backen, nach der Hälfte der Zeit wenden, bis die Stücke knusprig sind. Den Tofu-Fisch auf eine Platte geben und gleichmäßig mit Zitronensaft besprenkeln. Heimat: donots.com, peta.de Auch gut: „The Long Way Home“ - das neue Album der Donots
Malboro Break Free Traumurlaub zu gewinnen
Sonne, Strand, die kalifornische Pazifikküste - bevor ihr jetzt diese Seite gierig mit eurem Speichel bespritzt, lest erst mal, wie eure Chancen stehen, dort bald selbst hinzureisen. „Malboro Break Free“ schickt 18 glückliche Gewinner vom 12. bis 21. Juni in die USA. Hier werdet ihr entweder in einem schicken Loft in der Traumstadt San Francisco wohnen, die tollsten Surfspots besuchen oder auf einem Hausboot die abwechslungsreiche Natur dieses unvergleichbaren Landstrichs genießen. Bis zum 23. Mai könnt ihr euch unter der kostenlosen Hotline 0800-Malboro (0800-627 52 676) bewerben. Insgesamt 500 Teilnehmer werden zuvor an drei Wochenenden mit allerlei amerikanischen Aktivitäten auf die Reise eingestimmt - und ausgesiebt. 18 Bewerber bleiben übrig und werden in Sechser-Teams den Südwesten der USA entdecken. Teilnehmen können alle Raucher ab 18 Jahren, die über gute Englischkenntnisse und spitzen Teamgeist verfügen. Dann mal los.
An diesen Tagen werden die Gewinner gewählt: 29. & 30.5. München * 3. & 4.6. Köln * 5. & 6.6. Hamburg Infos: 0800-627 52 676
Hot Hot Heat
Jägermeister Rock:Liga Auf Finalkurs
Hot Hot Heat sind kein Überraschungssieger. Wie bereits orakelt, haben sich die kanadischen Indie-Rocker klar in Gruppe B durchsetzen und das Ticket fürs große Finale lösen können. Ihre Konkurrenten The Teenagers und Official Secrets Act hatten bei der geballten Spielroutine der Kapelle und angriffslustigen Hit-Singles wie „Talk To Me, Dance With Me“ eindeutig das Nachsehen. Zusammen mit The Films sind Hot Hot Heat die zweite Band, die am 29. Mai live im Berliner Kesselhaus um die größtmögliche Applausdichte buhlen wird. Wer ihnen als Sieger der Gruppe C dabei Konkurrenz machen wird, war bei Redaktionsschluss leider noch nicht entschieden. Ein Tipp: Es sind entweder Hadouken!, Datarock oder Does It Offend You, Yeah?
Jägermeister Rock:Liga Finale 29.5. Berlin – Kesselhaus Live: The Films, Hot Hot Heat u.a. Infos & Tickets: myspace.com/rockliga
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SPORT
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T-Mobile Extreme Playgrounds Im Interview: Marius Hoppensack & Amir Kabbani
Am 25. April schlägt im Landschaftspark Duisburg-Nord die Stunde der Mountainbike Slopestyle-Experten. Vorjahressieger Amir Kabbani wird dort gegen den 22-jährigen Marius Hoppensack antreten, der mit innovativen Sprüngen punkten will. Im folgenden Interview erfahrt ihr, auf welches dieser Ponys ihr setzen solltet. ck Marius Hoppensa
Foto: Tim Dalhoff
Wie und wann bist du zum MTB gekommen? Ich bin früher sechs Jahre professionell gesegelt, war sogar Deutscher Vizemeister. Aber irgendwie war das nicht mein Ding. Dann war ich 2002 mit Freuden auf einer Radpiste im Wald, wo Jugendliche ihre eigenen Sprünge gebaut haben. Da war’s um mich geschehen.
AMIR KABBANI Wie und wann bist du zum MTB gekommen? Als ich 13 war, habe ich ein paar Jungs auf ihren Bikes durch den Wald heizen sehen. Aus Neugier bin ich ihnen gefolgt... Als ich dann noch die ersten zwei Teile der „New World Disorder“-Serie sah, war ich völlig vom Fieber gepackt! Was ist bisher deine größte fahrerische Stärke? Wo musst du dich unbedingt noch verbessern? Meine Stärken sehe ich in der Routine meiner Tricks. Ich übe jeden Trick so lange, bis er so gut wie im Schlaf funktioniert. Zu verbessern gibt es immer viel. Vielleicht sollte ich mich mal etwas mehr in Geduld üben. Das bereitet mir manchmal Probleme. Großen Respekt habe ich primär davor, verletzt zu sein und dadurch Wettkämpfe zu verpassen.
Was ist bisher deine größte fahrerische Stärke? Wo musst du dich unbedingt noch verbessern? Ich trainiere vor allem in Skateparks, weil es bei mir nicht viele Berge gibt, die lohnenswert zu fahren wären. Ich mag Dirt Jumps sehr gerne. Dementsprechend bin ich bei Downhill Kursen, Großen Drops (Sprüngen, bei denen man eigentlich nur runter fällt) und langen Strecken nicht so der Bringer. Mit Amir Kabbani nimmt ein anderer deutscher Jungspund an der Dirt Session in Duisburg teil. Was imponiert dir an seinen fahrerischen Fähigkeiten? Ich finde es krass, wie er sich für manche Sachen motivieren kann! Er sieht bei anderen Fahrern einen Trick und arbeitet so lange an sich, bis er das auch so hinbekommt. Er scheut keine Anstrengungen und trainiert sogar im Fitnessstudio, um Top-Leistungen zu bringen. Dafür konnte ich mich noch nie motivieren und habe, seit ich mit dem Segeln aufgehört habe, auch keines mehr besucht.
Was war deine übelste Verletzung? Generell hatte ich bisher viel Glück, habe mir aber mal den Fuß gebrochen. Das war schon krass. Ich bin gestürzt und sah dann, wie mein linkes Sprunggelenk 90 Grad nach innen gekippt war. Aus Reflex habe ich den Fuß gleich selbst wieder gerichtet. Mit Marius Hoppensack nimmt ein anderer deutscher Jungspund an der Dirt Session in Duisburg teil. Was imponiert dir an seinen fahrerischen Fähigkeiten? Marius ist ein klasse Typ. Ich mag ihn sehr. Was mich an ihm immer wieder fasziniert, sind diese kleinen technischen Skatepark-Moves, die er alle drauf hat. Ich denke, so was lerne ich nie. Das mag wohl auch an einem Mangel an Geduld für diese Sachen liegen.
Warum kannst du ihn trotzdem schlagen? Ich sehe das alles nicht so verbissen. Amir und ich haben uns letztes Jahr bei vielen Contests mit dem Siegen abgewechselt. Egal, wie es ausgegangen ist, wir konnten uns immer auch für den anderen freuen. Aber was meine Chancen ihm gegenüber optimieren könnte: Amir macht auf Grund seiner Trainingsart viele Tricks, die man schon von anderen Fahrern kennt. Ich versuche dagegen, mir neue Sachen auszudenken und umzusetzen. Das könnte ein Vorteil sein.
Warum kannst du ihn trotzdem schlagen? Weil‘s in Duisburg um Slopestyle geht. Das liegt mir ebenfalls. Haha!
T-Mobile Extreme Playgrounds Mountainbike Slopestyle & BMX Dirt Jump
25.4. Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord Live: Bad Religion, AFI, Sum 41 Marius Hoppensack
AMIR KABBANI
Tickets unter: t-mobile-playgrounds.de
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KINO
unclesally*s magazine
deinen Charakter ausgedacht hat? Das spielte eigentlich gar keine Rolle, was ich ihm auch sehr hoch anrechne. Florian war schon beim Casting dabei, hat aber nie reingeredet. Natürlich gab es immer wieder mal Diskussionen, wenn etwas am Drehbuch verändert wurde. Aber er hat sich nie beschwert, wenn jemand etwas nicht so gesagt hat, wie er es sich vielleicht vorgestellt hatte. Ist das Drehbuchschreiben oder auch Regieführen etwas, das du dir auch selbst vorstellen könntest? Wahrscheinlich bin ich da wie alle Schauspieler: Wenn ich einen Film oder ein Theaterstück sehe, weiß ich gleich, wie man es hätte besser machen können. Aber wirklich nur dann, nicht bei der Arbeit! Was das Schreiben angeht, habe ich schon einiges gemacht, allerdings fürs Theater. Beim Film traue ich mich da noch nicht ran, auch weil es bei mir da bislang nur zwei Extreme gibt: Entweder schreibe ich kabarettistisch oder für eine Komödie – oder ich will die Welt verändern und werde so sozialkritisch, dass es beim zweiten Lesen fast schon wieder peinlich ist.
Von links: Karoline Herfurth, Florian David Fitz & Johannes Allmayer
Johannes Allmayer Geheimtipp aus der zweiten Reihe
Sein Name ist bislang den wenigsten ein Begriff, und auch sein Gesicht kennt noch nicht jeder. Doch Johannes Allmayer, der in München Schauspiel studierte und zuletzt nicht nur auf Theaterbühnen, sondern auch in TV-Filmen wie „Erntedank“ oder „Die Tote vom Schwarzwald“ zu sehen war, sollte man sich unbedingt merken.
Bislang hast du in deinen Film- und Fernseharbeiten meist eher Nebenrollen gespielt. Sehnt sich da das Ego manchmal nach was Größerem? Auf der Bühne habe ich von absoluten Hauptrollen bis zu fünfminütigen Auftritten wirklich alles gespielt. Von daher ist eine Nebenrolle beim Film nun keine komplette Umstellung. Natürlich träume ich auch manchmal davon, eine tolle Hauptrolle zu spielen und auf der Leinwand richtig präsent zu sein. Aber bis jetzt habe ich überhaupt keinen Grund mich zu beschweren, sondern bin sehr dankbar dafür, wie alles gelaufen ist. Interview: Patrick Heidmann
Denn wie der 1978 bei Stuttgart geborene Schauspieler nach „Selbstgespräche“ in diesem Monat auch in „Vincent will Meer“ beweist, ist er ein verdammt pointierter Darsteller. Und es kann nicht mehr lange dauern, bis er vom so genannten Scene Stealer in die erste Riege der hierzulande nicht unbedingt dicht gesäten Komödien-Könner aufsteigt. Johannes, du spielst in „Vincent will Meer“ einen Zwangsneurotiker. Ist das nicht eine echte Gratwanderung, wenn man einen Menschen mit psychischen Störungen verkörpern muss? Absolut. Beim ersten Lesen des Drehbuchs habe ich auch gar nicht wirklich gemerkt, was dieser Alexander für eine Krankheit hat, sondern fand ihn einfach lustig. Das war halt ein schräger Typ! Aber welches Krankheitsbild da dran hängt und wie man das zeigt, darüber machte ich mir erst Gedanken, als ich die Rolle tatsächlich bekam und mich vorbereiten musste. Wie hast du dich denn vorbereitet? Zunächst habe ich bei einigen Psychiatern und Psychologen angerufen, die ich teilweise auch getroffen habe. Gerne wäre ich auch in einem Zentrum für Betroffene vorbeigekommen, aber das war denen verständlicherweise nicht so Recht. Auch die Selbsthilfegruppen, die ich kontaktiert habe, waren skeptisch, als ich den Film erwähnte, weil sie mit so etwas schon schlechte Erfahrungen gemacht hatten. Stattdessen habe ich mir Sachen angeschaut wie die Serie „Monk“, die mir viele Psychologen empfohlen haben, oder auch „Besser geht’s nicht“ mit Jack Nicholson. Florian David Fitz spielt ja nicht nur die Hauptrolle in „Vincent will Meer“, sondern hat auch das Drehbuch geschrieben. Ist es nicht seltsam, mit demjenigen vor der Kamera zu stehen, der sich
vincent will meer Es ist schon ein paar Jahre her, dass das Tourette-Syndrom dank „Ally McBeal“ in den Medien die Runde machte; zuletzt war eher Asperger (siehe „Adam“ oder „Boston Legal“) die Krankheit der Stunde. Aber Florian David Fitz hat Tourette nun doch noch ins deutsche Kino geholt: in „Vincent will Meer“ (ab 22.4.), zu dem er auch das Drehbuch schrieb, spielt der „Männerherzen“-Star einen jungen Mann, der an eben jenem Syndrom leidet und nach dem Tod der Mutter vom distanzierten Politikervater (Heino Ferch) in ein Therapiezentrum gesteckt wird. Eigentlich aber will er nach Italien ans Meer, und so ist er irgendwann mit der magersüchtigen Marie (Karoline Herfurth) und seinem zwangsneurotischen Zimmergenossen Alexander (Johannes Allmayer) dorthin unterwegs. Im geklauten Auto der Klinikleiterin wohlgemerkt, die deswegen zusammen mit Vincents Vater die Verfolgung aufnimmt. Inhaltlich ist dieses von Ralf Huettner inszenierte Psycho-Roadmovie für Freundschaft und das Aufblühen von Außenseitern dabei nicht unbedingt eine Offenbarung. Aber ein ausgesprochen sympathischer Film, der sich nie über seine Figuren oder ihre Macken erhebt und mitunter sogar mancher Vorhersehbarkeit aus dem Weg geht, ist die Komödie mit ihren ernsten Momenten durchaus. Text: Patrick Heidmann
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KINO
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3 Fragen an....
...Amanda Seyfried,
...Ben Barnes,
...Noah Baumbach,
die mit „Mamma Mia!“ berühmt wurde und im Mai in der Romanze „Das Leuchten der Stille“ zu sehen sein wird. Vorher spielt sie aber noch in „Chloe“ eine Prostituierte, die auf einen vermeintlich untreuen Ehemann angesetzt wird, dann aber vor allem ihrer Auftraggeberin (Julianne Moore) näher kommt.
der mit „Die Chroniken von Narnia: Prinz Kaspian von Narnia“ den Durchbruch schaffte und demnächst an der Seite von Colin Firth und Jessica Biel in der Kostümkomödie „Easy Virtue“ auftritt. Schon jetzt ist er aber in der Oscar Wilde-Adaption „Das Bildnis des Dorian Gray“ neben Firth und in historischen Gewändern zu sehen.
der mit Filmen wie „Der Tintenfisch und der Wal“ zu einem der spannendsten Regisseure des jungen USIndependent-Kinos wurde und auch an Wes Andersons neuem Film „Der fantastische Mr. Fox“ (ab 13.5.) mitgeschrieben hat. In „Greenberg“ inszeniert er Ben Stiller als neurotische Nervensäge.
Amanda, in „Chloe“ musst du schon wieder eine verführerische Kollegin küssen. Wer knutscht denn besser, Megan Fox oder Julianne Moore? Schwer zu sagen. Mit Julianne war es auf jeden Fall einfacher und intimer. Die Szene damals mit Megan war viel aggressiver, fast schmutzig und natürlich mit Zunge! Das passte zwar zum Film, war mir aber fast ein bisschen zu viel. Aber ich bin mir sicher, dass Megan – genau wie Julianne – privat eine ganz tolle Küsserin ist.
Ben, Eitelkeit ist ein großes Thema des Films, das doch sicher auch in deinem Arbeitsumfeld eine Rolle spielt. Wie anfällig bist du selbst dafür? Dass ausgerechnet ich diese Rolle spiele, finde ich ziemlich lustig, denn gerade mit diesem Aspekt meines Berufes konnte ich noch nie etwas anfangen. Wenn ich in den Spiegel gucke, sehe ich da immer noch den Kerl, der in der Schule immer der Jüngste war und es nicht in die Sport-Mannschaft geschafft hat.
Noah, Ihr Protagonist ist nicht wirklich sympathisch. Wollten Sie Ihr Publikum auf die Probe stellen? Nicht bewusst. Zunächst hatte ich vor allem im Sinn, die Geschichte eines Mannes zu erzählen, der sich selbst der größte Feind ist. Und genau das macht ihn dann auf den zweiten Blick hoffentlich doch sympathisch. Denn er mag sich zwar daneben benehmen oder mal das Falsche sagen. Aber weil wir ihn sehr gut kennen lernen, versteht man bald, dass er damit nur Unsicherheit und Verletzbarkeit überspielt.
An Sex- und Nacktszenen hast du dich also immer noch nicht gewöhnt? Das werde ich auch nie. Mich vor der Kamera auszuziehen, finde ich nicht so schwierig. Aber alles, was mit Intimität zu tun hat, ist immer irgendwie komisch, ganz egal, ob man mit einem Mann oder einer Frau dreht. Wobei das ja auch nicht verwunderlich ist, schließlich ist man selbst im echten Leben beim allerersten Kuss mit einer noch nicht vertrauten Person verkrampft. Dein nächster Film „Das Leuchten der Stille“ hat in den USA „Avatar“ vom ersten Platz der Kinocharts verdrängt, nicht wahr? Ja, ist das nicht cool? Damit bin ich nun wohl Teil der Filmgeschichte. Ich habe mich wirklich darüber gefreut, denn normalerweise erwarte ich nicht viel von den Einspielergebnissen meiner Filme. Vor allem nicht nach „Jennifer’s Body“, denn das war letztes Jahr wirklich ein riesiger Flop. Chloe, ab 22. April im Kino,
Aber dein Aussehen hat dir in deiner Karriere doch sicherlich geholfen... Ich will mich nicht beschweren, und natürlich kann es sein, dass ich manche Rolle nicht bekommen hätte, wenn ich anders aussehen würde. Aber oft läuft die Sache eben auch andersherum. Dann heißt es beim Vorsprechen nämlich, man wolle leider keinen Schönling, sondern suche nach einem Normalo oder jemandem mit mehr Ecken und Kanten. Gutes Aussehen kann deswegen genauso Fluch wie Segen sein.
Wie kamen Sie auf Ben Stiller als Idealbesetzung? Für mich ist er einer der besten Schauspieler seiner Generation. Außerdem wollte ich unbedingt jemanden in der Rolle haben, der witzig ist. In meinen Augen ist der Film schließlich eine Komödie. Wobei ich das bisher über all meine Filme dachte, was dann aber von vielen immer ganz anders gesehen wurde.
Dann hast du also auch keine Angst davor, irgendwann deine Jugend und Schönheit zu verlieren? Momentan fragt mich der Türsteher noch nach meinem Ausweis, weil ich so jung aussehe. Und wenn ich für eine Rolle vorspreche, für die man Mitte 20 sein soll, werde ich manchmal abgelehnt, weil man mir das nicht abnehmen würde. Dabei bin ich mittlerweile 28! Unter diesem Aspekt hätte ich also nichts dagegen, bald ein bisschen älter auszusehen.
Am Drehbuch war auch Ihre Ehefrau Jennifer Jason Leigh beteiligt. Wie sah Ihre Zusammenarbeit aus? Seit wir uns kennen, habe ich mich immer über alles, was ich geschrieben habe, mit Jennifer ausgetauscht. Und auch darüber hinaus war sie stets in meine Arbeit involviert, sei es im Vorfeld, während des Drehs oder im Schnitt. Dieses Mal wollte ich das gerne auch offiziell würdigen, und weil die Gewerkschaft der Drehbuchautoren einem diesbezüglich nicht allzu viele Möglichkeiten lässt, wird sie nun als Mitschöpferin der Geschichte genannt.
Das Bildnis des Dorian Gray, ab 15. April im Kino,
Greenberg, ab 1. April im Kino, alle Interviews: Patrick Heidmann
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KINO
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Filmteam an die Fersen der drei geheftet und aus deren alltäglichen Kleinigkeiten eine nicht alltägliche Großartigkeit gemacht. Auf der diesjährigen Berlinale ist „Neukölln Unlimited“ mit dem gläsernen Bären ausgezeichnet worden, und zwar vollkommen zu Recht. Denn der Film wirkt bestehenden Vorurteilen entgegen, macht Spaß und Mut zugleich und gewährt zudem einen spannenden Einblick in eine Welt, die vielen Leuten auf den ersten Blick vollkommen fremd vorkommen mag. Doch das ist sie nicht, und genau das ist das große Plus des Films. Denn statt Immigranten als Fremdkörper zu begreifen, wird sehr schnell deutlich, dass die Kluft zwischen Deutschen und Ausländern vor allem in deren Köpfen existiert.
Neukölln Unlimited Fernab von Rütli
Kiez-Kunst: Neukölln Unlimited.
Beim Wort „Neukölln“ fallen Nichthauptstädtern vor allem solche Begriffe wie Rütli-Schule, Kriminalität und Gewalt ein. Die Dinge eben, die spätestens seit dem Jahr 2006 medial immer wieder mit diesem Berliner Stadtteil verknüpft worden sind und stets ein sehr einseitiges und stereotypisiertes Bild schlecht integrierter Migrationskinder gezeichnet haben. Die beiden Filmemacher Agostino Imondi und Dietmar Rasch haben sich mit „Neukölln Unlimited“ nun die Mühe gemacht, dem Klischee vom gefährlichen Auslän-
derjugendlichen etwas entgegenzusetzen, nämlich einen sehr gelungenen Dokumentarfilm. Protagonisten des Ganzen sind die drei Geschwister Hassan, Lial und Maradona, die als Kinder libanesischer Eltern ständig mit den deutschen Behörden, typischen Problemen und der Verwirklichung ihrer Träume zu kämpfen haben. Ein Jahr lang hat sich das
Die drei sympathischen Protagonisten mögen ebenfalls Extrembeispiele sein, und zwar für eine gelungene Integration, trotzdem beweisen sie eindeutig, dass das medial geprägte Bild vom bösen Ausländer ein falsches ist. Mit einem feinen Gespür für die wichtigen Momente gewähren Imondi und Rasch einen spannenden Einblick in die oft frustrierende Welt der Familie Akkouch, die trotz aller Rückschläge nie aufgibt und durch die Liebe zum Tanz und der Musik sowie einer schier unendlichen Hoffnung immer wieder neue Kraft schöpft, um sich den Zwistigkeiten des Alltags entgegen zu stellen. Im Interview sagte Hassan: „Der Film ist vor allem deshalb so gut geworden, weil sich die Regisseure wirklich für uns und unsere Probleme interessiert haben. Schon beim Wort ‘Dokumentation’ schalten viele Jugendlich oft ab, aber Dietmar und Agostino haben es wirklich geschafft, den Film für jede Altersklasse interessant zu machen.“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Text: Daniel Schieferdecker Kinostart: 8. April 2010
A Single Man
Von der Schönheit des Lebens Als Modedesigner Tom Ford vor einigen Jahren seinen Job bei Gucci an den Nagel hing und kurz darauf eine FilmProduktionsfirma gründete, sorgte das in manchen Kreisen für hämische Belustigung. Ein eitler Modefuzzi als Regisseur, was sollte da schon bei rauskommen? Doch nun, wo Fords Debütfilm „A Single Man“ in die Kinos kommt, gibt es längst keinen Grund mehr zum Lästern. Das liegt zum einen an der Geschichte des Films, der auf Christopher Isherwoods Roman „Der Einzelgänger“ basiert. Der College-Professor George Falconer (Colin Firth) kommt nicht über den Unfalltod seines Lebensgefährten (Matthew Goode) hinweg und beschließt, seinem Leben ein Ende zu setzen. Doch nach Begegnungen mit seiner besten Freundin (Julianne Moore) und einem flirtenden Studenten (Nicholas Hoult), gepaart mit romantischen Rückblenden in seine Jugend der Sechzigerjahre, gerät sein Entschluss ins Wanken. Zum anderen aber lässt „A Single Man“ alle Zweifler verstummen, weil Ford ein wahrlich bemerkenswertes Stück Kino gelungen ist. Sicherlich kann man einwenden, dass die bis ins kleinste Detail durchgestylten Bilder mitunter fast an Schnappschüsse aus einem Hochglanzmagazin erinnern. Doch die Eleganz und Konsequenz, mit der Ford von der Kameraarbeit und dem Schnitt
Fasst neuen Lebensmut: George Falconer (Colin Firth)
über die Ausstattung und Kostüme bis hin zur Musik wirklich jeden Aspekt des Films durchgestaltet, ist letztlich gerade eine große Stärke des Films, die ihn auf beeindruckende Weise von anderen Erstlingswerken unterscheidet. Außerdem ist es nicht nur die Optik, die hier stimmt. Wie „A Single Man“ beweist, versteht Ford nämlich auch viel von der Arbeit mit Schauspielern. Die Nebendarsteller sind durch die Bank hervorragend besetzt, wobei Moore in ihren wenigen Auftritten als leicht abgehalfterte, Gin-liebende Society Lady mit der ihr eigenen Präzision besonders hervorsticht.
eigentlich nur als blässlich-netten Engländer aus dutzenden Kostümfilmen und Komödien, weniger als ernsthaften Charakterdarsteller auf dem Schirm. Doch seine nuancierte Leistung in Fords Film, für die er kürzlich vollkommen zu Recht für den Oscar nominiert wurde, lässt ihn nun in einem gänzlich neuen Licht erscheinen. Die Szene, in der Falconer am Telefon vom Tod seines geliebten Partners erfährt und die Kamera ganz nah herankommt an Firths nur scheinbar unbewegtes Gesicht, ist gar ein Kinomoment für die Ewigkeit, Herz zerreißend und alles andere als zum Lachen.
Die eigentliche Offenbarung allerdings ist Hauptdarsteller Colin Firth. Bislang hatte man den Briten
Text: Patrick Heidmann Kinostart: 8. April 2010
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KINO
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Precious
Kino der kostbaren Art
Wo soll man da anfangen? Precious (Gabourey Sidibe) weiß auch nicht so genau...
Man sieht Menschen wie Precious, die Titelheldin dieses famosen Films, und das deprimierende Milieu, dem sie entstammt, nicht allzu oft auf der Leinwand. Und auch das Werk von Lee Daniels hat es nicht ohne Umwege dorthin geschafft. Weder in den USA (wo erst die Fernsehgröße Oprah Winfrey nachträglich als Produzentin mit an Bord kommen musste, um ihn für den Mainstream zu öffnen), noch in Deutschland, wo monatelang und einer Flut von Filmpreisen zum Trotz zunächst alle Verleiher die Finger davon ließen - mit der erschreckenden (und natürlich nur inoffiziell geäußerten) Begründung, das Thema sei zu trist und vor allem „zu schwarz“ für ein hiesiges Publikum. Tatsächlich geht es nicht eben heiter zu im Leben der 16-jährige Precious (Gabourey Sidibe). Sie träumt von Glamour, von tollen Kleidern und einem Leben im Rampenlicht, doch die Realität sieht anders aus. Denn das Mädchen ist nicht nur schwarz und lebt in einem der trostlosesten Wohnprojekte, die sich 1987 in New York finden lassen. Sie ist auch enorm übergewichtig und kann kaum lesen oder schreiben. Außerdem ist sie nicht nur schon Mutter eines kleinen Mädchens mit Down-Syndrom, sondern bereits zum zweiten Mal schwanger – wieder vom eigenen Vater, der sie seit ihrer Kindheit vergewaltigt und mit dem HI-Virus angesteckt hat. Ihre Mutter (Mo’Nique) ist bei all dem keine Stütze: auch sie missbraucht ihr Kind körperlich und emotional, ohne je einen Zweifel daran zu lassen, für wie wertlos sie ihre Tochter hält. Irgendwann aber ist ein kleines Licht am Ende von Precious’ düsterem Lebenstunnel erkennbar, als sie auf eine alternative Schule des ‘Each One Teach One’-Programms wechselt, wo man sich um Problem-Kids aller Art kümmert. Dort nimmt die einfühlsam-pragmatische Miss Rain (Paula Patton) das Mädchen unter ihre Fittiche, ein Krankenpfleger (Lenny Kravitz) wird zur ersten positiven männlichen Identifikationsfigur in Precious’ Leben und eine mitfühlende Sozialarbeiterin (Mariah Carey) steht ihr im Abnabelungsprozess von der Mutter zur Seite.
Wo fängt man nun aber an zu beschreiben, was diesen Film – jenseits seiner an die Nieren gehenden und auf dem Roman „Push“ der Schriftstellerin Sapphire basierenden Geschichte – zu einem so beeindruckenden, vor allen erdenklichen Emotionen vibrierenden Kino-Ereignis macht? Vielleicht am besten bei den Schauspielern, gerne auch bei den prominenten Nebendarstellern. Dass jemand wie Popstar Carey in „Precious“ mitspielt, sich wie selbstverständlich ins Ensemble einfügt, ganz un-
glamourös aussieht und dann auch noch eine überzeugende Leistung abliefert, ist schließlich eine echte Überraschung. Die wirkliche Offenbarung allerdings sind die beiden Hauptdarstellerinnen. Sidibe, eine College-Studentin in ihrem ersten Film überhaupt, verleiht ihrer eigentlich rein reaktiven Rolle eine bemerkenswert nuancierte Tiefe und Wärme. Und die frisch gebackene Oscar-Gewinnerin Mo’Nique, die man bislang nur als dralle SitcomUlknudel kannte, liefert als wahrhaft monströse Mutter, die doch auch selbst Opfer ist, eine Leistung ab, wie man sie in dieser erschreckenden Eindringlichkeit nur alle paar Jahre mal miterleben darf. Sie alleine wären Grund genug, sich Daniels’ Film anzusehen, und doch soll natürlich auch die Leistung des Regisseurs nicht unerwähnt bleiben. Mit rauer Authentizität – ergänzt um einen Hauch magischen Realismus und nicht immer subtil – gelingt ihm das Kunststück, in „Precious – Das Leben ist kostbar“ nicht nur mit erschütternder Wucht von der Grausamkeit der menschlichen Existenz zu erzählen, sondern auch ebenso zart wie liebevoll die Hoffnung auf ein gutes Ende aufrecht zu halten. Ein zutiefst bewegender, nachdenklich machender und im besten Sinne seelenvoller Film, den man gesehen haben sollte. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 25. März 2010
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KINO
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Lourdes
Die wundersame Welt der Gedanken
Madonna, Jesus und Lourdes kennt man auch aus der InTouch, doch hier geht es tatsächlich um den Ort in Frankreich, an dem die Mutter Gottes erschienen sein soll. Christine (Sylvie Testud) sitzt im Rollstuhl und pilgert zu verschiedenen Wallfahrtsorten. In Lourdes wartet sie, wie hunderte auch, auf Heilung. Nach den Besuchen in den Bädern und der heiligen Grotte tritt bei ihr plötzlich Besserung ein und eines Nachts steht sie auf, geht ins Bad und zieht sich an. Ein Wunder? Die österreichische Regisseurin Jessica Hausner, die zuletzt mit „Hotel“ im Thriller das Unerklärliche beleuchtet hat, wendet sich erneut dem Irrationalen zu. „Lourdes“ evoziert im Vorfeld in allen Lagern eine gehörige Portion Skepsis. Ein spiritueller Lobgesang, mutmaßt der Agnostiker, während der Katholik einen diffamierenden Angriff auf seinen Glauben befürchtet. Glücklicher- und seltsamerweise bewegt sich Hausner zwischen allen Stühlen und findet damit ihre eigene Position.
Allein visuell ist der Film von einer derart perfektionierten Ästhetik geprägt, die Raffael vor lauter Erhabenheit die Tränen in die Augen treiben würde und die zugleich die pompösen Gesten zu entlarven weiß. In diesem Zwischenraum spielt sich alles ab, Szenen der Erleuchtung sind ebenso humorvoll wie alberne Zusammenkünfte eine eigene Würde finden. Hausner stellt niemanden bloß, sie erlaubt sich die Frage: Was ist, wenn es wirklich Wunder gibt? Damit kommt sie schnell zu einer Ebene, die fernab von Spiritualität und Religionskritik liegt – nämlich auf die des sozialen Miteinanders. Dort treten Neid, Hoffnung, Trauer, Liebe und Unwissenheit wieder in den Vordergrund. Somit ist „Lourdes“ letztlich ein Film über unsere Gesellschaft. Vielleicht, im besten Sinne, über Nächstenliebe. Text: Cornelis Hähnel Kinostart: 1. April 2010
From Paris With Love Was James Bond alleine schafft...
2009 landete Regisseur Pierre Morel mit „96 Hours“ einen Überraschungserfolg. Wenig zimperlich killte Liam Neeson damals unzählige Finsterlinge. John Travolta tut nun das Gleiche, nur mit mehr Humor und einem Partner. Dem jungen CIA-Agenten James Reese (Jonathan Rhys Meyers) wird seine Tarnung als Assistent des Pariser US-Botschafters zu langweilig. Obwohl sein Posten seiner Verlobten Aufregung genug ist, will Reese ein echtes Agentenabenteuer. Das erlebt er an der Seite seines neuen Partners Charlie Wax (Travolta), einer Geheimdienst-Legende. Wax handelt sehr impulsiv und vor allem schießwütig. Bald wird klar, dass Reese genau diesen Partner dringend braucht. Morels neuestes Werk ist ein durchschnittlich-mittelmäßiger Actionfilm. Ein ungleiches Buddy-Paar, das einander schätzen lernt, mehr oder weniger gut sitzende, coole Sprüche sowie ordentliche Schlägereien, Shoot-Outs und Explosionen. Travolta macht eine gute Figur als Mann fürs Grobe, auch wegen sei-
nes Outfits: einer absurden Mischung aus WrestlerKostüm und Mr. T. als Redneck. Aber die Action ist mitunter etwas zu heftig für den hoch gehaltenen Komik-Aspekt und die Story wird zunehmend konfuser. Richtig misslungen sind die Gegenspieler des Duos. Statt Bösewichte mit Profil oder einer nachvollziehbaren Motivation zu entwerfen, gibt’s einen Griff in die unterste Klischee-Schublade. Schlitzaugen besorgen Drogen, Pakis verkaufen sie, der Erlös finanziert – genau! – den Terror. Da müssen saubere Amis schon mit der gebotenen Härte aufräumen. Das ist langweiliger, hirnloser Blödsinn. Text: Christian Stein Kinostart: 25. März 2010
Blind Side – Die groSSe Chance
Weißer, reicher Engel rettet armen, schwarzen Jungen
Ein Oscar für Sandra Bullock – vor einem Jahr wäre daran selbst im Traum nicht zu denken gewesen. Doch dann kam „Blind Side“, der erste auf den Schultern eines weiblichen Stars lastende Film, der über 250 Millionen Dollar eingespielt hat, und Hollywood war um ein überraschendes Erfolgsmärchen reicher. Ob Bullock den Preis tatsächlich verdient hat, darüber kann man geteilter Meinung sein. Aber dass sie in dem Film von John Lee Hancock nicht nur eine neue Haarfarbe, sondern eine ganz neue Seite ihrer darstellerischen Fähigkeiten zeigt, steht außer Frage. In dem auf wahren Begebenheiten beruhenden Drama spielt sie Leigh Anne Tuohy, eine stolze Südstaaten-Hausfrau aus der Oberschicht mit nettem Ehemann und zwei wohlgeratenen Kindern. Als sie an deren High School den übergewichtigen und unterprivilegierten Michael (Quinton Aaron) entdeckt, nimmt sie den Jungen bei sich auf. Als sie dann auch noch sein Football-Talent entdeckt und fördert, scheint Michael tatsächlich in einem neuen Leben angekommen zu sein.
Der Titel mag sich auf einen Football-Ausdruck beziehen, doch „Blind Side“ ist weniger ein Sportfilm als vielmehr ein echtes Rührstück. Und tatsächlich: das eine oder andere Tränchen muss man sich schon verdrücken, wofür nicht zuletzt Sandra Bullock verantwortlich ist. Dadurch allerdings, dass er sich viel mehr für die reiche weiße Retterin als für ihr Ziehkind interessiert, verpasst der Film leider die Chance, wirklich etwas über die Rassenund Klassenkonflikte, die dem Stoff innewohnen, zu erzählen, und bleibt lieber an der wertkonservativen Oberfläche kleben. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 25. März 2010
unclesally*s magazine
Coco Chanel & Igor Stravinsky Die junge Hutmacherin Coco Chanel und der russische Komponist Igor Stravinsky begegnen sich auf einer seiner Aufführungen 1913 in Paris nur flüchtig. Für ihn endet der Abend im Desaster, Coco zollt dem Komponisten, der für seine Musik ausgepfiffen wird, jedoch heimlich Respekt. Einige Jahre später lädt die Modeschöpferin den Künstler und seine Familie in ihre Villa ein. Zwischen der selbstbewusst-burschikosen Coco und dem introvertierten Igor kommt es zu einer Affäre. Regisseur Jan Kounen gelingt in „Coco Chanel & Igor Stravinsky“ (ab 15.4.) die sinnlichopulente Inszenierung einer ménage à trois, die nicht nur Igor (brillant gespielt von Mads Mikkelsen), sondern auch seiner Frau (Elena Morozowa) zu schaffen macht. Anna Mouglalis überzeugt in der Rolle der egoistischen Coco, als eine der ersten Geschäftsfrauen ihrer Zeit. Vielleicht hätte ein Vorgriff auf das Alter der beiden, den Kounen gegen Ende anstimmt, nicht sein müssen. Ansonsten großes Kino.
In Brooklyn verrichten drei unterschiedliche Cops ihren Dienst, die am Ende des Films in einem Showdown aufeinander treffen werden: Streifenpolizist Eddie (Richard Gere) will an den wenigen Tagen bis zu seiner Pensionierung eine möglichst ruhige Kugel schieben. Tango (Don Cheadle) ist schon seit geraumer Zeit undercover an Drogenboss Caz (Wesley Snipes) dran. Sal (Ethan Hawke) hingegen ist Teil einer Einheit, die auf Drogenrazzien spezialisiert ist. Viel gequasselt wird in Antoine Fuquas knallhart inszeniertem Werk, was einem schon mal auf den Geist gehen kann. Zugleich zeichnet der Regisseur seine Figuren mit all ihren privaten Hintergründen lebensecht als Wracks in Uniform. Diese authentische Milieuschilderung stellt den großen Pluspunkt dieses desillusionierenden Polizei-Actioners dar, wenngleich „Gesetz der Straße“ (ab 1.4.) nie die inhaltliche Dichte erreicht wie Fuquas ähnlich gelagerter „Training Day“. Text: Dirk Lüneberg
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Date Night
Young Victoria
Das einstige Feuer in der Ehe von Phil (Steve Carell) und Clara (Tina Fey) ist leider der erstickenden Löschdecke des Alltags zum Opfer gefallen. Durch gemeinsame Dates in exquisiten In-Lokalen versuchen die beiden, die Glut erneut zu entfachen, und reservieren dabei auch gerne mal unter falschem Namen. Eines Abends sehen sie sich dadurch plötzlich einer Verwechslung gegenüber, die in der Tat neues Feuer in ihre Beziehung bringt - nämlich das Mündungsfeuer aus verschiedenen Gangsterpistolen, weil man sie für jemand anderes hält. Eigentlich geben Filmtitel und Darsteller bereits die inhaltliche Richtung vor: „Date Night – Gangster für eine Nacht“ (ab 15.4.) bedient Freunde des amerikanischen Mainstream-Humors und wird Anhänger von „Saturday Night Live“ oder „30 Rock“ sicherlich nicht enttäuschen. Trotzdem: Etwas weniger Klamauk und etwas mehr Dreistigkeit hätten dem Film gut getan.
Langsam aber sicher spielt sich Emily Blunt aus der Reihe der ewigen Nebendarstellerinnen ins Rampenlicht. Mit Grandezza, einer erfrischenden Herzlichkeit und einem feinen Gespür für das Innenleben ihrer Figur brilliert die Britin in „Young Victoria“ (ab 22.4.) als Titelheldin. Nach einer abgeschirmten Kindheit muss Victoria in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche als gerade mal 18-Jährige schnell lernen, mit der neuen Machtfülle einer Königin umzugehen. Dieses gesunde Misstrauen setzt sich in ihrem Privatleben fort und so steht sie dem Werben des attraktiven Prinzen Albert (Rupert Friend) zuerst ablehnend gegenüber. Doch durch zahlreiche Briefe kann Albert sie von seinen aufrichtigen Gefühlen überzeugen und schließlich ihr Herz erobern. Der deutsche Kameramann Hagen Bogdanski findet für dieses verschwenderisch ausgestattete und mit dem Kostüm-Oscar prämierte Biopic über die Schicksalsjahre einer jungen Königin jederzeit die richtigen Bilder, so dass hier großes Kino entstanden ist.
Text: Daniel Schieferdecker
Text: Dirk Lüneberg
Text: Kathleen Prüstel
Gesetz der StraSSe – Brooklyn’s Finest
KINO
Vorsicht Sehnsucht
Zeit des Zorns
Ein Mann, eine Frau, ein Gefühl. Alles klar. Doch so einfach ist die Sache nicht. Denn wer ist dieser Mann, wer ist diese Frau? Und was ist das für ein Gefühl? Ist es Liebe? Der Großmeister des französischen Beziehungskinos Alain Resnais beweist mit seinen 88 Jahren, dass die Konstellation Manntrifft-Frau noch lange nicht kaputt erzählt ist. Er bedient sich einer gestohlenen Handtasche, um die Emotionen seiner Protagonisten zum Überlaufen zu bringen. Und schafft es dabei, „Vorsicht Sehnsucht“ (ab 22.4.) ebenso routiniert klassisch wie unkonventionell, fast surreal, zu erzählen. Wie die Liebe kommt er immer vom geraden Weg ab, scheint auf Irrpfaden zu wandeln, um dann plötzlich die Richtung zu ändern. Ein feinsinniger Geniestreich, der sich nicht logisch nacherzählen lässt, sondern es schafft, im Herzen des Zuschauers ein spürbares Gefühl herbeizuzaubern. Vorsicht, es könnte Sehnsucht sein.
Jagdzeit im Iran. In der Hauptstadt Teheran knallt ein Familienvater aus sicherer Entfernung Polizisten ab. Er will sich rächen, nachdem er seine Frau und seine Tochter in den Wirren der jüngsten Demonstrationen verloren hat. Wortkarg ist der von Regisseur Rafi Pitts selbst verkörperte Mann, den man im Berlinale-Beitrag „Zeit des Zorns“ (ab 8.4.) erst auf seinem Weg durch die Stadt und später auf der Flucht vor zwei Beamten durch den Wald folgt. Ein maulfauler Outlaw, wie man ihn sonst beispielsweise aus den Western von Sergio Leone kennt. Dementsprechend nennt Pitts seinen Film auch einen „neorealistischen Western“, der Fragen nach Gerechtigkeit im Iran stellt und mit subtilen Referenzen nicht die politische Gegenwart aus dem Blick verliert – ob es sich um die Charakterisierung der sehr gegensätzlichen Polizisten oder um den Widerhall der Ausnahmesituation in der Stadt handelt, die man immer wieder in den Nachrichten verfolgen kann.
Text: Cornelis Hähnel
Text: Jonathan Fink
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KINO DVD
unclesally*s magazine
DVD DES MONATS True Blood (Warner)
Wer kann sie denn überhaupt noch ertragen, diese endlos schmachtenden „Twilight“-Blutsauger, die sich so kusskeusch zurückhalten und doch mit wimmernden Blicken im Grunde immer nur das eine wollen? Wer genug davon hat und einen Gegenentwurf sucht, wird nun an der Serie „True Blood“ zweifellos seine Freude haben. Hier gibt es kein Aufsparen und keine Zurückhaltung, sondern jede Menge Erotik. Obwohl es natürlich auch hier wieder um das komplizierte Miteinander von Menschen und Vampiren geht, 2012
(Sony Pictures) Nach den mystischen Glaubenssystemen der Maya steht am 22. Dezember 2012 das Ende der Zeitrechnung bevor – eine globale Katastrophe. Den Regierungschefs der G8-Staaten ist das bekannt, sie halten es vor der Bevölkerung jedoch geheim. Einer der Unwissenden ist Jackson Curtis (John Cusack), der zusammen mit seiner Familie versucht, den aussichtslos wirkenden Kampf gegen Zeit und Naturkatastrophe zu gewinnen. Ein weiteres fulminantes Endzeitepos von Roland Emmerich mit krachigem 200 Millionen-Dollar-Budget, das auf DVD zusätzlich mit entfallenen Szenen, Audiokommentar und einem alternativen Ende aufwartet.
Text: Daniel Schieferdecker
Antichrist
(MFA/Ascot Elite) Über wenige Filme ließ sich im vergangenen Jahr so trefflich streiten und diskutieren wie über diesen von Lars von Trier, der ein um sein Kind trauerndes Ehepaar zur Selbstzerfleischung in den Wald schickt. Wer es verkraftet, sollte das drastisch-schonungslose Werk im Heimkino durchaus mehrmals anschauen, denn je nach Interpretation und Sichtweise kann man den Film als frauenfeindlichen Grusel-Albtraum oder philosophische Depressions-Verarbeitung oder alles dazwischen lesen. Und gleich beim nächsten Mal seine Meinung wieder ändern. Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg sind aber in jedem Fall furios und faszinierend!
Text: Patrick Heidmann
Away We Go – Auf nach Irgendwo
(Tobis/Universal) Nach dem bedrückenden, starbesetzten Vorstadtdrama „Zeiten des Aufruhrs“ überraschte Sam Mendes mit dieser feinen IndieKomödie. Das Roadmovie um ein kauziges Antikarrieristen-Pärchen, das kreuz und quer durch die USA reist, um den perfekten Platz zur Familiengründung zu finden, weiß mit seiner charmanten Mischung aus vortrefflicher Situationskomik und bitterbösen Dialogen restlos zu begeistern. Neben dem obligatorischen Audiokommentar, Making Of und B-Roll bietet diese empfehlenswerte DVD auch ein Featurette über das so genannte „Green Filmmaking“.
Text: Sebastian Gosmann
die sich dank eines von Japanern entwickelten Synthetikblutes nicht mehr auf der ständigen Suche nach Menschenblut verstecken müssen und gesellschaftliche Anerkennung fordern. Alan Ball, der zuvor unter anderem für die fünf Staffeln des herausragenden Bestatterfamiliendramas „Six Feet Under“ verantwortlich zeichnete, spart in seiner neuen, äußerst unterhaltsamen Serie nicht an recht explizitem Sex, Biss und Blut. Dafür taucht „True Blood“ ein in den fiktiven Kleinstadtkosmos von Bon Temps in Louisiana und in The Big Bang Theory – Season1
(Warner) In der Welt der Physiker Leonard, Sheldon, Howard und Rajesh stehen Forschung und Technik an erster Stelle, das echte Leben ist für sie ein Hindernislauf. Die vier Nerd-Freunde hängen ständig zusammen, spielen Videogames, lesen Comics, schauen sich SciFi-Filme an und sammeln Star Wars-Memorabilia. Als die hübsche Penny in die Nachbarwohnung einzieht, ist Leonard sofort Feuer und Flamme, Sheldon dagegen ob der Störung seines Alltags ganz aus dem Tritt. Zwei Welten treffen aufeinander, und der Zusammenknall ist höchst amüsant.
Text: Elisabeth Nagy
Der Solist
(Universal) Als der Journalist Steve (Robert Downey Jr.) den obdachlosen und verwirrten Nathaniel (Jamie Foxx) trifft, der mit Inbrunst auf einer Geige mit nur zwei Saiten spielt, schenkt er ihm ein Cello und hält Kontakt zu dem genialen Musiker. Downey Jr. gefällt sich in der Rolle des Reporters, der sich nur zu gerne als Retter eines von der Gesellschaft Verstoßenen sieht. Wenngleich die Darsteller überzeugen, begeistert diese etwas zu abgeschmackte, auf wahren Tatsachen beruhende Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft nicht durchgängig. Auf der DVD sind noch entfallene Szenen, Featurettes und ein Audiokommentar zu finden.
Text: Dirk Lüneberg
Die Päpstin
(Constantin/Highlight/ Paramount) Passend zum aktuellen Kirchenskandal erscheint dieser Tage die Historienromanverfilmung „Die Päpstin“ von Sönke Wortmann auf DVD. Darin geht es um Johanna von Ingelheim (Johanna Wokalek), die der Legende nach einst als Mann verkleidet den PapstThron bestieg – was damals wohl für einen Skandal ähnlichen Ausmaßes gesorgt haben muss. Opulent ausgestattet und berauschend bebildert bekommen Geschichts- und Religionsinteressierte von Wortmann und Wokalek etwas kruden Nachhilfeunterricht in Kirchenkunde. Audiokommentare und Making Of gibt’s on top.
Text: Daniel Schieferdecker
das Leben der 25-jährigen Kellnerin Sookie Stackhouse (Anna Paquin), die telepathische Fähigkeiten besitzt und sich trotz aller aufziehenden Schwierigkeiten in den Vampir Bill Compton (Stephen Moyer) verliebt. Nachdem in den USA demnächst schon die dritte Staffel der viel diskutierten HBO-Serie anläuft, erscheint bei uns nun endlich die erste, während eine Ausstrahlung im Free-TV immer noch ungewiss ist. Schade nur, dass die fünf DVDs gänzlich ohne Bonusmaterial auskommen müssen.
Text: Sascha Rettig
District 9
(Sony) Nach dem inszenatorisch unausgegorenen „Cloverfield“ durfte uns – dank Peter Jacksons tatkräftiger Unterstützung – ein junger südafrikanischer Visual Effects-Spezialist zeigen, wie pseudodokumentarisches Alienkino wirklich geht. So verquer der Plot von Neill Blomkamps Langfilmdebüt auch sein mag: keinem Regisseur ist es zuvor gelungen, einer Leinwand-Begegnung des Menschen mit einer außerirdischen Spezies eine derart beängstigende Unmittelbarkeit und Authentizität zu verleihen. Als Extras bietet die DVD neben einem Audiokommentar und einer entfallenen Szene auch eine dreiteilige Dokumentation über die Entstehung des Films.
Text: Sebastian Gosmann
Jennifer’s Body
(20th Century Fox) Trotz Megan Fox, Amanda Seyfried und einem Drehbuch von Oscar-Gewinnerin Diablo Cody war diese Horrorkomödie über eine von einem Dämon besessene Cheerleaderin und ihre ungleiche beste High School-Freundin einer der Flops des letzten Jahres. Tatsächlich hält der Film von Karyn Kusama nicht, was er an feministischer Respektlosigkeit gegenüber dem Genre verspricht. Was allerdings nicht heißen soll, dass er nicht durchaus kurzweilig unterhält und einige – mitunter oberflächliche – Reize zu bieten hat. Auf DVD und Blu-ray gibt’s auch die erweiterte Fassung sowie Videotagebücher.
Text: Patrick Heidmann
BEST OF THE REST Wie immer an dieser Stelle zunächst ein Blick auf jene Filme, die es in Deutschland gar nicht erst ins Kino geschafft haben: Bei „Little Ashes“ (KSM) ist man darüber fast überrascht, schließlich spielt „Twilight“-Star Robert Pattinson hier den spanischen Maler Salvador Dalí – und das nicht einmal schlecht. Aber vielleicht wollte man den Vampir liebenden Teenies dann doch die eher anspruchsvolle Geschichte seiner Freund- und Liebschaft mit dem Dichter Federico Garcia Lorca nicht zumuten. Kate Beckinsale entwickelt sich derweil zur Queen der Videotheken, nachdem von ihren letzten fünf Filmen vier bei uns nicht auf der Leinwand liefen. Der letzte dieser Reihe ist „Whiteout“ (Warner), ein solider, aber nicht wirklich aufregender Thriller, in dem sie – stets hübsch zurechtgemacht – einen US-Marshal spielt, der eine Mordserie in der Antarktis aufklären muss. Mord spielt auch in dem wesentlich überzeugenden Thriller-Drama „Merry Gentleman“ (Universal) eine Rolle, in dem eine in eine neue Existenz geflüchtete Hausfrau zwischen einem Profikiller und einem netten Polizisten steht. Die Hauptrolle neben der wunderbaren Kelly McDonald spielt übrigens Ex-„Batman“ Michael Keaton, der hiermit auch sein Regiedebüt abliefert. Andere Filme, die zwar ins Kino kamen, dort aber kaum beachtet wurden, erreichen ebenfalls das Heimkino. „Tropa de Elite“ (Senator/Universum) etwa, der brutale und gesellschaftspolitisch diskussionswürdige Berlinale-Gewinner aus Brasilien, der von einem skrupellosen Sonderkommando erzählt, das in den Favelas Jagd auf Gangster macht. Oder „Die Kinder der Seidenstraße“ (Koch Media), ein mit Jonathan Rhys Meyers und Chow Yun-Fat gut besetztes, aber etwas dröges historisches Abenteuerdrama über einen Briten, der mit einigen chinesischen Waisenkindern vor japanischen Besatzern flieht. Richtig Spaß macht dagegen die BBC-Serie „Hotel Babylon – 1. Staffel“ (Polyband), eine komödiantische Soap über die Mitarbeiter eines Luxushotel, in dem auch mal prominente Gäste wie Joan Collins absteigen.
Text: Patrick Heidmann
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Kapitalismus: Eine Liebesgeschichte
(Concorde) Michael Moore ist der Mann fürs Grobe, und die Finanzkrise da natürlich ein gefundenes Fressen für den berühmtesten aller Dokumentarfilmer: Auf der einen Seite die armen Hausbesitzer, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Auf der anderen skrupellose Immobilienmakler, die aus dem Leid der Zwangsgeräumten noch Profite schlagen. Über allem thronen die Wall Street-Bosse in trautem Schulterschluss mit den Politikern in Washington. Auf breiter Front und in hohem Maße unterhaltsam wettert der selbsternannte Anwalt des kleinen Mannes gegen den sich ausbreitenden Kasino-Kapitalismus. Als DVD-Extras gibt es Hintergrundinfos und Interviews.
Text: Dirk Lüneberg
Küss den Frosch
(Disney) Eigentlich hatte Disney den 2D-Zeichentrick längst zugunsten der Konkurrenz aus dem Computer aufgegeben. Mit dem Amphibien-Märchen „Küss den Frosch“ wird die traditionelle Animation nun aber doch fortgesetzt. Und siehe da, der Film mit der ersten schwarzen Disney-Prinzessin ist ein großer Spaß und hat alles, was kurzweilige Zeichentrickunterhaltung braucht: Ein Grüppchen aus liebevoll versponnenen Sympathieträgern, ein mit vielen hübschen Details gestaltetes Setting im Mississippi-Delta und einige hinreißende Musical-Nummern aus Randy Newmans jazzigem Score. Fast genauso lohnenswert: das umfangreiche Bonusmaterial auf DVD und Blu-ray!
Text: Sascha Rettig
Männerherzen
(Warner) In „Männerherzen“ hat selbst der stärkste Mann seine weichen Momente und in jedem Schwächling steckt ein Held. Eine These, deren Belegung im letztjährigen Kinokomödienhit durch Schauspieler wie Til Schweiger, Christian Ulmen, Wotan Wilke Möhring, Maxim Mehmet und Florian David Fritz zwar sehr stereotypisiert, aber dennoch durchaus unterhaltsam vorangetrieben wird. Extras wie Making Of, Audiokommentare, nicht verwendete Szenen und Outtakes lassen außerdem nicht nur „Männerherzen“ höher schlagen.
Text: Daniel Schieferdecker
My Big Fat Greek Summer
(Splendid/WVG Medien) Weil diese Urlaubskomödie in Griechenland spielt und Nia Vardalos aus „My Big Fat Greek Wedding“ die Hauptrolle übernommen hat, bekam der Film über eine unzufriedene Reisebegleiterin in Deutschland seinen plumpen Titel verpasst. Täuschen lassen sollte man sich davon nicht, denn weder haben die beiden Geschichten etwas damit zu tun, noch wird dieses Mal das gleiche Humor-Niveau wie damals erreicht. Wer sich aber auch für plumpere Albernheiten unter sengender Sonne nicht zu schade ist, kommt dank der noch immer einnehmenden Protagonistin durchaus auf seine Kosten. Bonusmaterial gibt’s nur auf der Special Edition!
Text: Jonathan Fink
Nord
(Alamode/Alive) Jomar hatte sich schon in seinem Selbstmitleid eingerichtet, als ihn das Leben in eine neue Richtung zieht. Er soll im Norden von Norwegen einen kleinen Sohn haben, zu dem er mit einem Kanister Alkohol als Reisebegleiter aufbricht. Was folgt, ist ein sowohl skurriles als auch unbedingt liebenswertes Roadmovie durch den Schnee. „Nord“ hat mit seinen wortkargen Figuren dabei etwas von „Straight Story“ und einem Aki Kaurismäki-Film. Regisseur Rune Denstad Langlo beobachtet seine Protagonisten und ihre Eigenheiten mit all den kleinen Absurditäten genau. Ein Überraschungserfolg, der auf DVD ohne Specials auskommt.
Text: Elisabeth Nagy
Red Riding Trilogy
(Kinowelt) Die vielleicht faszinierendste DVD-Premiere seit langem: der Fall eines Serienkillers im Norden Englands erstreckt sich über mehr als ein Jahrzehnt, und drei unterschiedliche Regisseure erzählen ihn aus einem jeweils anderen Jahr. James Jarrold, James Marsh und Anand Tucker haben drei stilistisch grundverschiedene Filme gedreht, die jedoch allesamt hervorragend besetzt (u.a. mit Paddy Considine, Sean Bean und Rebecca Hall) und packende, düstere Thriller sind, weswegen das Ganze auch als Trilogie hervorragend funktioniert. Bonusmaterial wie Interviews, entfallene Szenen oder ein Making Of gibt’s en masse.
Text: Jonathan Fink
Salami Aleikum
(Zorro/Goodmovies/Indigo) Regisseur Ali Samadi Ahadi wurde für seine Komödie mit dem Preis der Deutschen Filmkritik für das Beste Spielfilmdebüt ausgezeichnet, und tatsächlich gelingt ihm mit der Geschichte eines iranischstämmigen Metzgersohns, den es in die ostdeutsche Provinz verschlägt, ein Ausnahmefall des hiesigen Kinos. Leichtfüßigen und verspielten Culture-Clash bekommt man schließlich bei uns eher selten hin. Deswegen sei auch über die eine oder andere Harmlosigkeit oder Unbeholfenheit hinweggesehen. Auf DVD gibt’s außerdem ein Making Of und Interviews.
Text: Patrick Heidmann
Schande
(Alamode/Alive) Im Kino ging der Film von Steve Jacobs ziemlich unter, dabei basiert er immerhin auf dem gleichnamigen Bestseller von Nobelpreisträger J.M. Coetzee. Dabei hat er durchaus Aufmerksamkeit verdient, schon allein auf Grund der komplexen Geschichte über einen arroganten Professor in Südafrika, seine erwachsene Tochter und die Folgen eines Gewaltverbrechens. Aber auch wegen Hauptdarsteller John Malkovich, vor allem Newcomerin Jessica Haines sowie natürlich der exquisiten Afrika-Bilder. Interviews, Behind the ScenesMaterial und die B-Roll runden die DVD ab.
Text: Jonathan Fink
Tatort
(ARD Video/Disney) Ein weiterer Schwung Tatorte ist taufrisch auf DVD erschienen: Neben einer Hamburg-Box mit drei Filmen aus verschiedenen Jahrzehnten und mit
KINO DVD
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Kult
LOST – Staffel 5 (Disney)
Gelegenheitsgucker haben bei „Lost“ kaum eine Chance. Während eingefleischte Fans seit Jahren im Bann der Insel von Folge zu Folge fiebern, sinken die Einschaltquoten hierzulande wie auch in den USA seit langem. In Staffel fünf wird die vertrackte, bisweilen arg zerdehnte Story mit ihren Rückblenden und „Flash Forwards“ auch noch um Zeitreisen erweitert! Besser also gleich „am Stück“ schauen, wozu die Blu-ray-Box natürlich ideal geeignet ist. Vor allem die letzten Folgen machen mit einem tollen Endspurt richtig Lust auf die sechste und leider allerletzte Staffel. An Extras gibt es Audiokommentare, zusätzliche Szenen und vieles mehr. Text: Peter Meisterhans
Win a Lot Auch in diesem Monat könnt ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und eurem Wunschtitel. Altersnachweis nicht vergessen! Zu gewinnen gibt es: 3x True Blood, je 1x DVD, Blu-ray & Hawaiihemd von Falksson (falksson. de) zu Lost, 4x Männerherzen + T-Shirt, 3x My Big Fat Greek Summer + Olivenölseife, 3x Antichrist Special Edition, 3x Tatort – Der doppelte Lott, 3x The Boys Are Back, 3x Schande, 3x District 9 + Aufkleber, 3x The Big Bang Theory, 3x Küss den Frosch (1x Blu-ray, 2x DVD), 3x Kapitalismus, 3x Nord, 3x Jennifer’s Body, 3x Salami Aleikum, 3x Red Riding Trilogy, 3x Whiteout, 3x Tropa de Elite, 3x Hotel Babylon, 3x Little Ashes, 2x Wüstenblume + Buch zum Film, 2x Away We Go + Soundtrack, 2x 2012, 2x Der Solist, 2x Die Kinder der Seidenstraße, 2x Merry Gentleman sowie 1x Blu-ray Die Päpstin + Soundtrack. Darüber hinaus gibt’s zum Kinofilm „A Single Man“ 3x2 Freikarten, 6 Romane und 2 Soundtracks sowie zu „Blind Side“ 4x2 Freikarten zu gewinnen.
entsprechend verschiedenen Ermittlern ist nun die Ehrlicher/Kain-Box mit vier Fällen des Leipziger Duos erhältlich. Als Einzel-DVDs erscheinen u.a. der Schimanski-Tatort „Moltke“ und der Klassiker „Spätlese“ mit Hansjörg Felmy aus dem Jahr 1977. 20 Jahre später ermittelte Ulrike Folkerts einen „Tod im All“ und im Jahr darauf fielen „Schüsse auf der Autobahn“, die vielleicht Manfred Krug galten, während erst vor fünf Jahren „Der doppelte Lott“ mit Axel Prahl und Jan Josef Liefers ausgestrahlt wurde.
Text: Dirk Lüneberg
The Boys are Back - Zurück ins Leben
(Disney) Joe Warr (Clive Owen) ist Sportreporter in Australien. Als seine Frau stirbt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Zeitgleich kommt sein älterer Sohn aus erster Ehe aus England, um den Sommer bei ihm zu verbringen. Was Erziehung angeht, setzt er bei seinen
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beiden Kindern auf das Motto „erlaubt ist, was Spaß macht“ – und das kann natürlich nicht gut gehen. Regisseur Scott Hicks setzt in diesem zärtlichen Film über Trauer seine verlorenen Figuren in ein selbst geschaffenes Chaos, um dort erwachsen zu werden. Die DVD-Premiere erscheint mit Audiokommentar, Behind the Scenes-Material und anderen Featurettes.
Text: Elisabeth Nagy
Wüstenblume
(Majestic/Fox) Um der Zwangsverheiratung zu entgehen, flüchtet die junge Waris (Liya Kebede) von Afrika nach London. Dort trifft sie auf die flippige Verkäuferin Marilyn (Sally Hawkins), die sie aus Mitleid bei sich wohnen lässt. Als Waris in einem Fast Food-Restaurant zufällig einen angesagten Modefotografen trifft, steht ihrem Aufstieg zum Topmodel nichts mehr im Weg. Aufwändig und einfühlsam inszenierte Bestsellerverfilmung mit tollen Bildern und großartigen Schauspielern. Auf der DVD sind noch ein Audiokommentar, das Making Of, entfallene Szenen sowie Trailer zu finden.
Text: Dirk Lüneberg
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COMPUTERSPIELE
unclesally*s magazine
Videogame Deathmatch
Kratos (God Of War 3) vs. Lightning (Final Fantasy XIII) Auf den ersten Blick könnten die beiden Kontrahenten unseres diesmonatigen Videospielhelden-Deathmatches unterschiedlicher kaum sein: Ein grobschlächtiger, aggressiver Kraftprotz im Action-Spiel auf der einen, eine bezaubernde, wunderschöne Rollenspiel-Akteurin auf der anderen Seite. Von Rache getrieben sind sie allerdings beide - und sowohl Kratos als auch Lightning müssen immer wieder in epischen Schlachten Ihr Können beweisen. Kratos - der Held von „God Of War 3“ braucht mächtige Waffen im Kampf gegen die Götter...
BACKGROUND Kratos will Rache nehmen - bereits seit dem ersten „God Of War“-Spiel von 2005. Angetrieben von seinem Hass auf die Götter hat der spartanische Heeresführer noch eine Rechnung mit dem Olymp offen, die in „God Of War 3“, dem Ende der Trilogie, nun endlich beglichen werden soll. Die Heimat der Götter stürmen, sich durch die Unterwelt Hades kämpfen und am Ende Göttervater Zeus selbst herausfordern - alles Aufgaben, die den Spieler zwischen zehn und 15 Stunden beschäftigt halten.
BACKGROUND Lightning will Rache nehmen - an den bösen Truppen, die im Kampf zwischen den verfeindeten Welten Cocoon und Pulse ihre Schwester verschleppt haben. Der jungen Dame wird von den Regierungstruppen vorgeworfen, sich mit dem Erzfeind verbündet zu haben - und Lightning zögert keine Sekunde, um ihr junges Familienmitglied zu retten. Dafür muss sie herausfinden, was wirklich hinter dem Konflikt der Welten steckt und welche Bedeutung dabei den mysteriösen Fabelwesen Fal’cie zukommt. Eine Mammut-Aufgabe, die locker mehr als 40 Stunden Einsatz verlangt.
LIFESTYLE Ein echter Mann kämpft allein - weshalb sich Kratos ganz auf seine Muskelkraft sowie mächtige Waffen wie Schwerter oder Pfeil und Bogen verlässt. Zwar können mit magischer Hilfe auch mal die Geister Spartas zu Hilfe gerufen werden, die meiste Zeit aber schnetzelt sich Kratos als Einzelkämpfer mit unzähligen Kombos und Hilfsmitteln wie den Stiefeln von Hermes oder dem leuchtenden Kopf von Helios durch Horden von Gegnern. Raffinierte Rätsel und Geschicklichkeitspassagen gibt es zwar auch, insgesamt setzt Kratos aber eher auf Gewalt mit durchschlagendem Erfolg.
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COMPUTERSPIELE
Seite 61
LIFESTYLE Eine kluge Frau setzt auf Teamwork - weshalb sich Lightning nicht alleine in den Kampf gegen übermächtige Regierungstruppen und undurchsichtige Strippenzieher im Hintergrund stürzt. Zusammen mit fünf anderen Helden versucht sie, die Geschehnisse aufzuklären - jeder Held hat dabei eine eigene Geschichte, eigene Berufe und eigene Waffen. Das Kampfsystem ist allerdings etwas antiquiert: In einem Mix aus rundenbasierten Aktionen und Echtzeit-Kämpfen wird per Knopfdruck eine Aktion nach der anderen ausgelöst - da hat Kratos die besseren Argumente für sich.
STYLING Zugegeben, Kratos ist nicht unbedingt der hübscheste Held der Videospielgeschichte. Dafür bekommt er es in „God Of War“ aber mit beeindruckenden Szenerien und Kontrahenten zu tun, wie sie auf der Konsole selten zu erleben waren: Endgegner, die mehrere Bildschirme groß sind, fantasievolle Welten wie die Hölle, rasante Kamerafahrten, brodelnde Lava und beachtlichen Naturschauspiele. So viele atemberaubende, lange in Erinnerung bleibende Momente wie hier hatte bisher kaum ein Spiel zu bieten.
STYLING Lightning ist die perfekte Videospiel-Heldin: Jung, attraktiv, schlagfertig, geübt im Umgang mit den unterschiedlichsten Waffen - und auch in ihren brutalsten Momenten noch ungemein süß. Aber auch sonst ist „Final Fantasy XIII“ eine Augenweide: Die Animationen, die zahllosen Zwischensequenzen und die wunderbar vielseitigen Kontrahenten sind wunderbar anzusehen - ebenso wie die fließenden Übergänge von Natur- zu Science-Fiction-Arealen. Hier wirkt alles wie aus einem Guss. Anders, aber nicht weniger beachtlich als in „God Of War 3“.
Einen klaren Sieger hat unser etwas unfairer Vergleich nicht hervorgebracht - beide Spiele sind auf ihre Art und Weise und in ihrem Genre herausragend, beide Helden eine Klasse für sich - da sollte man sich nicht nur vom Aussehen leiten lassen. Playstation3-Spieler haben die Qual der Wahl, für Xbox360Besitzer ist es einfacher - da „God Of War 3“ exklusiv bei Sony erscheint, ist Lightning ganz klar die erste Adresse auf der MicrosoftKonsole. Text: Tito Wiesner
Lightning ist die zentrale Heldin bei „Final Fantasy XIII“ - und ihre Argumente sind schlagkräftig...
Lou Canova Die Grenze verläuft nicht zwischen Oben und Unten Wenn man Soziologen und Marketingfuzzies glauben mag, so sind die Gräben zwischen Migranten und Einheimischen tief und schier unüberbrückbar. Ist es denn wirklich so schlimm, die Sprache nicht hundertprozentig zu beherrschen und die sozialen Feinheiten im Umgang miteinander nicht im Detail zu kennen? Für die Gruppe der Digital Natives schon. Eine Kurznachricht auf Twitter heißt nun einmal Tweet mit T und nicht Tweed wie der englische Stoff. Und wenn ein Digital Immigrant wie Frank Schirrmacher – seines Zeichens Herausgeber der FAZ und fleißiger Buchautor zu gesellschaftsspaltenden Trendthemen wie Überalterung und jetzt brandneu über die digitale Spaltung der Gesellschaft („Payback“) – den Unterscheid zwar kennt, aber nicht rechtschreibungskonform ausdrücken kann (und mal Tweed und mal Tweet schreibt), dann wird er mit der digitalen Kommunikationsgewalt der Natives im Netz entsprechend angegangen. Schirrmacher ist altes Eisen, voll analog, der Typ. Ist doch klar, dass den keiner von uns ernst nimmt. Aber stopp mal - was heißt hier „uns“? Wenn ich mir die Definitionen beider sozialen Gruppen anschaue, dann gehöre ich – weil vor 1980 geboren – gar nicht zu den digitalen Ureinwohnern. Vollkommen egal, dass ich bereits mit neun einen C64 hatte. Und ich muss ehrlicher Weise zugeben, dass ich mit 33 manchmal ein bisschen überfordert bin von den digitalen Möglichkeiten und der Bedienung ebendieser. Bloggen, twittern, facebooken – kein Problem für mich. Sobald ich das aber alles gleichzeitig machen soll und zusätzlich noch einem Vortrag zuhören muss, der den Content liefert, den ich sozial verbreiten möchte... Da wird nicht nur mein Satzbau kompliziert – auch mein Hirn macht ein Looping und ich weiß nicht mehr, wo ich anfangen soll. Zugegeben – die Digital Natives haben vieles besser drauf als die Migranten. Aber ist das ein Grund, uns – Schirrmacher und mich - kollektiv zu diskriminieren? Ist das digitaler Rassismus? Brauchen wir am Ende einen Integrationsbeauftragten, der zwischen den Voll-Digitalen, den Halb-Digitalen und den Analogen vermitteln muss? Manchmal habe ich schon ein bisschen Angst, dass irgendein daher gelaufener Native mir meinen Job abspenstig macht, weil er neuronal geiler verknüpft und digital voll auf der Höhe ist. Aber dann kommt mir immer der folgende, sehr beruhigende Gedanke: Die Generation der Digital Natives ist gleichzeitig die Generation Praktikum und die Generation Komasaufen. Und so komme ich mit meinem digitalen Halbwissen noch eine Weile gut mit, wünscht sich *Lou Canova
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COMPUTERSPIELE
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Metro 2033 Wer nachts die öffentlichen Verkehrsmittel scheut und die U-Bahn im allgemeinen für viel zu gefährlich hält, bekommt mit „Metro 2033“ das perfekte Spiel, um seine Ängste zu schüren. Im Vergleich zu dem, was hier passiert, ist nämlich selbst eine Nahverkehrsreise durch die Bronx um Mitternacht eine angenehme Sightseeing-Tour. Dabei fahren im Moskau der nahen Zukunft gar keine Züge mehr, Einer atomaren Katastrophe sei Dank, ist der Großteil der Menschheit ausgerottet, die paar Überlebenden haben sich in den Schächten der Metro verschanzt. In Sicherheit sind sie da allerdings nicht: Wilde Mutanten treiben ihr Unwesen, zwischen den Bewohnern der einzelnen Stationen herrscht zudem ein blutiger Überlebenskampf. Der Spieler schlüpft in die Rolle des jungen Artjom, der sich ein Leben außerhalb der BahnSchächte gar nicht mehr vorstellen kann - er wurde im Untergrund geboren und hat die Welt vor der Katastrophe nie kennen gelernt. Jetzt liegt es allerdings an ihm, aus dem düsteren, selbst gewählten Gefängnis auszubrechen, um überhaupt eine Überlebenschance für den Rest der Menschheit zu sichern.
Going Underground: Artjom kämpft in den Schächten von Moskau.
Ausgerüstet mit verschiedenen Waffen, aber auch Hilfsmitteln wie Stirnlampe oder Gasmaske, muss sich der Spieler auf taktisch kluge Art und Weise zahlloser Kontrahenten entledigen - angefangen bei herumlungernden Banditen über militante politische Splittergruppen bis hin zu deformierten Monstern.
dichten Atmosphäre, toller Story und zwei alternativen Enden geködert - muss dann aber damit leben, dass man sich nach dem Spiel nachts auf dem UBahnhof nicht mehr so wirklich wohl fühlt...
Angenehm zu spielen ist das nicht immer - der Schwierigkeitsgrad ist exorbitant hoch, die Grafik teils detailarm, die Spielzeit insgesamt relativ kurz. Dafür wird man aber mit einer furchteinflößend
Genre: Action
Text: Tito Wiesner
Publisher: THQ Plattform: PC, Xbox360, PS3
Napoleon Total War MX vs. ATV Reflex
Prison Break
MUD TV
Kein großes Imperium wie in den Vorgängern, sondern ein einziger Mann steht im Mittelpunkt des neuen „Total War“-Titels:
Mit hoher Geschwindigkeit rast der Motorradfahrer auf die Rampe zu, legt einen beeindruckenden Sprung hin und stürzt dann doch bei der Landung.
Die vierte und letzte Staffel von „Prison Break“ wurde bereits 2009 abgedreht, die Fan-Gemeinde ist aber ungebrochen groß.
Nicht meckern, selbst machen: Wer sich über das TV-Programm aufregt, bekommt dank „MUD TV“ die Chance, seinen eigenen Sender zu leiten.
Das Strategiespiel des britischen Entwicklerstudios Creative Assembly konzentriert sich ganz auf den französischen General, Staatsmann und Kaiser Napoleon Bonaparte, der von 1769 bis 1821 gelebt und mit seinen Feldzügen große Teile von Kontinentaleuropa erobert hat. Nach wie vor bewegt der Spieler auf einer taktischen Übersichtskarte seine Einheiten in Runden, startet dort den Bau von Gebäuden oder tritt mit anderen Herrschern in diplomatische Verhandlungen. Vor allem aber schlägt man natürlich Schlachten - vielleicht nicht ganz so episch wie in den Vorgängern, dafür aber mit der Unterstützung des berühmten Feldherren. Zahlreiche Geschichts-Infos gibt es noch oben drauf - so kann man sich wenigstens einreden, nach einer durchzockten Nacht auch was für die eigene Bildung getan zu haben.
In „MX vs. ATV Reflex“ sind derartige Situationen an der Tagesordnung - fahrerische Glanzleistungen müssen hier mit viel Einsatz und Feingefühl erarbeitet werden. Mit diversen Motorrad-Klassen darf im Spiel ebenso Tempo gemacht werden wie am Steuer von Buggys oder Trucks. Das Schöne daran: In Wettbewerben wie dem Omnicross sind all diese unterschiedlichen Vehikel sogar gleichzeitig auf der Strecke. Abwechslung wird auch bei den Örtlichkeiten groß geschrieben: Trainingsstrecke, Halle oder Stadion, Wüstenkurs oder Bergfahrt, strahlender Sonnenschein oder Schnee; langweilig wird es am Steuer nicht. Die Steuerung - Fahrzeug und Fahrer werden getrennt gelenkt - braucht zwar viel Einarbeitungszeit. Wer diese Mühe investiert, wird dafür aber mit großem Umfang, zahlreichen Optionen und toll designten Kursen belohnt.
Deshalb macht es auch Sinn, das schon lange angekündigte und mehrfach verschobene Videospiel zur TV-Reihe nun doch zu veröffentlichen. Das Spiel findet zeitlich parallel zur ersten Staffel statt, lässt den Spieler aber nicht in die Rolle der Haupt-Charaktere schlüpfen, sondern erzählt eine eigene Geschichte. Als Agent Tom Paxton gilt es, sich undercover ins Fox River Staatsgefängnis einzuschleusen und herauszufinden, was an den Vorwürfen gegen Burrows dran ist. Spielerisch wird ein Mix aus ActionEinlagen, Schleich-Passagen und kleineren Rätseln geboten, der zwar nicht sonderlich spektakulär ist, die Atmosphäre der Vorlage aber gut einfängt. Wer schon im Fernsehen keine Folge verpasst hat, wird es genießen, die bekannten Gefängnis-Trakte zu durchlaufen und die SerienCharaktere zu treffen.
Und endlich mal das auszustrahlen, was man selber sehen will. Glaubt man zumindest zu Beginn des Spiels. Bei einem Blick auf das knappe Budget wird aber schnell klar: Wer keine massenkompatiblen Shows, Serien und Filme einkauft, steht bald ohne Zuschauer da - und damit auch ohne Werbekunden. Die wollen nicht nur Quoten erfüllt sehen, sondern auch ganz bestimmte Zielgruppen vor der Mattscheibe; Yuppies, Emos oder Intellektuelle zum Beispiel. Da heißt es, einen cleveren Sendeplan zu basteln, langsam das TV-Imperium auszubauen und später dann im eigenen Studio mit angeheuerten Schauspielern selbst produzieren. Schade nur, dass der Humor etwas platt und der Schwierigkeitsgrad so hoch ist - mit etwas mehr Liebe zum Detail wäre „MUD TV“ nicht nur eine gelungenen Wirtschaftssimulation, sondern auch ein richtig unterhaltsames Spiel geworden.
Text: Tito Wiesner
Text: Tito Wiesner
Text: Tito Wiesner
Text: Tito Wiesner
Genre: Strategie
Genre: Rennspiel
Genre: Action
Genre: Strategie
Publisher: Sega Plattform: PC
Publisher: THQ Plattform: PS3, Xbox360
Publisher: Deep Silver Plattform: Xbox360
Publisher: Kalypso Plattform: PC
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COMPUTERSPIELE
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Battlefield Bad Company 2 Eben noch im japanischen Schützengraben, dann schon im russischen Schnee und etwas später im Dschungel - die Kampagne von „Battlefield Bad Company 2“ schickt den Spieler schwerbewaffnet einmal quer um den Erdball. Das total einfallsreiche Missionsziel lautet dabei: Die Welt retten und dafür sorgen, dass eine mächtige Waffe nicht in die falschen Hände gerät. Damit spielerisch keine Langeweile aufkommt, kann der gesteuerte Soldat praktisch jede Aufgabe ausführen: Als Scharfschütze ist er genauso gut wie beim Werfen von Granaten, Anbringen von Sprengstoff oder dem Steuern von Panzern und Helikoptern. Technisch lässt sich kaum etwas an der rasanten SoloMission aussetzen: Tolle Landschaften und eine brachiale Soundkulisse überzeugen. Allerdings für gerade mal sechs Stunden - danach ist die Kampagne auch schon beendet. Die meisten Spieler werden „Bad Company 2“ aber ohnehin auf Grund des Mehrspieler-Modus erwerben - und der ist dann auch genauso ausgefallen, wie man es sich erhofft hat. Action-Fanatiker toben sich im Deathmatch aus, die wahren Stärken entfaltet das Spiel allerdings beim Flaggen-Erobern im bekannten Conquest-Part sowie dem Angriff und der Verteidigung von Kommunikationsanlagen
Im „Battlefield“ hilft Reden nicht viel...
im Rush-Modus. Absprache mit den Squad-Kollegen und koordiniertes Vorgehen sind dabei gefragt: Ziele markieren, Deckung geben, den Sanitäter um Heilung bitten, den Engineer das Auto reparieren lassen sowie überhaupt beständig auf die Aktionen der Teammitglieder achten - hier steht viel mehr im Mittelpunkt als beim Vorgänger. Zusätzliche taktische Möglichkeiten resultieren zudem auch aus der fast vollständig zerstörbaren Umgebung: Wahlweise zielt man nicht mehr nur auf den Scharfschützen im Hochhaus, sondern legt gleich das ganze Gebäude in
Schutt und Asche - ebenso brachial wie effektiv. Wer Online-Geballer mag, liegt hier also richtig - dauerhaft motivierende Gefechte sind auf Wochen und Monate gesichert. Text: Tito Wiesner
Genre: Action Publisher: EA Plattform: PC, Xbox360, PS3
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HÖR-/BÜCHER
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für dieses Album - den Anfang unserer Geschichte von Coheed und Cambria - also absolut an. Ich habe vorher schon Kurzgeschichten geschrieben, aber diese Arbeit war eine große Herausforderung und ich hatte mit Peter David einen großartigen Co-Autor. Er, mein Manager und meine Frau haben mir dabei geholfen, während dieser Zeit nicht komplett durchzudrehen und das Buch und die Platte gleichzeitig fertig zu bekommen. Es war viel Arbeit, aber auch ein großer Spaß.
COHEED AND CAMBRIA Verbuchte Klänge
Multitalent: Claudio Sanchez (Zweiter v. links)
Kaum eine andere aktuelle Band folgt dem multi-medialen und musikübergreifenden Bandkonzept so konsequent wie Coheed And Cambria um den Ausnahmekünstler Claudio Sanchez. Diese Band braucht mehr als nur die Musik. Nachdem Sanchez für das jüngste Album „The Armory Wars“ bereits einen kompletten Comic veröffentlicht hat, legt er nun für das mit „Year Of The Black Rainbow“ betitelte Prequel jener Saga ein komplettes Buch nach! Als Co-Autor für den das Album begleitenden Roman wählte Sanchez den New York Times-Autor Peter David, der in der Vergangenheit für Comic-Verlage wie ’Marvel’ tätig war und als Autor an Serien wie „Spider-Man“, „Hulk“ oder „Wolverine“ mitwirkte. Wir sprachen mit Sanchez über seinen Roman, der nur im Box-Set über Import erhältlich ist. Tobias Rapp Lost And Sound
(Suhrkamp) Berliner Techno wird zunehmend auch in Buchform dargeboten. Ob dem Leser das etwas über den Zustand der Subkultur sagen soll? Die Clubkultur ist in die Jahre gekommen und so öffnen die Szene-Protagonisten zum allgemeinen „Schön war die Zeit“-Geflöte die Anekdoten-Schatulle. Tobias Rapp, ehemaliger tazRedakteur, bildet in diesem allgemeinen Gesäusel aus unsäglichem Club-Fiction-Kitsch (siehe „Liebestänze“ von Rainer Schmidt) und selbstbeweihräucherndem Szene-Gedöns eine angenehm nüchterne Ausnahme. „Lost And Sound“ ist dementsprechend zu einer Bestandsaufnahme in Sachen elektronischer Musik und zu einem tief gehenden Portrait der Berliner Club-Szene geraten. Ganz ohne alberne Drogentrip-Lyrik beschreibt Rapp das Leben des Easy-Jet-Sets in all seinem Hedonismus – überhöht nicht und rümpft nicht die Nase.
Text: Timo Richard
Nikki Sixx und Ian Gittins Tagebuch eines Heroinsüchtigen
(Iron Pages Books) Das Tagebuch des legendären Songschreibers und Bassisten von Mötley Crüe beginnt am 25. Dezember 1986: „Weihnachten ’86 war ich Mitglied einer der größten Rock’n’Roll-Bands der Welt. Außerdem war ich Alkoholiker, Kokainabhängiger und Heroinsüchtiger...“ Mit gnadenloser Offenheit zeichnet
Claudio, wie entstand die Idee, das neue Album mit einem Buch zu verknüpfen? Der erste Comic erschien parallel zu unserem dritten Album “Good Apollo, I’m Burning Star IV, Volume One: From Fear Through The Eyes Of Madness“, und auch den Nachfolger wollten wir ursprünglich mit einem begleitenden Comic veröffentlichen. Leider gab es zu der Zeit in der Band gewisse personelle Unsicherheiten und deshalb haben wir uns bei dem Album nicht so stark auf einen Bonus konzentrieren können. Doch jetzt, wo die Band wieder völlig erstarkt ist, war es mir wichtig, die ergänzende mediale Komponente erneut aufzugreifen. Da ich schon immer die Geschichte in Prosa verfassen wollte, bot es sich
Sixx mithilfe seiner Aufzeichnungen, persönlicher Erinnerungen und vieler Wegbegleiter eine Roadmap ins Verderben. Heute ist „Sikki“ längst clean und glücklich, wieder mit Mötley Crüe auf Tour zu sein. „Wenn nur eine einzige Person dieses Buch liest und dadurch nicht denselben Weg abwärts nehmen muss, ist es wert gewesen, sie an meiner persönlichen Hölle teilhaben zu lassen.“ Na dann viel Spaß!
Text: Elmar Bassen
11 Freunde Eier, wir brauchen Eier!
(Wilhem Heyne Verlag) Das einzig Verwerfliche an diesem Buch ist, dass das schöne Oliver Kahn-Zitat jetzt nicht mehr für eine Kochshow im DSF verwendet werden kann. Ansonsten gibt es nix zu meckern, das einfache Rezept, gute Formate – nämlich die Rubrik „25 Dinge“ aus dem Fußballmagazin 11 Freunde in Buchform zweit zu verwerten, geht auf wie einst die Hefe in Waldis Weißbier. „25 Dinge“ sind zwar meist komisch und skurril, oft aber auch für den Fußballfachmann durchaus interessant. Nett zum Durchblättern und für fundierte Fachkommentare in nahenden WM-Langweilern unbedingt geeignet!
Text: Elmar Bassen
Kannst du uns kurz den Inhalt des Buches erläutern? Sowohl die Geschichte von Coheed und Cambria als auch ihre Rolle in dem Gesamtkonzept basiert im Grunde auf den Erfahrungen, die ich sowohl mit meiner Frau als auch mit meinen Eltern gemacht habe. Quasi eine Reflexion meines eigenen Lebens, übertragen auf die Charaktere des Romans. Jene behandelt – zusammengefasst – das Aufblühen der Liebe zwischen Coheed und Cambria, den Beginn ihres gemeinsamen Lebens . Je weiter die Geschichte fortläuft, desto mehr Geheimnisse der vergangenen Alben werden gelüftet. Das Intro von Kapitel Drei, “Guns Of Summer”, baut beispielsweise chronologisch auf die Ereignisse von “Heaven’s Fence” auf. Für Fans gibt’s also eine Menge zu entdecken. Mit fünf Alben, einer Comic-Reihe und nun auch Prosa ist deine Storyline definitiv das größte erzählerische Mammutprojekt der modernen RockMusik. Wäre das nicht auch was fürs Kino? Natürlich würde ich die Geschichte gerne auch in die filmische Welt übertragen sehen - egal ob animiert oder als Real-Film. Aber momentan bin ich immer noch froh darüber, dass wir es geschafft haben, zusätzlich zur musikalischen eine Comic- und Buchform geschaffen und die ganze Sache zu einem runden Abschluss gebracht zu haben. Text: Frank Thießies Heimat: coheedandcambria.com Auch gut: “Year Of The Black Rainbow” - das neue Album von Coheed And Cambria
Martin „Gotti“ Gottschalk: Der Schatz im Silberblick
(Loob) „Gotti“ ist Jahrgang ’77 und in Pankow aufgewachsen. Doch nicht nur für Leser mit ähnlicher Biografie ist seine Sammlung von Kurzgeschichten ein kleiner Schatz: Die Anekdoten aus seiner Kindheit erinnern in ihrem trockenen Humor an den kleinen Nick, die des Heranwachsenden geben Einblick in die Welt eines sympathischen und selbstironischen Losers, und erzählerische Ausschweifungen über sein Idol Jens Weißflog oder an ihm selbst durchgeführte Schönheitsoperationen („Lippen absaugen und Fettschürze aufspritzen lassen“) zeugen von einer erfrischend kranken Fantasie. Womit alle Zutaten für einen guten Autor beisammen wären und wir deshalb als nächstes auch einen richtigen Roman wollen, Gotti!
Text: Elmar Bassen
FRED VARGAS DAS ORAKEL VON PORT-NICOLAS
(Der Audio Verlag) Es ist ein Hundehaufen, der den Ex-Inspektor Louis Kehlweiler auf die Spur eines Mörders bringt: In den Exkrementen des Pitbulls stecken nämlich die Überreste eines abgetrennten Zehs. Was folgt, sind gut viereinhalb Stunden Ermittlungen in Paris und in der französischen Provinz, die zunehmend befremdliche
Wendungen nehmen. Wortwörtlich. Wer nicht aufpasst, verliert schnell den Faden und auch das Interesse an der Frage, wer hier eigentlich wen warum umgebracht hat. Der Schreibmaschinensammler? Der Bürgermeister? Die Frau des Ingenieurs? Wieso um den französischen Autor Vargas so ein Hype gemacht wird, erschließt sich durch diese Lesung leider überhaupt nicht. Immerhin macht die Schauspielerin Suzanne von Borsody einen ordentlichen Job als Vorleserin, auch wenn ihre kehlige Stimme sicher nicht jedem gefällt. (4 CDs/rund 304 Minuten)
Text: Moritz Honert
MARK BRANDIS VORSTOSS ZUM URANUS (FOLGE 7 & 8)
(Folgenreich/Universal) Blöde Situation, das: Drei Millionen Kilometer von der Erde entfernt schmiert das Raumschiff ab. Erst stirbt die Funkverbindung, dann die Hoffnung, dann dreht die Crew durch. So geschieht es dem Kommandanten Ernest D. Scott in „Vorstoß zum Uranus“, der neuesten Episode der Reihe „Mark Brandis“. Auch diese Doppelfolge ist kurzweilige, klassische Science-Fiction, die besonders durch den nichtlinearen Aufbau der Geschichte und die interessante, wenn auch nur kurz angespielte Parallele zwischen der Weltraumhavarie Scotts und der gescheiterten PolExpedition seines Namensvetters anno 1911/12 gewinnt. Unverständlich sind allerdings immer noch die abenteuerlichen Qualitätsunterschiede der beteiligten Sprecher. Zwischen Synchronprofi und Amateur ist alles vertreten. (2 CDs/rund 130 Minuten)
Text: Moritz Honert
unclesally*s magazine
X-WORT
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QUERGEFRAGT Einfach die Antworten auf die Fragen in die dazugehörigen Kästchen kritzeln, und somit im besten Fall das richtige Lösungswort ermitteln. Das könnt ihr dann per Postkarte oder E-Mail an uns schicken und nehmt damit automatisch teil an der Verlosung einer Jacke und eines TShirts von „Imperial Clothing“ (s. Fotos rechts). Einsendeschluss ist der 15. April 2010. [Sämtliche Umlaute (also ä, ö, ü) werden zu Vokalen (ae, oe, ue) und alle Begriffe werden ohne Leerzeichen geschrieben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.]
Waagerecht 4. Höflicher Typ, der sich benehmen kann 6. Eine Band, vier Musiker und so viele Beine (engl.) 8. Titelgebende Tropenfrucht der neuen Archie Bronson Outfit-LP (engl.) 10. Da waren Lapko mit uns gewiss nicht zum ersten Mal 11. Zooey Deschanel und er sind She & Him 12. Plattenlabel aus Seattle und u.a. Heimat von The Thermals 15. Eine Ehre, wenn man Paul Weller davon befreien würde 18. Sie gratulieren sich mit ihrem zweiten Album selbst 19. Jamie Stewart ist hier Alleinherrscher 21. Bloc Party-Gitarrist Russell Lissack soll diese Band auf ihrer kommenden Tour live unterstützen 24. Er macht nicht nur Mode, „A Single Man“ ist der erste Streifen seiner Film-Produktionsfirma 25. Allstar-Projekt von Gods Of Blitz und Jingo De Lunch 26. Diese Band wird, zumindest dem Namen nach, jeden Tag ein Jahr älter
SENKRECHt 1. Auch wenn sie eigentlich aus Fulda kommen, steht ihr gutes Geschäft in Bad Hersfeld 2. Dendemann wird aktuell wovon verweht? 3. Er gewährt Einblick in sein „Tagebuch eines Heroinsüchtigen“ 5. Französische Pilgerstätte und gleichnamiger Film von Jessica Hausner 7. Virus aus Berlin 9. Wenn Illustrationen musizieren, gibt’s „Nelken & Schillinge“ 11. Bevor sie Jack Whites Ehefrau und Sängerin wurde, war Karen Elson was? 13. So schlimm sehen ClickClickDecker und Der Tante Renate zusammen wirklich nicht aus 14. Tränen lügen zwar nicht, ganz echt sind ihre aber nicht 16. Heulsusen-Genre 17. Lars-Olof Johansson Stale und Bengt Lagerberg sind nicht nur Brothers Of End, sondern spielen manchmal auch mit Nina Persson in dieser Band 20. Gespräch vs. Katerfrühstück. Beides geht hier ganz gut, wenn es nach Eternal Tango geht. 22. Mit seinem neuen Werk verliert Jamie Lidell keinesfalls die Orientierung (engl.) 23. Neben Thom Yorke, Nigel Goodrich, Mauro Refosco und Joey Waronker komplettiert dieser gar nicht so kleine Kerl die Band Atoms For Peace
Das Lösungswort der letzten Ausgabe war übrigens „DOWN UNDER“
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SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM
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IMPRESSUM
SCREENSHOTs
Wer zu faul ist, zu laufen und zu hässlich, um Freunde zu finden, ist Teil eines sozialen Online-Netzwerkes.
Herausgeberin:
Jetzt stellen englische Wissenschaftler fest: 40% aller Twitter-Kommunikation ist „sinnloses Geschwätz“. Nur 37% aller „Gespräche“ auf Twitter sind überhaupt Dialoge. Der Rest ist geistloses Geposte, Spam und Gesundheitszustandsberichte von völlig Fremden und deren Haustieren. Na, dann ist ja alles gut!
Chefredaktion: Caroline Frey Stellvertr. Chefredaktion: Florian Hayler Redaktionsleitung: Ina Göritz Redaktion: Christine Stiller
Denn mit immerhin nur 40%iger Sinnlosigkeit übertrifft Twitter den Informationsgehalt eines Gesprächs in der so genannten „realen Welt“ um Längen! Ein gängiges Partygespräch, beispielsweise, besteht nur zu 30% aus verwertbaren Informationen. Der Rest sind peinliche Paarungsanbahnungsrituale, Hirnaussetzer und erzählen, was man im Fernsehen gesehen hat. Ein Smalltalk unter Einsatz von “Unnützem Wissen“ aus dem Berufsjugendmagazin NEON hat sogar nur 17% Info-Gehalt. Wer jetzt noch einen oralen oder nasalen Entspannungsbeschleuniger obendrauf packt, sitzt dann sofort in der völligen Informations-Parese. In diesem Zustand findet interessanter geistiger Austausch zwischen den Kommunizierenden nur noch statt, wenn jemand hustet. Damit gilt das Online-Vogelhaus Twitter ab sofort als wissenschaftliches Forum und ist gemeinsam mit seinen Freunden MySpace, StudiVZ und Facebook („War grad kacken! Wer auch?“) DER virtuelle Elite-Think-Tank des Planungsbüros für unsere Zukunft. Zwitsch! Kennt ihr das? Ihr kommt heim. Erste Frage: „Na? Biste schon zu Hause?“. Dann antwortet ihr NICHT: „Mann, hör auf, meine ADHS-Tabletten zu fressen, reiß die Augen auf und überleg, was die EINZIGE sinnvolle Erklärung dafür ist, dass ich JETZT hier vor dir stehe. JAAA. ICH BIN ZU HAUSE!!!“ Stattdessen sagt ihr „Mh“, und geht rein. Das ist unser Leben. Beim Bäcker, beim Schlittschuhlaufen, beim Sex – der Mensch kommuniziert in der Aneinander-
unclesally*s GmbH & Co. KG Waldemarstr. 37, 10999 Berlin Tel.: 030 - 694 09 663, Fax: 030 - 691 31 37 mailto: sallys@sallys.net * online: www.sallys.net
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reihung informationsleerer Wortwürste. Anschließend antwortet jemand mit ähnlichem Blödsinn und dann hat man zehn Brötchen, zwei Finger ab und einen Orgasmus - ist aber genauso doof wie vorher. „Na, wie geht’s?“ „Muss. Und du?“ „Auch!“ Und währenddessen sitzt Dr. Kawashima gemütlich in seiner Gehirnjogginghose auf der Couch und guckt Tittenrateshows. Hier drei Gesprächsprotokolle aus dem Land der dichten Denker. Alle abgehört und abgeschrieben von mir persönlich. Ich will euch keine Angst machen, aber ihr solltet wissen, wie es um uns bestellt ist. Er und Sie im Supermarkt. Er: „Sollen wir Zwiebelkuchen machen?“ Sie: „Ja, aber ich glaube, da braucht man irgendeine Art Zwiebeln zu.“ Andere Menschen, anderer Supermarkt. Man trifft sich zufällig. Sie: „Und ihr? Einkaufen?“ Er: „Ja. Und ihr?“ Sie:„Wir auch!“ WOW! Und jetzt: Doofe im Supermarkt Teil III. Sie: „Sahnejoghurt. Ahhh!“ Ihre Freundin: „Was issn das?“ Sie: „Joghurt mit Sahne gemischt.“ Die Freundin: „Ahhh! Das hört sich aber lecker an!“ Ich geh’ jetzt Twittern. Der Hund von Miley Cyrus hat schlimme Sommersprossen. Ich schätze das wird spannend. Yessica Yeti
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Redaktion:
Frank Abel, Linda Aust, Thorsten Barth, Jochen Barthel, Elmar Bassen, Volker Bernhard, Daniela Bringer, Kai Butterweck, Jenny Ferron, Lukas-Christian Fischer, Ben Foitzik, Jens Fritze, Martin Gegenheimer, Gordon Gernand, Steven Gläser, Robert Goldbach, Sebastian Gosmann, Cornelis Hähnel, Tanja Hellmig, Holger Hoffmann, Lasse Holler, Leon Ilsen, Tim Kegler, Aiko Kempen, Philipp Kohl, Eric Landmann, Arne Lieb, Dirk Lüneberg, Marta Marszewski, Peter Meisterhans, Boris Mischke, Maleen Mohr, Christopher Mühlig, Elisabeth Nagy, Vanessa Pape, Sascha Rettig, Verena Reygers, Timo Richard, Marie Schaefer, Daniel Schieferdecker, Maritta Seitz, Fabian Soethof, Samuel Stein,Frank Straessner, Frédéric Schwilden, Frank Thießies, Nina Töllner, Hans-Christian Vortisch, Marek Weber, Kati Weilhammer, Marcus Willfroth, Christian Wölki, Yessica Yeti, Florian Zühlke
Praktikanten:
Natascha Siegert, Mandy Scholz, Rebecca Spindler
VORSCHAU
Fotografen:
Titelfoto Turbostaat: Ben Wolf Titelfoto Picturebooks: Claus Grabke Fotografen: Frank Abel, David Biene, George DuBose, Birte Filmer, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Oliver Schümers, Sight Of Sound, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf
INTERVIEWS Oh Mai, oh Mai: In der kommenden Ausgabe plaudert Kate Nash nicht nur über ihr Kaninchen Fluffy und ihr neues Album „My Best Friend Is You“, auch Broken Social Scene haben sich nach einem kurzen Mitglieder-Check mit uns zum kurzen Karriere Update getroffen. Außerdem mit dabei: MGMT, Johnossi, Foals, The National, die Gebrüder Madsen und viele andere. Kate Nash
Layout:
Caroline Frey, Mario Krenz Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.latifoberholz.de
IM KINO Bevor der Sommer so richtig um die Ecke biegt, werfen wir schon einmal einen Blick voraus auf all die großen Blockbuster, die uns in den kommenden Wochen erwarten. Wozu neben Fortsetzungen wie „Iron Man 2“ oder dem neuen „Sex and the City“Film auch ein „Robin Hood“-Remake mit Russell Crowe sowie die seit langem erwartete Kinoversion vom „A-Team“ gehören. Aber natürlich bleibt auch Platz für kleine Kino-Perlen wie das Flüchtlingsdrama „Sin Nombre“, den französchen Familienfilm „Der Vater meiner Kinder“ oder Wes Andersons famoses Animationsmeisterwerk „Der fantastische Mr. Fox“ (siehe Foto) sowie ein Interview mit Ewan McGregor zu „I Love You, Phillip Morris“.
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