unclesally*s magazine
November 2010 / Ausgabe 161
GOOD CHARLOTTE Warpaint / Badly Drawn Boy / Monster Magnet Mando Diao / Therapy? / Beat! Beat! Beat! / Murder Sleigh Bells / Senses Fail / Im Test: Crash:Conspiracy
www.sallys.net
„Ich hasse Bruce Springsteen.“ (Björn Dixgard/Mando Diao)
Spezial
DA GEHT WAS: PUNK IN DEUTSCHLAND
Sport
Aufs Brett mit Jürgen
Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs
unclesally*s magazine
INHALT
No. 161 – November 2010
INHALT/EDITORIAL
Seite 3
EDITORIAl Ihr kennt das:
Foto: Sebastian Gabsch
Foto: Erik Weiss
Musik: Seite 10
Musik: Seite 32
Beat! Beat! Beat!
Punkrock BRD
Wer so kurz vor der Abschaffung der Wehrpflicht noch zur Musterung abbeordert wird, dem möchten die Kollegen von Beat! Beat! Beat! ein paar nützliche Tipps mit auf den steinigen Weg zur Ausmusterung geben. Das kostet nicht viel, schmeckt gut, macht Spaß und schützt sogar die Umwelt – vor Lärm und leeren Patronenhülsen.
Vielleicht sind wir die einzigen, die zu glauben wissen, dass auf den Bühnen der AZs, JUZes und in den Proberäumen deutscher Punk-Bands derzeit so einiges passiert?! Bands wie Matula, Mikrokosmos23, Adolar, Captain Planet, Kotzreiz und dutzende weitere stehen für eine neue, aufregende Generation, die wir in diesem Spezial mal zu Wort kommen lassen.
04-07 Starter
wirklich versteckt, muss nach Köln fahren oder fernsehen.
04 Beatsteaks/ The Posies 05 Veara 06 Die Antwoord/ TV Buddhas 07 Therapy?
38 Rückblick: So war’s auf der BIN
Gestern noch in Badehose die Post holen gegangen, heute schon mit dem Schal im Jägerzaun hängen geblieben. So schnell kann's gehen mit dem Winter, den wir natürlich in dieser traditionell melancholisch und gemütlich zusammengestrickten Herbstausgabe abfeiern, als wäre er der neue Frühling. Vor allem in unseren lieb gewonnenen Film- und Game-Rubriken haben wir pünktlich zum Auf-der-Couch-Abhängen richtig aufgefahren. Guckt mal hier: Zu empfehlen wäre das zunächst das Interview mit Carlos. Carlos hat weder eine desperate Housewive, noch fährt er einen VW Santana. Der Carlos, von dem hier und in Zukunft die Rede ist, ist ein venezolanisches Vollblut, ein Kämpfer für geknechtete Arme und arme Knechte, ein Mann aus dem Volk, ein Adonis mit Charme, dichtem Haar und der Libido eines südamerikanischen Bullen. Leider hatte der Kollege ein undichtes Oberstübchen, spielte bis zu seiner Verhaftung im Sudan mit Märklin H-Null und hing zu viel mit den Russen ab. Das kann schon mal fünf Stunden dauern, wenn man nicht in die Kurzversion zappt.
40-43 Auf Tour
Wenn’s draußen kalt wird, wird’s drinnen schön warm: Egal, ob ihr mit Volbeat oder Airbourne „rocken“ wollt oder lieber smart bei Vampire Weekend groovt – das hier sind eure Seiten mit den Konzert-Empfehlungen für die nächsten Wochen.
Etwas mehr als fünf Stunden brauchten wir, um die Bands unseres Punk-Specials am runden Tisch zu versammeln, schließlich wohnen die nicht um die Ecke. Was die schlauen Köpfe so in Herz und Hirn haben, lest ihr in unserem Punk-Spezial. Ausdrücklich NICHT zu der Spezial-Mischpoke gehören die Clebrities von Good Charlotte, die mittlerweile den JUZes entwachsen sind. Wer trotzdem Bock auf so eine Spiegelbrille hat wie die Madden-Twins sie tragen, sei gewarnt: Wenn man das Ding in der Mitte biegt, fallen die Gläser raus.
Vom Street-Punk zum Celebrity – das muss nicht immer gut gehen. Im Fall der Madden-Zwillinge bemühen sich die Protagonisten aber wenigstens musikalisch um Schadensbegrenzung.
44 - 47 FÜR ZWISCHENDRIN:
Wiedersehen.(Smoke) Flo
22-30 Platten & Musik Stories II
48-55 Kino
08-18 Musik Stories I
08 Warpaint 09 Sleigh Bells 12 Badly Drawn Boy 13 Murder 14 Begbie/ Tusq/ The Builders And The Butchers 14 Our Last Night/ Pollywogs 15 Senses Fail 16 Absynthe Minded/ The Whigs/ Pohlmann 17 Monster Magnet
Foto: Ben Wolf
18 Titel: Good Charlotte
Ist nicht so viel dieser Tage, aber dafür haben sich unter die Kandidaten einige Diamanten geschlichen, vor allem im Demodesaster! 29 Giant Sand 30 My Heart Belongs To Cecilia Winter
31 Was hören eigentlich: Mando Diao?
Vor kurzem wurden die schwedischen Beaus von Mando Diao in die Hall Of Fame der MTV-Unplugged-Künstler aufgenommen, und haben dabei einen exzellenten Job gemacht – finden nicht nur wir! Was die Jungs sonst so hören, erfahrt ihr hier.
36 Im Test: Ino Control Crash:Conspiracy
Na, habt ihr ihn erkannt? Wir auch nicht! Wer wissen will, wer sich unter der Maske von Ino Control
Nein, BIN ist nicht das neue Kennzeichen von Bingen am Rhein, sondern die Abkürzung für die schürfste Nacht des Jahres, die wo am 25. September in Berlin stattfand. Guckt euch das mal an!
44 Skaten mit Jürgen Horrwarth 46 In The Mix 47 Quickies! 48 49 50 51 52
Die Kommenden Tage Carlos Drei Fragen an: Buried/ Somewhere Machete/ Einfach zu haben/ Umständlich verliebt 53 Shortcuts 54 Kino DVDs
56-59 Computerspiele
Peng, Puff, Patsch, Tor! Und schon wieder ist die Nacht vorbei…
60-66 Der Rest
60 Bücher 62 Hörspiele 69 Comix 64 Kreuzworträtsel 65 Redaktionscomic 66 Vorschau/ Impressum/ Screenshots
Seite 4
STARTER
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Neuigkeiten
Foto: Jens Oellermann
Heute auf: Walisisch Yn farw ac wedi anafu (Tote und Verletzte) SOLOMON BURKE
Soul-Legende und Bestattungsunternehmer Solomon Burke verstarb im Alter von 70 Jahren im Flugzeug auf dem Weg zum Konzert in Amsterdam. Der 21-fache Vater und 90-fache Großvater galt unter Fans als „King of Rock’n’Soul“.
JULIETTE LEWIS
Schauspielerin und Musikerin Juliette Lewis wurde bei einem Autounfall leicht verletzt, der Fahrer des anderen Wagens flüchtete.
rhaniad a rhwyg
(Trennungen und Pausen) THE CASTING OUT
Die Band trennt sich – „zumindest für den Moment“ – wie sie per Facebook und Twitter schreibt. Frontmann Nathan Gray singt ab sofort wieder bei den wiedervereinigten Boysetsfire.
MADBALL
Jay Weinberg, Schlagzeuger Nummer Sieben im Hause Madball, macht Platz für Nummer Acht. Weinberg musste aus persönlichen Gründen gehen.
THE SWORD
Drummer Trivett Wingo verließ The Sword nach sieben gemeinsamen Jahren auf Grund von psychischer und physischer Erschöpfung. Dadurch musste auch die US-Tour gecancelt werden, nachdem bereits die Europashows abgesagt worden waren.
TAKING BACK SUNDAY
In der Besetzung ihres 2002er Debüts „Tell All Your Friends“ nehmen Taking Back Sunday ihr fünftes Studioalbum auf. John Nolan übernimmt damit erneut das Mikro und den Gitarrenverstärker, während Shaun Cooper seinen Bass wieder in den TBS-Amp einstöpselt.
prosiectau newydd ac aduniadau
(Mitgliederwechsel)
(Neue Projekte und Wiedervereinigungen)
THE DRUMS
BOYSETSFIRE
aelodau’n newid Für Gitarrist Adam Kessler ist eine Band, die sich im Namen derart auf ein konkurrierendes Instrument fokussiert, offenbar nicht mehr tragbar. Kessler verließ die Gruppe aus ungenannten Gründen während der laufenden Tour, die mit einem Ersatzmusiker fortgesetzt wurde.
Im Dezember kehren Boysetsfire mit einem Konzert in Berlin aus der Trennungsphase zurück und wollen wieder gemeinsam Musik machen. Dreieinhalb Jahre zuvor löste sich die HardcoreBand aus Pennsylvania nach mehr als einer Dekade auf.
HELDEN & DIEBE
Heute mit: Jon Auer (THE POSIES)
Beatsteaks Es gibt jede Menge Neuigkeiten aus dem Buletten-Lager zu verkünden. Wenn ihr das hier lest, sind die Aufnahmen zum neuen Album voraussichtlich abgeschlossen und Arnim und Thomas befinden sich gerade in Kalifornien, um den nigelnagelneuen Songs mit Hilfe von Nick Launay (The Yeah Yeah Yeahs, Arcade Fire, Nick Cave And The Bad Seeds) den letzten Feinschliff zu verpassen. Um allen unter euch, die jetzt schon feuchte Ohren und schwitzige Finger vor Aufregung bekommen, die Wartezeit etwas erträglicher zu machen, haben sich die Jungs mal wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Bevor Studioalbum Nummer Sechs Anfang 2011 veröffentlicht wird, wird schon Anfang November eine Single „erscheinen“. Alles weitere dazu verraten wir euch ab dem 6. November auf sallys.net! Bis dahin könnt ihr euch ja einfach schon mal ein Ticket für die nächste Tour besorgen: AUF TOUR 2.3. Saarbrücken - E-Werk *** 9.3. Frankfurt – Jahrhunderthalle *** 10.3. Erfurt – Thüringenhalle *** 12.3. Ludwigsburg – Arena *** 14.3. Münster - Halle Münsterland *** 15.3. Bremen - Halle 7 *** 16.3. Hannover - AWD Hall *** 18.3. Bamberg - Jako Arena *** 19.3. Dortmund - Westfalenhalle 1 *** 22.3. Hamburg – Sporthalle *** 24.3. München – Olympiahalle *** 25.3. Leipzig – Arena *** 26.3. Bielefeld – Seidenstickerhalle *** 10.6. Berlin - Kindl-Bühne Wuhlheide *** 11.6. Berlin – Kindl-Bühne Wuhlheide (ausverkauft)
CAKE
Sechs Jahre Pause hinter sich, bringen Cake im Januar den „Showroom Of Compassion“ heraus.
PRIMUS
Nach elf Jahren arbeiten Primus wieder an einem neuen Album, dem Nachfolger des 1999er „Antipop“, das damals unter Mitwirkung von Tom Morello (Rage Against The Machine), Fred Durst (Limp Bizkit) und James Hetfield (Metallica) produziert wurde.
Eigentlich gibt es für mich nicht die eine Band oder den einen Künstler. Wenn ich aber wählen müsste, wären wohl Morrissey und The Smiths der größte Einfluss für The Posies. Man darf nicht vergessen: Als wir anfingen, war unser Sound stark an Punk angelehnt, doch als ich das erste Mal die Smiths hörte, wollte ich nicht länger den Bad Brains oder anderen Hardcore-Kapellen nacheifern, sondern Rock-dominierte Pop-Songs schreiben. Insofern hat Morrissey mir mehr gegeben als viele andere Musiker, die ich bewundere und schätze. That’s it. Heimat: theposies.net Auch gut: „Blood/Candy“ – das neue The Posies-Album
ten. Damit steht eine Rückkehr der Supergroup auf die Bildfläche mittelbar bevor.
Recordiau (Platten) ANVIL
PSYCHOTIC WALTZ
Die Kalifornier von Psychotic Waltz haben sich in der Originalbesetzung wiedervereint und werden im Sommer die europäischen Festivals bereisen.
Die vergessenen Metal-Großväter Anvil erhielten enormen Auftrieb durch die Veröffentlichung der von einem Fan gedrehten, sehenswerten Dokumentation „Anvil! Die Geschichte einer Freundschaft“. Nach großer Tour führt es sie nun wieder ins Studio, um ihr mittlerweile 14. Album „Juggernaut Of Justice“ aufzunehmen. Die Band spricht davon, auf jener Platte mit Metal-Jazz ein gänzlich neues Genre entdeckt zu haben.
RIVAL SCHOOLS
BADLY DRAWN BOY
Im März des kommenden Jahres steht „Pedals“ in den Läden, das erste neue Album der Rival Schools seit ihrer Reunion.
TOMTE
Frontmann Thees Uhlmann plant die Veröffentlichung seines Solodebüts für das kommende Jahr. Mit dabei soll neben Orgeln und Harfen auch Miles- und Monta-Frontmann Tobias Kuhn sein.
VELVET REVOLVER
Es heißt, dass sich Velvet Revolver alias Slash, Matt Sorum, Duff McKagan und Dave Kushner im Studio befinden, um neue Sänger auszutes-
Bei Damon Gough alias Badly Drawn Boy steht eine Album-Trilogie auf der To-Do-Liste. Teil Eins mit dem Titel „It’s What I’m Thinking Pt. 1 – Photographing Snowflakes“ wird schon im November erscheinen. Mehr dazu in diesem Heft.
BEASTIE BOYS
Ursprünglich planten die Beastie Boys die Veröffentlichung des Albums „Hot Sauce Committee Part 1“ für 2009. Eine schwere Erkrankung von Mitglied Adam Yauch funkte dazwischen, was zur unbestimmten Verschiebung des Projekts führte. Daran ändert sich nichts, statt dessen
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teilt die Band auf ihrer Website mit, dass „Hot Sauce Committee Part 2“ planmäßig ab Frühjahr 2011 die Läden zieren wird.
COLD WAR KIDS
Der Januar wird mit Sicherheit kalt, neben dem Winter steht dann auch das dritte Album „Mine Is Yours“ der Cold War Kids auf der Agenda.
DEATH CAB FOR CUTIE
Mit dem Nachfolger von „Narrow Stairs“ ist das siebte Studioalbum in Arbeit, berichtet Gitarrist und Produzent Chris Walla.
DEERHOF
Die zehnte Deerhof-Platte „Deerhof vs. Evil“ steht im Januar in den Regalen.
FLEET FOXES
Das Zweitwerk der Fleet Foxes befindet sich kurz vor der Fertigstellung. Der Titel ist noch nicht verbreitet worden.
MY MORNING JACKET
In einer Kirche ihrer Heimatstadt Louisville nehmen My Morning Jacket ihr sechstes Studioalbum auf. Ob sich sakrale Einflüsse finden lassen, darf ab Frühjahr oder Sommer des kommenden Jahres beurteilt werden.
RADIOHEAD
In einem Essay für eine britische Organisation gegen Zensur erwähnt Radiohead-Bassist Colin Greenwood, dass im Sommer neue Aufnahmen fertig gestellt wurden und die Band nun darüber entscheidet, in welcher Weise der Nachfolger des 2007er Pay-What-You-LikeAlbums „In Rainbows“ veröffentlicht wird.
WEEZER
Im Januar 2011 erscheint das vierte Album „Ventriloquizzing“ von Fujiya & Miyagi.
PJ HARVEY
THE WOMBATS
HERCULES & LOVE AFFAIR
ffilmiau a theledu
IRON AND WINE
Singer/Songwriter Samuel Beam bringt im kommenden Jahr sein neues Iron And Wine-Album „Kiss Each Other Clean“ heraus.
My new Favourite Band
Heute mit: Bradley Wyrosdick (VEARA)
Der Nachfolger des 2008er „Rise And Fall, Rage And Grace“ wird dieser Tage aufgenommen und sicher gaaaanz anders klingen.
FUJIYA & MIYAGI
Ende Januar erscheint das Zweitwerk Andrew Butlers alias Hercules & Love Affair. Als Gaststimme ist auch Kele Okereke zu hören.
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THE OFFSPRING
Dieser Tage erscheint eine Compilation mit dem Titel „Death To False Metal“ und bringt unveröffentlichte Weezer-Stücke ins Haus. Der Nachfolger der jüngst erschienenen regulären Studioplatte „Hurley“ befindet sich ebenfalls bereits in Arbeit.
Nick Cave-Drummer Mick Harvey berichtet, dass PJ Harvey ihr kommendes Album bereits im Mai aufgenommen hat. Im Februar 2011 soll das neue Werk das Licht der Musikwelt erblicken.
STARTER
Der Thronfolger des 2007er Debüts „A Guide To Love, Loss & Desperation“ der britischen Wombats ist fertig und soll zum Jahresbeginn 2011 herauskommen.
(Film und Fernsehen) MTV
Der ehemals prägende Musikkanal MTV soll ab 2011 nicht mehr im Free-TV ausgestrahlt werden. Ab diesem Zeitpunkt wird das bisher werbefinanzierte Programm in ein Bezahlmodell umgewandelt.
Meine Lieblingsband zurzeit sind die Swellers aus Flint, Michigan. Wir haben neulich mit ihnen gespielt, und sie sind live wirklich eine Macht! Die Swellers atmen den Spirit der frühen ’Fat Wreck‘-Generation mit Bands wie Lagwagon (sie covern deren Song „May 16th“) oder No Use For A Name. Es ist gut, diesen Sound von einer jungen Band zu hören. Auch gut: “What We Left Behind” – das neue Album von Veara Heimat: myspace.com/veara
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STARTER
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PIXIES
Foto: Clayton Cubitt
Die legendären Pixies um Frontmann Frank Black widmeten den geretteten chilenischen Minenarbeitern ein Konzert in Santiago de Chile. Jeder der 33 Menschen „erhielt“ einen Song der Band.
ein Mal neu überarbeitet werden müsse, denn schließlich soll die Platte perfekt werden. Daher heißt es weiter warten auf den Nachfolger ihres Debütalbums.
Mando Diao
Das Debütalbum der Shins, „Oh, Inverted World“, wird auf einer gänzlich ungewohnten Ebene interpretiert. Das Smuin Ballet aus San Francisco führt bis Ende Februar eine Choreographie zu dieser Platte auf. Wer also in der Stadt weilt...
Mando Diao haben ein MTV Unplugged-Konzert in Berlin aufgenommen, mit dabei waren illustre Gäste wie zum Beispiel Juliette Lewis. Das Konzert wird am 11. November erstmals bei MTV ausgestrahlt, am 12. November erscheint das dazugehörige Album „Above And Beyond“ und am 3. Dezember dann der ganze Spaß auf DVD. Mehr dazu auf Seite 31.
Bad Religion
Red Hot Chili Peppers
THE SHINS
Das Tribute-Album „Germs Of Perfection - A Tribute To Bad Religion“ ist fertig und kann gratis runtergeladen werden. Es beinhaltet zwölf Coversongs von namhaften Bands wie The Weakerthans, Frank Turner, Riverboat Gamblers, Tegan And Sara und weiteren.
Blackmail
Nach der Trennung von Frontmann Aydo Abay Ende des Jahres 2008, war es lange ruhig um Blackmail. Nun kommen sie aber im November für vier Konzerte auf Tour und stellen dort ihren neuen Sänger Mathias Reetz vor.
Fleet Foxes
Eigentlich hieß es, dass die Fleet Foxes ihr neues Album fertig aufgenommen hätten und zum Ende des Jahres veröffentlichen wollten. Jetzt rudert die Band zurück und erklärt, dass man sich wohl zu früh gefreut habe und das Album noch
Chad Smith verriet, dass das zehnte Studioalbum der Band zur Hälfte fertig sei und im Frühling, spätestens Sommer, veröffentlicht werden solle. Der Nachfolger von „Stadium Arcadium“ wird von Rick Rubin produziert und an der Gitarre wird John Frusciante, der die Red Hot Chili Peppers im letzten Jahr verließ, durch Josh Klinghoffer ersetzt.
U2
Laut Manager Paul McGuinness erscheint das dreizehnte Studioalbum der irischen Rockband U2 „schneller als von allen erwartet“. Der Nachfolger des 2009er Albums „No Line On The Horizon“ soll bereits vor Mai 2011 erscheinen, also vor dem Tourauftakt der Band in Nordamerika.
Mehr Neuigkeiten gibt es täglich auf sallys.ent
Die Antwoord Die einen nennen es große Kunst, die anderen die schlimmste Verarschung seit der Erfindung des Phänomens Pop. Ob Ninja, Yo-Landi Vi$$er und ihr DJ allerdings nur spielen wollen oder ihre Karriere ein einziger groß angelegter Method-Act ist, darf weiterhin orakelt werden. Fest steht allerdings, dass auch ihr Debütalbum einiges dazu beigetragen hat, dass sich die Geister an ihrer Band scheiden. Ihre Mischung aus Eurotrash, Rap und Synthie-Sounds wird nicht immer goutiert, sorgte aber gleichfalls dafür, dass ihre beiden Deutschland-Konzerte im August restlos ausverkauft waren. Nun kommen Die Antwoord für zwei weitere Shows zu uns, und dass diese alles andere als gewöhnlich werden, zumindest darüber sind sich alle einig.
DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist: Vorgestellt von: TV Buddhas
Die aus Israel zugereisten TV Buddhas haben ihre windigen Zelte derzeit in Berlin aufgeschlagen, wenn auch nur provisorisch und mit drei Heringen. Die meisten Zeit ist die Band auf Tour, wie man auch ihrem Tour-Blog mit lustigen Anekdoten von nicht zur Arbeit erscheinenden Veranstaltern oder leeren Clubs entnehmen kann.
Auf Tour 9.11. Berlin - Maria am Ufer *** 10.11. Köln - Stollwerck
NINE INCH NAILS
Berichten zufolge ist eine Mini-Sci-Fi-Serie von der BBC und HBO in der Entwicklung, die das NINE INCH NAILS-Konzeptalbum „Year Zero“ zum Thema hat. Mit NIN-Frontmann Trent Reznor arbeitet das Team von Produzent Lawrence Bender („Pulp Fiction“, „Inglourious Basterds“, „An Inconvenient Truth“) an dem Projekt.
QUEEN
Es heißt, dass Borat-Darsteller Sacha Baron Cohen in einem geplanten Queen-Film deren Frontmann Freddie Mercury verkörpern soll. Die Produktion des Films über die Geschichte der britischen Band startet im kommenden Jahr.
PHIL SPECTOR
Al Pacino wird in einem in Vorbereitung befindlichen Film den US-Musikproduzenten Phil Spector (Beatles, Rolling Stones) verkörpern. Durch die Entwicklung spezieller Produktionstechniken beeinflusste Spector die Musikwelt nachhaltig. Im Jahr 2008 wurde er wegen Mordes an einer Schauspielerin zu lebenslanger Haft verurteilt.
Y gweddill (Der Rest)
AGAINST ME!
Alle Konzerte des laufenden Jahres wurden abgesagt, über die Gründe ist noch nichts nach außen gedrungen.
Kaiser’s
Winsstr. 18-20 10405 Berlin
Heimat: tvbuddhas.com Auch gut: „Dying At The Party“ - das aktuelle Album der TV Buddhas
Wir würden euch echt gerne unsere Berliner Lieblingsläden vorstellen, aber wir sind so viel auf Tour, dass wir in den Tourpausen meistens nur zu Hause abhängen und kochen. Zur Entspannung gehen wir mal im Volkspark spazieren oder bei Kaiser‘s einkaufen. Samstags checken wir den Flohmarkt an der Wörther Straße. In Bars gehen wir kaum, davon sehen wir genug auf Tour.
MILLENCOLIN
Das Album „Pennybridge Pioneers“ der schwedischen Skatepunker Millencolin feiert seinen zehnten Geburtstag, beschenkt werden die Fans in Form einer Tour, die im April durch Deutschland führt.
Hier die Termine für drei Stunden Rock/Punk/Alternative Radio im UNCLESALLY*S NIGHTFLIGHT mit Flo im November, jeweils ab 0.00 Uhr (natürlich LIVE auf allen Frequenzen von Fritz und auf fritz.de, dort auch im Anschluss 24/7 als Loopstream!): Vom 11. auf den 12.11. & 25. auf 26.11. - um Mitternacht!
60 SEKUNDEN mit:
THERAPY?
Therapy?-Frontmann Andy Cairns ist in seinem Leben viel rumgekommen, hat viele Bücher gelesen, viele Menschen analysiert und viel Obst gegessen. Ich würde mein musikalisches Talent opfern für... ...alles, was mit dem Wohlergehen meiner Familie zu tun hat. Wenn ich in der Zeit zurückreisen und eine berühmte Person treffen könnte, würde ich... …ins Paris der Fünfzigerjahre reisen und Samuel Beckett treffen. Er ist einer der wenigen Schriftsteller, die mir verständlich machen konnten, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Er beschönigt nichts, ohne dabei herablassend zu sein. Er zeigt uns das Absurde des modernen Menschen. Außerdem hat er meine Augen für andere kulturelle Aspekte wie Philosophie, Gnosis, das Werk Dantes und den Pathos von weißen und schwarzen Slapstick-Komikern geöffnet. Wenn du mit einer Frau die Rollen tauschen könntest... ...würde ich Nina Simone sein wollen. Ihre Art zu singen und dabei echte Geschichten zu erzählen, war hinreißend. Sie war eine Bürgerrechtlerin, die dein Herz mit unvergesslichen Liebesliedern zum Schmelzen bringen konnte. Hört euch „Plain Gold Ring“ von „Nina Simone In Concert“ an, dann wisst ihr, was ich meine. Wenn du ein Produkt in einem Supermarkt wärst, müssten wir dich in welcher Abteilung suchen? ...beim Obst und Gemüse. Ich esse mehr Obst als alles andere, ganz besonders Äpfel. Wenn ich für zwei Minuten das Wort an die Welt richten könnte, würde ich sagen: “Wir sind nur einmal hier. Also lasst uns wenigstens versuchen, das Beste daraus zu machen!” Wenn du einen Tag lang Gedanken lesen könntest, wessen Nähe würdest du meiden? Ich würde jeden meiden, den ich für unsicher halte. Meiner Erfahrung nach sind unsichere Leute destruktive Mistkerle und Feiglinge. Natürlich war auch ich schon oft ängstlich, schüchtern und unsicher, doch die Art von Menschen, über die ich hier rede, würde alles für andere zerstören, um sich selbst zu profilieren. Das Musikbusiness ist voll mit unsicheren Leuten, die meinen, die Welt hätte ihnen etwas zu verdanken. Heimat: therapyquestionmark.co.uk Auch gut: „We’re Here To The End“ - das erste Live-Album von Therapy?
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MUSIK STORIES
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Parken ihre Karre mit Vorliebe in der Wüste: Warpaint aus Los Angeles.
Warpaint
Wegtreten lassen Warpaint haben alle Connections, die man für eine erfolgreiche internationale Karriere so braucht. Aber auch ohne prominente Unterstützung füllt das kalifornische Quartett ein Vakuum, von dessen Existenz man bislang nichts wusste. Verträumte Gitarreneskapaden und sehnsüchtiger Gesang machen bis auf weiteres so einiges an Drogen überflüssig. Emily Kokal kann sich noch gut an ihr Leben vor Warpaint erinnern: „Ich habe in einem Internetcafe gearbeitet, in dem die Kunden nichts anderes zu tun hatten, als Videospiele zu spielen“, sagt sie. Zukunftslose Jobs wie diese haben sie und ihre BandKolleginnen letztlich dazu angestachelt, endlich ernst zu machen mit der Karriere als Rockstars, und nach einigen Besetzungswechseln ist es jetzt so weit. „Auf unserer ersten EP gab es noch vier verschiedene Drummer, inzwischen macht Stella das alleine.“ Warpaint, das sind vier entschlossene Ladies aus Los Angeles, die sich in einen leicht unzeitgemäßen Gitarrensound verliebt haben, der jedes ihrer Stücke wie einen kopfnickenden Wachtraum erscheinen lässt. ‘The Fool‘, ihr Debütalbum, könnte man sich ohne weiteres als hypnotische Instrumental-LP vorstellen, wenn da nicht diese rauschhaften Vocals wären, die jeden der durchschnittlich sechsminütigen Songs in eine andere Umlaufbahn katapultie-
ren würden. Warpaint klingen die meiste Zeit wie ein energischer Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz, und doch spielt sich das alles eindeutig im legalen Bereich ab. Und auch wenn ihre musikalische Finesse ganz auf dem eigenen Mist gewachsen ist, öffnete ein namhafter Unterstützer bereits einige Türen. „Nun ja, es ist kein Geheimnis“, sagt Emily. „Ich war mal mit John Frusciante von den Red Hot Chili Peppers zusammen. John hat unsere EP gemischt, inzwischen ist unser damaliger Drummer Josh Klinghofer der Leadgitarrist der Chili Peppers.“ Der Personalwechsel hat sich wohl für beide Bands gelohnt, das Unnahbare ist dabei aber ganz bei Warpaint geblieben. „Wir haben zum Beispiel die Texte absichtlich nicht abgedruckt, weil wir das Mysteriöse an uns aufrecht erhalten wollen“, sagt die Sängerin. Alle Entscheidungen in dieser Richtung sind durchdacht, was ihrer Band in Zeiten der allgegenwärtigen internettypischen Transparenz eine Aura des Ungreifbaren erhalten soll. „Das fängt schon bei unserem Namen an. Warpaint ist
wie eine Maske, etwas, was man sich aufmalt, um etwas anderes zu repräsentieren. Mit unserer Musik ist das nicht anders.“ Mit der Suche nach einem passenden Bandnamen verbrachten die vier dabei offenbar fast so viel Zeit wie mit den neun Songs auf dem Album; ein Prozess, den sie offensichtlich liebgewonnen haben. „Schade eigentlich, dass wir uns schon für Warpaint entschieden haben“, sagt Emily. „Im Grunde war es schön, unsere Freizeit mit dem Suchen nach Bandnamen zu verbringen. Aber was soll’s – jetzt werden die anderen Kandidaten eben Songtitel.“ Am Vorabend des Erfolgs ist sie sich jetzt schon sicher, das Internetcafe zu Recht gegen die Bühne getauscht zu haben. „Es ist genau wie wir es uns vorgestellt haben, abgesehen vielleicht vom Geld. Wobei selbst das im Moment unsere Erwartungen übertrifft.“ Text: Michael Haacken Heimat: warpaintwarpaint.com
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MUSIK STORIES
Seite 9
SLEIGH BELLS
Schneewittchen im Terrorland Alexis Krauss singt mit zuckersüßer Pop-Stimme – Derek Miller kümmert sich darum, dass ihr Gesang zusammen mit Gitarre und Drums klingt, als wären iPod oder Stereoanlage kaputt. Das Dance-Rock-Duo Sleigh Bells aus Brooklyn, das gerade sein wunderbar irritierendes Debütalbum „Treats“ veröffentlicht hat, ist das neueste Mitglied einer Clique von Mann-Frau-Zweiergespannen mit klaren Zuständigkeitsbereichen. Bei Bonnie und Clyde regierte noch die traditionelle Arbeitsteilung: Clyde knallte die Polizisten und Bankangestellten ab, während Bonnie für das Nachladen zuständig war. Wäre das Gangsterpaar in den Dreißigerjahren eine Band gewesen, wäre Bonnie Bassistin und Clyde für Gesang und Frontmann-Gehabe zuständig gewesen. Dass inzwischen alles anders ist, beweisen Duos wie Crystal Castles, The Kills und neuerdings Sleigh Bells: Er lädt hinten nach, sie eröffnet vorne das Feuer. Im Falle von Alexis Krauss, weiblicher Part der Metal-PunkHipHop-Elektro-Band Sleigh Bells, ist die Munition eine professionell ausgebildete Gesangsstimme, desweiteren trainiert in einer Girl-Pop-Gruppe. Derek Miller, ähnlich gut im Nachladen wie einst Bonnie Parker, kümmert sich um den Rest – Songs schreiben, Gitarre, Drums aufzeichnen und verzerren, anschließend alles ordentlich übersteuern.
Das haben sie jetzt davon: Sleigh Bells aus Brooklyn.
Derek Miller, früheres Mitglied der Post-HardcoreBand Poison The Well, fand seine zweite Hälfte im Juli 2008 in einem New Yorker Restaurant, in dem er als Kellner jobbte. Aber ob die damalige Spanisch-Lehrerin wirklich die war, die Miller gesucht hatte? Die hämmernden Beats und die verzerrten Rhymes auf dem Debüt „Treats“, aber auch die brennenden Gitarren im Video zur Single „Infinity Guitars“ erwecken eher den Eindruck, als habe er auf ein Double von Crystal CastlesKrawallfrau Alice Glass gewartet – oder auf M.I.A. Was er bekam: ein tätowiertes Schneewittchen mit
Isobel-Campbell-Stimme. Und genau die macht sein ohrenbetäubend lautes, chaotisches Projekt mit ihrer melodiösen Mädchenstimme so irritierend interessant und gegensätzlich. M.I.A. bekam Derek Miller dann ohnehin noch oben drauf: Die Stilmix-Queen aus London nahm Sleigh Bells auf ihrem Label N.E.E.T. Recordings unter Vertrag. Damit ist auch klar, wer Sleigh Bells Unterricht in Sachen HipHop-Beats gegeben hat. Text: Silvia Weber Foto: Phil Knott Heimat: myspace.com/slieghbellsmusic
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AUF ACHSE
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auf achse...
! zur (AUS-)MUSTERUNG ! AT BE T! EA !B AT BE IT M
Text: Christine Stiller Fotos: Sebastian Gabsch Heimat: myspace.com/beatbeatbeatband Auch gut: „Lightmares“ das Debütalbum von Beat!Beat!Beat!
Ihr wollt nicht zum Bund? Dann ist das hier eure Doppelseite. Auch die vier jungen Freunde von Beat!Beat!Beat mussten sich recht aktuell mit der Frage auseinandersetzen, wie sie sich (unter Umständen) ausmustern lassen können. Wir haben gemeinsam mit Tim, Joshua, Moritz und Marius ein paar erfolgsversprechende Tricks zusammengestellt, so dass ihr euch Lebkuchenherzen und Händchenhalten bei der Musterung auch sparen könnt.
1. NEURODERMITIS-BLUFF!
Ein Ekzem ist bei der Musterung ungern gesehen: Deshalb verbringt Sänger Joshua Stunden vor dem Spiegel, um mit einem billigen Gesichtspeeling eine böse Hautirritation hervorzurufen.
Er weiss: der Clou des Ganzen ist, das Peeling in schnellen, zackigen Bewegungen mit der rauen Seite eines Putzschwamms in die Haut einzuarbeiten.
3. Temporäre Hüftschiefstand
2. ALLERGIEN HERANZÜCHTEN!
Solltet ihr selbst noch nicht stolzer Besitzer der einen oder anderen Überempfindlichkeit sein, empfehlen wir die „Nuss-OD“. Sieben Packungen pro Tag und das eine Woche lang - prompt heisst es: Pusteln, Erstickungsanfälle, Jucken am Gaumen – damit schickt euch niemand in die Wildnis oder ein Altenheim.
4. Leistenbruch!
…bemüht sich Bassist Tim, sich beim Anheben des gemeinsamen Tourfahrzeugs einen Leistenbruch zuzuziehen.
Während Gitarrist Moritz mit einem Bein auf der Bordsteinkante joggt, um so einen vorübergehenden Beckenschiefstand zu erzeugen...
5. Fettleibigkeit und Muskelschwund
Joshua setzt derweil auf die Gegentaktik. Als Sänger darf er sich auf Grund seiner Sonderstellung offiziell bedienen lassen. Deshalb verlässt er diese Liegeposition in den nächsten vier Wochen nur, wenn er getragen wird. Die einseitige Fastfood-Ernährung verstärkt dabei das Wachstum der Fettzellen um ein Hundertfaches.
6. BLUTHOCHDRUCK!
Mit seinem hochdosierten Kaffee-Cola-Gemisch macht sich Drummer Marius am Morgen vor der Musterung bereit fürs Blutdruckmessen. So etwas werden die Ärzte während ihrer gesamten Laufbahn noch nicht gesehen haben.
7. Der Knacks!
Als Joker gilt der gespielte Psychotick. Hier gibt Moritz seinem Kumpel Joshua entscheidende Instruktionen für den sogenannten Rorschach-Test.
Statt dem Psychologen im Gespräch zu sagen, dass er in solch einem Tintenklecks einen Schmetterling, eine Fledermaus oder Motte erkennt...
...sieht er angeblich: “Wie mich mein Meerschweinchen mit einer Kalaschnikow bedroht.“ Perfekt... Na dann, gutes Gelingen!
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MUSIK STORIES
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Der alte Mann und das Mehr: Damon Gough aus Manchester.
Badly Drawn Boy Einfach immer weitermachen
Badly Drawn Boy sind eine Band, mehr denn je, betont ihr Frontmann Damon Gough und schickt das neue Werk ‘It’s What I’m Thinking Pt.1“ als Beginn einer Albumtrilogie ins Rennen. Ambitionen so weit das Auge reicht - nur gutgehen muss die Sache noch. Badly Drawn Boy haben derzeit den Arsch voll Arbeit. Nach einer längeren Schaffenspause wollen sie es allen beweisen und zeigen, dass der große Durchbruch zu Beginn der letzten Dekade kein Zufall war – sondern auf einer unerschöpf lichen Kreativität fußt, die nun auch musikalisch ihren Widerhall findet. Der ebenso pragmatisch wie freundlich wirkende Damon Gough weiß genau, was er sich und seinen Kollegen damit zumutet: „Große Konzepte erfordern Mut, Durchhaltevermögen und gute Ideen. Das Handtuch werfen gilt nicht“, lautet seine Kampfansage an die Musikwelt. Der Plan: Eine Albumtrilogie, die unter dem Arbeitstitel ‘It’s What I’m Thinking’ mit dem ersten Teil ‘Photographing Snowflakes’ ihren Anfang nimmt und bereits in den kommenden drei Jahren Part Zwei und Drei folgen lassen will. „Unzählige Musiker haben das Konzept aus mehreren, zusammenhängenden Alben vorgemacht. Und das sehr gut, wie ich finde“, erklärt der britische Kollege
mit Pudelmütze auf und unzähligen Flausen im Kopf. „Das war anfänglich keine Absicht, aber als wir mit so vielen Songs im Studio standen, wollte niemand auf einen verzichten – also heben wir jetzt einige für die Fortsetzungen auf.“ Erstaunlich ist daran Zweierlei: Zum einen überrascht das durchweg hohe Niveau der aktuellen Beiträge: Wo der Vorgänger ‘Born In The UK’ (2006) an zu vielen Kompromissen krankte, ist der neue Longplayer voll von beseeltem und atmosphärischem Songwriter-Pop. Andererseits verwundert die Tatsache, dass Gough das Personalpronomen „wir“ benutzt, wenn er von Badly Drawn Boy spricht. Eigentlich handelt es sich dabei um sein Alter Ego, oder etwa nicht? Er lächelt und streicht sich verlegen durch den Bart: „Ja, aber inzwischen bin ich eins mit meiner Band und deswegen bezeichne ich Badly Drawn Boy als solche.“ Trotzdem sei ‘It’s What I’m Thinking Pt. 1’ sein bislang persönlichstes Album, weil es „mehr mit mir zu tun hat, als manche glauben“. Uns bleibt
derweil nur andächtiges Staunen und die Erkenntnis, dass Damon Gough ein pfiffiges Kerlchen ist. Dreifach clever, sozusagen. Text: Marcus Willfroth Heimat: badlydrawn.muronia.com
VaterFreuden Unter Damon Goughs flauschiger Kopfbedeckung scheint sich einiges getan zu haben – nicht verwunderlich, meint der britische Alleskönner, schließlich habe er jetzt mehr Verantwortung und endlich einen Ausgleich zur Musik gefunden: „Durch meine Rolle als Vater habe ich gelernt, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen und würde behaupten, dass mich meine Kinder komplett umgekrempelt haben. Ich bin viel gelassener geworden“, freut er sich und gibt leicht beschämt zu: „Inzwischen gibt es sogar Wochen, in denen ich überhaupt keine Musik mache und lieber mit den Kids im Garten spiele – das wäre vor einigen Jahren unvorstellbar gewesen.“ Zeiten ändern sich und Damon Gough kann ein Lied davon singen.
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MUSIK STORIES
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MURDER
Slapstick zum Heulen Nach vier Jahren erscheint ein neues Album des dänischen Folk-Duos Murder. Gemessen an dem minimalistischen Vorgänger ist ‘Gospel Of Man‘ eine Oper geworden. In den Texten wimmelt es von Priestern, verlorenen Seelen, Bibeln und dem Tod. Auf dem Cover prangt ein obszön anmutender geteilter Apfel, darüber der Titel ‘Gospel Of Man‘: Auf den ersten Blick ist man geneigt, das neue Werk von Murder als verschroben religiöses Konzeptalbum zu interpretieren. Dem sei aber mitnichten so, versichert Jacob Bellen, der bärtige Sänger des dänischen Duos. „Wir interessieren uns einfach für Themen wie Spiritualität, Bewusstsein oder das Jenseits.“ Außerdem entstünden viele seiner Texte in einer Art Strom freier Assoziation – nix mit Konzept also. In diesem Sinne sei auch die Zeile „I’m just a singer of nonsense“ in der von verstimmten Klavier getragenen Ballade ‘Picker Of Cotton‘ zu verstehen. Fairerweise muss allerdings gesagt werden, dass es besser wäre, alles, was Bellen über die neuen Songs sagt, erst einmal unter Vorbehalt zu glauben. „Oft kapiere ich selbst erst nach vier, fünf Jahren, worum es in meinen Liedern geht“, erklärt der 31-Jährige. Wer weiß, was er im Jahr 2015 über das dritte Album seiner neben I Got You On Tape zweiten Band sagen wird.
Haben schon so einige auf dem Gewissen. Murder aus Kopenhagen.
Worüber er heute schon reden kann, ist die Musik, die er gemeinsam mit Anders Mathiasen, der gerade an einem Soloalbum bastelt, aufgenommen hat. Leichter sei die geworden, sagt Bellen, was stimmt. Aber auch opulenter. Über den sanften Folk-Gerüsten liegen plötzlich mehrspurige Streicher-Arrangements, die Harmonien sind schräger und damit weniger vordergründig als es noch auf ‘Stockholm Syndrom‘ mit seinen minimalistischen Songskeletten der Fall war. Der Einsatz des Schlagzeugs verleiht der Musik etwas Federndes.
Geblieben ist die Traurigkeit, die über allem schwebt, getragen von Jacob Bellens warmer und brüchiger Stimme. „Ich werde meine Melancholie durch das Schreiben trauriger Musik los“, erklärt er. Deshalb solle man auch nicht denken, Murder säßen die ganze Zeit deprimiert im Studio rum. Im Gegenteil. „Wen man hinschaut, entdeckt man hinter der Schwere eine Menge Slapstick.“ Text: Moritz Honert Foto: Johanne Fick Heimat: myspace.com/murderdk
SPEED DATING
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SPEED DATING
Tusq Suchen: Nach Freunden des schönen Klanges, die sie einfach mal machen lassen. Der erste Eindruck: Gute Nachricht für alle Groupies: Mit einem Date habt ihr hier gleich diverse Bands im/am Sack. Darin bin ich eigen: Paul (Bass/ Herrenmagazin), Timo (Gitarre/ Schrottgrenze), Holger (Schlagzeug/The Coalfield) und Uli (Gesang/D-Sailors) spielen Songs,
Begbie Suchen: Nette Mädels, die sich gern bei melodiöser Rock-Musik einen Erdbeer-Caipi gönnen. Der erste Eindruck: Ja, so klingen sie: deutsche Bands, die poppig-melodiöse Rock-Musik machen. Hier erfindet niemand Räder neu, aber das erwartet ja auch niemand. Das YChromosom wurde schließlich auch seit Jahrhunderten nicht überarbeitet. Rülps. Darin bin ich eigen: Eine Garantie für die gute Partie: Neben den üblichen Verdächtigen zieht diese Band auch Mädels mit Jura/ BWL-Background (zu erkennen an: pastellfarbenen Rollkragenpullis, pastellfarbenen Halstüchern, Perlenohrringen und sauber arrangierten blonden Strähnchen). Zugreifen. Hochzeit oder kurze Affäre: Während die Jungs den Beifang fischen, sollten alle Mädels, die endlich kapiert haben, dass Männer in Bands auch nur Menschen und keineswegs immer böse Typen sind, ruhig einen Datingschritt nach vorne wagen. Heimat: myspace.com/begbieband Aktuelles Album: „The Age Of Golden Lies“
die ihnen wirklich am Herzen liegen: ein bisschen Indie, ein bisschen Pop, ein bisschen Mucker. Was für ein guter Fang. Ehrlich. Hochzeit oder kurze Affäre: Das ist wie mit den Smartphones – je mehr Funktionen Handys haben, desto instabiler sind die Dinger. Eine Band aus vielen exklusiven Einzelteilen – seien wir vorsichtig. Heimat: myspace.com/tusq Aktuelles Album: „Patience Camp“
Foto: Nilz Böhme
Pollywogs Suchen: Indie-Liebchen für Dirty Words & Dirty Sex auf very british. Der erste Eindruck: Wenn euch euer Date gleich mit "How many dicks did you suck?" begrüßt und dann erklingt ein kleiner Chor mit „oooohs“ im Hintergrund, seid ihr Clubhäschen natürlich empört: Was kommt der euch hier mit Chorgeplärre. Unerhört! Das werden die Schwiegereltern sagen: Bei ihrem jugendlichen Sprechdurchfall könnt ihr nur hoffen, dass die Pollywogs beim Begrüßen eurer Eltern nicht oben genanntes Programm aus ihrem Song „Our Love Is“ abspulen, sonst sagen die gleich gar nichts mehr. Hochzeit oder kurze Affäre: Ein süßes Affärchen kann niemand verwehrchen. Vor allem ist das fast, wie was mit
einem von den Libertines in jung zu haben. Mit guten Zähnen. Heimat: myspace.com/milfiandthefuckers Aktuelles Album: „Dirty Words & Dirty Sex“
The Builders And The Butchers Suchen: Vegetarier der Stufe 5. Der erste Eindruck: Doch auch, wenn ihr esst, was einen Schatten wirft, könntet ihr nette 5/50/500... Minuten mit diesem Folk/Americana-Quartett aus dem sagenumwobenen Portland, Oregon, verleben. Das werden die Schwiegereltern sagen: Mensch, du hast so einen guten Geschmack, wo lernt man denn so welche kennen? (Die in diesem Fall richtige Antwort: „Nicht bei der Schlagerparade von Antenne Saarland!“) Hochzeit oder kurze Affäre: Wer gern langfristig plant und dabei nicht auf den ewig hochlebenden
Metal setzen will, der sollte sich tatsächlich überlegen, seine Libido in Sachen Folk zu engagieren. „Volksmusik“ ist nie wirklich out, denkt nur ans „Musikantenstadl“. Heimat: myspace.com/thebuildersandthebutchers Aktuelles Album: „Dead Reckoning“
Foto: Jeremy Saffer
Our Last Night Suchen: One-Night-Stands, die auch am Morgen danach mit brummendem Katerkopf noch „Prrrost-Hardcore“ brüllen. Der erste Eindruck: Hallöchen, wir dachten, das Pubertätsgeschrei und die Stimmungsschwankungen hätten wir überwunden! Das wurde jedenfalls von deiner Mutter behauptet, als wir versucht haben, dieses Date auszuhandeln und sie unter DEINER Festnetznummer an der Strippe hatten. Das werden die Schwiegereltern sa-
gen: Süß, Besuch für deinen kleinen Bruder. Hochzeit oder kurze Affäre: Greift zu, ihr Damen! Auch wenn der junge Mann ja praktisch gerade erst geschlechtsreif geworden sein dürfte und er auf Tour viel lieber auf die Nomadennummer setzt, habt ihr hier sicher ganz gute Chancen auf was nettes Kurzes – weil für lang ist nicht. Heimat: myspace.com/ourlastnight Aktuelles Album: „We Will All Evolve“
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MUSIK STORIES
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Senses Fail Kumpelbasis
Auf ihrem neuen Album ’The Fire’ spielen sich Senses Fail den aufgestauten Frust der letzten zwei Jahre von der Seele. James “Buddy” Nielsen trägt seinen Spitznamen nicht zu Unrecht. Der Senses Fail-Frontmann ist ein New Jersey-Boy aus dem Bilderbuch, ein Buddy eben, ein Kumpel-Typ – freundlich und immer mit dem Herzen bei der Sache. Die Sozialstruktur seiner Band ist dementsprechend ähnlich beschaffen. Über die Jahre haben Senses Fail nicht nur fast eine Million Tonträger umgesetzt, sondern sind auch auf menschlicher Ebene erfolgreich zum Auffangbecken der amerikanischen Punk-Prominenz geworden. Ob Midtown-Sänger Heath Saraceno oder Hot Water Music-Bassist Jason Black, alle finden eine neue musikalische Heimat im warmen Schoß der glücklichen Senses Fail-Familie. Mit grundsympathischem Auftreten bedienen die „hardest working men in showbiz“ permanent den Mythos der Rock-Band-Superfreunde. Was sich im Zeitraum zwischen der aktuellen Senses Fail-Veröffentlichung ’The Fire’ und dem vorigen Album zuträgt, ist allerdings eine dieser Geschichten, die aus Blutsbrüdern Erzfeinde machten. Buddy Nielsen und seine Band verbringen in jenen Wochen viel Zeit in Gerichtssälen. „Wir mussten um alles kämpfen, was wir lieben und wofür wir gearbeitet haben. Wir haben fast unseren Bandnamen
Best Of: Senses Fail aus New Jersey und so.
verloren. Es war eine beschissene Zeit“, resümiert Nielsen, dem das Thema nach wie vor spürbar nahe geht. Beschissen ist die Zeit vor allem deshalb, weil der Gegner vor Gericht kein seelenloses Label, sondern ein ehemaliges Bandmitglied ist, einer aus dem Schoß der Familie, der im Nachhinein noch sein Stück Kuchen haben möchte. „Mir fällt es immer schwer, Ex-Bandmitgliedern wieder zu begegnen. Wenn jemand deine Band verlässt, ist das, als würde eine Beziehung auseinander brechen. Dieser Streit war wie ein Rosenkrieg, eine sehr enttäuschende Erfahrung, die uns heftig daran erinnert hat, warum wir uns damals getrennt haben.“
Im Anschluss an den letztlich gewonnenen Prozess verwandelt sich die Kumpelbasis Senses Fail in ein Stressbewältigungsseminar. „’The Fire’ ist persönlicher geworden, weil ich so viele Emotionen mit mir rumgeschleppt habe. Auf diesem Album geht es thematisch nur um mein Innenleben. Die Extreme der letzten Zeit ließen uns an unsere Anfangstage denken, deshalb haben wir auf den genretypischen Bombast verzichtet“, sagt Buddy Nielsen und verabschiedet sich. Er muss noch mit seinen Bandkumpels proben. Text: Timo Richard Heimat: sensesfail.com
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MUSIK STORIES
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Absynthe Minded Die Gedanken sind frei
Mal hymnisch und herzergreifend, mal scheppernd und rasselnd – das ist die Jazzverliebte Variété-, Folk- und Rock-Melange der fünf Belgier von Absynthe Minded. Mit Geigen, Klavier und Akkordeon sorgen Bert Ostyn & Co. auch auf ihrem selbstbetitelten vierten Album für gehörig Groove und schwindelerregende Höhen. Neben den bekannten Waits-, dEUS- und BeatlesAnleihen, schimmern diesmal allerdings verstärkt Singer-/Songwriter-Momente durch. Die Texte hierfür schreibt Bert am liebsten selbst und in trauter Einsamkeit: „Ich arbeite viel nachts, während alle anderen schlafen. Das gibt mir die Möglichkeit, Dinge, die ich tagsüber erlebe, zu verarbeiten.“ Nur einmal hat er sich eines Besseren belehren lassen, als er für das Stück ‘Envoi’ beim belgischen Dichter Hugo Klaus abschrieb: „Das Gedicht ist pure Inspiration. Es geht darum, ein Kunstwerk zu beenden und darum, wie gut sich das anfühlt.“ Und Hugo Klaus ist nicht der einzige, von dem die fünf Eigenbrötler sich ins gekonnte Handwerk greifen lassen.
Für die neue Platte ziehen Absynthe Minded keinen Geringeren als Jean Lamoot (bekannt durch Alain Bashung, Noir Désir und Girls In Hawaii) zu Rate und sind begeistert: “Jean redet nicht allzu viel, hat eine starke Meinung und eine Vision. Außerdem brauchen wir ab und an wirklich jemanden, der objektiv sein kann.“ Für die Aufnahmen haben sie sich nach Paris zurückgezogen, um sich nur auf die Musik konzentrieren zu können: „Freiheit und Selbstbestimmung sind das allerwichtigste!“, so Bert. „Es wäre ein Alptraum für uns, jeden Morgen auf Arbeit gehen zu müssen und nicht unsere Kreativität ausleben zu können...“ Text: Stephanie Johne Heimat: absyntheminded.be
The Whigs Junge Männer
Parker Gispert ist müde. Verständlich, schließlich gilt seine Band The Whigs doch als hart tourende Combo, als fleischgewordene Inkarnation des Lebens aus dem Koffer. So was kann durchaus Spaß machen. „Vor allem, weil man nach den Shows noch prima ausgehen kann“, lacht The Whigs-Frontmann Gisbert. „Das ist eigentlich immer aufregend, egal ob du gerade in Deutschland oder in Louisiana bist. Natürlich zehrt das auch an den Kräften, aber wir sind ja alle noch junge Männer und können das daher ganz gut ab.“ Füllt die Band als Headliner in ihrer Heimat bislang Clubs in der Größenordnung zwischen 500 und 1.000 Leuten, so dürfte ihr aktueller Job als Vorband der Kings Of Leon diese Kapazität hier wie dort wohl in absehbarer Zeit nach oben korrigieren. Da passt es ganz gut, dass mit dem dritten Spross ‘In The Dark‘ weniger eine geradlinige Rock’n’Roll-Platte als ein klares Bekenntnis zur
breiten Masse veröffentlicht wird. Hier eine Prise Pop, da etwas mehr in die Breite und natürlich immer voll auf die Mädels. Das klingt gar nicht so unsympathisch, und glaubt man Parker, war das irgendwie auch Absicht: “Die Songs sind innerhalb eines Jahres entstanden, also über gut elf Monate. Die in dieser Zeit vollzogene Entwicklung hört man den Stücken natürlich an.“ Eindrücke und Kulissen, die - insbesondere als Vorband der Kings Of Leon - wohl nicht selten gewaltig waren. Damit sind The Whigs also die nächste Band, an der man als Radiohörer zukünftig wohl nicht vorbei kommt. Unangenehm ist das nicht. Text: Ben Dominik Heimat: thewhigs.com
Pohlmann
König des Kuschel-Rock
Drei Jahre hat sich Pohlmann für sein neues Album ’König Der Straßen’ Zeit gelassen. Dafür hatte er sogar ein schon fertiges Werk verworfen. Die Entscheidung hat sich gelohnt – für ihn und die Hörer, denn Pohlmann ist tatsächlich in Bestform. Gleich mit seiner ersten Solo-Single ’Wenn Jetzt Sommer Wär’ aus dem Debüt ’Zwischen Heimweh Und Fernsucht’ landete der ehemalige Frontmann der Hamburger Band Goldjunge 2006 einen kleinen Hit. Für sein zweites Album ’Fliegende Fische’ ließ er sich danach relativ wenig Zeit und legte schon im Herbst 2007 nach. Eigentlich wollte er in dem Rhythmus weitermachen, doch dann kamen die Zweifel. Für seinen dritten Wurf suchte er einen neuen Ansatz… und fand ihn gemeinsam mit Produzenten Ralf Mayer (Clueso, Die Fantastischen Vier). Wobei die Liebesgeschichten zu Pop-Rock-Klängen nun nicht total anders klingen als vorher. Der Erfolg gibt Pohlmann aber Recht. Mit ’König Der Straßen’ hat er nun seine höchste Position in den
deutschen Albumcharts erreicht. Auch wenn es (bisher) nicht für die Top Ten gereicht hat, freut er sich „schon sehr darüber, wie es jetzt gelaufen ist!“ Eine Möglichkeit, die Fanbasis weiter auszubauen, wäre natürlich ein Beitrag auf der nächsten ’Kuschelrock’CD. Silbermond, Xavier Naidoo und selbst Peter Fox sind da neuerdings drauf zu finden. Ganz abgeneigt wäre Pohlmann nicht bei so einer Zusammenarbeit: „Ich habe früher selbst Kuschelrock gehört. ’Kuschelrock’-CDs sind auch keine Schublade, sondern ein Sammelsurium von ’Ficksongs’. Im besten Falle kann ich eines der besseren Lieder hinzusteuern. Aber ich für meinen Teil könnte nie mit deutschen Texten im Hintergrund Sex haben.“ Text: Holger Muster Heimat: pohlmann-musik.de
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AUF DER COUCH
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MIT: AUF DER COUCH
?! Dave Wyndorf Wer wird der Nächste im Club der toten Rock-Legenden? Dave Wyndorf etwa? Bitte nicht, der Mann macht mit Monster Magnet noch immer viel zu gute Musik! Seine Vita aber liest sich wie Sodom und Gomorrha: Sexorgien, Tablettensucht, Defibrillator – was treibt diesen vollblutrockenden Monstermagneten bloß um? Inwiefern hat Rock-Musik deine Persönlichkeit geformt? Sie hat mir geholfen, mich selbst zu erkennen. Vor Monster Magnet wusste ich nichts mit meiner Kreativität anzufangen und hatte kein Ziel im Leben. Der Rock hat dann den Schleier von meiner wahren Persönlichkeit gelüftet. Hast du mit deinem Rock-Image Minderwertigkeitskomplexe kompensiert? Die meisten Rock-Musiker waren früher eher scheue Menschen mit sozialer Phobie. Also zogen sie sich zurück und wurden Künstler. Bei mir war es ähnlich, auch ich war früher ein ängstlicher Typ. Vor allem bei den Ladies! Die hast du ja später nachgeholt. Erzähl von einem typischen Tourtag zu eurer Hochzeit Ende der Neunziger. Stadt auschecken, Soundcheck um fünf, ein paar Stunden pennen, Show spielen und danach eine exzessive Party schmeißen, nach der du Sex im Bus, Hotel oder wo auch immer hast. Überall sind Drogen, Alkohol, Kokain - alles da. Und das geht dann Tag für Tag so weiter, manchmal jahrelang. Im Prinzip ist es ja heute noch so. Das kann dich in den Wahnsinn treiben – doch in einer Rock-Band kannst du diesem Lifestyle nur schwer widerstehen. Dennoch behauptest du, dass du nie drogenabhängig warst. Stimmt ja auch. Als Teenager habe ich alles durchexerziert: LSD, Hasch, Kokain. Doch als wir Monster
Magnet gründeten, war ich damit durch – mir ging’s bei dieser Band eher um Sex und Rock’n’Roll statt um Drogen. Wenn ich mich zudröhne, verpasse ich ja auch das Beste im Bett! Sex & Rock’n’Roll ist also kein Klischee bei euch? Ursprünglich war das alles nur meiner Phantasie entsprungen: Ich schrieb es auf und sang darüber. Doch irgendwann wurde das Gesungene dann wahr: der Sex, die Drogen, alles. Ich erinnere mich, dass ich mal nach einer irrsinnigen Orgie mit mehreren Mädels im Hotelzimmer saß und dachte „Alter, vor fünf Jahren hast du nur darüber gesungen, und jetzt ist der Scheiß real!“ Wenn die Drogen nicht wichtig waren – warum dann euer Drogen-Image? Wie gesagt, als Teenager waren Drogen mein Leben. Mit Monster Magnet wollte ich diesem Lifestyle, der mich stets fasziniert hat, huldigen. Die frühen Siebziger waren eine merkwürdige Zeit: Drogen waren nicht
nur akzeptiert, sie wurden sogar von vielen Massenmedien befürwortet. Die Leute dachten, dass Drogen gesund sind – verrückt, oder? Die psychedelische Musik, die Biker-Movies, die Acid-Geschichte mit Timothy Leary – diese ganze Drogenkultur hatte in meiner Jugend großen Einfluss auf mich. Nicht die Drogen selbst, sondern die Wahrnehmung der Drogen. Was denkst du über den Tod? Du hast ihm ja schon öfter ins Auge geblickt. Ein paar Mal war ich im Prinzip schon hinüber, ja. Einmal hatte ich zu viel gesoffen und mir eine Lungenentzündung geholt, da wäre ich fast abgekratzt. Dann die Geschichte mit der Schlafmittelabhängigkeit: Auch ’ne ziemlich knappe Nummer. Aber bei meinem Lebensstil musst du dich über kurz oder lang mit dem Tod beschäftigen. Du hast zwei Möglichkeiten: Entweder du akzeptierst, dass du sterben wirst, oder du ignorierst es. „Tod? Nein, danke!“ Text: Ben Foitzik Heimat: zodiaclung.com
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Einst ins Rennen gestartet als MTV-gepimpte Sound-Blaupause von Blink 182, hatten sich Good Charlotte mit ihrem 2007er Album ’Good Morning Revival’ endgültig vom Punk gelöst und waren in den Achtzigern versunken: Beats, HipHop, R’n’B und Pop – die einstigen Rancid-Ziehsöhne machten es sich in der Disco bequem. Nun heißt es für die Madden-Zwillinge aber runter vom Trendtrittbrett und ab in die Innere. Für die beiden ist ihr fünftes Album ’Cardiology’ nämlich in jeder Hinsicht eine reine Herzensangelegenheit. Für eine Band, die einst mit flockigen Fun-PunkHymnen primäre Fixsterne für ein pubertierendes Publikum bildete, haben Good Charlotte auf ihrem Entwicklungsweg ins musikalische Erwachsenwerden schon einige Federn lassen müssen. Nicht jedem früheren Fan sagte das Madden-Makeover zu noch tanzflächentauglicherer Pop-Prominenz mit Indie-Insignien der Killers oder Panic! At The Disco-Chic zu – auch wenn der Verkaufserfolg von ’Good Morning Revival’ natürlich eine ganz andere Zahlenargumentation dagegen halten konnte. Doch Charterfolge alleine scheinen für Sänger Joel Madden nicht zu zählen. „Einen Song wie unsere neue Single ’Like It’s Her Birthday’ haben wir in fünf Minuten geschrieben. Das ist nicht der Song, der mir auf der Platte wichtig ist. Klar, er geht ins Ohr, die Leute mögen ihn, er läuft im Radio - alles schön und gut. Aber mir sind nicht die Singles wichtig, sondern das ganze Album. Ich glaube, unseren Fans geht es genauso. Sie wollen auch die ganze Platte hören, die Texte lesen und sich mit dem Ganzen auseinandersetzen.“ Womit wir auch schon beim zweiten Neuanfang im Rahmen von ’Cardiology’ wären. Denn die erste, fast fertige Arbeitsversion des Albums hat die Band komplett in die Tonne getreten. „Als wir die ersten Vorab-Mixe gehört haben, waren wir damit echt nicht zufrieden.
Wir haben Monate an dem Material gearbeitet und es ging überhaupt nicht in die Richtung, die uns vorschwebte. Also haben wir uns entschieden, dass wir ganz von vorne anfangen“, erklärt Joel die Kündigung der kreativen Zusammenarbeit mit Erfolgsproduzent Howard Benson. Dessen Markt-orientierter Ansatz war dann selbst den Madden-Zwillingen zuviel, die ja nicht unbedingt als die sperrigsten Songschreiber bekannt sind. „Der Song ‘1979’ ist uns sehr wichtig. Es ist ein Lied für uns und für die Fans, die unsere ganze Biografie kennen. Ihnen wollten wir einfach mal den Anfang unserer Geschichte erzählen“, so Joel über den Song, der in eine frühe Zeit der Familien-Chronik zurückblickt, in der die Eltern des Brüderpaars noch glücklich vereint waren und ihr Vater die Famile noch nicht verlassen hatte. „Uns war wichtig, diese Geschichte zu erzählen, aber Benson hatte die Hälfte der Strophen raus geschnitten, nur um den Song und seinen eingängigen Chorus auf Single-Linie zu trimmen. Das war für uns der Punkt, an dem wir realisierten, dass wir komplett unterschiedliche Vorstellungen von dem Album haben. Deshalb haben wir ihn vor die Tür gesetzt.“
Also zurück an die Arbeit mit Don Gilmore, der sowohl das Debütalbum, als auch schon die letzte Scheibe klangtechnisch betreut hat. Eine Herzensentscheidung, die sich rentieren sollte. Haben Good Charlotte in letzter Zeit auch zunehmend mit anderen Stilen geflirtet, so klang das Ergebnis bislang nie so rund und gut durchblutet wie auf der final vorliegenden Version von ’Cardiology’. Zwar gibt es auch hier noch den einen oder anderen Synthie-Seitenblick, doch das Gesamtbild zeigt die Madden-Mannschaft zehn Jahre nach ihrem Debüt als eine Band, die ihre Wurzeln nicht vergessen, sich aber kreativ auch nicht einengen will - und somit gleichsam zu neuen stilistischen Ufern aufgebrochen ist. Einen Song wie ’Standing Ovation’ etwa, der aus seinen Oasis-Inspirations-Quellen keinen Hehl macht, hätte man vor acht Jahren indes nicht von Good Charlotte erwartet. „Das stimmt, aber wir haben uns mit jeder Platte entwickelt und uns mit jedem neuen Album auch
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neue künstlerische Freiheiten heraus genommen“, bestätigt Joel. „Bei dieser Platte ist es tatsächlich so, dass wir alle älter geworden sind und nun auch das Selbstvertrauen haben, andere musikalische Seiten von uns zu präsentieren. Wir sind alle schon immer riesige Oasis-Fans gewesen, und bei dem Song hört man das wohl jetzt auch raus“, erklärt Joel grinsend. Aber auch ihren einstigen Pakt mit dem PopPunk haben Good Charlotte nicht völlig aufgekündigt, was bei einem Song wie ’Counting The Days’ wohl am deutlichsten durchscheint. „Es gibt ja ein paar dieser typischen Pop-Punk-Momente auf dem Album, und es war uns wichtig, unseren Fans der ersten Stunde diese Songs zu geben. Aber es sollten die richtigen, passenden Titel sein und nicht ein lauer Aufguss von vergangenen Good Charlotte-Momenten“, erörtert der jüngere der beiden MaddenZwillinge, um im gleichen Atemzug zu erklären, dass Nostalgie-Brückenschläge auf Biegen und Brechen nicht in seinem und im Sinne der Band ge-
wesen wären. „Ich denke, dass auch die punkigeren Nummern unseren Reifegrad widerspiegeln. Wir haben viele solcher Abgehnummern geschrieben, aber auch viele wieder verworfen. Natürlich mögen wir diese Art Musik immer noch und wollen uns von dieser Szene auch nicht komplett verabschieden. Es ist Teil von uns, Teil unserer Wurzeln, aber auch diese Songs im alten Stil sollten eben ins Konzept und zur Stimmung der Platte passen.“ Während sich die Jungs auf musikalischer Ebene gereifter und experimentierfreudiger geben, ist das innere Wertesystem durchaus gesetzter und eingleisiger. Denn seit geraumer Zeit stehen zumindest bei Joel alle Weichen auf Familie. „Wenn man Vater wird, verändert sich einiges, die Prioritäten wandeln sich. Auch wenn für mich die Musik immer noch das Wichtigste im Leben ist, ist sie nicht wichtiger als meine Familie.“ Schon ein paar Jahre ein Paar, sind Joel und Nicole Richie mittlerweile verlobt und haben zwei gemeinsame Kinder, die
auf die schönen Namen Harlow Winter Kate und Sparrow James Midnight hören. Erstgeborenem Töchterchen Harlow hat Joel dann auch gleich den Song ’Harlow's Song (Can't Dream Without You)’ gewidmet. Wenn das mal nicht Sprengstoff für geschwisterlichen Eifersuchtszwist spendet. „Sparrow James ist der Junge, er muss ja härter im Nehmen sein und es aushalten können, erst später seinen eigenen Song zu kriegen“, lacht Joel und verspricht damit ausgleichende Gerechtigkeit zu einem anderen Zeitpunkt. Wir behalten das im Auge, Joel.
Dass Joel und Bruder Benji, der seines Zeichens mal kurzzeitig mit Paris Hilton liiert war, nunmehr das Prominenz-Leben führen, was Good Charlotte in ihrem 2002er Durchbruch-Hit ’Lifestyles Of The Rich & Famous’ noch mit kritischer Distanz
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beäugten, kann man durchaus als Ironie des Schicksals betrachten. „Es ist schon witzig, aber es hat sich für mich nicht wirklich etwas verändert. Ich habe meine Wurzeln nie vergessen und ich kann mich noch daran erinnern, wie ich - lange vor unserem Plattenvertrag - noch Lastwagen beladen und meinen Job gehasst habe. Es kommt mir immer noch vor, als wäre es erst gestern gewesen“, gibt sich der Sänger bodenständig, „Da, wo ich herkomme, muss man knochenhart für sein Geld arbeiten und ich bin dankbar für all das, was ich erreicht habe und nehme es absolut nicht als selbstverständlich hin. Ich weiß, dass ich Schwein gehabt habe und weiß auch, wie es ist, tagtäglich zu schuften und einen Boss zu haben, den man hasst. Deshalb tue ich auch alles dafür, um mich nie wieder in diese Situation zu bringen.“ Mit den Schattenseiten des Erfolges, den Paparazzo-Problemen und der Omnipräsenz in den Klatschkolumnen dieser Welt, geht Joel allen Richie Rich-Rampenlicht-Radarfallen zum Trotz recht gelassen und fürsorglich um. „Unser Job als Eltern ist es natürlich, in erster Linie unsere Kinder vor der medialen Ausschlachtung zu beschützen und ihnen ein ausgewogenes, normales Leben zu ermöglichen. Natürlich kann man nicht so tun, als ob dieser ganze Rummel um unsere Familie nicht existieren würde, aber ich denke, dass wir unseren elterlichen Verpflichtungen gut nachkommen. Sechs von sieben Tagen in der Woche ist unser Alltag ganz normal und ruhig. Es gibt eben gewisse Orte, von denen man weiß, dass man dort mit den Kindern nicht hin kann und sollte, also meidet man die“, bekundet Joel gesunden Beschützerinstinkt. Selbst für die andere Seite der Medaille zeigt Madden Verständnis. „Ich habe auch nichts gegen dieses ganze Medieninteresse. Es gehört nun mal für viele Leute zum Unterhaltungsprogramm, sich mit dem Leben von Prominenten zu beschäftigen. Aber das beeinflusst sicherlich nicht, wie ich mein Leben lebe. Die ganzen Klatschblätter liegen auch nicht bei uns zu Hause rum, wir beschäftigen uns damit nicht täglich. Ich akzeptiere, dass es so etwas gibt und dass es Teil des Lebens ist, das man in Los Angeles eben führt“, so Joel abgeklärt. „Wenn wir komplette Privatsphäre haben wollten, würden wir auf eine Farm nach Texas ziehen. Wir haben schon oft darüber gesprochen, vielleicht werden wir das eines Tages sogar auch tun. Aber momentan ist das unser Leben, hier lebt unsere Familie und man kann sich mit allem arrangieren.“ Den echten Kontakt zum Leben an der Basis hat sich Joel für sich und seine junge Familie indes in seiner einstigen Ostküsten-Heimat Maryland bewahrt, die Zufluchtsort und Erdungspunkt in seinem Leben bleibt. „Ich habe ein Haus dort gekauft und wir fahren mehrmals im Jahr mit der Familie dort hin. Das ist schon Tradition. Es ist da sehr ruhig und abgeschieden und die Leute behandeln uns sehr respektvoll und freundlich. Für unsere Kinder ist es toll, weil sie dort den ganz normalen Alltag
erleben können, was in L.A. nun mal nicht geht. Sie können unbehelligt im Park mit anderen Kindern spielen. Deren Eltern kennen mich meist noch von früher - für die bin ich einfach nur ein Typ aus Maryland. Das ist ein schönes Gefühl, ein Gefühl von Heimat. Denn diese Wurzeln haben mich zu dem gemacht, was ich heute bin.“
Zurück in die Zukunft. Denn nach der aktuellen Good Charlotte-Bestandsaufnahme hat sich Joel zusammen mit seinem Bruder und der Band durchaus noch eherne weitere Ziele gesteckt. „Seitdem Benji und ich Songs schreiben, ist es unser oberstes Ziel, Stücke zu komponieren, die eine Geschichte erzählen und im Kern einfach gute Songs sind. Ich glaube aber, dass wir unsere besten Sachen noch nicht verfasst haben, sondern immer noch auf der Suche sind. Auf dem neuen Album haben wir unseren Horizont erweitert und das möchte ich auch in Zukunft tun“, so Joel, der auch liebend gerne mal einen Filmscore schreiben würde. Für den bekennenden Musical-Fan, der zu Recht die immensen musikalischen Killer-Qualitäten von Meisterwerken wie ’Hedwig And The Angry Inch’ hervorhebt, wäre auch eine musikalische Entwicklung im Stile von Green Days Rock-Oper-Meilensteinen ’American Idiot‘ und ’21st Century Breakdown’ denkbar – solange sie nicht künstlich erzwungen ist: „Ich bin ja seit meiner Jugend großer Green Day-Fan, und für sie hat es sich ganz natürlich in diese Richtung entwickelt – was bekanntlich auch super funktioniert. Ein Album zu schreiben, das später sogar als Musical am Broadway aufgeführt wird, ist schon eine sehr coole Sache. Davon träumt doch jeder, der Musik schreibt. Aber man kann so etwas nicht planen. Ich glaube auch, dass Green Day das nicht bewusst dahin gesteuert haben. Aber ich hätte nichts dagegen, wenn es sich für uns in eine ähnliche Richtung entwickeln würde.“ Genug Gespür und Öhrchen für Eingängigkeiten haben Good Charlotte ja bereits unter Beweis gestellt. Und auch an Pop-Berührungsängsten leidet die Band bekanntlich nicht. „Ich habe nichts dagegen, mich weiterzuentwickeln und Songs zu schrieben, die die Grenzen des Genres, aus dem wir ursprünglich stammen, durchbrechen. Ich habe auch nichts dagegen, Pop-Musik zu machen. Das soll nicht heißen, dass wir jetzt beschissene PopSongs zum einmal Hören und Wegwerfen schreiben wollen und werden. Das wird nicht passieren“, beteuert Joel. „Aber ich liebe die Beatles und die haben eben auch große Pop-Songs geschrieben, die gleichzeitig eine tiefere Bedeutung hatten, von der ganzen Welt geliebt wurden und auch weiterhin geliebt werden. Einen Song, den die ganze Welt
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kennt und singt, zu schreiben, ist doch das, was du als Songschreiber als dein Vermächtnis anstrebst. Das ist der heilige Gral des Songwritings. Wie man den findet ,und ob wir es jemals schaffen werden, weiß ich nicht“, bleibt Joel bescheiden. „Aber wir werden sicherlich die nächsten zehn Jahre weiterhin danach Ausschau halten - auch wenn unsere Gralssuche wahrscheinlich näher an der Monty PythonVersion als an der Original-Geschichte sein wird“, gibt sich Joel mit einem Lachen zum Abschluss durchaus optimistisch. Text: Frank Thiessies Fotos: Myriam Santos Heimat: goodcharlotte.com
TOURDATEN AUF DEN SEITEN 46 ff.
Nicole Richie ist die Adoptivtochter von Lionel Richie und wurde vor allem durch ihre Busenfreundschaft zu Paris Hilton und deren gemeinsame Fernsehserie „The Simple Life“ (2003 bis 2007) berühmt. Berüchtig ist sie dagegen für ihre Überheblichkeit, Arroganz, Dummheit und furchtbare Haarverlängerungen. Gemeinsam mit ihrer noch ignoranteren Freundin Paris wollte sie vor laufender Kamera im luxuslosen Alltagsleben der – in ihrem Falle - „unteren Schichten“ bestehen und sich nebenbei natürlich hysterisch über alles und jeden lustig machen. Damals, als Nicole noch so ungefähr das Doppelte auf die Waage brachte, des Öfteren mit allerlei Betäubungsmitteln in Blut und Handschuhfach, dafür aber schon mal ohne gültigen Führerschein von der Polizei angehalten wurde, war nicht davon auszugehen, dass sie im Jahr 2010 Mutter von zwei kleinen Kindern, verlobt mit einem Typen aus weniger gut begüterten Schichten und Gründerin der „The Richie Madden Children’s Foundation“ sein würde. Vielleicht wird ja doch noch alles gut. Vielleicht können sich Menschen tatsächlich ändern. Vielleicht... Foto: nicholerichie.org
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PLATTEN/10 GEBOTE
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DIE 10 GEBOTE
Azure Ray Drawing Down The Moon
(Saddle Creek/Cargo) Sieben Jahre ohne Veröffentlichung ist für eine Band eine wahnsinnig lange Zeit - da muss man schon sehr auf die Treue der eigenen Fans bauen, will man hoffen, noch von Relevanz zu sein. Azure Ray rechtfertigen diese Treue mit ihrem neuen Studiowerk „Drawing Down The Moon“ vor allem deswegen, weil der vierte Longplayer des Duos von herausragender Qualität ist. Maria Taylor und Sidekick Orenda Fink hätten den Zeitpunkt der Reunion kaum besser wählen können: Nach diversen Soloausflügen, verstehen die beiden es nahezu perfekt, ihr jeweils unterschiedliches Songwriting miteinander zu kombinieren, bieten wundervolle Arrangements, schwebenden Akustik-Pop und Lyrics, die so entrückt wie bezaubernd zugleich sind. Müde lächelnd über das Meer an musikalischer Durchschnittlichkeit, lassen sich Azure Ray hoffentlich nicht wieder sieben Jahre bitten. Text: Marcus Willfroth
Marnie Stern Marnie Stern
(Souterrain Transmissions/Rough Trade) So wie auf dem kongenialen Coverartwork passt auch auf dem dritten Album von Marnie Stern keine Linie auf die andere, quietschen die Farben kompromisslos über die ohnehin schon faserigen Ränder hinaus, weiß man in all dem grandiosen Chaos nicht, wohin mit seiner Aufmerksamkeit, seiner Begeisterung, seiner Liebe. Alles strahlt, alles ist bunt, alles ist laut, ein einziges berauschtes Bad in schillerndem Krach. Dazwischen raunt, dröhnt, kreischt und jubiliert Stern wahnsinnsgleich Schlachtrufe wie „Can you feel my hands clench!“ oder „Bright stars are filling inside of me/ and I won’t share.“ Nebenbei hören kann das niemand, und wer beim Schlusstrack „The Things You Notice“ nicht wenigstens ein bisschen in die Knie geht, der kennt überhaupt keine Demut. Eine Platte, wie es zu wenige gibt, kompromisslos und fantasievoll, irre und gewaltig. Text: Friedrich Reip
Badly Drawn Boy It’s What I’m Thinking Pt.1 - Photographing Snowflakes
Good Charlotte Cardiology
(Twisted Nerve/Edel) Da ist er wieder: Der flächige Songwriter-Pop, der zarte Gesang, der niemals endende Herzschmerz - all das, was man auf den vorangegangenen Platten von Badly Drawn Boy so sehr vermisste, ist zurück. Damon Gough hat die lange Schaffenspause genutzt, die Schreibblockade überwunden und die falschen Kompromisse ad acta gelegt. Wobei das neue Album „It’s What I’m Thinking Pt.1“ nur Teil Eins einer ganzen Trilogie werden soll. Hier zeigt sich deutlich, wie selbstsicher Gough und seine Band agieren, tolle Akustikmomente bieten und diese stets mit kraftvollen Arrangements kombinieren. Laut eigener Aussage sein persönlichstes Studiowerk, hat der Mann mit Pudelmütze einen ganz großen Wurf gelandet und erinnert daran, warum ihn einst so viele hochjubelten: Damon Gough ist eine Instanz für sich, spätestens jetzt vollkommen zu Recht. Text: Marcus Willfroth
(Capitol/EMI) Mehrfach verschoben, komplett neu aufgenommen, immer wieder überarbeitet: Der Enstehungsprozess von „Cardiology“ war alles andere als einfach. Dabei war das Ziel der Band eindeutig: Eine Rückbesinnung auf die Anfangstage - als Good Charlotte noch von den „Lifestyles Of The Rich And Famous“ sangen und diese nicht selbst lebten. Elektro-Sounds und Dancefloor-Spielereien sind zwar noch da, werden aber an den Rand gedrängt, der Pop(-Punk) klarer in den Fokus gerückt. Das Ergebnis: Einfach gestrickte, aber unglaublich eingängige Hits („Like It’s Her Birthday“), Blink182Zitate („Counting The Days“), sommerlich unbeschwerte Töne, die an Lit und Sugar Ray („Sex On The Radio“) denken lassen oder auch mal eine wunderschöne Ballade („Harlow’s Song“). Das ist nichts für die Klatschspalten, sondern tendenziell unspektakulär und ohne jegliche Effekthascherei - und genau deswegen so gelungen. Text: Tito Wiesner
Monster Magnet Mastermind
Pascow Alles Muss Kaputt Sein
(Napalm/Edel) Schon immer waren Monster Magnet eine Band der Bilder. Wenige wussten die einschlägige Ikonografie von trippig-waberndem Psych-Rock mit Hang zur breitbeinigen, faustreckenden Übergeste so kompromisslos auszuleben und in ihre Songs zu pumpen wie Dave Wyndorf, der dem Ganzen selbst das Prädikat „durchgedrehter ClassicRock“ auf die stolzgeschwellte Brust zimmert. Auch auf „Mastermind“ paradieren also wieder Overheelbestiefelte Gogo-Truppen zum höllischen Heulen dauergeiler Stratocaster durch grell-rot-lila brennende Straßen, angeführt von Wyndorf, der die Sporen seiner Stiefel tief in die muskulösen Flanken seines dampfenden Motorbullen treibt. „I take what I take ’cause I want what I want/ Tonight I’m gonna walk with the gods and punks!“ Unwiderstehlich. Text: Friedrich Reip
(Rookie/Kidnap/Cargo) Wer es in zwölf Jahren auf drei Alben bringt, lässt sich viel Zeit für seine Kunst. So auch Pascow aus der Gemeinde Gimbweiler, einem idyllischen Fleckchen Öde direkt an der A62. Als Ziehsöhne ihres sympathischen Kaffs einerseits und hart tourende Band andererseits haben Pascow ihre ganz eigene Sicht der Dinge entwickelt, quasi einen perspektivischen Bastard aus kritischer Weltanschauung gepaart mit Bodenständigkeit, familiärer Eintracht und ehrlicher Malochermoral. So klingen alle 15 Songs auf „Alles Muss Kaputt Sein“ wie ein Nachmittag zwischen Sägemaschine und Kuchentheke, laut, scharfkantig und stets bittersüß. Mit Songs wie „Ich Bin Dann Mal Durch“ oder „Wenn Mila Schläft“ schufen Pascow neue Hymnen, die nahtlos an Klassiker wie „Lauf Forrest, Lauf“ anschließen und Fäuste und Füße gleichermaßen fliegen lassen. Da geht einiges an der A62. Text: Flo Hayler
I Like Trains He Who Saw The Deep
(ILR/Cargo) Wunderbar, pünktlich zum Beginn der Schweißwetter-Saison gibt’s Nachschub von den Spaßbremsen aus Leeds. Schlechtes Timing kann man ihnen wahrlich nicht vorwerfen, schließlich hat uns schon der großartige Vorgänger „Elegies To Lessons Learnt“ vor drei Jahren den perfekten Herbst-Soundtrack beschert. Langjährige Fans der Bahnfetischisten werden ob der, für ihre Verhältnisse, aberwitzigen Anfangsgeschwindigkeit der Platte eventuell leichtes Unwohlsein verspüren, zumal sich hier und da einige fast versöhnlich hoffnungsvolle Momente verirrt haben. Doch keine Angst, einmal Trauerkloß immer Trauerkloß - auch diesmal bekommt der Schwermelancholiker hier alles, was er braucht, und der BaritonSprechsang David Martins gibt einem den Rest. „A snake can shed its skin but never change“. Etwas Geduld und Kopfhörer helfen. Ein Fest für Nihilisten! Text: Thomas Müller
Ray Davies See My Friends
(Universal) Mag die Grundidee, alte The KinksKlassiker mit einer Riege von Allstars neu einzuspielen, auf den ersten Blick nicht sonderlich originell sein - das Ergebnis dieses Projekt-Albums zeigt, dass es dennoch eine ziemlich gute war. Das ohnehin über jede Kritik erhabene Songmaterial strahlt bei den einzelnen und schön individuellen Kollaborationen im neuen Arrangement-Glanz gleich doppelt so stark. Und Davies selbst sonnt sich nicht im Star-Rampenlicht, sondern lässt sich auf seine jeweiligen Partner wunderbar ein. Dabei sind es nicht nur die großen Namen wie Springsteen, Metallica oder Bon Jovi, deren Interpretationen begeistern, sondern noch eher die (fast) Gast-Geheimtipps wie Mumford & Sons, Gary Lightbody, Spoon oder Paloma Faith, deren „Lola“-Duett-Version mit Davies einfach nur niederknienswert ist und dieses Album so wunderbar machen. Exzellent. Text: Frank Thießies
Mando Diao MTV Unplugged Above And Beyond
(Vertigo/Universal) Es gibt nur wenige Bands, bei denen ein Unplugged-Auftritt Sinn und vor allem Spaß machen würde. Mando Diao gehören zweifelsfrei dazu. Mit ansteckender Laune und mal perlender, mal fragiler Instrumentierung schwelgen die Schweden hier im klassischen Rock-Himmel. Da erstrahlt der flotte Disco-Tanzflächen-Feger „Dance With Somebody“ auf einmal im melancholischem Licht oder „Down In The Past“ bekommt mit Piano-Patina einen verspielten Bar-Rocker-Anstrich. Doch die Mandos bedienen nicht nur ihre (Greastest) Hit(s)-Standards, sondern packen mit Songs wie „How We Walk“ auch rares Material aus. Dazu Gaststars wie Juliette Lewis, die im sexy Duett-Clinch mit Gustaf Norén „High Heels“ noch weniger jugendfrei macht. Und wenn dann gen Ende noch Kinks-Legende Ray Davies „Victoria“ veredelt, ist die Classic RockAdelung komplett und vollzogen. Exzellente Arbeit, Jungs. Text: Frank Thießies
Syd Matters Brother Ocean
(Because/Alive) Wer den Franzosen in der Disziplin zeitgenössische Pop-Musik nicht mehr zutraut als Chansons und schmierigen Elektro-Pop, zitiert einerseits nur hartnäckige Vorurteile und hat andererseits mit Sicherheit noch nicht von Syd Matters gehört. Seit vier Alben treibt das Quartett mit der Pink Floyd Referenz im Namen sein Indie-FolkElektro-Unwesen auf allerhöchstem internationalen Niveau. Gleich mit dem Opener bedienen die Pariser den dank Jonathan Moralis Stimme oft gehörten Radiohead-Vergleich. „Wolfmother I“ wäre wohl auch auf „Amnesiac“ nicht negativ aufgefallen, dabei wird die Platte in der Folge noch stärker und spielt ihre großen Qualitäten gekonnt aus. Das wären: 1. Mut zum Experiment - wer sonst würde der Blockflöte ein so prominentes Plätzchen zwischen gekonnten Knispelbeats und Wandergitarre freiräumen?! Und 2. Diese unglaublichen Melodien, irgendwo zwischen frühen Genesis und späten Beatles, die einem mit jedem Hören mehr in den Bann ziehen. Text: Thomas Müller
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PLATTEN/OFFENBARUNG
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DIE OFFENBARUNG Sleigh Bells Treats (Sony)
Keine Sorge Cordula, dein MP3-Player ist gar nicht kaputt. Die Sleigh Bells, die du da gerade hörst, sind das allerdings. Zumindest klingt ihr Debüt „Treats“ so, als hätte der Studiotechniker oder wahlweise der Mann, der die Gehirne verteilt, so einiges falsch verkabelt. Derek Miller und Alexis Krauss haben elf schwer übersteuerte „Lieder“ zusammengeschraubt, die so klingen, als würde jemand Britney Spears mit dem Elektroschocker bearbeiten, die Beastie Boys in der falschen Geschwindigkeit abspielen, My Bloody Valentine falsch verstehen und Van Halen in den Shredder werfen - und das alles gleichzeitig! Nebenbei züchten die zwei New Yorker im Keller
Ohrwürmer. Denn unter den endlosen Schichten des Irrsinns verbirgt sich ein süßer, reiner Pop-Kern. Lieder wie „Tell Em“ oder „Infinity Guitars“, die vordergründig im Lärm versinken, gehen durch den Gehörgang wie ein Löffel Rohrfrei. Wahrscheinlich liegt der Schlüssel zu diesem unglaublich unterhaltsamen Album in der Vergangenheit der Sleigh Bells. Krauss war mal Mitglied einer Teen-Pop-Band und Miller Gitarrist der Hardcore-Epigonen Poison The Well. Cordula, die können mit Computern gar nicht umgehen! Text: Timo Richard
1 hoffnungslos ** 2 üben ** 3 bemüht ** 4 egal ** 5 kann man machen ** 6 vorn dabei ** 7 gut ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 Klassiker Absynthe Minded Absynthe Minded
(Vertigo/Universal) Es scheint, als habe die Universitätsstadt Gent ihrem Nachbarn Antwerpen den Rang als flämische Musikhochburg abgelaufen. Ein Indiz: das wortspielerisch getaufte Quintett Absynthe Minded. Und doch kommt keine belgische Indie-Combo darum herum, sich mit der Antwerpener Ikone dEUS messen zu lassen. Ein Vergleich, der an dieser Stelle nicht völlig abwegig ist. Zwar betreiben Bert Ostyn und Co. ihren jazzig bis folkig angehauchten Indie-Pop deutlich ohrwurmgesteuerter und weniger freigeistig als ihre Landsmänner, aber die Parallelen zu den entspannten dEUS-Momenten sind da. Und Absynthe Minded können auch anders: die Kneipen-Ode „Multiple Choice“ steht mit fahrigem Jazz-Beat, einer Orgel-/Gitarrenlärmorgie und einer filmreifen Streicherpassage der genialen Exzentrik von dEUS in nichts nach. 8 Text: Nina Töllner
Antillectual Start From Scratch!
(Destiny/Broken Silence) Antillectual gehört zu diesen aufstrebenden EmoPunk-Bands, die den Hype der Neunziger noch wiederbeleben wollen. Getreu dem Motto: „Aufgewärmt schmeckt trotzdem noch“, vermischen die Jungs Pennywise-Riffs mit einer Prise Hot Water Music und setzen zum Abschluss noch eine Ladung A Wilhelm Scream-Pathos oben drauf. Alles nicht schlecht, aber auch nicht wirklich originell. Irgendwie hat man permanent das Gefühl, alles schon einmal gehört zu haben. Auch der Themenkatalog, an dem sich Antillectual abarbeiten, strotzt nicht wirklich vor Einfallsreichtum. Natürlich beschäftigen wir uns gerne mit solch weltbewegenden Problemen wie Konsumzwang und rassistischer Politik, aber warum muss man sowas in theatralisch schmerzüberladene Songs hineinzwängen?! Für Weltverbesserungs-Fans und all solchen, die es werden wollen. 5 Text: Natascha Siegert
Atlantic/Pacific Meet Your New Love
(Arctic Rodeo/Alive) Langjährigen Freunden von US-amerikanischer Post-Hardcore- und Emo-Musik der ersten Stunde muss man diese beiden Herren nicht mehr vorstellen. Nun aber haben Szenegrößen Garrett Klahn (Texas Is The Reason, Solea) und John Herguth
(House & Parish) endgültig die Relikte ihrer lauteren Vergangenheit abgelegt und gemeinsam mit Produzent Ian Love (Rival Schools) in Brooklyn ein stilles Singer/ Songwriter-Album aufgenommen, das keines ist. Es ist das verfrühte Post-Midlife-Crisis-Werk zweier Männer, die sich mit Piano, Gitarre und dezenten Drums an Folk und traditionellen Rock-Elementen versuchen und titelgemäß aufbrachen, eine Herzensangelegenheit aufzunehmen. „Meet Your New Love“ schleicht ein paar Durchläufe nur so vorbei und steht plötzlich als traurig-schöne Herbstplatte da. Wenn man sie nur lässt. 6 Text: Fabian Soethof
Beat! Beat! Beat! Lightmares
(Richard Mohlmann/Universal) Wenn uns die Pop-Geschichte der Nullerjahre eines lehrt, dann: Gut zitiert ist halb gewonnen. Man möchte dieses Talent unbedingt auch Beat! Beat! Beat! zuschreiben, die auf ihrem Debüt „Lightmares“ eine quirlige Mischung aus Phoenix, Whitest Boy Alive und den Klaxons spielen. Keine schlechten Referenzen, mit denen alleine man der Band trotzdem nicht gerecht würde. „Lightmares“ schielt zwar in Richtung Karottenhosen-tragende Indie-Kids, die die vier Jungs aus dem niederrheinischen Viersen ja selbst noch sind, aber auch der abgeklärte Discobesucher entdeckt darauf akzentuierten, Schlagzeug- und Keyboard-lastigen, schmissigen Elektro-Indie-Rock, der sich im Zweifel in Zurückhaltung statt in Wahnsinn übt. Und das ist schon jetzt mehr, als man über so manch gehypte Band auf ihren Folgealben sagen könnte. 7 Text: Fabian Soethof
Broken Records Let Me Come Home
(4AD/Beggars/Indigo) Weltschmerz als Lebensphilosophie ist im Kontext aufrichtig gefühlter Gitarrenmusik ein gern gesehenes Thema, dem man voller Inbrunst und jugendlicher Überzeugung huldigen kann. Die Jugend ist für Jamie Sutherland und seine Broken Records zwar schon beinahe am Horizont entschwunden, doch ihre verzweifelte Ruhelosigkeit wird offenbar noch deutlich verspürt. Auf zehn Songs versucht sich die Band an nachdenklichen Lebenslektionen zu aggressiver Folk-Rock-Romantik mit schottischem Einschlag, ohne dabei hundertprozentig zu über-
zeugen. Zu alltäglich sind die Beobachtungen des Songwriters, zu bequem drängen sich die symbolträchtigen Textzeilen auf. Man fühlt sich an die Worte des unbekannten Englischlehrers erinnert: Bloß weil man es erlebt hat, bedeutet es nicht, dass es auch relevant ist. 5 Text: Michael Haacken
The Builders & The Butchers Dead Reckoning
(The Instrument Village/ Broken Silence) Wer mit Portugal. The Man tourt und von deren Musikern heiß geliebt wird, kann nicht ganz normal sein - musikalisch, versteht sich. Tatsächlich ist „Dead Reckoning“ alles andere als ein alltägliches Album. Zwar verbinden The Builders & The Butchers ganz traditionelle Stile wie Folk, Country, Americana und Rock, haben zudem eine deutliche Siebziger-Schlagseite und Banjo und Mandoline mit an Bord, das Ergebnis klingt allerdings derart intensiv, dass von Lagerfeuerromantik wenig zu spüren ist. Düster, scheppernd und morbide kommen die Stücke daher - kein Wunder, dass die Truppe aus Portland zunächst The Funeral Band hieß. Trotz aller bedrückender Atmosphäre sind die Songs allerdings auch unglaublich rotzig und vor allem eingängig - „Dead Reckoning“ steckt voller Hits. Man stelle sich vor, Arcade Fire wären eine Folk-Band mit Punkrock-Vergangenheit, die Bob Dylan-Songs covert - sie würden wohl genau so klingen. 7 Text: Tito Wiesner
Christiane Rösinger Song Of L. And Hate
(Staatsakt/Rough Trade) Christiane Rösinger war mal ein Lassie Singer und das ist wichtig. Denn seit diesen Tagen wissen wir: Die Rösinger hat alles, was die große Musik-Dichterin braucht! Tonnenweise Humor, schlaue Worte, einen klugen Kopf, einen schrägen Kopf, Durchblick, Bitterkeit, Entsetzen und jede Menge Liebe zum Menschen. Ach ja - und sie kann nicht singen! Konnte sie nie. Wollte sie auch nicht. Ist auch nicht so wichtig. Christiane Rösingers „Songs Of L. And Hate“ ist das Hörspiel unseres Lebens. Nicht das Dramatische. Das auch! Aber vor allem das Komische und das Absurde. Ein Musiklesebuch für Verlorene und von allen guten Geistern Verlassene. Eigenartige Hausmusik über das urbane Leben. Für Leute, die es genießen, wenn mal etwas funktioniert, die vor allem aber die meiste Zeit lachen, weil es NICHT so ist. 7 Text: Yessica Yeti
Cloud Nothing Turning On
(Wichita/Cooperative/ Universal) Mit hochtrabender PopMusik hat der 18-jährige Dylan Baldi nichts am Hut. Seine Band Cloud Nothing will lieber dem Garagen-Rock frönen und dabei so Lo-Fi klingen wie möglich. Das musikalische Ergebnis nennt sich „Turning On“, ist das Debüt der in Cleveland ansässigen Band und erstaunlich arm an Spannungsbögen. Selbst wenn die Songs nicht alle die Gitarren schrammen lassen wollen, bieten selbst die langsameren Stücke keine Abwechslung - weil hier ebenfalls der raue Charakter allgegenwärtig bleibt und die ganze Platte so sehr bestimmt, dass am Ende kein Beitrag heraussticht. Für Freunde der längsten Praline der Welt ist „Turning On“ ein wahrer Genuss, Einheitlichkeit und Wiedererkennungswert stehen in großen Lettern über diesen Erstling. Nützt nur wenig, wenn alles gleich klingt. 4 Text: Marcus Willfroth
The Concretes WYWH
(Something In Construction/Rough Trade) Ein sonniger Spätnachmittag im herbstlichen Schweden, die Luft ist kühl und klar, die Blätter sind von den Bäumen verschwunden und die Menschen aus den Straßen. Geschmackvolle, gepflegte Langeweile. Auch die acht Mitglieder der schwedischen Indie-Pop-Truppe The Concretes haben während des dreijährigen Hiatus vor der Veröffentlichung ihres neuen Albums den Müßiggang eingelegt und so Dinge getan wie Eier pochiert, Fahrrad gefahren und im Garten geschuftet. Wenn man gerade mal etwas weniger Geduld hat mit ihren stillen, gemächlichen Songs, kann man finden, dass diese auch genauso klingen. In anderen Momenten mag sich ein gewisser Zauber aber durchaus entspinnen - wer mag, lässt es darauf ankommen und nagelt sich derweil das wunderschöne Cover an die Wand. 5 Text: Friedrich Reip
Crash Conspiracy <>
(IME/Rough Trade) Vor der Ausstrahlung des SWR-Sechsteilers „Alpha 0.7“ im November, der im deutschen Überwachungsstaat des Jahres 2017 spielt, kann man im Netz schon einige Vorboten finden. Diesem Universum entstammt auch die subversive Band Crash Cons-
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piracy. Die ist indes nicht nur fiktiv, sondern kann schon heute gehört werden. Dafür konnten die Macher der Serie Aydo Abay (Ken, Ex-Blackmail) gewinnen, der mit zahlreichen Mitstreitern seine Vorstellung der Musik der Zukunft entworfen hat. Und die ist durchaus spannend: eklektizistisch, unterkühlt und auffällig stark in der SoundÄsthetik der Achtziger verhaftet. Vielleicht ist ja 2017 auch in dieser Hinsicht wie „1984“. 7 Texte: Robert Goldbach
Einstürzende Neubauten Strategies Against Architecture IV
(Mute/GoodToGo) Mit der Veröffentlichungspolitik von Blixa Bargeld und Kollegen Schritt zu halten, ist nicht leicht. Man muss schon ein treuer Fan oder wenigstens „Subscriber“ des Neubaut’schen Geschäftsmodells sein, um in den Genuss des kompletten Outputs der umtriebigen Formation zu kommen. Zum Glück erbarmen sich die Herrschaften anlässlich ihres 30. Jubiläums des Durchschnittshörers in Form ihrer bereits vierten Werkschau, diesmal aus den Jahren 2002 bis 2010. Darauf zu finden: regulär erschienenes Material, Live-Aufnahmen (unter anderem aus dem Palast der Republik), Unveröffentlichtes sowie Stücke aus der stark limitierten „Musterhaus“-Reihe. Und was soll man sagen? Bei aller Arriviertheit bleiben die einstigen Klangstürmer auch nach drei Jahrzehnten ein Spektakel und nicht ohne Humor! Schönstes Beispiel: „Party In Meck-Pomm“. 9 Text: Nina Töllner
Escapado Montgomery Mundtot
(Grand Hotel Van Cleef/ Indigo) Wem, wenn nicht Escapado, hätte man anno dazumal den großen Schritt aus dem rumorenden Untergrund mehr zugetraut und gewünscht - hatten diese doch bereits mit ihrem Debüt die Spitze der damals auflodernden deutschsprachigen Post-Core-Bewegung übernommen. Dass ausgerechnet Thees Uhlmann die Band für den Nachfolger „Initiale“ unter seine Labelfittiche nahm, um seine HC-Sozialisation zu würdigen, mag mancher gar als Entschuldigung für Tomte gelten lassen. Die Band bekam die verdiente Möglichkeit, neues Publikum außerhalb des Szene-Klüngels zu erreichen. Musikalisch machte man indes keine Experimente, sondern blieb dem Rezept Screamo treu, wie er sich Anfang des Jahrtausends großer Popula-
rität erfreute. Im Grunde gilt das auch für den nun vorliegenden Grand Hotel-Zweitling, was umso erstaunlicher ist, wenn man um die Umbesetzung auf dem Bass- und Gesangsposten weiß. Aber wieder überzeugen die Nordlichter auf ganzer Linie. Escapado finden erneut den schmalen Grat zwischen intelligenter, aber nicht verkopfter Härte und leidenschaftlicher, aber nicht weinerlicher Gesellschaftskritik. Mit „Ferngesteuert“ hat man sogar einen Semi-Hit an Bord. Gute Arbeit! 7 Text: Thomas Müller
General Chaos Calamity Circus
(Cyclone Empire/Soulfood) Ein feines Debüt legen die deutschen General Chaos hin. Die frisch gegründete Band um Hendrik Bache (Dew-Scented), Flo Müller (Dew-Scented), Antek (Revolver, Such A Surge) und Ercument Kasalar (Tephra) besteht aus altgedienten Musikern, die sich auf „Calamity Circus“ ganz einem Stil verschrieben haben, der wohl am besten als eine Mischung aus Pantera und Entombed beschrieben werden kann. An Pantera denken muss man dabei vor allem wegen Sänger Ercument, der auch stimmlich an die ehemalige Pantera-Röhre Phil Anselmo erinnert. Von den Death-Rockern Entombed stammen offensichtlich viele Inspirationen für die dumpfen Riffs und die Beckenarbeit von Schlagzeuger Antek. Das Ganze macht ordentlich Laune. 6 Text: Hans Vortisch
Giant Sand Blurry Blue Mountain
(Fire/Cargo) Der sogenannte Alternative-Country entwickelt sich bei Giant Sand noch immer ziemlich gut, wenn auch langsam und voller Inanspruchnahme von sehr viel Zeit und Geduld. Das mag beim Opener „Fields Of Green“ sogar noch sehr schön sein, wandelt sich aber auf „Blurry Blue Mountain“ von Song zu Song zu einer einschläfernden Orgie der besonders trägen Art. Da kann „Thin Line Man“ noch so motivierend beginnen, wenn das nachfolgende „No Tellin’“ einläutet, droht jedes Augenlid wieder zuzufallen. Das mag an der besonders speziell wirkenden Stimme von Howe Gelb liegen, kann aber auch einfach sein, dass der sehr traditionelle Americana von Gelb längst leicht vergilbt klingt. Schade eigentlich, man hatte sich ja sehr darauf gefreut. 4 Text: Steffen Sydow
Gregor McEwan Houses And Homes
(Ludwig/Indigo) Hagen Siems aus dem beschaulichen Haltern am See hätte sich beileibe keinen authentischeren Künstlernamen zulegen können. Ebenso wie sein Pseudonym rufen auch die Songs seines Debütalbums Assoziationen zu den schottischen Highlands, Wind und Regen hervor. Doch hinter der melancholischen Fassade verbirgt sich zwischen Singer/Songwritertum, Folk- und Rock-Momenten stets ein sonniges Lächeln, und so beschert uns McEwan mit „Houses And Homes“ ein Debüt, das nicht besser in diese Jahreszeit passen könnte. Ein musikalischer Herbst, irgendwo zwischen Damien Rice und Ryan Adams. 7 Text Kai Butterweck
Hawthorne Heights Skeletons
(Wind-Up/EMI) Hawthorne Heights sind eine dieser Bands, die in ihrer amerikanischen Heimat permanent in den Charts herumgeistern, ohne dass sie derartige Erfolge ansatzweise auf andere Länder übertragen könnten. Emo-Pop-Rock ist mittlerweile ein ähnlich uramerikanisches Phänomen wie Country oder Hot DogWettessen. „Skeletons“ setzt sich aus den für das Genre integralen Bestandteilen „Gitarrenwand“, „geschniegelte Refrains“ und „zerbrechliche, mit Effekten zugeklatschte Bridges“ zusammen. Sich in Stilkritik zu üben, wäre angesichts der konsequenten Hawthorne Heights-Diskographie sinnlos. Stattdessen muss man den vier Überlebenden aus Ohio eine Meisterschaft innerhalb ihres popkulturellen Segments attestieren - Hawthorne Heights sind auf „Skeletons“ poppiger, hymnischer und epischer als jemals zuvor, auch wenn ihnen die Kraftmeierei ihrer frühen Alben langsam abhanden kommt. 6 Text: Timo Richard
Ill Niño Dead New World
(AFM/Soulfood) Je häufiger Ill Niño totgesagt werden, desto konstanter scheinen sie zu werden - unbeirrt vom Niedergang des Nu-Metal nehmen die Herren weiterhin eine Platte nach der anderen auf und setzen konsequent auf die mittlerweile zwar alles andere als taufrischen, aber immer noch gut funktionierenden Trademarks: Lautes
Gebrüll wechselt sich mit sanften OhrwurmRefrains ab, Metal-Riffs und ruhigere Momente halten sich die Waage. Einerseits zwar schade, dass die lateinamerikanischen Einflüsse wie Flamenco-Gitarren, experimentelle Percussion und spanischer Gesang auf „Dead New World“ stark zurückgefahren wurden. Andererseits stimmt die Hitquote - „Against The Wall“, „If You Were Me“ oder „Mi Revolucion“ zünden weiterhin auch in der Metal-Großraum-Disco. Neue Fans wird man so nicht unbedingt gewinnen - die alten aber werden bestens bei Laune gehalten. 6 Text: Tito Wiesner
Jamiroquai Rock Dust Light Star
(Mercury/Universal) Der Space Cowboy ist zurück! Fünf Jahre nach dem letzten Album melden sich Jay Kay und die Band in seinem Schatten mit „Rock Dust Light Star“ zurück, und es braucht nur ein paar Takte, bis man vergessen hat, dass es um Jamiroquai zwischenzeitlich sehr still geworden war. Irgendwie ist alles beim alten: Auf dem Cover trägt der Herr noch immer bizarren Feder-Kopfschmuck, und auch musikalisch liegt das Album - trotz des Wörtchens Rock im Titel - sehr dicht bei jener Rezeptur, die Jamiroquai einst zum Star jeder Studentenparty machte. Im Einzelnen wurde mitunter etwas an der Elektro-, Reggae- oder Disco-Dosis gedreht und ein paar ruhige Momente samt Streichern gibt’s auch. Aber im Vordergrund steht stets gut gelaunter Funk-Pop, der so schnell wie möglich auf die Tanzfläche locken soll. Das führt zu NinetiesFlashbacks galore, ist aber irgendwie sympathisch und immer noch groovy. 6 Text: Patrick Heidmann
Jason Collett Rat A Tat Tat &
Zeus Say Us
(Arts And Crafts/Alive) Broken Social Scene-Kopf Kevin Drew hat den Namen seines mittlerweile schweineerfolgreichen Labels weise gewählt, denn der Veröffentlichungskatalog ist entsprechend eindeutig in „Arts“, also Kunst, und „Crafts“, also Handwerk, einzuteilen. Die nun vorliegenden Veröffentlichungen von BSS-Mitstreiter Jason Collett und seiner Backing-Band Zeus fallen eindeutig in letztere Kategorie, denn musika-
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lische Innovation wird sowohl auf „Rat A Tat Tat“ als auch auf „Say Us“ klein geschrieben. Natürlich haben beide Alben eindeutig künstlerische Aspekte: Jason Collett zeigt sich auf seinem neuen Werk vor allem stimmlich wandelbarer als jemals zuvor. Zeus wissen durch Dynamik zu bestechen, die man in der Flut kanadischer Indie-Veröffentlichungen oft schmerzvoll vermisst. Insgesamt bieten aber sowohl Collett als auch seine BühnenMitstreiter von Zeus vor allem Hausmannskost, die nordamerikanischen BodenständigkeitsGestus aufwärmt. Im Falle Collett bedeutet das im schlimmsten Falle Dylan-Imitation zu ShantyKlängen und im Falle Zeus zu viele Zitat-Zitate aus der kanadischen Indie-Zitatesammlung. Wie das so ist mit dem Handwerk im Moment: So richtig goldenen Boden bekommt man nicht unter die Füße.2x5 ist keine 10. Text: Timo Richard
Jens Friebe Abändern
(Zick Zack/Indigo) Klar, den großen Durchbruch wird Jens Friebe nicht mehr schaffen. Obwohl seine letzten drei Alben durchweg wohlwollende Kritiken erhielten, erreichte keines von ihnen die deutschen Albumcharts - auch „Abändern“ wird daran wahrscheinlich nichts ändern. Selbst wenn sich Friebe erneut als Meister aller Klassen präsentiert, den nörgelnden Dandy im wundervoll zynischem „Königin Im Dreck“ gibt oder ganz bourgeoise seinen halbherzigen VIP-Status in „Sei Mein Plus Eins“ darbietet. Die Musik hierzu kennen wir bereits, Gitarren-Pop, leichte Avantgarde und gefühlvolle Balladen. Über das dadaistische Vengaboys-Cover „Up & Down“ legen wir indes besser den Mantel des Schweigens und halten fest: Jens Friebe wird immer Jens Friebe bleiben und nie den Pop-Plymp besteigen, obwohl er da hingehört. Ganz nach oben sogar. 6 Text: Marcus Willfroth
Kelley Stoltz To Dreamers
(Sub Pop/Cargo) „To Dreamers“ versetzt in ähnliche Stimmung wie eine Folge von „Wunderbare Jahre“: grenzenlose Lebensfreude trotz Nostalgie für eine Zeit, in der man noch gar nicht geboren war; trotz Heimweh nach einem Ort, den es nicht mehr gibt. Dabei sind die von Kelley Stoltz im Alleingang geschriebenen Songs, die er mithilfe von 17 Gastmusikern zu Hause aufgenommen hat, abwechslungsreich und originell genug instrumentiert, um die Etikettierung „retro“ trotz der von ihm ausgiebig zitierten Originale zu vermeiden. Da Lo-Fi-Pop
schon längst im Mainstream angekommen ist und nur noch ein leichtes Achselzucken hervorruft, die Lieblings-Blues-Punk-Platte im Musikladen des Vertrauens unter „Trend-Punk“ zu finden ist, wird „To Dreamers“ hoffentlich Gerechtigkeit widerfahren und Kelley Stoltz auf seiner nächsten Tour in gut gefüllten, netten kleinen oder großen Läden spielen. Verdient hätte er es allemal. 7 Text: Tanja Marquardt
Last Days of April Gooey
(Bad Taste/Soulfood) Bewegten sich Last Days of April früher eine ganze Zeit lang am Rande eines Jimmy Eat World-Plagiats, so hat die Evolution beide Bands in den letzten Jahren recht deutlich auseinanderdriften lassen. Mastermind Karl Larsson, dessen hohe Stimme die markanteste Konstante im Schaffen der Schweden darstellt, präsentiert uns überwiegend folkig angehauchten Indie-Pop, der trotz üppiger Instrumentierung niemals überladen oder erdrückend wirkt. Das ist zwar nicht wirklich schlecht und in manchen Fällen - „Heart“ und „If“, das abschließende Duett mit Tegan von Tegan And Sara - sogar ziemlich toll, aber die Hauptkrux liegt hier im Fehlen wirklicher Gänsehautmomente, die solche Musik einfach braucht, um über das Prädikat „nett“ hinauszukommen. 5 Text: Marek Weber
Murder Gospel Of Man
(Devil Duck/Indigo) Mal wieder Dänemark. So langsam mausern sich die Nachbarn ja gekonnt zum Geheimtipp für friedfertigen Folk und zeitgenössische Singer/Songwriter-Klassik. Murder jedenfalls klingen so, als könnten sie entgegen ihres Namens niemandem etwas zu Leide tun und bewegen sich im Dunstkreis von Marie Fisker, jener Dame, die ja bereits beim Ambient-Künstler Trentemøller zu hören war. So vernimmt man ihre Stimme auch auf „Gospel Of Man“, allerdings nur im Hintergrund, in dem sich hier eigentlich das wirklich Erwähnenswerte abspielt. Das leise tapsende Klavier gibt in den schönen Kleinoden wie „Drawn In The Dirt“ den Takt an, dann wird man mal von einem niedlichen Glockenspiel gefangen genommen und letzten Endes überzeugt „Gospel Of Man“ vor allem durch diese gemütliche Ruhe, die einen nie langweilt oder gar ermüdend wirkt. Für die kommenden Wochen ein fast schon existenzielles Werk. 7 Text: Steffen Sydow
My Heart belongs To Cecilia Winter Our Love Will Cut Throug Everything
(Chop/H’Art) Arcade Fire wurde bereits vielfach bemüht, um das Schaffen der Schweizer zu kategorisieren und natürlich - My Hearts Belongs To Cecilia Winter haben deutliche Ansätze der Wucht und der Erhabenheit der kanadischen Indie-Golia-
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ths. Und das trotz einem Drittel der Mitgliederzahl, dafür mit Debütalbumbonus. Zudem präsentiert Sänger Thom Lutz im Laufe des Albums auch immer wieder seine Chris Martin-Seite und lamentiert im Falsett-Gesang. Songs wie "New Zealand", "Never Ever Mountain" oder "Eighteen" verkörpern dabei den globalen Indiesound perfekt und haben Rufus Wainwright sowie Scott Matthew bereits zu Fans gemacht. Weitere sollten bei genauem hinhören in nicht allzu langer Zeit folgen. 6 Text: Britta Arent
Warpaint The Fool
(Rough Trade/Beggars/Indigo)
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Stumpf, hyperaktiv und kleptomanisch - der moderne Musik-Fan muss sich von der Industrie einiges anhören. Hören sollte er lieber „The Fool“, denn die Blogosphären-Lieblinge Warpaint widerlegen auf ihrer ersten Langspierplatte sämtliche Vorurteile, die der durchschnittliche Major-Label-Chef gegen das Publikum des digitalen Zeitalters vorbringt, musikalisch. Dieses Album hat mit stumpf nichts zu tun und wird im Netz trotzdem angepriesen wie Schmalzstulle. Warpaints eigenwillige Melange aus ‘Factory’-Sound und dürrem Wüsten-Rock ist intelligent, emotional aber nie pathetisch. In hyperaktivitätsfeindlichen fünf Minuten entwickeln die Songs jene lässige Hypnose, die eigentlich ein The XX-Trademark ist. Und von wegen Kleptomanie: Das äußerst empfehlenswerte Album „The Fool“ von Warpaint kann man sogar im Internet kaufen. Text: Timo Richard
CONTRA
Wer ein Konzert gerne im Sitzen anschaut, der ist bei Warpaint genau richtig. Allerdings muss auch der härteste Sitzenbleiber zugeben, dass er nach anfänglicher Ablenkung durch die schönen Beine der Protagonistinnen nichts gegen die von heftigen Gähnattacken begleitete, plötzlich einsetzende Müdigkeit wird ausrichten können - und dann schön sanft von dannen döst. Eine hilfreiche Geste der Damen wäre es vielleicht gewesen, ihr einlullendes Geheule nicht auf sechs Minuten auszuwalzen, sondern ihrem Publikum in kompakten Dreiminütern den Gnadenschuss zu geben. Aber so ist das wohl mit der Kunst: Sie schert sich einen Feuchten um das Wohlbefinden des Betrachters. Freuen dürften sich über das neue Album der kompromisslosen KriegerInnen vor allem Yoga-Lehrer, Akupunktur-Freunde oder Schlaflaborassistentinnen. Für alle anderen gibt’s Red Bull. Text: Flo Hayler
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PLATTEN
unclesally*s magazine
Our Last Night We Will All Evolve
(Epitaph/Indigo) Das „Evolve“ im Albumnamen ist sicherlich gut gemeint, einen inhaltlichen Bezug zu den zehn neuen Songs der Jungs aus New Hampshire hat es aber nicht - von einer Entwicklung kann hier nicht gesprochen werden, jede Minute klingt wie auf dem Debüt. Aber alles halb so schlimm: Einen EmoHardcore-Mix mit Pop-Melodien und tiefen Growls gibt es zwar mittlerweile bei jedem Discounter, aber wie bei den erfolgreichen A Day To Remember halten sich Aggression und Zuckerguss gekonnt die Waage. Da folgt auf jeden Ohrwurm ein kleines Prügelmonster. Für Album Nummer Drei darf und sollte man sich dann aber gerne selbst beim Wort (sprich: Albumtitel) nehmen. 6 Text: Tito Wiesner
Per Anders Per Anders
(Supermodern/Indigo) Wer schon „Bring Mich Nach Hause“ von Wir Sind Helden als etwas zu düster empfand, wird mit diesem Nebenprojekt vom Helden-Drummer Pola Roy und dem Tele-Bassisten Jörg Holdinghausen endgültig der melancholischen Herbst-Stimmung ausgesetzt. Passend dazu zeigt das Cover einen einsamen Wanderer in Feld und Flur. Das Duo selbst beschreibt das Ergebnis als psychedelischen Folk aus den Wäldern Berlins. Etikettenschwindel kann ihnen nicht vorgeworfen werden. Als erhellender Kontrast zu Jörgs traurigem Gesang steuert dann noch Judith Holofernes zu den drei Songs „Twilight“, „Better To Leave“ und „SunSon“ ein paar Vocals bei. Sollte mit geliebten Menschen vor einem Kamin - oder wenigstens im Kerzenschein - gehört werden, denn in kuscheliger Atmosphäre entwickelt das Werk bestimmt die beste Wirkung. 5 Text: Holger Muster
d
The Phantom Band The Wants
(Chemikal Underground/ Rough Trade) Reizpunkte sind da. Zum einen der wilde Genremix, der alles verwurstet, was die Populärmusik seit Erfindung des Kraut-Rock zu bieten hat. Zum anderen die sechs Bandmitglieder, die gerne mal Gesang mit Gemurmel verwechseln und das neue Album „The Wants“, das The Phantom Band nur ein knappes Jahr nach dem Debüt „Checkmate Savage“ nachschieben. Ein Werk, das davon lebt, nicht zu wissen, wo es am Ende genau hin will - was aber gar nicht nötig ist, denn hier stellt allein der Weg das Ziel dar. Musikalisch im Zuge kosmischer RockKlänge aus den Siebzigern, elektronischer Samples um 1996 und einer Songwriter-Attitüde, die sonderbarerweise an den jungen Tom Waits erinnert. Ganz so, als würde David Lynch mit John Carpenter die Nacht durchzechen. Nur Angst haben muss man davor nicht wirklich. 5 Text: Marcus Willfroth
Saalschutz Entweder Saalschutz
adtipps n lo ow
(Audiolith/Broken Silence) Da denkt man, der deutschsprachige Parolen-PartyTechno-Drops ist auf Generationen hinweg gelutscht, und urplötzlich tauchen die Eidgenossen Saalschutz wieder auf, vergessen ihre Neutralität und tun so, als hätten sie den Schuss nicht gehört. Titel wie „Laserboy Erwacht“ oder „Ihr Wollt Ja Doch Nur Pogen“ sprechen hier Bände. Ist das jetzt Parodie, Dada, NDW 2.0 oder was!? Schon seit 2001 arbeitet das Züricher Duo erfolgreich an der Reputation, einer der effektivsten Liveacts seiner Schublade zu sein. Aber darf man das eigentlich noch, stumpfe Auf-die-Eins-Bumsbeats mit schlecht gesampelten Gitarren und geschmacklosen Synthies verquirlen, seine Musik „Rave-Punk“ nennen und Nena zitieren? Vielleicht muss man das sogar, wenn man Pseudonyme wie MT Dancefloor und DJ Flumroc lustig findet. Aber braucht das auch jemand? Die Antwort hängt gleichermaßen vom Alkoholpegel ab und davon was man bei Begriffen wie Bad
Mixtape November 2010 zum Download unter zaOza.de/sallys Les Savy Fav – Let´s Get Out Of Here Röyksopp - The Drug Darwin Deez –Up in the Clouds Mogwai - I’m Jim Morrison, I’m Dead’ Morcheeba - Even Though Gisbert zu Knyphausen - Hurra! Hurra! So nicht Placebo - Never Ending Why Gonzales - I Am Europe The Walkmen – Lisbon Mt. Desolation – State Of Our Affairs Mando Diao – Down In The Past (Unplugged) Jamiroquai – White Knuckle Ride The Divine Comedy – I Like Harper Simon – Berkley Girl Musik, Videos und Games so viel Du willst. Sicher Dir jetzt Deinen Zugang und teste zaOza einen Monat kostenlos.
Taste oder Eurodance empfindet. Man kann das unglaublich scheiße finden oder einfach den Kopf ausschalten und steil gehen, Rationalismus hilft hier jedenfalls nicht weiter. Vielleicht auch gut! 6 Text: Thomas Müller
Senses Fail The Fire
(Hassle/Soulfood) Weiterentwicklung? Experimente? Bloß nicht! Senses Fail wollen keine neuen Stile ausprobieren, GenreGrenzen einreißen oder für Überraschungen sorgen. Sie wollen denselben Post-Hardcore/Emo/Punkrock spielen, für den sie seit Jahren stehen. Sollen sie doch. Vor allem, wenn sie dabei - wie mit dem neuen Werk „The Fire“ bravourös bewiesen - immer besser werden. Selten waren die Chöre so leidenschaftlich, die Refrains so eingängig, die TeenageAngst-Texte so hymnisch, die gelegentlichen Shouts so aggressiv. „Saint Anthony“, „New Year’s Eve“, „Landslide“, „Nero“ - hier folgt Hit auf Hit. Stagnation klang selten so mitreißend. 7 Text: Tito Wiesner
The Strange Death Of Liberal England Drown Your Heart Again
(DevilDuck/Indigo) Zum Glück hat Produzent Dave Allen (The Cure, Depeche Mode) einen Faible für außergewöhnliche Bandnamen und illustre CD-Cover. So kam es, dass sich besagter Musikmogul in „Forward March“, das Vorwerk der fünf Engländer/innen, verliebte und das Quintett sogleich unter seine Fittiche nahm. Inspiriert durch Bands wie The Cure oder The Smiths überzeugen The Strange Death Of Liberal England folgerichtig mit Power-Folk-Pop gepaart mit anspruchsvoller Lyrik. Was das Album aber zu etwas besonderem macht, ist die pompöse Dynamik, die sich wie ein roter Faden durch die Produktion zieht. Das liegt aber nicht nur an der Arbeit von David Allen, sondern vielmehr am Mitwirken eines kompletten Orchesters, welches die schillernden Melodien und den folklastigen Sound der fünf Insulaner in ein teils episches Gesamtkunstwerk versetzt. 7 Text: Kai Butterweck
Tamaryn The Waves
(Mexican Summer/Rough Trade) Dream-Pop nennt man das jetzt wohl, oder!? Auch, wenn man dazu früher wohl einfach Shoegaze gesagt hätte, hat sich unter diesem Namen in letzter Zeit eine Art kleine Bewegung gebildet, die zuletzt im Konsens-Potenzial der letzten Beach House-Platte kulminierte. „The Waves“, mit dem das Duo Tamaryn aus San Francisco hier debütiert, setzt genau dort an. Grabestief schleppt sich der Bass unter dem wabernden Gitarrendickicht hindurch und konterkariert so wunderbar den großzügig mit Hall verbrämten Äther-Gesang von Namensgeberin Tamaryn. So weit, so bekannt, und trotzdem außerordentlich liebenswert. Stylische Videos und ein ausgeprägtes Kunstverständnis tun ihr übriges. Wer die späten Blonde Redhead, Cocteau Twins oder eben oben genannte Beach House ins Herz geschlossen hat, kann hier eigentlich blind zugreifen und dann vielleicht sogar seine Entdeckung der Saison in den Händen halten. 7 Text: Thomas Müller
Therapy? We’re Here To The End
(DR2/H’Art) Zum 20. Bandjubiläum veröffentlichen Therapy? ihr erstes Live-Album, wobei die Songs auf „We’re Here To The End“ Ende März an drei aufeinanderfolgenden Konzertabenden in London aufgenommen und auf zwei CDs gebannt wurden.
Natürlich sind alle Hits aus der langjährigen Karriere des irischen Heavy-Rock-Trios um Frontmann Andy Cairns dabei, von „Diane“ über „Screamager“ bis zu obskuren Stücken wie „Evil Elvis“. Für Fans der frühen Therapy? erbarmt sich das Dreizack und spielt im Rahmen der im November stattfindenden „Troublegum and more“-Tour (fast) ausschließlich die Songs von „Troublegum“, dem erfolgreichsten Album der Bandhistorie – und zwar in voller Länge! 5 Text: Flo Hayler
Torche Songs For Singles
(Hydra Head/Indigo) &
Kylesa Spiral Shadow
(Season Of Mist/Soulfood) Der Herbst beginnt golden für alle, die ihre Musik gerne druckvoll und eingängig mögen - nämlich mit Veröffentlichungen zweier Bands, die gemeinsam mit Baroness und Mastodon so etwas wie die kommenden „Big Four“ des neuen Sludge-Metal darstellen dürften. Zunächst legen Torche aus Miami den sehnsüchtig erwarteten Nachfolger ihres 2008er Monstrums „Meanderthal“ vor: „Songs For Singles“ brettert durch acht Stücke in gut 20 Minuten, mit all der Wucht von Black Sabbath, der Geschwindigkeit einer Autofahrt zum sommerlichen Baggersee und den gefühlsmäßig fantastisch zu einer ebensolchen passenden Melodien en masse. Ordentlich Wucht haben auch Kylesa auf ihrem fünften Album „Spiral Shadow“ - was bei gleich zwei Drummern im Aufgebot nicht allzu sehr verwundert. Die Stimmung jedoch ist hier deutlich düsterer, angepisster, und auch das Tempo wesentlich gebremster, was aber nicht bedeutet, dass auf Melodien verzichtet worden wäre - „Don’t Look Back“ beispielsweise ist ein echter, jawohl: Ohrwurm, und an so mancher Stelle erinnert das Quintett aus Savannah, Georgia, gar an eine tonnenschwere Version von Quicksand oder At The Drive-In. Zwei Empfehlungen! 7/7 Text: Torsten Hempelt
Tusq Patience Camp
(Strange Ways/Indigo) Auf zu neuen Ufern - das passt bei Tusq gleich in zweifacher Hinsicht. Statt sich in ein komfortables Studio in einer deutschen Großstadt zu begeben, wurde das Lager für die Aufnahmen in der abgelegenen finnischen Provinz aufgeschlagen. Zum zweiten findet sich auf „Patience Camp“ nicht der Sound, den man unbedingt von Musikern erwartet hätte, die mit Bands wie Schrottgrenze, D-Sailors oder Herrenmagazin bekannt geworden sind. Mit der nötigen Melancholie geht es tief in Richtung Alternative-Rock, der üppig mit Melodien ausgestattet wurde. An die selbsternannten skandinavischen Vorbilder The Soundtrack Of Our Lives oder Motorpsycho reichen Tusq leider nicht ganz heran. Etwas mehr Verschrobenheit hätte zu Ungunsten manch hübscher Hookline vielleicht doch für mehr Wiedererkennungswert gesorgt. So bleibt es im „Patience Camp“, im Gegensatz zum finnischen Winter: Nett. 6 Text: Tim Kegler
TV Buddhas Dying At The Party
(Trost/Cargo) Die TV Buddhas sehen sich selbst gern als Außenseiter. Das Trio verabscheut alles, was nach machohafter Rockstar-Attitüde oder pseudo-intellektuellem Getue mufft. Musikalisch pendelt die Band aus Tel-Aviv irgendwo zwischen Punk, rhythmischem Rock’n’Roll und Psychedelic-Rock, ohne sich genau festlegen zu wollen. Ja, sie klingen wie eine Reinkarnation des Siebziger- und AchtzigerSounds: kantig, unpoliert und rotzig. „Dying At
The Party“ wird wohl vor allem bei Nostalgikern großen Anklang finden. Wer der Meinung ist, dass früher sowieso alles besser war, sollte sich diese Scheibe unbedingt zulegen. 6 Text: Natascha Siegert
Underoath Ø (Disambiguation)
(Roadrunner/Warner) Veränderung bleibt die einzige Konstante im Leben von Underoath - die Band setzt ihren Weg von der einstigen eingängigen Screamo-Band zum vielseitigen Noise-Atmosphäre-Ungeheuer unbeirrt fort. Dabei ließ man sich auch nicht durch den Ausstieg von Drummer/Sänger Aaron Gillespie aus dem Konzept bringen, im Gegenteil: Die elf neuen Songs geben sich wütend und experimentell wie eh und je. Die Palette reicht vom chaotischen Hardcore über lärmende, hypnotische Neurosis-Brocken bis hin zu verträumtaggressiven Soundwänden im Deftones-Stil. Das braucht wieder Zeit, bis es zündet und wirkt mit Verzögerung - aber dafür umso eindrücklicher. 7 Text: Tito Wiesner
V/A We Were So Turned On A Tribute To David Bowie
(Naive/Indigo) Mit gleich 38 Coverversionen von David BowieSongs aus allen Schaffensperioden bietet diese halbgare Charity-Compilation vor allem Munition für Musiknerds, ihr Spartenwissen mal wieder in die Diskussion einfließen zu lassen. Der Meister selbst ist seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr in Erscheinung getreten, soll aber angeblich abgenickt haben, was hier so zustande gekommen ist: ein Schweinsgalopp durch 40 Jahre Ausnahme-Karriere, der die Originale in einem vorteilhaften Licht erscheinen lässt. Auf der Habenseite: gelungene Interpretationen von Keren Ann, Chairlift, Warpaint und Megapuss vor dem Hintergrund größtenteils uninspirierter Versuche von größtenteils unbekannten Bands. Besonders glücklos in diesem Zusammenhang: die Beiträge von Duran Duran und First Lady Carla Bruni. 5 Text: Michael Haacken
Gegensatz zu Landsleuten wie den Satanic Surfers löste sich die Band aber nie auf, sondern machte immer nur längere Zeit Pause. Auch „Lean Back In Anger“ ist somit ein perfekter Trip in die Vergangenheit - so klang schneller, aggressiver Skate-Punk damals. Neu oder anders ist hier nichts, das Anhören dieser Songs ist eher wie ein Blättern durch alte Fotoalben - man kennt alles bis ins kleinste Detail. Aber freut sich doch immer wieder, an die Vergangenheit erinnert zu werden. 7 Text: Tito Wiesner
We Are The Ocean Cutting Our Teeth
(Hassle/Soulfood) Welch Überraschung, mal wieder eine neue PostHardcore-Kapelle! Könnte man meinen, doch schaut man sich die Band-Bio von We Are The Ocean genauer an, entdeckt man unzählige Festival- und Konzertshows mit Künstlern wie The Used oder Rise Against. Nach der Veröffentlichung einer EP gibt es jetzt endlich das erste vollwertige Album. Das erfindet mit dem Wechsel von Geschrei und cleanem Gesang das Rad zwar nicht neu, kann sich aber durchaus hören lassen. Viele Stücke erinnern an Alexisonfire, allerdings mit dem Manko, diese nicht ganz so gehaltvoll klingen zu lassen. Den Abwechslungsreichtum der Melodien lässt „Cutting Our Teeth“ vereinzelt zwar noch vermissen, aber das kann ja noch werden! Immerhin stehen die Herrschaften ja gerade mal bei Album Nummer Eins ihres Band-Daseins. 6 Text: Sarah Gulinski
The Whigs In The Dark
(Kartel/Soulfood) Was macht eine junge Band, die ihr erstes Album aufnehmen möchte, aber kein Geld dafür hat? Sie schmeißt ihr letztes Erspartes zusammen, hängt sich vor den Rechner und schießt auf ebay die nötigen Gerätschaften. Bei The Whigs hat diese Taktik funktioniert. Nach acht gemeinsamen Jahren und drei Alben hat sich diese Arbeitsweise ausgezahlt, denn mittlerweile teilen sich die Garage-Rocker aus Georgia mit Bands wie Black Keys, Franz Ferdinand oder Kings Of Leon die Bühne. Da fragt man sich doch, was noch kommen soll?! „In The Dark“ beantwortet diese Frage schon mit
den ersten drei Songs, die als imposante StadionRock-Hymnen die Marschrichtung vorgeben. The Whigs haben sich mit dieser Platte endlich vom Vorband-Status verabschiedet und treten nun in die Fußstapfen der Headliner. 6 Text: Natascha Siegert
The Young Gods Everybody Knows
(Two Gentlemen/Indigo) Zehn Nummern sind auf dem neuen Album des Schweizer Post-IndustrialTrios The Young Gods enthalten, einer Band, die bereits 1985 erstmals auf der Bildfläche erschien und deren bisherige Werke als äußerst einflussreich für Prog-, Psychund andere Experimentalrocker gelten. Auch der 16. Longplayer namens „Everybody Knows“ ist ein sphärisches Raumschiff aus Synthies, Gitarre und musikalischer Schwerelosigkeit. Kein Song gleicht dem anderen, Zeit, Raum und Sprache verknoten sich in den endlosen Weiten des Young Gods’schen Sound-Universums, das die Synapsen von Liebhabern der etwas anderen Musik zum Glühen bringen dürfte. Funktioniert natürlich auch ohne Drogen. 6 Text: Ben Wolf
Youth Brigade Let Them Know CD/DVD
(BYO/Cargo) Mit diesem Boxset für Punks, Sammler und Chronisten legen Youth Brigade um die Brüder Shawn und Mark Stern ihre persönliche Retrospektive auf ihre 25-jährige Bandkarriere und die Geschichte ihres Labels ‘BYO‘. Neben diversen Interviews mit alten Weggefährten und Protagonisten der kalifornischen Punk-Szene der frühen Achtziger gibt es neben allerhand Archivaufnahmen auch die beiliegende CD mit 31 Songs von Bands wie Bouncing Souls, Pennywise, Leatherface, Shark Soup und unzähligen weiteren Oldschool-Combos. In Kombination mit dem mehr als 100 Seiten starken Booklet wird „Let Them Know“ zur astreinen Zeitreise. Wir verlosen zwei Exemplare der Box. Schreibt eine Postkarte oder E-Mail mit dem Stichwort „BYO“ an verlosung@sallys.net!
Veara What We Left Behind
(Epitaph/Indigo) Kleine Zeitreise gefällig? Verea aus Augusta/Georgia katapultieren euch mit ihrem Debütalbum „What We Left Behind“ im Handumdrehen zurück ins Jahr 1997. The Ataris-Sänger Chris Roe hat noch einen vollen Schopf und träumt mit seinen Melodypunk-Kollegen von „Anywhere But Here“. Wem The Ataris zu gestern sind, könnte auch A Day To Rember, ohne die Geshoute, als Vergleich bemühen – die Spielkoordinaten bleiben trotz einem Jahrzehnten unterschied nahezu die selben. Allerdings sind A Day To Rember der Legende nach nicht ganz unschuldig, dass Verea einen Plattenvertrag bei ’Epitaph’ ergattert haben. Allzu große Konkurrenz haben sie sich damit allerdings nicht ins Boot geholt. 6 Text: Katja Taft
Venerea Lean Back In Anger
(Concrete Jungle/Broken Silence) Wer in den Neunzigerjahren das Skateboard als bevorzugtes Transportmittel nutzte und neben der Baggy Pant auch T-Shirts mit Aufdrucken wie „NFAA“ oder „NOFX“ im Schrank hatte, dürfte Venerea noch gut kennen - die Schweden gehörten damals zur Speerspitze des europäischen Melody-Core, ohne allerdings je den großen Durchbruch feiern zu können. Im
Kurzes Allerlei Vom Dancefloor scheint man sie nicht mehr runter zubekommen: Nachdem 65daysofstatic Anfang des Jahres auf ihrem Album „We Were Exploding Anyway“ den Post-Rock-Tönen abgeschworen und sich fast gänzlich elektrischen Sounds verschrieben hatten, geht ihr hypnotischer und impulsiv explodierender Trip mit den sieben neuen Songs auf „Heavy Sky“ (Hassle/Soulfood) ungebremst weiter. Noch mehr Großraumdisco, noch mehr Ambient, Drum&Bass und Rave, obendrauf immer noch eine Melodie oder ein Break, die die klassischen Songwriting-Qualitäten der Briten durchschimmern lassen. Intelligente Ekstase ganz ohne plumpes Geballer - wenn Elektro, dann so. Apropos beeindruckend: Wer nach ihrem „Holon:Hiberno“ bereits dachte, The Hirsch Effekt könnten einen nicht noch mehr umhauen, dem beweist ihre Split-EP mit Caleya das Gegenteil. Kompliziertes Post-Hardcore-Gefrickel, das inszeniert mit Kammerorchester in jeder Minute wichtig klingt, ohne schwerfällig zu sein, kombiniert mit einem Stück von Caleya, das trotz Lautstärke unter die Haut geht. „Apogaeum/Perigaeum“ (Midsummer/Ampire/Cargo) ist Herzmusik in Perfektion. Seit fast zehn Jahren haben auch Alexisonfire die Sache mit dem Krach ziemlich gut drauf. Ihre anstehende Konzertpflichten nehmen die Kanadier zum Anlass, mit der „Dog’s Blood“ EP (Roadrunner/ Warner) vier neue Songs zu veröffentlichen. Die Jungs um Sänger Dallas Green zimmern wie gewohnt wuchtige Kracher mit wenig Melodie, klingen aber noch dreckiger und opulenter als gewohnt. Ausnahme bildet da der rein instrumentale Schlusstrack „Vex“. Wie immer: Gut gebrüllt, Kanada. Auf der anderen Seite des atlantischen Ozeans sorgten The Shutes vergangenen Sommer auf dem Isle Of Wight Festivals erstmals für Staunen. Vom NME hochgelobt, kann sich jetzt auch der Rest der Welt einen Eindruck von dem juvenilen Trio verschaffen. Mit „Hits Like Mourning“ (Universal Digital) fahren die Engländer genüsslich die Surf-Pop Welle ab und erhöhen die gefühlte Raumtemperatur damit um mindestens zehn Grad. Allein dafür: Applaus. Worte des Lobes ernteten The Blood Arm anno 2006 mit ihrem Album „Lie Lover Lie“. „I like all the girls and all the girls like me“, sang Nathaniel Fregoso damals und dann wurde es still um die USBand. Wer dem taktschweren Indie-Rock in der Zwischenzeit nicht müde geworden ist, für den haben The Blood Arm auf „All My Love Songs“ (Universal Digital) fünf Stücke versammelt, die mal an eine Zeit erinnern, als Franz Ferdinand noch Lachsfisch auftischten oder sich auf einer Musicalbühne aufwühlende Szenen abspielten. Mehr davon soll es Anfang nächsten Jahres in Langspielform geben. Text: Tito Wieser, Sarah Gulinski, Ina Göritz
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DEMODESASTER SUPPENKÜCHE
Wer glaubt, dieser Tage würden sich die Augen öfter als sonst nässen, dem sei gesagt: Das kann unter Umständen am erhöhten Aufkommen Wassertröpfchen geschwängerter Aerosole liegen, die so durch die Landschaft schweben. Landläufig firmiert eine solche Erscheinung auch unter dem Begriff Nebel, der sich im Herbst wegen noch warmer Gewässer bei gleichzeitig kühler Luft besonders häufig bildet. Damit die Nachwuchsbands aus nah und fern nicht den Durchblick verlieren, verteilen wir unter ihnen in diesem Monat daher Nebelscheinwerfer. AUTOBOT TOTAL MUTIERT
Eine Gitarre, vier Akkorde, fertig ist der Lack. Das denkt sich Autobot aka Andre Lux schon seit Jahren. Wer das auch noch mit irren Texten garniert und selbstkritisch als „pseudointellektuelle Haha-Mucke“ beschreibt, der hat ordentlich Selbstbewusstsein getankt und das Prädikat DIY wirklich verdient. Nach „Tafeldienst“ und „Autobot Und Die Schmuggler Von Der Geisterbucht“ ist die musikalische Umsetzung des Spaßkonzepts auch auf „Total Mutiert“ eher nebensächlich. Er kann eben sehr gut unterhalten, der Tübinger Witzminister. Und nur das zählt. Remember: „What happens in Neubulach, stays in Neubulach!“ 6 Nebelscheinwerfer Heimat: myspace.com/autobot1 Live: 18.11. Tübingen - Schlosscafé *** 27.11. Idstein - Jugendzentrum
THE DASHWOODS LOONY BIN
Indie-Pop ist einfach nicht totzukriegen. Zugegeben: Bei dem Gros an guten Bands fällt es schwer, noch innovativ zu sein. The Dashwoods würzen ihren Sound mit New-Wave und Bloc-Party-Beats nach - so weit, so altbewährt. Neben klassischem Retro-Material stechen mal Krezip, mal die Lemonbabies oder Kate Nash als Inspirationsquelle hervor. Aber trotz dieses schonungslosen Raubzugs durch anderer Wälder zieht „Loony Bin“ mit und entwickelt eine ungestüme, rohe Eigendynamik. Wenn es The Dashwoods noch gelänge, zudem ihre Versiert- und Verspieltheit auszubauen, dann wäre das beim nächsten Mal als echter Erfolg zu werten. 4 Nebelscheinwerfer Heimat: thedashwoods.de
GANZ GUT GANZ GUT
teurqualitäten aufweisen. Im Falle der fünf Würzburger von GWAFOM tippen wir auf letzteres. Denn es ist schon sehr schön ausbalanciert, was sie auf ihrem ersten Album anbieten. Indie-Rock bildet das Kernstück, in das sich immer wieder spährische Post-Rock-Gitarren und Hardcore-Rhythmen einfügen. Rund klingt das, und auf eine unaufdringliche Art bauch- und kopflastig zugleich. Oder um mal eine Referenz zu bringen: Wie At The Drive-In, bloß nicht ganz so verzweifelt. Wer so ausgewogen zu Werke geht, ja, der kann wohl wirklich selbst einen Godzilla besänftigen. 7 Nebelscheinwerfer Heimat: myspace.com/ godzillawasafriendofmine
JANE BONDAGE GESTURES
Der Bandname lässt allerlei Unzüchtiges vermuten. Doch statt Fesseltechniken steht für Jane Bondage auf ihrem Erstling dann doch die Musik im Vordergrund. Und zwar der Rock der Neunziger, um genau zu sein. Dabei versuchen die fünf Berliner, all die Größen jener Zeit unter ein Dach zu bringen: Mal blitzen Soundgarden auf, dann plötzlich Faith No More und schließlich auch noch Tool. Entsprechend zusammengeflickt klingt das Resultat. Jane Bondage bemühen sich durchaus um progressive Riffs und Rhythmen, die jedoch eher wahllos durcheinander rumpeln als gekonnt vor sich hin zu fließen. Somit gerät „Gestures“ zu einer zwar ambitionierten, letztlich aber mächtig verkrampften Platte, der etwas mehr Entschiedenheit gut getan hätte. 4 Nebelscheinwerfer Heimat: jane-bondage.com
TRAILER PARK SEX NOW OR FUCKING NEVER
Ein ranziger Wohnanhänger und klischeehafte, bärtige Hillbillies in fleckigen Unterhemden und Truckercaps – so die erste Assoziation beim Hö-
ren des Bandnamens. Aber dann: ein kunterbunter Internetauftritt und ein rosafarbenes TotenkopfCover - Antagonismen, auf die Schweinerocker überhaupt nicht klarkommen. Und dann erst die Musik. Martialisch bügelt uns der hasshungrige Sound der Hamburger die Falten aus den Gesichtern und lässt zwei beeindruckte Hörer zurück. Metal-Core, klar, aber mit jeder Menge vertrackter Breaks, Double-Bass-Salven und progressiv melodiösen Parts, in denen Fronter Juan neben Growls auch mal den Softie gibt - Mikael Åkerfeldt von Opeth wäre stolz. Als Duo so einen Druck aufzubauen, das ist schon Wahnsinn. 8 Nebelscheinwerfer Live: 5.11. Hamburg –Souledge, 14.11. Köln Blue Shell Heimat: myspace.com/trailerparksex Text: Roy Fabian, Maik Werther
NIL MASKEN EP
Ganz Gut aus Berlin sind im mit ähnlich urbanem Lokalpatriotismus angereicherten Gute-LauneMetier wie Mutabor, Ohrbooten oder Culcha Candela zu Hause. Doch trifft dieser Vergleich zu? Nicht wirklich, schließlich ist der HipHopAnsatz ebenso wie anderweitiges Genregehopse doch zu vordergründig. Reggae, Swing, Jazz, Lounge - verdubbed nochmal, die Jungs lassen nix unversucht. Und gerade das macht sie aus. Wer auch immer bei dem Wetter den Blues bekommen sollte: Ganz Gut auf den Tisch, das macht die Seele satt! 7 Nebelscheinwerfer Heimat: ganz-gut.de
Nil kommen aus Köln, ihre Musik klingt aber eher nach Berlin oder Hamburg. Der Sound ist zwischen Kante, Madsen und Keimzeit nicht unbedingt innovativ angesiedelt, allerdings bringen Nil brillant melancholische Arrangements zu Gehör, in denen die Gitarren tolle Kaskaden bauen, während Bass und Schlagzeug sich im Hintergrund die Bälle zugrooven. Und dann diese Melodien! Wirklich jede zündet, und das immer und immer wieder. Lyrisch gibt man sich gern auch mal etwas kitschig, doch macht das überhaupt nichts. Haupt- und hansestädtische Szenegänger, reist nach Köln! 9 Nebelscheinwerfer Heimat: nilmusik.de
GODZILLA WAS A FRIEND OF MINE GODZILLA WAS A FRIEND OF MINE
SEBÉ HALLO FREUNDE
Wer selbst ein großes Monster zum Freund haben kann, der muss entweder kulinarisch gesehen ungenießbar sein oder besondere Domp-
respektive der Festplatte: Sein Elektro mag vordergründig zwar eher unaufgeregt und minimalistisch daherkommen, durch die Hintertür entfaltet er aber einen ganzen Kosmos an Tönen. Pluckernde, piepsende und knarzende Synthesizer sind für solche Art von Musik Standard – Sebé fährt aber ein Xylophon, den Schwung einer Akustikgitarre, das karibische Flair einer Marimba und tolle Chöre auf. Trotzdem ist „Hallo Freunde“ nicht überladen, sondern sanft und laid back. Eine Platte, die zum Bestaunen des Sternenhimmels einlädt. 7 Nebelscheinwerfer Heimat: myspace.com/sebeee
Sebé mag nicht dick auftragen. Stattdessen vertraut er ganz auf seine Fähigkeiten als Soundtüftler. Und da hat er in der Tat einiges auf Tasche,
Volkswagen Sound Foundation Nächste Runde, neues Glück!
Es ist mal wieder Zeit, sich für die Musikförderung der Volkswagen Sound Foundation zu bewerben. Bis Ende November habt ihr die Möglichkeit, euch und eure Band für die nächste Runde online unter volkswagen-soundfoundation.de vorzustellen. In der Kategorie Newcomer können sich Bands, die schon einen Plattenvertrag haben für eine einjährige Förderung bewerben. Bands ohne Vertrag mit einem Plattenlabel oder Verlag bewerben sich in der Kategorie Talents, für ein sechsmonatiges Programm. Im kommenden Jahr haben wieder je ein Newcomer in den Kategorien Rock, Pop, Hip Hop & R’n’B und drei Talents die Chance professionell und nachhaltig bei ihren Karriereplänen unterstützt zu werden. Bewerben kann man sich unter volkswagen-soundfoundation.de
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MUSIK STORIES
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Giant Sand Fast wie von selbst
Giant Sand, die Enfants Terribles des Alternative-Country, feiern 25-jähriges Bestehen und hätten ihr neues Album ‘Blurry Blue Mountain‘ fast verschlafen. Worüber Frontmann Howe Gelb nur wenig lachen kann. Er ist sich treu geblieben. Wie er da sitzt, in schluffiger Jeans, mit etwas zu großem Baumwollhemd und hochkonzentriertem Blick. Howe Gelb begann vor gut drei Dekaden seine Karriere, beschwerte sich nie und veröffentlichte mit Giant Sand einen Meilenstein nach dem anderen. „Die häufig wechselnden Mitglieder taten der Band gut“, erklärt der inzwischen 53-jährige US-Amerikaner gelassen. „Es ist wie mit den Jahreszeiten, die verändern sich auch, vergehen, und dann kommt meist etwas vollkommen Neues, das genauso aufregend ist.“ Neben der Musik seien das allein seine Kinder, fügt er lächelnd hinzu, die eine vergleichbar große Rolle für ihn spielen, sonst nichts. Was die Kids wohl zu Papas neuer Platte ‘Blurry Blue Mountain‘ sagen? Vielleicht sind sie ähnlich stolz wie der Macher selbst, der spätestens bei der Frage, wie es um seine Beziehung zum Album so kurz nach den Aufnahmen stehe, übers ganze Gesicht strahlend zugibt: „Ich würde sie am liebsten umarmen und auf eine Tasse Kaffee einladen.“ Der wiederum wurde im Studio nicht gekocht, was zur
Ackerbau und Viehzucht: Giant Sand aus Tucson, Arizona.
Folge hatte, dass Gelb mehrfach im Sessel neben dem Mirko eingeschlafen ist – und das, während die Kollegen an Gitarre und Schlagzeug einfach weiterspielten.
ihrer ersten Platte, wo die eigenen Stärken liegen, vermengen saftigen Folk-Pop mit schwelgerischen Akustikballaden und streuen demgegenüber allerhand raue Rock-Manierismen hinzu.
„Der Großteil von ‘Blurry Blue Mountain’ entstand in einer Situation der totalen Müdigkeit oder während des Aufwachens – klingt merkwürdig, doch wir waren täglich so lange mit den Sessions beschäftigt, dass kleine Nickerchen ab und zu sein mussten.“ Gelohnt hat sich der Stress allemal: Giant Sand wissen selbst ein Vierteljahrhundert nach
Obwohl es sich um kein Best-Of handle, meint Gelb abschließend, fühle sich die Platte genauso an. Keine schlechte Sache, eine simple Hit-Sammlung zum Geburtstag wäre auch gähnend langweilig gewesen. Text: Marcus Willfroth
Heimat: giantsand.com
MY HEART BELONGS TO CECILIA WINTER „Jungfräulichkeit macht auf Dauer nicht glücklich.“
Die Schweiz ist neutral. Und jungfräulich. My Heart Belongs To Cecilia Winter beklagen dies, doch zum Glück haben sie die Berge. Am Anfang war ein gutes Konzert - oder eher viele dieser Art. Anders lassen sich die Beifallsstürme nicht erklären, die über das Trio bisher hereinbrachen. Mit ihrem an der großen Geste, dem Rock’n’Roll und dem Shoegaze geschulten Pop vereinen sie viel Gutes der Nullerjahre, und das, ohne dabei die eigene Kreativität außen vor zu lassen. So machte sich das Züricher Quartett um Sänger Thom Luz flugs an die Arbeit zum ersten Album, in einem Landgut im französischen Burgund: offener Kamin, ein gutes Buch. Und vermutlich auch das eine oder andere Glas Rotwein - der betont stilsichere Luz bemüht sich hervorzuheben, dass - obwohl man aus dem Theatersektor komme - nichts einem konzeptionellem Überbau zugrunde liege: „Wir spielen kein Theater auf der Bühne, vieles ist collagenartig zusammengetragen. Man hört Sachen, die aus uns heraus gären, bei den Aufnahmen direkt aus dem Unterbewusstsein auf Vinyl“. Direkt, wenn man die größtenteils live eingespielten Studiotakes außen vor lässt. Und einige Overdubs, die den organischen Sound veredeln. „Es gab einzelne Lärmtage, an denen nur Krach produziert wurde. Ich mag es, wenn man den Song erst unter einer Decke von Krach suchen muss, da ich mein Leben in unserer Zeit im Moment so wahrnehme. Es ist viel Krach da, die schönen Sachen muss man sich suchen.“ Thomas Luz spricht viel in Bildern und zeigt keine Scheu vor Pathos: „Wir möchten große Bühnen, nicht allein, um möglichst vielen Menschen zu gefallen. Es sind große Themen, die wir verhandeln. Und die verlangen auch musikalisch nach einer raumgreifenden Geste“. Gesten schweizerisch-musikalischer Art ist man in unseren Breitengraden nicht gewöhnt, der überzeugte Schweizer sieht seine Heimat jedoch als wichtigen Fixpunkt der Band. „Alles ist so mittel in der Schweiz“, klagt er. „Die einzigen Extreme sind Geld und Berge. Über Geld will ich nicht singen, weil es nicht mein Thema ist - aber es besteht eine Naturverbundenheit in dieser Band. Es geht die ganze Zeit um Berge auf der Platte“. Und so scheint auch die intuitive Arbeitsweise des Trios verständlich, als er mit den Worten schließt: „Den Bergen ist es ja auch egal, ob man sie anguckt oder nicht.“ Text: Volker Bernhard Heimat: myheartbelongstoceciliawinter.ch
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MIXTAPE
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WAS HÖRen EIGENTLICH... MANDo diao? Keiner hasst so schön wie Mando Diao. Doch die fünf Schweden haben auch viel Liebe im Herzen, zum Beispiel für die Songs, die sie auf ihr aktuelles MTV Unplugged-Album „Above And Beyond“ gepackt haben. Oder jene, die euch Sänger Björn Dixgård und Bassist Carl-Johan Fogelklou (aka CJ) hier in unserem Mixtape vorstellen. Für eure Akustik-Platte habt ihr Ray Davies von The Kinks als Gastsänger verpflichtet. Was ist euer Lieblingssong der Band? CJ: „Waterloo Sunset“ ist fantastisch. Björn: „I'm Not Like Everybody Else“ ist auch großartig, „Lola“ und natürlich „Victoria“. Drei Bands, die ein Junge auf ein Mixtape packen sollte, wenn er das Herz eines Mädchens erobern möchte. Björn: „Woman“ von John Lennon“, "What Becomes Of The Broken Hearted", der stammt im Original von Jimmy Ruffin, einem Soul-Sänger aus dem Motown-Stall. CJ: Und dann nehmen wir noch „I Will Survive“ von Gloria Gaynor. So weiß die Dame wenigstens: „Hey, auch wenn du mich verlässt, werde ich klarkommen.“ Was ist mit „A Man Needs A Maid“ von Neil Young? Björn: Äh, nein! Aber das wäre was für Jungen. Welche Bands müssen auf ein Tape, mit dem ein Mädchen einen Jungen für sich begeistern will? Björn: „A Man Needs A Maid“ von Neil Young. Irgendwas von Nirvana, ich kenne keinen Jungen, der Nirvana
nicht mag. CJ: Oder etwas von Bob Dylan vielleicht. Und auch wenn's schlimm ist, aber „Born To Run“ von Bruce Springsteen passt gut. Björn: Ich hasse Bruce Springsteen, und wenn ihr unsere Karriere in Schweden auf einen Schlag zerstören wollt, müsst ihr denen nur dieses Interview zeigen: Bruce Springsteen ist Gott in Schweden. Und Jungen mögen ihn, weil er so da steht (stellt sich breitbeinig hin und spielt Luftgitarre). CJ: Ja, nur hat er muskulösere Beine als du. Die erste Platte, die ihr eurem Kind schenken würdet? CJ: Die Beatles-Kollektion wäre ein guter Einstieg. Björn: Etwas von Elvis Presley fände ich passender, das ist irgendwie naiver und zugänglicher für Kinder. Wenn ihr eure Partygäste loswerden wollt, spielt ihr: CJ: „Kinesiska Muren“ von Evert Taube – wann immer du Menschen loswer-
den möchtest, spiele diesen alten Song. Der Typ singt von der Chinesischen Mauer, es ist abgefahren. (Anm. d. Red.: Checkt das mal bei YouTube – es IST abgefahren!)
dennoch stand ich ganz vorne und durfte das gesamte Konzert im Mob mitspringen. Björn: Mein Gott, musst du verknallt gewesen sein!
Angenommen, ihr dürftet nur noch eine Platte hören, bevor sich Aliens für immer eures Gehörsinns bemächtigen... Björn: ...dann würde ich etwas wählen, was ich momentan gern höre: „Bookends“ von Simon & Garfunkel oder die neue Johnossi-Platte „Mavericks“. CJ: Ich würde „Die Vier Jahreszeiten“ von Antonio Vivaldi nehmen, das ist unglaublich.
Text: Christine Stiller Heimat: mandodiao.com Auch gut: „Above And Beyond“ - das neue Akustikalbum von Mando Diao Auf sallys.net - sally*sTV mit noch viel mehr Mando Diao
Auf welches Konzert seid ihr nur gegangen, um jemandem einen Gefallen zu tun? CJ: Ich war mal bei den Hives (lacht), mit meiner damaligen Freundin. Ich wollte Zeit mit ihr verbringen und sie wollte Zeit mit den Hives verbringen. Damals, mit 21, waren wir von Mando Diao nicht gerade Hives-Fans und
DAS MIXTAPE Mando Diao feat. Ray Davies - „Victoria“ John Lennon - „Woman“ Jimmy Ruffin „What Becomes Of The Broken Hearted“ Neil Young - „A Man Needs A Maid“ Nirvana - „Lithium“ The Beatles - „All My Loving“ Elvis Presley - „Suspicious Minds“ Simon & Garfunkel - „Mrs. Robinson“ Johnossi - „Roscoe“ The Hives - „Main Offender“
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SPEZIAL
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SCHLAND So richtig weg war er ja nie, aber: Der alte Kumpel Deutsch-Punk ist zurück! Und er trägt jetzt Brille. Sind die „Schlachtrufe BRD“ noch der passende Soundtrack zum Untergang? Eine Welle neuer deutscher Punk-Bands beantwortet diese Frage musikalisch mit „NeinNeinNein“ und haucht dem zuletzt schwer mit seinem Dosenbier-Image kämpfenden Genre neues Leben ein. Escapado, Captain Planet oder Turbostaat treten das schwere Erbe von Bands wie Slime oder Dackelblut an und verschaffen einer fast brachliegenden Subkultur wieder Relevanz, indem sie vom belegten Brot mit Oi! lieber die Finger lassen. Matula, Mikrokosmos23 oder Adolar stehen bereit, um die Lücke zu schließen, die Muff Potter nach ihrer Auflösung in der Szene
hinterlassen haben. Deutschpunk und Gehirn sind gar keine Gegensätze – ungefähr so lässt sich die Grundformel des neuformierten Genres zusammenfassen. Auch wenn man die besetzten Häuser der Republik beackert, muss man sich für sein Abitur nicht schämen, denn irgendwie schaffen es die Deutsch-Punk-Enkel auch ohne bunte Haare, Subkultur-Konventionen und DIY-
Ethos in Ehren zu halten. Inwiefern die Feuilletontauglichkeit von Matula-Texten, die Massenanziehungskraft eines Turbostaat-Albums oder die reflektierte Ironie einer Kotzreiz-Single tatsächlich noch den bunthaarigen Deutsch-PunkBegriff der Achtziger bedient, ist natürlich fragwürdig. Sicher ist aber, dass endlich wieder was geht, in deutschen JUZes.
Wenn das eure Eltern wüssten... „Arbeitslos und eine Flasche Bier“ ist nicht mehr. Wie im Bundestag finden sich auch in den Reihen der DeutschPunk-Enkel zumindest gefühlt überdurchschnittlich viele Lehrer. Wie ein derart staatstragender Beruf mit DIYEthics und latentem Dagegen-Sein zusammenpasst, beantworten Sebastian von Escapado und Captain Planet-Sänger Arne von Twistern – beide Grundschullehrer:
Wenn man nicht gerade ein Regenwurm ist, bedeutet „in der Mitte durchgehackt werden“ den sicheren Tod. Auf ’Montgomery Mundtot’ wirken die zwischenzeitlich halbierten Escapado allerdings erstaunlich lebendig und beweisen regenwurmähnliche Regenerationskräfte. Für die deutsche Punk-Szene ist die neuere Geschichte von Escapado ungefähr so, als hätte der große Bruder einen schweren Autounfall gehabt. 2009 verabschieden sich Sänger Helge und Bassist Gunnar aus einer Band, deren bisherige Alben ’Hinter Den Spiegeln’ und ’Initiale’ wegweisend für intelligente, deutschsprachige Knüppelmusik sind. Escapado sind danach ein Fall für die Intensiv-Station aber immerhin: Die Geräte piepen noch. Bleibt die Frage: Wer nimmt Deutsch-Punk jetzt mit in die Disko? Gitarrist und Songschreiber Sebastian und Schlagzeuger Christoph, die verbliebene Escapado-Hälfte, finden zur allgemeinen Erleichterung schnell einen geeigneten Organspender – Felix Schönfuss wird neuer Sänger. Mit Johannes Gelhorn wird bald darauf ein neuer Tieftöner in die Band integriert
und Escapado kann die Intensiv-Station mit leicht wackeligen Knien wieder verlassen. „Es hat fast ein ganzes Jahr gedauert, bis wir wussten, wie es genau weitergeht“, erläutert Sebastian die Suche nach einem neuen musikalischen Körpergefühl. Die Arbeit an ’Montgomery Mundtot’ wird aber mehr als eine Reha-Maßnahme. „Das war für uns vor allem eine spannende Herausforderung, weil wir wussten, dass die Leute jetzt natürlich genauer hinhören werden. Dementsprechend selbstkritisch und sorgfältig haben wir auch an den Liedern gearbeitet“, erinnert sich Sebastian. „Irgendwann während der Aufnahmen haben wir dann gemerkt, dass alles viel besser funktioniert, als wir jemals gedacht hätten.“ ’Montgomery Mundtot’, das wie schon ’Initiale’ über das ansonsten eher wenig Punk-affine ‘Grand Hotel van Cleef‘ erscheint, hinterlässt tatsächlich den Eindruck, dass Escapado die Operation am offenen Herzen gut überstanden haben. Das dritte Album der großen Brüder des deutschen Hardcore-Punk ist kein zusammengeflicktes Unfallopfer. Escapado kehren mit hohem Puls und altbekannter Melancholie in den Gliedern zurück und nehmen uns endlich wieder mit zum Pogotanzen.
Sebastian: „BWL studieren und in einer Punk-Band spielen wäre unsinnig. Ich glaube, dass das Bewusstsein eine Rolle spielt, dass man von dieser Art von Musik wahrscheinlich nicht leben kann. Lehrer-Sein ist eine gute Alternative, weil es genau wie eine Band auf gemeinsames Arbeiten hinausläuft, aber eine gewisse Sicherheit bietet. Dass der Job dann viel zeitintensiver ist, als man sich das vorgestellt hat, merkt man ja erst später.“ Arne: „Die Band hilft einem dabei, nicht zu verkopft zu werden, locker zu bleiben, mit unerwarteten Situationen umgehen zu können. Das wiederum hilft mir in meinem Job, besser zu sein. Und man macht vieles, was Schülern Spaß machen würde – sich treiben lassen, mit vielen Menschen in zu kleinen Räumen auf Matratzenlagern übernachten, jede Nacht bis halb vier wach bleiben, Tischtennis spielen, Schokolade an Tankstellen kaufen, Krach machen...“
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Gehört Deutsch-Punk jetzt zum guten Ton, oder was? Oder woran genau liegt es, dass das aktuelle Video von Mikrokosmos23 gerüchteweise auf MTV läuft?
„Alles klar, hier auch Hallo...“ heißt es, wenn die Adolar-Jungs ihre Songtexte aus SMS-Fetzen ihrer Handys zusammenbasteln. So geschehen, wirklich wahr! Prickelnd, spritzig, süß - typisch Sachsen-Anhalt, typisch Adolar? Kann man unterschreiben! Wieder eine Band, die bei ’Unterm Durchschnitt’ ein Zuhause gefunden hat. Dem Label, wo der Garant für guten Deutsch-Punk ein Abo zu haben scheint. Schlagzeuger Frank Mertens erklärt das Phänomen der Label-Familie so: „Die Freundschaften zwischen den Bands sind der Kitt, der das ganze Ding zusammenhält und Steine ins Rollen bringt.“ Freundschaftliche Kabbeleien inklusive, wenn man sich im kleinen Tourbus stapelt und bei den Jungs von Mikrokosmos23 halb auf dem Schoß sitzt. Diese bezeichnen Adolar im Gegenzug zähneknirschend als „viel lustigere Band als sie selbst“. Das ist Liebe!
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Sie bezeichnen sich selbst als „Kleinstadtpunks mit Großstadterfahrung“, beackern seit rund zwölf Jahren die Bühnen hiesiger AZs, JUZes oder anderer Prachtbauten und ziehen nun mit ’Alles Muss Kaputt Sein’ ihr ernüchterndes Fazit.
Der Bandname Mikrokosmos23 ist das bodenständige Produkt aus einer Duden-Schmöker-Stunde und der Nummer ihres Proberaums, und damit eigentlich viel zu unspektakulär für die großen Medien. Außerdem ist der Sänger mit dem klangvollen Namen Peter Löwe vom Begriff „Rampensau“ so weit entfernt wie „Rock of Love“ vom guten Geschmack. Es dürfte also an der Genialität ihrer Texte, den großen Gitarren oder ihrer unprätentiösen Art liegen, dass sie mit ihrem aktuellen Album ‘Memorandum‘ Mainstream-Aufmerksamkeit erhaschen. Immerhin krönen ihre LabelNachbarn und Freunde Adolar sie liebevoll zu den „modernen Muff Potter“. Relativ unbeeindruckt von dem ganzen Drumherum macht es sich der DIY-Gedanke auch auf dem Artwork der neuen Platte „Memorandum“ gemütlich, was der monatelangen Recherche von Schlagzeuger Tom geschuldet ist. Sich selbst in irgendwelche Schubladen zu quetschen, finden MK23 unsinnig. Sie sehen das realistisch und bezeichnen sich selbst nicht als Nischenfüller, sondern eher als Band, die macht, worauf sie Bock hat – und das ist ein Mix aus ihren eigenen musikalischen Vorlieben. Immerhin sei der Punkrock laut Peter ohnehin nichts, was immer neu erfunden werden müsse.
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Vielmehr geht es hierbei doch am Ende auch wieder nur um Emotionen. Recht haben sie! Ach ja und wer das MTV-Rätsel gelöst wissen und nicht wie Schlagzeuger Tom eine Nacht lang vor der Glotze hängen will, um das Schmuckstück (im Endeffekt nicht) zu sehen: Wenn überhaupt, dann läuft das Video zwischen 2.00 und 8.00 Uhr. Ohnehin der einzigen Zeit, in der hier Musik gespielt wird - macht Sinn! Heimat: myspace.com/mikrokosmos
Laut Frank seien Adolar eine neue Art von Punk und gleichzeitig eine Gruppe von Träumern, die sich völlig selbstverständlich nach einer Zeichentrickfigur benennen, die den ganzen Tag im Nachthemd umher läuft und nachts mit ihrem aufblasbaren Raumschiff aus dem Violinenkasten ins All fliegt. Sie wollen das Genre Punkrock in seine Einzelteile zerlegen, um gegen die stumpfen Kompositionen anderer Bands zu kontern. Das gelingt ihnen auf dem Debüt ‘Schwörende Seen, Ihr Schicksalsjahre‘ völlig problemlos, wenn sie mit den unkonventionellen Texten und ihren typisch Adolar’schen Songstrukturen mit jugendlichem Enthusiasmus nach vorne preschen. Motivation für all die unzähligen Konzerte in alternativen Jugendzentren entsteht laut Frontmann Tom Mischok aus simplen Gründen: „Das ganze Affentheater in deutschen Discotheken, das ewig gleiche, aufgesetzte Gelaber kotzt mich an und treibt mich zu meinen Freunden in den Proberaum.“ Heimat: adolarband.de
„Deutschsprachiger Punk ist heute nur noch Randphänomen“, glaubt Frontmann Alex, der die solide Fassade seiner Band mit smarten Parolen tagt. „Was die Kids zurzeit abfeiern, sind Hardcore und die Audiolith-Combos. Vor fünf, sechs Jahren gab es noch Bands wie Muff Potter, auf die sich auch die Nicht-Punks einigen konnten. Aber alles, was danach kam, ist echt underground: Antitainment, wir, Kaput Krauts - bei uns im Südwesten ist das nicht das große Ding.“ Dabei sind Pascow sowohl auf Album und Bühne ein mitreißendes Feuerwerk der schlechten Laune, raffiniert, smart, reflektiert und mit Songtiteln gesegnet, die man sich bedenkenlos in den Unterarm tätowieren darf: ’This Is Gimbweiler, Not L.A.’ und ’Too Doof To Fuck’ umweht der Duft aus Ironie, Melancholie und Fernweh - da schnalzen auch die Girls mit der Zunge. Alex und seine Gang wurden geprägt von den harten Bänken der DIY-Schule. Sie sind aufgewachsen in einer Zeit, als man Gigs noch per Handschlag verabredete und nicht kurzfristig über ein Social Network seiner Wahl arrangierte. Damit gehören Pascow zur aussterbenden Spezies der Anpacker und Macher, die es in Orten wie Gimbweiler, Saarlouis oder Wolfenbüttel genauso geben muss wie in Berlin, Hamburg oder Köln. Keine Szene ohne jemanden, der sie aufbaut und pflegt. Das weiß auch Alex: „Es sind immer dieselben Nasen, die sich ein Bein ausreißen und die Sache am Laufen halten. Nachwuchs gibt’s wenig. Deshalb ist es die Aufgabe der Generation 25+, die ganz jungen Leute in die Szene zu holen und den Kids zu vermitteln, dass man auch ohne Werbepartner und TopEquipment eine echt gute Band sein kann.“ Heimat: pascow.de
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BERLIN
Zwei Fragen an Renke Ehmke (Zeitstrafe, Hamburg) Wie sieht dein Büro aus? Es gab nie ein Zeitstrafe-Büro. Ich habe das immer von zu Hause aus gemacht. Ist auch immer noch so. Nach welchen Kriterien suchst du die Bands aus, die bei dir veröffentlichen? Ich suche die Bands nicht aus. Ich habe mir ja nicht ausgesucht, dass Leute der American Tourists in die gleiche Kindergartengruppe wie ich gekommen sind, Matula einen Stadtteil weiter aufwuchsen oder Tobi von Antitainment in Frankfurt Konzerte mit ’Zeitstrafe’-Bands macht und man dann immer bei dem pennt. Natürlich merkt man, wenn man Leute kennenlernt, ob man sie und das, was sie machen, schätzt. Sofern dass der Fall ist, hat man auch Lust, etwas zusammen zu machen. Bands auf ’Zeitstrafe’: Escapado, Tackleberry, Trip Fontaine (LP), Antitainment, Matula, Grand Griffon, Les Trucs, American Tourists
Eine Frage an Matze (Aggressive Punk Produktionen, Fürth) Was veranlasst Menschen wie euch, ein Plattenlabel zu gründen, in der weisen Voraussicht, damit wahrscheinlich kein Geld zu verdienen? Keine Ahnung. Wir sind mit Deutsch-Punk aufgewachsen und lieben die alten Platten von Slime & Co. Wir hatten einfach Bock, selbst ein Label zu gründen, das sich ausschließlich mit dieser Musik beschäftigt. Auch mit der Absicht das Ganze wieder etwas aufzupolieren. Dass man mit Platten kaum noch Geld verdient, wussten wir schon durch die Arbeit bei anderen Labels. Nenn es Idealismus, Leidenschaft, Dummheit. Wir machen das so lange, wie wir Bock drauf haben - oder es sich halbwegs trägt. Bands auf ’APP’: Rawside, Kotzreiz, Missbrauch
SCHLESWIG-HOLSTEIN
Warum schreien die denn so? Haben die Schmerzen? Nee, die Schleswig-Holsteiner schreien Freude und Frust nur gerne etwas lauter heraus! Da sag mal noch einer, Männer würden ihren Gefühlen nicht freien Lauf lassen! Liegt vielleicht an den zwei Meeren, zwischen denen Schleswig-Holstein eingekesselt ist, dass Wehmut und Emotionen hier überquellen. Unangefochtenes Epizentrum ist Flensburg, Heimatstadt einiger wichtiger Vertreter der aktuellen Deutsch-Punk-Szene. Reinhören bei: Turbostaat, Escapado, Findus, Frau Potz, Grand Griffon, Smoke Blow
HAMBURG
Vielleicht ist es die örtliche Nähe zur Hamburger Schule, vielleicht auch nur die Tatsache, dass die Hansestadt schon seit Menschengedenken immer wieder Innovationsschübe an die Punk-Szene ausgeteilt hat: Hamburger Bands sind die Streber unter den Deutsch-PunkEnkeln. Wenn Captain Planet und die zugezogenen Matula von der ZEIT zum Interview gebeten werden, schlackern dem Iro-Träger schon mal die Ohren. Dabei ist Hamburg mit Slime und Abwärts gleichzeitig die Wurzel des Deutsch-PunkStammbaums. Rund um die Rote Flora geht wieder was, auch wenn die Gentrifizierung immer näher rückt. Reinhören bei: Matula, Captain Planet, Slime, Abwärts und allen Bands von Jens Rachut
SACHSEN/SACHSEN-ANHALT
Zwei Fragen an Andreas Wildner (Unterm Durchschnitt, Köln) Welche Platte war die erste Veröffentlichung auf ’Unterm Durchschnitt’? 1999 kamen The Burning Leaves..? mit „Que Quiere Decir Eso?“. Die Band wurde von Musikern der heutigen Katzenstreik, Elyjah und Balboa Burnout gegründet. Wegweisend und total unbekannt. Die hatten einen so unglaublichen lyrischen Ausdruck gefunden, der für mich bis heute absolute Eigenständigkeit genießt. In der Punk-Hochburg Göttingen begann die Geschichte von Emo in Deutschland, und ’Unterm Durchschnitt’ war mittendrin. Wie hältst du die Labelfamilie zusammen? Eigene Projekte wie die Initiative „I Can‘t Relax In Deutschland“ haben meinem Label ein eigenständiges Profil gegeben. Das steht für sich selbst, denke ich. Es gibt keine Partyreihe, keinerlei Merchandise und auch keine anderen Ablenkungsmanöver. Meine Visitenkarte sind die Künstler selbst. Ihre Solidarität untereinander und ihre Präsenz über die Grenzen des Landes hinaus verleiht ’Unterm Durchschnitt’ Lebendigkeit. Bands auf ’Unterm Durchschnitt’: Mikrokosmos23, Adolar, Captain Planet, Katzenstreik, The Town Of Machine, Jet Black, Peters.
Auch in Berlin ist „Gentrifizierung“ eine derzeit gern genutzte Metapher für das unaufhaltsame Umkrempeln der Stadt vom Discount-Musik/Kunst/ Aussteigerdomizil zum poshen It-Mekka mit Townhouse und Benz davor – gerne auch mit dreistelligem Kennzeichen. Parallel zur Konsequenten Räumung besetzter Häuser und Schließung alt eingesessener Clubs aus „LärmschutzGründen“ formiert sich derzeit eine neue Generation Wagemutiger, die unabhängig von Genehmigungen oder schlafenden Kindern neue, laute Läden aufmachen. Reinhören bei: Francesco, Kotzreiz, Frontkick, Radio Dead Ones, Driftwood Fairytales, The Dudikoffs, Blood Robots
NORDRHEIN-WESTFALEN
Lakonischer Zynismus ist im Ruhrgebiet seit jeher der Kitt zwischen den Generationen. Wer viel malocht, erfährt die Ungerechtigkeit des Systems eben am eigenen Leib. Und seitdem sich das Ruhrgebiet per Stahl- und Glas-Lifting fit für die Servicegesellschaft macht, ist ja auch nichts besser geworden. Kaum verwunderlich also, dass Nordrhein-Westfalen mit den Kassierern aus Bochum-Wattenscheid nicht nur die zurzeit vielleicht prominenteste Oldschool-DeutschPunk-Band, sondern auch eine dicke Rutsche exzellenten Nachwuchses auffährt. Vergesst den Ratinger Hof – Deutsch-Punk aus NRW ist die Antithese zum Kölner Karneval. Reinhören bei: Köter, Lokalmatadore, Krawehl, Käfer K, Kassierer, Oiro, Supermutant, Willy Fog, Abfukk, Asiflash, Hammerhead, Vaders, Dean Dirg
HESSEN, RHEINLAND/PFALZ, SAARLAND
Im Gegensatz zum Punkrock-Brachland Baden-Württemberg gibt es in Hessen und Rheinland-Pfalz einige Oasen, in denen man auch als Punk baden darf. Reinhören bei: Antitainment, Kafkas, Pascow, Steakknife/Spermbirds
Mit Mikrokosmos23 und Adolar schicken die neuen Bundesländer zwei Bands ins Rennen, die noch nicht nach Berlin umgezogen sind. Auch Bands wie Radio Dead Ones oder Baretta Love haben ihre Wurzeln in Sachsen-Anhalt. Reinhören bei: The Very Job Agency, Troublekid, MK23, Adolar
BAYERN
Das größte Bundesland weist die niedrigste Punk-Band-Dichte auf. Auweia Bayern, was geht? Eigentlich hast du keine Ausreden. Wenn Deutsch-Punk jetzt ein Mittelstandsphänomen ist, bist du doch spitze aufgestellt! Und wenn es um Rebellion gegen die Staatsgewalt geht, bietest du doch zumindest mehr Angriffsfläche als Niedersachsen. Wandern alle Querköpfe ab oder gibt’s noch jemanden außer Rejected Youth? Reinhören bei: Hier könnte deine Band stehen!
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ÜHRER F E IS E R L L O 'R 'N K C RO PUNKS DEUTSCHLAND FÜR
und solche, die es werden wollen
In unserem heutigen Reiseführer tauchen wir ab in den verbarrikadierten Untergrund, wenn wir mit unseren Kumpels von Turbostaat, Antitainment, Kotzreiz, Oiro, Kassierer, Pascow, Adolar und Mikrokosmos23 von Flensburg über Hanau bis nach Gimbweiler reisen. Es geht doch nichts über einen guten Abend unter Freunden, am besten hier oder an anderen geheimen Orten (aber nicht weitersagen):
Marten
Alex
(Turbostaat, Flensburg):
(Pascow, Saarbrücken):
Das „Volxbad Flensburg“ (Schiffbrücke 67) ist unser "Heimatladen" wenn man so etwas sagen darf. Vom Türsteher bis zum Booker sind es alles super Typen und die Bands die derbsten. Außerdem machen sie den einzig trinkbaren Mexikaner in Deutschland. Auch der „Hafermarkt“ (Am Hafermarkt) als ehemals besetztes Haus macht gute Konzerte für wenig Geld. Ich habe da schon Gorilla Angreb, Tomte, Vorkriegsjugend und so weiter gesehen. Und das Bier ist billig!
Bei uns im Saarland gibt es mit Saarbrücken ja nur eine große Stadt, und dort auch nur den „Karateclub Meier“, eine kleine Eckkneipe, die von Spermbirds- und Steakknife-Sänger Lee Hollis betrieben wird. Es hat schon was, von dem sein Bier zu kriegen. Kulinarisches Highlight ist der Imbiss „Mc Müller“ in St. Wendel. Ein Paradies für Fleischesser, es gibt aber Angebote für Vegetarier.
Jonny
(Oiro, Düsseldorf):
Matze
(Antitainment, Hanau):
In Düsseldorf gibt es viel selbstbestimmtes Leben in kleinen Vereinen, Nischen und Kellern. Es gibt so gut wie kein kommerzielles Punk-KneipenAngebot. Läden wie Pretty Vacant, Pitcher, Stone im Ratinger Hof haben nichts mit Subkultur zu tun. Hier laufen Feierangebote. Das können wir nicht empfehlen. Im „Linken Zentrum“ (Corneliusstr. 10) finden seit 2001 regelmäßig politische und kulturelle Veranstaltungen statt. Von Oma Hans bis Café Bunte Bilder. Wegen der netten Nachbarn sind Konzerte früh zu Ende. In der „Metzgerei Schnitzel“ (Bilker Allee 233) wird mit unkommerzieller und kritischer Haltung gegenüber dem öffentlichen Kulturbetrieb veranstaltet. Treffpunkt für Gleichgesinnte, womit nicht nur die Musikrichtung gemeint ist!
Seit der Besetzung im Jahr 1986 zeigt sich der Betonklotz „Alternatives Kulturzentrum Metzgerstrasse“ in Hanau äußerlich von seiner hässlichen Seite. Einmal eingetreten lädt der Laden jedoch zum gemütlichen Verweilen ein. Zudem schafft es die örtliche Konzertgruppe im Saal einen fantastischen Sound zu zaubern. Nichtraucher haben es hier schwer.
Wölfi
(Kassierer, Wattenscheid): Ich empfehle den Bahnhof Wattenscheid (Fritz-Reuter-Straße 23). Eine gute Möglichkeit, die Stadt mit dem Nah- oder Fernverkehr zu verlassen, um irgendwo anders einen guten Laden zu finden. Ich hoffe, mit dieser Information geholfen zu haben.
Tom Pätschke
(Mikrokosmos23, Sachsen): Meißen ist eine schöne Stadt zum alt werden und alt sein, aber zum jung sein und älter werden ist es vollkommen schrecklich. Für Konzerte gibt's in Meißen die „Hafenstraße EV“ (Hafenstraße 28), aber sonst ist da nicht wirklich irgendwas. Wenn man alt genug ist, sollte man zum Beispiel nach Dresden umziehen. Das „AZ Conni“ (Rudolf-Leonhard-Str. 39) ist Garant dafür, dass Leute sich DIY-mäßig hinsetzen und gute Konzerte veranstalten. Und sonst sind Proberaumshows in Dresden auch immer ’ne gute Sache.
Bronco Kotze
(Kotzreiz, Berlin):
Frank Mertens
(Adolar, Sachsen-Anhalt): Im „Zenit“ (Johannes Kepler Str.) in Stendal muss man auf jeden Fall mal gewesen sein. Ist zwar abgeranzt, aber hier gibt es oft gute Konzerte und Partys. Punkrock eben! Das „Miami“ in Stendal hingegen sollte man eher meiden, da ist mehr so Techno & Trance angesagt. Unser bestes Konzert in Magdeburg hatten wir im „Blow Up“ (Otto- v. Guericke Str. 60), zusammen mit Captain Planet. Das war so ein guter Abend, es war voll, heiß und emotional intensiv.
Der „Fischladen“ in der Rigaerstraße (BerlinFriedrichshain) ist ein netter Laden mit billigem Bier. Jeden Dienstag kochen Kumpels von uns dort vegane Schnitzel oder Soja-ChickenNuggets, im Sommer auch mal mit Open-AirGrill. Es gibt einen Billardtisch und Klos! Empfehlen kann man auch den wundervollen „Ostkreuzpark“, eine riesengroße Sitz-/Steh/ Sauf-/Rauchwiese, die im Sommer täglich bewässert wird. Außerdem ein beliebter Treffpunk der Friedrichshainer Hipster-Szene. Tischtennis, Fußball, Basketball, Trampolin, Schaukel, Kinderspielplatz oder Mülleimer! Alle Texte: Timo Richard, Sarah Gulinski, Flo Hayler Heimat: escapado.com, pascow.de, myspace.com/mikrokosmos, adolarband.de, turbostaat.de, mofapunks.de, kassierer.com, antitainment.org, myspace.com/kotzreizberlin
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TEST
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TEST
Ino Control aka Aydo Abay (Crash:Conspiracy) Im großen Fernseh-Serien-Test
Mit seiner neuen Band Crash:Conspiracy ist der ehemalige Blackmail-Sänger Aydo Abay fester Bestandteil der Fernsehserie „Alpha 0.7 – Der Feind in dir“, die ab 14. November immer sonntags im SWR ausgestrahlt wird. Sie thematisiert eine bedrohliche Zukunftsvision von einem Überwachungsstaat im Jahre 2017. Unser Test dreht sich heute zwar auch um Serien, doch gehören alle Antworten, die Aydo als sein Seriencharakter Ino Control mithilfe eines Telefon- und 50/50-Jokers suchen wird, bereits zur Fernsehgeschichte.
Frage 1 In welcher Serie hat Johnny Cash einst einen Mörder gespielt?
A Magnum B Columbo C Ein Colt für alle Fälle D MacGyver Ino Control: Columbo! Die Folge habe ich vorgestern gesehen. Ein Freund von mir ist großer „Columbo“-Fan und hat mir eine DVD-Box geliehen - da war die Folge dabei. Die ist großartig.
Korrekte Antwort: B
Frage 2 In Folge 13 der dritten „Scrubs“-Staffel soll das Benutzen welches Gegenstandes angeblich zur Erleuchtung führen?
A Die von J.D.s Großmutter
gestrickten Thrombosestrümpfe
B Ein Glühbirnenvibrator C Eine Dachtoilette D Der Hometrainer von Michael Jordan
Ino Control: Ich verstehe „Scrubs“ nicht – und gucke das auch nicht. Das ist mir zu albern, glaube ich. Ich mag albern, aber eher so „künstlerisch“ albern. Ich verstehe Leute, die das gucken, selbst kann ich daran aber nichts finden. Deshalb rate ich und gehe nach meinem eigenen Befinden: C, die Dachtoilette.
Frage 4
Korrekte Antwort: C
Frage 3
Was schlüpft in der „ALF“-Folge 25 aus einem Schleimball mit Schneckengeschmack, den ALF beim Ausräumen seines Raumschiffs findet?
A Eine Kakerlake B Eine schwangere Katze C Eine blaue Melmac-Nacktschnecke D Eine rosa Kröte Ino Control: Oh je, ALF habe ich zwar immer geguckt, das sind Kindheitserinnerungen, doch ich bin in dem Retro-Flash nicht so gefangen wie diverse Freunde von mir. Ich kann jetzt auch nur raten, dass es eine schwangere Katze war. ALF hat doch immer so gerne Katzen gefressen.
Korrekte Antwort: A
Welche der folgenden Regeln steht NICHT im „Bro Code“ von Ted und Barney aus „How I Met Your Mother“?
A Bros tragen niemals pink! Auch nicht in Europa
B Wenn sich ein Bro einen Hund zulegt,
muss dieser im ausgewachsenen Stadium mindestens Kniehöhe erreichen C Ein Bro reibt einen anderen Bro niemals mit Sonnenschutzmittel ein D Romantische Komödien dürfen ausschließlich in Anwesenheit von mindestens einer Frau angesehen werden Ino Control: Diese Serie kenne ich nur vom Hörensagen. Also das letzte muss definitiv ein Code sein. Jetzt weiß ich auch, warum eine Freundin von mir immer von „Codes“ spricht, weil das in der Serie vorkommt. Ich könnte mir vorstellen, dass die Typen bestimmt pinke Hemden in der Serie tragen. Also nehme ich Antwort A.
Korrekte Antwort: D
Frage 5 Welche Band teilt ihren Namen nicht mit einem Serienhelden?
A Adolar B Fingus C Matula D Willy Fog Ino Control: Ich kenne keine der Bands. „Adolar“ habe ich schon mal gelesen. Ich glaube, es gibt keine Band, die Matula heißt. Aber ich nehme mal den 50/50-Joker.
B Fingus D Willy Fog Dann rate ich B – Fingus. Das heißt doch „Pettersson und Findus“, oder? Dieses Buch musste ich immer meinem Patenkind vorlesen. Das ist gut, sehr harmlose Kinderkost.
Korrekte Antwort: B
Frage 6 Für das Cover ihrer aktuellen Platte „Hurley“ haben Weezer einen Darsteller aus welcher Serie fotografiert?
A 24 B Gilmore Girls C Dexter D Lost Ino Control: Das war „Lost“. Hurley ist einer der zehn Hauptcharaktere. Ich habe die Serie fast komplett gesehen, aber nach Staffel Fünf aufgehört. Das war offenbar die richtige Entscheidung, denn ab da kam angeblich nur noch Schrott.
Korrekte Antwort: D
Frage 7 „Die Simpsons“: Mr. Burns’ Handlanger Waylon Smithers besitzt die weltgrößte Sammlung von...?
A Malibu Stacy Puppen B Radioactive Man Comics C Teddybären D Fabergé-Eiern Ino Control: Bei den Simpsons kenne ich mich sehr gut aus. Es ist Antwort A. Aber seitdem ich „Family Guy“ gucke, bin ich komplett raus aus den Simpsons. „Family Guy“ ist sehr, sehr gut, aber man muss es echt auf Englisch sehen. Die deutsche Übersetzung geht gar nicht.
Korrekte Antwort: A
Frage 8 Der Schlagzeuger welcher Band hat in einer Folge der „Lindenstraße“ einen Taxifahrer gespielt?
A Bela B. (Die Ärzte) B Uwe Bauer (Ex-Fehlfarben) C Robert Görl (DAF) D Trini Trimpop (Ex-Die Toten Hosen) Ino Control: Das muss Trini Trimpop gewesen
sein. Der Typ von den Fehlfarben war es sicher nicht, Bela B. auch nicht und der von DAF – auf gar keinen Fall! Ich gucke die „Lindenstraße“ ja auch immer, weil das meine Beruhigung am Sonntagabend ist. Die heile Welt. Danach sehe ich mir immer den „Weltspiegel“ an, man muss ja auch wieder in die Realität zurückfinden.
Korrekte Antwort: D
Frage 9 Wer hatte keinen Auftritt in der „Muppet Show“?
A Ozzy Osbourne B Alice Cooper C Paul Simon D Debbie Harry Ino Control: Ich glaube, es ist Debbie Harry – nee, Moment, die müsste da gewesen sein... Bei Paul Simon und Alice Cooper weiß ich, dass sie da waren. Also ist es Ozzy. Ich wünschte, dass die „Muppet Show“ auch in Deutschland mal wieder den Vibe der ganz frühen Tage wiederbeleben könnte. Ich glaube, in den USA führen die es ja weiter fort und machen das sicher gut. Ich habe hier mal vor drei oder vier Jahren „Sesamstraße“ gesehen und das ist ja totaler Quatsch. SO doof sind die Kinder ja nun nicht.
Korrekte Antwort: A
Frage 10 Was spielte Quentin Tarantino 1988 in der Serie „Golden Girls“?
A Einen neurotischen Dackelzüchter B Einen homophoben Footballspieler C Einen Elvis-Imitator D Einen professionellen Zauberer Ino Control: Die ersten beiden fallen weg. Ich habe ja noch einen Joker, dann kann ich doch statt zu telefonieren mal kurz im Internet nachgucken? Ich denke, dass es der Zauberer ist und bin total baff, dass Tarantino da mitgespielt hat. Die „Golden Girls“ habe ich früher immer zu Einschlafen geguckt, weil das auch so eine heile Welt suggeriert. Da geht es um vier alte Frauen, die komische Sachen erleben. Die eine ist sexsüchtig, die andere ist dumm wie Brot, die andere ist auf der Suche nach dem Mann ihres Lebens und eine ist einfach nur ganz alt und guckt böse. Das ist eigentlich der totale Quatsch, aber eben auch so friedlich... Hier im Netz steht aber nichts von Tarantino als Darsteller – oh doch, es war der Elvis-Imitator.
Korrekte Antwort: C
FAZIT Nein, der Ino Control hat keine viereckigen Augen, auch wenn er sich hier mit acht richtigen Antworten als wahrer Fernsehprofi outet. Musiker haben im Alltag eben viel tote Zeit zu überbrücken. Wenn wir es nicht besser wüssten, würden wir glauben, dass allein für diesen Berufsstand die Serien DVDBoxen und Ableger von Privatsendern wie RTL2 und Super RTL überhaupt erst erfunden wurden. Text: Christine Stiller Auch gut: „< >“ - das Album der Crash:Conspiracy; „Alpha 0.7 – Der Feind in dir“, ab 14. November immer sonntags im SWR
Die Berlin Independent Night Ein Rückblick
Liebe Freunde des guten Musikgeschmacks, Party-Prinzessinnen und Könige des Boogie-Woogie: Auch wenn die diesjährige Berlin Independent Night jetzt schon ein paar Tage her ist, schwelgen wir immer noch in warmer Erinnerung, so ein Kater ist ja auch hartnäckig. Vielen Dank für euer zahlreiches Erscheinen. Nachfolgend seht ihr alles, was ihr an diesem 25. September erlebt beziehungsweise leider verpasst habt. Wolf Parade, Walter Schreifels, FM Belfast... Die Schönsten und Tollsten wart aber natürlich ihr – guckt mal.
Royal Republic
Murder
Murder sind nicht die dänische Antwort auf Slayer oder Megadeth oder so. Zum Glück. Deshalb haben sich alle Indies bei der Independent Night auch so wohl mit ihren entspannten Songs zum Schwelgen und Liebhaben gefühlt.
Bei Royal Republic war ordentlich – ordentlich Testosteron-Überschuss angesagt. Gut, dass der nach der Show wieder abtrainiert war und sich die wilden Schweden wieder ihren Pippi Langstrumpf-Mixtapes widmen konnten.
Wolf Parade
Walter Schreifels
Teenagers In Tokyo
FM Belfast
Walter der Große: Gorilla Biscuits, Youth Of Today oder (jetzt wieder) Rival Schools – hättet ihr ihn nicht so gerne solo sehen wollen, ihr hättet sicher aus Neid auf diesen tollen Lebenslauf faulige Tomaten mit in die erste Reihe genommen.
Heiße Bräute, heiße Bräute, heiße Bräute – ja, diesmal auch auf der Bühne. Für alle Nicht-Sexisten unter euch: auch musikalisch hatten die Teenagers gut was aufzufahren. Sieht man ja...
Auch für den, der schon öfter im Berliner Lido war, bot sich hier ein ungewohntes Bild. Massenspringen bis hinten durch zur Bar. Wer schafft so was? Ein paar angeschwipste Typen in Turnhosen, die sich selbst nicht ganz so ernst nehmen und deshalb auch nicht vor den ganz dicken Beats der Neunziger zurückschrecken. Island, wir lieben dich.
Earl Greyhound
Still Flyin’, Customs, Lyrebirds
Cosmo Jarvis
Bei Earl Greyhound gab es nicht nur tolle Haare zu sehen, sondern auch ein exquisites Programm für alle Mucker und solche, die es einen Abend lang mal sein wollen. Der undankbare erste Auftritt? Earl Greyhound mussten zwar als erstes auf die Bühne, doch statt auf schwarze Löcher durften sie auch schon zu frühabendlicher Stunde auf einen bestens gefüllten Club starren.
Das kanadische Ensemble war der Headliner des Abends im Magnet Club. Schön für sie – auf der Bühne gab es ja genug Platz, während man im Publikum schon unfreiwillig Bekanntschaft mit den Schweißdrüsen des Nebenmannes machen musste – ganz nett eigentlich.
Ach gucke doch: wie hübsch sich die Customs für euch gemacht haben und ja, das wusstet ihr natürlich zu schätzen.
Wir sagen DANKE - an alle, die da waren und mit uns gefeiert haben, an alle Bands, den Karrera Klub, Fritz, die Zitty, Motor FM und zaOza.de und sagen: Bis zum nächsten Mal!
Fotos: Sebastian Gabsch
Mit seinen 20 Jahren ist der junge Cosmo Jarvis natürlich noch nicht so lange daran gewöhnt, so lange aufzubleiben. Deshalb durfte er den Abend im Lido eröffnen. Hat er gut gemacht, der Kleine.
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Präsentiert TOUR DES MONATS.
VAMPIRE WEEKEND
Vampire Weekend waren in ihrer Karriere definitiv schon mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und dieses Kunststück wiederholen sie im November – für uns. Karibikgefühle im grausamsten Monat des deutschen Winter(anfang)s; Weltmusik-Indie mit vier reizenden New Yorkern. Vampire Weekend sind eine Instanz, wenn es um Spiel und Spaß für die ganze Familie geht – generationsübergreifend. Doch sorgt dafür, dass Mutter bei den folgenden Shows auf keinen Fall versehentlich „Paul Simon!’“ Richtung Bühne ruft, wenn sie sich spontan an ihr „Graceland“-Album erinnert fühlen sollte. Das mögen die jungen Herren überhaupt nicht, schließlich sind sie keine billige Kopie von irgendwem, der damals mal berühmt war. Vampire Weekend bitten im Hier und Jetzt zum Tanz. Mittlerweile können die smarten, Ivy-League-gebildeten Burschen auch schon auf ein zweites Album zurückblicken, das den Hype der Debütplatte unbeschadet überstanden hat.
Live lassen sich die vier deshalb nicht mehr mit den kleinen Hallen abspeisen. Wer also mit der Großfamilie einen guten Platz ergattern möchte, sollte seine Eltern vorher in Sachen Ellenbogentechnik briefen oder ganz gesittet früh genug erscheinen.
AUF TOUR 18.11. Berlin - C-Halle *** 20.11. München Tonhalle *** 21.11. Düsseldorf - Stahlwerk
Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! 5Bugs (+3 Feet Smaller) 04.11. München - Backstage Club 05.11. Kanzach - Go In 06.11. Potsdam - Lindenpark
A Day To Remember
16.02. München - Theaterfabrik 17.02. Stuttgart - Longhorn 18.02. Köln - Essigfabrik 19.02. Hamburg - Große Freiheit 36 20.02. Berlin – Huxley’s 22.02. Münster - Skaters Palace
25.03. Leipzig - Arena 26.03. Bielefeld - Seidenstickerhalle 10.06. Berlin - Kindl-Bühne Wuhlheide 11.06. Berlin - AUSVERKAUFT!!
Black Rebel Motorcycle Club 22.11. Frankfurt - Batschkapp 23.11. Frankfurt - Batschkapp 24.11. Stuttgart - Longhorn
All Time Low
17.02. Hamburg - Markthalle 18.02. Berlin - C-Club 24.02. Köln - Live Music Hall
Blood Red Shoes Angus And Julia Stone 14.11. München - Backstage Werk 16.11. Münster - Gleis 22 17.11. Köln - Kulturkirche 18.11. Hamburg - Uebel & Gefährlich 19.11. Berlin - Astra
Beatsteaks
02.03. Saarbrücken - E-Werk 09.03. Frankfurt - Jahrhunderthalle 10.03. Erfurt - Thüringenhalle 12.03. Ludwigsburg - Arena 14.03. Münster - Halle Münsterland 15.03. Bremen - Halle 7 16.03. Hannover - AWD Hall 18.03. Bamberg - Jako Arena 19.03. Dortmund - Westfalenhalle 1 22.03. Hamburg - Sporthalle 24.03. München - Olympiahalle
14.11. Düsseldorf - Zakk 15.11. Hannover - Béi Chéz Heinz 16.11. Rostock - Mau Club 17.11. Bremen - Lagerhaus 18.11. Leipzig - Conne Island 25.11. Augsburg - Ostwerk 26.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof 30.11. Nürnberg - Hirsch 01.12. Frankfurt - Batschkapp 02.12. Saarbrücken - Garage 03.12. Bielefeld - Kamp
Bonaparte
29.10. Bremen - Schlachthof 30.10. Hannover - Faust 03.11. Dortmund - FZW 04.11. Hamburg - Uebel & Gefährlich 05.11. Kiel - Pumpe 06.11. Berlin - Astra 18.11. Rostock - MS Stubnitz 23.11. Karlsruhe - Substage
AIRBOURNE Was ist denn so toll an denen? Gute Frage. Das Aussehen kann‘s ja nicht sein. Vielleicht ihr nett gemeinter Versuch, sämtliche Riffs von AC/DC so miteinander zu verknoten, dass ein neuer Song daraus entsteht. Geht da außer mir noch wer hin? Australien ist zwar weit, aber AC/DC kennt man schließlich auch außerhalb der Jugendzentren. So wird’s enden: Airbourne-Frontmann Joel O’Keeffe tritt euch bei seinem abendlichen Ausflug an die Bar das Bier um.
AUF TOUR 6.11. Bochum - Ruhr Congress *** 16.11. Berlin - C-Halle *** 17.11. Ludwigsburg - Arena *** 18.11. Dresden - Alter Schlachthof *** 22.11. München - Zenith
unclesally*s magazine
PRÄSENTIERT
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04.12. Hannover - AWD Hall 05.12. Berlin - C-Halle 06.12. Offenbach - Stadthalle 07.12. Münster - Halle Münsterland 09.12. Kiel - Sparkassen-Arena 10.12. Hamburg - O2 World 14.12. Kempten - Big Box 16.12. Dortmund - Westfalenhalle 2
Frittenbude Casper Support: Kraftklub
03.11. München - 59to1 04.11. Augsburg - Neue Kantine 05.11. Fulda - Kreuz 06.11. Heidelberg - Halle 02 08.11. Nürnberg - Hirsch 09.11. Würzburg - Posthalle 10.11. Jena - Rosenkeller 11.11. Hannover - Musikzentrum 12.11. Münster - Skaters Palace 15.11. Frankfurt - Nachtleben 16.11. Stuttgart - Röhre 17.11. Trier - Exhaus 18.11. Köln - Underground 19.11. Flensburg - MAX 20.11. Dresden - Scheune 24.11. Lübeck - Riders Cafe 25.11. Leipzig - Conne Island 26.11. Bielefeld - Kamp 27.11. Hamburg - Mondial
Chief
08.11. Hamburg - Molotow 09.11. Köln - Studio 672 10.11. Berlin - Comet Club 11.11. München - Atomic Café
Clueso & Band
29.01. Flensburg - Deutsches Haus 31.01. Rostock - Mau Club 01.02. Erlangen - E-Werk 04.02. Krefeld - Kufa 09.02. Erfurt - Messehalle 11.02. Dresden - Alter Schlachthof 12.02. Berlin - C-Halle 13.02. Bremen Pier 2 16.02. Hannover - Capitol 17.02. Hamburg - Sporthalle 19.02. Kassel - Kongress Palais 20.02. Freiburg - Rothaus Arena 21.02. Saarbrücken - E-Werk 24.02. München - Tonhalle 25.02. Würzburg - Posthallen 26.02. Mannheim - Rosengarten 28.02. Frankfurt - Jahrhunderthalle 01.03. Kempten - Big Box 03.03. Stuttgart - Liederhalle Beethovensaal 04.03. Oberhausen - König-Pilsener-Arena 06.03. Münster - Halle Münsterland 07.03. Magdeburg - Bördelandhalle
29.10. Konstanz - Kulturladen 30.10. Marburg - KFZ 31.10. Erlangen - E-Werk 11.11. Ingolstadt - Ohrakel 12.11. Reutlingen - Franz K 13.11. Augsburg - Ostwerk 16.11. Trier - Ex-Haus 17.11. Aachen - Musikbunker 18.11. Darmstadt - 603qm 19.11. Würzburg - Posthalle 20.11. Fulda - Kreuz 23.11. Köln - Gebäude 9 24.11. Kiel - Pumpe 25.11. Flensburg - Volxbad 26.11. Neubrandenburg - Zebra 27.11. Oldenburg - Amadeus 28.11. Hannover - Indiego 14.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich 16.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich 17.12. Berlin - Astra 18.12. Leipzig - Felsenkeller 12.03. München - Muffathalle
Gogol Bordello
30.11. München - Tonhalle 01.12. Dortmund - FZW 09.12. Berlin - C-Halle 10.12. Stuttgart - Longhorn 11.12. Köln - Live Music Hall
Good Charlotte
23.01. Stuttgart - Longhorn 24.01. München - Backstage Werk 25.01. Saarbrücken - Garage 26.01. Berlin – Huxley’s 28.01. Hamburg - Grosse Freiheit 36 29.01. Düsseldorf - Stahlwerk
Emil Bulls
29.10. Lindau - Club Vaudeville 02.11. Hamburg - Kaiserkeller 04.11. Aschaffenburg - Colos-Saal 05.11. Nordhorn - Scheune 12.11. Dortmund - FZW 13.11. Tübingen - Sudhaus 18.11. Ingolstadt - Ohralkel 19.11. Karlsruhe - Substage 04.12. Lichtenfels - Stadthalle 18.12. München - Backstage Werk
Fettes Brot
30.11. Fürth - Stadthalle 01.12. Leipzig - Haus Auensee 03.12. Lingen - Emslandhallen
AUF TOUR 2.11. Düsseldorf – Philipshalle *** 3.11. Ludwigsburg – Arena *** 4.11. München – Zenith *** 13.11. Chemnitz – Arena *** 14.11. Berlin – Arena *** 15.11. Hamburg - Sporthalle
Kashmir
02.12. Stuttgart - Röhre 03.12. Dresden - Beatpol 04.12. München - Backstage Halle 05.12. Köln - Luxor 07.12. Frankfurt - Mousonturm 08.12. Bochum - Zeche 09.12. Berlin - Postbahnhof 10.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich
K.I.Z.
01.11. Köln - Underground 02.11. Berlin - C-Club 10.11. Hamburg - Logo 11.11. Frankfurt - Batschkapp 12.11. München - Backstage Halle
09.11. Berlin - Maria am Ufer 10.11. Köln - Stollwerck
Was ist denn so toll an denen? Gute Frage. Das Aussehen kann‘s ja nicht sein. Vielleicht ihr nett gemeinter Versuch, Fans von Social Distortion und Metallica unter dänischen Reetdach den Headbang-Pogo beizubringen?! Geht da außer mir noch wer hin? Zählt mal die Fans der beiden oben genannten Bands zusammen. Da kommt ihr nicht weit mit euren zwei Händen. So wird’s enden: Wahrscheinlich Headbang-Pogo tanzend unter einem dänischen Reetdach.
01.12. Berlin - Magnet 02.12. Hamburg - Molotow
Hawthorne Heights + We Are The Ocean
Die Antwoord
VOLBEAT
07.12. Augsburg - Kantine 08.12. Mannheim - Feuerwache 10.12. Oberhausen - Turbinenhalle 11.12. Hamburg - Docks 12.12. Hannover - Capitol
Imperial State Electric + Bloodlights 03.11. Hamburg - Grünspan 04.11. Berlin - Magnet 05.11. München - 59to1 06.11. Stuttgart - 1210 08.11. Köln - Luxor 09.11. Münster - Sputnikhalle
Jingo de Lunch
03.11. Köln - Sonic Ballroom 05.11. Rüdenheim - Hajo‘s Irish Pub 18.11. Hamburg - Knust 19.11. Gütersloh - Weberei 20.11. Hagen - Pelmke 25.11. Berlin - Lido 09.12. Jena - Rosenkeller 16.02. München - Kranhalle
Johnny Flynn
29.11. Köln - Gebäude 9 30.11. München - Atomic Café
Panteón Rococó
04.11. Heidelberg - Halle 02 05.11. Bielefeld - Kamp 07.11. Bremen - Schlachthof 08.11. Göttingen - Musa 09.11. Hamburg - Fabrik 13.11. Dresden - Beatpol 14.11. Lübeck - Treibsand 16.11. Leipzig - Conne Island 21.11. Kassel - Musiktheater 27.11. München - Muffathalle 28.11. Schweinfurt - Stattbahnhof 29.11. Nürnberg - Hirsch 30.11. Osnabrück - Lagerhalle 01.12. Hannover - Faust 02.12. Köln - Live Music Hall 03.12. Lindau - Club Vaudeville 04.12. Stuttgart - Zapata 05.12. Freiburg - Jazzhaus 07.12. Essen - Zeche Carl 08.12. Kiel - Pumpe 09.12. Hamburg - Fabrik 11.12.10 Berlin - SO36
Klaxons
26.11. Berlin - Astra 29.11. Köln - Luxor
Marnie Stern
01.12. München - Kranhalle@Feierwerk 06.12. Hamburg - Prinzenbar 07.12. Berlin - Comet Club
Ohrbooten
21.12. Bremen - Lagerhaus 22.12. Hamburg - Fabrik 23.12. Berlin - Astra
Paul Smith
05.11. Hamburg - Mondial 06.11. Berlin - Station 08.11. München - 59to1 09.11. Heidelberg - Karlstorbahnhof 10.11. Köln - Gebäude 9
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Smoke Blow
13.11. Hannover - Béi Chéz Heinz 27.12. Kiel - Max
Swingin’ Utters
06.11. Köln - MTC 12.11. Saarbrücken - Garage 13.11. München - Orangehouse 14.11. Lindau - Club Vaudeville 20.11. Dresden - Groovestation 22.11. Cottbus - Gladhouse 23.11. Hannover - Béi Chéz Heinz 25.11. Hamburg - Hafenklang 26.11. Berlin - Clash
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You Say Party
02.11. Köln - Gebäude 9 03.11. Schorndorf - Manufaktur 07.11. München - Atomic Café 08.11. Berlin - Comet Club 20.11. Dresden - Beatpol 21.11. Hamburg - Molotow
EVENTS Rock’n’Roll Wrestling Bash 06.11. München - Backstage Werk 13.11. Münster - Skaters Place 04.12. Köln - Live Music Hall
TELEKOM EXTREME PLAYGROUNDS
5.12. Berlin - Velodrom Skateboard und BMX - Street und Vert Live: BoySetsFire und Panic! At The Disco 30.10. Wangen - UMD 08.11. Osnabrück - Bastard Club 11.11. Dresden - Groovestation 13.11. Töging - Silo 1 16.11. Chemnitz - AJZ 17.11. Hannover - Béi Chéz Heinz 18.11. Hamburg - Hafenklang 19.11. Berlin - Clash 20.11. Nürnberg - Z-Bau
The Wombats
09.02. Berlin - Astra 10.02. Hamburg - Docks 11.02. München - Tonhalle 12.02. Köln - Live Music Hall 20.02. Offenbach - Capitol
Thee Attacks
29.10. München - 59to1 30.10. Köln - Sonic Ballroom 31.10. Freiburg - Swamp 04.11. Oberhausen - Druckluft 06.11. Berlin - Bang Bang Club
DAS VOLLPLABACKTHEATER präsentiert: Die ??? und der Karpatenhund
19.01.11 Düsseldorf - Stahlwerk 20.01.11 Krefeld - Kulturfabrik 21.01.11 Bonn - Brückenforum 22.01.11 Berlin - Huxleys 24.01.11 Bielefeld - Rudolf Oetker Halle 25.01.11 Hannover - Theater am Aegi 26.01.11 Oberhausen - Luise-Albertz-Halle 27.01.11 Mannheim - Alte Feuerwache 28.01.11 Trier - Europahalle 29.01.11 Mainz - Frankfurter Hof 10.02.11 Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe 11.02.11 Aurich - Stadthalle 12.02.11 Siegen - Siegerland 13.02.11 Frankfurt - Batschkapp 15.02.11 Würzburg - Posthalle 16.02.11 Karsruhe - Tollhaus 17.02.11 Stuttgart - Theaterhaus 18.02.11 Augsburg - Reese-Theater 20.02.11 München - Muffathalle 21.02.11 Coburg - Kongresshaus Rosengarten 27.02.11 Schwabach - Markgrafensaal 28.02.11 Göttingen - Stadthalle 01.03.11 Münster - Halle Münsterland 02.03.11 Osnabrück - Stadthalle 03.03.11 Kiel - Kieler Schloss 04.03.11 Hamburg - Grosse Freiheit 36 10.03.11 Lübeck - Kolosseum 11.03.11 Bremen - Pier 2 12.03.11 Oldenburg - Aula der Cäcilienschule 14.03.11 Köln - Essigfabrik 16.03.11 Bochum - Christuskirche
Trash Talk
09.11. Wiesbaden - Schlachthof 10.11. Köln - MTC 11.11. Saarbrücken - Garage 12.11. Bielefeld - Falkendom
Für den (sehr) wahrscheinlichen Fall, dass ihr euch auch irgendwann einmal unter dem ganzen gehamsterten Krimskrams im Frittenbude-Tourbus wiederfindet, verrät euch Streuner hier, was euch dann ungefähr erwarten wird. Welches Fastfood wird bei euch auf Tour am meisten verzehrt? Das sind definitiv Burger, Schinken-Käse Croissants von der Tanke und so Dönerzeugs: Börek, Schawarma und so. Das ganze essen wir leider viel zu oft, deshalb sehen wir auch alle immer so ungesund aus. Mit welchen drei Extras wäre euer Traumtourbus ausgestattet? Zur Ausstattung würden ein Fango-Becken, eine Zapfanlage und Fips Asmussen gehören. Das erste und zweite, um rumzumatschen und Fips weil er so unlustig ist, dass er einfach zu uns passt. Bei welcher Aktivität – außer schlafen – vergeht die Zeit bei der Fahrt am schnellsten? Wichtig ist immer so etwas wie die Bravo oder InTouch an Bord zu haben. Es gibt nichts Unterhaltsameres, als gemeinsam die Modesünden der Stars zu studieren. Außerdem besitzen wir alle solche Internetstöckchen und durchstöbern das www nach Weltkriegs-Devotionalien, mit denen wir dann vor Lemmy Kilmister protzen können, wenn wir ihn mal treffen. Auf welchen unnötigen Gegenstand könnt ihr auf Tour nicht verzichten? Bei uns im Tourbus sammeln sich nonstop unnötige Sachen an, da wir überall irgendwelche Gegenstände mitnehmen. Es gab schon Lampen, Flaggen, eine Krone, Rasseln, Stühle, Fahrräder, Skateboards, ein Bärenkostüm, ein Hasenkostüm, einen weiteren kleineren Tourbus sowie ein Wildschwein und zwei Affen... Welche Band würdet ihr niemals mit euch im Tourbus reisen lassen? Da gibt‘s eigentlich nur eine: Herrenmagazin. Und das nicht, weil ich sie nicht mag, sondern weil die so viel saufen, da werde ich neidisch. Besonders auf diesen einen da, den mit der Brille. Die abgefahrenste Begegnung hattet ihr wo und mit wem? Einmal musste sich Jesus (der Freund von Madonna) mal unsere Regenschirme borgen. Also wurden UNSERE Regenschirme indirekt von Madonna berührt... Abgefahren! Heimat: myspace.com/frittenbude
AUF TOUR
Turbostaat
12.11. Bielefeld - JZ Kamp 13.11. Potsdam - Waschhaus (ausverkauft) 14.11. Chemnitz - AJZ 15.11. Marburg - KFZ 16.11. Würzburg - Posthalle 18.11. Braunschweig - B58 19.11. Münster - Sputnikhalle 20.11. Hannover - Faust 26.11. Flensburg - Volxbad 27.11. Flensburg - Volxbad 10.12. Bremen - Lagerhaus
Frittenbude
The Turbo AC’s
Im Tourbus mit:
11.12. Jena - Kassablanca 12.12. Regensburg - Alte Mälzerei 13.12. Göttingen - Musa 15.12. Augsburg - Musikkantine 18.12. München - Hansa 39 19.12. Postdam - Waschhaus (Zusatzkonzert)
Holy.Shit.Shopping
27. & 28.11. Köln - Jack In The Box e.V. 04. & 05.12. Hamburg - Großmarkt 11. & 12.12. Berlin - Galerie und .HBC 18. & 19.12. Stuttgart - tba
29.10. Konstanz - Kulturladen *** 30.10. Marburg - KFZ *** 31.10. Erlangen - E-Werk *** 11.11. Ingolstadt - Ohrakel *** 12.11. Reutlingen - Franz K *** 13.11. Augsburg - Ostwerk *** 16.11. Trier - Ex-Haus *** 17.11. Aachen - Musikbunker *** 18.11. Darmstadt - 603qm *** 19.11. Würzburg - Posthalle *** 20.11. Fulda - Kreuz *** 23.11. Köln Gebäude 9 *** 24.11. Kiel - Pumpe *** 25.11. Flensburg - Volxbad *** 26.11. Neubrandenburg - Zebra *** 27.11. Oldenburg - Amadeus *** 28.11. Hannover - Indiego *** 14.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich *** 16.12. Hamburg - Uebel & Gefährlich *** 17.12. Berlin - Astra 18.12. Leipzig - Felsenkeller *** 12.03. München - Muffathalle
unclesally*s magazine
so war’s
SO WAR’S
Reptile & Retard Foto: Axel Mosch
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Hundreds
Iceland Airwaves 13. bis 17. Oktober 2010
Reykjavik hat nicht nur 120.000 Einwohner, sondern auch ein jährlich stattfindendes Festival, das durchaus mit dem Eurosonic (Groningen) und Spot Festival (Aarhus) mithalten kann. Heißt: Hier spielen zu einem Großteil noch unbekannte Bands - und das auch gerne mal im Buchladen oder beim Friseur. Neben Who Knew hört die wohl beste einheimische - sprich: isländische - Entdeckung auf den Namen Of Monsters And Men. Ganz anders spektakulär war das dänische Frauen-Quintett Selvhenter: Kein Gesang, keine Gitarre, kein Bass, keine wirklichen Melodien! Statt dessen Posaune, Saxofon und Geige, was erst mal lieb klingt, aber nicht lieb ist, denn was die da rausholen, hat die Welt noch nicht gesehen und gehört. Das Ganze wurde verstärkt durch zwei Schlagzeugerinnen, die sich die Seele aus dem Leib trommelten - dagegen sind Mars Volta ein freundliches Lüftchen. Das dänische Duo Murder war mit fünf Shows in zwei Tagen übrigens der Rekordhalter des Festi-
Murder
vals, allerdings beeindruckten ihre Landsmänner von Reptile & Retard noch mehr. Zunächst spielten sie akustisch in einem Buchladen, und schon das war vor allem wegen des vom Siebzigerjahre-Blues-Rock inspirierten Sängers Mads sehr eindrucksvoll. Abends stand dann zwar dieselbe, in Sachen Sound allerdings eine komplett andere Kapelle auf der Bühne. Der jetzt so fette ElektroSound hatte mit den akustischen Klängen aus dem Buchladen nicht mehr das Geringste zu tun. Die Rock-Maschine von Sänger zog - ob mit Strom oder
ohne - alle in seinen Bann. Die Leute tickten komplett aus und auch die Band steigerte sich von Song zu Song. Leider haben Reptile & Retard noch keinen Tonträger veröffentlicht und auch live waren sie bisher vor allem in China(!) unterwegs. Hoffen wir, dass sich das bald ändert. Auch noch gut waren die Isländer Borko, die Dänen Alcoholic Faith Mission, die Amerikaner Yuni in Taxco, die Kanadier Timber Timbre und die Deutschen Hundreds.
KONZERTFOTOS OF DEATH Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen. Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:
Who Knew 25.9. Berlin - Berlin Independent Night Geknipst von: IndieRocker90 Huch, wer hat sich denn da verirrt? Àrmann von Who Knew rockte nicht nur auf der Bühne, sondern auch inmitten der begeisterten Publikumsschar.
The Hives 15.8. Rothenburg - Taubertal Festival Geknipst von: Endorphin77 Adam Green 4.9. Dortmund - FZW Geknipst von: Siggi
Nicholaus Arson, ein Poser vor dem Herrn!
Zugabe, letztes Lied. Adam sagt: And now my special guest Macaulay Culkin. Auf allen Gesichtern sah man riesige Fragezeichen und ungläubiges Grinsen und dann kam er, Kevin allein Zuhaus und sang mit Adam Kokomo von den Beach Boys. Echt strange...
Queens Of The Stone Age 25.8. Hamburg - Stadtpark Geknipst von: Headache
Die Queens haben wieder Bock und kamen für zwei Gigs in Deutschland vorbei!
Kate Nash 16.9. Hannover - Capitol Geknipst von: Sunché
Die Nashkatze war nett und lieb wie immer, doch über das Kostüm ließ sich dann doch etwas streiten...
You Me At Six 8.10. Hamburg - Knust Geknipst von: Sunché Johnossi 7.10. Hannover - Musikzentrum Geknipst von: Leones Born for Livemusic: Johnossi
Mit fast nacktem Dummer, herumhüpfendem Bassisten, dauergrinsendem Gitarristen und dem most charming Sänger aller Zeiten war dieses Konzert dank des netten Empfangs aller Stagediver auf der Bühne definitiv die Show des Jahres!
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SPORT
unclesally*s magazine
en: ch auszudrück bei al philosophis er Um es jetzt m sis des Skatens. Was ihr hi Ba alsterbe m di or t N is e en lli st O Der h für die mei ic rl Doch tü . na en t is , hm es Unterne Jürgen seht s ein utopisch äherungswer te geben un n vo n he lic eN t, dass es kein das heißt nich kann. Passt mal auf.
Auch wenn wir natürlich echte Sportskanonen sind, überlassen wir das Unterrichten in unserer kleinen Skateschule lieber einem, der es wirklich drauf hat. Deutschlands Vorzeigeskater Jürgen Horrwarth verbringt seit mittlerweile 21 Jahren jede freie Minute auf seinem Skateboard. Und das hat sich gelohnt. Internationale Contests wie die Telekom Extreme Playgrounds gehören für den 33-jährigen Berliner zum Alltagsgeschäft. Wir trafen ihn kürzlich in der Skatehalle (Revaler Str. 99, Berlin), wo er ab und zu auch selbst ehrgeizige Nachwuchsskater unterrichtet. Heute profitiert ihr als unclesally*s-Leser aber von seinen Künsten und lernt hier (zumindest in der Theorie) schon mal zwei grundlegende Tricks: Den Backside Kickturn und den berühmten Ollie, ohne den gar nichts geht beim Skaten – sagt der Profi. Der Ollie funktioniert nur, wenn ihr beim Anfahren hart mit dem Fußballen auf den Tail des Boards tretet und ihn auf den Boden drückt. Der andere Fuß bleibt in der Mitte des Skateboards.
Wer Jürgen Horrwarth und andere namhafte Skater beim einzigen World Cup Skateboarding Event in Deutschland erleben und um 80.000 Dollar Preisgeld kämpfen sehen will, sollte am 5. Dezember bei den Telekom Extreme Playgrounds im Velodrom dabei sein. Außerdem werden an diesem Tag einige der furchtlosesten BMX-Fahrer des Planeten ihr Können in den Disziplinen Street und Vert demonstrieren. Das spitzen Sportprogramm wird durch Konzertauftritte von den frisch wiedervereinigten BoySetsFire und Panic! At The Disco erweitert.
er zu arEs ist wichtig, mit dem ganzen Körp Oberkörbeiten. Ihr müsst darauf achten, den per für die Drehung einzusetzen.
TELEKOM Extreme Playgrounds 5.12. Berlin - Velodrom Skateboard und BMX Street und Vert Live: BoySetsFire, Panic! At The Disco und ein weiterer Act Auf sallys.net verlosen wir 1x2 Tickets, für alle anderen gibt es die Tickets unter: telekom-playgrounds.de
Wenn ihr die Rampe hoch fahr t, müsst ihr in den Knien bleiben.
Dank an: Jürgen Horrwarth und die Mitarbeiter der Skatehalle Berlin Fotos: Stephan Mühlau
Wenn ihr den Tail auf den Boden „poppt“, springt ihr hoch und schiebt den vorderen Fuß nach vorn Richtung „Nose“ des Boards.
Dann zieht ihr mit dem vorderen Bein das Board wieder in die Waagerechte und zieht gleichzeitig die Beine an.
Wenn ihr am toten Punkt angelangt seid, solltet ihr die Arme und den Oberkörper in Fahrtrichtung drehen, um die Drehung einzuleiten.
Die Landung sanft abfedern, indem ihr in die Knie geht.
Dann wieder sanft eintauchen und in den Knien ausfahren.
Der Ollie ist zwar der gru ndlegende Trick beim Skaten, tro tzdem kann es je nach Trainingseinsat z schon mal ein Jahr dauern, bis ma n ihn beher rscht. Nicht aufgeben. Natur talent Jürgen hat es ein drei Monate seines jungen st auch Lebens und so einige Hautabsc hürfungen gekostet, bis er’s drauf hatte.
Darauf achten: Viele Anf äng er stehen mit durchgestreckten Knien auf dem Board, weil sie verkrampfen, doch der Einsatz des ganzen Kör pers ist entsch eidend beim Skaten! Außerdem soll tet ihr nicht vernachlässigen, euch vor dem Üben richtig gut aufzuwärmen: „Sp ätestens, wenn man über 20 ist, merkt man sonst, was man seinem Kör per ang etan hat.“
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MIX
unclesally*s magazine
Sony PlayStation Mall Tour Zocken statt shoppen
Sony PlayStation bringt den neuen Bewegungscontroller PlayStation Move in deine Stadt. Die große Shopping Mall Tour bietet euch die Gelegenheit, in den größten Einkaufszentren in 15 deutschen Städten zwischen 10.00 und 20.00 Uhr alle Neuheiten rund um PlayStation 3 zu testen. Da wären zum Beispiel die Partyspiele "TV Superstars" und "Start the Party" oder die Rennspielreferenz „Gran Turismo 5“ in 3D und viele weitere Highlights des digitale Entertainments. Zwei aktuelle PS3 Games für PlayStation Move könnt ihr im Übrigen auf sallys.net gewinnen. Wir verlosen je dreimal „Sports Champions“ und „TV Superstars“.
Holy.Shit.Shopping
start-to-move.de
Mit Glühwein vor der Kleiderstange Auch wenn’s weh tut: Bald ist schon wieder Weihnachten. Dann, wenn „Ich brauche noch Geschenke für...“ sogar das altbewährte Geplapper übers Wetter vom Smalltalk-Thron verdrängt, gilt es, die richtigen Tipps zu geben. Auch in diesem Jahr wird der Design-Weihnachtsmarkt Holy. Shit.Shopping stattfinden – auch als TourneeVeranstaltung. Wie gewohnt könnt ihr an den folgenden Terminen wieder Kleidung, Schmuck, Schnickschnack und Gebrauchsgegenstände aller Art und vielseitiger Designs erstehen und so nicht nur euch, sondern auch andere am Weihnachtsabend glücklich machen. Da der Eintritt für diese Veranstaltung kostenpflichtig ist, nutzen wir die vorfestliche Gelegenheit, euch 5x2 Tickets zu schenken. Mit einer E-Mail an verlosung@sallys. net (Stichwort: Holy.Shit.Shopping + Wunschstadt) könnt ihr euch dafür bewerben. 27. & 28.11. Köln - Jack In The Box e.V. 04. & 05.12. Hamburg - Großmarkt 11. & 12.12. Berlin - Galerie und .HBC 18. & 19.12. Stuttgart - tba
Die Termine 18.10. bis 23.10. Berlin (Tegel) - Planet Game 2010 *** 28.10. bis 30.10. Hamburg - Alstertal Einkaufszentrum *** 29.10. bis 31.10. Wolfsburg - City Galerie *** 4.11. bis 7.11. Neu-Isenburg - Isenburg Zentrum *** 11.11. bis 13.11. Berlin - Spandau Arcaden *** 11.11. bis 13.11. Leipzig - Nova Eventis *** 18.11. bis 20.11. Bremen - Weserpark *** 19.11. bis 20.11. Berlin - Alexa *** 25.11. bis 27.11. Köln - Arcaden *** 1.12. bis 4.12. Nürnberg - Frankencenter *** 9.12. bis 11.12. Darmstadt - Loop *** 15.12. bis 18.12. Essen - Limbecker Platz *** 20.12. bis 23.12. Duisburg - Forum Duisburg *** 20.12. bis 23.12. Esslingen - Neckar Center *** 28.12. bis 31.12. München - Riem Arcaden *** 28.12. bis 31.12. Düren - Stadt Center *** 5.1. bis 8.1. München - OEZ *** 6.1. bis 8.1. Oberhausen - CentrO *** 12.1. bis 15.1. Düsseldorf - Arcaden
Tommy Hilfiger
"LOUD" – mit The Ting Tings
Eastpak Antidote Tour Punkrock-Marathon für die einen, Freizeitspaß für die anderen
Punkrocker sind ja glücklicherweise Typen mit Spitzenkondition. So werden die großartigen Riverboat Gamblers, Veara, Jim Lindbergs aktuelles Projekt The Black Pacific und Sum 41 als Headliner ausdauernd vom 27. Oktober bis 1. Dezember durch Europa touren. Insgesamt 28 Städte und 13 Länder stehen auf dem Programm. Deutschland darf in diesem Rahmen sieben Mal den Gastgeber für die Kapellen spielen. Für jede der folgenden Shows verlosen wir auf sallys.net 2x2 Tickets. Außerdem haben wir noch ein Eastpak-Antidote-Fan-Paket, inklusive Rucksack, T-Shirt und anderer kunterbunter Gimmicks zu verschenken. 17.11. Karlsruhe – Substage *** 19.11. Münster – Skaters Palace *** 20.11. Berlin – Huxley‘s *** 27.11. Hamburg – Markthalle *** 28.11. Düsseldorf - Stahlwerk *** 30.11. Leipzig – Haus Auensee *** 1.12. Neu-Isenburg - Hugenothalle www.antidotetour.com.
Erst kürzlich hat Designer Tommy Hilfiger sein neues Parfüm „Loud“ mit einer extra großen Party im Berliner E-Werk vorgestellt. Als musikalische Ehrengäste waren The Ting Tings geladen, die mit „We're Not The Same“ auch den offiziellen Song zur Kampagne komponiert haben. Wer eine feine Nase und ein Gehör für tanzbaren Indie-Pop hat, wird feststellen können, dass das ganz gut zusammenpasst, schließlich betont Parfümeur Aurelien Guichard, „Loud“ für Mädels sei wie der Duft einer wilden Rose – und jung und wild ist sie ja nun mal, die Ting Tings-Rose Katie White. Aber hört und riecht selbst. Wir verlosen auf sallys.net ein Parfümpaket bestehend aus dem Herren- und Damen-Duft von "Loud". de.tommy.com
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QUICKIES
QUICKIES
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Telekom Campus Cooking
Eine Woche ohne Nudeln mit Tomatensoße
Alles nur gekauft Bookends
Poesie in euren Ohren
Die deutsche Sprache: für ungeübte Ohren ein Graus mit brachialen Gutturallauten und unbeugsamen Schachtelsätzen. Doch Deutsch kann ja auch so poetisch sein, was die Singer/ Songwriter auf „Bookends“ einmal mehr beweisen. Die vom Mairisch Verlag publizierte VinylPlatte vereint zeitgenössische Sprachkünstlerund Akrobaten wie ClickClickDecker, Norman Palm, Gisbert zu Knyphausen, Jan Böttcher und den reizenden Spaceman Spiff, die in jüngster Vergangenheit durch ihre lyrischen, bittersüßen, cleveren und/oder humorvollen Texte auf sich aufmerksam machen konnten. Die 40 Minuten umfassende LP ist jetzt für 14,90 im Handel erhältlich. Eine davon bietet sich euch außerdem auf sallys.net als Verlosungsexemplar an.
Bildung geht bekanntlich durch den Magen. Deshalb findet vom 8. November bis 17. Dezember in zehn deutschen Uni-Mensen die Fortsetzung des Telekom Campus Cooking statt. Die Starköche Stefan Wiertz und Patrick Gebhardt werden die Gaumen der Studenten in Würzburg, Aachen, Köln, Wuppertal, Flensburg, Bamberg, Göttingen, Magdeburg, Zwickau und Karlsruhe je eine Woche lang mit kulinarischen Köstlichkeiten zum Mensapreis verwöhnen.
mairisch.de
Veltins V+
Zu Hause feiert’s sich am schönsten
Mal ehrlich, Bier allein macht doch nicht glücklich. Um ab und zu ein wenig Abwechslung in euer Glas zu bringen, gibt es die erfrischenden Biermix-Getränke von Veltins. Ob V+Lemon, V+Cola, V+Energy, V+Curuba, V+Apple oder V+Grapefruit – der Erfolg eurer Party ist praktisch schon beim Getränkeeinkauf garantiert. Obwohl? Was dann noch fehlt, ist gute Musik. Bewerbt euch jetzt für den Retro-Lautsprecher iTamTam, den wir gemeinsam mit Veltins V+ auf sallys.net verlosen und ein Supersound ist euch gewiss. Die ausgefallene Multifunktionsbox im Wert von stattlichen 400 Euro verfügt über einen iPod-/ iPhone-Dock und kann bei Bedarf auch als Sitzmöbel verwendet werden. Auf Parties macht man so was.
Alle weiteren Informationen, die konkreten Termine sowie das Campus Cooking Rezept Booklet zum kostenlosen Download gibt es unter telekom. de/young und facebook.com/telekomcampuscooking. Für alle, die dann auf den Geschmack gekommen sind, heißt es, sich auf sallys.net für den REWE-Gutschein in Höhe von 100 Euro zu bewerben, den wir gemeinsam mit Telekom verlosen, um euren Kühlschrank zu füllen. telekom.de/young facebook.com/telekomcampuscooking
Vplus.de
Tropical Islands
Smirnoff Limited-Edition
Letzten Monat waren wir mit den Jungs von Trip Fontaine in den Tropen unterwegs. Sommer, Sonne, Strand und das alles in einem Herbst, der bislang an Ungemütlichkeit und Kälte schwer zu überbieten ist. Wer auch mal einen Tagesausflug in die Tropical Islands nahe Berlin machen möchte, kann sich jetzt auf sallys.net für die 2x2 Tageskarten bewerben, die wir inklusive einer Ballonfahrt in der eindrucksvollen Halle verlosen. Doch bitte beachtet, die Gutscheine gelten nur für einen Wochentag eurer Wahl nicht am Wochenende. Alle weiteren Informationen und schicke Südseebilder zum Warmwerden gibt es unter:
Davon, mit einer Wodkaflasche vor einer Webcam rum zu wedeln, bekommt niemand den Kick? Denkt ihr - bis jetzt. Mit der Smirnoff „Augmented Reality“ Flasche veranstaltet ihr in den heimischen vier Wänden eine schicke Clubparty. Ihr müsst einfach kurz zu smirnoff. com surfen, den entsprechenden Link anklicken, eine der limitierten Smirnoff No 21 Augmented Reality Flaschen vor eure Webcam halten und schon findet ihr euch in einem virtuellen Flugzeug Hangar mit DJs wieder. Wer einen kleinen Clubrundgang machen möchte, muss einfach nur die Flasche vor der Webcam hin- und herbewegen. Klingt abgefahren – mal ausprobieren? Auf sallys.net verlosen wir diese „Augmented Reality“ Flaschen. Die Teilnahme ist ab 18 Jahren möglich (Altersnachweis nicht vergessen) und immer dran denken: Bitte trink’ verantwortungsvoll! smirnoff.com facebook.com/SmirnoffDeutschland
r.de usskultu
tropical-islands.de
Auf die virtuelle Wohnzimmer-Party
www.init iative-gen
Ein Tag wie im Südsee-Urlaub
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KINO
unclesally*s magazine
Die kommenden Tage Der Anfang vom Ende?
Deutschland im Jahre 2020: in den Regalen der Supermärkte herrscht gähnende Leere und wer nicht aufpasst, dem wird sogar der letzte Liter Milch aus dem Einkaufswagen geklaut. Auf den Straßen hausen Tausende in Zeltstädten und Plastikplanen, die Mülltonnen brennen wie in schlechten Musikvideos. Und Zentraleuropa hat natürlich längst seine Grenzen geschlossen, um all jene, die noch schlechter dran sind, südlich der Alpen zu halten. Düstere Zukunftsbilder hat Lars Kraume („Keine Lieder über Liebe“) für seinen Film „Die kommenden Jahre“, der zwischen 2012 und 2020 spielt, entworfen; apokalyptische Visionen mit einer gewissen Nähe zu „Children of Men“ und sehr weit weg von allem, was das deutsche Kino seinem Publikum üblicherweise zu bieten hat. Wie jedes wirklich packende Endzeitszenario versucht er dabei, die großen Zusammenhänge auf eine persönliche Ebene herunterzubrechen. Die Schwestern Laura (Bernadette Heerwagen) und Cecilia (Johanna Wokalek) stehen im Zentrum der Geschichte, die zwischen Familienstreits, Liebesdramen und Babywünschen eben auch von einer Welt erzählt, in der Ressourcenknappheit und Pandemien den Lebensstandard sinken und die Gewaltbereitschaft steigen lassen. Während Cecilia durch ihren Freund Konstantin (August Diehl) immer tiefer in radikale Kreise und die Terrororganisation „Schwarze Stürme“ gezogen wird, träumt Laura einigerma-
ßen naiv vom Vater-Mutter-Kind-Glück mit Hans (Daniel Brühl). Doch ein Happy End ist beiden nicht wirklich vergönnt. „Ich habe den Film gedreht, um teilzuhaben an der Diskussion, in welcher Zukunft wir eigentlich leben wollen“, sagt Kraume, der mit der Arbeit am Drehbuch begann, als er zum ersten Mal Vater wurde. „Ich glaube nicht, dass es zwingend so kommen wird wie im Film. Aber was ich glaube, ist, dass die nächsten zehn bis 20 Jahre eine ganz entscheidende Umbruchsphase mit starken Veränderungen darstellen werden. So wie ich aufgewachsen bin, also in den Achtzigerjahren mit Playmobil, Nutella und der ganzen Wohlstandssicherheit im Hintergrund – das wird sicher nicht die Zukunft meiner beiden Söhne sein.“ Für seine Schauspieler sind diese Veränderungen nicht einmal Zukunftsmusik. „Als ich das Drehbuch vor zwei Jahren zum ersten Mal gelesen habe, gab es noch keine Banken- und Wirtschaftskrise. Aber nach und nach treten immer mehr Dinge ein, die in dem Buch behandelt werden“, meint etwa Heerwagen, die hier in ihrer ersten großen Kinorolle zu sehen ist. „Ich glaube deswegen, dass
der Film nur verdichtet, was um uns herum längst passiert und was wir einfach noch nicht wahrhaben wollen.“ Und Diehl findet sogar: „Für mich ist das Erschreckende an dem Film, dass er zwar behauptet, etwas über unsere nahe Zukunft zu erzählen, aber dann eine Welt gezeigt wird, die überall außer in Europa jetzt schon genauso ist. Nur wir leben immer noch in dieser komischen Mozartkugel, in der wir das noch nicht merken.“ Tatsächlich liegt genau darin – trotz einiger unbestreitbaren Schwächen in Dramaturgie, Dialog und Figurenzeichnung – die eindrucksvolle Stärke von „Die kommenden Tage“. Mittels seiner stark aufspielenden Schauspieler sowie einem Kostüm- und Szenenbild, das sich – statt albern futuristisch zu sein – „an dem orientiert, was es anderswo in der Welt schon gibt“ – beschwört er eine Atmosphäre herauf, die man wahlweise als hochaktuell oder schwarzmalerisch empfinden kann. Aber kraftvoll, nachvollziehbar und vor allem nachdenklich machend ist sie allemal. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 4. November 2010 Erstmal eine rauchen: Konstantin (August Diehl)
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Edgar Ramirez
KINO
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Fährt lieber Bus als Taxi: Carlos (Edgar Ramirez)
Schauspielstar von Weltformat Olivier Assayas’ ebenso detaillierte wie meisterhafte Terroristen-Biografie „Carlos“ kommt in zwei unterschiedlich langen Versionen in die Kinos, doch eines haben beide gemein: die fulminante Leistung von Hauptdarsteller Edgar Ramirez. Wir trafen den multilingualen Venezuelaner, der auch schon in Filmen wie „Das Bourne Ultimatum“, „8 Blickwinkel“ oder „Che“ zu sehen war, zum Interview – und sprachen Deutsch mit ihm, schließlich ging er als Teenager ein paar Jahre in Wien zur Schule. Edgar, insgesamt dauert „Carlos“ fast fünfeinhalb Stunden, in denen du uneingeschränkt im Zentrum stehst. Ist das nicht eine enorme Verantwortung? Ach, der Job ist eigentlich immer der gleiche, egal ob ich so etwas spiele oder eine Nebenrolle. Deswegen habe ich auch immer versucht, gar nicht viel darüber nachzudenken. Im Grunde gilt das gleiche wie beim Fußball: drauf los spielen!
Carlos Es ist ein Filmprojekt sondergleichen: 330 Minuten lang, 120 Sprechrollen, rund 20 Jahre erzählte Zeit und über 90 Drehtage in zehn Ländern. „Carlos – Der Schakal“ ist schon allein vom Umfang her gewaltig. Doch das Mammutprojekt vermag nicht nur mit Fakten, sondern auch als Film zu beeindrucken. Regisseur Olivier Assayas durchleuchtet in seinem Epos die Biographie des internationalen Topterroristen Ilich Ramirez Sanchez, genannt Carlos, der in den 1970er Jahren seine blutige Karriere begann und Mitte der 1990er Jahre im Sudan verhaftet und nach Paris ausgeliefert wurde. Ohne Glorifizierung oder Verklärung rekonstruiert der Film Carlos’ Polit-Aktivitäten, seinen Wandel vom Terrorist zum Söldner und schaut auch auf den Menschen hinter dem Schakal. Packend und bildgewaltig inszeniert, fantastisch besetzt und hervorragend geschnitten ist „Carlos – Der Schakal“ ein Ereignis und man sollte dringend die 330 Minuten-Version der regulären 190 MinutenFassung vorziehen. Es lohnt sich. Versprochen! Text: Cornelis Hähnel Kinostart: 4. November 2010
Hast du kurz gezögert, ob du jemanden wie Carlos überhaupt spielen möchtest? Überhaupt nicht, denn gerade von solche widersprüchlichen Rollen und zwiespältigen Figuren fühle ich mich als Schauspieler angezogen. In der Auseinandersetzung mit ihnen werde ich mit mir selbst konfrontiert, das finde ich spannend. Außerdem tauche ich nicht in meine Rollen, um irgendwie meine persönlichen Ansichten bestätigt zu sehen. Was ich also von jemandem wie Carlos halte, ist irrelevant, denn es geht dabei nicht um mich. Wie sehr war dir seine Person eigentlich ein Begriff? Immerhin seid Ihr Landsmänner... Trotzdem wusste ich eigentlich nur das, was die meisten Menschen über ihn wissen. Aber ich habe mich sehr stark in die Materie eingearbeitet und unglaublich viel über ihn und vor allem seine Zeit gelesen, um wirklich auch den politischen Kontext zu verstehen. Darüber hinaus habe ich mich bemüht, mit möglichst vielen Menschen in Kontakt zu kommen, die ihm nahe standen: Freunde, Familienangehörige, ehemalige Geliebte. Nur an Carlos selbst war leider kein Herankommen. All diese Recherchen habe ich dann quasi benutzt, um die von Olivier geschriebene Figur aufzufüllen. Und am Ende musste ich darauf vertrauen, dass sie irgendwann zum Leben erwacht und zu, oder besser gesagt: aus mir spricht.
Gab es eigentlich Momente, in denen dir Carlos sogar sympathisch war, oder ist auch das für einen Schauspieler gar nicht wichtig? Doch, man braucht schon eine echte Verbindung zu der Figur, die man spielt. Alles, was die Figur, macht, muss man in gewisser Hinsicht verstehen. In der Realität ist ein Bezug zu diesem Menschen nicht nötig, aber um ihn wirklich mit Haut und Haar zu verkörpern, musst du dich mit ihr versöhnen. Gibt es denn dann aber im Gegenzug auch Rollen, wo du diese Versöhnung nicht herstellen kannst und die du deswegen niemals spielen würdest? Das kann ich so nicht beantworten, denn das hängt nicht so sehr von der Rolle an sich ab, sondern wie sie geschrieben ist. Wenn der Blick auf die Figur interessant ist und der Regisseur spannende Ideen hat, dann würde ich vermutlich alles spielen. Wenn man sieht, wie wenige Filme du drehst, scheinst du nicht viele Figuren interessant zu finden... Ich glaube einfach fest daran, dass man sich große Mühen geben sollte, wirklich die Rollen zu finden, die für einen die richtigen sind. Man muss nicht alles machen, nur um möglichst viel zu arbeiten. Wird die Sache noch zusätzlich verkompliziert, weil du nach wie vor in Venezuela lebst? Nein, das glaube ich nicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass für uns Schauspieler der Arbeitsplatz die ganze Welt ist. Spannende Geschichten gibt es überall und ich kann jederzeit überall hinreisen und mich für kurze Zeit niederlassen. Mit meinem Vater, der Militäroffizier war, haben wir das früher nicht anders gemacht, also bin ich daran bestens gewöhnt. Interview: Patrick Heidmann
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KINO
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3 Fragen an
... Julianne Moore, die in „The Kids Are All Right“ in ihrer vierten und bisher besten Rolle in diesem Jahr zu sehen ist. Hier spielt sie die Lebensgefährtin der gleichermaßen famosen Annette Bening und muss mit ansehen, zu welchem Chaos es kommt, wenn sich die Kinder auf die Suche nach ihrem Samenspender machen. Julianne, Lisa Cholodenko hat Ihnen die Rolle in „The Kids Are All Right“ quasi auf den Leib geschrieben. Hat Sie das unter Druck gesetzt? Nein, das würde ich nicht sagen. Aber es schmeichelt einem natürlich sehr. Eigentlich hatte ich Lisa bei unserem Kennenlernen nur gesagt, wie gerne ich ihre Filme „High Art“ und „Laurel Canyon“ mochte, und dass ich gerne mal mit ihr arbeiten würde. Dass dabei allerdings so etwas Besonderes herauskommen würde, hätte ich nicht zu träumen gewagt. Familien mit homosexuellen Eltern sieht man im Kino nicht allzu oft. War das für Sie auch ein Grund, diese Rolle anzunehmen? Darüber habe ich mir anfangs gar nicht viele Gedanken gemacht, schon weil ich viele schwule und lesbische
Paare mit Kindern kenne. Ich war einfach begeistert von dem Humor des Drehbuchs und von seiner Universalität. Denn der Film handelt ja nicht vom Lesbischsein, sondern von ganz normalen Familien-Themen. Viele Experten rechnen Ihnen und dem Film schon jetzt gute Oscar-Chancen aus. Denken Sie daran auch schon heimlich? Oh Gott, nein. Solche Gedankenspiele muss man weitestgehend von sich fern halten. Man hat das schließlich nicht in der Hand. Eigentlich sollte es ohnehin schönere Wege geben, gute Filme zu feiern, als sie gegeneinander in Konkurrenz zu stellen. Interview: Patrick Heidmann The Kids Are All Right, ab 11. November 2010 im Kino
... Nina Hoss, die normalerweise für ihre Theater-Rollen und anspruchsvollen Dramen gefeiert wird, sich aber mit „Wir sind die Nacht“ mal auf etwas anderes eingelassen hat: einen deutschen Vampirfilm! Als Blutsaugerin hat sie ein Auge auf Karoline Herfurth geworfen – und muss sich nicht nur deswegen vor deren Polizisten-Verehrer in Acht nehmen. „Wir sind die Nacht“ ist weit weg vom Klischee eines deutschen Films. War das ein besonderer Anreiz? Ganz sicher, das war sogar einer der Hauptgründe. Solche Produktionen gibt es hier bei uns tatsächlich nicht so oft, ein Genrefilm und noch dazu mit so vielen Effekten. Da möchte man schon gerne dabei sein. Gleichzeitig liegt doch aber darin auch die Gefahr, oder? Zumindest behaupten viele ja immer wieder, dass die Deutschen so etwas nicht können... Man muss es einfach wagen und gucken, was letzten Endes dabei herauskommt. Als Schauspieler muss man schließlich in allererster Linie neugierig sein. Natürlich kann man damit auch mal baden gehen und scheitern. Genauso gut kann es aber eben auch sein, dass man wirklich etwas Besonderes schafft.
Vamipre sind derzeit allgegenwärtig. Woher kommt dieser Hype? Es ist doch oft so, dass Dinge in Wellen immer wieder kommen, oder? Ich kann mir auch nicht erklären, warum das zurzeit ausgerechnet die Vampire sind. Aber am Theater kenne ich dieses Phänomen auch. Da fragt man sich dann: Warum gerade jetzt „Maria Stuart“, das gibt’s doch schon seit 200 Jahren? Und wenig später ist es dann erneut von der Bildfläche verschwunden. Manchmal werden Themen von mehreren Leuten aufgegriffen, gleichzeitig haben andere – wie bei „Wir sind die Nacht“ – etwas Ähnliches schon lange in der Schublade und plötzlich kommt das alles gleichzeitig. Interview: Patrick Heidmann Wir sind die Nacht ab 28. Oktober 2010 im Kino
... Tilda Swinton, die einmal mehr ihre Vielseitigkeit beweist und für den italienischen Regisseur Luca Guadagnino in seinem atemberaubend schönen und poetischen Film „I Am Love“ eine Russin spielt, die in eine Mailänder Industrie-Dynastie eingeheiratet hat. In „I Am Love“ sind Sie in einem goldenen Käfig gefangen, aus dem Sie schließlich ausbrechen. Ihre Film-Familie nimmt eigentlich nicht die Person, sondern nur ein Wunschbild zur Kenntnis... Naja, aber sie ist da ja nicht zufällig herein geraten, sondern ist selbst mitverantwortlich für diese Käfighaltung. Sie ist sich sehr bewusst darüber, in was für eine Existenz sie sich durch die Heirat hineinbegibt. In der Tat gibt es in diesem Leben strenge Vorgaben, an die sie sich halten muss, was ihr Wesen angeht, ihr Aussehen, ihre Sprache. Haben Sie denn das Gefühl, die Öffentlichkeit hat von Ihnen ein akkurates Bild? Ehrlich gesagt habe ich nicht die geringste Ahnung, wie ich wahrgenommen werde. Im Grunde ist es mir auch ziemlich egal, denn wie andere einen se-
hen, hat doch mit der eigenen Person überhaupt nichts zu tun. Was vielen jedenfalls exotisch erscheint, ist das von Ihnen gelebte Beziehungsmodell. Angeblich führen Sie ja eine Dreiecksbeziehung... Da muss ich Sie leider enttäuschen. Es ist wahr, dass es einen großartigen Mann gibt, mit dem ich zwei Kinder habe. Er ist allerdings nicht mehr mein Lebensgefährte. Und war es zum Glück auch schon eine Weile nicht mehr, als ich meinen jetzigen Liebsten kennen gelernt habe. Unkonventionell ist an dieser Konstellation bestenfalls, dass wir uns alle untereinander bemerkenswert gut verstehen. Interview: Patrick Heidmann I Am Love ab 28. Oktober 2010 im Kino
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KINO
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Buried
Zurück zum Minimum Ein Mann, ein Sarg und die Angst, darin umzukommen. Regisseur Rodrigo Cortés lässt seinen Film „Buried – Lebend begraben“ 94 Minuten lang zum klaustrophobischen Kammerspiel auf zwei Quadratmetern werden. Dem Amerikaner Paul Conroy (Ryan Reynolds) fehlt es genau wie seiner Familie an Geld, also hat er sich von seiner Firma als Lastwagenfahrer für einen Job in den Irak versetzen lassen – ein schwerer Fehler. Paul wacht plötzlich in einem Sarg auf, lebendig begraben und hat keine Erklärung für das Warum. Er findet ein paar Utensilien, auch ein Telefon, über das seine Entführer „5 Million Money“ für seine Befreiung verlangen. Paul hat drei Stunden Zeit, um mit schwindendem Handy-Akku und Sauerstoff potenzielle Helfer, Lösegeldzahler oder Angehörige zu kontaktieren. Natürlich fühlt man sich unweigerlich an Edgar Allan Poes Kurzgeschichte vom vorzeitigen Begräbnis erinnert, die Drehbuchschreiber Chris Sparling ganz offensichtlich als Vorlage gedient hat. Es ist das gekonnte Spiel mit menschlichen Urängsten, das Regisseur Rodrigo Cortés in seinem klaustrophobischen Psycho-Thriller auf engstem Raum zelebriert. Pauls Einsamkeit wird dabei vor allem durch die verschiedenen Kontakte zur Außenwelt deutlich. Er ist auf Hilfe von außen angewiesen, doch das Außen weiß nicht wie. Es sind zwei Faktoren, die die Spannung des Films permanent am Brodeln halten:
Going underground: Paul Conroy (Ryan Reynolds)
Die Angst zu sterben und die Hoffnung, es nicht zu tun. Trotz der begrenzten Räumlichkeiten gelingt es Cortés, immer wieder überraschende Wendungen einzubauen, weiterführende Informationen zu übermitteln und somit einen abwechslungsreichen, spannenden und unterhaltsamen Spießrutenlauf auf zwei Quadratmetern zu inszenieren. Mit minimalen Mitteln wird ein maximaler Suspense-Moment kreiert, in dem Hollywood-Star Ryan Reynolds in seiner One-Man-Show zur Höchstform aufläuft. Sicherlich, es gibt in „Buried“ auch eine etwas klischeehafte politische Ebene, auf die man
nicht näher eingehen muss und auch der ein oder andere weitere Aspekt der Geschichte wirft durchaus Fragen auf. Doch im Großen und Ganzen ist Paul Conroys beklemmender Kampf gegen die Zeit ein beeindruckend dichter und technisch beeindruckender Psycho-Thriller, der selbst in den größten Kinoräumen für Anfälle von Platzangst sorgen dürfte – immerhin spielt „Buried“ die vollen 94 Minuten im Sarg. Wie hat Cortés seinen Film doch selbst mal beschrieben? „Indiana Jones in a box.“ Text: Daniel Schieferdecker Kinostart: 4. November 2010
Somewhere
Aus dem Leben eines Schauspielers Sofia Coppola wurde während der Dreharbeiten von „Der Pate“ geboren und stand im selben Film gleich als Täufling vor der Kamera. Das Leben im Showbiz kennt sie also zur Genüge und scheint somit zu wissen, wovon sie spricht, wenn sie einen Film über den Alltag eines Hollywoodstars macht. Schauspieler Johnny Marco (Stephen Dorff) verbringt seine Leben im legendären Hotel Chateau Marmont am Sunset Boulevard. Gelangweilt vom Luxus verlustiert er sich mit Sex, Alkohol und Drogen, doch selbst das nur noch halbherzig. Öde sind seine Tage, immer gleich, trotz des doch eigentlich so aufregenden Starrummels. Als er kurzfristig auf seine elfjährige Tochter Cleo (Elle Fanning) aufpassen muss, scheinen sich manche Momente so langsam mit Sinn zu füllen. Kritik an der Oberflächlichkeit des Lebens im Glitzer und Glamour – das klingt nicht so richtig nach Novum oder gar preisverdächtig. Doch Sofia Coppola, die für „Somewhere“ kürzlich den Golden Löwen des Filmfestivals von Venedig gewann, hat das richtige Händchen für besondere Inszenierungen – man kann das Zeitgeist nennen oder einfach ein besonderes ästhetisches Verständnis. So findet sie wunderbare Bilder für die Monotonie des Erfolgs und vermag es dabei den Schein der schönen Fassade bröckeln zu lassen auch wenn sie mitunter in die Falle des Plakativen tappt.
Abhängen im Chateau Marmont: Johnny und Tochter Cleo.
Doch Hauptdarsteller Dorff („Backbeat“), der hier sein fulminantes Comeback feiern darf und sich wahrlich in Höchstform präsentiert, hält glücklicherweise fast durchgängig die Balance bei den Momenten der Gratwanderung zum Klischee. Mit der nötigen Abgeklärtheit im Blick und Gelassenheit in der Mimik schafft er Stimmungen, wo beim Protagonisten eigentlich nur Emotionslosigkeit vorherrscht. Auch Fanning („Der seltsame Fall des Benjamin Button“) steht ihm als Tochter in punkto Präsenz in
nichts nach und überzeugt mit jugendlicher Leichtigkeit. „Somewhere“ ist weniger aufgeregt inszeniert als „Marie Antoinette“, deutlich zurückgenommener und ruhiger. Und auch wenn viele Aspekte des „wahren Lebens“ hinter der Hochglanz-Attitüde dem Zuschauer bekannt erscheinen, so sind sie wenigstens wunderschön in Szene gesetzt. Text: Cornelis Hähnel Kinostart: 11. November 2010
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KINO
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Machete
Höllenhunde schicken keine SMS
Teil des 2007er Grindhouse-Projekts („Planet Terror“ und „Death Proof“) von Robert Rodriguez und Quentin Tarantino war es, eine Reihe Fake-Trailer zu nie ernsthaft geplanten Filmen zu produzieren. Die Begeisterung der Fans angesichts eines grimmen mexikanischen Rächers ließ Rodriguez jedoch keine Wahl. Im nun verfilmten Trailer kommt Machete Cortez (Danny Trejo) zu seinem vierten Leinwandauftritt. Die Figur gehört zur ebenfalls von Rodriguez inszenierten familientauglichen „Spy Kids“-Triologie, zeigt sich hier aber von seiner absolut nicht jugendfreien Seite. Für Geld willigt Machete ein, Texas erzrechten Schurkensenator John McLaughlin (Robert DeNiro) zu töten, nur um festzustellen, ein Bauernopfer im Kampf um Macht und haufenweise Drogengeld zu sein. Einer der Drahtzieher ist zudem ein alter Feind Machetes. Mit Hilfe von zwei ebenso heißen wie harten Latinas (Michelle Rodriguez und Jessica Alba) beginnt ein extrem blutiger und bleihaltiger Rachefeldzug. „Machete“ ist Exploitation pur: viel Gewalt und reichlich Titten, am besten blank.
Das Genre war in den Siebzigerjahren groß, deshalb verwendet Rodriguez die entsprechende Optik. Schnitt, Effekte, auch Sprüche und Musik wären heute kaum zu rechtfertigen; in diesen Film passen sie. Was Machete von modernen Actionhelden hält, zeigt sein Umgang mit einem Handy oder das Kickbox-Training einer Agentin – an der Wii! Diese Hommage an dreckige BMovies ist eine viel bessere Version von „The Expendables“ geworden. Dank Steven Seagal und Don Johnson, der stets spürbaren Ironie und der bei allem gewollten Trash ausreichenden Story ist ein überzogenes, nie ernst gemeintes und liebevolles Massaker entstanden. Text: Christian Stein Kinostart: 4. November 2010
Einfach zu haben Eine schlampige Schülerin?
Man fragt es sich immer wieder: Ist der Alltag an amerikanischen High Schools wirklich so bizarr und grausam oder übertreibt Hollywood in seinen Teenie-Komödien bloß maßlos? In „Einfach zu haben“ traut man jedenfalls kaum seinen Augen: Als auf dem Schulhof die Runde macht, dass die 17-jährige Olive (Emma Stone) zum ersten Mal Sex hatte, schlägt ihr von allen Seiten Entsetzen entgegen. Was die heuchlerische Prüderie noch schlimmer macht: die Geschichte stimmt nicht einmal, sondern ist ein von Olive selbst in die Welt gesetztes Gerücht. Weil die Wahrheit niemanden zu interessieren scheint, geht sie in die Offensive und treibt ihr neues Schlampenimage auf die Spitze und trägt irgendwann – in Anlehnung an den Roman „Der scharlachrote Buchstabe“ – ein rotes Sünderinnen-A auf den immer aufreizender werdenden Klamotten. Die Aufregung ist nicht nur im bibeltreuen Enthaltsamkeitskreis von Marianne (Amanda Bynes) groß.
Von Anfang bis Ende ist „Einfach zu haben“ wenig glaubwürdig, hemmungslos albern und mitunter hart an der Grenze zur Karrikatur. Aber erstaunlicherweise kann der Film durchaus mit den John Hughes-Klassikern, auf die er selbstbewusst verweist, mithalten. Die Dialoge sind erfrischend und spritzig, die Gags treffsicher und mitunter brillant, während der Humor immer die Waage hält zwischen Warmherzigkeit und böser Satire. Das Beste aber sind eindeutig die Schauspieler. Und die Erwachsenen in dieser Geschichte sind durch die Bank famos, allen voran Patricia Clarkson und Stanley Tucci als die großartigsten KinoEltern aller Zeiten. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 11. November 2010
Umständlich verliebt
Das Sperma meines besten Freundes
Das mit den Männern ist Kassie (Jennifer Aniston) generell ein wenig zu kompliziert. Und schließlich: Wozu benötigt eine moderne, in allen Belangen unabhängige Frau heute noch einen Mann? Genau, für überhaupt nichts! Als die New Yorkerin den Wunsch nach einem Kind verspürt, will sie entsprechend auch keine Beziehung, sondern lediglich einen Samenspender. Hoffnungen, in dieser Hinsicht in Zukunft eine etwas bedeutendere Rolle in Kassies Leben zu spielen, macht sich ihr bester Freund Wally (Jason Bateman). Doch er wird enttäuscht, als sie mit Roland (Patrick Wilson) einen Samenspender anschleppt, der eher den Vorstellungen der Mutter in spe entspricht.. Als der große Tag der künstlichen Befruchtung gekommen ist, schmeißt Kassie eine Party. Dort lässt sich ein frustrierter Wally standesgemäß volllaufen, als er auf der Toilette die frische Spermaspende von Roland entdeckt. Da passiert dem nicht mehr ganz zurechnungsfähigen besten Freund ein kleines Missgeschick mit weitreichenden Folgen.
Jennifer Aniston ist als Single-Mutter und Objekt der Begierde charmant wie immer in solchen, auf sie zugeschnittenen Rollen. Und auch der ewige Nebendarsteller Jason Bateman überzeugt hier in der männlichen Hauptrolle mit leicht nerdigem Einschlag. Ein bestens aufgelegter Jeff Goldblum als Wallys väterlicher Freund und Boss sowie Juliette Lewis als Kassies beste Freundin komplettieren das spielfreudige Ensemble. Und dafür, dass es sich um eine romantische Komödie mit absehbarem Happy-End handelt, ist die Story sogar recht originell ausgefallen, was man von dem etwas unglücklichen deutschen Titel leider nicht behaupten kann.
Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 11. November 2010
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KINO
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Bon Appetit
Cyrus
Der Spanier Daniel (Unax Ugalde) bekommt von Nobelgastronom Thomas Wackerle (Herbert Knaup) die Chance, in dessen Schweizer Restaurant als Koch anzufangen. Der Job lässt Daniel die Beziehungsprobleme mit seiner Freundin in Bilbao schnell vergessen, zumal er sich immer mehr in Hanna (Nora Tschirner) verliebt, die Sommelière des Restaurants. Hanna ist allerdings die Geliebte von Thomas – Probleme sind damit vorprogrammiert. Eine ziemlich seichte Liebeskomödie hat Regisseur David Pinillos da mit seinem Spielfilmdebüt abgeliefert. Zwar durchaus schön fotografiert und mit guten Ansätzen, aber trotzdem will der Funke bei „Bon Appetit“ (ab 25.11.) nie so ganz überspringen. Ein bisschen zu platt, ein bisschen zu stereotypisiert, ein bisschen zu vorhersehbar kommt alles daher. Dass dadurch nicht der ganze Film baden geht, ist vor allem den beiden charmanten Hauptdarstellern zu verdanken. Doch da wäre durchaus mehr drin gewesen.
Der bindungsscheue John (John C. Reilly) lernt auf einer Party die lebenslustige Molly (Marisa Tomei) kennen. Zwischen den beiden funkt es, doch es kommt dem Mittvierziger bald komisch vor, dass Molly nie über Nacht bleibt, sondern sich heimlich davonschleicht. Als er ihr nachfährt, muss er die Entdeckung machen, dass seine neue Freundin einen Sohn namens Cyrus (Jonah Hill) hat. Der ist schon 21 Jahre alt, wohnt noch immer zu Hause und hat auch nicht vor, diesen Zustand in absehbarer Zeit zu ändern. Die Idee hinter dieser leichtfüßigen Dreiecksgeschichte über ein Trio, das das Loslassen erst noch lernen muss, kann durchaus überzeugen. Auch die Figuren in „Cyrus“ (ab 25.11.) funktionieren lebensecht und die Situationen, in die sie geraten, sind überwiegend originell und amüsant. Wenn man nach dem sehr beliebigen und leider etwas enttäuschenden Ende jedoch das Kino verlässt, wird man den Eindruck nicht los, dass das inhaltliche Konfliktpotenzial dieser leisen Dramödie nicht vollständig ausgeschöpft wurde.
Fair Game
R.E.D.
Takers
Politik, und vor allem die tagesaktuelle, spielt in Hollywood selten eine zentrale Rolle. Allein deswegen ist Doug Limans „Fair Game“ (ab 25.11.) ein begrüßenswertes Unterfangen, selbst wenn mancher die Geschichte vielleicht für Schnee von gestern hält. In jedem Fall ist sie wahr – und sorgte 2003 für einiges Aufsehen. Damals wurde Valerie Plame (Naomi Watts) durch Regierungsquellen in der Presse als CIA-Agentin enttarnt. Geschadet werden sollte dadurch vor allem ihrem Mann (Sean Penn), der als ExDiplomat öffentlich die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak bezweifelte. Zerstört wurden aber vor allem Valeries Karriere und Alltag. Nicht zuletzt weil das Drehbuch auf Plames Autobiografie basiert, macht Liman nie einen Hehl daraus, auf wessen Seite er steht. Die komplexen Zusammenhänge in Washington und die spezielle Stimmung der Nach9/11-Jahre fängt sein Film bemerkenswert authentisch ein, die Hauptdarsteller sind hervorragend.
Eben war Bruce Willis noch in dem Alte-MännerRetro-Actioner „The Expendables“ zu sehen, jetzt spielt er in dem ähnlich gelagerten „R.E.D.“ (ab 28.10.) den pensionierten CIA-Agenten Frank Moses. Als dessen Haus von einem Einsatzkommando gestürmt wird, werden seine alten Reflexe sofort wieder lebendig. Fachmännisch schaltet er die Spezialeinheit aus und versucht herauszufinden, warum er auf der Abschussliste gelandet ist. Dabei merkt Frank schnell, dass es seinen Ex-Kollegen (Helen Mirren, Morgan Freeman & John Malkovich) nicht anders geht. Der deutsche, mittlerweile in Hollywood beheimatete Regisseur Robert Schwentke („Flightplan“) inszeniert diese Comicverfilmung ebenso locker wie knallhart und mit deutlichem Spaß bei der Arbeit. Den hatten offensichtlich auch seine vier angegrauten Hauptdarsteller, die auch den eigentlichen Grund für einen Kinobesuch darstellen.
Eine Bande von Kleinkriminellen scheint der Polizei stets haushoch überlegen zu sein. Nach der Gefängnisentlassung von Ghost (Rapper T.I.) will die Gruppe noch ein letztes großes Ding drehen. Doch die beiden ehrgeizigen Cops Jack Welles (Matt Dillon) und Eddie Hatcher (Jay Hernandez) wollen die Bande diesmal endgültig zur Strecke bringen. Sagen wir es so: Den Innovationspreis wird Regisseur John Luessenhop für seinen Heist-Thriller sicherlich nicht einheimsen. Zu typisch, zu vorhersehbar gestaltet sich der Plot in „Takers“ (ab 28.10.), der häufig an ähnlich geartete Werke wie „Heat“ oder „The Departed“ erinnert. Allerdings: Spaß macht das Ganze schon. Man sieht den Darstellern gerne zu, in den Actionsequenzen wird ordentlich aufs Gas getreten und die tausendfach erzählte Story zeigt letztlich keine großen Abnutzungserscheinungen. Wer also Lust auf ein kurzweiliges Kinovergnügen ohne Langzeitwirkung hat, kommt bei „Takers“ sicherlich auf seine Kosten.
Text: Daniel Schieferdecker
Text: Patrick Heidmann
Der letzte schöne Herbsttag War es bei Ralf Westhoffs amüsantem Vorgängerfilm „Shoppen“ noch so, dass eher mäßige Darsteller im riesigen Spielensemble unauffällig durchrutschten, konzentriert sich die Besetzung von „Der letzte schöne Herbsttag“ (ab 11.11.) bedauerlicherweise auf zwei ziemlich schwache Protagonisten. Claire (Julia Koschitz) und Leo (Felix Hellmann) reden anderthalb Stunden in nervigen Quakstimmen und gebärden sich fortlaufend furchtbar übertrieben, was zur Folge hat, dass der Film komplett gestelzt wirkt. In fiktiven Einzelinterviews rollen sie ihre gescheiterte Beziehungskiste auf, bebildert durch Szenen ihres gemeinsamen Alltags. Das Schöne an dem Film beschränkt sich auf die Farbkomposition der Bilder. Und auch die Dialoge sind okay. Es wäre allerdings zu schade, wenn man den letzten schönen Herbsttag mit diesem Film zum Fremdschämen im Kinosaal verbrächte. Text: Vanessa Pape
Text: Dirk Lüneberg
Text: Dirk Lüneberg
Text: Daniel Schieferdecker
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KINO DVD
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DVD DES MONATS
SAME SAME BUT DIFFERENT (EuroVideo)
Die Liebe spielt in den Filmen von Detlev Buck meist eine eher untergeordnete Rolle, aber bei „Same Same But Different“ ist das anders. Ben (stark: David Kross) ist nach seinem Abi als Rucksacktourist in Kambodscha unterwegs, wo er weniger nach der Liebe als nach ein wenig Erweiterung des Horizonts, dem einen oder anderen guten Joint und natürlich jeder Menge Spaß sucht. Doch es kommt ganz anders für den nachdenklichen jungen Mann, als er eines Abends in der Disco die hübsche Sreyeko (authentisch: Apinya Sakuljaroensuk) trifft.
Tatsächlich wagen die beiden aus so unterschiedlichen Welten kommenden Jugendlichen das Projekt Fernbeziehung, dessen Gelingen auf eine harte Probe gestellt wird, als Sreyeko erfährt, dass sie HIV-positiv ist.
Auftrag Rache
Going Postal
(Universal) Diese Leinwandversion einer BBC-Serie hätte Mel Gibsons Comeback werden sollen, doch es kam anders. Die Zuschauer strömten kaum ins Kino und der ExSuperstar setzte schnell wieder seine Reihe privater Skandale fort. Dabei ist der Film von Martin Campbell, in dem ein Cop auf Rache sinnt, als seine in merkwürdige Geschäfte verwickelte Tochter ermordet wird, gar nicht so schlecht. Zumindest wer auf altmodisches, zupackendes Actionkino mit verlässlichen Nebendarstellern wie Ray Winestone und Danny Huston steht, kommt voll auf seine Kosten. Als Extras gibt es die B-Roll, entfallene Szenen, Interviews und mehr. Text: Jonathan Fink
Die Schöne und das Biest
(Walt Disney) Als Disneys Zeichentrick in den Neunzigerjahren eine Renaissance erlebte, markierte „Die Schöne und das Biest“ ihren Höhepunkt. Die reizende Belle wird auf einem abgelegenen Schloss von einem Biest gefangen gehalten, das nur durch die Liebe erlöst und wieder zum Menschen werden kann. Aus dieser Geschichte schufen Gary Trousdale und Kirk Wise eine unwiderstehliche Mischung aus Komik und Gefühl, aufwallender Dramatik und mitreißender Musical-Szenen, die zu Recht eine OscarNominierung als Bester Film erhielt. Vor allem in der Diamond-Edition auf Blu-ray um eine Fülle an unterschiedlichsten Bonusfeatures ergänzt. Text: Sascha Rettig
Eine Karte der Klänge von Tokio
(Alamode/Alive) Nach dem Selbstmord seiner Tochter engagiert ein Vater die Auftragskillerin Ryu, um den Geliebten der Toten zu ermorden. Doch anstatt ihn zu erschießen, geht Ryu mit ihm ins Bett und eine seltsame Affäre beginnt. Isabel Coixet zeichnet ein sehr fragiles und melancholisches Bild Tokios, in dem ihre Protagonisten Spielbälle der emotionalen Unentschlossenheit werden. Ohne große Gesten, aber mit großartigem visuellem Konzept, einer distanzierten Erzählweise und nuanciertem Sounddesign ist der Film ein wunderbares Sinnieren über die Vergänglichkeit des Glücks, der Liebe und des Lebens. Text: Cornelis Hähnel
Romantikkitsch sucht man in dieser auf einer wahren Vorlage basierenden Geschichte erfreulicherweise vergeblich, und auch der banale Reiz der Exotik wird trotz toller Bilder der Originalschauplätze nicht überstrapaziert. Tatsächlich geht es Buck nur um die Liebe, nicht um ein Sozialdra-
(KSM) Es handelt sich tatsächlich um die Verfilmung des gleichnamigen Buches von Terry Pratchett (auf deutsch als „Ab die Post“ erschienen) – und zwar um eine durchaus gelungene! Der Film zeichnet die Charaktere liebevoll nach und versteht es auch, Pratchetts Wortwitz das ein oder andere mal originell ins Filmische zu übersetzen. Dass er dafür mit 185 Minuten die doppelte Länge beansprucht, ist der Komplexität der Scheibenwelt geschuldet und macht den Film auch – oder gar gerade – für diejenigen spannend, die das Buch nicht kennen. Und für eingeschworene Pratchett-Fans ist er unbedingt empfehlenswert! Text: Elmar Bassen
Harry Brown
(Ascote Elite) Der Ex-Marine-Soldat Harry Brown (Michael Caine) lebt in einer verwahrlosten Plattenbaugegend, die von kriminellen Jugendgangs terrorisiert wird. Eines Tages wird sein einziger Freund Lenny ermordet in einem Tunnel aufgefunden. Harry sinnt auf Rache und begibt sich auf einen Kreuzzug gegen das Unrecht. Das Magazin Empire hat „Harry Brown“ als britische Antwort auf Eastwoods „Gran Torino“ bezeichnet, und das trifft es ganz gut. Zwar bleiben die Charaktere ein wenig blass, und auch das Konzept geht nicht ganz auf, doch Inszenierung, Atmosphäre, Darsteller und DVD-Extras können durchaus überzeugen. Text: Daniel Schieferdecker
I Love You Phillip Morris
(Alamode/Alive) Im Gefängnis lernt der Hochstapler Steven (Jim Carrey) den schüchternen Phillip (Ewan McGregor) kennen und verliebt sich in ihn. Als Steven vor Phillip entlassen wird, setzt der alle legalen wie illegalen Hebel in Bewegung, um Phillip ebenfalls frühzeitig aus dem Knast zu holen. Da Carreys Steven nur bedingt als Sympathieträger taugt, sich die Konflikte zwischen den beiden wiederholen und Stevens dreisten Tricksereien auch irgendwann ihren Reiz verlieren, ist diese Köpenickiade zwar unterhaltsam, erschöpft sich aber auch schnell. Als Extras gibt es ein Making Of, Interviews, Szenen einer Pressekonferenz sowie den Trailer. Text: Dirk Lüneberg
ma, weswegen er ganz den subjektiven Blickwinkel seines Protagonisten einnimmt und Themen wie Aids, Prostitution oder Armut immer nur dann problematisiert, wenn Ben sie hinterfragt statt auf Wolke Sieben zu schweben. Das ist als Ansatz legitim und erfrischend, wenn sich auch die ganz große Wucht der Gefühle nicht immer auf den Zuschauer übertragen will. Auf DVD und Blu-ray gibt es als Bonus außerdem Interviews und ein Making Of. Text: Patrick Heidmann
Im Angesicht des Verbrechens
(MFA) Regisseur Dominik Graf hat mit „Im Angesicht des Verbrechens“ eine Seltenheit geschaffen: Die zehnteilige Serie über den Polizisten Marek und die Machenschaften der Russenmafia in Berlin ist eine wahre Perle der Fernsehunterhaltung. Spannend erzählt, grandios besetzt und mit einem etwas dunkleren Berlin-Bild sowie einem hohen Suchtfaktor beweist die Serie, dass man nicht immer nur nach den USA schielen muss, um sich episodenhaft sehr gut unterhalten zu fühlen. Intelligent, packend und qualitativ hochwertig, auch das kann eine deutsche Serie sein. Dafür gab es zu Recht den Fernsehpreis 2010. Text: Cornelis Hähnel
Lügen macht erfinderisch
(Universal) Komiker Ricky Gervais hat sich in seinem Hollywood-Regiedebüt eine Gesellschaft ausgemalt,
in der es das Lügen nicht gibt – und dieses erst von ihm erfunden wird. Diese Grundidee kostet „Lügen macht erfinderisch“ vor allem im ersten Drittel aus, bevor sich das Konzept zunehmend verbraucht und der nötige satirische Kick ausbleibt. So bietet der Film zwar durchaus amüsante Unterhaltung – inklusive einiger lustiger Gervais-Bonushappen. Insgesamt aber verblasst das Ganze vor dem bisherigen Schaffen des Meisters der tragikomischen Cringe-Comedy. Text: Sascha Rettig
Neukölln Unlimited
(Gmfilms/Goodmovies/Indigo) Neukölln ist die Heimat der aus dem Libanon stammenden Geschwister Hassan, Lial und Maradona. Vor vier Jahren wurden sie zum ersten Mal abgeschoben, seit ihrer Rückkehr nach Berlin droht ihnen dieses Schicksal erneut. Zwischen Behördengängen und kreativem Output
BEST OF THE REST Mal wieder sprengt die Menge spannender Veröffentlichungen jeglichen Platz auf diesen Seiten, aber auf ein paar neue DVDs und Blu-rays müssen wir unbedingt noch hinweisen. So gibt es zum Beispiel den lange verkannten Klassiker „Fantasia“ (Walt Disney) in einer hübsch aufpolierten längeren Fassung mit reichlich Bonusmaterial. Genau das Richtige für alle, die neulich mit „Duell der Magier“ nichts anfangen konnten. Und passend zu all den Veganismus- und Bio-Diskussionen empfiehlt sich die nicht unbedingt leicht verdauliche, für den Oscar nominierte Doku „Food Inc.“ (Sunfilm). Jubilieren dürfen die Fans von Susan Sarandon, denn gleich zwei ihrer Filme, die es leider nicht ins Kino geschafft haben, sind nun endlich erhältlich: das Familiendrama „Zeit der Trauer“ (Universum) mit Pierce Brosnan und Carey Mulligan sowie der sehr spezielle Thriller „Peacock“ (Kinowelt), in dem auch Cillian Murphy und Ellen Page glänzen. Famos ist sie natürlich in beiden! Ebenfalls nicht im Kino zu sehen war sträflicherweise „My Son My Son What Have Ye Done“ (Kinowelt) von Regisseur Werner Herzog und Produzent David Lynch, ein eigenwillig-experimenteller Amok-Thriller mit großartigen Schauspielern wie Michael Shannon, Willem Dafoe und Chloe Sevigny. Sehr viel leichfüßiger, aber auch entdeckenswert, ist unterdessen „Gentlemen Broncos“ (20th Century Fox), eine ebenso schräge wie verspielte Indie-Komödie. Nicht zu vergessen natürlich das Thema TV-Serien. Pünktlich zum Vor-Weihnachtsgeschäft seien besonders empfohlen: die starke dritte Staffel von „Damages“ (Sony) mit der hervorragenden Glenn Close sowie die jeweils ersten Staffeln der herausragenden Krimi-Drama-Serie „The Wire“ (Warner), der eigenwilligen Sitcom „Lass es, Larry“ (Warner) und der HBO-Produktion „Hung“ (Warner).
Text: Patrick Heidmann
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versuchen die Geschwister ihr Leben zu meistern. „Neukölln Unlimited“ präsentiert sich nicht als sozialpor nog raphische Prekariats-Novela, sondern erzählt ehrlich und temporeich vom Zusammenhalt einer Familie. Dabei wird nicht das trübe Bild einer No-Go-Area geschürt, sondern auf die spürbare Energie der Protagonisten vertraut. Ein Kleinod aus dem Herzen Berlins. Text: Cornelis Hähnel (20th Century Fox) Keine Frage: als Meilenstein wird diese Quasi-Fortsetzung des Achtziger-Hits nicht in die Kinogeschichte eingehen. Aber verglichen mit aktuellen HorrorNeuauflagen wie „Nightmare on Elm Street“ und vor allem den „Alien vs. Predator“-Debakeln macht sich die von Robert Rodriguez verantwortete Geschichte über einige Söldner, die sich auf einem fremden Planeten mit den Predator-Monstern herumschlagen müssen, ziemlich gut. Denn neben Adrien Brody hat sie auch eine beträchtliche Portion Spannung und ein Quäntchen Selbstironie zu bieten. Zum Bonusmaterial gehören unter anderem ein Audiokommentar, Prequel-Comics und Featurettes. Text: Patrick Heidmann
Repo Men
(Universal) The Union ist beim Handel mit künstlichen Organen der Konzern der Zukunft. Lässt ein Kunde eine der horrenden Raten für sein bereits verpflanztes Organ aus, kommen Repo-Men und holen es zurück: direkt, ohne Betäubung. Einer von ihnen (Jude Law) wird unfreiwillig zum Schuldner, sein Ex-Partner (Forest Whitaker) ist auf ihn angesetzt. Fast alle Nebenfiguren des Films sind öde oder flach und die Story irgendwie unausgegoren, aber das nur leicht futuristische Setting sieht ganz schick aus und die sehr derbe Action ist ordentlich. Als Bonus gibt’s entfallene Szenen, einen Audiokommentar und mehr. Text: Christian Stein
The Rocky Horror Picture Show
(20th Century Fox) Mit Reis, Zeitung und Wasserpistole wird die „Rocky Horror Picture Show“ auch nach 35 Jahren von Fans immer noch rituell zelebriert und gehört zu den Werken, die das überstrapazierte Label „Kultfilm“ wirklich verdienen. Zum Jubiläum kann man erstmals in einer polierten Version auch auf Blu-ray verfolgen, wie der irre Frank N. Furter im Mieder durch die grelle Science-Fiction-Horror-Rock-Travestie stöckelt – unter anderem mit Susan Sarandon und Meat Loaf im Schlepptau. Die Special Edition bietet eine Flut an Bonusmaterial, darunter Behind-the-Scenes, verschiedene Filmfassungen und interaktive Features wie dem „Rocky-oke“. Text: Sascha Rettig
Schwerkraft
(EuroVideo) Ein Kunde erschießt sich vor den Augen des Bankangestellten Frederik (Fabian Hinrich), dessen Leben sich von diesem Moment an schlagartig ändert. Zwar arbeitet er weiterhin in der Bank, doch er bricht auch bei seinem Chef ein, rebelliert gegen das bestehende Wertesystem und startet gemeinsam mit seinem alten Schulfreund Vince (Jürgen Vogel) eine
Sin Nombre
(Prokino/ EuroVideo) Ein Mitglied der mexikanischen „Mara“ bricht mit der Gang und muss fliehen. Eine junge Honduranerin hofft auf eine bessere Zukunft als illegale Einwanderin in den USA. Mit hunderten anderer Flüchtlinge treffen sich beide auf den Waggon-Dächern der Güterzüge gen Norden, ihr Schicksal so vorgezeichnet wie der Verlauf der Gleise. Das Spielfilm-Regiedebüt Cary Fukunagas ist voller spektakulärer Bilder und ein treffender, gekonnt erzählter Film über die Zwänge von Armut und Gewalt. Die DVD enthält zwei Interviews mit Fukunaga, dessen mehrfach ausgezeichneten Kurzfilm „Victoria para Chino“ sowie unveröffentlichte Szenen. Text: Christian Stein
The Crazies
(Kinowelt) Nach dem Absturz eines Militärfliegers ist es in einer US-Kleinstadt aus mit der Idylle. Ein Biovirus sickert ins Grundwasser und verwandelt die Einwohner in Killer. Während die Regierung den Ort unter Quarantäne stellt, suchen Sheriff Dutton (Timothy Olyphant) und seine schwangere Frau (Radha Mitchell) nach einem Ausweg. An Relevanz hat das Seuchen-Thema seit George A. Romeros Original aus den Siebzigern nichts verloren, und auch wenn der Film von Breck Eisner nur solide (also um Längen besser als „Sahara“) ist, überzeugt er mit Spannung. Als Extras gibt es ein Making Of, Probeaufnahmen, diverse Featurettes, und einen Audiokommentar. Text: Elisabeth Nagy
The Runaways
(Capelight/Universum) „The Runaways“ waren die erste weibliche TeenieRock-Band im L.A. der Siebziger, „Cherry Bomb“ ihr größter Hit. Basierend auf den Erinnerungen von Sängerin Cherie Currie entstand ein atmosphärischer, bisweilen distanzierter, gänzlich ungestellter Coming-of-AgeMusikfilm, dessen authentischer Look ebenso begeistert wie seine Besetzung: Als rebellische Rock’n’Rollerinnen agieren die „Twilight“ Stars Kristen Stewart und Dakota Fanning, Michael Shannon brilliert in der Rolle des exzentrischen Produzenten. Die DVD beglückt mit reichlich Bonusmaterial, unter anderem einem Audiokommentar der Stars und Joan Jett. Text: Kathleen Prüstel
Vincent will Meer
(Constantin/Highlight/Paramount) Vincent (Florian David Fitz) leidet am TouretteSyndrom. Nach dem Tod seiner Mutter kommt er ins Pflegeheim, wo er den Zwangsneurotiker Alexander (Johannes Allmayer) und die magersüchtige Marie (Karoline Herfurth) kennen lernt. Gemeinsam
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zaOza Download-Tipp Berlin Calling
Auch zwei Jahre nach dem Kinostart hält die Begeisterung für diesen Überraschungserfolg an, der immer noch der beste Berlin-Film seit langem ist. Das Musik- und Großstadtporträt, mit dem Regisseur Hannes Stöhr sowohl der deutschen Hauptstadt als auch seinem Hauptdarsteller Paul Kalkbrenner ein Denkmal setzt, lohnt auch beim zweiten oder dritten Ansehen. Denn die Geschichte vom (fiktiven) Techno-DJ und -Produzenten Martin Karow, der nach einem fatalen Drogentrip in der Klinik landet, kann neben dem überzeud genden Schauspieldebütanten Kalkbrenner auch mit der großen Corinna Harfouch im Ensemble und natürlich „Sky and Sand“ aufwarten. adtipps n lo ow
Predators
Einbruchserie – und zwar bei den Bankkunden, die er tagsüber bedient. Gewalt und Kriminalität bestimmen Frederiks Leben, und dieser Lebenswandel bringt naturgemäß Probleme mit sich. Ein ungewöhnliches, aber intensives und packendes Drama um einen Max Mustermann, bei dem eines Tages die Sicherungen durchbrennen. Ein deutsches „Falling Down“, das als Extra leider nur ein Making Of zu bieten hat. Text: Daniel Schieferdecker
KINO DVD
Text: Patrick Heidmann
Filmtipp November 2010 zum Download unter zaOza.de/sallys
Win a Lot Auch in diesem Monat könnt Ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und Eurem Wunschtitel (Ggf. Altersnachweis nicht vergessen). Zu gewinnen gibt es: 2x Same Same But Different + Blu-ray, 5x Schwerkraft, 3x Harry Brown + 3 Blu-rays, 3x I Love You Phillip Morris + Blu-ray, 3x Sin Nombre + Blu-ray, 3x Walhalla Rising + Poster, 3x Going Postal + Hörbuch, 3x Vincent will Meer, 3x Food Inc., 3x Predators, 3x Eine Karte der Klänge von Tokio, 3x Neukölln Unlimited, 3x Im Angesicht des Verbrechens, 3x Damages 3. Staffel, 3x Peacock, 2x When You’re Strange + Blu-ray & 3x Soundtrack, 2x Die Schöne und das Biest + Blu-ray, 2x Fantasia + Bluray, 2x My Son My Son What Have Ye Done + Blu-ray, 2x The Crazies + Bluray, 2x The Runaways + Blu-ray, 2x Blu-ray The Rocky Horror Picture Show, 2x Auftrag Rache, 2x Lügen macht erfinderisch, 2x Repo Men, 2x Gentlemen Broncos sowie 2x Zeit der Trauer. Außerdem verlosen wir pünktlich zum Kinostart von „Die kommenden Jahre“ 3x Taschen und Kalender, zu „R.E.D.“ 3x die Graphic Novel und das Filmplakat, zu „Buried“ 3x2 Freikarten sowie ZippoFeuerzeuge und zu „Bon Appetit“ 5x2 Freikarten.
flüchten die drei – doch die Heimleiterin und Vincents Vater sind ihnen auf den Fersen. Eine tolle Tragikomödie mit Road-MovieEinschlag, die sich durch unvorhersehbare Wendungen, Situationskomik, tolle Darsteller, unterhaltsame Dialoge und einen unverkrampften Umgang mit Tourette angenehm von ähnlichen Werken abhebt. Als Extras winken Making Of, Interviews, Deleted Scenes und ein Blick hinter die Kulissen. Text: Daniel Schieferdecker
Walhalla Rising
(Sunfilm) In der rauen und kargen Natur des 11. Jahrhunderts folgt der stumme und im Kampf unbesiegbare „Einauge“ seiner Bestimmung. Mads Mikkelsen beeindruckt mit seiner Darstellung dieser faszinierenden Figur in einem seltsamen, aber visuell großartigen Film von Nicolas Winding Refn. Tier, Krieger, Gott, Mensch – Einauge bleibt ungreifbar,
Weitere DVD-Besprechungen findet ihr auf sallys.net
und das wird in starke Bilder verpackt. Dank eben jener und der Filmmusik fesselt die einfach gehaltene, vieldeutige Story unbedingt. Eine Trailershow, der originale Kino-Trailer sowie ein Interview mit Regisseur und Hauptdarsteller sind die Extras der DVD. Text: Christian Stein
The Doors – When You´re Strange
(Kinowelt) The Doors: wild, düster, freigeistig, unverwechselbar. Jim Morrison zelebrierte verstörende Texte und stieß mit seinen Exzessen das mittelständische Amerika vor den Kopf. Es gibt zahlreiche Konzertaufnahmen, doch Regisseur Tom DiCillo grub für seinen ersten Dokumentarfilm tiefer und zeigt uns Originalmaterial, Interviews und auch einen Kurzfilm von und mit Morrison. Als Off-Erzähler gewann er Johnny Depp. The Doors haben an Anziehungskraft nichts verloren, soviel ist sicher. Als Extra gibt es neben einem Interview mit dem Regisseur auch eines mit dem von Morrison verleugneten Vater und seiner Schwester. Text: Elisabeth Nagy
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COMPUTERSPIELE
unclesally*s magazine
DUELL DER FUSSBALL GIGANTEN:
FIFA 11 vs. PES 2011
Jedes Jahr im Herbst treffen die neuen Versionen von „FIFA“ und „Pro Evolution Soccer“ aufeinander, jedes Mal endet das Duell zwischen den beiden Platzhirschen auf dem virtuellen Rasen denkbar knapp. Wir haben auch dieses Jahr Lizenzen, Modi, Bedienung und Spielspaß verglichen - und nach dem Abpfiff einen überraschend klaren Sieger ermittelt. René Adler - neben Özil das FIFA-Testimonial in diesem Jahr
LIZENZEN „FIFA“ ist und bleibt der Krösus in Sachen Lizenzen. Mehr Original-Teams, Spieler, Stadien und Ligen hat kein anderes Fußballspiel zu bieten - wer die erste und zweite Bundesliga, aber auch unzählige internationale Wettbewerbe und Pokalspiele mit den berühmtesten Teams erleben will, bekommt sie in „FIFA11“ erneut geboten.
PES 2011
„Pro Evolution Soccer 2011“ hat da wie gewohnt das Nachsehen: Konami hat zwar einige Nationalteams im Spiel, zudem gibt es den europäischen Top-Wettbewerb Champions League mit Teams wie Bayern München. Im Vergleich zu „FIFA“ ist das trotzdem nur Amateur-Niveau.
FIFA 11
BEDIENUNG
MODI
Die Entwickler beider Spiele haben es sich zum Ziel gesetzt, vor allem das Pass-System noch realistischer zu gestalten. Bei Konami hat das zur Folge, dass dank neuer Ausdauer- und Kraft-Balken nicht nur die Richtung, sondern auch die Stärke des Passes noch perfekter dosiert werden können. Electronic Arts hingegen belässt es nicht nur bei einer Überarbeitung der Pässe, sondern bringt die Persönlichkeit des jeweiligen Kickers mit ein. Ein schneller Flügelstürmer etwa hat größere Chancen, den Abwehrspieler zu überlisten, ein grobschlächtiger Verteidiger hingegen bleibt beim Offensiv-Vorstoß gerne mal hängen - ganz wie im richtigen Leben.
Bei den Spielmodi nehmen sich beide Titel kaum etwas. Zwar hat Electronic Arts auf Grund der Mehrzahl an Wettbewerben und Teams ein wenig die Nase vorn, grundsätzliche Optionen wie schnelles Spiel, Turnier, ganze Saison, Karriere- oder kleiner Management-Ausflug sowie diverse Online-Möglichkeiten werden von beiden beherrscht. Auch die Option, einen einzelnen Spieler herauszupicken und mit ihm alleine alle Titel zu gewinnen, ist den Konkurrenten gemein.
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COMPUTERSPIELE
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Der Schlüssel zum Sieg Wenn man früher im Sportunterricht gewinnen wollte, musste man dafür sorgen, dass die Vollnieten im gegnerischen Team landen. Ein Genuss für jeden Fan: sehr detailgenaue Wiedergabe der Stars
PES 2011
SPIELABLAUF
PRÄSENTATION
Schnelle Passstafetten, Zeitspiel bei knapper Führung kurz vor Schluss, unglückliche Lattentreffer - bei Unberechenbarkeit und realistischem Spielablauf sind die Konkurrenten gleichwertig. Die Ballphysik mag bei Konami noch etwas mehr dem Verhalten auf dem echten Grün entsprechen, insgesamt sind hier Unterschiede aber nur mit der Lupe zu finden. Profis finden in beiden Fällen eine große Herausforderung mit unzähligen Möglichkeiten - da ist es nur noch Geschmackssache, was einem besser gefällt.
Hier kann Electronic Arts einen ungefährdeten Sieg einfahren: Bessere Sounds und neue Spielkommentare sorgen für deutlich mehr Atmosphäre, Stadien, Rasen und Spieler wirken viel besser inszeniert - wenn auch manchmal etwas zu bunt im Gegensatz zum auf blassere, aber auch realistischere Farben setzenden „PES“. Konami hat im direkten Gegensatz das vergangene Jahr kaum für Veränderungen genutzt - optisch ist das eher Bielefeld als Madrid. In beiden Spielen der deutsche „Vorzeigespieler“: Mesut Özil
PES 2011
FIFA 11
Einmal mehr sind sowohl „FIFA11“ als auch „Pro Evolution Soccer 2011“ herausragende Fußballspiele geworden - Anhänger der jeweiligen Reihe werden auch diesmal genügend Gründe finden, warum „ihr“ Spiel dieses Jahr wieder den Sieg verdient hat. Konami bringt sich allerdings auf Grund der nur marginalen Änderungen wie dem überarbeiteten Pass-System selbst ins Hintertreffen – „FIFA11“ wirkt frischer, umfangreicher und dynamischer, zudem stellt es für Neueinsteiger weiterhin die erste Wahl dar, ohne Profis je zu unterfordern. EA darf jubeln, Konami muss nochmal ins Trainingslager. Wer sich also unsicher ist, trifft mit „FIFA11“ - zumindest in diesem Jahr – wohl die bessere Wahl. FIFA 11
PES 2011
Genre: Fußball-Simulation
Genre: Fußball-Simulation
Publisher: Electronic Arts Plattform: PC, Xbox360, PS2+3, DS, PSP, iPhone
Publisher: Konami Plattform: PC, Xbox360, PS3, PSP, Wii
Im Prinzip wurde der Ausgang des Spiels schon bei der Teamzusammensetzung entschieden. Das ist heutzutage nicht anders. Nur spielen wir nicht mehr in Turnhallen, sondern online. Da fehlt es einem aber leider an Informationen über die Mitspieler. In der Schule konnte man auf den ersten Blick sehen, wer von der körperlichen Konstitution her für Ballsportarten eher ungeeignet ist. In der Onlinelobby hat man aber keine Informationen über die Anwesenden. Wie soll man so vor dem Start bereits die Versager ausfindig machen und meiden? Es gibt eine Möglichkeit: Die Nicknames: Der selbst gewählte Name ist das einzige, was einem Aufschluss über die Person dahinter geben kann. Ich lehne es deshalb beispielsweise ab, mit sehr jungen Menschen zu spielen. Sehr junge Menschen werden online „Kiddies“ genannt. Das ist abwertend gemeint. Jeder Mensch wird egoistisch geboren und muss Sozialverhalten erst erlernen. Dieser Lernprozess ist bei „Kiddies“ meist noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus sind sie entweder viel zu gut, werden dann hochnäsig und geben anmaßende Kommandos. Oder sie sind viel zu schlecht und verhindern dadurch meinen Sieg. Es gibt aber eine Möglichkeit, „Kiddies“ zu identifizieren: Einfach auf Zahlen am Ende des Nicknames achten. Das ist nämlich in der Regel das Geburtsjahr. Alles über 90 ist zu hoch. Außerdem benennen sich Menschen gerne nach Dingen, die sie cool finden. Jetzt muss man nur noch abgleichen, ob man diesen Geschmack teilt. Jemand der „UltimateDestroyer“ heißt, scheidet aus. Ganz wichtig auch: Niemals mit Leuten im Team spielen, die „xX“ vor und Zahlen statt Buchstaben im Namen haben. Wie „xXk1Ll3rb0mBXx“. Beherzigt man diese Tipps, steigt die Chance, im Gewinnerteam zu landen, erheblich. Leider funktioniert das bei mir meistens nicht. Die Leute wollen irgendwie nicht mit mir in einem Team sein. Ein Gefühl, das ich noch aus der Schule kenne. Nils Bomhoff ist Redakteur bei GameOne, wäre aber als Kind lieber Fußballprofi geworden. Leider war er zu schlecht.
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COMPUTERSPIELE
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God Of War: Ghost Of Sparta Für PlayStation Portable
Kratos ist zurück - im Hosentaschenformat: Im neuen God of War: Ghost of Sparta tritt der toughe Action-Held erneut auf Sonys PSP an - und beweist eindrucksvoll, wie umfangreich und technisch brilliant ein Handheld-Spiel sein kann. Wer Kratos tatsächlich noch nicht kennen sollte, dem sei gesagt: Es gibt in der Videospielwelt nur wenig vergleichbare Typen, die einerseits so cool mit jeder Herausforderung umgehen, sich andererseits aber auch derart erbarmungslos durch Horden von Gegnern schnetzeln. Und an Kontrahenten mangelt es auch diesmal wieder nicht. Ghost of Sparta setzt dabei thematisch direkt nach dem allersten God of WarSpiel ein, das seinerzeit noch auf der Playstation2 erschien. Es geht um den Aufstieg von Kratos zum Kriegsgott, viele ungeklärte Fragen der früheren Spiele werden hier aufgelöst - etwa der Urpsrung der quälenden Alpträume, die Kratos erleiden muss, sowie die Reise in mehrere bereits verloren geglaubte Welten. God of War-Neulinge müssen sich aber keine Sorgen machen, wenn sie die Vorgänger nicht kennen: Ghost of Sparta funktioniert auch als Einstiegsdroge wunderbar. Wer erstmal angefangen hat, sich in dieser mysteriösen Fantasywelt mit zahlreichen Anlehnungen an die griechische Mytho-
logie durch die beeindruckenden Level zu kämpfen und den Einsatz der mächtigen Chaosklingen beherrscht, kommt von diesem Spiel so schnell nicht los. Zahllose Monster, Legionen untoter Soldaten und ebenso gefährliche wie atemberaubende Schlachtplätze warten darauf, erkundet und besiegt zu werden. Und wie es sich für ein God of War-Spiel gehört, ist einmal mehr nicht nur das Gameplay, sondern auch die Technik eine Klasse für sich: Optik, Sounds, A n i mat ionen, aber auch der gigantische Spielumfang setzen auf der PSP neue Maßstäbe - ganz so, wie es sich für einen berühmt-berüchtigten Charakter wie Kratos und eine so durchgängig gelungene Reihe wie die God of War-Serie gehört. Text: Tito Wiesner
GOD OF WAR Genre: Action Publisher: Sony PlayStation Plattform: PSP
Die ultimative unclesally*s-Playlist zum God of War-Zocken... Slayer – Raining Blood Iron Maiden – The Number Of The Beast Metallica - Justice For All Megadeth - Symphony Of Destruction Pantera – Cowboys From Hell Manowar – Battle Hymn Motörhead – Marching Off To War Kataklysm – What We Endure Mötley Crüe - Shout At The Devil Black Sabbath - War Pigs Slipknot – Before I Forget Avenged Sevenfold - Beast And The Harlot Dead Kennedys - Holiday In Cambodia Welcome To The Jungle – Guns N' Roses Buzzcocks - What Do I Get Bad Brains – Sailin' On Iggy Pop - Search And Destroy Airbourne - Too Much, Too Young, Too Fast Dinosaur Jr - Feel The Pain Filter - Hey Man, Nice Shot System Of A Down - B.Y.O.B. 30 Seconds To Mars - The Kill
Wir verlosen 3x God of War: Ghost of Sparta (PSP) sowie 3x das Buch „Die Mythologie der Griechen“ (von Karl Kerény). Mail oder Postkarte an die Redaktion. Stichwort: Sparta!
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Fable 3
FuSSball Manager 11
Just Dance 2
Im realen Leben sind seit dem Erscheinen von „Fable 2“ gerade mal zwei Jahre vergangen, im Fantasy-Reich Albion dafür mehr als 50 - und schon wieder schickt sich ein böser Herrscher an, das Volk dort zu knechten. Warum sollte man als Spieler da schon wieder hin, um den Bösewicht zu entmachten? Ganz einfach: Nach den ersten erfolgreichen Spielstunden steigt der Spieler selbst zum König auf - und gebietet plötzlich über eine riesige Welt. Da darf dann jeder seine wahre Seele zeigen: Herzensgute Zocker bauen ihren Helden zum gutmütigen Edelmann aus, sadistische Naturen nutzen das Action-Rollenspiel hingegen, um jetzt selbst Angst und Schrecken über die Welt zu bringen und das Fantasy-Reich in ewige Dunkelheit zu stoßen. Ein Kauf von „Fable 3“ lohnt also durchaus - wer kann bei so viel Macht schon nein sagen?
Schafft Mainz tatsächlich die Sensation und holt die Deutsche Meisterschaft? Wer die Antwort auf diese Frage nicht dem Zufall überlassen will, kann auch in diesem Jahr wieder zum „Fußball Manager“ greifen und seine eigene Lieblingsmannschaft zum Titel führen. Wie in den Vorjahren auch darf jede noch so kleine Entscheidung - von Trainingsmethoden über Trikotsponsor bis Stadionausbau und Presse-Interviews - selbst getroffen werden, in einigen Bereichen wurden die Möglichketen sogar noch erweitert: Der Transfermarkt ist umfangreicher denn je, die neuen Taktik-Menüs erlauben zudem die Bestimmung jedes einzelnen Spielzugs - von der Spieleröffnung bis zur Länge der Eckbälle. Einzig die 3D-Engine während der Spiele ist die altbekannte - aber irgendetwas muss ja auch im nächsten Jahr noch verbessert werden können.
Don’t Stop The Dance: Nachdem sich das erste „Just Dance“-Spiel mehr als drei Millionen Mal verkaufte, legt Ubisoft jetzt den Nachfolger vor - und hat erfreulicherweise im Gegensatz zu anderen Musikspiel-Fortsetzungen nicht nur neue Songs (etwa von Rihanna, Kesha und The Jackson 5) integriert, sondern auch das Gameplay aufgebohrt. Immer noch wird via Wiimote überprüft, ob der Spieler die richtigen Schritte und Moves vor dem TV macht, der Schwierigkeitsgrad hat aber deutlich angezogen - was vor allem die Tanzwettbewerbe zu einem noch schweißtreibenderen Vergnügen machen. Und wer unbedingt mitsingen will, darf das auch - alle Songs sind mit Untertiteln versehen. Bringt zwar keine Punkte - aber lenkt die anwesenden Freunde im Idealfall zumindest von den noch ungelenken ersten Tanzschritten ab.
Genre: Action-Rollenspiel
Genre: Sport/Wirtschaftssimulation
Genre: Tanzspiel
Publisher: Microsoft Plattform: Xbox360
Publisher: Electronic Arts Plattform: PC
Publisher: Ubisoft Plattform: Wii
Text: Tito Wiesner
Text: Tito Wiesner
Text: Tito Wiesner
A New Beginning
NBA 2K11
Globale Erwärmung und erneuerbare Energien sind normalerweise keine Themen, die nach spannender Unterhaltung klingen.
Die Achtziger- und Neunzigerjahre werden Fans der nordamerikanischen NBA wohl ewig in Erinnerung bleiben, vor allem dank „Hir Airness“.
Trotzdem gelingt den Entwicklern von Daedalic mit „A New Beginning“ das Kunststück, in einem klassischen Adventure Umweltbewusstsein und Klimakatastrophe zu thematisieren - und dabei richtig viel Spaß zu machen. Der Ingenieur Bent erwartet nichts mehr vom Leben. Jahrzehntelang hat er sich vergeblich der Erforschung alternativer Energien gewidmet, bis ein schwerer Schicksalsschlag ihn zu einem einsamen Mann machte. So richtig glauben kann er es daher nicht, als eines Tages eine junge Frau vor ihm steht - und ihm erklärt, dass sie aus der Zukunft kommt und Bent die letzte Chance ist, die Zerstörung der Erde zu verhindern. Was folgt, ist ein guter Kompromiss aus Endzeitszenario, Informationsgehalt und Spielspaß. Zu zweit müssen die beiden Rätsel lösen, zahlreiche Orte bereisen, Gespräche führen, einen bösen Atomkonzern in die Knie zwingen und unser aller Zukunft retten. Trotz einiger verschrobener Rätsel sinkt die Motivationskurve kaum - dafür sind Atmosphäre und Charaktere zu überzeugend. Und wenn man sich beim Zocken ganz nebenbei noch ein paar Gedanken über unser Genre: Adventure aller verschwenderischen Umgang mit Ressourcen macht, ist das ja auch nicht Publisher: Deaddalic der schlechteste Nebeneffekt... Plattform: PC
Text: Tito Wiesner
Genau den haben 2K jetzt für ihr neues Spiel lizenziert. Michael Jordan steht natürlich über allen. Aber auch Magic Johnson, Larry Bird oder Clyde Drexler sind Namen, bei denen Korbjäger ins Schwärmen geraten - und dank Original-Lizenz trifft man sie in nachspielbaren legendären Partien der Vergangenheit hier alle wieder. Aber „NBA 2K11“ lebt nicht nur von den großen Namen, sondern setzt auch spielerisch Maßstäbe. Das Programm simuliert den Alltag der NBA bis ins letzte Detail realitätsnah. Klassische Spielmodi wie den Franchise-Modus oder das All-Star-Game gibt es ebenso wie die Mein-Spieler-Option - hier wird ein virtueller Athlet erstellt und in Trainingspartien und Challenges immer weiter verbessert. In den Spielpausen bietet „NBA 2K11“ Entertainment wie im Fernsehen, Cheerleader, Original-Jingles und Highlight-Zusammenschnitte inklusive; die Liebe zum Detail ist hier in jedem Moment spürbar. Anders gesagt: „NBA 2K11“ ist ein wahr gewordener Videospieltraum für jeden NBA-Fan Genre: Sport - besser wurde dieser Sport bisher einfach nicht ins heimische WohnPublisher: 2K Games zimmer gebracht. Plattform: Xbox360, PS3
Text: Tito Wiesner
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MUSIK STORIES
unclesally*s magazine
OLAF HEINE
Ich liebe dich Schatz - aber ich hab’ mich für den Rock’n’Roll entschieden! Olaf Heine. 32 Jahre alt. Weltenbürger. Pop-Fotograf. Und seit einigen Wochen stolzer Vater eines schweren Buches, auf dessen Umschlag in großen Lettern sein Name steht. Würde man an dieser Stelle die Liste der Berühmtheiten abdrucken, die der im Berliner Exil lebende Hannoveraner schon vor der Kamera still stehen lassen hat, wäre dies der letzte Satz in dieser Story. Der Rest wären Namen. Schillernde Namen aus Musik, Sport, Literatur und Film. Pop-Ikonen, Sterne, Sternchen, Helden an sechs Saiten, Helden unserer Jugend und Helden unseres letzten Sommers. Jetzt zwang sich Olaf Heine zum zweiten Mal in seiner Karriere zu Fleißarbeit, sortierte die Fotografien der letzten Jahre und komponierte daraus einen beeindruckenden Bildband. Entstanden ist dabei das Scrapbook eines Mannes, der in 15 Jahren Rock-Musik nicht nur Pferde kotzen sehen hat. Dein zweites Buch! War es diesmal einfacher als das erste Mal? Das zweite Buch ist wie die zweite Platte. Du bist routinierter, aber es ist auch viel mehr Arbeit. Für das erste Album hast du dein ganzes Leben lang Zeit. Das ist immer ein Best Of-Album. Die zweite Platte musst du dir erarbeiten. In meinem zweiten Buch steckt viel mehr von mir drin. Es soll etwas davon zeigen, was ich in 15 Jahren Rock’n’Roll erlebt habe. Es ist ein Journal, ein Tagebuch. Zumindest versucht es das. Der Titel des Buches zitiert eines deiner Bilder. Ein Foto von einer Mauer, auf die jemand „I love you but I’ve chosen Rock“ gesprayt hat. Siehst du dich so? Erst mal zeichnet dieser Titel ein Bild davon, wie ich junge Musiker sehe. Wenn du 20 bist, machst du alles, um Musik zu machen. Im Zweifelsfalle bleiben deine Lieben, dei-
ne Freunde und dein Partner dabei auf der Strecke. „Tschüss. Tut mir leid, ich muss zum Rock’n’Roll“ - und weg bist du! Bei mir war das genauso. Ich hatte zwar keine Gitarre, aber ich hatte einen Fotoapparat. Ich bin nach Berlin gegangen, auf Tour gewesen und habe alles mitgenommen, was ging. Dabei habe ich aber auch viel zurückgelassen. Der Vorteil dabei Prominente zu fotografieren ist: Man hat immer jemanden, der sich für deine Bilder interessiert. Der Nachteil ist: Die sind schon 3.000 Mal fotografiert worden! Wenn du mit Snoop oder Iggy Pop arbeitest, ist deren Image bereits festgelegt. Der Betrachter hat eine ziemlich genaue Vorstellung von diesem Menschen, und auch du als Fotograf hast bereits Bilder im Kopf. Die musst du erstmal rausbekommen! Und dann versuchst du, einen Weg zu finden, wie man demjenigen eine neue Seite offenbart. Ich versuche nicht, die Künstler so zu zeigen, wie sie sind. Ich versuche, sie so zu zeigen, wie sie AUCH sind. Eventuell eine andere Seite zu entdecken. Fotografie ist für mich keine Abbildung der Realität. Fotografie verfälscht! Ist das die einzige Hürde, die du nehmen musst? Leider nicht. Da wäre als erstes das Zeitproblem. Oft entstehen diese Sessions unter enormen Zeitdruck. Manchmal hast du nur 30 Minuten zwischen zwei Interviews im Hotelzimmer. Oder schlimmer noch, zwischen zwei Foto-Sessions! Dann ist derjenige vielleicht mit dem Kopf ganz woanders. Zu Hause. Im Stress. Noch beim letzten Interview. Fotografie ist ganz viel Kommunikation und Einfühlungsvermögen. Dann kannst du natürlich auch nicht mit ganz abwegigen Ideen kommen. Wenn du für ein Magazin arbeitest oder ein Plattencover foto-
grafierst, sind da neben dem Künstler so viele Menschen an der Entscheidung beteiligt, was nachher genommen wird, dass du schon im Vorfeld genau wissen musst, was du vorhast. Wenn du DAS gut machst, dann hast du am Ende vielleicht ein schönes Foto von Snoop als Shaolin-Mönch. Oder eben nicht. Kommst es oft vor, dass man was vorbereitet und die Künstler dann nicht wollen? Sehr oft! Aber dann muss man kompromissbereit sein und auch nachgeben können. Ich bin kein Diktator. Im Gegenteil. Ich fotografiere Menschen, weil ich die Begegnung schätze und eine Auseinandersetzung ist ja immer die INTENSIVERE Begegnung. Deshalb fotografiere ich ja auch Künstler und keine bestellten Models - weil in diesem Diskurs Energie entsteht. Dann ist man spontan, arbeitet wirklich miteinander, entwickelt etwas, hangelt sich aneinander und reibt sich zum Ergebnis. Was dabei entsteht, ist oft viel befriedigender, als das, was man eigentlich geplant hatte. Ich weiß, das kling abgedroschen, aber der Weg ist das Ziel. Das ist so. Gibt es ein Bild in deinem Buch, von dem man sagen kann: Das Ergebnis ist besser, als die Idee, die du ursprünglich mitgebracht hattest? Nein. Aber wenn es so wäre, würde ich es auch nicht sagen. Ich räume meinem Gegenüber sehr viel Platz ein, nehme ihn ernst und führe ihn nicht vor. Die Leute wollen immer gerne die Geschichten hinter den Bildern hören. Die erzähle ich aber nicht. Auch Diskretion muss man können. Gehört zum Job! Text: Yessica Yeti
Fotos: Olaf Heine
Heimat: olafheine.com
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HÖR-/BÜCHER
unclesally*s magazine
DAS VOLLPLAYBACKTHEATER BLUT UND TIERE
Was verkauft sich immer? Also, außer Sex? Richtig: Verbrechen und Tiere! Das lernt jeder Journalistenschüler schon im ersten Jahr. Folglich ist es nicht schwer zu verstehen, dass „Die Drei ??? … und der Kapartenhund“ bis heute einer der beliebtesten Fälle des Detektivtrios ist. Schließlich hat Folge drei der Reihe mit Diebstahl, einem Bombenanschlag und dazu noch einer Lösegeldforderung nicht nur eine Menge Crime, sondern auch eine ganze Reihe Tiere zu bieten. Man denke neben dem titelgebenden Kristallvieh nur an Mr. Hassel, den Katzenmann, der gleich mit ein paar Dutzend Viechern seine Behausung teilt. Dazu noch eine Schippe Okkultismus (Spuk, Mandalas, leere dunkle Kirchen) und fertig ist der Bestseller. Damit war es also nur eine Frage der Zeit, bis sich das für seine liebevollen Adaptionen von Kindheitserinnerungen bekannte Vollplaybacktheater dieses Kassettenklassikers annahm. Dass sie bei MARK Z. DANIELEWSKI DAS HAUS
(WDR/Der Audio Verlag) Will Navidson hat sich verlaufen. Man weiß nur nicht, ob in seinem Geist oder doch nur in seinem Haus. Dort hat der Fotograf nämlich ein mysteriöses Labyrinth entdeckt, das den Rahmen des es umgebenden Gebäudes bei weitem sprengt und sich auch noch zunehmend verändert. Wer es betritt, verschwindet darin – so erzählt es der fiktive Dokumentarfilm „The Navidson Record“, von dem wiederum Mark Z. Danielewski in seinem im Original im Jahr 2000 erschienenen Experimentalroman „House of Leaves“ erzählt. Eine Art „Blair Witch Project“ auf Papier. Auf drei Ebenen zeichnete er Navidsons Film, dessen Analyse durch einen Filmwissenschaftler und das Schicksal eines Aushilfstätowierers nach, der beim Lesen von dessen Nachlass in den Wahnsinn abgleitet. Klingt verwirrend? Ist es. Vergangenes Jahr hat der WDR sich der Geschichte angenommen und daraus drei Hörcollagen gemacht, die er parallel
dem der Produktion vorauseilenden Schlachtruf „1 Hörspiel, 2 Stunden, 6 Schauspieler. Und mindestens 40 Rollen“ allerdings wieder mal ein wenig daran herum gedoktert haben, darf angenommen werden. Uns ist es recht. Waren ihre Bearbeitungen der Abenteuer von Justus, Peter und Bob doch stets ein Garant für zahllose Freudentränen. Deshalb ist es uns auch eine Ehre, euch einmal mehr die kommende Tour der Truppe aus Wuppertal präsentieren zu dürfen. Also kommt in Scharen, mehr Freude hattet ihr zuletzt auf eurem fünften Geburtstag. Garantiert. Text: Winnie Herzenberg Foto: Daniela Landwehr/diebildhauer.de Heimat: vollplaybacktheater.de
auf drei Radiosendern abspielte. Der Hörer sollte zwischen den Stationen wechseln und sich so sein eigenes Labyrinth bauen. Gleiches ist auch jetzt mit der beim Audio Verlag erschienene DVD „Das Haus“ möglich. Ob das Wechseln zwischen den Geschichten allerdings die Verwirrung und Beklemmung steigert, die die drei knackenden, rauschenden und gelegentlich schwer zu verstehenden Erzählstränge schon alleine erzeugen, oder ob es nicht lohnender ist, die drei hintereinander zu hören, muss jeder selbst für sich beantworten. In jedem Fall eine intensive, wenn auch anstrengende Erfahrung. (1 DVD / rund 3 x 54 Minuten plus Bonusmaterial) Text: Moritz Honert
H. P. LOVECRAFT BERGE DES WAHNSINNS
(Titania Medien/Lübbe Audio) Auf H.P. Lovecraft lastet „Der Fluch des Unverfilmbaren“. So betitelte Detlef Klewer mal einen Essay über den Horrorautor. Das Fazit: Filmadaptionen seiner Geschichten funktionieren nicht. Dieser Tage scheint es eher
Das Vollplaybacktheater präsentiert:
Die ??? und der Karpatenhund 19.1.Düsseldorf - Stahlwerk *** 20.1.Krefeld Kulturfabrik *** 21.1.Bonn - Brückenforum *** 22.1.Berlin - Huxleys *** 24.1.Bielefeld - Rudolf Oetker Halle *** 25.1.Hannover - Theater am Aegi *** 26.1.Oberhausen - Luise-AlbertzHalle *** 27.1. Mannheim - Alte Feuerwache *** 28.1.Trier - Europahalle *** 29.1.Mainz - Frankfurter Hof *** 10.2.Lingen - Theater an der Wilhelmshöhe *** 11.2.Aurich - Stadthalle *** 12.2.Siegen - Siegerland *** 13.2.Frankfurt Batschkapp *** 15.2.Würzburg - Posthalle *** 16.2.Karsruhe - Tollhaus *** 17.2.Stuttgart Theaterhaus *** 18.2.Augsburg - Reese-Theater *** 20.2.München - Muffathalle *** 21.2.Coburg - Kongresshaus Rosengarten *** 27.2. Schwabach - Markgrafensaal *** 28.2. Göttingen - Stadthalle *** im März geht´s weiter!!
ein Fluch des Unvertonbaren zu sein. Als Lesung okay, gehen Hörspieladaptionen von Stoffen des amerikanischen Autors mit Regelmäßigkeit in die Hose. Nachdem sich vor einigen Jahren bereits das Label Lauschrausch mit mäßigem Erfolg in die „Berge des Wahnsinns“ begab, wagt sich nun auch Titania Medien mit einer „Gruselkabinett“-Doppelfolge auf Expedition in die Antarktis. Technisch ist das alles schön und gut, die Sprecher ebenso, die Kürzungen mag man angesichts der Zielgruppe auch noch hinnehmen, aber schlussendlich scheitert dann auch dieser Versuch, Lovecraft als Dialogstück aufzuführen. Und das gleich zweifach. Denn „Berge des Wahnsinns“ ist weder gruselig, noch klingt es nach Lovecraft. Was vielleicht das grundsätzliche Problem offenbart. Auf eins verzichtet HPL beim Beschwören seines kosmischen Grauens nämlich fast vollständig: wörtliche Rede. (2 CDs/rund 120 Minuten) Text: Moritz Honert
SONST ERSCHIENEN Der Cliffhanger zur Jubiläumsfolge Nummer 30 bei „Point Whitmark“ (Folgenreich/Universal) endete dramatisch: Während Derek möglicherweise durch eine Explosion getötet wurde, fin-
den sich Tom und Jay gefangen auf einer alten Fregatte wieder. Und gemeinsam mit der Besatzung begeben sie sich im zweiten Teil von „Der Seelenkünder“ auf eine gefährliche Schatzsuche... Auf Schatzsuche sind auch Celik und Pelzer, das türkisch-deutsche Detektivduo der Reihe „Krimi International“ (Eichborn). Zumindest in der fünften „Der Nazischatz“ betitelten Episode ihrer nun sechs Folgen langen und von sieben Autoren erdachten Geschichte. Nach Italien geht es da, und zurück nach Köln. Davor waren sie schon in den Alpen, auf Amrum, danach geht es nochmal nach Berlin. Immer auf der Suche nach den Geheimnissen der womöglich gemeinsamen Familiengeschichte. Nicht unspannend. Wer nicht alle Teile hat, versteht allerdings häufig nur Bahnhof und die Erzählweise, bei der Vorleser Matthias Kiel immer wieder von Hilmi Sözer (Celik) und Lilia Lehner (Pelzer) unterbrochen wird, ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Text: Holger Muster, Moritz Honert
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COMIX
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Schund und Schmutz für eine bessere Welt Karl Nagel reitet wieder
Karl Nagel wollte es wissen. Nicht weniger als eine Art ultimativen Straßencomic hatte er im Sinn. Gedruckt auf Zeitungspapier, für schmales Geld verkauft, wollte er das Land mit Riesenauflagen seines Comicmagazins “Die! oder wir“ überschwemmen. Harte Geschichten, die knallhart und überzogen auf den Boden der Realität aufschlagen, sollten es sein. Über das Cover der ersten Ausgabe, auf dem ein vermummter Schüler seinen Lehrer abknallt, konnten nur wenige Leute lachen, zumal just um den Erscheinungstermin wieder ein unzufriedener Schüler mit der Waffe seines Vaters durch die Klassenräume marschierte. Als Folge nahmen die meisten Händler das Magazin aus dem Sortiment. Kurzzeitig drohte sogar eine Indizierung. Das Experiment war beendet, bevor es zeigen konnte, was eigentlich in ihm steckt. Nagels Gesundheit war im Eimer. Folglich schmiss er den Comickram hin und widmete sich der Musik. Mit seiner Band Kein Hass Da covert er nun in deutscher Sprache Songs der legendären Punk-
Thomas Gilke Leroy & Dexter
(Avant Verlag) Es gibt sie noch. Die kleinen Überraschungen im heimischen Comicsumpf. Sie sind allerdings schwer zu finden. Sehr schwer. Eigentlich benötigt man sogar ein Mikroskop. Denn im Comic-Nano-Bereich wohnen Leroy und Dexter, zwei seltsame mikroskopische Kopfwesen. Sie vertreiben sich die Zeit, indem sie allerlei Kurzweil mit Luftblasen treiben und sind ganz nebenbei auf der Suche nach dem Wesen der Dinge. Zumindest Leroy, dessen
Hardcore-Reggae-Kapelle Bad Brains. Parallel zu deren erster CD “Hirntrafo“ hat er nun doch wieder ein Comic produziert. Dieses enthält zahlreiche illustrierte Songtexte der Bad Brains sowie eine 32-seitige, von Vincent Burmeister gezeichnete Origingeschichte der Band Kein Hass Da. Erwerben kann man den Hardcover-Band über die Webseite, sowie auf den Live-Konzerten der Band. Wer dort seinen Blick über den Merchandise-Stand schweifen lässt, wird feststellen, dass klammheimlich und unter dem Radar vier weitere Ausgaben des tot geglaubten “Die oder wir“ das Licht des Untergrunds erblickt haben. Wer einen Sinn für knallharte Underground-Comics immer leicht neben der Geschmacksspur hat, sollte unbedingt versuchen, ihrer habhaft zu werden. Denn mit neben der Spur sind nicht irgendwelche harmlosen Fetischvorlieben gemeint. Es sind Geschichten, die etwas wollen. Es geht um asoziale Zombies, Selbstmord, Sex mit Asylanten und die Finanzkrise. Karl Nagel packt die heißen Eisen mit der großen Schundzange
an und stellt die Frage, wie die Gesellschaft miteinander leben will. Und diese Frage stellt er mit dem Baseballschläger, direkt in die Fresse. Hat niemand behauptet, dass das schön sein würde. Leider soll jetzt, nach der fünften Ausgabe, aber wirklich erst mal Schluss sein. Als kleinen Trost gibt es unter schundburg.de die bereits fertig vorproduzierte Geschichte “Captain Swastik“ zum kostenlosen Download. Dort kann man mittlerweile auch alle Ausgaben von “Die! oder wir“ erwerben. Text: A. Hartung Heimat: keinhassda.de, schundburg.de Preis: Hirntrafo 19,80 Euro (mit CD 24,80), D!ow je 2,05 Euro
Genie ihn immer wieder zu neuen Experimenten und Fragestellungen über das Sein antreibt, während Dexter bereits mit einem einfachen Pollenflug mehr als zufrieden ist. Jede Woche hat der Thomas Gilke für das OnlineComic-Portal Elektrocomics.com eine Folge von “Leroy und Dexter“ gezeichnet. Dabei nutzt er das Format des wiederkehrenden Comicstrips, neben allerlei Späßen und Wortspielen, welche die Mikrowelt so hergibt, vor allem dazu, ganz nebenbei die Erzähltechniken des Comics auszuloten. Zusätzliche bestechen die gesammelten Abenteuer der beiden Mikro-Helden durch tolle Farben und den geschickten Einsatz zahlreicher grafischer Illustrationen aus dem Biologiebuch. Klein und fein! Text: A. Hartung Heimat: avant-verlag.de * Preis: 19,95 Euro
mens „Schwarz, weiss, tot“ von Zeichner Lapinot veröffentlicht. Nun ja… Cartoons sind halt schwierig, und nur die allerwenigstens Cartoonisten schaffen es, wirklich durchgehend komisch zu sein. Zumal die schwarzhumorigen dann oft noch der Meinung sind, dass es ja lustig genug ist, wenn ein Kind vors Auto läuft oder der Bumerang im Kopf stecken bleibt. Davor ist leider auch Lapinot nicht ganz gefeit, kann aber im Gegenzug mit dem einen oder anderen Kracher und seinen charakteristischen Zeichnungen durchaus punkten. Auch wenn bei seinen Figuren die spindeldürren Beinchen immer so weit auseinander stehen, dass man das Gefühl hat, die Figuren schwebten wie Ballons im Raum. Text: A. Hartung Heimat: comicgate.de, lapinot.de * Preis: 10 Euro
Lapinot Schwarz, weiss, tot
Gerard Way Umbrella Academy Vol. 2: Dallas
(Comicgate) Auch die Online-ComicPlattform Comicgate kann sich nicht mit der alleinigen digitalen Daseinsform abfinden und bereichert mittlerweile seit fünf Ausgaben den doch recht schmalen Comicfachblatt-Sektor mit ihrem sehr empfehlenswerten ComicgateMagazin. Zum zehnjährigen Bestehen hat man sich aber noch etwas Besonderes gegönnt und einen schwarzhumorigen Cartoon-Band na-
(CrossCult) Sie ist wieder da. Die kaputteste und zerrütteste Superhelden-Familie der Welt. Und mit dem wohl bescheurtsten Namen gleich noch mit dazu. “The Umbrella Academy – Teil 2: Dallas“. Diesmal geht es um einen der amerikanischen Mythen und Traumata schlechthin: die Ermordung von Präsident Kennedy in Dallas. In wenigen Zeilen den Inhalt anzudeu-
ten, würde bedeuten ein Amok laufendes Feuerwerk in einem Satz beschreiben zu wollen. Auch der zweite Band der “The Umbrella Academy“ gehört zu den skurrilsten und unterhaltsamsten Veröffentlichungen, die der amerikanische Comicmarkt in den letzten Jahren so ausgespuckt hat (Und jetzt ist mal Schluss mit den Superlativen). Ausgedacht hat sich das Gerard Way, der hauptberufliches seine Brötchen als Sänger bei My Chemical Romance verdient. Erstaunlich, dass jemand, der so langweilige Musik macht, so abgedrehte Comics schreiben kann. Wir verlosen 3 Exemplare von “Dallas“. Schreibt dazu eine Mail an … und beantwortet die Frage: „Wer erschoß John F. Kennedy?“ (Damit wir das dann auch mal geklärt hätten)
MUSIK STORIES
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unclesally*s magazine
QUERGEFRAGT Einfach die Antworten auf die Fragen in die dazugehörigen Kästchen kritzeln, und somit im besten Fall das richtige Lösungswort ermitteln. Das könnt ihr dann per Postkarte oder E-Mail an uns schicken und nehmt damit automatisch teil an der Verlosung des neuen Good Charlotte-Albums „Cardiology“. Einsendeschluss ist der 16. November 2010. [Sämtliche Umlaute (also ä, ö, ü) werden zu Vokalen (ae, oe, ue) und alle Begriffe werden ohne Leerzeichen geschrieben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.] 1 2
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Waagerecht
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2. Bevorzugtes Fortbewegungsmittel reisender Bands 7. Älteste deutsche Seifenoper, in der auch Mitglieder deutscher Punkbands gern mal mitspielen 8. Farbgebender Name vom Giant Sand-Chef Howe 10. Hobby von Shawn Stern/Youth Brigade 12. Der eine konnte übers Wasser laufen, der andere besorgt schon mal einen Regenschirm für Madonna 13. Anders für Bildergeschichte, wie sie auch Gerard Way mit “The Umbrella Academy Dallas“ veröffentlicht 15. Messerscharfer Kinostreifen mit Danny Trejo, Robert De Niro und Jessica Alba 16. Er ist die Hauptfigur von “God of War: Ghost of Sparta” 19. The Strange Death Of Liberal ... 20. Gegenteil von Sommer und Hinterteil von Cecilia, der ein Schweizer Bandherz gehört 21. Gemeinschaftsband von Herrenmagazin, Schrottgrenze, The Coalfield & D-Sailors
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SENKRECHt
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1. Er ist ein Held, nicht nur für Jon Auer/Posies 3. Joe Strummer hat sich mal in einem verlaufen, TV Buddhas bestimmt auch (dt.) 4. Wir Sind Helden + Tele = ... 5. “Montgomery Mundtot” nennt sich ihr neues Album 6. Kurzes Musikformat 9. „Wir Sind Die Nacht“ wird hier gezeigt 10. Musikalischer Nachkömmling von Poison The Well 11. Dank Beat!Beat!Beat! werdet Ihr hier erfolgreich durchfallen. 14. Tödliche Dänen 2008 noch mit „Stockholm Syndrome“ 17. „I Will Survive“ covern war einmal, die Zukunft der Band heißt „Showroom Of Compassion“ 18. Thees goes solo, sonst spielt er hier
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Das Lösungswort der letzten Ausgabe war übrigens „TENNESSEE“
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SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM
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IMPRESSUM
SCREENSHOTs
BANNEREI
Herausgeberin:
Manchmal ist die beste Idee, die man je hatte, die schlechteste und keiner kommt vorbei und macht einen klug. Genauso geht es dem Erfinder des Werbebanners auf Webseiten. Er denkt: Jeder sieht sie, jeder mag sie und jeder klickt drauf. Die Wahrheit ist: Niemand sieht sie, keiner will sie und alle klicken sie weg! Werbebanner sind Pixelpest. Und sie sind so dumm! Niemand will sie haben und sie merken es nicht. Fragt man jemanden, der nach zwei Tagen onlinesurfen nassgeschwitzt auf die Erde zurückkehrt, welche Banner er gesehen hat, ist seine Antwort: Keine! NULL hat er gesehen! Wir nehmen sie nicht wahr. Sie sind uns egal. Und wir klicken auch nicht drauf, wir klicken sie WEG. Die, die da draufklicken, die bekommen Geld dafür - und zwar von denen, die den Bannerwerbenden verkaufen, bannerwerben wäre voll gut, funky und 2.0. Also Freunde: Die Dinger rechts und oben - und auch die in der Mitte, die sich nicht bewegen, könnt ihr schon mal weglassen! Jetzt kommen wir zu denen, die sich bewegen. Die, die reingeflogen kommen und dann stehen bleiben, bis wir rot werden. DIE kriegen wir mit! Aber wir haben sie nicht lieb! Im Gegenteil. Wir hassen sie! Und wisst ihr auch warum? Weil wir auch keine Blumen von übermotivierten Floristen kaufen, die aus ihrem Laden gerannt kommen und sich mit tulpierter Ware behangen vor unsere fahrenden Autos werfen, während wir gerade auf dem Weg zum Bahnhof sind, um unseren Zug zu verpassen. Aggressive Werbung führt zu nichts - außer zu Aggression! Wir kaufen in keiner Bäckerei, vor der uns der Lehrling auf unserem Schulweg mit monströsen Rosinenschnecken auflauert, die uns verhauen. Wir hassen sie! Vielleicht beißen wir sie. Aber wir kaufen sie nicht!
unclesally*s GmbH & Co. KG Waldemarstr. 37, 10999 Berlin Tel.: 030 - 694 09 663, Fax: 030 - 691 31 37 mailto: sallys@sallys.net * online: www.sallys.net
Chefredaktion: Caroline Frey Stellvertr. Chefredaktion: Florian Hayler Redaktionsleitung: Ina Göritz Redaktion: Christine Stiller Anzeigenkoordination & Marketing: Eric Landmann 030 - 694 09 661 Frank Straessner 030 - 694 09 662 Petra Pomplun 030 - 694 09 664
Niemand geht ein zweites Mal zu dem Tätowierer, der einem bei der ersten Sitzung ungefragt seine Telefonnummer auf den Arm “notiert“ hat. Leckt einem ein leprakranker Arzt im Dienste der Kundenwerbung das Gesicht ab oder hustet einem Blut ins Essen, geht man danach EVENTUELL gezwungenermaßen zum Doktor. Aber bestimmt nicht zu IHM! Und wenn eine Horde Frauen an meiner Haustür klingelt und mich mit den Worten überrascht: „Herzlichen Glückwunsch Herr Yeti. Sie haben gerade eine Tupper-Party im Werte von 25 Personen gewonnen. Bitte ziehen sie sich doch etwas über. Es geht sofort los!“, ich vermute mal - ich ließe sie nicht in die Wohnung. Läge in jedem Amazon-Päckchen ein kostenloser kleiner Hund - ich würde ihn wütend retour gehen lassen! Ich will kein Hündchen, keine Grillanzünder, nix von 1und1, keine Kieselerde und ich gehe nicht ins Musterhaus-Küchen-Fachgeschäft. Ich mag Informationen. Ja. Aber nicht, wenn man sie mir ins Gesicht schlägt! Gestern warf mir ein Mädchen durchs offene Beifahrerfenster einen Flyer ins Auto. Ich habe kurz angehalten und sie mit meiner Visitenkarte zurückbeworfen. Das fand sie doof. Ich hoffe, sie weiß warum! Yessica Yeti
VORSCHAU
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Legal Affairs:
Josef Limper (www.kanzlei-limper.de) Marc Zibirre, LL.M. (info@merribiz.de)
Ressorts:
Bücher: Elmar Bassen *** Comics: Andreas Hartung *** Comicstrip: aha *** Computerspiele: Tito Wiesner, Lukas C. Fischer *** Demodesaster: Roy Fabian, Maik Werther *** Hörspiele: Moritz Honert *** Kino: Patrick Heidmann *** Neuigkeiten: Robby Steuding *** Online & Platten: Ina Göritz *** Sport: Christine Stiller *** Lektorat: Torsten Hempelt
Abo: 15 Euro/Jahr
Bestellung an: abo@sallys.net
Autoren:
Frank Abel, Jochen Barthel, Elmar Bassen, Volker Bernhard, Kai Butterweck, Jenny Ferron, Lukas-Christian Fischer, Ben Foitzik, Jens Fritze, Martin Gegenheimer, Gordon Gernand, Steven Gläser, Robert Goldbach, Sebastian Gosmann, Alexander Grigutsch, Sarah Gulinski, Michael Haacken, Cornelis Hähnel, Holger Hoffmann, Lasse Holler, Leon Ilsen, Stephanie Johne, Tim Kegler, Aiko Kempen, Philipp Kohl, Eric Landmann, Arne Lieb, Dirk Lüneberg, Marta Marszewski, Peter Meisterhans, Boris Mischke, Maleen Mohr, Christopher Mühlig, Holger Muster, Elisabeth Nagy, Vanessa Pape, Marc Phillips, Friedrich Reip, Sascha Rettig, Verena Reygers, Timo Richard, Marie Schaefer, Daniel Schieferdecker, Raphael Schmidt, Maritta Seitz, Natascha Siegert, Fabian Soethof, Samuel Stein,Frank Straessner, Frédéric Schwilden, Frank Thießies, Nina Töllner, Hans-Christian Vortisch, Marek Weber, Silvia Weber, Kati Weilhammer, Marcus Willfroth, Christian Wölki, Yessica Yeti
Praktikanten:
Sarah Gulinski, Ben Wolf
Auszubildende: Mandy Scholz
INTERVIEWS Am 26. November rollt die letzte Ausgabe des Jahres aus der Druckpresse und bevor wir uns Ende Januar 2011 wieder lesen, gibt es noch einmal den musikalischen Rundumschlag. Als Titelhelden begrüßen wir My Chemical Romance, die wir neulich in der Wahlheimat Los Angeles besuchten und einen Koffer voll Neuigkeiten mit nach Hause nahmen. Neben dem neuen MyChem-Album „Danger Days: The True Lives Of The Fabulous Kiljoys“ werden wir die neuen Veröffentlichungen von Polarkreis 18, Tim Casher, Anna Calvi und vielen anderen unter die Lupe nehmen.
Heimat: sallys.net
Fotografen:
Fotografen: Frank Abel, David Biene, George DuBose, Birte Filmer, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Oliver Schümers, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf, Simon Pokorny, Stephan Mühlau
Layout:
Caroline Frey, Mario Krenz Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.bijanlatif.com
IM KINO Wer in der Vor- und Nach-Weihnachtszeit vor der Kälte ins Kino flüchtet, den erwarten verschiedene Geschichten über die Liebe. Tom Tykwer erzählt in „Drei“ (Foto) eine ganz besondere Dreiecksgeschichte, während Anne Hathaway und Jake Gyllenhaal in „Love and Other Drugs“ die Sache nicht nur tragikomisch, sondern auch ziemlich sexy angehen. Komödiantisch nähern sich Woody Allen mit „Ich sehe den Mann deiner Träume“ und Stephen Frears mit „Immer Drama um Tamara“ dem Thema, melancholisch dagegen treiben in „Last Night“ Keira Knightley und Eva Mendes durch die Nacht. Aber natürlich kann man auf der Leinwand auch andere Themen finden.
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