unclesally*s 164

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unclesally*s magazine

März 2011 / Ausgabe 164

www.sallys.net

"Ich hatte Verständnis, er brauchte das Geld." (Conor Oberst/Bright Eyes)

ITCHY POOPZKID Lykke Li / Bright Eyes / Beady Eye / Bosse J Mascis / Funeral For A Friend / Rival Schools Those Dancing Days / Findus / Im Test: Jupiter Jones

Spezial

FESTIVALS DAS BRINGT DER SOMMER

KINO

ALMANYA

Noch was: KINO / COMIX / COMPUTERSPIELE / DIE BESTEN PLATTEN / HÖRSPIELE / BÜCHER / DVDs



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INHALT

No.164 – März 2011

Foto: Erik Weiss

INHALT/EDITORIAL

Seite 3

EDITORIAl

„Wir können alles. Außer Hochdeutsch“ Hallo, Baden-Württemberg – geht uns ganz ähnlich wie dir. Mit unseren Titelschwaben Itchy Poopzkid haben wir uns trotzdem prächtig amüsiert – ganz ohne Simultandolmetscher.

Musik: Seite 38

Spezial: Seite 30

Lykke Li

Das bringt der sommer

04 - 07 Starter 04 05 06 07

Chikinki Rise Against Dadajugend Polyform 60 Sekunden mit J Mascis

08 - 10 Musik Stories 1 08 Lykke Li 10 Bosse/ Ghost Of Tom Joad 11 Auf der Couch mit Carl Norén

12 Auf Achse

Während ihr vielleicht in einem kleinen, lehmigen Kaff in der Provinz euer Dasein fristet, hat Walter Schreifels die große weite Welt vor der Haustür. Wir besuchten Foto: Ben Wolfden Frontmann der Rival Schools im hippsten New Yorker Stadtteil: Brooklyn/Williamsburg

14 & 15 Musik Stories 2 14 Bright Eyes 15 The Blue Van

16 Titel

Itchy Poopzkid sind mutige Jungs, die sich weder vor schlecht konstruierten Buchstabenkombinationen, noch splitterndem Glas zu fürchten scheinen. Mittlerweile blickt die schwäbische Kapelle auf mehr als zehn Jahre Bandgeschichte zurück. Eine harmonische Dekade, zumindest für sie.

22 - 28 Platten

Was ist gut, was nur so mittel und vor welchem Tonträger solltet ihr euch hüten...

29 Mixtape

Al Barr ist Sänger der Dropkick Murphys und kann Bayrisch. In echt. Im Mixtape verrät er uns, welche deutschen Lieder er mit seiner Jugend assoziiert.

34 Im Test: Jupiter Jones

Na dann lasst mal hören: Jupiter Jones gehen selbstbewusst ins Rennen. Wer seine Band nach

Die Campingausrüstung könnt ihr zwar noch getrost in der Ecke stehen lassen, doch um sie in diesem Sommer überhaupt mal auszuführen, gilt es heute schon, an die kommende Festivalsaison zu denken und gegebenenfalls früh zu buchen! Wir haben euch ein paar sympathische Veranstaltungen aufgelistet, die schon mit Bandzusagen und zum Teil auch netten Rabatten locken können. einem Meisterdetektiv benennt, muss sich schließlich auch mit den Kollegen auskennen. Fotos: Tim Klöcker

Mit ihrem Debütalbum wurde sie zur Lieblingsprinzessin der Indie-Szene. Während momentan noch die letzten Nachzügler versuchen, ihre süße Hochsteckfrisur zu kopieren, ist Lykke Li plötzlich gar kein so nettes Schnuckelchen mehr, sondern eine Frau, die den Männern sagt, wann sie die Hose runterlassen sollen - aber natürlich rein metaphorisch. Ist klar.

36 - 42 Musik Stories 3

36 Sea Of Bees/ Yucca/ The Joy Formidable/ Josh T. Pearson/ Ron Sexsmith/ Vessels 37 206/ Findus 38 Beady Eye 40 The Low Anthem/ Long Distance Calling/ Wye Oak 41 Funeral For A Friend 42 C-Types/ Jägermeister Wirtshaus Tour

43 Reiseführer: Stockholm

Die schönste Stadt des Nordens kann man gar nicht oft genug besuchen. Wer noch nie da war, erfährt von den Mädels von Those Dancing Days, wo er sein Glück finden wird.

44 - 46 Auf Tour

Endlich kommt das Jahr auch konzerttechnisch in die Gänge. Wo geht ihr hin?

48 SPoRT 49 Quickies 50 - 59 Kino

50 Ich bin Nummer 4 52 Almanya (Interview mit Denis Moschitto) 54 3 Fragen an... 55 Der Plan/ Wer wenn nicht wir 56 Biutiful/ Das Schmuckstück/ Powder Girl 57 Shortcuts 58 Kino DVDs

60 - 66 Spielen, Lesen, Hören 60 Games 62 Comics, Hörbücher 63 Bücher 64 Kreuzworträtsel 65 Redaktionscomic 66 Vorschau/ Impressum/ Screenshots

In der Titelgeschichte erfahrt ihr, warum die Herren Poopzkid in schicker Einheitstracht („schwäbisches Dirndl“) unsere Küche mit Scherben aufgefüllt haben. Vielleicht sollte der Spätzle-Staat sich die drei als Botschafter für seine „Sympathiekampagne“ sichern, dann lassen sich vielleicht auch ein paar Bands abwerben und die Poopzkids sind nicht mehr die einzigen Berufsmusiker weit und breit. Wo wir gerade bei Sympathie sind: Liam Gallagher lässt mit seiner neuen (alten) Band Beady Eye immer noch am liebsten die Fäuste sprechen. Weil ihm aber der Bruder als Sparringspartner abhanden gekommen ist, musste halt Kollege Willfroth die Gallagher'schen Verbalveilchen einstecken. Kommunikative Fähigkeiten bewies auch Lykke Li, die auf Schwäbisch übrigens „Gligg Lich“ heißen würde, indem sie von Schnittchenthemen wie Mode und Awards lieber gleich die Finger lassen wollte. Stattdessen haben wir uns mit ihr dann über Mode, Awards und Musik unterhalten. Für alle, die sowieso nicht gerne reden, haben unsere Ghostwriter außerdem einen Ausblick auf die kommende Festival-Saison in feinstem Hochdeutsch aus der F.A.Z. abgeschrieben. Da ist es dann schön laut und alle sind so angeschickert, dass Worte sowieso nichts helfen. Wir können alles. Adele, unclesally*s Sämtliche abgeschriebenen Passagen dieser Ausgabe können unter sallysplag.wiki eingesehen werden.


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Neuigkeiten

Descendents

Heute auf: Tschechisch

mrtví a zranEní (Tote und Verletzte) GARY MOORE

Der in Nordirland geborene Gitarrist und Sänger Gary Moore verstarb im Alter von 58 Jahren in einem Hotelzimmer in Spanien. Er erlitt einen Herzinfarkt im Schlaf. Bekannt wurde Moore als Solomusiker und Gitarrist der legendären Band Thin Lizzy.

tem ein. Gemeinsam mit Freunden und Familie wird ein dreistündiges Set hingelegt, das auch bisher nie live gespieltes Material enthält. Die Gäste werden gebeten, in schwarzer, weißer oder schwarz-weißer Kleidung zu erscheinen. Trotz des verkündeten Endes des Projekts als Liveband will Murphy möglicherweise weiter unter dem Namen LCD Soundsystem Musik produzieren.

THE WHITE STRIPES

Brendan Majewski, Ex-Bassist von Quix*o*tic und Gitarrist und Sänger des Metal-Duos, wählte den Freitod. Schlagzeugerin und Freundin Speck Brown fand ihn leblos in seiner Wohnung.

Meg und Jack White legen 14 Jahre und sechs Alben nach Gründung ihre weißen Streifen ab. Zu den Beweggründen äußert sich die Band auf ihrer Website: „It is for a myriad of reasons, but mostly to preserve what is beautiful and special about the band and have it stay that way.“

QUEENS OF THE STONE AGE

výmEna ClenU

ORPHAN

Während einer Operation am Bein kam es im vergangenen Jahr zu Komplikationen, die bei Frontmann Josh Homme zum Herzstillstand führten. Nach einigen Sekunden konnte er reanimiert werden und musste im Anschluss drei Monate lang das Bett hüten.

rozchod a pauzy

(Trennungen und Pausen) THE GO! TEAM

Mastermind Ian Parton gibt bekannt, dass das aktuelle Werk „Rolling Blackouts“ das letzte Album des Go! Teams sein könnte. Auf jeden Fall sei die aktuelle Tour die letzte im derzeitigen Line-Up. Parton gilt als Herzstück der Band, der die anderen Musiker für die Livedarbietung seiner Songs rekrutierte.

LCD SOUNDSYSTEM

Am 2. April läutet Mastermind James Murphy im New Yorker Madison Square Garden das letzte Konzert seines Projekts LCD Soundsys-

(Mitgliederwechsel) BLACKMAIL

Am 29. April erscheint mit „Anima Now!“ das erste Blackmail-Album, auf dem der neue Frontmann Mathias Reetz in Erscheinung tritt.

THE DODOS

Für das kommende vierte Studioalbum verabschiedete sich das Folk-Duo von Vibraphonist Keaton Snyder. Die Auswirkung lässt sich während der Tour im Mai begutachten.

RAZORLIGHT

Die Namensschilder an den Proberaum-Spinden von Bassist Carl Dalemo und Gitarrist Björn Agren sind fortan mit den Namen Freddie Stitz und Gus Robertson überklebt. Da schon 2009 Schlagzeuger Andy Burrows durch David Sullivan-Kaplan ersetzt wurde, ist Frontmann Jonny Borrell nunmehr das einzig verbliebene Gründungsmitglied.

HELDEN & DIEBE

Heute mit: CHIKINKI

Monster Bash Ostern vs. Punkrock

Keine Lust auf Ostern? Dann gibt es am 24. April das Kontrastprogramm zum Feiertag. Monster Bash heißt das neue Punkrock-Festival, das am Ostersonntag in der Berliner C-Halle stattfinden wird. Als Headliner wurden NOFX und die Descendents eingeladen. Außerdem spielen Millencolin, Cute Is What We Aim For und Veara. Na, wenn Oma da eure Abwesenheit nicht versteht, dann wissen wir auch nicht. Karten gibt es bei x-why-z.tickets.de. Noch ist ein streng limitiertes Kontingent an Frühbuchertickets zum Preis von 29 Euro (Plus Gebühren) sowie Fünf-Freunde-Tickets für 116 Euro (Plus Gebühren) verfügbar. Alle weiteren Infos findet ihr unter: monster-bash.de

Monster Bash 24.4. Berlin - C-Halle NOFX, Decendents, Millencolin, Thursday, Saves The Day, Cute Is What We Aim For, Veara, The Blackout

nové projekty a znovuspojení (Neue Projekte und Wiedervereinigungen) BRAID

Zwölf Jahre nach ihrer Auflösung spielt die EmoPunk-Legende aus Illinois wieder im Geschehen mit. Ob und wann ein viertes Studioalbum von Braid zu erwarten ist, bleibt offen.

Eines unserer größten Idole ist Syd Barrett. Nicht nur musikalisch, sondern auch was seinen Stil betrifft. Ganz bestimmt haben wir unbewusst von ihm geklaut, weil manche von uns schon seit ihrer Jugend seine Musik hören. Außerdem ertappen wir uns oft dabei, wie wir Bands gut finden, die seinen Stil kopieren. Ein weiteres Vorbild ist der britische Fernsehmoderator Brian Cant. Er hatte früher eine Kindersendung namens „Bric-A-Brac“. Die spielte in einem Laden, der von oben bis unten mit seltsamen Dingen vollgestopft war. Irgendwie hat uns das immer fasziniert. Heimat: chikinki.co.uk Auch gut: „Bitten“ – das neue Album von Chikinki

THE GASLIGHT ANTHEM

Brian Fallon von The Gaslight Anthem gründete gemeinsam mit Ian Perkins das Projekt The Horrible Crowes. Momentan wird erstes Material für das im Laufe des Jahres erwartete Debütalbum erarbeitet.

DEATH FROM ABOVE 1979

Im Jahr 2006 löste sich das kanadische Duo um Bassist Jesse Keeler und Schlagzeug-Frontmann Sebastien Grainger auf. Das Line-Up des Coachella-Festivals verrät jedoch, dass diese Phase beendet ist. Was nach dem Auftritt mit der Band passiert, bleibt unklar.

desky

(Platten) ANGELIKA EXPRESS

Gegen ein Abo ihres Newsletters verschenken die Kölner von Angelika Express ein digitales Best-Of-Album mit zwölf Stücken: angelikaexpress.de/newsletter

ARCHITECTURE IN HELSINKI

„Moment Bends“ steht auf dem kommenden Werk unserer favorisierten australischen IndieMultiinstrumentalisten. Ab dem 8. April darf das gefeiert werden.

BODI BILL

Ins „Hotel“ senden uns Bodi Bill für eine genüssliche Stunde, wie zumindest der Titel der zukünftigen Albumveröffentlichung suggeriert.

COLD CAVE

Auf dem am 4. April erscheinenden „Cherish The Light Years“ von Cold Cave sind neben Frontmann Wes Eisold (Give Up The Ghost/ American Nightmare) und Kollegen auch Daryl


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Palumbo (Glassjaw), Nick Zinner (Yeah Yeah Yeahs) und Sean Martin (Hatebreed) zu hören.

CRYSTAL STILTS

„Love With Oblivion“ spenden Crystal Stilts aus Brooklyn im April. An den Nachfolger des Debüts „Alight Of Night“ werden von allen Seiten recht hohe Erwartungen gestellt. Wir sind gespannt.

ANDREAS DORAU

Welche Intention hinter dem Titel des neuen Dorauschen Albums „Todesmelodien“ steht, wird vielleicht mit seinem Erscheinen im Juni ersichtlich. Die Platte ist das erste Werk seit dem 2005er „Ich Bin Der Eine Von Uns Beiden“.

MARITIME

Maritime Klänge untermalen den April, wenn die gleichnamigen Indie-Rocker aus Milwaukee mit „Human Hearts“ den Nachfolger ihres Standardwerks „Heresy And The Hotel Choir“ herausgeben.

PANDA BEAR

„Tomboy“, das vierte Solowerk von Panda Bear, erscheint am 19. April.

EXPLOSIONS IN THE SKY

QUEENS OF THE STONE AGE

FLEET FOXES

Der 29. April darf im Kalender dick markiert werden. Das Nachfolgewerk des 2008er Debüts der Fleet Foxes erscheint an eben jenem Tag, bevor im Mai Konzerte in hiesigen Gefilden folgen.

GODSPEED YOU! BLACK EMPEROR

Der Mai bringt ein Soloalbum von Efrim Menuck, der Stimme hinter Godspeed You! Black Emperor und Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra.

THE KILLS

Alison Mosshart und Jamie Hince haben ihr neues Werk vollendet. „Blood Pressures“ wird im vierten Monat des Jahres auf die Welt losgelassen.

Foto: Evan Hunt

The Mars Volta lassen sich dieser Tage von mexikanischer Sonne bräunen, zumindest in den Pausen während ihrer Albumproduktion!

PETER, BJORN AND JOHN

Sie sorgen sich um uns: „Take Care, Take Care, Take Care“ wird im April als fünftes Album aus dem Hause Explosions In The Sky ins Rennen geschickt.

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THE MARS VOLTA

DREDG

Im Mai darf einem neuen Opus aus dem Hause Dredg gelauscht werden. Album Nummer Fünf steht in den Startlöchern.

STARTER

„Gimme Somme“ dürfen die Freunde von Peter, Bjorn And John Ende März beim Plattenhändler des Vertrauens fordern. Vor Ende dieses Jahres ist mit neuem Material der Queens Of The Stone Age zu rechnen, ließ Frontmann Josh Homme durchblicken.

RADIOHEAD

Während einer Preisverleihung in Großbritannien, bei der Radiohead-Frontmann Thom Yorke als Laudator in Erscheinung trat, verriet Showmaster Gilles Peterson, dass die Band gerade ein neues Album vollendet habe. Schneller als gedacht kann nun das Werk „The King Of Limbs“ digital erworben werden.

RED HOT CHILI PEPPERS

Im Juni kommt das zehnte Studioalbum der Red Hot Chili Peppers. Es ist das erste Produkt seit dem 1995er „One Hot Minute“, auf dem Ex-Gitarrist John Frusciante nicht zu hören ist. Nachfolger Josh Klinghoffer soll den Sound der Band in eine neue Richtung entwickelt haben.

Rise Against Am 11. März veröffentlichen die Punkrocker ihr neues Album. Im Zuge dessen werden sie mit einem schicken Foto auf unserem Cover landen und ausführlich in unserer Titelgeschichte über ihr „Endgame“ plaudern. Doch bevor die neue Platte erscheint, gilt es sich mit der ernsten Frage zu befassen, ob ihr es denn noch hinbekommt, die Kapelle live zu sehen. Fast alle Konzerte im kommenden März sind bereits ausverkauft. Zum Redaktionsschluss gab es lediglich noch Karten für die Show im Leipziger Haus Auensee. Haltet euch ran, wenn ihr nicht leer ausgehen wollt.

Auf Tour 22.3. Mainz - Phoenixhalle (ausverkauft) *** 23.3. Köln – Palladium (ausverkauft) *** 25.3. Berlin – C-Halle (ausverkauft) *** 26.3. München – Zenith (ausverkauft) *** 27.3. Leipzig – Haus Auensee


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Das TUT GUT

Heute mit: VIVA CON AGUA

SAMBA

Samba lassen am 25. März ihr neues Meisterwerk „Die Ekstase Der Möwen“ frei. Die Tour folgt im Mai und Juni.

SMALL BROWN BIKE

Im April erscheint „Fell & Found“, das vierte Studioalbum der im Jahr 2009 wieder vereinten Small Brown Bike. Das Quartett aus Michigan veröffentlichte 1999 das letzte Album in Originalbesetzung.

TIMES NEW VIKING

Ende April wartet mit „Dancer Equired“ der Nachfolger des 2009er „Born Again Revisited“.

TV ON THE RADIO

Die Truppe um Dave Sitek spielt wieder gemeinsam auf. „Nine Types Of Light“ darf in den nächsten Monaten erwartet werden.

THE VINES

Sauberes Trinkwasser für alle Jeder hat sie schon mal gesehen. Auf Festivals, Konzerten oder anderen Veranstaltungen – die fleißigen Helfer von Viva con Agua. Und sicher hat der eine oder andere ihnen dort schon mal seinen Pfandbecher und damit eine kleine Spende überlassen. Doch warum eigentlich? Dieser Hamburger Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Trinkwasserversorgung in Entwicklungsländern zu verbessern. Mit eurer Hilfe. Wir drehen den Wasserhahn auf und denken nicht weiter darüber nach. Dabei ist das so lebenswichtige saubere Trinkwasser nicht für alle Menschen eine Selbstverständlichkeit, sondern die Knappheit desselben sogar eines der größten sozialen Probleme unserer Zeit. Fast eine Milliarde Menschen verfügt über keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Viva con Agua möchte das ändern.

Trotz des schlechten gesundheitlichen Zustandes von Frontmann Craig Nicholls, durch den die Zukunft der Band in Frage steht, erscheint im April das fünfte Studioalbum „Future Primitive“, das ein Jahr zuvor in einem Studio in Paris aufgenommen wurde – und mit Verlaub: richtig reinhaut.

PATRICK WOLF

„Lupercalia“ ist der Titel des neuen Wolfschen Werkes. Angekündigt für Mai.

film a televize (Film und Fernsehen) ARCADE FIRE

Auf der Berlinale feierte Arcade Fires Kurzfilm „Scenes From The Suburbs“ Premiere. Regie führte Spike Jonze, bekannt als Regisseur von Musikvideos („Sabotage“ von den Beastie Boys)

und Spielfilmen („Wo Die Wilden Kerle Wohnen“). Der Film wurde von den Bandmitgliedern Win und William Butler geschrieben und versteht sich als Erweiterung des Musikvideos zu „The Suburbs“.

RADIOHEAD

Gitarrist Johnny Greenwood komponierte den Soundtrack zur Haruki Murakami-Verfilmung „Norwegian Wood“ von Anh Hung Tran. Die meisten Stücke seien Backstage und in Hotels während einer Radiohead-Tour entstanden, so tragen einige auch geographische Titel entsprechend der Orte ihres Entstehens.

zbytek

(Der Rest) BLACK KEYS

Die Deutschlandtour der Black Keys ist gecancelt worden. Die Band benötige nach einem anstrengenden Jahr dringend eine Auszeit, so das offizielle Statement.

BLOC PARTY

Frontmann Kele Okereke ist nach New York übergesiedelt, um ein nicht näher definiertes Buch zu verfassen. Die Zukunft von Bloc Party bleibt somit weiter unklar, Okereke konzentriere sich momentan nur auf das Buch, heißt es.

WEEZER

Frontmann Rivers Cuomo veröffentlicht mit „The Pinkerton Diaries“ ein Konglomerat seiner Tagebücher, Fotos, Briefe, Essays und EMails aus der Pinkerton-Zeit zwischen 1994 und 1997. So gibt Cuomo Einblick in die Gedankenwelt zu der Zeit, als er mit Weezer überraschend zum Rockstar avancierte und sich sein als neurotisch und schüchtern betrachtetes Innenleben mit dieser Situation auseinandersetzen musste.

DAS GUTE GESCHÄFT IN DIESEM MONAT ist:

Seit 2005 unterstützt der Verein durch professionelles Fundraising die Welthungerhilfe, die die entsprechenden Projekte in Afrika, Asien und Lateinamerika mit verschiedensten Technologien durchführt, um dort eine nachhaltige Trinkwasserversorgung zu garantieren. So konnten beispielsweise bereits Tiefbohrbrunnen und sanitäre Anlagen in Äthiopien, Quelleinfassungen in Ruanda, Trinkwasserverteilungssysteme in Ecuador oder Regenwasser-Auffangsysteme in Kenia realisiert und so die Lebensbedingungen tausender Menschen dauerhaft verbessert werden. Hätte jemand vor ein paar Jahren mit diesem Erfolg gerechnet? Nun, zumindest einer muss es getan haben, denn Viva con Agua des St. Pauli e.V. wurde 2005 vom FC St. Pauli-Spieler Benjamin Adrion gegründet. Seither versteht sich der Verein als offenes Netzwerk, das heißt: Jeder von uns kann etwas tun, um die gute und absolut notwendige Sache zu unterstützen. Man muss kein populärer Musiker wie Clueso oder eine ganze Band wie Wir Sind Helden sein, die bereits Benefizkonzerte für Viva con Agua gegeben haben. Jeder von uns kann irgendwo ein Sparschwein aufstellen und mit einer guten Idee Spenden für die Welthungerhilfe sammeln. Unter vivaconagua.org gibt es zahlreiche Anregungen. Hier erfahrt ihr auch, an wen ihr euch wenden dürft, wenn ihr Hilfe bei der Umsetzung eurer Ideen benötigt. Tolle Sache, schaut einfach mal vorbei: vivaconagua.org

Hier die Termine für drei Stunden Rock/Punk/Alternative Radio im UNCLESALLY*S NIGHTFLIGHT mit Flo im März jeweils ab 0.00 Uhr (natürlich LIVE auf allen Frequenzen von Fritz und auf fritz.de, dort auch im Anschluss 24/7 als Loopstream!): Vom 10. auf den 11.3., 17. auf 18.3. und 31.3. auf 1.4. - um Mitternacht!

Mono Bar

Grasersgasse 1 (Ecke Klaragasse) 90402 Nürnberg

Ich habe die "Mono Bar" durch Freunde kennen gelernt, die dort bei der Einweihungsparty vor ungefähr zwei Jahren die Hälfte ihrer Gehirnzellen verloren hatten. Die Bar versprüht dank der geschmackvollen Einrichtung eine sehr entspannte Atmosphäre. Positiv hervorzuheben ist, dass viele kleine Brauereien und Schnapsbrennereien durch den Verkauf ihrer Produkte unterstützt werden. Es gibt also 1A-politisch korrekte Sachen zu trinken. Am besten jedoch ist, dass sich viele DJs einbringen und immer für eine bunte musikalische Untermalung sorgen. Es gibt nix Nervigeres als eine Bar, in der nur der eine Beat acht Stunden durchläuft. Wer in Nürnberg ist, sollte unbedingt mal vorbeischlendern!

Empfohlen von Dadajugend Polyform

Eigentlich kommen Dadajugend Polyform aus Bayern, inzwischen hat es die drei nicht mehr ganz so Jugendlichen quer durch die Rebublik verstreut. Wenn er mit Dadjugend Polyform nicht gerade den Elektro-Punk in die Clubs bringt, um das neue Album „Louis De Marsalle“ vorzustellen, erholt sich Gitarrist Holger in Nürnberg vom Musikerleben. Heimat: dadajugend.de Auch gut: „Louis De Marsalle“ - das aktuelle Album von Dadajugend Polyform


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60 SEKUNDEN mit:

J MASCIS

J Mascis, die ergraute Eminenz des Alternative-Rock und Godfather des Gitarrensolos, gilt nicht unbedingt als geschwätziger Zeitgenosse, eher im Gegenteil: seine Worte sind wohl überlegt, seine Anekdoten pointiert und jeder seiner Sätze besteht selten aus mehr als Subjekt, Prädikat und Objekt. Als weitere Vorbereitung auf die nächsten 60 Sekunden solltet ihr wissen, dass J Mascis am liebsten Lila trägt, seine Brillen bei einem französischen Importeur in New York kauft und mehr Tee als Wein trinkt. Einen Song zu schreiben ist wie… …Fischen. Manchmal fängt man was, manchmal nicht. Bevor ich einen Song schreibe, muss ich… …etwas im Magen haben. Meistens greife ich mir meine Gitarre nach dem Abendbrot, wenn mein Sohn im Bett ist, schalte den Fernseher an und spiele dabei ein bisschen. Mein liebstes Small Talk-Thema ist... Ich führe selten Small Talk. Eigentlich nie. Ich habe auch selten etwas mitzuteilen. Richtige Unterhaltungen habe ich nur mit den Menschen, die ich kenne. Deshalb denken alle anderen, ich sei seltsam oder einfach zu langsam. Wenn ich Nachrichten schaue, bewegt mich besonders… Ich schaue keine Nachrichten, das ist mir alles zu trist. Mir jagt es schon Angst ein, nur die Schlagzeilen bei AOL oder Yahoo zu lesen. Den Himmel stelle ich mir so vor: Ich habe keine Ahnung. Ich glaube nicht, dass man

nach dem Tod im Himmel landet, aber ich glaube an Reinkarnation. Ich hatte schon diverse ominöse Flashbacks, die ich mir nur schwer erklären kann. Kurze Momente, die mir womöglich in einem früheren Leben widerfahren sind. Dieses Märchen begeistert meinen Junior zurzeit am meisten: Das wechselt alle zwei Wochen. Ich lese ihm so lange sein derzeitiges Lieblingsmärchen vor, bis er keine Lust mehr darauf hat und was Neues hören möchte. Ich weiß allerdings nie, ob er eine Geschichte wirklich mag oder sie nur immer wieder vorgelesen haben will, weil er sie gestern schon gehört hat. Die Betreuer im Kindergarten meines Sohnes sind… ...cool, weil sie alle einen Waldorf-Anspruch an ihre Erziehung haben, was für Kids in dem Alter meiner

Meinung nach sehr passend ist. Das Blöde ist nur, dass mein Sohn kein Ramones-Shirt in den Kindergarten anziehen darf, dort sind Logos verpönt. Wenn ich Radio höre, dann… …meistens FM (UKW), zumindest zu Hause in Massachusetts. Wenn ich nach New York fahre, schalte ich aber um auf Inforadio, um die aktuellsten Verkehrsmeldungen nicht zu verpassen. Es gibt nichts Schlimmeres, als in und um New York City im Stau zu stecken. Mein wichtigstes Körperteil… …sind meine Knie. Es muss echt blöd sein, wenn man seine Knie nicht mehr bewegen kann. Heimat: jmascis.com Foto: Timothy Herzog Auch gut: „Several Shades Of Why“ – das neue Album von J Mascis


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MUSIK STORIES

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Foto: Erik Weiss


Lykke Li

Die rastlose Indie-Pop-Koryphäe Jung, erfolgreich, anders - seit ihrem Debüt ‘Youth Novels’ führt die Schwedin Lykke Li ein Leben auf der Überholspur, wechselt fast wöchentlich Kontinente, Länder und Sprachen. Mit ihrer zweiten Platte ‘Wounded Rhymes’ wird sich daran nicht viel ändern. Im Gegenteil. Ein Lebensstil, der erschöpft. Da kann man sich schon mal alt fühlen – auch mit 24. Lykke Li liegt auf dem Sofa in ihrem Hotelzimmer, die Beine entspannt über die Lehne geschlagen. Sie sieht müde aus - es ist ihr letztes Interview an diesem Tag. Angesprochen auf ihren modischen Kleidungsstil und ihre Nominierung als „Best Dressed Woman“ für den schwedischen „Elle Magazine Award 2009“ winkt sie gelangweilt ab: „Ich habe ja eigentlich überhaupt nichts für Mode und Awards übrig, eigentlich ist es mir sogar peinlich, wenn Leute damit anfangen. Ich meine, seht mich doch mal an...“ Auch wenn die Wahl ihrer Kleidung - schwarze Doc Martens, Leggings, Shorts und ein schwarzer Oversize-Pullover – heute beiläufig wirken mag, hat man sie schon für Levi’s modeln und auf der Bühne in wallender Robe und Acne-Boots mit Kilometer hoher Plateausohle herumtanzen sehen. So etwas tut sich niemand an, der sich „eigentlich überhaupt nicht“ für Mode begeistert. Das Ganze ist ein Selbstläufer, denn Lykke Li hat mit nur einer Albumveröffentlichung den Punkt erreicht, an dem sich die Leute für die Marke ihrer Schuhe interessieren. Nicht nur in ihrem trendbesessenen Heimatland Schweden. Und wenn man mal ehrlich ist: Wie gleichgültig gestylt würde man selbst aussehen wollen im grellen Scheinwerferlicht? Eben. Und wenn Lykke Li mal ehrlich ist, weiß sie ganz genau, wie sie sich in Szene setzen muss, um aufzufallen. Auf ihrem Debütalbum bestach sie durch eine erfrischende elegante Verschrobenheit. Sie wirkte stark und unnahbar auf der einen, sanft und zerbrechlich auf der anderen Seite und in Songs wie ‘Everybody But Me‘ oder ‘Little Bit‘ schlichtweg unglaublich süß. Von diesem niedlichen Image des jungen Mädchens mit Liebeskummer möchte sie sich auf ‘Wounded Rhymes’ eindeutig lossagen. „I’m your prostitute, you gon get some“ heißt es da beispielsweise im Song ‘Get Some‘ sehr direkt. Oder nicht? Mit Erotik habe das angeblich nichts zu tun, sagt die Künstlerin. Eher mit „Selbstermächtigung und weiblichen Machtspielen“. Ob das trotzdem schon manchmal zu wörtlich genommen wurde? „Klar, aber ich finde es lustig, wenn Leute wirklich denken, es ginge hier um Sex. Ich meine, was ist so schwer daran, zwischen den Zeilen zu lesen?“ Ach ja, das gute alte Zwischen-den-Zeilen-lesen, fast hätte man es bei Textstellen wie „Don't pull your pants before I go down“ vergessen. Gewagt findet Lykke Li ihr neues Album aber trotzdem nicht: „Wenn ich es in einem Wort beschreiben müsste, würde ich sagen, es ist mehr. Mehr von allem. Ich habe mehr gelebt, mehr geliebt und wurde mehr verletzt. Und ich habe mich noch intensiver an der ganzen Produktion beteiligt und in Zusammenarbeit mit dem australischen Künstler Leif Podhasky sogar das Cover mit entworfen.“ Ihr Ziel sei es ohnehin, sich in Zukunft noch mehr auszuprobieren. Sie ist ja noch jung und somit stehen ihr alle Türen offen: „Jung? Ich fühle mich total alt, eher als wäre ich schon in meiner Menopause (lacht!). Das könnte aber auch daran liegen, dass ich einfach zu rastlos und dauernd unterwegs bin.“ Heimatlosigkeit, Zerrissenheit - davon erzählen auch ihre autobiografischen Texte, die für eine erst 24-Jährige reichlich düster und desillusioniert klingen. ‘Wounded Rhymes‘ jedenfalls ist auch davon ein ganzes Stück mehr als ihr Debüt: „Ich bin ein melancholischer Mensch, meine Lieder beschäftigen sich mit dem, was mich umgibt - Sehnsucht, Angst und Verlorenheit.“ Vielleicht sei sie auch deswegen manchmal etwas trotzig, fügt sie hinzu und zuckt entschuldigend die Schultern. „Wenn du ständig über deine Musik reden musst, verschwindet die Magie irgendwann - und Magie ist doch die Essenz des Lebens. Nicht wahr?!“ Interview: Stephanie Johne Text: Christine Stiller Foto: Erik Weiss Heimat: lykkeli.com


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MUSIK STORIES

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- und klingt dabei alles andere als wehmütig: „Ich wollte mich wieder mehr auf die Musik konzentrieren statt auf Interviewanfragen und Bürokram. Es war auch irgendwie eine Entscheidung zwischen 30 oder 300 E-Mails in meinem Postfach - pro Tag.“

Bosse

Im Moshpit

The only Boss wie listen to: Bosse aus Braunschweig.

Wir haben es doch gewusst, nur soft sein kann keiner! Gelegentlich muss man seinem bösen Zwilling Freigang gewähren, deshalb komponiert Bosse auch aus Versehen mal Hass-Lieder. Statistisch gesehen verbringt man durchschnittlich fünf Jahre seines Lebens mit Warten. Bosse benennt sogar sein aktuelles Album nach diesem lästigen Zeitvertrieb, sieht es allerdings positiv: „Ich glaube, gute Sachen brauchen Zeit. Das ist ja dann War-

ten mit Plan und hat viel mit Entwicklung zu tun.“ Nachdem er im Alleingang sämtliche Belange rund um sein jüngstes Album ‘Taxi‘ stemmte, lässt Bosse die arbeitsreichste Zeit seines Lebens hinter sich, wandert mit ‘Wartesaal‘ wieder auf Labelpfaden

Insgesamt wirkt Bosse zufrieden mit sich und der Welt, dem Leben und der Musik: „Ich merke, dass ich mit dem Älterwerden gelernt habe, öfter Rast zu machen und nicht jede Party mitnehmen oder ständig im Zug sitzen zu müssen, um mein Glück zu finden. In ein paar Jahren könnte ich mir sicher sogar vorstellen, mit meiner Familie nach Frankreich zu ziehen, auf einen 68er Öko-Bauernhof mit integriertem Studio.“ Diese wohlige Symbiose aus Entspannung und dem Gefühl des Angekommen-Seins ist der neuen Platte deutlich anzuhören. Wie bei den Alben zuvor bleibt er auch jetzt wieder seinem Grundsatz treu, sich nicht wiederholen zu wollen. Deshalb ist ‘Wartesaal‘ nicht nur tanzbarer ausgefallen, sondern wurde mit ungewöhnlichen Instrumenten wie einer Marimba oder einem Flügelhorn eingespielt. Auf die Frage, ob er sich auch eine Karriere im Genre der etwas härteren Rock-Musik vorstellen könne, gesteht er: „Lauter als bei ’Guten Morgen Spinner’ kann ich wahrscheinlich nicht werden, ich lege mit dem Alter immer mehr Wert darauf, dass die Leute auf meine Texte hören, da will ich keine verzerrte Gitarre, die mir die Lyrics kaputt schreddert.“ Halb ernst fügt er hinzu: „Vielleicht kommt das bei Album Nummer Sechs oder Sieben wieder, dass ich schreie und schrammele und es ein Hardcore-Album voller Hass-Lieder wird?“ Wir sind gespannt und lauschen bis dahin den nach wie vor bemerkenswert unkitschigen Indie-Pop Klängen. Text: Sarah Gulinski Foto: Patrick Wamsganz Heimat: axelbosse.de

Ghost Of Tom Joad

Das ist Graceland, Baby

Was für Paul Simon gut war, kann für die Münsteraner von Ghost Of Tom Joad sicher nicht schlecht sein. Mit ihrer dritten Langspielplatte ‘Black Musik‘ setzten sie ihrer Liebe zur afro-amerikanischen Musikkultur ein Denkmal, nahmen ihr eigenes, kleines ‘Graceland‘ auf. Schon mit dem zweiten Album ‘Matterhorn‘ entfernte sich das Trio zunehmend von ihrer im Punkrock verwurzelten Sozialisation. Die Gitarre geriet in den Hintergrund, fortan sah man Sänger Henrik Roger häufig hinter Keyboards und Synthesizern stehen. ‘Black Musik‘ - zwar mit „k“ geschrieben, dennoch „music“ ausgesprochen - ist ein weiterer Schritt weg vom konventionellen Indie-Rock. Ein Schritt, der gut tut. Das Album hat das Zeug zu einem der besten deutschen Alben 2011 zu werden, und das schon Ende Februar. Schlagzeuger Christoph Schneider hat dazu einen nicht unerheblichen Teil beigetragen. Ein derart energisch stampfendes, bombastisches, explodierendes Intro wie in ‘Wild Things‘ gab es lange nicht zu hören. Nicht umsonst ziert das Cover der Platte Schneiders Schlagzeug. Songs wurden zum ersten Mal um den Beat herum gebaut, eine Herangehensweise, die man aus dem HipHop kennt, nicht aber von Milchgesichtern aus Münster.

Walking in Memphis: Ghost Of Tom Joad aus Münster.

„Jens (der Schlagzeuger) und ich sind einfach riesige Soul- und HipHop-Fans, und das wollten wir mit ’Black Musik’ ausdrücken. Früher haben wir uns die Mixtapes mit KRS-One rumgereicht, heute hören wir aber auch Sachen von Tony Allen und Nina Simone“, erklärt Roger die Einflüsse für das Album, kalkuliert aber auch mit ein, dass sich Fans aus dem Lager der „Szene-Polizei“ von Ghost Of Tom Joad trennen könnten. Die ungewohnten Klänge beleben die erlahmende deutsche, englisch textende Indie-Szene.

Keine Wuschelhaare, keine Gitarren-Frickelei wie bei den Foals und auch kein exaltiertes Rave-Geschreie, das dann doch an die letzten 15 britischen Bands erinnert, die es irgendwie in die deutschen Clubs geschafft haben. Mit dem dritten Album gelingt Ghost Of Tom Joad das, was Wenige schaffen: Sie klingen nach sich selbst. Sie klingen verdammt noch mal richtig gut! Text: Frédéric Schwilden Heimat: ghostoftomjoad.de


MIT: AUF DER COUCH

?! CARL NORÉN

Jahrelang war er der Kopf der Band Sugarplum Fairy, die mit ihrem gefälligen Schweden-Rock einst eine Konzert-Hysterie in bester Beatlemania-Manier losgetreten hatten. Jetzt präsentiert sich der Blondschopf Carl Norén mit seinem Solodebüt „Owls“ von einer überraschend ruhigen und emotionalen Seite. Wie gut der sensible Sänger auf eigenen Beinen stehen kann, versuchten wir im folgenden Gespräch herauszufinden. Hattest du manchmal Angst vor deiner eigenen Courage, den Solo-Schritt zu wagen? Ich glaube, solange man macht, was man will, ist das kein Thema. Beim ersten Album geht es ja noch nicht darum, Erwartungen zu erfüllen. Es gibt keinen Vergleich, außer vielleicht den zu Sugarplum. Das war wahrscheinlich auch das Einzige, wovor ich ein bisschen Angst hatte. Im Moment habe ich noch keine Ahnung, wer sich das überhaupt anhören wird (lacht)! Bist du eher ein Teamplayer oder eher ein Einzelgänger? Ich glaube, ich bin wirklich mehr ein Einzelgänger. Ich meine, ich war Frontsänger einer Band, es ist schwierig für mich, Anweisungen zu folgen. Ich mache gerne, was ich will, treffe meine eigenen Entscheidungen und bin lieber niemandem verpflichtet. Wie gut kannst du mit Kritik umgehen? Das ist eine schwierige Frage. Natürlich hängt das davon ab, von wem sie kommt - von Leuten, die ich kenne und die mir nahe stehen, deren Rat ich gerne anhöre oder von Unbekannten. Es gibt viele Leute, auf deren Meinung ich so gar nichts gebe. Man muss dabei aber auch immer bedenken, dass Musik eine der abstraktesten Kunst-

formen ist. Meistens steht sie in Verbindung mit einem sehr persönlichen Gefühl und ist deswegen sehr subjektiv. Es ist schwierig zu sagen, was gut und was schlecht ist. Du bist der Mittlere von drei Brüdern - hast du manchmal das Gefühl gehabt, dir und anderen etwas beweisen zu müssen, um Beachtung zu finden? Auf jeden Fall, meine Brüder hatten es viel leichter, die Aufmerksamkeit unserer Eltern zu bekommen, ich musste immer darum kämpfen. Aber andererseits habe ich dadurch auch gelernt, mich durchzusetzen und gerade in schwierigen Situationen meinen Weg zu gehen. Jetzt, wo wir erwachsen sind, ist das aber kein Thema mehr und ich sehe mich längst als unabhängige Persönlichkeit. Ist Unabhängigkeit auch der Grund, warum du nebenbei in einem Restaurant in Stockholm arbeitest? Ja! Aber vor allem, um mal raus zu kommen. Die meisten Leute, mit denen man im Musikeralltag zu tun hat, sind dein Manager, dein Booker und im besten Fall eine Handvoll anderer Künstler. Manchmal brauche ich einfach einen Perspektivwechsel und muss „normale“ Menschen treffen.

Außerdem ist es sehr inspirierend, so alltägliche Dinge zu tun. Bleibt dir denn bei all den Dingen noch Zeit für dich? Ja das geht irgendwie, ich sehe zwar Wochenenden nicht mehr als Freizeit, aber ich versuche schon, mir bewusst Auszeiten zu nehmen, indem ich in den Urlaub fahre oder einfach nachts zum Sport gehe. Aber ich mag es ja zu arbeiten. Es hilft mir, nicht verrückt zu werden. Und es ist wichtig, den Bezug zur Realität zu wahren. Ich mache, was alle anderen auch machen. Ich bin sozusagen einer von ihnen. Angenommen, du hättest nicht so früh angefangen, Musik zu machen, wärst du heute ein anderer? Nein! Ich war immer schon etwas durchgeknallt und würde auf jeden Fall trotzdem etwas Kreatives machen. Am Theater spielen oder Bücher schreiben. Ich studiere ja auch Literatur und werde bald noch etwas ganz anderes anfangen. Es macht Spaß, Dinge auszuprobieren, so war ich immer und so werde ich immer bleiben - wissbegierig und experimentierfreudig. Text: Stephanie Johne Foto: Emma Svensson Heimat: myspace.com/carlnorensmusic Auch gut: "Owls" - das Solodebüt von Carl Norén


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AUF ACHSE

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auf achse...

LS IN WILLIAMSBURG FE EI HR SC ER LT WA IT M

Fotos: Alex Welsch Text: Alex Welsch Heimat: rivalschools.net Auch gut: “Pedals” das neue Album der Rival Schools

Walter Schreifels zeigt uns sein Brooklyn. Nach einigen Jahren in Berlin ist der Rival Schools-Sänger nun in seine alte Heimat zurückgekehrt. Voller Begeisterung präsentiert er uns seine Alltagsfreuden in New Yorks Szene-Viertel Nummer Eins!

Willkommen in Williamsburg! “Pete’s Candy Store“ gehört zu Walters Lieblingskneipen. Da gibt es zwar keine Süssigkeiten mehr, aber dafür entspannte Solo-Performances...

...und Bier aus Brooklyn, das zur Happy Hour im Hinterhof-Biergarten gleich noch mal so gut schmeckt.


Alter Skater: Im „“McCarren Skate Park“ werden Erinnerungen an früher wach, als er in seinen Hardcore-Zeiten noch deutlich halsbrecherischer unterwegs war: „“Beim Skateboarden habe ich mir mal den Knöchel gebrochen“, sagt Walter und ergänzt schmunzelnd, „“Hier gehe ich hin, wenn ich radikal sein will.“

Im „“McCarren Park“ ist Walter häufiger beim Joggen zu beobachten.

Voll retro: Im Gebrauchtwarenladen “Junk“ durch alte Platten blättern...

Frappierend, was Kunst alles anrichten kann: In der „"Black & White Gallery“, einer von vielen Ausstellungsräumen in dem kulturell umtriebigen Quartier, kann Walter teils kaum hinschauen...

Nur selten und kurz findet der beschäftigte Musiker und Produzent mal die Zeit, sich an der in Williamsburg verbreiteten Street-Art zu weiden.

...und dabei analog "physikalisch" werden mit AchtzigerStil-Ikone Olivia Newton John - let’s get physical.

Ein bisschen Ruhe gönnt sich Walter erst im Hinterhof des trockengelegten Schwimmbadclubs “Union Pool“ bei einem Fish-Snack frisch aus dem Taco-Truck. Der beste der Stadt, heisst es...


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MUSIK STORIES

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Sehen was, was du nicht siehst: Bright Eyes aus Omaha, Nebraska!

Bright Eyes

Sex, Alpträume und graue Haare Wider den tierischen Ernst: Anstatt bedeutungsvoll über ihr neues Album ’The People’s Key’ zu faseln, servieren die Bright Eyes lieber einen Kessel Buntes. Humor, Ironie und eine Prise Sarkasmus bestimmen das Bandgefüge anno 2011 und zeigen, welche Abgründe sich in Conor Obersts Ensemble auftun können. „Du hast es mir geklaut!“ – „Nein, definitiv nicht.“ – „Logo, immer wenn ich mein Handy suche, finde ich es in deinem Koffer!“ Hektisch irrt Mike Mogis durchs kunstvoll eingerichtete Hotelzimmer an der Berliner Spree, während Conor Oberst keine Ahnung hat, weswegen er an dem Verlust des Mobiltelefons Schuld sein soll. Eine Situation wie bei einer Horde Teenager auf Klassenfahrt: Der Wein ist komplett gekillt, die Augen des dritten Bright Eyes-Mitglieds Nathaniel Walcott sind ein wenig glasig und trotzdem bekommt man als Beobachter des Ganzen einen guten Einblick in die innere Logik der Combo aus Omaha, Nebraska. Vier Jahre hatten sie sich zuletzt rar gemacht, ihren Chef Conor Oberst alleine ziehen lassen und doch vermisste der eine den anderen schneller als gedacht: „Nathan rief mich vor einem Jahr an, sagte, er könne nicht länger nur auf der Couch rumlungern und Chips in sich reinstopfen“, blickt Oberst

leicht angetüdelt zurück. „Ich hatte Verständnis, er brauchte das Geld.“ Schallendes Gelächter und dann setzt Mike Mogis noch einen drauf: „Es wird die letzte Platte, der letzte Tag der Bright Eyes sein, wir lösen uns auf – haut rein!“ Kurz glaubt man den Ausführungen, wird sich dann aber bewusst, dass die Lach- & Schießgesellschaft heute einfach kein Interesse an einem ernsthaften Interview hat. Wobei Oberst für einen Moment Mitleid empfindet und zwei Sätze zum neuen, durch und durch famosen Album der Band mit dem vielsagenden Titel ’The People’s Key’ über die Lippen bringt: „Es geht nicht um Religion, vergiss den Kram, der überall steht. Vielmehr drehen sich die Songs um eine Form des Humanismus und das Leben der Menschen im Allgemeinen…“ – „Ach, echt?“, unterbricht Mike Mogis – „Klar, wir kommen alle aus einer riesigen Vagina, haben Alpträume, haben Sex, bekommen graue Haare, verlieren die dann und

kriechen zurück in die riesige Vagina.“ Die Kollegenschar stutzt und Walcott fühlt sich beschwipst genug, um genauer nachzufragen: „Wie sieht die aus?“ Conor Oberst grübelt. „Rosa-grau oder so, keine Ahnung.“ Plötzlich klingelt Mogis’ Handy, er hatte es in der eigenen Jackentasche vergessen und seine Frau will wissen, wo sich der Hallodri rumtreibt: „Ich bin in Deutschland, Darling. Wir geben Interviews.“ Was für welche, sollte er lieber nicht erwähnen - denn würde ’The People’s Key’ nicht solch hypnotisierenden, rockigen, zugleich ruhigen und kunstvoll arrangierten Folk-Pop bieten, man könnte die Bright Eyes für verrückt erklären. Mal ganz im Ernst. Text: Marcus Willfroth Foto: Autumn de Wilde Heimat: saddle-creek.com


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MUSIK STORIES

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The Blue Van

Zurück in die Gegenwart Soziale Isolation kann sich unterschiedlich auswirken: Entweder, man ist sowieso gerne allein oder man wird verrückt! The Blue Van sind beides. In einem abgelegenen dänischen 200-Seelen Dorf steht Langeweile ganz oben auf der Tagesordnung. Was liegt da näher, als sich in Omas Keller einzuschließen, die knarzige Klampfe zu quälen und auszuharren, bis man alt genug ist, der ländlichen Tristesse zu entfliehen, um dann ganz groß rauszukommen. Das Blues-Rock-Quartett The Blue Van hatte schon immer klar gesetzte Ziele. „Für uns gab es nie einen Plan B! Seit wir als Zwölfjährige unsere erste Band gründeten, war uns klar, dass wir nie etwas anderes machen wollen“, erklärt Sänger und Gitarrist Søren Christensen. Fast 20 Jahre sind ins Land gezogen. Zeit also für einen kurzen Kassensturz: Vier veröffentlichte Alben, zahlreiche Touren in den USA und Japan, diverse Werbedeals und eine wachsende Retro-Fangemeinde, die sich - wie die Band selbst - dem Sound der Sechziger verschrieben hat. Doch keine Angst, The Blue Van gehört nicht zu den lästig um uns surrenden Eintagsfliegen, die nach einer schlechten Deep Purple-Coverband klingen. „Bei jedem unserer Alben konnten wir neue Sounds zusammenschustern, die den Rock’n’Roll zeitgemäßer klingen lassen. Man muss sich trauen, auch neue Wege zu beschreiten, die vom gängigen Akkorde-Schema abweichen.“ Begriffe wie Konven-

Auf dem Weg in die Klapse: The Blue Van aus Dänemark.

tionen oder Stillstand gibt es im Blue-Van’schen Vokabular scheinbar nicht. Auch für das aktuelle Album ‘Love Shot’ hat die Band ihre Gitarren wieder neu gestimmt. Neben gewohnt hingerotzten Up-Tempo-Nummern wie ‘Loser Takes It All’ oder ‘Beg Like A Dog’, die nicht nur Lederjackenträger ins Schwitzen bringen dürften, meißeln sich diesmal vor allem poppige Tracks wie ‘Fame And Glory‘ oder ‘Run To The Sun‘ in den Gehörgang. „Für diese Platte habe ich die meisten Songs in dem Haus meiner Eltern geschrieben“, erzählt Søren. „Hier fand ich wirklich Ruhe und es gab keinerlei Möglichkeiten, sich ablenken zu lassen.

Wahrscheinlich ist es einer der langweiligsten Plätze auf der Erde, aber irgendwie hat mich dieses Umfeld inspiriert.“ Doch nicht nur in der Musik, sondern auch in der Namensgebung zeigen die vier Musiker Heimatverbundenheit. Blaue Busse wurden in Dänemark bis Mitte des letzten Jahrhunderts zum Transport mental instabiler Personen verwendet. „Natürlich wird uns oft die Frage gestellt, ob wir die Insassen oder Fahrer des Blue Van sind. Ich bin mir da mittlerweile nicht mehr so sicher. Das müssen die Leute da draußen entscheiden.“ Text: Natascha Siegert Foto: Simon Birk Heimat: thebluevan.com


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Neues Album, neuer Schlagzeuger, eigenes Label, Null Punkte im Mathe-Abi. Manchmal zwingen einen die Umstände dazu, ernst zu sein – sogar wenn man Itchy Poopzkid heißt. Mit ihrem neuen Album ‘Lights Out London‘ präsentieren sich die oft belächelten Punkrocker als verkappte Wunderkinder.

Rauch „Gestern haben wir den offiziellen Beschluss gefasst, dass wir einfach aufstehen und gehen, wenn uns noch mal jemand nach unserem Bandnamen fragt.“ Eigentlich hat es Sebastian „Sibbi“ Hafner mit seinem Namen ja halbwegs gut getroffen – andere haben da weniger Glück. Fragt mal den Mitsubishi Pajero. Als der nach Spanien kam, ist ihm wahrscheinlich erst bewusst geworden, wie gemein seine Eltern zu ihm waren. Uneigentlich muss sich Sebastian Hafner aber seit zehn Jahren mit einem Pseudonym herumschlagen, das viel weniger bodenständig klingt als sein eigener Name. Sibbi ist Gitarrist und Sänger der Band Itchy Poopzkid und wird dementsprechend häufig darauf angesprochen, was er und seine Mitstreiter - Daniel „Panzer“ Friedl (Bass und Gesang) und der mittlerweile aus der Band ausgestiegene Schlagzeuger Tobias „Saikov“ Danne - sich eigentlich gedacht haben, als sie ihr Baby mit diesem Namen gebrandmarkt haben. Jene Studie der Universität Oldenburg, die 2009 bestätigte, dass Kinder – je nachdem unter welcher Typbezeichnung sie ihre Eltern in die Welt entlassen – schon im Grundschulalter mit massiven Vorurteilen zu kämpfen haben, kam für Hafner, Friedl und Danne wohl einfach zu spät. Wenn laut dieser Studie „Kevin“ der gedachte Prototyp des verhaltensauffälligen Schulrüpels ist – was ist dann Itchy Poopzkid?

Zahlen

Hauptsächlich ist Itchy Poopzkid eine Band aus Eislingen an der Fils, einem 20.000-Seelen-Ort in Baden-Württemberg. In diesem, wie Sebastian einräumt, „durchaus konservativen Umfeld“ ist es sicher schon verhaltensauffällig, eine PunkBand zu gründen, insbesondere, wenn diese dann auch noch erfolgreich ist. Also doch die Justin-Marvin-Mandy-Schiene? So richtig mit ADHS-Vollbehandlung und Ritalin-Dauerkonsum? „In unserer Stadt gibt es meines Wissens nach außer uns keine Berufsmusiker. So was macht man da einfach nicht. Da macht man was Anständiges“, betont Sebastian. Was Anständiges. Was auch immer das sein soll... Im Rock-Kontext wirkt das verhaltensauffällige Poopzkid keineswegs schwer erziehbar. „Uns ist die Band viel zu wichtig, als dass wir ständig total ausrasten würden. Wenn wir mal über die Stränge schlagen, entschuldigen wir uns und kaufen am

nächsten Tag auch einen neuen Fernseher fürs Hotel“, berichtet Max Zimmer, der seit dem in aller Freundschaft vollzogenen Ausstieg von Tobias Danne im Januar das Schlagzeug bedient und zuvor schon festes Mitglied des Itchy Poopzkid-Tourtrosses war. Die Erfolgsgeschichte von Itchy Poopzkid ist auch deshalb beeindruckend, weil das Trio eben nicht - wie viele andere Bands - irgendwann in eine Medienmetropole übergesiedelt ist, nur um dort im Strudel junger hipper Röhrenjeans-Bands unterzugehen. Wenn jeder immer und überall „Kunst macht“, wenn Starbucks-Filialen zu Großraumbüros werden, kann man durchaus auch mal den Bezug zum Wesentlichen verlieren. Dass sich die selbstverordnete Nähe zur Heimat nicht negativ auf die Karriere auswirkt, ist für Sebastian und Daniel deshalb auch nicht überraschend: „Natürlich hat man in Berlin oder jeder anderen größeren Stadt mehr Möglichkeiten, Konzerte zu spielen. In Eislingen gibt es noch nicht mal einen Club“, erklärt Daniel. „Wir sind oft mit der Bass-Drum auf dem Rücken in den Zug gestiegen, um irgendwo spielen zu können. Das muss man aber auf sich nehmen und ich glaube, unsere große Qualität ist, dass wir auch unter widrigen Umständen immer unsere gute Laune behalten und uns nicht beschweren.“ „Die schlechte Infrastruktur hatte für uns immer den

Vorteil, dass wir schnell raus mussten, um überhaupt als Band wahrgenommen zu werden“, sieht Sebastian den Nutzen begrenzter Mittel. „Um als Band etwas zu erreichen, muss man sich sowieso den Arsch aufreißen. Da ist es eigentlich egal, ob du in Berlin wohnst oder in Eislingen.“ Offensichtlich ist es bei der richtigen Arbeitseinstellung auch egal, ob deine Band Itchy Poopzkid heißt, oder doch mit einem wohlklingenderen Namen gesegnet ist. Sollen Sophia und Maximilian doch Textbausteine für ihr nächstes „Projekt“ auf dem MacBook rumschieben – Poozkid ist in der Zwischenzeit in die Charts eingestiegen. Vielleicht sind Namen doch nur Schall und Rauch? Um sich Itchy Poopzkid anzunähern, ist es zumindest zu einfach, den Dorfjugend-Mythos zu bemühen, denn so richtig wollen Panzer, Sibbi und Max nicht in das Bild von den gelangweilt Sechserträger vernichtenden Mopedfahrern, die sich das Wochenende hinter der örtlichen Tankstelle schöntrinken, passen. In reinen Zahlen ist ihre Band vor allem ein Wunder an Konstanz und Arbeitseifer. Mit ‘Lights Out London‘ veröffentlicht Itchy Poopzkid dieser Tage das fünfte Album. Wie immer hat sich das Trio zwei Jahre dafür Zeit gelassen. Zum vierten Mal hat die Band gemeinsam mit Produzent Achim Lindermeir aufgenommen. Sibbi und Panzer kennen sich seit 22 Jahren und auch Max bewegt sich schon seit annähernd zehn in ihrem Freundeskreis. So richtig verhaltensauffällig klingt das nicht – eher schon anständig. „Das hat sicher auch mit unserem Umfeld zu tun. Wenn man eben in einer konservativeren Umgebung aufwächst, achtet man wahrscheinlich darauf, eine solide Basis für die Dinge zu finden, die man tut. Ob man will oder nicht, wird einem das mit in die Wiege gelegt“, erklärt Sebastian das Talent seiner Band, kontinuierlich zu wachsen, ohne das Erreichte irgendwann mit dem verlängerten Heck wieder einzureißen. Zu allem Überfluss haben Daniel, Max und Sebastian in der Zwischenzeit ein eigenes Label gegründet, über das nicht nur ‘Lights Out London‘, sondern auch die älteren Alben (wieder-)veröffentlicht werden. „Mit unserem alten Label hat es einfach nicht mehr gepasst, da waren wir eine Band unter vielen. Jetzt sind wir an einem Punkt, an dem wir nur noch mit Leuten zusammenarbeiten, mit denen wir uns auch privat befreundet fühlen“, freut sich Daniel, dem die Arbeitsteilung im neu gegründeten Unternehmen in die Karten spielt: „Ich hatte im Mathe-Abitur null Punkte und auch null Verrechnungspunkte. Für Geldaufgaben bin ich eigentlich nicht der Richtige.“ Das vermeint-


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Foto: Tim Klรถcker

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Treffer, versenkt: Daniel (Panzer) und sein Freund und Kollege Sebastian (Sibbi, rechts)

liche Problemkind Itchy Poopzkid mausert sich trotz seines stigmatisierenden Namens mit fortschreitender Dauer seines Bestehens zu einem professionellen Unternehmen, das in bester DIY-Manier nicht nur die kreative, sondern eben auch die wirtschaftliche Kontrolle auf einen überschaubaren Personenkreis verteilt. Und die Kumpels vom Gymnasium? Die Simons, Pauls, Charlottes und Hannahs? Wollen die jetzt das geklaute Milchgeld zurück? Wie reagiert euer Umfeld auf euren andauernden Professionalisierungsprozess? Daniel: Wenn man Leute trifft, mit denen man auf der Schule war und die einem sagen, dass sie halt irgendwo arbeiten, wird einem schon bewusst, wie privilegiert man ist, das zu tun, was einem Spaß macht. Auch wenn wir durch das Label natürlich jetzt viel mehr Arbeit haben, die erst mal nichts mit Musik zu tun hat. Hat man dann als Musiker plötzlich doch den Bürojob, den man immer vermeiden wollte? Sebastian: Es ist schon interessant, wie viel Arbeit es ist. Aber selbst wenn man zehn Stunden im Büro sitzt, fühlt sich die Arbeit natürlich ganz anders an, weil man weiß, dass es dem eigenen Ding zu Gute gekommen ist.

Daniel: Wir haben früher oft genug im Winter Telefonbücher ausgetragen oder am Fließband gearbeitet und am Ende des Tages nur die Karte in die Stechuhr gerammt und uns geärgert, dass sich nichts verändert hat. Wenn ich jetzt den ganzen Tag für die Band arbeite, kann ich auch direkt sehen, dass wir etwas erreichen. Das ist natürlich ein wunderbares Gefühl. Und eure Eltern? Halten die es nervlich aus, dass ihr in einer Band spielt und nichts „Anständiges“ macht? Sebastian: Die haben nach zehn Jahren so langsam begriffen, dass wir das machen müssen. Sie merken einfach, dass das unsere Leidenschaft ist. Als unsere Videos zum ersten Mal im Fernsehen liefen, war das ein Schritt, der ihnen, glaube ich, auch gut getan hat, weil sie gesehen haben, dass das, was wir machen, Hand und Fuß hat. Und vielleicht konnten sie auch ein bisschen bei den Nachbarn angeben. Bei ausbleibendem Erfolg ist es für Eltern bestimmt schwierig, wenn das Kind nach der Schule sagt: „Ich mach' jetzt Musik.“ Max: „... und habe am Wochenende in Mühlheim vor acht Leuten gespielt.“ Daniel: Ich habe früh angefangen, meine Eltern zu desillusionieren. Sebastian: Zum Beispiel mit den Mathe-Noten...

Ihr seid schon sehr lange Freunde, seit zehn Jahren Bandkollegen und jetzt auch noch Geschäftspartner. Überrascht man sich unter diesen Umständen auch mit Fähigkeiten, die man vorher nicht einsetzen konnte? Sebastian: Es wird niemand plötzlich ein anderer Mensch dadurch, dass er ein Label gründet oder sich eine Steuernummer besorgt, um Konzerte abrechnen zu können. Wir sind eher gemeinsam mit den Aufgaben gewachsen. Es ist ja gut, wenn man sich kontinuierlich weiterentwickeln kann, dann bleibt es auch spannend. Das Jahr wird für uns zumindest sehr aufregend. Wir müssen sehen, wie das Album ankommt und wie sich das Label entwickelt. Und wenn sich gar nichts Neues ergibt, bringe ich als Überraschung auch gerne mal Blumen mit in den Proberaum. Habt ihr ein Problem damit, wenn man euch nach zehn Jahren auch einen Reifeprozess unterstellt? Sebastian: Das ist ja nichts Negatives. Daniel: Da sind wir eher froh. Und es stimmt auch. Als wir angefangen haben, versuchten wir oft, witzige Texte zu schreiben. Irgendwann haben wir dann gemerkt, dass das nicht klappt (allgemeines Gelächter). Wenn „Reifeprozess“ bedeutet, dass man Inhalte hat, dann ist der ausdrücklich gewünscht. Aber schon dieses Wort „reifen“ ist natür-


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lich schwierig, weil es immer nur teilweise stimmt. Man reift sicher mit den Aufgaben, für uns gegenseitig haben wir uns aber wenig verändert. Sebastian: Wir lachen zumindest noch über den selben Scheiß wie vor zehn Jahren. Da erwischt man sich schon manchmal dabei, wie man im Tourbus sitzt und denkt: „Wir sind bald 30, spinnen wir eigentlich?“

Schall

Die Stimme der Vernunft ruft auch nach Itchy Poopzkid. Und tatsächlich bescheinigt das neue Album ‘Lights Out London‘ dem Eislinger Trio einen weiteren Schritt nach vorn. Musikalisch hat man sich vom Pop-Punk der Anfangstage gelöst, textlich ist man in die Tiefe gegangen und der allumfassende Professionalisierungsprozess hat auch auf den Studioaufenthalt abgefärbt. „Wir hatten ein Studio mit Fenstern. Das war für mich persönlich ein großer Schritt“, bestätigt Daniel grinsend. Die Aufnahmen selbst ist die Band mit großem Ernst angegangen, hat sich vorbereitet, um ihr neues Album live wie im Proberaum einzuspielen. „Damit haben wir unseren Produzenten sehr überrascht.“ „Wir haben feste Arbeitszeiten eingerichtet. Früher haben wir oft bis vier oder fünf Uhr nachts im Studio rumgeschraubt und am nächsten Mor-

gen festgestellt, dass das alles für die Tonne war,“ erinnert sich Sebastian an die Arbeit an ‘Lights Out London‘. Die Proberaum-Atmosphäre sorgt während der drei Monate im Studio andererseits dafür, dass die Aufnahmen äußerst entspannt ablaufen. Itchy Poopzkid optimieren eben in alle Richtungen.

Namen

Das hätten die Grundschullehrer von Itchy Poopzkid wahrscheinlich nicht gedacht, aber im zehnten Jahr ihres Bestehens ist die Band höchstens dadurch verhaltensauffällig, dass sie sich qualitativ mit jedem neuen Album zu überbieten weiß und einen Grad von Selbständigkeit erarbeitet hat, um den sie so manch „größere“ Band beneiden kann. Auch mit ‘Lights Out London‘ werden Sibbi, Panzer und Max einige mediale Beachtung auf sich ziehen – in Sachen Aufmerksamkeits-Defizit ist vorgesorgt. Die böse Zukunft, die ein negativ besetzter Name zu evozieren scheint, kann von den drei Protagonisten wahrscheinlich erfolgreich abgewendet werden. Man findet mittlerweile sogar einige Vorteile. „Wenn der Name einen Vorteil hat, dann sicherlich den, dass so halt nichts und niemand sonst heißt. Verständlicherweise... Man findet, wenn man unseren Bandnamen bei einer Suchmaschine

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eingibt, auch wirklich nur Sachen und Artikel, die mit uns zu tun haben“, kommentiert Daniel. Und auch die Bedenkenträger früherer Tage scheinen weniger zu werden: „Wir merken schon, dass wir ernster genommen werden, weil wir schon seit zehn Jahren konstant da sind. Viele, die uns früher auch wegen des Namens belächelt haben, finden das, was wir machen, jetzt gut. Das freut mich sehr.“ Itchy Poopzkid – eine Band, die den Kevins und Marvins, den unclesally*s, den Jaquelines und Chantals des Planeten Hoffnung machen kann. Text: Timo Richard Fotos: Tim Klöcker/103prozent.de Styling: Alexandra Heckel / alexandraheckel.com Heimat: itchypoopzkid.de


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Der Neue: Tobias „Saikov“ Danne

Die „Kevin“-Studie 2009 veröffentlicht die Universität Oldenburg eine Studie zu Vorurteilen von Lehrkräften gegenüber spezifischen Vornamen. Die der Universität angeschlossene Arbeitsstelle für Kinderforschung ermittelte, welche SchülerVornamen unter Lehrern positiv oder negativ besetzt sind. Das Ergebnis lässt sich mit dem Kommentar eines der teilnehmenden Grundschullehrer treffend zusammenfassen: „Kevin ist kein Name, sondern eine Diagnose.“ Rund 80% der Studien-Teilnehmer verbinden mit Kevins

Verhaltensauffälligkeiten und ein freches Auftreten. Ebenfalls schlecht weg kommen Namen wie Marvin, Justin, Chantal oder Mandy, weil die befragten Lehrer diese mit einem „bildungsfernen“ Elternhaus assoziieren. In der soziologischen Literatur spricht man auch von „Kevinismus“ - der krankhaften Unfähigkeit, dem Nachwuchs angemessene Namen zu geben.

Ritalin Ritalin wird zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt. Der Wirkstoff Methylphenidat gehört zu den Amphetaminen und unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz. Das Mittel soll im Falle verhaltensauffälliger Kinder die Konzentrationsfähigkeit stärken, hat sich an amerikanischen Universitäten in den letzten Jahren aber als „Arbeitsdroge“ auch unter Studenten und Professoren weit verbreitet. Mitte der Neunzigerjahre wurde das Medikament auch als Partydroge auf Teenie-Feten

beliebt. Die Tabletten werden dort zerstampft und wie Kokain durch die Nase gezogen. Ob Ritalin abhängig macht, ist umstritten, in mehreren Fällen traten aber ausgeprägte Depressionen und Müdigkeit auf, nachdem das Medikament abgesetzt wurde.

Sonar Sucks – Uns platzt der Schädel Im Herbst 2010 hat die internationale Wal– und Delphinschutzorganisation WDCS ihre Kampagne „Sonar Sucks“ ins Leben gerufen, die sich gegen den von Militär und Industrie verursachten Unterwasserlärm stark macht. Neben Verschmutzung und Überfischung stellen nämlich auch Unterwasserbohrungen und Sonaruntersuchungen eine erheblich Gefahr für den Fortbestand von Arten dar, die wie Wale und Delphine zur Orientierung auf Gehör und Kommunikation angewiesen sind. Mit „Why Still Bother“, der ersten Single aus „Lights Out London“, unterstützen Itchy Poopzkid „Sonar Sucks“.



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PLATTEN/10 GEBOTE

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DIE 10 GEBOTE

206 Republik der Heiserkeit

Chikinki Bitten

(ZickZack/Indigo) Wer das nicht mag, ist doof! Zack, drei Freunde weniger. Aber weg von Gefühlen, hin zu Tatsachen. Schaut man sich den erlesenen Katalog von ’ZickZack’, 206s traditionsreichem Label, an, muss man für Vergleiche nicht in die Ferne, höchstens zurück in der Zeit: Düster sind sie, wie X-mal Deutschland. Und kantig wie Abwärts. 206 hauen einen um: Der Klang ist beeindruckend, er ergänzt Texte, Musik und Charakter der Band perfekt: NewWave und Deutsch-Punk, angekommen im Post-Irgendwas. Textfragmente, mal zu Hülsen verschlüsselt, dann wieder geradlinig aufs Hirn zu, bleiben hängen und scheinen für die Ewigkeit, wenigstens für eine Jugend gemacht. Der Dringlichkeit, der Verzweiflung kann man sich nicht entziehen. Sog nennt man das. Plattitüdenlos ist „Republik der Heiserkeit“, reduziert und dadurch klar, musikalisch wie gedanklich. Das, ohne Konsens zu sein.

(Urban Cow/Rough Trade) In einer gerechten Welt würde es eine Band wie Chikinki nicht nötig haben, Namen wie Peaches, WhoMadeWho oder die Charlatans zu droppen, um von der eigenen Größe zu berichten. In einer gerechten Welt wäre das Quintett aus Bristol, das sein drittes Album „Bitten“ in Berlin aufgenommen hat, hier Gleicher unter Gleichen und überhaupt längst ein Riesending. Doch die Welt ist nicht gerecht, sonst würde sich auch niemand mit albernen Begriffen wie Elektro-Pop-Rock behelfen müssen, um die Musik der Jungs zu beschreiben. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Deswegen hoffen wir einfach mal, dass diese unverschämt knackige Platte, die nur so strotzt vor Charme und Selbstbewusstsein und Dancefloor-Knaller wie „Catch Up“ oder „Bitte Bitte“ genauso zu bieten hat wie unerwartet sanfte Momente („Deadhead“), voll einschlägt und dabei so manche Ungerechtigkeit aus der Welt schafft.

The Joy Formidable The Big Roar

The Low Anthem Smart Flesh

Text: Tanja Marquardt

(Atlantic/ADA/Warner) Der Hype war da, ein Album nicht. The Joy Formidable waren schon kurz nach der Gründung 2007 das nächste große Indie-Ding. Aber mit dem Albumdebüt ließ sich das Trio aus Wales Zeit. Das Warten hat sich gelohnt: „The Big Roar“ erfüllt alle Erwartungen. Selten hat ein Plattentitel wohl auch so treffend gepasst. Denn nicht mehr und nicht weniger als großes Getöse sind die zwölf Tracks der Scheibe. Es finden sich Noise-Pop und Shoegaze epischen Ausmaßes. Die angenehm poppigen Vocals von Frontfrau Ritzy Brian schweben majestätisch über drückenden Wänden aus Verzerrung. Wer vermutet, das Ganze sei ausgelutscht und ein Fall für die Indie-Szene der Achtiger- und Neunzigerjahre, liegt gnadenlos falsch. „The Big Roar“ ist ein gesunder, moderner Mix aus den frühen Smashing Pumpkins, Arcade Fire, Sonic Youth und den Yeah Yeah Yeahs. Formidabel!

Text: Johannes Musial

Text: Patrick Heidmann

(Bella Union/Cooperative/Universal) Wunderbar muss es sein mit einer Stimme, die mehr als nur ein bisschen an Bob Dylan erinnert, wenn noch der schlichteste Song unmittelbar einen zarten Hauch von Klassiker erhält. Ben Knox Miller hat so eine Stimme, und weil sich The Low Anthem damit nicht begnügen, sondern ihre Kompositionen so fantasievoll wie elegant sind, ist „Smart Flesh“ ein echtes Geschenk. Für die Aufnahmen zum Nachfolger des umjubelten „Oh My God, Charlie Darwin“ zog sich die Band in eine leerstehende Pastasaucen-Fabrik in Rhode Island zurück, deren weite Räume eine zentrale Rolle in der Klanggestaltung spielen sollten - so fingen Mikros die mit Stylophones, Harmonium, singender Säge und Maultrommel komplex instrumentierten, nie aufdringlichen Stücke auch mal aus 50 Meter Entfernung ein. Der Weg, den diese Platte zum Herzen all derer zurücklegt, die sich auf sie einlassen, ist deutlich kürzer!

Text: Friedrich Reip

Ghost Of Tom Joad Black Musik

(Universal) Was gibt es nicht alles über diese Platte zu sagen, deren Titel schon zu wildesten Spekulationen anregt. Vom Denglisch mal abgesehen, hätten die Münsteraner den Nachfolger ihres gipfelstürmenden Zweitlings „Matterhorn“ aber nicht passender taufen können. Im Berliner Helikopterschuppen eingespielt, wird unter der Fuchtel von Haus-undHof-Produzent Dennis Scheider auf zehn Songs vereint, was zusammengehört: HipHop-Beats, eine Prise Elektro, eine Menge Synthie und ein Haufen fantastischer, englischsprachiger Texte für das gebrechliche Indie-Herz. Entstanden sind verdammt eingängige Songs über Mädchen, Gitarren und UnderdogArbeiterromantik, die weder den Füßen, noch dem Gehörgang so schnell Ruhe geben werden. Ganz groß: „My Body Is A Drum Machine“, „Wild Things“ oder eben der Titeltrack „Black Musik“.

Itchy Poopzkid Lights out London

(Findaway/Alive) Elf Jahre sind die Itchy Poopzkid jetzt schon dabei - und während der Bandname immer noch so dämlich ist wie am ersten Tag, hat man musikalisch jetzt endgültig den Schritt vom Nachwuchs-Punk zur ernstzunehmenden Rock-Band vollzogen. Das vierte Studioalbum, diesmal auf dem bandeigenen Label ’Findaway Records’ erschienen, bietet jedenfalls zwölf Songs lang sympathische Ohrwürmer: Vom eröffnenden AntiFlag-artigen Brecher „Why Still Bother“ über Sugarcult-Pop-Punk („Watch Us Come Undone“) bis hin zu Pop-Rock mit Tanzflächenappeal oder Good Charlotte-Genen („Where Is The Happiness“) reicht das Spektrum. Abwechslung wird groß, Langeweile klein geschrieben - das Trio aus Eislingen hat einen Platz im diesjährigen Soundtrack zum Frühling mehr als sicher.

Text: Tito Wiesner

Text: Sarah Näher

The New Wine Waves

(Telle/Soulfood) Es gab die Brit-Pop-Welle, die Schweden-Welle und jetzt sind die Norweger dran. Vor allem aus der zweitgrößten Stadt des Landes, Bergen, schwappt eine Flut neuer, spannender und innovativer Bands zu uns. Eine davon ist The New Wine. Bereits im vergangenen Spätsommer veröffentlichte die vierköpfige Formation ihr Debütalbum „Waves“ in der Heimat, jetzt findet sich das Schmuckstück auch hierzulande in den Plattenläden und selten bekam man dort ein Album in die Hand, bei dem das Konzept so stimmig und ästhetisch ist. Mit leichtfüßiger musikalischer Eleganz spinnen die Bergener bei jedem Song ein neues Netz aus Indie-Elementen, Italo-Disco und Synthie-Pop und spätestens bei „Crescendo“ bebt die Tanzfläche. Ist man erst mal im Netz der norwegischen Synthesizer gefangen, gibt es kein Entkommen mehr im positiven Sinne natürlich.

Text: Kati Weilhammer

Rival Schools Pedals

(Warner) Zehn geschlagene Jahre hat Walter Schreifels uns auf ein auf Vinyl oder CD gepresstes Lebenszeichen von Rival Schools warten lassen. Zehn Jahre, in denen die Post-Hardcore-Legende der Neunziger (Quicksand, Gorilla Biscuits, Youth Of Today) von New York nach Berlin und wieder zurück zog, ein entspanntes Soloalbum einspielte und befreundeten Bands aushalf. Zehn Jahre, in denen das mit Ian Love, Sammy Siegler und Cache Tolman aufgenommene und als Emo-Core verklärte Debüt „United By Fate“ tatsächlich nichts von seiner emotionalen Aufgekratztheit eingebüßt und an Zeitlosigkeit gewonnen hat. Das Warten hat sich gelohnt: „Pedals“ ist im Vergleich fast ein Hort der guten Laune, zumindest aber ein voluminöser produziertes, dabei ausgewogeneres und nicht minder leidenschaftliches Stück Rock-Musik geworden. Rival Schools waren, sind und bleiben eine Herzensangelegenheit.

Text: Fabian Soethof

Jeniferever Silesia

(Monotreme/Cargo) Es ist die pure Ambivalenz wenn man bedenkt, dass tragische Schicksalsschläge bei Künstlern oft genug Auslöser für das Entstehen von Meisterwerken sind. So auch geschehen bei dem dritten Album von Jeniferever, das nach dem Schlesischen Bahnhof, dem ehemaligen Namen des Berliner Ostbahnhofs, benannt wurde. Dem Ort, wo Sänger Kristofer vor zwei Jahren von dem Tod seines Vaters erfuhr. Mit „Silesia“ haben sie vielleicht das bisher persönlichste Album veröffentlicht, melodisch ohne extrem pathetisch zu sein. Eingängig und dann wieder nicht, ein Werk, das die Band ein kleines Stück mehr an die Radiotauglichkeit führt, ohne die Fans der ersten Stunde vor den Kopf zu stoßen. Einen Kritikpunkt gibt es trotzdem, denn gefühlt müsste diese Platte im Herbst erscheinen: als bester Soundtrack zum durch den Nieselregen Laufen bei laubüberfüllten Straßen.

Text: Sarah Gulinski

Those Dancing Days Daydreams And Nightmares

(Wichita/Cooperative/Universal) Ganz so lupenrein wie in der euphorisierenden Vorab-Single „I’ll Be Yours“ ist der Pop auf dem zweiten Album von Those Dancing Days nicht immer. Mit ihrer sofort zugänglichen musikalischen Melange aus TweePop, Sixties-Anleihen und leichten New-Wave-Momenten battlen die fünf Stockholmerinnen trotzdem heftig um den Thron der Über-Indie-All-GirlBand des Jahres mit. Wem Warpaint zu kantig und die Dum Dum Girls zu garagig sind, der sollte mit den etwas zuckerigeren Those Dancing Days seinen Frieden machen. Die Band findet auf „Daydreams And Nightmares“ die perfekte Balance zwischen naiver Kunst und eloquentem Lady-Pop, ist plötzlich nicht mehr nur süß und charmant, sondern auch noch tight und präzise und beschert dem popaffinen Hörer echte Höhepunkte angenehmer Melodie-Debilität. Auch wenn man manchmal Belinda Carlisle bedenklich nahe kommt.

Text: Timo Richard


unclesally*s magazine

PLATTEN/OFFENBARUNG

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DIE OFFENBARUNG Lykke Li

WOUNDED RHYMES (Warner)

Nach dem Überraschungserfolg von „Youth Novels“ übertrifft sich Lykke Li mit ihrem zweiten Album selbst. „Wounded Rhymes“ ist eine kühle Geisterbahnfahrt der Emotionen, mit vielen Schnörkeln, doch ohne eklige Zuckerwatte im Ohr. Als sie 2008 ihr Debütalbum veröffentlichte, war Lykke Li für viele das süße, seltsam tanzende Mädchen, das den Dutt in Indie-Land salonfähig machte und in clever arrangierten Pop-Songs über mittelschwere Herzensangelegenheiten sang. Heute emanzipiert sich die 24-Jährige von allem Püppchenhaften mit einer unnahbaren, melancholischen Ästhetik. Jeder Song auf ihrer neuen Platte ist etwas ganz Besonderes und im Unterton viel zu düster, um niedlich zu sein. „Wounded Rhymes“ wirkt wie eine auditive

Fahrt durch eine dunkle, märchenhafte Theaterkulisse mit akustischen Spezialeffekten wie Gospel-Pop, Doors-Orgeln und synthetischen Stammestrommeln - eine lebhafte Mischung, die aber nie zu überladen wirkt. Trotz aller bestechender Pop-Qualitäten und großer Gefühle biedert sich die Platte bei niemandem an, sondern wahrt stets eine kühle Distanz. Lykke Li ist eben speziell: Ein wenig verschroben, ein wenig verkitscht, viel zu emotional, hochgradig melancholisch und eine fantastische Künstlerin. Kein Song wirkt zufällig. Keiner muss als Lückenfüller herhalten. „Wounded Rhymes“ ist eine runde Sache und weit mehr als bloße Indie-Disco-Unterhaltung. Text: Christine Stiller

1 hoffnungslos ** 2 üben ** 3 bemüht ** 4 egal ** 5 kann man machen ** 6 vorn dabei ** 7 gut ** 8 wichtig ** 9 grandios ** 10 Klassiker Adept Death Dealers

(Panic&Action/Indigo) Geschichte wiederholt sich doch: Vor genau einem Jahr veröffentlichten Adept ihr Debütalbum, kombinierten darauf wie unzählige Bands zuvor brutale Moshparts, poppige Refrainzeilen und Alexisonfire-artige Mitgröhl-Chöre - und konnten trotz dieses tausendfach gehörten Mixes überzeugen. Jetzt steht Platte Nummer Zwei in den Startlöchern, macht stilistisch genau dasselbe - und erstickt trotzdem wieder jegliche Kritik im Keim; massiver Spielfreude, unglaublicher Wucht und zuckersüßen Hymnen sei Dank. Kein Wunder, dass die Schweden kürzlich im Vorprogramm von A Day To Remember so abräumten - genau wie die Amerikaner machen sie fehlende Eigenständigkeit durch grandioses Songwriting wett und kontern jeden erhobenen Zeigefinger mit einem gezielten Moshpit-Tritt. Plagiate können so schön sein. 7

Text: Tito Wiesner

Agnostic Front My Life My Way

(Nuclear Blast/Warner) Der eingefleischte Agnostic Front-Fan wird jubeln, war es doch beinahe vier Jahre ruhig um das HardcoreUrgestein aus New York, das wie kaum eine andere Band aus dem CBGBsDunstkreis sein Genre prägte. Auch nach fast drei Jahrzehnten ist das lärmende Quartett nicht müde geworden anzuprangern, was in dieser Welt nicht passt. Sänger Miret brüllt auf 13 Songs wie eh und je, zäh, etwas verbissen und unglaublich eindringlich. Im Hintergrund der im Mana Recording Studio in Florida unter der Leitung von Erik Rutans aufgenommenen Scheibe: donnernde Drums, sowie ganz viel Krach, der trotz der für Agnostic Front so typischen Aggressivität nicht nur sehr eingängig, sondern auch verdammt melodiös ist. HardcoreFreunde werden das Album lieben, jeder andere kann damit zumindest die Nachbarn nerven. 6

Text: Sarah Näher

Asian Dub Foundation A History Of Now

(Cooking Vinyl/Indigo) Das klingt typisch nach britischer Dancemusic, bei der Fun-Da-Mental und M.I.A grüßen! Das Zusammenprallen diverser Kulturen und Stile wie Elektro, Rap, Dub und diesmal noch einer gehörigen Portion Rock vermischen Asian Dub Foundation auf ihrem neunten Studioalbum in 16 Jahren wieder zu einem Sound, der die Revolution tanzbar macht. Im (Video zum) Titeltrack kriti-

siert die Band den medialen Overkill, bei „Where’s All The Money Gone?“ wird die Finanzkrise thematisiert und bei „This Land Is Not For Sale“ der Kampf gegen Enteignungen für einen Großflughafen in der Nähe von Mexiko-Stadt. Neu erfinden ADF hier nichts, sind aber definitiv auf der Höhe der Zeit und perfekt darauf eingestimmt, die Meute in Bewegung zu bringen. 6

Text: Holger Muster

Beady Eye Different Gear, Still Speeding

(Beady Eye/Indigo) Kaum ist ein Song der Oasis-Nachfolge-Band zu hören, geht die Jagd aller Musikjournalisten nach den besten Häme-getränkten Formulierungen los. Dabei war die erste Single „Bring The Light“ gar nicht so schlecht und die harsche Kritik voreilig. Nach intensiver Studie der knapp 52 Minuten langen Liedersammlung ist es jetzt jedoch amtlich: Diese neue Band ist in früheren Zeiten schwelgendes Mittelmaß. Wirklich ganz netter Rock’n’Roll, jedoch kaum zwingend in seiner Instrumentierung oder dem Songwriting - Liam Gallaghers Stimme hin oder her. Es ist leider genau so, wie man es von mit hohen Erwartungen beladenen Nachfolgebands befürchtet. Richtig schlimm wird es, wenn etwa in „Wind Up Dream“ das aalglatte Siebzigerjahre-Solo von einem ganzen Chor mitgesungen wird. Das Gerücht einer Oasis-Reunion macht nun, wie sollte es anders sein, erst Recht die Runde. Für diesen Fall wäre man vor weiteren vermutlich recht geschmacksneutralen Beady Eye-Platten sicher. Ob der Preis dafür zu teuer wäre, schließt an die Gretchenfrage der Neunzigerjahre an. 4

Text: Volker Bernhard

Beth Ditto EP

(Sony) Gossip, allen voran Sängerin und Berufs-Lesbe Beth Ditto, haben sich von der Indie-Freak-Show aus Olympia, Washington, bis zum weltweiten Mega-Act hochgespielt. Ein nicht unwesentlicher Anteil Punk-Attitüde, DiscoSound und die großartige Soul-Stimme Dittos sind die musikalischen Grundlagen, auf denen sich ihr Erfolg begründet. Das vier Titel umfassende Solodebüt der stimmgewaltigen Wuchtbrumme - produziert von den Elektro-Super-Stars

Simian Mobile Disco - geht es derweil ruhiger an. Synthesizer-Vorhänge verhüllen springende Flummi-Bassläufe, das in der elektronischen Musik obligatorische Klatschen lässt „EP“ als housige Lounge-Platte erscheinen. Ditto ist nach wie vor einmalig, die Arrangements zuweilen austauschbar. „Goodnight Goodmorning“ hat dennoch das Potenzial zum After-Hour-Hit: Sonntags 15.00 Uhr, zum Runterkommen. 6

Text: Frédéric Schwilden

The Blue Van Love Shot

(Iceberg/Intergroove) Die Dänen haben inzwischen Rock'n'Roll-Routine und hantieren auf Album Nummer Vier noch immer gekonnt mit ihren Lieblingszitatgebern. The Kings, Cream und The Who haben im Vergleich zu früheren Langspielern allerdings ordentlich an Einfluss eingebüßt und mussten Platz für Neurungen machen: Statt Sixties-Geschepper hat "Love Shot" den Schuss mehr Sleaze, mehr Siebziger-Kitsch und ja, mehr Gefühl. Meist lässt das die Songs zu Soft-Rockern und dank watteweicher Produktion zu ordentlichen Großformaten werden. "Woman Of The Wrong King" schmiert als notorische Ballade fast schon in Befindlichkeitsgeheul mit Gitarrensolo und Geige ab, doch The Blue Van ziehen ihre Retro-Nummer gekonnt durch und trumpfen mit "Love Shot" in gewohnter Manier auf. An die Originale werden sie aber auch diesmal nicht heranreichen. 6

Text: Britta Arent

Bonsai Kitten Done With Hell

(Wolverine/Soulfood) Nach dem Debütalbum von 2007 legen die vier Berliner um Frontfrau Tiger Lily Marleen jetzt mit "Done With Hell" ein neues, deutlich reifer produziertes Album nach, das musikalisch eine gesunde Mischung aus Rock'n'Roll, Psychobilly und einen Hauch von Punk bietet. "Killbilly" nennt die Band ihren zusammengebrauten Musikstil, und das Album zeigt mit Songs wie "Please Mr. Jailer", "Don't Mess With Me" oder "Virgin Suicide", dass die Ambitionen da sind, irgendwann einmal auf einem Tarantino-Soundtrack zu landen. "Done With Hell" bietet zehn abwechslungsreiche, rotzige Songs mit kraftvoller Stimme, und als bekennender Fan hat auch Köfte DeVille von Mad Sin im gleichnamigen Titeltrack einen Gastauftritt. Ein solides Album mit viel Sexappeal. Letzterer wird nur noch von ihren Live-Auftritten getoppt. 7 Text: Marius Doben

Bosse Wartesaal

(Universal) Bei Bosse nicht in Begeisterungsstürme auszubrechen, ist beinahe so wie Bambi nicht zu mögen - ein absolutes Kapitalverbrechen. Ist der Kritikerliebling aus Hamburg doch so etwas wie das Wunderkind unter den deutschsprachigen Songwritern. Wer bei Bosses viertem Studioalbum „Wartesaal“, das wie bereits der Vorgänger „Taxi“ von Jochen Naaf produziert wurde, dennoch nur mit den Schultern zuckt, stört sich vermutlich vor allem an zwei Dingen: der teils befremdlichen Metaphernwahl und der extremen Überpräsenz an Gefühl. Sicher, komponieren kann er, der Bosse. Auf zwölf Songs wird saubere Popmusik präsentiert, gespickt mit ein paar elektronisch-tanzbaren Titeln („Roboterbeine“) und dem mit Silly-Sängerin Anna Loos aufgenommenen „Frankfurt Oder“. Das Fazit: Wirklich nett, aber leider auch etwas belanglos. 5

Text: Sarah Näher

Boyhitscar Stealing Fire

(Swell Creek/Soulfood) Wir schreiben zwar das Jahr 2011, aber es gibt sie immer noch: Bands, die einen Sound irgendwo zwischen Crossover, Nu-Metal und Nu-Rock spielen. Wenige zwar, die dann fast immer aus den USA kommen und meistens auch eher unbeobachtet von der breiten Masse agieren. Aber wenn man, wie Boyhitscar, bereits seit 1993 aktiv ist, darf man auch so klingen, als würde man immer noch mit Incubus jammen, Papa Roch supporten oder Alien Ant Farm covern. Zeitgemäß ist hier eigentlich nur die dicke Produktion, alles andere lässt an US-Radio in den späten Neunzigern auf dem Lande denken. Was negativer klingt, als es gemeint ist - wer den angesprochenen Sound mag, die alten CDs aber nicht mehr hören kann, findet mit „Stealing Fire“ einen durchaus gelungenen Retro-Trip. 6

Text: Tito Wiesner

Buffalo Tom Skins

(Scrawny/ADA/Warner) Anfang der Neunziger genügte der Name Buffalo Tom, um „Alternative“ hinreichend zu beschreiben. Alben voll rauher Hymnen, Gastauftritte in „Wilkommen im Leben“, der Teenie-Serie für alle, denen „Beverly Hills, 90210“


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PLATTEN

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zu Mainstream war, und eine Präsenz, die stets das gepflegte Understatement bemühte, machten Frontmann Bill Janovitz und seine Kollegen zum Gegenentwurf zu Eurodance und Plastik-Pop. Das sind Buffalo Tom auch mit „Skins“, ihrem achten Album, noch - aber die Feinde sind ihnen abhanden gekommen. Vielleicht fehlt dem neuen Opus deshalb der melancholische Trotz, der „Big Red Letter Day“ oder „Let Me Come Over“ zu großen Alben gemacht hat. „Skins“ ist immer noch ein gutes Album, auf dem Buffalo Tom naturgemäß etwas leisere Töne als „damals“ anschlagen, wirkt aber hoffnungslos anachronistisch. 6

Text: Timo Richard

Carl Norén Owls

(EMI) Man kann vom Solodebüt eines Sugarplum FairysMitglieds doch eigentlich nicht viel erwarten. Oder doch? Überraschenderweise macht Carl Norén im Alleingang eine bessere Figur als zuletzt mit Sugarplum Fairy. Es ist nicht zu leugnen, dass das Gros der Aufmerksamkeit, die seiner Band zu Teil wurde, hauptsächlich seines älteren Bruders Gustaf Norén (der Hübsche von Mando Diao) zu verdanken war. Mit seinem Soloalbum befreit sich Carl Norén nun von den Fesseln des Indie-Rock und klingt dabei weitaus verträumter, erwachsener und meistens intelligenter als es sein großer berühmter Bruder je tat. Selbstverständlich ist "Owls" kein Meilenstein der neueren Musikgeschichte, dennoch lässt es uns nicht ratlos zurück, wie viele andere Singer/Songwriter-Platten, die irgendwo ins Nirgendwo verschwinden. Und selbst wenn - es war schön, für diesen einen Moment. 7

Text: Franziska Schuh

The Cave Singers No Witch

(JagJaguwar/Cargo) Seattle hat die besten Zeiten hinter sich - vor 20 Jahren ging hier die Post ab, doch seit Nirvana,

Pearl Jam & Co. ist es sehr ruhig um die Metropole im Nordwesten der USA geworden. Ab und an schaffen es allerdings ortsansässige Acts, von sich Reden zu machen: Einer von ihnen nennt sich The Cave Singers und veröffentlicht mit „No Witch“ das dritte Album, das den zuvor vom Trio um Sänger Pete Quirk eingeschlagenen Weg ein wenig korrigiert mehr Folk, weniger Rock und durch die Bank weg Songs im radiotauglichen Drei- bis Vier-MinutenFormat bestimmen die Platte, und natürlich ist das alles sehr unterhaltsam. Eine Karriere wie die oben erwähnter Bands wird „No Witch“ aber nicht nach sich ziehen - trotzdem toll, dass The Cave Singers ein Stück weit daran erinnern, warum Seattle einst der Nabel der Welt war. 5

Text: Marcus Willfroth

Chain & The Gang Music’s Not For Everyone

(K/Cargo) Wenn Ian Svenonius mit einer neuen Band um die Ecke kommt, kann man sicher sein, dass es dabei außergewöhnlich zugeht. Das war schon bei Nation of Ulysses und The Make-Up der Fall. Auch auf dem zweiten Album seiner neuen Kreativzelle geht es zwar minimalistisch, aber sehr unterhaltsam zu. Slackerhaften Garage-Rock, Detroit-Soul, nerdigen Funk und geisterhaft psychedelischen Doo-Wop verkettet der Meister gekonnt zu einer wirklich unterhaltsamen Folge von Ereignissen. Mit seinem trockenen, reduzierten Sound ist „Music’s Not For Everyone“ dabei ebenso kauzig wie groovig geworden. Mag sein, dass diese Musik nicht wirklich was für jedermann ist, für Leute, die das bisherige Schaffen von Svenonius schätzen und somit ohnehin einen exquisiten Musikgeschmack besitzen, eignet sie sich bestens. 7

Text: Tim Kegler

The Chapman Family Burn Your Town

(PIAS/Rough Trade) Wenn der NME anfängt, mit den Flügeln zu schlagen und zu hyperventilieren, ist entweder was dran am Theater - oder es ist, wie so oft, nur ein kurzer Anfall von Hypochondrie. Als The Chapman Family 2009 für das Magazin durch England tourte, wurde schon gespannt auf das Debüt geschielt, doch die Band ließ sich Zeit und veröffentlichte lediglich ein paar Durchhalte-Singles. "Kids" war eine davon, und wer ein Album ähnlicher Machart erwartet hat, wird überrascht sein. So schnell, wendig, hitzig und Punk-verliebt klingt das Quartett auf "Burn Your Town" genau anderthalb Mal, wenn man "All Fall" gelten lässt. Stattdessen nutzen The Chapman Family so ziemlich jede Biegung aus, die das englische PostPunk-Korsett zulässt, inklusive Noise, Feedback und Melodiespielereien. Hype hin oder her, das Album ist gut. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. 6 Text: Katja Taft

Coogans Bluff Magic Bubbles

(World In Sound/Van 360/Rough Trade) Die amerikanische Wüste könnte im Grunde im Norden Deutschlands liegen. Das deuteten zumindest die Stoner-Blues-Rocker Coogas Bluff aus Rostock mit ihren vorigen Platten an. Nun scheint es deutlicher denn je: Die vier Jungs sind zur falschen Zeit am falschen Ort. In den Siebzigerund Achtzigerjahren, im Westen der USA, dort wo sich das Land in die ewige Einöde erstreckte und Stoner-Rock noch etwas bedeutete, wäre dieser Band wohl mehr Interesse zugetragen worden. Hier und Jetzt scheint "Magic Bubbles" wenig originell und daher wird das Interesse an der neuen Platte nur so weit reichen, wie ihr kürzestes Stück lang ist. Falls also der Doc mit seinem Fluxkompensator auftaucht, sollte das eingespielte Quartett die einmalige Chance nutzen und zurückreisen in eine Zeit, in der die Welt noch in Ordnung und Hendrix, Kyuss und Co. der neue heiße Scheiß waren. 5 Text: Franziska Schuh

Crowbar Sever The Wicked Hand

James Blake James Blake (Universal)

CONTRA

Natürlich – nach all der Lobhudelei kauft man James Blakes’ Debütalbum auch ungehört. Die gemeine Indie-Schnitte ist schließlich in Trendfragen ein Rudeltier. Doch genau damit könnte jeder, der von Musik außer dem großen theoretischen Hype auch etwas Angenehmes für Ohr und/oder Tanzbein erwartet, die erste Fehlinvestition des Jahres getätigt haben. Sicher, James ist jung und will natürlich innovativ und ganz besonders sein. Allerdings wäre er das auch gewesen, hätte er „Alle Meine Entchen“ rückwärts auf dem Kamm geblasen. Dann wäre wenigstens in einem Song statt eklatanter Auslassungen und sporadischem Gesangsgestammel mal so etwas wie eine Melodie und Kontinuität zustande gekommen. Welch profaner Wunsch. Doch mal ehrlich, wer zieht sich schon gern Stacheldraht durch die Nervenfasern? Eben. Ach Elektro-Zirkus, du kannst so grausam sein. Text: Christine Stiller

PRO

Wer nach "Limit To Your Love" in die Lobgesänge auf James Blake eingestimmt hat, den könnte der Rest seines Albums treffen wie ein Schlag. Die Coverversion des Feist-Songs ist der größte gemeinsame Nenner, den Eingängigkeit und Komplexität auf dem Debüt des jungen Engländers finden. Der Rest ist für Format-gewöhnte Ohren vergleichsweise schwer zugänglich. Introspektiv, nicht plakativ, baut Blake seine Post-Dubstep-Konstrukte behutsam auf, reißt sie ein oder lässt sie abfallen wie "The Wilhelm Scream" meisterhaft beweist. Spannung wird durch Sparsamkeit generiert, Beats und Stimme entgegen der verbreiteten Hörgewohnheit eingesetzt, so dass die Songs so zerbrechlich wirken, wie die von Antony Hegarty. Wenn man den Kitsch und die Vorhersehbarkeit von Pop abschabt bleibt das, was James Blake geschaffen hat. Und das ist nicht weniger als großartig. Text: Ina Göritz

(Century Media) Im 23. Jahr ihres Bestehens legen Crowbar noch mal richtig vor. Die Sludge-Metal-Legende um Kirk Windstein hatte zuletzt 2006 von sich hören lassen; neben einigen Touren war Windstein zwischenzeitlich vor allem mit anderen Projekten beschäftigt, besonders mit Down. Aber was für ein Wiedersehen! Ein Lied nach dem anderen haut dem Hörer wie mit der Faust in die Magengrube, von hinten in die Nieren, mit voller Kraft gegen das Schienbein - und tritt selbst noch nach, nachdem man auf dem Boden liegt. Ein dampfwalzender, riff-gewitternder, triumphaler Hit nach dem anderen, mal klassischer Sludge, mal einfach Instrumental, mal grandios an uralte Metallica erinnernd (vor allem das Titellied). Düster, rauh, tonnenschwer, dabei trotzdem fast einfühlsam - „Sever The Wicked Hand“ ist ein absoluter Knaller! 8

Text: Hans Vortisch

Dadajugend Polyform Louis De Marsalle

(ADP/Alive) Frühkindliches Gestammel unterlegt mit schrillem, monotonen Synthetiksound – der Bandname könnte unschöne Vorstellungen wecken. Wer dada sagt, muss schließlich auch mit Vorurteilen rechnen. Doch alles Quatsch. Während sich die künstlerische Bewegung des Dadaismus als Antikunst verstand, tun Dadajugend Polyform alles, um mit ihren Rezipienten im Reinen zu sein. Synthie-

Pop ist in, tanzen macht Spaß und wer Musik an PC und Keyboard produziert, schwitzt die schicken Disco-Klamotten auch nicht durch. DP bieten hier elf gute Songs tanzbarsten Elektro-Pops zum Spaß- und Liebhaben. So simpel ist das: eingängige Melodien und dufte Beats, zu denen auch Tänzer mit weniger motorischem Talent eine ganz passable Figur abgeben werden. Wenn dadas nichts ist. 6 Text: Christine Stiller

Darkest Hour The Human Romance

(Century Media/EMI) Darkest Hour haben sich wieder eingekriegt! Nach einigen mittelmäßigen MetalCore-Alben haben sich die Jungs aus Washington, D.C., wieder an ihre Anfänge vor 15 Jahren erinnert, als sie fast lupenreinen Göteborger Death-Metal spielten. Zwischendrin ging der Biss und die Ideen verloren, aber "The Human Romance" knallt wieder ordentlich. Sicherlich, für die Verfechter der reinen Lehre sind hier zu viele Melodien im Gesang und zu wenig Gegrunze, auch das Tempo variiert zu stark. Aber gerade das macht Darkest Hour endlich wieder spannend, ohne die von früher gewohnte Aggressivität vermissen zu lassen. Sogar das reine Instrumentalstück "Terra Solaris" vermag zu überzeugen. Der Killer ist aber "Your Everyday Disaster", bei dem einfach alles stimmt - Riffing, Melodie, Chorus, Solo. So kann's gerne 15 Jahre weitergehen. 7

Text: Hans Vortisch

Devotchka 100 Lovers

(Epitaph/Indigo) Wären Devotchka Fußballer, könnte man sagen: Die Mannschaft hat gerade einen Lauf. Und das schon seit einiger Zeit. Ausverkaufte Tourneen mit Gogol Bordello, Slots auf Festivals wie dem Loolapalooza, die ’Grammy’Nominierung für den Soundtrack von „Little Miss Sunshine“ - die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Auch weiterhin sollte es für die vier US-Amerikaner gut laufen, denn ihre Mischung aus osteuropäischen Folk-Roots und Americana funktioniert auch auf „100 Lovers“ ausgesprochen gut. Ein Jahr lang haben Devotchka an dem Album gefeilt und es sich nicht nehmen lassen, Gäste wie David Byrne und Calexico ins Studio einzuladen. Dass die ursprünglichen Einflüsse zugunsten einer ordentlichen Portion Pop und großer Gesten zurückgenommen wurden, ist zu verkraften, auch wenn manchmal haarscharf die Grenze zum Kitsch gestreift wird. Sollte in naher Zukunft mal ein „Doktor Schiwago“-Remake anstehen, sind Devotchka definitiv die heißesten Anwärter auf den Soundtrack. 7

Text: Tim Kegler

Does It Offend You, Yeah? Don’t Say We Didn’t Warn You!

(Cooking Vinyl/Indigo) DIOYY proklamierten schon auf ihrem Erstlingswerk: "We Are Rockstars". Nun beweisen die Briten mit dem Nachfolger, dass sie noch viel mehr sind - oder zumindest sein wollen. Bei aller Liebe: Von einer homogenen Platte kann hier nicht gesprochen werden. In starken Momenten des Albums stehen sie Bands wie Hadouken! oder The Prodigy in nichts nach. In den schwächeren möchte man allerdings lieber ausschalten. Besonders dann, wenn sich das Dance-Punk-Quintett in Genre vorwagt, denen es nicht gewachsen ist. James Rushents Stimme ist zu dünn, als dass sie bei den uninspirierten Indie-Geplänkel-Songs in den Vordergrund treten dürfte. So drängt sich unweigerlich das alte Sprichwort mit dem Schuster und seinen Leisten auf: DIOYY sind eine New-Rave-Live-Band. Punkt. Glücklicherweise beweisen die besseren Tracks dieser Platte genau das. 6

Text: Franziska Schuh


unclesally*s magazine

Dropkick Murphys Going Out In Style

(Cooking Vinyl/Indigo) Sie haben immer noch die schönsten Schunkel-Melodien, die derbsten Sing-ALong-Refrains und die ausgewogenste Irish-Folk vs. Punk-Mischung im Herzen. Mit Album Nummer Sieben zementieren die Bostoner Hardcore-Folker ihren Kultstatus mühelos. Gastauftritte gönnen sich diesmal NOFX-Urgestein Fat Mike und Chris Cheney (The Living End). Ideelles Highlight ist jedoch die Zusammenarbeit mit dem Homie und dicken Dropkick Murphys-Freund Bruce Springsteen beim Klassiker „Peg O’ My Heart“. „Going Out In Style“ erzählt neben all dem die Geschichte des irischen Immigranten Cornelius Larkin und so geht es um das Leben, die Liebe, die Freundschaft. Als nächstes in diesem Theater dann vielleicht der Film zur Musik und das Buch zum Film. Bis dahin kann frisch aufgelegt und in bekannter Manier gesungen, getanzt und gefeiert werden. 7

Text: Kristin Sperling

Dum Dum Girls He Gets Me High

(Sub Pop/Cargo) Never Change a running system. Dass die Dum Dum Girls seit ihrem letztjährigen Debüt „I Will Be“ durch Indie-Land laufen wie Forrest Gump ist kein Geheimnis. Dementsprechend klingen die vier auf „He Gets Me High“ versammelten Songs kaum anders als die auf „I Will Be“: SixtiesSurf und Punk hüpfen Hand in Hand durch DreamPop-Weiten, klingen dabei etwas weniger nach Garage - aber wer sollte sich darüber beschweren? „He Gets Me High“ versammelt drei hypermelodische Dum Dum-Ohrwürmer und eine soundtechnisch justierte Smiths-Coverversion („There Is A Light That Never Goes Out“), die dem Surf-Indie-Sampler 2010 mit leichter Verspätung neue Perlen hinzufügen. Ein viel zu kurzes Vergnügen. 8

Text: Timo Richard

Earl Greyhound Soft Targets

(The Organisation/Soulfood) Mit ihrem „Suspicious Package“ hatte das New Yorker Trio 2010 eine Menge Staub in der Musikwelt aufgewirbelt. Ihr überbordender, psychedelischer Retro-Rock klang nicht nur auf Platte so frisch und energiegeladen, auch live hinterließ das emsig tourende Gespann eine Menge glücklicher Gesichter. Grund genug, das 2006er-Debüt „Soft Targets“ nun auch in Europa endlich allen zugänglich zu machen, die mehr wollen. Zu unserem Glück. Denn ihr Händchen für mitreißende Riffs, herrliche Harmoniegesänge und druckvolle Rock-Tunes hat die Band ja nicht erst seit gestern. Lohnt sich. 7

Text: Robert Goldbach

Findus Mrugalla

(Delikatess Tonträger/ Broken Silence) Und jetzt? Grundsympathische Band macht komisches zweites Album. Was soll man dazu sagen? Vielleicht das: Es ist gar nicht so einfach, die Perlen im „Mrugalla“-Sumpf zu finden. „Dora und Peter“, mit seinem energischen Refrain, ist sicher eine. Ansonsten erschweren die stumpfe Produktion und die relative Gleichförmigkeit der Lieder den Zugang zu Findus aus der Dose erheblich. Klingt so, als könnte die Band sich nicht zwischen Kopf oder Arsch als Hauptverarbeitungsorgan für ihre Lieder entscheiden. Live könnte das parolenhafte der kryptischen, oft aber seltsam betonten Texte allerdings gut zünden. Oder anders: Der „Mrugalla“-Sumpf ist voller Perlen, sofern man vom bandeigenen Mix aus Kettcar-Indie und Turbostaat-Punk nicht genug bekommt. 5

Text: Timo Richard

Found Factorycraft

(Chemikal Underground/ Rough Trade) Sozialromantik vom alten Schlag: Bei Found aus Edinburgh handelt es sich um Allround-Künstler, die in ihrer Anfangszeit zum Brötchenverdienen in der Fabrik malochen mussten, was auch gleich den Titel ihres Debüts erklärt. Als Found Collective hauen sie allerdings lieber die Songs am Fließband raus. Dass die Gruppe in der elektronisch-experimentellen Ecke gestartet ist, hört man ihrem detailverliebten Debüt noch an. Selbst wenn Bass, Gitarre und klassisches Songwriting inzwischen den Ton angeben, haben die Schotten hörbare Freude dran, die klanglichen Möglichkeiten ihrer Effekte auszureizen. Das macht ihren wavigen GitarrenPop wenigstens partiell interessant, auch wenn man von dem Künstlerkollektiv vielleicht noch Spannenderes erwartet hätte. 5

Text: Robert Goldbach

Funeral For A Friend Welcome Home Armageddon

(Roadrunner/Warner) „The changes to our line-up reignited our passion and kicked our asses“, kommentiert Funeral For A Friend-Sänger Matthew Davies-Kreye den Weggang des alten Gitarristen - und besser hätte er das neue Album „Welcome Home Armageddon“ auch kaum beschreiben können. Auf einmal wird sogar wieder geschrien, der Wut freien Lauf gelassen, ein mitreißendes Feuerwerk gezündet; der brachiale Ohrwurm-Brecher „Front Row Seats To The End Of The World“ oder das schnelle „Aftertaste“ sind nur zwei von zahlreichen vor Energie schäumenden Hits. Keine Sorge: Die großen Melodien, der Pathos und die Emotionen sind auch noch da. Nur klingen die Waliser jetzt endlich wieder mitreißend, hymnisch, teils im Grunde so wie in den Screamo-Anfangstagen - nur eben ausgefeilter, vielseitiger, leidenschaftlicher. Der Name ist Programm: Welcome Home! 7

Text: Tito Wiesner

Gil Scott-Heron And Jamie XX We’re New Here

(XL/Beggars/Indigo) Das Ganze klingt schon auf dem Papier zu gut: Gil ScottHeron ist Held der SpokenWord-Bewegung und erst letztes Jahr mit „I’m New Here“ nach 13 Jahren Pause zurückgekehrt. Dieses späte Meisterwerk wurde von Jamie Smith nebenbei geremixt, auf der ausufernden Welttournee seiner Band The XX, der Konsensband des letzten Sommers. Die beschwörenden Phrasen, das Zetern, jedes Atemgeräusch oder Knurren ein perkussives Element - diese Stimme ist schlichtweg ein dankbares Remixobjekt. Kalt und entkernt klingen die dazu produzierten Sounds. Bitte unter keinen Umständen zuviel - man hört Jamie XX das Ringen um Angemessenheit förmlich an. Die Räume mit Spuren vollzustellen ist keine Herausforderung, minimalistisch dem Ganzen einen Stempel aufzudrücken und zugleich Heron eine Brücke zu zeitgemäß düster-elektronischer Musik zu schlagen, hingegen schon. Wenn der Song auch bereits letztes Jahr weite Kreise zog, in dieser neuen Version erhält „NY Is Killing Me“ eine fesselnde Bedrohlichkeit. Selten wirkte das Remixalbum als Kunstform so natürlich. 8

Text: Volker Bernhard

Gus Black The Day I Realized

(India/Rough Trade) Es dauerte fünf Alben lang, bis Gus Black sein Genie vollkommen ausformulieren konnte: Im Jahre 2008 legte er mit „Today Is Not The Day...“ eine Platte vor, die dunklen Folk-Noir preisgab, an den düsteren Leonard Cohen erinnerte und ganz viel vom persönlichen Ballast des Machers selbst transportierte - nun,

so sagt dieser, habe alles wieder einen Sinn in seinem Leben: Mit „The Day I Realized“ feiert Gus Black die Liebe, die Lust und versucht den Moment einzufangen, der zur Ewigkeit werden kann. Wenn es nach ihm ginge, zumindest. Denn freilich klingt das Ganze für den Hörer nicht wirklich vergnügt, oft sind es karge Akustik-Passagen, die kaum kaschieren können, dass Gus Black ein Zweifler par excellence bleibt. Mit Happy End allerdings, „The Day I Realized“ führt ihn zurück zum Glück. 7

Text: Marcus Willfroth

Helldorado Sinful Soul

(Checkpoint Charlie/Indie) Mit seinem schmackhaften Tex-Mex-Einopf aus Americana, Schlapphut-Rock und Surf-Gitarren, zu dem die Norweger gerne als Beilage Spaghetti-Western-Sounds reichen, hat das Trio aus Oslo schon in der Vergangenheit nicht nur bei Kinofreunden punkten können. Ausgerechnet ein Stück vom letzten Album namens „The Drinking Song“ erreichte - in der von der türkischen Nationalelf intonierten Werbespot-Version - ebendort ungeahnte Popularität. Abgesehen von solchen extraordinären Absurditäten kann man Helldorado als schummrig-scharfe Grenzgebiet-SpelunkenVariante von Nick Cave und aber in erster Linie allen einsamen Großstadt-Reitern uneingeschränkt ans blutende Herz legen. 6 Text: Danny Dubilski

Hoch/Tief Hoch/Tief

(Arctic Rodeo/Alive) Die Neunziger müssen zurück sein: Selig sind immer noch wiedervereint, US-Postcore-Legende Walter Schreifels bringt vier Jahre nach der Live-Reunion der Gorilla Biscuits sogar ein zweites Album der Rival Schools heraus, und auch Hoch/Tief aus Stuttgart

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waren als Waste, Upfront, Boiler und Cargo City schon ein paar Mal da. „Ich fühl mich heut’ so SO36“ singt Stephan Trinkl auf dem selbstbetitelten Debüt, meint damit seine Berliner PunkRomantik und klingt dabei trotz unüberhörbarer Emo-Core-Referenzen (Sunny Day Real Estate, Texas Is The Reason) fast wie einer dieser Crossover-Poser, die vor 15 Jahren mit weiten Hosen, großer Klappe und lauten Gitarren entsprechende Genresampler befüllten. Dass Hoch/Tief natürlich lieber die Antithese zu Rock-Klischees sein wollen, hört man der nostalgischen Grundstimmung ihrer 15 Sturm & Drang-Songs in den besten Momenten erfreulicherweise ebenfalls an. Vorbei sind die Hochzeiten ihrer Jugendhelden trotzdem. 5

Text: Fabian Soethof

J MASCIS SEVERAL SHADEs OF WHY

(Sub Pop/Cargo) Das zweite Soloalbum des nimmermüden Gniedelgotts J Mascis ist ein Feuerwerk der neutralen Laune, ein Star-gespickter Ski-Langlauf durch vom Leben gezogene Loipen und durch die tiefen Wälder einer in sich ruhenden Existenz. Was immer der Sänger von Dinosaur Jr anfasst, es wird mindestens zu Silber. So auch dieses gemütlich twangende Akustikalbum, das sich in den vergangenen Jahren halt so ergeben hat. Ein Song zu viel hier, eine anderswo ungebrauchte Idee dort, ein paar Abende mit Freunden (Kurt Vile, Sophie Trudeau, Kevin Drew) bei einem Kännchen Tee, fertig waren die wirre Schatten werfenden Reflektionen aus Js rastloser Seele; Stücke, die klingen wie die lang unterdrückten Schlachtrufe eines Schweigers. Wir sollten alle mal öfter das Maul halten. 8

Text: Flo Hayler


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MUSIK STORIES

Josh T. Pearson Last Of The Country Gentlemen

(Mute/Good To Go) Josh T. Pearson bietet auf seinem langersehnten Solo-Comeback das totale Kontrastprogramm zu seiner epischen musikalischen Vergangenheit. Geblieben ist die unverwechselbare archaische Stimmung, mit der er bereits zur Jahrtausendwende mit seiner damaligen Band Lift To Experience für Aufsehen sorgte. Deren geballte Soundwand ist Vergangenheit. Die Gegenwart besteht aus einer spärlich arrangierten One-Man-Show, die außer einer wehklagenden Stimme, weinerlichen Geigen und sehr sperrigem akustischem Gitarrenspiel nur wenig zu bieten hat. Pearson wirkt wie ein einsamer Cowboy im texanischen Wüstensand, der auf seiner verstaubten Gitarre versucht, sein Testament musikalisch umzusetzen. Teilweise über zehn Minuten lange Kompositionen, die am Ende mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern. 5

Text: Kai Butterweck

Julia Stone In The Memory Machine

(Flock Music/PIAS) Bevor Angus & Julia Stone gemeinsam Musik machten, taten sie es jeder für sich, und zwar mehr oder weniger erfolglos. Dabei liefert Julias Solodebüt "The Memory Machine", das bereits 2008 und damit vor dem familiären Karrierestart aufgenommen wurde, keinen triftigen Grund für die ausbleibende Aufmerksamkeit von damals, beweist aber auch, warum die beiden so viel besser als Duo funktionieren. Ohne brüderlichen Gegenpart verheddert sich Julia Stone schnell in süß-verträumten und melancholischen Momenten. Die musikalische Umsetzung klingt herzallerliebst, wenn man Hope Sandoval mag, plätschert aber oft auch ohne Highlight dahin. Die Up-Tempo-Ausnahme "Catastrophy" liefert die Abwechslung, sorgt aber auch dafür, dass man die Dynamik des Stone'schen Doppels noch ein bisschen mehr vermisst. 6

Text: Britta Arent

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Jupiter Jones Jupiter Jones

(Four Music/Columbia) In einem Land jenseits scheußlicher Tapeten und Urlauben in Catatonia scheint die Welt voller Pop, zumindest im Jupiter Jones-Kosmos. Die sind nun schon lange keine Neuentdeckung mehr, wird also Zeit, sein Album auch mal nach sich selbst zu benennen. Im selben Atemzug lernt die Band wohl auch eine neue Seite an sich kennen. Gut, das ist vielleicht etwas überzogen aber dennoch nicht weitab von der Realität. Dieses säuselige Pop-Album, in dem Hunde als Türstopper deklariert werden, ist durchschnittlich gut, aber man vermisst DEN Hit und DIE Ballade, worauf man doch bei Jupiter Jones bislang immer setzen konnte. Und überhaupt scheint alles etwas seltsam unspektakulär, bewegende Momente wie bei früheren Werken sucht man vergeblich. 5

Text: Sarah Gulinski

Käfer K Von Scheiternden Mühen

(LaLa Schallplatten/Broken Silence) Schlechte Nachricht zuerst: Dies ist der mit Abstand unpassendste Plattentitel. Denn die gute Nachricht ist: Mit Scheitern hat das erste Studioalbum der Käfer K nicht im entferntesten etwas zu tun! Statt mit Hochglanzcover-Artwork und fettem Management im Rücken findet die Promo-Kopie des Debüts auf einem Rohling aber immerhin mit Trockenblume drauf drapiert seinen Weg zu uns. Songs und Texte voll mit Situationen, die jeder Anfangzwanziger kennt: Man wird erinnert an Disney und „Die Unendliche Geschichte“, was in etwa die gleiche wohlige Stimmung hervorruft wie die Filme selbst. Käfer K sind in der Nische des deutschen Emo-Punk zu Hause, wo sich auch Adolar, Planke oder Willy Fog heimisch fühlen. Einen USP (ja, diese Abürzung gerne mal googeln) haben Käfer K dennoch, den markanten Gesang, der in die Kategorie "Lieben oder Hassen" fällt. Dabei ist es so offensichtlich: Lieben! 8

Text: Sarah Gulinski

Springtime on the Dancefloor Natürlich ist es völliger Quatsch, Musik nach Jahreszeiten einteilen zu wollen. Gute Musik ist gute Musik, und man tanzt im Sommer kaum zu anderen Beats als im Winter. Aber was Musik dann eben doch kann, ist Frühlingsgefühle wecken. So geht es einem zumindest mit „The Beat And The Bird“ (Gomma/Groove Attack), dem dritten Album von Munk. So frisch, so bunt, so weltläufig klang Mathias Modica noch nie. Wo andere sich mit zwölf Gastsängerinnen (darunter Clara Cometti oder Lou Hayter vom New Young Pony Club) und einer musikalischen Konfettikiste aus Italo-Pop, Chanson oder Disco-Funk zwischen alle Stühle setzen würden, fegt Munk einfach lässig darüber hinweg und grinst auch noch dabei. Wie soll man da nicht verknallt sein?! Seine größten Konkurrenten um unsere Zuneigung sind Fenech-Soler mit „Fenech-Soler“ (B-Unique/ Warner). Das britische Quartett hat mit Indie-Pop mindestens genauso so viel zu tun wie mit Neunziger-Rave und Disco-Flitter und treibt so sehr die Beats voran, dass man stets fürchtet, ihrem Debütalbum ginge irgendwann die Luft aus. Passiert aber erfreulicherweise nicht. Erst einmal bei einem Flirt belassen wir es bei Paris Suit Yourself und „My Main Shitstain“ (Big Dada/Rough Trade), denn für was Festes sind die Wahl-Berliner mit ihrer rauen Attitüde doch ein bisschen zu anstrengend. Genauso wie die ‚Elektro meets Klassik’-Mischung von Nils Frahm & Anne Müller auf „7fingers“ (Erased Tapes) so zart und zurückhaltend ist, dass wir uns erst einmal in Ruhe kennenlernen müssen, um zu sehen was daraus wird. Eine Frage, die sich bei den Round Table Knights und ihrem Debütalbum „Say What?!“ (Made To Play/Rough Trade) nur bedingt stellt: Die bunte House-Mischung taugt zum gelegentlichen miteinander Feiern, aber mehr auch nicht. Wenn alles schief gehen sollte diesen Frühling, ist aber zum Glück auch Verlass auf ein paar alte Freunde. Ellen Allien rückt auf „Dust Remixes“ (Bpitch Control) ihren feinen Techno noch mal in ein ganz neu glitzerndes Licht, die Pet Shop Boys haben mit „The Most Incredible Thing“ (EMI) erstmals die Musik für ein Ballett geschrieben und sind doch wieder ganz bei sich, genauso wie The Human League. Die klingen derweil auf „Credo“ (PIAS/Wall of Sound/Rough Trade), ihrem ersten Album seit zehn Jahren, wie früher. Ach, und einen neuen Sampler von Kitsuné, wo man einst schon erste Kontakte mit Munk oder Fenech-Soler knüpfte, gibt’s auch: „Kitsuné Parisien“ (Kitsuné/Rough Trade), mit viel neuem französischen Elektropop für Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Text: Patrick Heidmann

Kurt Vile Smoke Ring For My Halo

(Matador/Beggars/Indigo) Unendliches Name-Dropping im Begleitschreiben eines Albums ist immer ein zweischneidiges Schwert. Im Falle von Kurt Vile fallen darin Namen wie My Bloody Valentine, Leonard Cohen, Nick Drake und Dinosaur Jr, Was uns aber all das eigentlich sagt ist: Dieser Künstler ist beliebt, integriert und respektiert, aber kann die Referenzliste auch das Niveau eines Albums heben? Nun, es scheint, als sei Kurt Viles viertes Album nichts weiter als ein liebloses Zitieren musikalischer Größen, angefangen bei düsterem Akustik-Rock à la Red House Painters bis hin zu verschrobenen Sound-Aneinanderreihungen wie im seltsamen „Jesus Fever“. Was dann bleibt ist also eine undefinierbare, ermüdende Platte, die nicht einmal schlecht ist, eben nur nichtssagend und der Hoffnung schürenden Ankündigung diesmal nicht gerecht wird. 5

Ron Sexsmith Long Player Late Bloomer

Text: Steffen Sydow

(Cooking Vinyl/Indigo) Spätestens mit „Long Player Late Bloomer“ steht es unumstößlich fest: Ron Sexsmith ist einer der verlässlichsten Songwriter unserer Zeit. Auch sein neues, elftes Studioalbum ist ganz vorzüglich geraten, präsentiert wundervolle Pop-Musik, schwärmerische Arrangements und natürlich Sexsmiths maßgeschneiderten Gesang. Obschon er dieses Mal einen Schritt weiter in die eigene Vergangenheit zurückgeht und an seine düsteren Alben Mitte letzter Dekade erinnert: In Songs wie „Believe It When I See It“ oder dem Mittempo-Stück „No Help At All“ vertraut er allein den eigenen Empfindungen, und die sind der Welt alles andere als wohl gesonnen. Teils herrlich düster und doch strahlend genug, dass keine Zweifel an der unfassbaren Qualität aufkommen: „Long Player Late Bloomer“ ist ein erwartungsgemäß - tolles Album. 8

Long Distance Calling Long Distance Calling

Sean Rowe Magic

(Superball/EMI) Der Titel des dritten Albums ist das klare Bekenntnis von Long Distance Calling zum eigenen Stil. Die Band spielt noch immer progressiven Instrumental-Rock, doch diesmal ist die Grundstimmung überraschend freundlich und sphärisch. Metal-Riffs, psychedelische Gitarren, bedächtige Passagen und dezente Soundsamples kombiniert die Band so geschickt miteinander, dass ein sehr homogenes Soundgefüge entsteht, aus dessen Einheit lediglich ein Song herausfällt: Für „Middleville“ wurde Ex-Anthrax-Sänger John Bush als Gastsänger engagiert und das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist ein zweifelslos gutes Stück geworden, das jedoch nicht so recht in die klangliche Struktur des Albums passen will. Macht aber nichts, denn in jedem Fall haben Long Distance Calling in ihrer Discographie ein deutliches Zeichen in puncto Eigenständigkeit gesetzt. 6

Text: Katharina Schulze-Geißler

Papercuts Fading Parade

(Sub Pop/Cargo) Wer in sein Info schreibt, man möge für eine Vorstellung des Sounds einer Band an eine Zusammenarbeit von Belle And Sebastian und Slowdive denken, setzt auf einiges an musikgeschichtlicher Vorbildung - oder, anders gesagt, auf ein solides Alter des Lesers. Wir halten dagegen: „Fading Parade“, die vierte Platte von Jason Robert Quever alias Papercuts ist nicht nur etwas für alte Säcke! Unglückliche Liebe und selbstvergessenes Innehalten über Feststellungen wie „White Are The Waves“ kommen schließlich bei, nun ja, Groß und Klein gleichermaßen vor, und die Verpackung von derlei Bittersüßigkeiten in prächtigen, hallverschossenen Tagträumerpop sei spätestens hier und jetzt zur zeitlosen Kunst erklärt! 6

Text: Friedrich Reip

Pete Yorn PY

(Vagrant/Warner) Pete Yorn will es wieder einmal wissen. Gesagt hat das der ewig talentierte Songwriter zwar nicht, einen anderen Schluss aber lässt sein fünftes Album nicht zu. Drei Jahre nach dem von Mike Mogis (Bright Eyes) und Rick Rubin produzierten „Back And Forth“ und zwei Jahre nach Yorns Schmuse-Duett mit Scarlett Johansson erscheint „PY“ auf einem Emo-Punk-Label, wurde von Pixies-Vorstand Frank Black produziert und beherbergt statt Schlafzimmerballaden, die Yorns Debüt „Musicforthemorningafter“ (2001) in Intimität erstrahlen ließen, so belanglose Schunkelstücke wie „Rock Crowd (Throw Your Arms Around Me)“. Yorn mimt den zurückgelehnten Rocker, der er eigentlich schon immer war - jetzt aber leider auf Kosten fast jeglicher Songtiefe. 5

Text: Fabian Soethof

Text: Marcus Willfroth

(Anti/Indigo) Sean Rowe hat es sich auf seinem Debüt zur Aufgabe gemacht seine ganz persönliche Definition von Magie der Welt preiszugeben. Der Singer/Songwriter aus Albany, NY schmückt seine magischen Momente aus Liebe, Unschuld, Sex und dem Triumph der Natur über die Gesellschaft mit dem sanften Klang seines markanten Baritons, der bisweilen Erinnerungen weckt an Leonard Cohen oder den jungen Bruce Springsteen. Poetisch, fast schon literarisch vermengt Rowe seine Ansichten mit minimalistischen Arrangements, seiner folkigen Gitarre und seinem eindringlichen Organ. Ein verschlungenes Songwriting, das die stetige Suche nach Eingängigkeit erschwert, bleibt als einziger Makel haften, auf einer ansonsten rundum gelungenen Ode an das Pure. 6

Text: Kai Butterweck

Sea Of Bees Songs For The Ravens

(Heavenly/Cooperative/ Universal) Nicht nur der Bandname lässt nicht vermuten, dass sich hinter Sea Of Bees lediglich eine Person verbirgt: Das Debüt von Julie Ann Baenzigernur aus Kalifornien, deren warme Stimme an Emma Pollock erinnert, ist instrumental so komplett realisiert, dass es sich nie als klassisches Singer-Songwriter-Album verkauft. Umso verblüffender, dass Jules, wie sie sich erfreulicherweise mundgerechter nennen lässt, das Spiel auf Instrumenten wie Marimba oder Slide-Gitarre erst während der Aufnahmen zu „Songs For The Ravens“ in den Griff bekam - was wiederum die Unmittelbarkeit und Intensität ihrer meist zarten, offenherzigen Folk-PopSongs erklärt, unter denen sich mit „Sidepain“ auch ein echter kleiner Hit findet. Hinreißend. 7

Text: Friedrich Reip

Sin Fang Summer Echoes

(Morr/Indigo) Seabear-Master mind Sindri Sigfússon hat das „Bous“ wie angekündigt aus dem Namen seines Soloprojektes verbannt - es sei ihm zu sperrig. Doch auf „Summer Echoes“ wird sich nun keinesfalls mehr angebiedert, eine große Charmeoffensive Richtung Massentauglichkeit bleibt aus. Oder sagen wir so: Sin Fang zeigen sich zwar geordneter als beim konfus-überlagerten Vorgänger, es finden sich jedoch alle altbekannten Zutaten. Klingelei auf lieblich zupfende Gitarrenlinien, etliche


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übereinander geschichtete Gesangsspuren und allerlei buntes Instrumentarium. Keine Überraschungen, das Spielerische an diesem Projekt war jedoch immer schon für sich genommen eine angenehme Abwechslung fernab aller Scheuklappen. Das treibende „Bruises“ oder „Because Of The Blood“ als Pop-Song im besten Sinne sind exemplarisch dafür, dass hier die richtigen Enden zusammengefügt werden. Indie-Folk-Fans und Island-Bewunderer müssen das einfach gut finden. 8

Text: Volker Bernhard

The Streets Computers And Blues

(Warner) Es fängt so vielversprechend an: „Outside Inside“, der Opener von Mike Skinners finalem Album als The Streets, begnügt sich nicht mit einfachen Punchlines oder Retrospektive. Danach aber präsentiert uns der Mann mit dem immer noch arschcoolen Cockney-Akzent erwartungsgemäß souveräne R’n’B-Anleihen („Roof Of Your Car“), EightiesDisco-Reminiszensen („Trust Me“), Gastauftritte von Rob Harvey (The Music) und Balladen („We Can Never Be Friends“). Spätestens dort aber beweist Skinner, dass er, der einstige Pionier eines neuen britischen Garage-Sounds, längst in die Belanglosigkeit abgerutscht ist. „Computers And Blues“ wäre ohne seine vier Vorgänger kein schlechtes Album und sollte ja eine verfrühte Nachlassverwaltung werden - schließlich wollte Skinner The Streets erst nach dieser Veröffentlichung beerdigen. In seiner Redundanz aber ist es ein Grabgesang in der ersten Person geworden. 5

Text: Fabian Soethof

Tahiti 80 The Past, The Present & The Possible

(Human Sounds/Rough Trade) Manchmal muss man sich als Künstler erst im Ausland beweisen, um auch vor heimischem Publikum mit Teddys beworfen zu werden. Die französische Combo Tahiti 80 weiß gleich mehrere Lieder darüber zu singen. Nach 18 langen Jahren und zahlreichen Konzerten in Japan konnte sie ihre Daseinsberechtigung endlich auch zu Hause ausbauen. Doch fluffiges French-Pop-Harmonie-Gesäusel gab es von den sechs beinahe akzentfreien (!) Franzosen nicht immer serviert. Ihr letztes Album stach besonders mit kantigen Rock-Nummern in so manch empfindliches Elektro-Pop-Öhrchen. Damit ist jetzt aber Schluss. Die aktuelle Platte „The Past, The Present & the Possible“ ist wieder ganz auf Versöhnung geeicht. Wer es schafft, einem mit Songs, wie „Gate 33“ oder „Easy“ eine imaginäre Sommerbrise um die Nase wehen zu lassen, scheint auf jeden Fall etwas richtig zu machen. 6

Text: Natascha Siegert

Tapes ’N Tapes Outside

(Ibid/Cargo) Es klingt böse, aber wenn es eine Band nach drei Alben immer noch nicht geschafft hat, sich ein Alleinstellungsmerkmal zu erarbeiten, sollte sie sich langsam Gedanken darüber machen, wie notwendig ein viertes sein könnte. Tapes ’N Tapes waren mit ihrem Debüt „The Loon“ noch ein Versprechen, mit ihrem zermixten Zweitwerk „Walk It Off“ eine Enttäuschung und reihen sich nun, mit „Outside“, ohne Not in das Heer gesichtsloser Indie-Klone ein, die den Planeten mit repetitiven Songstrukturen und schlaffer Pose überschwemmen. „Outside“ ist amerikanischer Indie-Rock nach dem Setzkasten-Prinzip: Pavement-, Vampire Weekend- und Pixies-Zitate wechseln sich ab, ohne dass man der ausführenden Band den Willen anmerken würde, ein eigenes Profil hörbar zu machen. So dümpeln Tapes ’N Tapes durch zwölf Songs, die zwar nicht schlecht sind, aber die Halbwertszeit einer Seifenblase aufweisen. Da kann man auch die Originale hören. 4

Text: Timo Richard

Telekinesis 12 Desperate Straight Lines

(Morr/Indigo) Hat man schon 1.000 Mal gehört: Mal mehr, mal weniger rockige Gitarren, ein schepperndes Schlagzeug und ein drängender Bass. Ganz offensichtlich verarbeitet Michael Lerner alias Telekinesis mit den neuen Songs eine Trennung, und so sind die Texte von deutlicher dunklerer Natur als auf seinem selbstbetitelten Erstling. Ohren spitzen ist vor allem bei „Patterns“ zu empfehlen, dessen schwere Melancholie von klimpernden Pianoklängen umschmeichelt wird. Oder „Car Crash“, das mit seinen rhythmischen Melodien wohl am ehesten das Erbe des Debütalbums antreten kann. Ein zweites „Coast Of Carolina“ ist es aber nicht geworden. So bleibt einer fader Beigeschmack und der Eindruck, dass sich Michael Lerner vielleicht ein bisschen mehr Zeit hätte nehmen sollen, um den Songs mehr Charakter zu geben. 5

Text: Kati Weilhammer

Templeton Pek Scratches & Scars

(Long Beach/Broken Silence) A-Team-Fans dürfte der Bandname durchaus bekannt vorkommen, denn so (ähnlich) heißt Kollege „Face“ in der Serie. Zwar hat man im angelehnten Nachnamen einen Buchstaben gestrichen und ist auch nur zu dritt unterwegs, was das Birminghamer Trio aber nicht davon abhält, sich als starke Nachwuchs-Teamplayer in der oberen MelodicPunk-Liga zwischen Millencolin, Bad Religion und Rise Against zu empfehlen. Eingängig, knackig und charakteristisch setzt sich „Scratches &

Scars“ vor allem mit einer dezent dramatischen Emotions-Dynamik von der zu gleichförmigen gefühlten Beliebigkeit manch anderer Schnelleinzähler ab. Oder in Abwandlung des alten A-TeamIntros formuliert: Diese Band muss ernst genommen werden. Nicht nur von ihren Gegnern. 7

Text: Frank Thießies

Tephra Tempel

(Golden Antenna/Broken Silence) Das verflixte dritte Album ist eine heikle Angelegenheit. Tephra treiben es auf die Spitze und beschließen an diesem Punkt, sich selbst einer kleinen Generalüberholung zu unterziehen. Auch wenn man es hier angeblich mit einer Sludge-Metal-Band zu tun hat, kommen einem besonders beim ersten Teil der Platte Worte wie melodiös oder vielschichtig über die Lippen. Tephra dehnen den Genrebegriff bis an seine Grenzen, leiern ihn aus. Plötzlich ertappt man sich dabei, zu bemerken, dass diese Art von Sludge offensichtlich auch ganz gut ohne durchgängiges, Testosteron-geschwängertes Gebrüll und harte Riffs auskommen kann. Jenseits der Tatsache, dass „Tempel“ zum Ende hin schwächelt, fühlt man sich in gewisser Weise erleuchtet und kann ein feines neues Schublädchen in seinem Hirn aufmachen, dessen Name noch erfunden werden muss. 7

Text: Sarah Gulinski

Vessels Helioscope

(Make My Day/Alive) Oceansize-Fans könnten die Vessels aus UK schon im Vorprogramm des ein oder anderen Konzerts gesehen haben. Wenn nicht, dann sollten sie sich den Bandnamen gut einprägen. Schließlich verbindet die beiden Bands nicht nur eine gemeinsame Tour-Geschichte, sondern auch die Vorliebe für lange, ausufernde Instrumentalpassagen, unkonventionelle Songstrukturen und das Aufbauen von eruptiven Soundwällen. Vessels tun sich besonders in der Kunst hervor, Keyboards und elektronische Soundloops so organisch in ihren Sound einzubetten, als wären sie seit jeher Teil des Rock-Instrumentariums. Das sollte Grund genug für Post-Rock-Freunde sein, sich mit „Helioscope“ näher zu befassen. Aber auch Gesang steht ihnen: „All Our Ends“ ist ein so derartig tolles Lied, dass es gleich noch einen Punkt obendrauf gibt. 7

Text: Robert Goldbach

Wye Oak Civilian

(City Slang/Universal) Kaum ist das Konfetti der 20 Jahre ’City Slang’Geburtstagsfeiern weggeräumt, wird im LabelTagesgeschäft schon nachgelegt: Auf „Civilian“ pflegen Wye Oak, zwei alte Schulfreunde aus Baltimore, ihre Liebe zum Minimalismus. Auf der einen Seite die durchweg klar strukturierten Schlagzeug-

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Rhythmen, auf der anderen die gebräuchlich gewordene Mischung aus Klangflächen, verhallten Gitarrenfiguren und einer zwischen entrückt und leidenschaftlich pendelnden Stimme Jenn Wasners. Bei allen zauberhaften Ideen wirken die Methoden der melancholischen-Indie-Sparte des öfteren als Selbstzweck. Ausbrüche aus dem Schema suchen sie etwa im geradezu beschwingten „Holy Holy“ oder in „Plains“: Ein schleppender Drumbeat auf dem alles vor sich her fließt, bevor ein vollkommen pathetischer Aufschrei das Überspitzen der bekannten Formel sucht. Bitte mehr von solch kleinen Wagnissen. 6

Text: Volker Bernhard

Yucca Make Up

(FDI/Soulfood) Wenn eine Band dieser Tage vom Indie-Schrammel- ins Elektro-Fach wechselt, liegt die Annahme nicht fern, sie würde sich Trends andienen. Yuccas "Make Up" steht die im Vergleich zum Vorgänger weitaus dicker aufgetragene Elektro-Schmiere allerdings so gut, dass von solchen Bösartigkeiten Abstand genommen werden sollte. Die fünf Nürnberger haben ihren rappeligen Sound mit allerlei Synthies und Sequenzern zu so etwas wie ElektroPop auf Amphetamin aufgebrezelt, ohne dabei an der Essenz der Band zu rühren. Die besteht nach wie vor aus aufgekratzten Melodien und ordentlich Hektik, wirkt durch die neugefundene Keyboard-Affinität aber weitaus eleganter verpackt.7 Text: Timo Richard

Zoey Van Goey Propeller Versus Wings

(Chemikal Underground/ Rough Trade) Keine Sängerin, sondern eine Band verbirgt sich hinter diesem klangvollen Namen. Ihr charmanter, verspielter Folk-Pop sollte etwa Fans von Belle And Sebastian hellhörig werden lassen. So wie deren Mastermind Stuart Murdoch selbst auf das Glasgower Quartett schwört und sie bei dem von ihm kuratierten „All Tomorrow’s Parties“-Festival prompt auf die Hauptbühne geholt hat. Ihr Zweitling „Propeller Versus Wings“ eignet sich dennoch besser als angenehme Hintergrundbeschallung für gemütliche Cafés oder kleine Clubs denn für die großen Bühnen. Das ist wohl das Schicksal von solch ausgesprochener Wohlfühlmusik, die ihre volle Schönheit erst dann entfalten kann, wenn man sich ihr bewusst zuwendet. 6

Text: Robert Goldbach


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DEMODESASTER

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DEMODESASTER

Lach- und Sachgeschichten Warum ist der Himmel blau? Wieso können Flugzeuge fliegen? Und weshalb, verflixt und zugenäht, ist die Banane eigentlich krumm? Solcherlei Probleme bewegen die Menschheit! Damit sie nicht in Dummheit stirbt, nahmen sich dieser Fragen der schnurrbärtige Testbildpullover Christoph und der Kassengestell-Eigentümer Armin an. Vor exakt 40 Jahren hat das begonnen. Heute ist “Die Sendung mit der Maus” ein Gigant des altersgerechten Infotainments. Zum Jubiläum haben wir ihren namensgebenden Protagonisten eingeladen, auf dass er zu den eingesandten Platten lustig mit den Augenlidern klappert. Klingt komisch, ist aber so. A HOME. A HEART. WHATEVER. A HOME. A HEART. WHATEVER.

A Home. A Heart. Whatever. Schleppen einen ganzen Sack voll Musikererfahrung mit sich herum, das hören wir ab der ersten Note. Getragen von mehrstimmigem Männergesang entspinnt sich ein Folk-Intro, das unvermittelt an einer schwer pumpenden Bass- und Snaredrum sowie einem wabernden Moog zerschellt. Nicht schlecht, solch ein Auftakt. Was danach kommt, ist im Grunde die Schnittmenge aus den anfänglichen Extremen. Indietronic nennt man so was wohl. Das bayerische Trio haut ausgeklügelte Arrangements raus, die ganz großen Ohrwürmer liegen ihnen dagegen weniger. Insofern ist AHAHW’s Debüt eine Platte, deren Reiz vor allem im Zerlegen ihrer Vielschichtigkeit liegt. 6 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: ahomeaheartwhatever.de

MINDBENDER STONES, BONES, ROCK'N'ROLL

Mindbender bollern uns mit ihrem klassischen New-Orleans-Soundungetüm der Marke Down oder Corrosion Of Conformity die Locken glatt. Die Jungs aus Rendsburg machen Musik für harte Typen, die keine Nietenarmbänder brauchen, weil sie die Bierbüchse gleich konsequent mitessen - da hüpft das Stonerherz. Der Klang ist voll und dreckig, ganz so, als würden die Jungs täglich im Sumpfgebiet NOLAs mit Phil Anselmo und Pepper Keenan abhängen und Whiskeyflaschen wegknallen. Im Patchwork mit ihrem französischen Sänger Nico, der röhrt, als hätte er sämtliche Schnapsreserven Lemmys probegekostet, zeigen sie, dass uns Schleswig-Holsteiner ordentlich erdige Badass-Attitüde vor den Latz knallen können. 7 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: myspace.com/mindbendergermany

MUD AND MIST MUD AND MIST

Falko und Lea haben nicht lange gezaudert. Mitte Dezember 2010 erst gegründet, schnappte sich das Duo schnell die Akustikgitarre und schnitzte im Ulmer Wohnzimmer mit Hilfe von Software-Tools an der Singer/Songwriter-Karriere. Prompt ist ein Scheibchen entstanden, das hauchzarte Songs enthält, die zerbrechlich und fröhlich melancholisch wirken. Ja, auch wir sehen das Paradoxe daran. Einer der Gründe, warum wir uns nicht so recht entscheiden können, wie wir Mud & Mist nun eigentlich finden. Musik, die derart in leichte Melodien gepackt ist wie in Omas Daunendecke, mag zwar gefallen. In letzter Instanz fehlt hier aber die catchy Note, die Mud & Mist nicht nur wohlgefällig vorbeischweben lässt, sondern nachhaltig festhält. 5 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: myspace.com/mudandmist

CHRISTIAN NOTHAFT AROWANA SESSIONS

1998 begann der Multiinstrumentalist und Maler Christian Nothaft mit Hilfe einer Soundkarte namens Arowana, Computer-Musik zu komponieren. 13 lange Jahre später hat er nun die „Arowana Sessions“ im Kasten. Diese sind ein Experiment, ein Spagat zwischen Wahnwitz und Kontemplation. Klaviere überstürzen sich, E-Drums klatschen, um just von zwitschernden Flöten und zirpenden Geigen abgelöst zu werden. Oder anders ausgedrückt: Was sich zunächst wie eine Mischung aus DJ Shadow, Westbam und den Super Mario Bros. anhört, mutiert plötzlich zu einer Songskizze von John Cage. Sehr interessant also, allerdings geht vielen Soundeffekten ob ihrer Billigkeit die nötige Wirkungsmacht ab, so dass ein Flow nicht recht aufkommen will. Das nächste Mal daher vielleicht mit einer Creative Sound Blaster arbeiten, Herr Nothaft? 5 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: christiannothaft.de

SHAPE MY CLARITY BLACK INK

Postmoderne nicht nur in schwammigen Beats, sondern geraten zuweilen durchaus tanzbar. Insofern eine sehr erfreuliche Platte. 7 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: sonkas.de

VEIN VEIN

Unmengen an Assoziationen prasseln auf uns nieder. Vom Intro gepackt, das mit Drum‘n‘Bass lockt, werden wir gefoppt und in einen Sound katapultiert, der plötzlich nach kalifornischem Funk der frühen Neunziger klingt. Der Sänger und der Sound des Tracks erinnern wiederum eher an Nu-Metal à la Sevendust. Nächster Song, schon imitieren Vein die Eagles Of Death Metal mit Lenny Kravitz am Mikro. Über dem nächsten Lied schwebt dann ein Hauch von Trent Reznor, Industrial und Alternative-Rock. Kurzum: Das als Duo gestartete Frickelprojekt hat immens breites Format. Was will uns ein solcher Megamonsterhybrid mitteilen? Nun, wohl so was wie: Nicht einschränken lassen, aus dem Vollen schöpfen! Wenn der Begriff „Crossover“ nicht so ausgelutscht wäre, wären Vein eine geniale Galionsfigur. 9 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: vein-music.com

WRONG. TAKE ME TO YOUR LIEDER

Ganz schöner Quatsch mit Soße, den Wrong. aus Berlin verzapfen. Aber Bier hat ja auch ihr Leben versaut, wie sie sagen. Und ist die Biographie erst ruiniert, lebt es sich bekanntlich ungeniert. Also köpft das Trio noch ein paar Pils, wirft hübsch bekloppte Outfits über und singt über Alkohol und Miezen. Dazu spielen sie tighten Funk-Metal mit Schunkeleinlagen oder besser: Distortion-Polka. Der klingt mitunter wie eine Heavy-Rock-Version der Presidents Of The USA und ist ganz vergnüglich. Doch Wrong. sind eher eine Band für den Augenblick, und so geraten unsere Lacher beim zweiten Durchlauf schon nicht mehr ganz so laut. Auf das angekündigte Cover von „Unpünktlichkeiten“ der Japanischen Kampfhörspiele freuen wir uns dennoch. 5 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: myspace.com/wrongholio Live: 11.3. Berlin - CCCP Text: Roy Fabian, Maik Werther

Der Kölner Fünfer Shape My Clarity existiert nicht mal zwei Jahre, zeigt mit „Black Ink“ aber bereits, dass das eigene Potenzial für knackigen Metal-Core-Sound konsequent erkannt und umgesetzt wurde. Knatternde Bassdrum-Salven, fette Stakkato-Gitarren, Gniedelsoli und Shouts zum Niederknien. Mit der zweiten EP wird schon ein Hochkaräter gestemmt, der unsere Augenbrauen nach oben befördert und einiges an Gewicht hat, aber ohne ein Gramm zu viel auf der Hüfte. Das passt einfach. Überhaupt: Sänger Mico scheint eine echte Kehlen-Goldgrube zu sein und treibt seine äußerst variable Stimme ohne Probleme von tiefen Growls bis zur klaren Kopfstimme hoch. Wir sind auf die Live-Umsetzung auf der Bühne gespannt. 8 Mausaugen-Kastagnetten Heimat: shapemyclarity.de

SON KAS WASSERLEICHENTREIBEN

Unter dem Bling-Bling-Radar fliegt im Deutsch-Rap schon seit längerem eine Reihe von Künstlern, die sich nicht an der HustleMeisterschaft abarbeiten, sondern den sozio-kulturellen Verhältnissen. Auch Son Kas, das Projekt von MC Epilog und Soundbastler azabeats, gehört dazu. Bei ihnen gerinnen die aus Umweltbeobachtungen gezogene Wut und Verzweiflung zu Zeilen wie „Wie kann ein System in der Krise sein, wenn es selbst die Krise ist“. Das Schöne ist: Son Kas versinken nicht gänzlich in Depressionen, sondern wenden sich auch den (mehr oder weniger) angenehmen Dingen des Lebens wie der Liebe zu. Passenderweise versumpfen ihre Diagnosen zur

Foto: Dan Wilton

Red Bull Music Academy Hoch hinaus und ganz weit weg

Das tollste Musiktrainingslager des Jahres findet in Tokio statt. Ab sofort sucht die Red Bull Music Academy wieder internationale Talente, um sie in zwei Wochen in Japan fit für die Karriere zu machen. Bewerbt euch jetzt unter redbullmusicacademy.com und mit Glück und Geschick könntet ihr zu den glücklichen 60 Auserwählten zählen, die vom 23. Oktober bis 25. November 2011 im Rahmen von Workshops und Sessions mit professioneller Unterstützung an ihren Fertigkeiten feilen. Im vergangenen Jahr nahmen rund 2.500 Künstler an diesem Wettbewerb teil, um damals bei den Workshops in London mit Künstlern wie Mark Ronson zusammenarbeiten zu dürfen. Nutzt die Chance und macht mit, bis zum 4. April habt ihr Zeit, euch online vorzustellen. redbullmusicacademy.com


WAS HÖRT EIGENTLICH... MurphyS) AL BARR (Dropkick

You can take the boy out of Regensburg, but you can’t take Regensburg out of the boy! Der von einem schottischen Vater und einer deutschen Mutter gezeugte Al Barr kann auch 30 Jahre nach seinem Umzug aus der idyllischen Donau-Metropole ins weit entfernte Boston noch immer auf Kommando in einen krassen bajuwarischen Dialekt umschalten, was natürlich super ist – für ihn. An welche Volkslieder kannst du dich erinnern? Was hast du als Regensburger Knabe immer gehört? Das klingt vielleicht lächerlich, aber als Kind habe ich tatsächlich viel Zeit in München verbracht und kann mich gut daran erinnern, dass in vielen Läden bayerische „Musi“ lief, „In München Steht Ein Hofbräuhaus“ und solche Sachen. Meine Großeltern hörten dagegen viel Musik von Marlene Dietrich, wohingegen mein Vater gerne schottische Hymnen wie „The Bonnie Banks Of Loch Lomond“ abfeierte. Ich liebe diesen Song. Im Teenageralter hast du dagegen einige Zeit in Berlin verbracht. Was hatte der pubertierende Al Barr in seinem Walkman? In den späten Siebzigern kam man an Udo Lindenberg natürlich nicht vorbei. Als ich später als Austauschschüler wieder nach Deutschland zurück kam, grassierte gerade die Neue Deutsche Welle, und mein deutscher Gastgeber liebte die Spider Murphy Gang, Geier Sturzflug und BAP. Ich schenkte ihm im Gegenzug „Damaged“ von Black Flag. Welchen Song würde dein Sohn auswählen, wenn man ihn in 25 Jahren nach seiner prägenden Musik befragt? Bei uns zu Hause läuft alles querbeet: Von Tom Waits über Steve Earle zu den Ramones, AC/DC oder Joe Strummer And The Mescaleros. Nach ihm habe ich meinen Sohn auch „Strummer“ benannt. Er ist zurzeit zwar mehr auf Star Wars gepolt als auf Musik, aber

meine Tochter kann gar nicht genug von Sick Of It All bekommen. Sie steht auf das harte Zeug. Welchen Song legst du auf, wenn du fünf Pints Guinness intus hast? Oh Gott, wann habe ich das letzte Mal so viel getrunken? Wahrscheinlich, als ich noch kinderlos und auf Ärger aus war. Um in Stimmung zu kommen, habe ich gerne Street-Punk aufgelegt, The Business zum Beispiel. Oder Anti-Heros. Welchen Song hättest du gerne geschrieben? Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Ich bin froh, dass es Musiker gibt, die in der Lage sind oder waren, Stücke zu schreiben, die mir viel bedeuten, aber neidisch war ich noch nie auf einen Song. Neidisch bin ich höchstens auf die stimmliche Bandbreite einiger Sänger. Gibt es eine Band oder einen Musiker, den du liebst und den der Rest deiner Band verabscheut? Ich denke, dass höchstens die Hälfte der Dropkick Murphys meine Vorliebe für Reggae teilt, wohingegen ich wenig mit traditioneller irischer Musik anfangen kann. Die Pogues sind in dem Bereich das höchste der Gefühle. Wir haben allerdings einen guten Kompromiss gefunden: Kopfhörer! So bekommt auch unser Dudelsack-Spieler seine Dosis Slayer, ohne dafür verprügelt zu werden und ich kann in Ruhe „Don’t Stop Believin‘“ von Journey hören.

Auf eurem neuen Album „Goin‘ Out In Style“ habt ihr diverse Gastsänger, darunter Bruce Springsteen, Chris Cheney von The Living End oder Fat Mike von NOFX. Welche Songs dieser Künstler würdest du auch einem Dropkick Murphys-Anhänger empfehlen? „Long Live The Weekend“ vom Album “State Of Emergency” ist einer der besten Songs von Then Living End. NOFX kenne ich hingegen kaum, die sind eher mit der jüngeren Fraktion unserer Band befreundet. Mike ist ein netter Typ, ein lustiger Geselle, aber seine Musik ist völlig an mir vorbei gegangen. „Born In The USA“ hingegen bedeutet mir sehr viel - ein großartiges Lied, das leider häufig als Pro-Amerika-Song missinterpretiert wurde, mir als Randgruppe der Gesellschaft aber immer aus dem Herzen sprach.

DAS MIXTAPE

Hofbräuhaus Festkapelle „In München Steht Ein Hofbräuhaus“ AC/DC - „The Bonnie Banks Of Loch Lomond“ Udo Lindenberg – “Sonderzug Nach Pankow” Black Flag – „Six Pack“ Joe Strummer And The Mescaleros – „Coma Girl“ O.S.T. - “Star Wars Episode IV” The Business – “Drinking And Driving” Slayer – “Raining Blood” Journey - „Don’t Stop Believin‘“ Bruce Springsteen – „Born In The USA“


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SPEZIAL: FESTIVALS

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Zugegeben, ein bisschen Fantasie gehört schon dazu, sich in den ersten kalten Monaten des Jahres mit dem kommenden Festivalsommer zu befassen. Doch wie könnten wir uns momentan besser warme Gedanken machen, als vorausschauend auf die wunderbaren Wochen voller Sonne (meistens), Musik, Bier und Lagerfeuerromantik auf engen Zeltplätzen zu blicken? Nicht wahr! Und das Praktische an einer frühen Urlaubsplanung ist bekanntlich die Fülle an günstigen Angeboten. Noch immer gibt es Frühbucher- oder Gruppenticktes. Wir haben euch hier deshalb schon mal eine Auswahl der nettesten Festivals zusammengestellt, die, wie wir gegebenenfalls vermerkt haben, mit verschiedenen Rabatten locken und natürlich mit tollen bereits bestätigten Bands. MILLENCOLIN

MOGWAI

BONDAGE FAIRIES

Monster Bash

Immergut

Wilwarin

Die willkommene Abwechslung vom FamilienOster-Glück nennt sich Monster Bash. NOFX und Millencolin zeigen euch auf dem Punkrock-Festival, dass sie mehr Eier haben, als der Osterhase verstecken kann.

Petrus meint es gut mit dem lauschigen Festival nahe der Mecklenburgische Seenplatte. Lediglich zwei Mal herrschte in den letzten zehn Jahren festivaluntaugliches Wetter. Wer ohne Pavillon und Sonnencreme anreist, ist selbst Schuld.

Mit dabei: Cute Is What We Aim For, Descendents, Millencolin, NOFX, Veara, The Blackout u.a. Hingehen, weil: Eure Oma wird’s euch verzeihen. Tickets: Frühbucherrabatt 29 Euro Specials: 5-Freunde-Tickets: 116 Euro

Mit dabei: Darwin Deez, Hans Unstern, Mogwai, Nagel u.a. Hingehen, weil: Ein Badesee, ein Fußball-Turnier und auf du und du mit den Bands. Was will man mehr? Tickets: Frühbucherrabatt bis 21.3. 45 Euro

Ladet alle ein: Freunde, deren Freundesfreunde, deren Brüder, deren Cousinen und wer sonst noch alles Lust hat. Lust auf ein kleines, weniger feines (weil Punkrock und so) Festival im schönen Ellerdorf mit Bands wie Keine Zähne Im Maul Aber La Paloma Pfeifen, Eisenpimmel und No Means No.

24.4. Berlin (C-Halle)

monster-bash.de

27. & 28.5. Neustrelitz

immergutrocken.de

3. & 4.6. Ellerdorf

Mit dabei: Bondage Fairies, Eisenpimmel, No Means No, Arrested Development, The Movement u.a. Hingehen, weil: Bier für 1,50 Euro und ParkplatzPunkrockkaraoke. Tickets: 49 Euro wilwarin.de


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IRON MAIDEN

MATERIA

Foto: Paul Ribke

Roskilde

Splash!

Bei einem der größten Festivals Europas bekommt ihr Line-Up-mäßig was für euer Geld. Und gleichzeitig tut ihr Gutes, denn der Gewinn des Festivals wird gemeinnützigen Organisationen gestiftet. Musik hören und Bier trinken für den guten Zweck – und das seit 1971.

Bevor die Stadt aus Eisen ihre Tore für die elektroaffine Festivalmeute öffnet, dürfen sich erst Mal tausende HipHop-Fans gehörig auf den alten Baggern austoben.

30.6. bis 3.7.

Mit dabei: Iron Maiden, Kings Of Leon, Beatsteaks, PJ Harvey, Anna Calvi u.a. Hingehen, weil: Nirgendwo sonst kann man unbekannte Acts zwischen wirklichen Weltstars lieb gewinnen. Tickets: 242 Euro

8.7. bis 10.7. Ferropolis

Mit dabei: Aloe Blacc, Casper, K.I.Z., Kraftklub, Materia u.a. Hingehen, weil: HipHop-Beats treffen auf heißes Eisen und ihr steht mittendrin. Tickets: 89 Euro Specials: VIP Tickets: 159 Euro (mit extra Campingplatz, separatem Shuttlebus u.v.m.) splash-festival.de

roskilde-festival.dk

PULP

BAD RELIGION

Melt!

Deichbrand

Das Melt! ist der Luxusliner unter den Festivals. Neben hochkarätigem und abwechslungsreichem Line-Up darf Ferropolis mit den imposanten Kohlebaggern als einer der wunderbarsten Festivalorte Deutschlands bezeichnet werden. Dank Betonboden staubt es nicht auf die schicken Klamotten und es gibt richtige Klos.

An der Nordseeküste gibt es ein Festival, das seinem Namen alle Ehre macht. Der Deichbrand wechselt jährlich das Veranstaltungsgelände, bleibt aber immer in der Nähe Cuxhavens. Dieses Jahr könnt ihr mit Bad Religion und Jennifer Rostock een över’n Dörst drinken.

15.7. bis 17.7. Ferropolis

Mit dabei: Boys Noize, Paul Kalkbrenner, Pulp, Robyn, The Streets u.a. Hingehen, weil: Hippe Mädchen, noch hippere Jungs und Halbgott Jarvis Cocker natürlich. Tickets: 120 Euro meltfestival.de

22.7. bis 24.7. Cuxhaven

Mit dabei: Bad Religion, Bullet For My Valentine, Die Fantastischen Vier, In Extremo, Jennifer Rostock, Kettcar, Pennywise u.a. Hingehen, weil: Besser Deichbrand als Milzbrand. Tickets: 65 Euro Specials: 1-Tagestickets Fr / Sa / So: 40 Euro deichbrand.de

SPEZIAL: FESTIVALS

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CALIBAN

Serengeti

22. & 23.7. Schloss Holte-Stukenbrock Metal- und Hardcore Fans können hier für den Preis von circa fünf Kästen Sterni voll auf ihre Kosten kommen. Das rechnet sich – nicht nur für den Festivaleinkauf. Mit dabei: Bad Religion, Bullet For My Valentine, Caliban, Pennywise, Sick Of It All u.a. Hingehen, weil: Wann kann man schon mal oben genannten Bands alle auf einmal sehen? Tickets: 50 Euro serengeti-festival.de


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SPEZIAL: FESTIVALS

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BULLET FOR MY VALLENTINE

Foto: P.R. Brown

THE SUBWAYS

Open Flair

11. bis 14.8. Eschwege Die wenigsten Festivals sind familientauglich. Beim Open Flair gibt’s nicht nur Ermäßigung für die Kleinen, sondern auch ein Kinderbespaßungsprogramm – und früh übt sich, wer ein standhafter Festivalgänger werden will. GOOD CHARLOTTE

Foto: Ville Akseli

Mit dabei: Bullet For My Valentine, Die Fantastischen Vier, Iggy & The Stooges, Rise Against, Dropkick Murphys u.a. Hingehen, weil: Familienurlaub, die Gründung einer Familie oder die Flucht von ebendieser – alles ist möglich. Tickets: 69 Euro/Camping 15 Euro Specials: Kinderkarte 55 Euro open-flair.de

12. & 13.8. Püttlingen

Auch dieses Jahr kann das Rocco Del Schlacko wieder mit großen Namen aufwarten – und das für den kleinen Geldbeutel. The Subways, K.I.Z. und Boy Hits Car sind da nur die Spitze des Eisbergs. Mit dabei: Boy Hits Car, Bullet For My Valentine, Dropkick Murphys, K.I.Z., NOFX, Pendulum, The Subways u.a. Hingehen, weil: kleines Festival mit großen Bands. Tickets: 39 Euro/Camping 9 Euro rocco-del-schlacko.de

Big Day Out

5. & 6.8. Anröchte Einmal im Jahr wird das 10.000 Seelen-Kleinstädtchen Anröchte von genauso vielen Musikfans heimgesucht. Die Mission: Zelt aufschlagen, beim Bierpong gewinnen und trotzdem alle Bands mitnehmen.

Rocco Del Schlacko

IGGY POP

Foto: Xavier Martin

30 SECONDS TO MARS

Mit dabei: Die Fantastischen Vier, Donots, Good Charlotte, H-Blockx, Jupiter Jones u.a. Hingehen, weil: Freunde des guten alten Punkrock hier bestens versorgt werden. Tickets: 55 Euro, Tagestickets ab Juni erhältlich

Taubertal

Highfield

Das Taubertal Festival ist für Abwechslung bekannt: Electronica, HipHop, Indie-Rock, Metal, Punk und Grunge sind nur einige Genres, die hier bedient werden. Da ist sicher für jeden was dabei.

Wie schön, dass der Camping-Schlumpf im Herzen auch mal an die frische Luft darf. Frühstücksbier und Zeltplatz-Jogginghose ins Auto gepackt und vom Navi Richtung Leipzig lenken lassen. Dort kann sich der Kleine dann ausleben.

12. bis 14.8. Rothenburg ob der Tauber

Mit dabei: Bullet For My Valentine, Die Fantasitischen Vier, Iggy & The Stooges, K.I.Z., NOFX, Rise Against, Dropkick Murphys Hingehen, weil: Neben einem Auftritt beim Open Flair ist dies der einzige von Iggy. Tickets: 88 Euro taubertal-festival.de

19. bis 21.8. Störmthaler See

Mit dabei: 30 Seconds To Mars, Dropkick Murphys, Seeed Hingehen, weil: Das so ziemlich eure letzte Chance für ein gutes Open-Air-Festival diesen Sommer ist. Tickets: 99 Euro highfield.de

Illustrationen: Marie Schaefer und Mario Krenz



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TEST

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TEST

JUPITER JONES Im großen Detektiv-Test

Warum Jupiter Jones heute Fragen zum Thema „Detektive“ vorgesetzt bekommen? Die Kapelle benannte sich einst nach der Figur Jupiter Jones (hierzulande Justus Jonas) aus der Hörspielserie Die Drei ???, da müssen die sich mit so etwas ja auskennen. Falls es wider Erwarten doch mal hakt, dürfen Sänger Nicholas Müller und Gitarrist Sascha Eigner auf einen Telefon- sowie ihren 50/50-Joker zurückgreifen. Let the games begin...

1. Frage Wer wird als erster Autor von Detektivgeschichten gehandelt?

A Theodor Fontane B Fjodor Dostojewski C Friedrich Dürrenmatt D Edgar Allan Poe Sascha: Edgar Allan Poe! Nicholas: Das weißt du tatsächlich? Sascha: Ich bin Edgar Allan Poe-Fan

Korrekte Antwort: D

2. Frage In Deutschland wird wegen der immensen Popularität der Hörspielreihe Die Drei ??? die Folge des „Super-Papagei“ als Beginn der Serie angesehen. Tatsächlich war der Buchvorlage nach ein anderer Fall der erste. Welcher?

A Das Gespensterschloss B Der Karpatenhund C Die flammende Spur D Der Phantomsee Nicholas: Jetzt ist natürlich die große Frage, haben die das durcheinander geschmissen und ein Buch später vertont oder gibt’s ein Buch, das nicht vertont wurde? Ich kenne auf jeden Fall B, C und D, „Das Gespensterschloss“ sagt mir nichts. Sascha: Das gibt’s auch. Nicholas: Ich würde sagen, wir nehmen gleich hier den Telefonjoker und rufen in der Lauscherlounge an, ob das da jemand weiß. Kai von der Lauscherlounge Berlin: (Laut eigener Aussage ist er keiner der ganz großen Experten der Firma, die sind gerade beim Essen, doch nach langem sorgfältigen Nachdenken rät er:) „Das Gespensterschloss“!

Korrekte Antwort: A

3. Frage Dashiell Hammett ist einer der berühmtesten Krimiautoren der Welt und war auch schon zu Lebzeiten erfolgreich. Trotzdem starb er verarmt. Warum?

A Er setzte all sein Geld beim Pferderennen auf ein Pferd, das wie seine berühmteste Detektivfigur Sam Spade hieß. Das Pferd wurde letzter. B Er war mit einer unbegabten Opern sängerin verheiratet, für die er in Boston ein Theater bauen ließ. Leider ging niemand hin. C Auf Grund seines Engagements für die Kommunistische Partei der USA wurde er während der McCarthy-Ära systematisch aus dem Beruf gedrängt und von der Steuerbehörde zur Kasse gebeten. D Die Detektei, für die er vor seiner Tätigkeit als Autor gearbeitet hatte,


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verklagte ihn in Millionenhöhe, weil er in seinen Büchern Geschäftsgeheimnisse aufgedeckt hatte.

Sascha: Mir sagt Dashiell Hammett nichts. Nicholas: Alle vier Antworten sind sympathisch. So sehr ich mir jedoch wünschen würde, dass es entweder das Pferd oder die unbegabte Opernsängerin sind, glaube ich nicht, dass eine der beiden Antworten stimmt. C und D kommen mir aber sehr realistisch vor. Ich würde Amerika sowohl zutrauen, dass sie einen Kommunisten dissen, als auch... Ach, lass uns C nehmen.

A Stricken B Backen C Reiten D Boule

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Fortsetzung von Erich Kästners „Emil und die Detektive?“

A In New York B In einem Jungeninternat C Auf einem Kreuzfahrtschiff D An der Ostsee

Nicholas: Boule oder? Sascha: Ich habe eine halbe Regalreihe voll mit den Büchern, aber von ihrem Hobby weiß ich nichts. Nicholas: Miss Marple ist so cool, die hat bestimmt Boule gespielt. Sascha: In den Filmen sieht man die doch nie stricken, oder? Nicholas: Obwohl, stricken wäre doch schön, um dem ganzen so einen Kontrast zu geben: Sie löst die schwierigsten Mordfälle, strickt aber auch. Sascha: Ich bin mir nicht sicher, aber ich hab’ die in den Filmen noch nie reiten oder Boule spielen sehen. Dann Antwort A?

Nicholas: Kästner, hatte der was mit Amerika am Hut? Nee, oder? Und im Jungeninternat wäre fast zu einfach. Sascha: Wo spielt denn „Emil und die Detektive“? Nicholas: Das war doch in Berlin. Vielleicht spielt die Fortsetzung dann auf einem Kreuzfahrtschiff? Das war die Zeit, da ist man viel kreuzgefahren, glaube ich. Lass uns C nehmen aus Gründen, die uns selbst nicht bekannt sind.

Welche drei Artefakte aus der Detektivserie „Magnum“ werden im National Museum of American History in Washington, D.C., ausgestellt?

Korrekte Antwort: A

Korrekte Antwort: D

7. Frage

10. Frage

A Der Hubschrauber, Tom Sellecks Schnurrbart, eine hawaiianische Blumenkette B Magnums Ferrari, die ausgestopften Dobermänner Zeus und Apollo, Magnums Colt .45 ACP C Magnums Basecap, sein Hawaiihemd, sein Siegelring D Magnums Saxophon, sein berühmtes Gummihuhn, eine Flasche Alt-Bier

Astrid Lindgrens Detektiv „Kalle Blomquist“ und seine Freunde führen einen gespielten Krieg gegen eine andere Kindergruppe. Wie heißt dieser?

Die japanische Manga-Serie „Detekiv Conan“ wird seit 1994 permanent ausgestrahlt. Protagonist Conan Edogawa löste in bisher über 600 Folgen diverse Fälle. Was ist das Besondere an ihm?

Korrekte Antwort: C

4. Frage

Nicholas: Die Serie habe ich nie gesehen. Der Schnauzbart war mir schon als Kind total unheimlich. Eine Flasche Alt-Bier? Obwohl das so abstrus ist, dass es wieder stimmen könnte. Ich glaube nicht, dass sie die Dobermänner ausgestopft und da hingestellt haben. Sascha: Hubschrauber und Ferrari glaube ich auch nicht. Nicholas: Nee, die richten doch nicht so eine riesengroße Ecke nur für Tom Selleck ein - obwohl, auch hier muss man wieder bedenken, es ist in Amerika. Aber ich glaube, C stimmt.

Korrekte Antwort: C

5. Frage „Ich will meinen Helden nicht in einem permanenten prä-pubertären Zustand feststecken lassen wie Julian aus ‘Fünf Freunde‘“, sagte ein Autor/ eine Autorin in Bezug auf ihre Romanfigur(en). Um wen ging es?

A Harry Potter B Edward Cullen und Bella Swan (Twilight) C Die Wilden Hühner D Tim, Karl, Klößchen und Gaby (TKKG) Nicholas: Harry Potter, das ist das erste, das mir in den Sinn gekommen ist. Die werden so adoleszent.

Korrekte Antwort: A

6. Frage Agatha Christies Romanfigur Miss Marple hat eine Lieblingsfreizeitbeschäftigung. Welche?

A „Krieg der Rosen“ B „Krieg der Hühneraugen“ C „Krieg der Wasserratten“ D „Krieg der Windmühlen“ Nicholas: Die sind sicher alle wasserstoffblond. „Krieg der Rosen“ klingt mir zu sehr nach „Der Pate“ oder so. Hühneraugen, Wasserratten und „Krieg der Windmühlen“ würde Sinn machen, weil das so Astrid Lindgren süß ist und Schweden so viele Windmühlen hat. Sascha: Wasserratten, weil die so gern im Wasser spielen, vielleicht? Lass uns mal den 50/50-Joker nehmen.

A „Krieg der Rosen“ C „Krieg der Wasserratten“ Nicholas: Na dann „Krieg der Wasserratten“!

Korrekte Antwort: A

8. Frage Welchen Beruf übte Arthur Conan Doyle, Autor von „Sherlock Holmes“, eigentlich aus? A Schuster B Soldat C Anwalt D Mediziner Sascha: Ich bin riesiger Sherlock Holmes-Fan. Ich kenne jede Geschichte, doch was der Autor selbst von Beruf war, weiß ich nicht. Mediziner könnte in Frage kommen, da Holmes’ Sidekick Watson Mediziner ist. Das wäre das einzige, das von den Antwortmöglichkeiten regelmäßig in den Geschichten vorkommt.

Korrekte Antwort: D

9. Frage Wo spielt „Emil und die drei Zwillinge“, die

A Er ist ein angehender Profitänzer B Durch das Gift einer Geheimorganisation

wurde Conan um zehn Jahre verjüngt, sein Scharfsinn bleibt jedoch weiterhin der eines Oberschülers. C Tagsüber arbeitet er als Konditor D Neben seinem Spürsinn besitzt Conan übermenschliche Kräfte, die er verbergen muss. Das bringt ihn oft in Erklärungsnöte gegenüber seinen Freunden und Bekannten. Nicholas: Ich war mal Erzieher und ich glaube das zu kennen. Ich meine, der macht seinen Vater, der bei der Polizei arbeitet, auf irgendeine Weise ohnmächtig, um dann durch ihn zu sprechen. Also er tut so, als wäre er sein Vater und löst auf diese Weise die Fälle. Ich glaube, er hat übermenschliche Kräfte. Das mit dem Profitänzer und dem Konditor ist Blödsinn. Außerdem ist das so ein kleiner Typ, und wenn er um zehn Jahre verjüngt worden wäre, wüsste ja sein Vater davon.

Korrekte Antwort: B

FAZIT Sieben korrekte Antworten: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, euch mitzuteilen, was Nicholas im Vorfeld des Tests verraten hat. Üblicherweise lesen er und seine Jungs die Rubrik und fragen sich, wie die anderen Bands zum Teil nur so schlecht abschneiden können. Hätten sie jetzt selbst nicht so eine gute Rateleistung hingelegt, es wäre der richtige Moment für Hohn und Spott von euch und all unseren bisherigen Großverlierern gewesen. Doch da haben sie wohl noch mal Glück gehabt – Glückwunsch. Text: Christine Stiller Heimat: jupiter-jones.de Auch gut: „Jupiter Jones“, das neue Album der Band


SPEED DATING

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SPEED DATING

Yucca

Josh T. Pearson

Suchen: Freunde des tanzbaren Indie-Pops OHNE grünen Daumen! Der erste Eindruck: Hoffentlich haben alle dendrophilen Schrebergärtner unter euch die Kapelle nicht als erstes gegoogelt. Denn statt einer sexy Palme wird euch hier nur eine Indie-Band aus Nürnberg angeboten. Das werden die Eltern sagen: Wenn ihr dem Date trotzdem eine Chance gebt, werden die Guten so erleichtert sein. Stellt euch ihre frohen Gesichter vor, wenn ihr endlich mal nicht mit einer Primel, einer Tanne oder einem Kaktus zum Familienessen erscheint. Hochzeit oder kurze Affäre: Und es wird immer besser: hierzulande ist die Eheschließung zwischen Homo sapiens und Homo sapiens total legal. Also, nicht immer so vorbelastet sein. Mut zum Rasenmähen!

Sucht: Egal wonach, er braucht laaange dafür... Der erste Eindruck: Trommelwirbel: Josh T. Pearson – der langsamste Songwriter der Welt in unserem Speed Dating! Darin bin ich eigen: Kennt ihr diese Leute, die Singer/Songwriter-Gigs dazu nutzen, hemmungslos öffentlich zu flennen? Ach, ihr seid auch so drauf? Dann herzlichen Glückwunsch, das ist euer Herzblatt. Hochzeit oder kurze Affäre: Nur ein kleiner Tipp aus dem Frauenmagazin: Wer am Hochzeitstag mal ohne vom ausgiebigen Weinen geschwollene Augen durchs Leben schlendern möchte: kühlen, kühlen, kühlen. Oder zwei Beutel schwarzen Tee drauf packen, das lindert die Schwellung.

Heimat: myspace.com/yuccamusic Aktuelles Album: „A Different Time In A Different Place“

Heimat: myspace.com/joshtpearson Aktuelles Album: „Last Of The Country Gentlemen“

Vessels

Sea Of Bees

Suchen: Freunde des Post-Rock, für ausgedehnte Meeresspaziergänge und Bastelarbeiten. Der erste Eindruck: Dieser Kollege hier wirkt wie ein Eigenbrötler. Ein bisschen verkopft, ein bisschen verpeilt, ein bisschen verloren – außer wenn es um Musik geht. Darin bin ich eigen: Keine Männer der großen Worte, dafür verschenken sie Nerdkram wie Füllfederhalter, Wasserwaagen, Büroklammern – gern auch kombiniert zu einem Mobilee. Hochzeit oder kurze Affäre: Wenn man gesundheitsbewusst leben möchte, sollte man ja ohnehin Liebesbeziehungen mit Leuten in Bands vermeiden. Doch wenn es nun unbedingt ein Musiker sein muss – hach – dann ist das

Heimat: myspace.com/vesselsband Aktuelles Album: „Helioscope“

Sucht: Eine spirituelle Indie-Seele, mit der sie sich durch die Schwingungen ihrer zuckersüßen Songs ganz und gar verbunden fühlt. Der erste Eindruck: Der Name wäre toll für eine Speed-Metal-Combo – von 13-Jährigen. Das werden die Schwiegereltern sagen: Ha! Bei dieser zarten Multiinstrumentalistin werden sie endlich mal genug Anstand an den Tag legen und am Tisch weder schmatzen, rülpsen, noch lallen. Zeit wurde es ja. Hochzeit oder kurze Affäre: Julie Ann Bee heiratet sicher gern auf einer Sommerwiese mit Blumenkranz im Haar und natürlich barfuß. Wer eine Pollenallergie hat oder plant, den Bund der Ehe nicht unter freiem Himmel und

Ron Sexsmith

The Joy Formidable

Sucht: Egal, come one, come all – das lässt jedenfalls der Name vermuten. Der erste Eindruck: Das Ganze wirkt dann doch etwas keuscher. Der gute Ron ist Singer/Songwriter, aber einer, der auch mal die Dur-Tonleiter zum Mitschunkeln anschlägt. Von den notorischen Heulsusen hat man ja irgendwann einmal genug. Das werden die Eltern sagen: Da siehst du es, Junge: Damals in der Pubertät hast du dich noch über deinen Familiennamen beschwert und jetzt, jetzt zieht er unweigerlich die meisten Speed Dating-Kandidaten an. Hochzeit oder kurze Affäre: Puh, der Typ hat auf jeden Fall ein paar Altlasten zu schleppen, immerhin WAR er schon mal 15 Jahre verheiratet. Das könnte knifflig werden.

Suchen: Indie-Fans mit Wunderkerzen unter den Fußsohlen. Der erste Eindruck: Eine wilde Bonbonzicke zum Pferde stehlen und tanzen gehen. Das werden die Schwiegereltern sagen: Solange ihr euer neues Date nicht während eines ausgelassenen Familienfestes vorstellt, könnt ihr sicher verhindern, dass plötzlich viele „alte“ Leute peinlich ihren Hüftspeck schwingen. Hochzeit oder kurze Affäre: Wer die Sängerin heiratet, hat eine Braut mit dem tollen Vornamen Ritzy. Wer den Bassisten nimmt, trifft es noch besser und kann als Ehepartner von Rhydian Dafydd auch noch selbst von einem klasse Nachnamen profitieren. Drummer Matt Thomas kann man getrost stehen lassen.

Heimat: myspace.com/ronsexsmith Aktuelles Album: „Long Player Late Bloomer“

ein guter, introvertierter Fang ohne Star-Allüren und Groupies am Hals.

ganz sicher nicht ohne Schuhe einzugehen, der halte sich besser an die Teenager aus der Metal-Band, die kann man sich noch erziehen. Heimat: myspace.com/seaofbees, Aktuelles Album: „Songs For The Ravens“

Heimat: myspace.com/thejoyformidable Aktuelles Album: „The Big Roar“


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MUSIK STORIES

Seite 37

206

Das Räuspern der Nation Schubladendenken ist so einfach: drei junge Männer, ein bisschen Weltschmerz, ein bisschen Verzweiflung, deutsche Texte und fertig ist die Blaupause dessen, was man unweigerlich als Hamburger Schule bezeichnet selbst wenn es sich um Leipziger handelt. Aber was tun, wenn die Schublade klemmt? Wohin mit all der Wut? Man kann versuchen, umzuräumen, andere Kategorien zu finden; Punk etwa. Mit diesem Begriff kann Timm Völker, Kopf von 206, durchaus etwas anfangen, sieht sich klar von dieser Subkultur geprägt und im Gegensatz zur bereits erwähnten Hamburger Schule auch musikalisch beeinflusst. Bands wie etwa Turbostaat, Dackelblut und Oma Hans werden da erwähnt und man merkt Völker deutlich an, welche Ehre es für ihn gewesen sein muss, als ihm eine Legende wie Jens Rachut anerkennend auf die Schulter klopfte. Mit eben diesem verbindet ihn schließlich nicht nur die Musik, sondern auch der Umgang mit Sprache, Texten, Literatur. Geprägt durch Autoren wie den allgegenwärtigen Bukowski oder auch Rolf-Dieter Brinkmann, geht es darum, die Dinge einerseits beim Namen zu nennen, andererseits dezent zu verschleiern. Völker will mit seinen Texten nicht predigen, aber durchaus ein Statement geben; und der Realitätsbezug ist stets vorhanden.

Fahren gar kein Peugeot: 206 aus Leipzig.

Die Wirklichkeit, die er auf dem Debüt ‘Republik Der Heiserkeit’ schildert, ist greifbar. Er singt auf Deutsch als bewusste Entscheidung, in Maßen auch ein bewusster Eintritt in eine durchaus ruhmreiche Tradition; er singt über die deutsche Wirklichkeit (‘Unterm Deutschen Mond’) oder konkrete Vergangenheit (‘Mahler’) als Abstraktion seiner Gefühlswelt; und doch wäre es falsch verstanden, die ‘Republik Der Heiserkeit‘ mit einer Nation gleichzusetzen. Es ist die Abstraktion, die Timm Völker beansprucht. Seine innengerichtete Wahrnehmung nach außen zu übertragen - Angst, die in Wut umschlägt, entladene Wut, die sich in Heiserkeit manifestiert und doch nicht sprachlos macht.

Sprachlos wird Timm nur, wenn er den Werdegang seiner Band in Worte fassen soll. Nachdem man schon früh erste Vertragsangebote erhielt und ausschlug, da sich die Band noch nicht reif genug fühlte, ging das Trio zunächst durch die Live-Schule, um jetzt auf dem Traditionslabel ‘ZickZack’ zu veröffentlichen. Trotz all der Wut scheint er versöhnt mit der Welt, wenn er beschreibt, dass er das alles gar nicht so richtig realisiert hat, einfach Musik machen will und anlässlich Albumveröffentlichung und Tourstart im März wohl erst einmal weinen wird, wenn er begreift, was da passiert.

übergoss Hobbyzeichner Lüam die Songs seiner Band mit einem sympathischen Textmus aus Blödsinn und Poesie, stets angetrieben von den unüberhörbaren Bassläufen seines Kumpels Stefan und den flirrenden Soli seiner Gitarristen Kristian und Trent. So wurden die Protagonisten Dora, Peter, der Prinz und die Giraffe zu Stars und ‘Mrugalla‘ zum stattlichen Manifest einer Band, von der man in fünf Jahren behaupten wird, sie „damals“ schon im Vorprogramm von Turbostaat gesehen zu haben, als der Rest der Zuschauermischpoke noch in einem Maisfeld begraben werden wollte. Das waren noch Zeiten!

Für Findus hat der Durchbruch also gerade erst begonnen. Mit freundlicher Unterstützung der „Initative Musik“ – einer schlauen Behörde, die auch mal eine Mark für Punks raustut, wenn man nett fragt oder einfach eine Rechnung schickt – sieht die Zukunft doch gar nicht so düster aus, wie es die stürmische See und der in saurem Regen ertränkte Baum auf dem ‘Mrugalla‘-Cover implizieren könnten. Im Gegenteil: Mit ein bisschen Sonne ist noch unter jeder Lupe ein Feuer ausgebrochen.

Text: Aiko Kempen Foto: Viola Patzig Heimat: myspace.com/zweihundertsechs

Findus

Suchet und ihr werdet! Nach ihren öffentlichkeitswirksamen Touren im Vorprogramm von Turbostaat und Against Me! sollte man Findus mal genauer unter die Lupe nehmen. Lumpige zwei Bandjahre haben die Findlinge erst auf dem Buckel, im Zuge ihrer Blitz-Karriere aber schon so einiges gerissen. Nach leichtem FineTuning im Line-Up avancieren Findus um Sänger Lüam zur nächsten Band, die der löchrigen Kauleiste des Bundes-Punk eine passende Krone verpasst. Von Sound und Attitüde gemahnt die Combo an nordische Nachbarn wie Captain Planet, Matula oder ...But Alive und schmücken ihren scheppernden Überholspur-Indie mit entsprechend metaphernreichen Stakkato-Versen. Tatkräftig unterstützt wurde das Quintett bisher von den vernarbten aber zupackenden Produzenten-Händen von Smoke Blow-Bassist Greif Hellhammer, einem Kieler Original, der bei den Küken ordentlich Federn rupfte und ihnen einen angenehm harten Sound verpasst hat. Wenn man Gegenwind vertonen könnte, dann würde das nach Findus klingen. Wahrscheinlich. Auch Edgar Mrugalla ist ein Kieler Original. Der ehemalige Kipper- und Heizölfahrer steigt nach der Eröffnung seines ersten Trödelladens zum Kunstfälscher erster Kajüte auf und kopiert so ziemlich alles, was ihm in die Finger kommt, aber am liebsten das Zeug „von Rembrandt bis Busch“. Fasziniert von sowohl Talent als auch Pech des Parkinson-Patienten mit dem schrägen Nachnamen

Spui'n a laute Musi: Findus aus Hamburg.

Text: Flo Hayler Foto: Johannes Foerster Heimat: myspace.com/findusmusik


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Foto: Steve Gullick

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Beady Eye

Gestern darf nicht heute sein Was tun, wenn’s brennt? Eine Frage, die Liam Gallagher mit seiner neuen Combo Beady Eye zu beantworten versucht und hofft, dass sich bald niemand mehr an seine ungeliebte Ex-Band Oasis erinnert. ’Different Gear, Still Speeding’ lautet der Name des Neustarts auf Albumlänge und soll alle das Fürchten lehren. Ein Gelingen nicht garantiert. Gem Archer und Liam Gallagher sitzen wie zwei Auserwählte im Zimmer ihres Luxushotels am Berliner Potsdamer Platz - tragen die Kragen hochgeschlossen, schütteln gelangweilt den Kopf, wenn es um die eigene Vergangenheit geht und wollen sie am liebsten aus dem kollektiven Gedächtnis löschen. „Wir haben eine neue Band, einen neuen Sound, alles schneller, direkter und auf den Punkt gespielt“, prustet es aus ihnen heraus, und obwohl niemand mit dem Finger auf sie zeigt, verhalten sich die beiden genau so – die selbst auferlegte Anklageschrift lautet: Ihr habt die größte britische Band seit den Beatles auf dem Gewissen! Zumindest im Kopf von Liam Gallagher scheint dieser Gedanke unaufhörlich Kreise zu ziehen. „Es war für mich nicht vorstellbar, ewig auszuharren und zu warten. Es gab diese Idee und die wollte ich schnellstmöglich umsetzen.“ Kein Einspruch euer Ehren, denn gut ein Jahr nach dem jähen Ende seiner Band Oasis kehrt der Ex-Frontmann auf die Bildfläche zurück und präsentiert mit Beady Eye ’Different Gear, Still Speeding’ ein Albumdebüt, das erstaunlich vital an die frühe Phase des britischen Gitarren-Rock Anfang der Neunziger erinnert – zwar keine Offenbarung geworden ist, aber gut genug, um die Macher höchst zufrieden mit dem eigenen Götzenstatus zu versöhnen. „Weißt du“, fährt Gem Archer mit starrem Blick aus dem Fenster fort, „keine Ahnung, was andere Typen in unserer Situation machen würden, für uns hieß es einfach nur: Zeig den Leuten da draußen, was möglich ist und blase ihnen den Verstand weg.“ Ein Stichwort, das Chefdenker Liam Gallagher postwendend an die eigene Imagepflege erinnert und lospoltern lässt: „Schau dir Radiohead an: Die labern ewig davon, dass sie neue Songs aufnehmen wollen und brauchen zwei Jahre, bis sie klarkommen. Bedeutungsschwangerer Kram ist das.“ Einmal in Rage geredet, kann ihn nicht mal ein wohlwollendes Lächeln seines Gegenübers stoppen. „Oder Guns N' Roses – hast du deren letzte Platte gehört? Total überkandidelter Murks, der Typ steht völlig neben sich und das sollte mir nicht passieren“, setzt Gallagher die Kritik an der Postmoderne fort – und stockt. Denn: Ganz richtig, das Wort „ich“ muss im Falle von Beady Eye schnellstens durch „wir“ ersetzt werden. Nicht etwa, weil Gallagher sein überlebensgroßes Ego unter den Teppich kehren will, sondern weil die Aufnahmen, das Songwriting und die Produktion von ’Different Gear, Still Speeding’ sehr demokratisch über die Bühne gingen. Gem Archer: „Jeder hat seine Tracks zur Platte beigesteuert: Andy, Liam und ich waren in gleichem Maße daran beteiligt.“ Erstgenannter Andy Bell war schon zu Zeiten von Oasis an Gallaghers Seite tätig - nur Neuzugang und Live-Drummer Chris Sharrock hat mit alledem wenig zu tun. Trotzdem: Diese Typen schleppen ein großes Erbe mit sich herum und erwähnen im Interview keinen Mucks davon. Das wird sich ändern, auch Paul McCartney spricht heute lieber über die Beatles als über die eigene Solokarriere. Liam Gallagher braucht einfach Zeit, und natürlich ist ’Different Gear, Still Speeding’ für den Anfang ganz ordentlich geraten. Beweisaufnahme vorerst abgeschlossen. Text: Marcus Willfroth Foto: Steve Gullick Heimat: beadyeyemusic.com

Fürs Familienalbum Am 28. August 2009 ließ Noel Gallagher die Katze aus dem Sack und verkündete auf der Website von Oasis seinen endgültigen Ausstieg aus der Band. „Ich kann mit Liam nicht einen Tag länger zusammen arbeiten“, lautete seine Begründung und glaubt man diversen Augenzeugenberichten, soll es zuvor Backstage zu einer Rangelei der beiden gekommen sein, bei der Liam Gallagher aus Wut die Gitarre seines Bruders an die Wand pfefferte. Über den musikalischen Verbleib von Noel Gallagher gibt es derzeit keine genauen Informationen – der Meister hüllt sich in Schweigen. Alle Anzeichen deuten jedoch auf eine Solokarriere hin. Eine Rückkehr zu Oasis ist - zurzeit - ausgeschlossen. Warten wir's ab.


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The Low Anthem Streiten will gelernt sein

Wohin die Reise auch führt, The Low Anthem haben stets einen Trumpf im Ärmel. Mit ihrem neuen, dritten Album ’Smart Flesh’ heißt es für die Band indes stark sein und bloß nicht den Verstand verlieren. Die Kritiker überschlugen sich bei der letzten Platte dieser damals noch unbekannten Folk-Formation vor Begeisterung, und so ist es aus Gründen der eigenen Sicherheit verständlich, dass The Low Anthem die erste Frage des Gesprächs selbst stellen: „Magst du die neuen Songs? Haben sie dich nicht enttäuscht?“, bittet Frontmann Ben Knox Miller um Auskunft und denkt gar nicht daran, die Pudelmütze im warmen InterviewRaum abzunehmen – „es gibt Tage, da musst du einfach fünfe gerade sein lassen“, rechtfertigt er den SlackerStil und krault seinen Sieben-Tage-Bart. Derart locker waren die letzten Monate für The Low Anthem aus dem amerikanischen Rhode Island allerdings nicht: Die Aufnahmen zum neuen Album ’Smart Flesh’ zogen sich lange hin, und doch ist Mil-

lers Kollege Jeff Prystowsky glücklich über jede Minute, die sie zusammen im Studio verbracht haben: „Wir sind umgängliche Typen und lassen Diskussionen innerhalb der Band nur dann zu, wenn jemand etwas Konkretes an dieser oder jener Aufnahme auszusetzen hat.“ Zweifelsohne, The Low Anthem haben sich mächtig ins Zeug gelegt: ’Smart Flesh’ ist noch eine Spur ausgefeilter als der toll arrangierte Vorgänger ’Oh My God, Charlie Darwin’ aus dem Jahre 2008 - Folk ja, Business as usual nein. The Low Anthem haben mit viel Engagement eine famose Platte abgeliefert und die eingangs gestellten Fragen dürften somit beantwortet sein. Text: Marcus Willfroth

Heimat: thelowanthem.com

Wye Oak

Glücklich, aber nicht zufrieden

Jenn Wasner spielt schon seit der Highschool in „Bands“, aber zu mehr als einem Duo hat es bisher nicht gereicht. Dafür sind Wye Oak ein vertrautes Team geworden, das Lärm für fünf macht und auch als Hochzeitskapelle gebucht werden kann. „Im Nachhinein können wir selbst nicht mehr sagen, wer für welche Geräusche auf dem Album verantwortlich ist“, sagt Jenn Wasner und meint damit die symbiotische Beziehung zu Partner Andy Stack, mit dem sie ihr zweites Album ‘Civilian’ zu einer kraftvollen Indie-Rock-Séance arrangiert hat. „Wir machen schon seit zehn Jahren Musik zusammen“, sagt sie, „da ergibt sich ein privates Vokabular.“ Hier kommt auch der Albumtitel ins Spiel: „Ich mag das Wort ‘Zivilist’ - es ist so ambivalent. Einerseits bedeutet es, dass man definitiv nicht Teil vom Militär ist, andererseits heißt es, dass man zu praktisch allem anderen gehört. Es ist einschließend und ausschließend zugleich, es klingt kalt und schroff, aber die Bedeutung umfasst trotzdem alle.“

Wye Oaks Musik ist alles andere als kalt und schroff, doch unter der anheimelnden Oberfläche lauern trotzdem Klippen und Untiefen. Wasner selbst ist halb Wunderkind, halb Workaholic, und ihre Songs entstehen gerne auch mal auf der Autobahn. „Mein Handy ist immer bei mir und es hat meine Songwriting-Methoden revolutioniert“, sagt sie. „Das ganze Album ist in 20-Sekunden-Schnipseln auf meiner Telefon-Inbox. Mein Notizbuch habe ich entweder immer verloren oder es hat mich nur angestarrt.“ Jetzt, wo die Platte fertig und die Inbox wieder geleert werden kann, reagiert die Sängerin wie ein Kreativprofi: „Ich bin glücklich, aber nicht zufrieden.“ Text: Michael Haacken Foto: Natasha Tylea Heimat: wyeoakmusic.com

Long Distance Calling Alles wird gut

Wärmendes Kritikerlob im Rücken, neues Album, anstehende Tour – Glückwunsch! Aber ein bisschen kommen die fünf Instrumentalrocker mit der Veröffentlichung des selbstbetitelten Drittwerkes dann doch ins Grübeln. Ganz kurz. „Es heißt ja immer, das dritte Album sei entscheidend. Wir sind jetzt alle Ende 20, Anfang 30, haben Jobs und machen uns natürlich so unsere Gedanken, was in fünf Jahren passieren soll“, erklärt Reimut van Bonn, der Soundtüftler von Long Distance Calling. „Aber unsere Erfolge treiben uns an. Und letztlich kommt es ja sowieso immer anders als geplant.“ Das wissen die gebürtigen Westfalen nur zu gut. Dass die eng gestrickte Münsteraner Musikszene die Jungs 2006 einander in die Arme trieb, war keine allzu große Überraschung. Dass ihr ruckzuck eingespieltes Demo schon damals instrumentaler Rock ohne Gesang, einen Plattenvertrag an Land ziehen würde, schon eher. Und dass sie vergangenes Jahr mit Katatonia durch Europa touren durften, bringt Reimut noch immer

ins Schwärmen. Wer sich so schön freut, dem können auch ein paar klitzekleine, existenzielle Fragen nicht wirklich etwas anhaben. Zumal die Produktion des aktuellen Albums kaum besser hätte laufen können. Mit Ex-Anthrax-Sänger John Bush, der dem Song „Middleville“ seine Stimme lieh, haben LDC erneut ein gelungenes Vocal-Experiment gewagt und sich ganz nebenbei den nächsten Traum erfüllt. Und damit nicht genug: „Die Songs sind kompakter und experimenteller geworden, und - ganz wichtig: Wir sind sehr nah an dem Klang, den wir haben wollen. Als uns nach den Studioaufnahmen das Ergebnis vorgespielt wurde, war das erschreckend. Positiv erschreckend.“ Na, also noch mal: Glückwunsch! Text: Isabel Ehrlich Heimat: longdistancecalling.de


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MUSIK STORIES

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Funeral For A Friend Image by accident

In Wales geht was, Bassisten werden zu Gitarristen und Viersaiter wiederum komplett neu besetzt. Nachdem sie bandintern ein wenig Reise nach Jerusalem spielten, haben sich Funeral For A Friend jetzt mit neuer Besetzung und ihrem fünften Album „Welcome Home Armageddon“ aus dem Studio geschlichen. Langjähriges Mitglied Schlagzeuger Ryan Richards spricht mit uns über Haarpflegeprodukte und Regeln im Post-Hardcore. Ryan, bei „Welcome Home Armageddon“ habt ihr euch dazu entschieden, wieder mit dem Team vom ersten Album zusammen zu arbeiten. Wolltet ihr zurück zu den Wurzeln? Nein, wir wollten die Dinge einfach ehrlich angehen. Wir haben die Songs niemandem gezeigt, bis sie komplett fertig waren. Wir wollten uns nicht beeinflussen lassen und so ist dies die ehrlichste Platte geworden, die wir je gemacht haben, die authentischste Form von uns als Band. Es gibt euch nun mittlerweile seit gut zehn Jahren, was waren in dieser Zeit für euch die wichtigsten Veränderungen? Der letzte Mitgliederwechsel war wohl die prägendste Veränderung in den letzten Jahren. 2010 hat sich unser Gitarrist Darran dazu entschieden, nicht mehr Teil der Band zu sein. Unser damaliger Bassist wechselte dann rüber an die Gitarre und dafür kam Richard als Bassist komplett neu dazu. Wir haben durch den Wechsel und über die Jahre gelernt, wo unsere Stärken und Schwächen liegen, das ist ein stetiger Prozess. Ihr habt mal gesagt, dass euer neuer Bassist so gut ist, dass er bei euch sogar spielen darf, obwohl er blond ist. Wie wichtig ist es euch, ein bestimmtes Image zu erfüllen?

Immer schön Karussell: Funeral For A Friend aus Wales.

Es ist lustig: All das, was heute als unser Image angesehen wird, fing mit einem blöden Zufall an. Auf der ersten Tour habe ich mir die Haare schwarz gefärbt, und weil noch so viel von dem Färbemittel übrig war, haben es die anderen Jungs einfach nachgemacht. Dem Label hat das als Image gefallen. Aber im Grunde ist uns das Ganze nicht wichtig.

Und wie ist das bei Konzerten? Wenn jemand zu einer Show kommt und Alkohol trinkt, sollte er sich nicht weniger willkommen fühlen. Was du isst und ob du trinkst, das sind Dinge, die keinen zu einem besseren Menschen machen. Solange man verantwortungsvoll miteinander umgeht, ist alles andere doch zweitrangig!

Ihr seid selbst eine Post-Hardcore Band, wie stehst du zu den teilweise strengen Regeln, die sich viele Musiker und Anhänger in dieser Szene auferlegen? Ich habe nie verstanden, warum Leute ihre persönliche Lebensweise einem bestimmten Label zuordnen müssen. Ich selbst bin Vegetarier und trinke nicht, würde mich aber nie selbst als "Straight Edge" bezeichnen. Viele Leute neigen dazu, so etwas als wichtigsten Teil ihrer Persönlichkeit zu proklamieren. Ich möchte einfach niemandem etwas vorschreiben oder jemanden verändern. Menschen sind verschieden, und das finde ich auch gut so!

Text: Sarah Gulinski Heimat: ffaf.co.uk

Straigt Edge Eigentlich wollte Ian MacKaye keine Bewegung starten, als er 1981 mit seiner Band Minor Threat den Song „Out Of Step (With The World)“ veröffentlichte. Dessen Zeile „Don’t drink! Don’t smoke! Don’t fuck!“ machten die Hardcore-Kids schnell zur Doktrin der Straight Edge-Kultur, obwohl MacKaye in dem Song auch betont, keinesfalls Regeln aufstellen zu wollen.


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MUSIK STORIES

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C-Types

Klischee or not Klischee Wenn man im Leben mal einen Krankenwagen benötigt, fehlt oft die Zeit sich zu fragen, was Rettungsfahrer neben ihrem Broterwerb so treiben. Schade eigentlich. Da verpasst man einiges. Bestes Beispiel: C-Types-Frontmann Woody. Neben der Alltags-Mission „Leben retten“ hat der Elvis-Costello-Look-a-like mit den C-Types ein sehr unterhaltsames Debütalbum namens ‘Devil On 45‘ veröffentlicht, das mit seinem Surf/Rock’n’Roll/ Twang-Sound gut zu einem Tarantino-Streifen passen würde. Für Woody greift diese Referenz allerdings zu kurz: „Der Vergleich ist zwar da und als Filmmusik würde unser Sound auch funktionieren. Wir liegen da aber mehr auf einer Linie mit David Lynch oder Jim Jarmusch.“ Dass die C-Types keine durchschnittliche Surf-Band sind, wird auch live durch den Einsatz von Instrumenten wie Theremin oder Melodika schnell klar. In der Dekonstruktion altbekannter Surf-Klischees finden sich noch ganz andere Vorbilder. Die Songs seien „vielfältiger geworden. Härter, psychedelischer, abgedrehter, da sind teilweise wirklich komische Sachen dabei. Surf und Rockabilly ist ja beides Klischeemusik, wir wollen das eher zerlegen. Wir nehmen einzelne Elemente raus und machen daraus was Eigenes. Das ist dann näher an den Einstürzenden Neubauten dran.“ Dem aufmerksamen Hörer werden auf ‘Devil On 45‘ gleich mehrere Songs bekannt vorkommen. Auf dem Debüt der C-Types finden sich gleich vier Coverversionen, darunter die Cramps, Tom Waits

Lieber C-Type als D-Promi: C-Types aus Hessen.

oder der Jonathan Richman-Klassiker 'Egyptian Reggae'. Woody sieht diese Masse an fremden Stücken eher unaufgeregt. „Bei normalen Surf-Kapellen wird ja auch viel gecovert. Bei den Cramps sind ja oft über die Hälfte Fremdkompositionen. Wir wollen nicht einfach plump covern, sondern neu interpretieren. An Tom Waits wagt man sich ja normalerweise nicht ran, aber wir wollten das unbedingt machen.“ Bei einer Band, die im Albumtitel die Abspielumdrehungen pro Minute für Vinyl-Singles führt,

sollte man meinen, dass man es bei Woody mit einem totalen Vinyljunkie zu tun hat - weit gefehlt: „Ich hasse Vinyl. Bei meinem Umzug wollte ich meinen verkifften Umzugshelfern nicht zumuten, die Plattensammlung in den vierten Stock zu schleppen. Also haben wir sie in den Keller gestellt. Durch einen Wasserschaden sind alle Platten komplett verschimmelt und ich musste alles wegschmeißen. Seitdem höre ich nur noch CDs.“ Text: Tim Kegler

Heimat: c-types.com

Anwesenden mit seinem Remix von Phoenix’ „Lisztomania“ augenblicklich auf seine Seite zu ziehen. Doch all das war erst der Anfang des Abends – für einige zumindest. Manche Gäste ließen es sich, Wochentag hin oder her, nicht nehmen, mit dem Trashpop-DJ-Team bis zum Morgengrauen durch zu feiern.

Jägermeister Wirtshaus Tour 2011 So war’s, so wird’s

Auch wenn die Premiere an einem Donnerstag stattfand, wurde am 17. Februar bei der Jägermeister Wirtshaus Tour in ausgelassenster Samstagsstimmung gefeiert. Während sich die musikalischen Gäste We Have Band und Yuksek bereits am Dartbrett und am Kickertisch warm spielten, wartete vor der Jägerklause in Berlin Friedrichshain eine lange Schlange neugieriger Menschen in Feierlaune. Endlich drin in der guten Stube hatte sich das Anstehen aber gelohnt: Um 23.00 kam

die Band der Stunde auf die Bühne. We Have Band sind schon auf Platte ein Garant für spitzen Partystimmung, live dröhnen die poppigen Elektro-Beats dann aber nicht nur in den Ohren, sondern Hits wie „Oh!“ auch in den Beinen. Nach diesem glänzenden Auftakt hatte DJ Yuksek im Anschluss ein leichtes Spiel, die

Wer nicht dabei war, wird jetzt mit der Gewissheit leben müssen, eine schicke Party verpasst zu haben. Doch ihr dürft euch auch freuen – freuen auf die zweite Runde der Jägermeister Wirtshaus Tour, die am 17. März im Kölner „Dom im Stapelhaus“ ausgetragen wird. Neben allen Vorteilen wie Kicker, Dart und Poker müsst ihr ein allzu traditionelles Ambiente aber auch an diesem Abend nicht fürchten. Statt schunkeliger Heimatklänge werden The Subs die tanzbarsten aller Elektro-Beats für euch zusammen raven. Passt mal auf. Außerdem ist der russische DJ Proxy mit von der Partie. Nicht nur in der Moskauer Clubszene ein gern gesehener Gast, wird er nun in Köln zu diesem feierlichen Anlass ein wenig Indie-Techno auf die Tanzfläche bringen. Ihr werdet überrascht sein. Weitere Informationen und die Möglichkeit, euch für die Gästeliste zu registrieren, gibt es unter daswirtshaus.de und facebook.de/daswirtshaus.de. Auf sallys.net verlosen wir ebenfalls zwei Karten für die Kölner Ausgabe der Jägermeister Wirtshaus Tour.

Jägermeister Wirtshaus Tour 17.3. Köln - Dom im Stapelhaus Live: The Subs, Proxy Tickets und Infos: das-wirtshaus.de und facebook.de/daswirtshaus.de


FÜHRER E IS E R L L O 'R 'N K C O R

Mit THOSE DANCING DAYS nach STOCKHOLM Wer ins hippe Stockholm reist, sollte sich schon lange im Voraus Gedanken über seine Garderobe machen. Und selbst dann hinkt man wahrscheinlich den neuesten Trends der Stadt nur hinterher. Damit ihr wisst, wo ihr neue Klamotten erstehen und an welche Orte ihr sie ausführen könnt, geben euch Bassistin Mimmi und Schlagzeugerin Cissi ein paar brauchbare Reisetipps. Stockholm ist eine wirklich schöne Stadt. Doch welcher Ort ist der allerschönste? Cissi: Monteliusvägen – wenn man vom Mariatorget Richtung Wasser läuft, kommt man dorthin. Die Aussicht ist wunderschön, besonders im Sommer. Dort werdet ihr auch nicht vielen anderen Touristen begegnen. Mimmi: Natürlich sollte man sich auch die Schären, all die kleinen Inseln außerhalb der Stadt, nicht entgehen lassen. Was ist ein besonders romantischer Ort für ein Date? Cissi: Ich hatte nicht so viele Dates in Stockholm, aber Mimmi, du bist der Single von uns... Mimmi: Es gibt eine Brücke namens Västerbron. Sie verbindet Södermalm und Kungsholmen, wo wir wohnen. Im Sommer, wenn die Sonne nie richtig untergeht, ist es romantisch, gemeinsam dort entlang nach Hause zu laufen. Eine touristische Attraktion, die wir uns nicht entgehen lassen sollten? Mimmi: Skansen ist ein Freilichtmuseum auf der Halbinsel Djurgården. Sie haben dort einen Zoo mit einheimischen Tieren und es gibt alte schwedische Landhäuser zu sehen. Sehr nett. Euer Lieblingsclub ist? Cissi: Im Sommer gehe ich fast immer zum Debaser Slussen (Karl Johans Torg 1). Sie haben dort einen Out-

door-Bereich, nah am Wasser. Mimmi: Wenn wir gerade von Sommer sprechen: Trädgården (Hammarby slussväg 2) befindet sich unter einer Brücke. Es fühlt sich von der Atmosphäre her nicht wie Stockholm an, sondern erinnert mich sehr an Berlin. Dort spielen auch Bands und sie haben DJs. Im Winter verlegen sie den Club in ein Haus, das sich unter der gleichen Adresse befindet. Es nennt sich Under Bron. Cissi: Ich mag den Club, auch wenn hauptsächlich House und Techno gespielt wird und das eher nicht meine Baustelle ist. Wo erleben wir gute Konzerte? Cissi: Im Debaser und Hornstulls Strand 4 (Hornstulls Strand 4). Der beste Plattenladen? Mimmi: Ich gehe fast ausschließlich zu Pet Sounds in Södermalm (Skånegatan 53) oder Record Hunter (Sankt Eriksgatan 70). Wo ist der Punk zu Hause? Mimmi: Es gibt nichts, was Punkrock ist in Stockholm. Dafür müsste man schon raus aufs Land fahren. Cissi: Ich denke, jeder möchte trendy sein. Die Stockholmer verbringen viel Zeit vor dem Spiegel, bevor sie das Haus verlassen. Klar könnte ich im Debaser in Jogginghose auftauchen, aber ich würde es nicht tun. Wo gibt es denn die modischsten Menschen zu sehen?

Mimmi: Die sind überall. Ich persönlich würde nicht am Stureplan rumhängen, wo sich die ultrahippen Menschen tummeln. Mir geht es dabei allerdings nicht um die Klamotten, sondern die Attitüde der Leute. Wo kauft ihr eure Klamotten? Cissi: Mein Lieblingsshop ist Beyond Retro, der ist nicht ganz billig, aber auch nicht wirklich teuer. Ihr findet den Laden dreimal in der Stadt: Brännkyrkagatan 82, Asögatan 144 und Drottninggatan 77. Da ihr ja in Kungsholmen wohnt, könnt ihr uns sicher einen Insidertipp geben. Cissi: Rund um Fridhemsplan gibt es nette Cafes und Bars, die günstiges Bier anbieten und da wird man auch keinen Damen in High-Heels und Jungen mit Gel-Tolle begegnen. Ein erschwingliches Restaurant... Mimmi: Für gewöhnlich gehen wir nicht auswärts essen, das ist recht teuer in Stockholm. Ab und an esse ich was Kleines in einer Bar namens Indigo (Götgatan 19). Cissi: Da ist ein griechisches Lokal direkt am Medborgarplatsen, ein Gericht kostet um die 7 Euro, aber es ist gut und praktisch, wenn man vom Debaser kommt und Hunger hat. Text: Christine Stiller Heimat: myspace.com/thosedancingdays Auch gut: „Daydreams And Nightmares“ das neue Album von Those Dancing Days


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Foto: Jochen Melchior

Präsentiert TOUR DES MONATS. BEATSTEAKS Zunächst einen herzlichen Glückwunsch an die Fans der Beatsteaks, das neue Album „Boombox“ artig auf Platz Eins der Charts gehievt zu haben - weise Entscheidung. Ähnlich weise wäre es gewesen, sich eines der wenigen zehntausend Tickets für die bevorstehende „Boombox“-Tour zu sichern, denn in vielen Städten heißt es bereits „ausverkauft“, und so müssen einige von euch wohl ein paar Kilometer reisen - vielleicht sogar bis nach Roskilde, Durango oder Helsinki. Das allerdings lohnt sich, denn natürlich haben die Beatsteaks in ihrer jüngsten Bandpause das Feiern nicht verlernt, wie man bereits bei den ersten Minishows im Februar feststellen durfte. Bepackt mit alten Hits und neuen Hymnen starten die fünf also in das nächste laute Kapitel ihrer unaufhaltsamen Karriere, und mit an Bord haben sie einige vielversprechende Nachwuchsbands wie Kraftklub, Dyse, Trip Fontaine, den Kollegen Dendemann oder eine ebenfalls nicht ganz unbekannte Combo namens Turbostaat. Das klingt doch nach angenehmer Abendunterhaltung. Wir vom unclesally*s haben übrigens für jedes Beatsteaks-Konzert in Deutschland zwei Hardtickets pro Stadt zu vergeben. Solltet ihr also oft Glück aber keine Karten haben, dann schreibt uns eine Mail an verlosung@sallys.net. Den Rest erledigt die Fortuna, obwohl wir gar nicht aus Düsseldorf kommen.

AUF TOUR 2.3. Saarbrücken-E-Werk *** 9.3. Frankfurt-Jahrhunderthalle *** 10.3. Erfurt-Thüringenhalle *** 12.3. Ludwigsburg-Arena *** 14.3. Münster-MCC Halle Münsterland *** 15.3. BremenHalle 7 *** 16.3. Hannover-AWD Hall *** 18.3. Bamberg-Stechert Arena *** 19.3. DortmundWestfalenhalle 1 *** 22.3. Hamburg-Sporthalle *** 24.3. München-Olympiahalle *** 25.3. Leipzig-Arena *** 26.3. Bielefeld-Seidenstickerhalle *** 10.6. Berlin-Kindl-Bühne Wuhlheide *** 11.6. Berlin-Kindl-Bühne Wuhlheide *** 2.7. Dresden-Elbufer

Mit einer E-Mail an verlosung@sallys.net habt ihr die Möglichkeit, für sämtliche von uns präsentierten Shows den ein oder anderen Gästelistenplatz zu ergattern. Bitte schreibt den Namen eurer Wunschkonzert-Combo in den „Betreff“ und gebt eure Adresse an! Asking Alexandria

Special Guests: Of Mice & Men + Chelsea Grin 28.04. Berlin - Magnet 29.04. Hamburg - Grünspan 30.04. Münster - Sputnikhalle

Black Lips + The Fresh & Onlys

12.05. Hamburg - Grünspan 13.05. Berlin - Festsaal Kreuzberg 14.05. München - Hansa 39 @ Feierwerk

Bonaparte

06.04. Hamburg - Große Freiheit 36 07.04. Köln - Live Music Hall 11.04. Frankfurt - Mousonturm 13.04. München - Muffathalle 14.04. Nürnberg - Löwensaal 15.04. Dresden - Reithalle 16.04. Berlin - Columbiahalle

01.04. Erfurt - HsD 02.04. Dresden - Beatpol 06.04. Köln - Luxor 07.04. Bochum - Zeche 08.04. Osnabrück - Kleine Freiheit 09.04. Hamburg - Große Freiheit 36 13.04. Göttingen - Mensa 14.04. Braunschweig - Meier Music Hall 15.04. Bremen - Schlachthof 16.04. Berlin - Postbahnhof

18.10. Koblenz - Sporthalle Oberwerth 19.10. Hannover - AWD Hall 21.10. Mannheim - Rosengarten 23.10. Magdeburg - Stadthalle 24.10. Kassel - Kongress Palais

Cut Copy

16.03. Berlin - Lido 17.03. Köln - Gebäude 9

British Sea Power

Bosse

24.03. Leipzig - Moritzbastei 25.03. Nürnberg - Hirsch 26.03. Kaiserslautern - Kammgarn 29.03. München - 59to1 30.03. Stuttgart - Röhre 31.03. Frankfurt - Nachtleben

16.04. Bielefeld - Ringlokschuppen 21.04. Erfurt - Thüringen Halle 25.04. München - Zenith 11.04. Berlin - Festsaal Kreuzberg 12.04. München - 59to1

Favez

Cat’s EyeS

21.05. Köln - Gebäude 9 24.05. Berlin - Magnet 25.05. München - 59to1

Clueso & Band

Dropkick Murphys

Dum Dum Girls

11.03. München - 59to1 12.03. Berlin - Lido 13.03. Köln - Luxor

31.03. Erlangen - E-Werk 03.04. Krefeld - Kulturfabrik 04.04. Flensburg - Deutsches Haus 05.04. Rostock - Mau Club 13.04. Erfurt - Messehalle 15.04. Oberhausen - König-Pilsener-Arena 16.04. Bremen - Arena 17.04. Münster - Halle Münsterland 18.04. Frankfurt - Jahrhunderthalle 20.04. Berlin - Arena 21.04. Hamburg - Alsterdorfer Sporthalle 28.04. München - Zenith 29.04. Dresden - Messehalle 30.04. Stuttgart - Porsche Arena 13.10. Freiburg - Rothaus Arena 14.10. Würzburg - Posthalle 15.10. Kempten - Big Box 17.10. Saarbrücken - E-Werk

13.04. Berlin - Festsaal Kreuzberg 14.04. Hamburg - Uebel & Gefährlich 15.04. Köln - Luxor 16.04. Stuttgart - Keller Klub 17.04. München - 59to1

Disco Ensemble

28.03. Aachen - Musikbunker 29.03. Heidelberg - Karlstorbahnhof 30.03. Potsdam - Waschhaus 31.03. Leipzig - Conne Island 01.04. Düsseldorf - Stone 02.04. Lingen - Alter Schlachthof

DJ Shadow

19.05. Berlin - Astra@ elt!Klub Weekender 20.05. München - Muffathalle 21.05. Köln - Live Music Hall

Does It Offend You, Yeah?

28.04. Freiburg - Räng Teng Teng 29.04. Bielefeld - Falkendom 30.04. Essen - Grend 01.05. Saarbrücken - Garage 02.05. Berlin - Comet 03.05. Hamburg - Hafenklang 04.05. Stuttgart - Schocken 05.05. Karlsruhe - Jubez 06.05. Kassel - Schlachthof 07.05. München - Feierwerk

Foo Fighters

18.06. Berlin - Kindl-Bühne Wuhlheide

Friska Viljor

13.04. Dresden - Reithalle 26.04. Hannover - Musikzentrum 27.04. Münster - Sputnikhalle 28.04. Köln - Luxor 29.04. Karlsruhe - Substage 02.05. Frankfurt - Batschkapp 03.05. München - Feierwerk 04.05. Erlangen - E - Werk 05.05. Berlin - Lido


Matula

18.03. Oerlinghausen - JZO 19.03. Wiesbaden - Kulturpalast 21.03. München - Feierwerk 22.03. Göttingen - Theaterkeller 23.03. Solingen - Waldmeister 24.03. Landau - Fatal 25.03. Berlin - Showpalast Circus Avalon 26.03. Neumünster - AJZ

Fu Manchu

12.03. Hamburg - Knust 13.03. Berlin - C-Club 18.03. Rostock - Mau Club 30.03. München - 59to1 31.03. Wiesbaden - Schlachthof 01.04. Köln - Luxor

Holy Ghost! (*mit Jamie Woon)

09.03. Hamburg * - Indra Mondial 10.03. Berlin * - Berghain Kantine 18.05. München - Rote Sonne 19.05. Köln - E - Werk

Itchy Poopzkid

Mayday Parade

09.05. Hamburg - Gruenspan 10.05. Berlin - Magnet 11.05. Köln - Underground 12.05. Münster - Sputnikhalle

Moddi

26.02. Hamburg - Knust 27.02. Köln - Gebäude 9 01.03. Frankfurt - Panorama Bar 02.03. Schorndorf - Manufaktur 03.03. München - Ampere 04.03. Heidelberg - Karlstorbahnhof 06.03. Leipzig - Skala 07.03. Berlin - HAU2 09.03. Münster - Gleis 22

30.03. Bochum - Bahnhof Langendreer 31.03. Köln - Luxor 01.04. Hamburg - Logo 02.04. Berlin - SO36 05.04. Frankfurt - Batschkapp 06.04. Hannover - Faust 07.04. Erlangen - E - Werk 13.04. München - Hansa 39 14.04. Stuttgart - Röhre

Madsen

12.03. Mannheim - Capitol 13.03. Ulm - Roxy 15.03. Erlangen - E - Werk 16.03. Berlin - Postbahnhof 21.03. Hamburg - Gruenspan 22.03. Bochum - Zeche 23.03. Münster - Skaters Palace 25.03. Magdeburg - Altes Theater 26.03. Hitzacker - Verdo

Noah And The Whale 07.04. Hamburg - Logo 13.04. Berlin - Postbahnhof 15.04. München - 59to1 17.04. Köln - Luxor

Everything Everything Was ist denn so toll an denen? Eine Band, die sich ganz selbstbewusst Everything Everything nennt, hält ihr Versprechen und gibt alles alles. Geht da außer mir noch wer hin? Leute, die von Natur aus gut aussehen und sicherlich welche, die „Photoshop Handsome“ sind und sowieso alle, die Fistelstimmen und tanzbare Hooklines zu würdigen wissen. So wird’s enden: Wahrscheinlich mit einem neuen Band-Shirt, denn die alten haben jetzt ausgedient.

AUF TOUR 15.3. Hamburg-Uebel & Gefährlich *** 16.3. Köln-Gebäude 9 *** 17.3. Berlin-Magnet *** 19.3. München-Atomic Café


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PRÄSENTIERT

Pascow

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Im Tourbus mit:

We Butter The Bread With Butter

MADSEN

04.03. Hagen - KuZ Pelmke 05.03. Wiesbaden - Kulturpalast Wiesbaden 11.03. Leiwen - Monopol 18.03. Freiburg im Breisgau - White Rabbit 19.03. Rastatt - Art Canrobert 02.04. Köln - Gebäude 9 16.04. Bausendorf - Riez Indoor Festival 29.04. Münster - SpecOps 30.04. Flensburg - Hafermarkt 21.05. Mülheim - AZ

Robyn

07.03. Offenbach am Main - Capitol 09.03. Köln - Live Music Hall 11.03. München - Muffathalle 12.03. Berlin - Astra

Thee Attacks

06.05. Hamburg - Molotow 07.05. Berlin - Magnet

The Dodos

07.05. München - 59to1 09.05. Berlin - Magnet 10.05. Hamburg - Prinzenbar 11.05. Köln - Blue Shell

The Gaslight Anthem

06.06. Dresden - Alter Schlachthof 07.06. Hamburg - Docks

The Sisters Of Mercy 01.03. Berlin - C - Halle

The Wombats

16.04. Köln - Live Music Hall 17.04. Offenbach - Capitol 18.04. Berlin - Astra 20.04. Hamburg - Docks 21.04. München - Tonhalle

Timber Timbre

19.04. Hamburg - Prinzenbar 20.04. Berlin - Postbahnhof

Turbostaat

17.03. Heidelberg - Häll 19.03. Kassel - Club A.R.M. 30.04. Nürnberg - Roter Salon

We Butter The Bread With Butter 15.04. Augsburg - Kantine 20.04. Köln - Gebäude 9 21.04. Bremen - Lagerhaus 23.04. Berlin - Postbahnhof

24.04. Dresden - Scheune 25.04. Erfurt - Gewerkschaftshaus 26.04. Schweinfurt - Stattbahnhof 27.04. Hannover - Faust 28.04. Frankfurt - Das Bett 29.04. Leipzig - Conne Island

206

14.03. Jena - Rosenkeller 16.03. Oberhausen - Druckluft 17.03. Köln - Tsunami 18.03. Kassel - A.R.M. 19.03. Hamburg - Uebel und Gefährlich 20.03. München - Feierwerk 25.03. Dresden - Ostpol 26.03. Chemnitz - AJZ 31.03. Erfurt - Stadtgarten 01.04. Hannover - Café Glocksee 02.04. Berlin - Magnet 14.04. Bernburg - Breite Straße 15.04. Halle - Drushba 16.04. Bautzen - Steinhaus 19.04. Mainz - Kulturclub Schon Schön

Das Vollplaybacktheater Die Drei ??? Und der Karpartenhund 01.03.11 - Münster - Halle Münsterland 02.03.11 - Osnabrück - Stadthalle 03.03. Kiel - Kieler Schloss 04.03. Hamburg - Große Freiheit 36 05.03. Hamburg - Große Freiheit 36 10.03. Lübeck - Kolosseum 11.03. Bremen - Pier 2 12.03. Oldenburg - Cäciliensaal 13.03. Köln - Essigfabrik 14.03. Köln - Essigfabrik 15.03. Bochum - Christuskirche 16.03. Bochum - Christuskirche 17.03. Hagen - Stadthalle 18.03. Leipzig - Theater - Labor - Sachsen 19.03. München - Muffathalle 11.04. Wuppertal - Forum Maximum 12.04. Wuppertal - Forum Maximum

Matt & Kim Was ist denn so toll an denen: Guckt sie euch doch mal an. Happy, happy, super happy. Geht da außer mir noch wer hin: Erlebt den Brooklyn-Style. Das sind die Indie-Kids, an die es sich zu halten gilt. So wird’s enden: Mit Muskelkater im Gesicht oder einer Zahnkorrektur. Das Dauergrinsen der beiden Protagonisten ist entweder ansteckend oder lässt euch mit einem längst überfälligen Zahnarztbesuch liebäugeln. AUF

TOUR

28.3. Berlin - Lido *** 29.3. Hamburg - Knust *** 30.3. Köln - Gebäude 9

Erst wenn die Omas mit euch rülpsen, seid ihr wirklich angekommen – auf Tour. Fragt mal Sascha von Madsen, die Herren stehen außerdem auf Furzkissen und den mysteriösen „Kackel-Dackel“. Vielleicht sollen die doch lieber alleine fahren? Inwiefern habt ihr es leichter, den Touralltag zu bewältigen, weil ihr euch schon so lange und so gut kennt? Das macht tatsächlich sehr viele Dinge einfacher. Es muss über vieles nicht mehr geredet werden. Wir kennen uns untereinander so gut und müssen uns über die Seltsamkeiten des anderen kaum mehr wundern... In welcher Situation geht ihr euch auf Tour am meisten auf die Nerven? Wenn wir uns langweilen – und das kommt auf Tour viel zu oft vor. Wir haben richtige Strategien entwickelt, uns gegenseitig zu nerven. Wir sind auch große Freunde von Scherzartikeln, von Furzkissen, falschen Zähnen, Perücken, Stinkbomben und so Zeug. Das kommt immer mit an Bord. Der neueste Renner ist der „Kackel-Dackel“. Sehr zu empfehlen! Was war euer bisher bizarrstes Raststätten-Erlebnis? Da gibt es tatsächlich viele, aber am schönsten fand ich, als neben uns ein Butterfahrt-Rentner-Bus gehalten hat, aus dem ein Haufen Omas ausgestiegen sind. Die eine hält direkt auf uns zu, stößt deutlich hörbar auf und sagt: „Oh, Entschuldigung, ich hab’ Sodbrennen vom Saufen.“ Ich glaube, ihr war nicht bewusst, dass sie uns damit tief beeindruckt hat. Was ist eure heimliche Tramper-Fantasie? Ich habe ein bisschen Angst vorm Trampen. Ich traue mich das nicht. Unser Motto ist dann eher: „Mit dem Moped nach Madrid.“ Welches Nahrungsmittel wird auf Tour zu oft konsumiert? Bier. Und wir haben uns angewöhnt, einen Sandwich-Maker mitzunehmen und uns nach dem Konzert einen riesen Haufen Aftershow-Sandwiches zu machen. Dabei streiten wir uns aber jedes Mal, ob da jetzt Pesto drauf muss oder nicht. Wo hattet ihr eine unerwartet gute Show, obwohl alle Anzeichen zuvor auf „Weltuntergang“ standen? Bei unserem ersten Hurricane Festival 2005 ist beim Line-Check kurz vor dem Auftritt die Orgel kaputt gegangen. Wir waren sowieso alle schon total aufgeregt und dachten dann: Jetzt ist es vorbei. Da kam der Backliner von Die Ärzte, hat das Ding aufgeschraubt und innerhalb weniger Minuten wieder zusammen gelötet. Wir haben also dem Backliner von DÄ unser erstes großes Festival-Heimspiel zu verdanken! Heimat: madsenmusik.de

AUF TOUR 12.3. Mannheim-Capitol *** 13.3. Ulm-Roxy *** 15.3. Erlangen-E-Werk *** 16.3. Berlin-Postbahnhof *** 21.3. Hamburg-Gruenspan *** 22.3. Bochum-Zeche *** 23.3. Münster-Skaters Palace *** 25.3. Magdeburg-Altes Theater *** 26.3. Hitzacker-Verdo


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so war’s

SO WAR’S

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Foto: Foto:Axel AndiMosch Wolf

Trip Fontaine & Blood Robots

11.2. Berlin - Kastanienkeller Trip Fontaine hatten gerufen und viele kamen – zu viele. Erstes Problem des Abends: Der Kastanienkeller, eine winzige Insel der Anarchie im Herzen des schicken Prenzlauer Bergs in Berlin, hatte nur geringe Kapazitäten für all die wartenden Gäste. Und tatsächlich, kaum waren die Türen geöffnet, war der Laden auch schon dicht. Die Leute wussten ja auch, was sie erwarten dürfen. So spielten Trip Fontaine gewohnt großartig und so experimentell, wie man sie kennt und liebt. Trotzdem waren sie am Ende aber nicht das Ensemble der Stunde – sondern ihre Vorband. Blood Robots wurden mit ihrem charismatischen Sänger zu den gefeierten Helden der Herzen. Steven Chamberlain klang wie der kleine Bruder von Chuck Ragan und die Musik seiner Band wie ein Hybrid aus Hot Water Music, Danzig und den

frühen Beatsteaks. Und alle so: „Ey den Bassisten, den kenn’ ich doch!“ Ach ja, Nagel, ehemaliger Sänger bei Muff Potter, spielt jetzt Bass bei den Blood Robots und hielt sich an diesem Abend auf dem ungewohnten Posten hinter dem Sänger zu-

rück. Blood Robots – die Entdeckung des jungen 2011. Deshalb wird hiermit dringend empfohlen, im April die Chance zu nutzen, um sich selbst ein Bild von den Livequalitäten dieser Herrschaften zu machen!

KONZERTFOTOS OF DEATH Ihr geht doch alle auf Konzerte. Und macht dabei - Fotos? Die wollen wir sehen. Und prämieren. Denn an dieser Stelle küren wir die „Konzertfotos Of Death“ - egal, ob mit Handy oder der Digitalen geschossen.

DEAR LAMENT Landau - RockHausFestival Geknipst von: sgnlkrg

Schickt uns euer Konzertfoto inklusive Namen der geknipsten Band/Person, Ort, Datum und zwei Sätzen dazu, wie’s so war, auf dem Konzert. Entweder per Mail an sallys@sallys.net oder aber ihr ladet euer Foto ganz einfach auf sallys.net hoch. Da könnt ihr dann auch die Fotos der anderen bestaunen und euren Senf dazugeben. Die besten, schrägsten und lustigsten aus den letzten Wochen zeigen wir euch hier:

Was für ein Abend, am besten haben mir die Kölner Dear Lament... gefallen. Von deren LiveEnergie können sich einige Große noch ’ne dicke Scheibe abschneiden

Madsen 15.1.Berlin - Astra Geknipst von: änrasco

Aller guten Dinge sind drei. Beim dritten Anlauf haben Madsen es endlich nach Berlin geschafft. Es war ein super Konzert, und allen voran Sebastian Madsen, dem es nach einem Handgelenkbruch und einer Erkältung richtig super ging.

Royal Republic 7.2.Stuttgart - Die Röhre Geknipst von: Mrs.Neerg

Jedes Mal eine Freude, die vier Schweden zu sehen, so viel Spielfreude, das steckt an!

Olli Schulz 18.12.2010 Bonn - BLA Geknipst von: fandora

Geiler Abend mit Olli Schulz, der das Konzert im Rahmen der Rheinkultur-Retter-Aktion veranstaltet hat.

The Busters 30.12. Köln - Live Music Hall Geknipst von: fandora

Ordentlich geskankt wurde an diesem Abend mit den Busters :)

Bonaparte 18.10. Heidelberg - Karlstorbahnhof Geknipst von: Miffymiff Einfach nur geil und höchst unterhaltsam...

Francis International Airport 8.1. Berlin - Magnet Club Geknipst von: Miffymiff

Geile Band, wärmstens zu empfehlen... und live der absolute Hammer...


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MIX

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Telekom Extreme Playgrounds

Speed Dating mit Anthony und Sam Ja, so sind sie – egal ob BMX oder Mountainbike, wer sich in einen Drahtesel verliebt, wird mit einem sehr entspannten Gemüt belohnt. BMX-Profi Anthony Napolitan und MTBSternchen Sam Pilgrim haben jede Menge gute Laune anzubieten und das auch, wenn es um einen hart umkämpften Contest geht. Beide gehören zum Aufgebot der Telekom Extreme Playgrounds, die am 17. April in der Duisburger Kraftzentrale ausgetragen werden. Grund genug, die beiden hier kurz ein wenig besser kennen zu lernen.

Der Amerikaner ist Jahrgang 1986 und hat 2010 die Telekom Extreme Playgrounds in Duisburg gewonnen. Wie bist du zum BMX gekommen? Als ich 14 war, habe ich durch einen Kumpel aus dem Fußballverein damit angefangen. Was opferst du für einen Sport? Ich wünschte manchmal, ein wenig Ordnung in meinem Leben zu haben, einen geregelten Alltag. Außerdem ist es schwer, die ganze Zeit weit weg von meiner Familie zu sein. Was macht das BMXen für dich so besonders? Es macht Spaß, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen und weitere Tricks zu lernen. Doch bei diesem Sport geht es auch um das Gesamtpaket, zum Beispiel darum, neue Leute kennen zu lernen. Die Fahrer untereinander sind nicht so konkurrenzbesessen, alles läuft auf einer freundschaftlichen Ebene ab. Welcher BMX-Fahrer ist dein großes Vorbild?

T.J. Lavin ist der Gott des Dirtjump! Was würdest du als größten Erfolg deiner bisherigen Karriere bezeichnen? Die Tatsache, dass ich mein Leben davon bestreiten kann, mein BMX zu fahren, ist so viel mehr wert, als jeder Contest-Sieg. Was war eine fiese Niederlage, die du einstecken musstest? Ich hatte mal einen Bänderriss im Fuß und es dauerte ewig, bis die Verletzung ausgeheilt war. Acht Monate lang konnte ich nicht fahren. Das war schlimm. Im vergangenen Jahr hast du die Extreme Playgrounds in Duisburg gewonnen. Dann sollte das Ziel für dieses Jahr ja klar sein... Ach, ich möchte einfach nur eine gute Zeit haben und fahren. So lange ich Spaß habe, liebe ich das Leben.

Der 20-jährige Brite hat im vergangenen Jahr bei den Telekom Extreme Playgrounds den zweiten Platz belegt. Wann und wie bist du zum MTB gekommen? Warum hast du dich nicht für BMX entschieden? Mein Vater hat mir mal ein Mountainbike Magazin mitgebracht, da war ich ungefähr zehn Jahre alt. Als ich gemerkt habe, was man mit einem Mountainbike alles anstellen kann, wurde das Fahren zur Sucht. Vielleicht wäre ich BMXer geworden, hätte mein Vater mir ein Heft darüber mitgebracht. Wer weiß? Was machst du, wenn du mal nicht fährst, in deiner Freizeit sozusagen? Ich fahre so gut wie jeden Tag, manchmal mache ich nebenbei ein wenig Motocross oder surfe. Welcher Sportler ist für dich Vorbild und Inspiration zugleich? Der Motocross-Fahrer Travis Pastrana. Was ich von ihm im Fernsehen gesehen habe, ist wirklich beeindruckend und er scheint ein cooler Typ zu sein, der seinen Sport populärer gemacht hat. Er ist außerdem super im Freestyle. Was ist deine Spezialität? Das ist wohl Dirtjump.

Was war der bisher größte Erfolg deiner Karriere? Ich hatte schon so einige gute Ergebnisse bei Wettbewerben, aber die, an die ich mich am liebsten erinnere, sind der Sieg beim adidas Slopestyle 2008 und der erste Platz beim Vienna Air KingContest im letzten Jahr. Mit welchem Vorsatz startest du in Duisburg? Ich will einfach eine gute Zeit auf dem Bike haben. Keine Siegverpflichtungen. Was magst du besonders an den Extreme Playgrounds? Zunächst einmal ist es niemals zu windig, weil der Wettbewerb in der Halle stattfindet. Es kommen eine Menge Leute, um uns und die Bands zu sehen. Die Live-Musik ist cool. Ach ja – die Jumps sind großartig. Ich merke gerade, ich bin damit wunschlos glücklich. Welche Musik hörst du gerne? Ich mag elektronisches Zeug. Ich habe keine Lieblingsband. Wenn ich meine eigenen Videos musikalisch unterlegen muss, dauert die Auswahl immer ewig.

Telekom Extreme Playgrounds 17.4. Landschaftsparks Duisburg-Nord

Disziplinen: BMX Dirt Jump und Mountainbike Slopestyle Live: Danko Jones, Broilers u.a. Preise:

Tageskasse 25 Euro (plus Gebühren) 5-Freunde-Ticket (nur im VVK erhältlich) 100 Euro (plus Gebühren)

Alle weiteren Infos, regelmäßige Aktualisierungen und Tickets gibt es unter: telekom-playgrounds.de


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QUICKIES

QUICKIES

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tvister.de

Alles nur gekauft

Für gute Fernsehmanieren Zappen macht doof oder dick oder beides. Um dem ziellosen Hin- und Her-Hetzen zwischen den Fernsehkanälen vorzubeugen, gibt es tvister.de, den Online-TVGuide der Deutschen Telekom. Hier bekommt ihr einen umfassenden Programmüberblick, um euch gezielt zu informieren, wann es wert ist, die Glotze einzuschalten. Außerdem bietet die Website die Möglichkeit, sich auf den eigenen Geschmack zugeschnittene Fernseh-Empfehlungen sowie eine ausführliche Beschreibung zu den einzelnen Beiträgen geben zu lassen. Desweiteren können verpasste Sendungen in den jeweiligen Sender-Mediatheken abgespielt, Sendungen live angesehen und bei Bedarf sogar mitgeschnitten werden. Um den Fernsehabend dann perfekt zu machen, könnt ihr auf sallys.net einen von zwei eleganten Mariposa Lounge-Sesseln aus schwarzem RioLeder gewinnen, die von der Firma BoConcept gefertigt wurden und einen Verkaufswert von je 599 Euro haben. tvister.de boconcept.de

Kalte Muschi

Mit der Flasche in der Hand und dem T-Shirt überm Bauch Kalte Muschi geht es jetzt mehr ums Aussehen. Das offizielle Kaltgetränk des FC St. Pauli bietet neben dem samtigen Rotwein-Cola-Mix im Glas nun auch eine eigene Textil-Kollektion. In Kooperation mit Bravado Merchandising sind zunächst sechs neue Produkte entwickelt worden: ein Shirt mit dem hübschen Kalte Muschi-Logo, zwei Motto-T-Shirts, ein Motto-Hoodie und zusätzlich noch eine Logo-Tasse, die ihr allesamt unter kalte-muschi.de oder über Mailorder bestellen könnt. Darauf ein sechsfaches Miau. Doch auch wir lassen uns nicht lumpen und verlosen auf sallys.net drei dieser schicken Kalte Muschi-Merchandising-Pakete samt Motto-T-Shirts und Tasse. Na dann, Stößchen! kalte-muschi.de

Vans x Santigold

Bling-Bling für Turnschuh-Mädchen Vans und Santigold machen gemeinsame Sache und heraus kommt der Schuh mit den frechsten Goldkettchen seit SneakersGedenken.

Santi White aka Santigold verfügt offenbar nicht nur über ein goldenes Händchen für gute Songs, sondern auch für schicke Schuhe, und so hat die Sängerin dieses limitierte Design der Vans Tosha Hi Sneakers mit entworfen. Die Vans x Santigold aus Rauleder sind in schlichtem Schwarz gehalten, aber durch pfiffige goldene Accessoires ergänzt. Nicht zu sportlich, nicht zu sehr Prinzessin – liebe Damen, der perfekte High-Heels-Ersatz zum Ausgehen. Und es wird noch besser: Auf sallys.net verlosen wir zwei Paar Vans x Santigold... santigold.com vans.com/girls

Jack Daniel’s

Eine Lederjacke für Liebe und Glück

Wem das Jahreshoroskop diesmal (auch) versprochen hat, dass Glück und Liebe 2011 seine ständigen Begleiter werden würden, der sollte seine guten Chancen doch gleich hier mal nutzen. Wir verlosen gemeinsam mit Jack Daniel’s diese schicke Lederjacke, die alles hat, was man sich von einem solchen Kleidungsstück nur wünschen kann. Wer sie auf sallys.net gewinnt, stellt somit eindrucksvoll unter Beweis, dass es sein Jahreshoroskop in beiden Belangen gut mit ihm meint. Alle anderen müssen nicht verzagen, denn diese Jacke gibt es neben vielen anderen tollen Dingen bei Jack im Online-Shop, für nur 289 Euro! Dann seid auch ihr glücklich und zufrieden. jack-lives-here.de

Chiemsee

Der Rucksack für Farbenfreunde Jeder braucht einen praktischen Rucksack. Ob für die Festivalsaison, den Strand, den Städtetrip, die Schule – es ist nie verkehrt, sein Gepäck ab und zu mal auf dem Rücken tragen zu können. Nur gut muss es natürlich aussehen. Das farbenfrohe Modell „Black Comp“ der Boardermarke Chiemsee sieht gut aus – und besonders. Wo sonst treffen Paradiesblumen auf Schachbrettmuster und Zebrastreifen? Eben. Ihr wollt auch so ein Schmuckstück haben? Dann bewerbt euch auf sallys.net, wo wir drei Modelle davon verlosen. chiemsee.com


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KINO

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Alex Pettyfer

Eine Diva vor dem Durchbruch Sein Name sorgt zunächst einmal für Achselzucken, doch das dürfte sich bald ändern. Denn wenn alles nach Plan läuft, steht Alex Pettyfer eine große Karriere in Hollywood bevor. In der Fantasy-Verfilmung „Ich bin Nummer 4“ spielt der 20-Jährige nach ein paar Mini-Engagements diesen Monat seine erste Kinohauptrolle. Danach geht es Schlag auf Schlag: im April ist er neben Disney-Star Vanessa Hudgens in „Beastly“ (einer modernisierten Version von „Die Schöne und das Biest“) zu sehen, im Herbst folgt dann „Now“, eine Science Fiction-Geschichte mit Justin Timberlake und Amanda Seyfried. In Zeiten, in denen junge Schönlinge wie Zac Efron oder Taylor Lautner die Herzen der Mädchen höher schlagen und damit die Kinokassen klingeln lassen, sind Typen wie Pettyfer gefragt: ein hübsches Gesicht mit Wangenknochen zum Niederknien, ein durchtrainierter Körper wie gemacht für die T-Shirt-losen Strandszenen in „Ich bin Nummer 4“. Mit seinem blonden Wuschelkopf wirkt er soft genug, um jede Schwiegermutter zu begeistern, gleichzeitig sieht er markant genug aus, um als verwegener Actionheld zu taugen. Für Burberry und Ralph Lauren stand er als Model vor der Kamera, als die Filmbranche auf ihn aufmerksam wird. Einen Kerl wie ihn möchte man natürlich gerne noch mal sprechen, bevor ihn alle Welt für sich entdeckt hat und vor lauter kreischender TeenieFans kein Herankommen mehr an ihn ist. Doch schon im Januar 2011 gestaltet sich ein Interview mit dem Briten nicht unbedingt einfach. Das angesetzte Treffen in London, eine Stunde entfernt von seinem Geburtsort Stevenage in Hertfordshire, lässt er platzen. Nach ein paar ersten Gesprächen am Vormittag überkommt ihn plötzlich Übelkeit, so dass der Rest der Journalisten mit seinem Regisseur D.J. Caruso („Disturbia“) Vorlieb nehmen muss. „Er hat was von James Dean“, gibt der zu Protokoll, „das machte ihn so ideal für die Rolle“.

Keine Ahnung, ob Dean ein maulfauler Zeitgenosse war. Pettyfer jedenfalls ist es, als man ihn wenig später immerhin telefonisch zu sprechen bekommt. Keine privaten Fragen, schon gar nicht zu seiner Beziehung mit „Ich bin Nummer 4“-Kollegin und „Glee“-Star Dianna Agron, lautet vorher die Ansage der PR-Agentin. Doch auch auf alle anderen Fragen hat er hörbar wenig Lust. Wie aufregend es ist, plötzlich mit drei großen Filmrollen am Start zu sein? „Sehr aufregend.“ Ob er viel übrig hat für Fantasy? „Ich mag alle guten Geschichten.“ Die Schauspielerei, ein Jugendtraum? „Nein. Aber nach der ersten Hauptrolle bin ich einfach dabeigeblieben.“ Leidenschaft klingt anders, und als wenig später in einem amerikanischen Branchenblatt zu lesen ist, dass der Wahl-Kalifornier Pettyfer sich in Hollywood gerade wenig Freunde macht, wundert man sich nur ein bisschen. Angeblich sei er bei Dreharbeiten zickig und anspruchsvoll, beschwere sich über zu niedrige Gagen und hielte stets das gesamte Team auf Trab. Doch gleichzeitig scheint er sich erlauben zu können: „Precious“-Regisseur Lee Daniels will ihn aktuell für seine Romanverfilmung „The Paperboy“ haben, ein Film mit Jeff Bridges und mögliche Fortsetzungen von „Ich bin Nummer 4“ stehen wohl auch auf dem Programm. Man wird in Zukunft also noch einiges von Alex Pettyfer hören. Bleibt nur die Frage, ob er dann auch etwas zu sagen hat.

Text: Patrick Heidmann

Ich bin Nummer 4 Man heuere die Blockbuster-Profis Michael Bay und Steven Spielberg als Produzenten zusammen mit dem Teenie-Action-Spezialisten D.J. Caruso als Regisseur an, nehme eine Handvoll unbekannter Jungschauspieler, peppe das preiswerte Darsteller-Team mit einem Ensemblemitglied der Kult-TV-Serie „Glee“ auf, stecke sie allesamt in einen stark an die „Twilight“-Saga erinnernden Plot, tausche dann Edward den Vampir gegen John den Außerirdischen aus, mache aus der nach Edward schmachtenden Brünetten Bella, die sich nach John verzehrende Blondine Sarah und fertig ist „Ich bin Nummer 4“. Johns Planeten haben sie bereits zerstört, jetzt machen sie Jagd auf die letzten Überlebenden, die sich zu uns auf die Erde gerettet haben. Doch der in einer US-Kleinstadt gestrandete John (Alex Pettyfer) leistet den fiesen Alien-Killern zusammen mit einem Highschool-Nerd und seiner großen Liebe Sarah (Dianna Agron) erbitterten Widerstand. Langweiliger und immer peinlicher werdender Teenie-Mystery-Actioner, der seine eigene Fortsetzung schon vorbereitet! Text: Dirk Lüneberg Kinostart: 17. März 2011



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KINO

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Ich will nicht das Migrationsgesicht sein Denis Moschitto im Interview

„Süperseks“, „Kebab Connection“, „Chiko“ – allein die Titel einiger seiner bekanntesten Filme lassen erahnen, dass Denis Moschitto – Sohn eines italienischen Gastarbeiters und einer Türkin – gerne mal dann besetzt wird, wenn es um nicht-deutsche Rollen in deutschen Filmen geht. Natürlich kann der 33-jährige Kölner auch anders, sei es in Til SchweigerKomödien, als Gabi Delgado in „Verschwende deine Jugend“ oder demnächst in dem St. Pauli-Film „Gegengerade“ und Detlev Bucks „Rubbeldiekatz“. Aber in „Almanya“ spielt er nun doch erst einmal wieder eine Rolle in einem Film zum Thema Integration. Warum, das erzählt er uns in einem Interview, in dem sehr oft das Wort „Migrationshintergrund“ und kein einziges Mal der Name Sarrazin fällt. Denis, was hat dich an dem Film der Samdereli-Schwestern gereizt? Ich war am Anfang ein bisschen hin- und hergerissen, ob ich „Almanya“ wirklich machen will. Allerdings nicht wegen des Drehbuchs, sondern weil ich schon in so vielen Komödien mitgespielt habe und nicht sicher war, ob unbedingt noch eine dazukommen muss. Außerdem kam es mir so vor, als sei im Kino und im Fernsehen über das Thema schon sehr viel erzählt worden, beispielsweise in „Zeit der Wünsche“, wo die Geschichte sich auch über mehrere Generationen erstreckte. Aber beim Drehbuch zu „Almanya“ habe ich dann doch einen anderen Ansatz gespürt, und mir hat gefallen, wie liebevoll das alles war. So ist dann ja letzten Endes auch der Film geworden. Das ist eine Hommage an die Gastarbeiter, und zwar nicht nur die türkischen, sondern eine ganze Generation. Die Schwestern haben viel Autobiografisches in das Drehbuch einfließen lassen. Wie ging es dir? Ich habe im Gespräch mit Yasemin Samdereli schnell gemerkt, dass ich in die relativ kleine Rolle des Ali viele meiner eigenen Erfahrungen einbringen konnte, was sie als Regisseurin auch von mir sehen wollte. Ali ist in dieser Familie derjenige, der in Deutschland geboren wurde, eine Rolle, die ich sehr gut nachempfinden konnte, auch wenn meine ältere Schwester ebenfalls schon hier auf die Welt kam. Von allen Figuren mit Migrationshintergrund, die ich bisher gespielt habe,

ist dieser Bruch, also dieses Sitzen zwischen den Stühlen, bei ihm am größten. Das fiel mir als Sohn zweier Gastarbeiter nicht schwer nachzuvollziehen, auch wenn die Ausgangssituation in meiner Familie eine andere ist. Überhaupt vermittelt der ganze Film ein Gefühl, das ich einfach sehr gut kenne. Fühlst du dich denn auch, als würdest du zwischen den Stühlen sitzen? Ich weiß zumindest keine richtige Antwort auf die Frage, wo ich mich zugehörig fühle. Eigentlich glaube ich nicht, dass man sich überhaupt als Deutscher oder Türke fühlen kann. Auch jemand, dessen nationaler und Familienhintergrund absolut klar ist, kann schließlich nicht wirklich beschreiben, was es für ein Gefühl ist, Deutscher zu sein. Aber mein Bezug zu Deutschland ist schon sehr, sehr stark. Meine Wurzeln sind hier, Deutsch ist die Sprache, die ich am besten spreche, in der ich denke, die ich liebe. Ich habe nie woanders gelebt und möchte das im Grunde genommen auch gar nicht. Trotzdem kommt es vor, dass ich Frauen mit Kopftuch sehe und denke: nett! Und wenn ich ein Spiel der italienischen Fußballnationalmannschaft schaue, dann fiebere ich da auch mit. Es gibt also bei mir auf jeden Fall eine Nähe zu beiden Heimatländern meiner Eltern, ich spüre da eine gewisse Identifikation. Aber das ist eher flirten als eine echte Beziehung. Wenn ich mich also festlegen müsste, würde ich sagen, dass ich Deutscher bin. Obwohl ich einen italienischen Pass habe.


Tatsächlich? Ja, schon immer. Meiner Großmutter war es immer wichtig, dass ich den behalte und auch für meinen Vater hat das eine gewisse emotionale Bedeutung. Außerdem habe ich dadurch in Deutschland keinerlei Nachteile, außer natürlich der störenden Tatsache, dass ich hier nicht wählen kann. Aber ich kann in Italien wählen, was manchmal vielleicht sogar noch wichtiger ist. Egal wie deutsch du dich fühlst, bietet man dir trotzdem meistens Figuren mit Migrationshintergrund an. Ist das nicht frustrierend? Das ist auf jeden Fall schwierig. Zum einen lebe ich auf eine gewisse Art und Weise davon, dass Regisseure und Produzenten einen oft auf solche Rollen festlegen. Wie überhaupt viele Schauspieler mit Migrationshintergrund in Deutschland davon leben und wahrscheinlich gar nicht drehen könnten, wenn diese Thematik bei uns nicht immer wieder so heftig diskutiert würde. Aber ich will zum anderen nicht das Migrationsgesicht sein, denn das schränkt mich als Schauspieler ein. Ich möchte so viele unterschiedliche Sachen wie möglich spielen können. Wenn das den Rest meines Lebens nur noch die Alis und Murats wären, fände ich das ein bisschen eintönig. Wobei es dir wahrscheinlich noch besser geht als den meisten deiner „Almanya“-Kollegen, oder? Ja, und ich nehme sicher ganz häufig jungen türkischstämmigen Schauspielern die Arbeit weg, obwohl ich selbst gar nicht wirklich Türke bin. Dadurch dass ich so eine Gastarbeitermischung bin, habe ich den großen Vorteil, dass ich da eine ganz andere Bandbreite habe. Vor allem glaube ich, dass viele gute Schauspieler mit Migrationshintergrund durch ihren Namen ungerecht behandelt werden. Da findet auf jeden Fall eine Diskriminierung statt. Jemand der Mehmet Yalcin heißt, wird immer und immer wieder die türkischen Rollen angeboten bekommen. Da mein Name zwar eindeutig nicht deutsch, aber eben auch nicht wirklich türkisch ist, landen bei mir manchmal auch andere Angebote. Bist du denn wenigstens optimistisch, dass die Lage sich verbessert? Ich glaube schon, dass es da eine Entwicklung gibt. Aber noch habe ich oft das Gefühl, dass der Film der Realität ein bisschen hinterherhinkt. Wir haben zwar seit einiger Zeit endlich den ersten türkischen „Tatort“-Ermittler, aber wie viele Polizisten mit Migrationshintergrund gibt es denn in echt bereits?! Dass das so lange dauert, bis so etwas in der Film- und Fernsehwelt ankommt, ist schon... Zumindest bemerkenswert. So richtig zufrieden sein werde ich erst, wenn das alles nicht mehr hinterfragt wird, sondern eine Selbstverständlichkeit ist. Also wenn der Kommissar mit dem türkischen Namen eben nicht noch mit seinen Wurzeln zu kämpfen hat, weil der Vater eine Döner-Bude besitzt und die Schwester verheiratet werden soll. Bis dahin wird wohl leider noch viel Zeit vergehen. Interview: Patrick Heidmann

Almanya Man kann in polemischen Bestsellern das Ende von Multikulti herbeischreiben und in bierernsten Fernsehdramen von finsteren Parallelgesellschaften schwadronieren. Man kann aber auch einfach mal herzhaft lachen und nicht alles nur schwarz malen. So machen es nun Regisseurin Yasemin Samdereli und ihre Schwester und Ko-Autorin Nesrin mit ihrem ersten, spürbar autobiografisch angehauchten Kinofilm „Almanya“. Darin erzählen sie von der Familie des einst als Gastarbeiter aus der Türkei gekommenen Neu-Deutschen Hüseyin (Vedat Erincin aus „Shahada“), der mit seiner gesamten Sippschaft einen Trip nach Anatolien plant, während gleichzeitig der kleine Enkel erzählt bekommt, wie das damals eigentlich war, als man in den Sechzigern nach Deutschland kam. Konfliktanalysen, Problemwälzungen und ähnliches spielen in dieser Komödie keine Rolle, und das ist auch gut so. Denn gute Laune, ein tolles Ensemble, charmant-albernes Spiel mit Klischees und viele leichtfüßig eingesetzte Regieeinfälle tun der Intergrations-Thematik mindestens genauso gut. Text: Patrick Heidmann

Kinostart: 10. März 2011


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3 Fragen AN

Anna Maria Mühe... ... die zehn Jahre nach ihrem Schauspieldebüt „Große Mädchen weinen nicht“ in Hans W. Geißendörfers Liebesgeschichte „In der Welt habt ihr Angst“ höchst überzeugend eine Heroinabhängige spielt, deren Kraft auf die Probe gestellt wird, als ihr Freund (Max von Thun) im Gefängnis landet. Anna Maria, „In der Welt habt ihr Angst“ erzählt auf – für deutsche Verhältnisse sehr melodramatische Weise – von der ganz großen Liebe. Konntest du mit diesem Stil auf Anhieb etwas anfangen? Ich wusste gar nicht, was mich bei diesem Drehbuch erwartet und bin sehr offen an die Sache herangegangen. Ich habe mich also schon von Seite Eins an komplett auf die Geschichte eingelassen. Ist denn so eine Offenheit auch für die Figur auf Anhieb da? Nein, den Zugang muss man sich natürlich oft auch erarbeiten. In diesem Fall allein schon was den Entzug angeht. Das war bei mir erst einmal eine sehr kopflastige Sache. Ich habe viele Filme gesehen, Bücher gelesen und war in Berlin auch bei Synanon, einer Selbst-

hilfe-Einrichtung für Drogenabhängige. Die Menschen dort waren ganz toll und haben unheimlich offen von ihren Erfahrungen erzählt, denn sie wollen natürlich auch, dass das Thema im Film möglichst authentisch dargestellt wird. Am Set selbst habe ich dann aber alle Notizen vergessen und den Bauch sprechen lassen. Nimmst du eine so emotional aufreibende Rolle am Ende des Drehtages mit nach Hause? Ich hatte zum Glück noch nie ein Problem damit, abends abzuschalten. Natürlich schwingt die Rolle für die paar Wochen immer ein bisschen mit, aber ich kann trotzdem gut schlafen. Interview: Patrick Heidmann In der Welt habt Ihr Angst, ab 3. März

Jesper Christensen... ... den man aus deutschen Filmen wie „This Is Love“, Hollywood-Produktionen wie „Die Dolmetscherin“ oder den letzten beiden 007-Abenteuern kennt, obwohl doch das Herz des Dänen eigentlich Filmen aus seiner Heimat gehört, wie etwa dem großartigen Familiendrama „Eine Familie“, in dem er als sterbender Patriarch zu sehen ist. Herr Christensen, Sie sollen erst gezögert haben, die Rolle in „Eine Familie“ anzunehmen. Warum? Das lag vor allem daran, dass ich ziemlich mies darin bin, ein Drehbuch vernünftig zu lesen. Auf den ersten Blick wirkte es auf mich wie die Geschichte eines Sterbenden. Erst als ich mich wirklich mit dem Skript auseinandersetzte, begriff ich, dass da viel mehr drin steckt und es um eine ganze Familie geht, die durch eine Krise zusammenwächst. Irgendwann war mir zum Glück klar, dass dies ein verdammt guter Film wird, ganz egal ob es nun um einen Sterbenden geht oder nicht. Wie leicht fiel es Ihnen, dieses Sterben zu spielen? Das war eine Kunst für sich. Ich habe sehr viele Gespräche geführt, Bücher gelesen, Filme gesehen. Es war ganz erstaunlich zu sehen, wie offen und ehrlich mir

viele Betroffene – also Sterbenskranke genauso wie Angehörige – entgegentraten, wenn ich um ein Gespräch bat. Was die körperliche Veränderung angeht, war das wichtigste natürlich der Gewichtsverlust: 14 Kilo in sechs Wochen, fast alles während der Dreharbeiten. Sie drehen mittlerweile fast so oft im Ausland wie in Dänemark. Was macht mehr Spaß? Die dänischen Filme sind auf jeden Fall meine Herzensangelegenheiten. Dort habe ich Spaß, was ich von der Arbeit an großen Hollywood-Produktionen oder „James Bond“ nicht unbedingt behaupten kann. Interview: Patrick Heidmann Eine Familie, ab 3. März

Charlotte Gainsbourg... ... die für „The Tree“ von der französischen Regisseurin Julie Bertucelli in Australien vor der Kamera stand und in dem rührenden und bildgewaltigen Familiendrama eine allein erziehende Witwe spielt, deren verstorbener Mann womöglich in den riesigen Baum vor ihrem Haus übergangen ist. Fanden Sie es leicht, einen Baum als Co-Star zu haben? Ich hatte ja schon noch ein paar „echte“ Kollegen um mich. Aber mir gefiel es gut, wie meine Figur im Film ständig schwankt, ob sie in dem Baum nun wirklich ihren Mann sehen oder diese Idee doch für vollkommenen Quatsch halten soll. Ungewissheit und Unsicherheiten reizen mich in Drehbüchern immer sehr. Schon in „Antichrist“ hatten Sie es mit dem Thema Trauer zu tun. Wurde Ihnen das nie zu viel? Ehrlich gesagt habe ich beim Lesen des Drehbuchs zu „The Tree“ nicht einen Moment an den von TrierFilm gedacht. Die beiden Geschichten sind doch vollkommen unterschiedlich. Erst als ich bei der Premiere in Cannes war, wo wir ein Jahr vorher

schon „Antichrist“ präsentiert hatten, erkannte ich gewisse Parallelen was das Thema Trauer oder auch die Naturverbundenheit angeht. Sie haben gerade schon wieder mit von Trier gedreht. Was reizte Sie an dem Projekt? Schlicht und einfach die Arbeit mit Lars, denn die ist immer eine ganz besondere Herausforderung. Von ihm inszeniert zu werden, ist eine sehr spezielle Erfahrung. Das noch einmal zu erleben, war ein großer Wunsch von mir, schon allein weil mir bei jedem meiner Filme die Beziehung zum Regisseur fast noch wichtiger ist als das Drehbuch. Interview: Patrick Heidmann The Tree, ab 3. März


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Der Plan

Matt Damon wie einst Momo Schicksal, freier Wille, die Liebe und der mächtigste Mann der Welt. Es sind nur große Themen, die hier verhandelt werden sollen. Ein Anspruch, der trotz guter Ansätze und namhafter Schauspieler nie so recht erfüllt wird. Die schon sicher geglaubte Wahl zum jüngsten Senator New Yorks hat David Norris (Matt Damon) noch verloren - wegen einer öffentlich gewordenen Jugendsünde. Während er eine Rede vorbereitet, die seinen Anhängern Mut machen soll, trifft er die hinreißende Elise (Emily Blunt). Es funkt gewaltig, doch als Davids Manager die beiden unterbricht, verschwindet sie. Von der Begegnung inspiriert, hält David eine fulminante Ansprache, die seiner politischen Karriere unverhofft neuen Schwung verleiht. Wenig später begegnet er Elise erneut. Zufällig, und wie sich bald herausstellt, gegen den Willen einer Gruppe mysteriöser und übernatürlich mächtiger Männer, die fortan alles daran setzen, weitere Treffen der beiden zu verhindern. Der Grund dafür ist schwerwiegend, genau wie Davids Entschluss, für die mögliche Liebe seines Lebens zu kämpfen. All das klingt interessant und ist im Trailer hübsch und spannend anzusehen. Darüber hinaus stammt die literarische Vorlage vom visionären Schriftsteller Philip K. Dick, wie schon die Geschichten zu „Blade Runner“, „Total Recall“ oder „Minority Report“. Trotz dieser vielversprechenden Voraussetzungen inszeniert Regisseur und Autor George Nolfi eine zwar

handwerklich solide, aber langweilige Mischung aus Romanze und SciFi-Thriller. Es ist schwer zu sagen, welcher Teil dem anderen abträglicher ist. Matt Damon und Emily Blunt haben als Paar durchaus gute Momente, ihnen widmet das Drehbuch Charme und Humor. Viel gemeinsame Zeit bekommen sie jedoch nicht, schließlich müssen ihre Widersacher zeigen dürfen, was sie drauf haben. Diese hätten Potenzial, erinnern aber stark an Michael Endes graue Herren und setzen ihre fast grenzenlose Macht so umständlich und inkonsequent ein, als wollten sie

es David und Elise auch nicht zu schwer machen. Um allem irgendwie Tiefe zu verleihen, entpuppen sich die unheimlichen Herren als Vertreter einer höheren Instanz, über die es dann noch schwer nachzudenken gilt. Dabei entgleitet der Film – und wirkt streckenweise wie J. Edgar Hoovers feuchter Traum vom Himmel. In der Kurzgeschichte (ganz SciFi der Fünfziger) gehört ein sprechender Hund zum Team der Schicksalswächter, der hier natürlich fehlt. Schade. Text: Christian Stein Kinostart: 10. März 2011

Wer, wenn nicht wir Von der Kleinfamilie in den Untergrund

An der Geschichte des 20. Jahrhunderts hat sich der deutsche Film noch längst nicht abgearbeitet, weswegen neben immer neuen Geschichten über das Dritte Reich auch in schöner Regelmäßigkeit Produktionen zum Thema RAF entstehen. Auch nach „Baader“ oder „Der Baader Meinhof Komplex“ ist das Interesse ungebrochen groß. Mit seinem ersten Spielfilm „Wer, wenn nicht wir“ wurde Andres Veiel prompt in den diesjährigen Wettbewerb der Berlinale eingeladen. Der Doku-Experte Veiel, der sich mit „Black Box BRD“ schon einmal der Roten Armee Fraktion und vor allem dem Mord an Deutsche Bank-Chef Herrhausen angenommen hatte, rückt hier Bernward Vesper, den Sohn des NS-Autors Willi Vesper, und die spätere RAF-Mitgründerin Gudrun Ensslin als Protagonisten ins Zentrum. In Tübingen lernen sie sich in den Sechzigerjahren als Studenten kennen, beide ringen auf ihre Art mit ihren Elternhäusern – Vesper (August Diehl) mit den strengen Altnazis, Ensslin (Lena Lauzemis) mit dem bieder-protestantischen Pfarrhaus – und nicht zuletzt mit sich selbst. Nach zahlreichen Streits und Trennungen beginnen sie einen Neuanfang in Berlin, wo sie eine Kleinfamilie gründen und immer

stärker in den studentisch-gesellschaftlichen Widerstand hineingeraten. Als sich Ensslin schließlich in den deutlich radikaleren Andreas Baader (Alexander Fehling) verliebt, entscheidet sie sich für den Untergrund und gegen ihre Familie. Zu jedem Zeitpunkt in „Wer wenn nicht wir“, der von der tatsächlichen RAF-Zeit nur noch die Anfangstage zeigt, spürt man Veiels dokumentarischen Blick, seine akribische Chronistensorgfalt. Das verleiht seinem Film in vielerlei Hinsicht Gewicht, nicht zuletzt weil manch unbekanntes Detail oder eine anders gelagerte Gewichtung den Weg hin zur RAF durchaus in ein neues Licht rückt. Ein Licht übrigens, das Kamerafrau Judith Kaufmann in bemerkenswert subtilen Bildern einfängt.

Gleichzeitig aber sperrt sich der Film auch so sehr gegen eine konventionelle Spielfilm-Dramaturgie, dass „Wer wenn nicht wir“ den Zuschauer – auch auf Grund zweier kaum als Sympathieträger taugender Protagonisten – ungewohnt kalt lässt. Neben der vom Theater kommenden, nicht immer den richtigen Ton treffenden Lauzemis glänzt aber zumindest Diehl mal wieder in einer schauspielerischen Tour de Force, und irgendwann nach dem Kinobesuch merkt man schließlich: Wenn schon nicht emotional, dann wirkt dieser Film zumindest intellektuell noch eine ganze Weile nach. Text: Patrick Heidmann Kinostart: 10. März 2011


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KINO

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Biutiful

Der Moloch Barcelona

Javier Bardem bewies bereits in „No Country For Old Men“ Mut zur Hässlichkeit, im irritierend betitelten „Biutiful“ brilliert er nun in einem Film, der die Hässlichkeit zur Maxime erhebt. Allein schon dieses Barcelona! Regisseur Alejandro González Iñárritu inszeniert die Hauptstadt Kataloniens als Missgeburt einer Stadt, als Hochburg sterbenselender Immigranten, die sich mit Gaunereien über Wasser halten. Bardem spielt Uxbal, einen einheimischen Kleinkriminellen, der illegale chinesische Arbeitskräfte vermittelt. Außerdem lässt er falsche Markenartikel herstellen, die afrikanische Straßenhändler verkaufen. Uxbal lebt getrennt von seiner manisch-depressiven Frau (Maricel Alvarez) und kümmert sich liebevoll um die beiden Kinder. Als er erfährt, dass er Prostatakrebs hat und ihm nur noch wenige Monate bleiben, unternimmt er alles, um sein Leben in Ordnung zu bringen. Er will seinen Kindern eine gute Zukunft ermöglichen. Doch dann geschieht ein unvorstellbares Unglück: Es sterben Menschen, und Uxbal ist dafür verantwortlich.

Alejandro González Iñárritu ist spätestens seit „Babel“ bekannt dafür, Geschichten gnadenlos ineinander zu verflechten. „Biutiful“ dagegen ist gerade erzählt. Der Regisseur schnürt einem aber auch so die Luft ab: Seine Hauptfigur gerät immer tiefer in den Schlamassel, der Regisseur prügelt auf den herzensguten Kerl ein, türmt Tragödie auf Tragödie. Hoffnungsschimmer? Keine. „Biutiful“ besticht durch eine äußerst dichte Inszenierung, durch ungezügelte Dramatik und volle Härte. Bardem ist eine Wucht und auch die übrige Besetzung imponiert. An diesem Film ist nichts auszusetzen – aber es ist eine Qual, ihn sich anzuschauen. Text: Andreas Scheiner Kinostart: 10. März 2011

Das Schmuckstück Retro-Regenschirme

Robert Pujol (Fabrice Luchini) ist außer sich – wie konnte alles nur so verdammt schief laufen!? Die Arbeiter in seiner Regenschirmfabrik belasten ihn mit Forderungen nach Weihnachtsgeld und 40-Stunden-Woche, aus dem Sohn ist ein linker, kunstverliebter Idiot geworden, und nun kommt ihm auch noch Gattin Suzanne (Catherine Deneuve) mit einer eigenen Meinung – sacre bleu! Ordentlich auf den Tisch hauen, das hat noch immer geholfen, denkt sich der Mann – und sieht sich wenig später mit einem Streik konfrontiert, dessen Eskalation Robert ins Krankenhaus und Suzanne auf den Chefsessel der Fabrik befördert. Die realisiert plötzlich, dass sie vielleicht doch mehr auf dem Kasten hat als den morgendlichen Eintrag im Poesiealbum. Ergo modelt sie den Laden in einen modernen Betrieb um, in dem jeder gern zur Arbeit erscheint und dessen Produkte bald auch in einer Kandinsky-Linie erhältlich sind. Alles läuft prima – bis Robert zurückkehrt...

Das gleichnamige Theaterstück von Jean-Pierre Grédy und Pierre Barillet bietet eine exzellente Vorlage zur bissigen Rundum-Attacke auf die (nicht nur) französische Gesellschaft der Siebzigerjahre. François Ozons zeitkoloritreiche Adaption aber verspielt dieses Potenzial. Deneuve bekommt als Suzanne allen Raum zu großem Spiel, doch die übrigen Figuren, darunter nicht zuletzt Gerard Depardieu als Kleinstadtbürgermeister, bleiben meist bloße Karikaturen. Stattdessen fabriziert Ozon („8 Frauen“) einen weiteren Akt, in dem sich Suzanne in die Politik aufmacht und für lahme Anspielungen auf Frankreichs Präsidentschaftswahl 2007 herhalten muss. So bleiben ein fader Nachgeschmack – und ein Haufen bunter Klamotten. Text: Friedrich Reip Kinostart: 24. März 2011

Powder Girl

Auf der Halfpipe ins Luxusleben

Mit einem ungewöhnlichen Cast aus deutschen Schauspielern (Ken Duken, Adam Bousdoukos), etablierten Hollywood-Darstellern wie Bill Nighy oder Brooke Shields und britischen Newcomern hat sich Regisseur Phil Traill in die österreichischen Alpen gewagt, um die Geschichte vom „Powder Girl“ zu erzählen. Seit ihre Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, lebt die Engländerin Kim (Felicity Jones) – einst Skateboard-Champ – allein mit ihrem Vater. Um Geld zu verdienen, heuert sie in einer österreichischen Luxushütte an, die während der Ski-Saison von einer reichen Londoner Familie als Wochenendhäuschen benutzt wird. Das schnoddrige Sneaker-Girl hantiert dort leidlich ungeschickt mit den Champagnerflaschen, entpuppt sich auf der Skipiste aber als toughe Rampensau: Innerhalb kürzester Zeit hat Kim alle Snowboardtricks drauf. Gleichzeitig entspinnt sich ein Flirt mit dem Sohn des Hauses Johnny (Ed Westwick aus „Gossip Girl“). Beim großen Freestyle-Wettbewerb springt sie endlich über alle Klassenschranken hinweg in die Arme ihres Prinzen.

Die Story kommt nur langsam in Fahrt. Es wird viel Zeit darauf verwandt, die lässige Pistenclique von St. Anton am Arlberg einzuführen, die große Liebe zwischen der coolen Kim und dem geschniegelten Johnny braucht hingegen nur eine Tiefschnee-Abfahrt, um sich zu entfalten. Wie zäher Schneematsch bleibt der Film immer wieder an seinem Label „Romantic Comedy“ kleben. Die aufwendig gefilmten Stunts werden mit langweiligen Pop-Songs untermalt, anstatt den härteren Ton der typischen Boarder-Musik anzuschlagen und wirken deplatziert. Guter Pulverschnee sieht anders aus. Text: Cosima Grohmann Kinostart: 17. März 2011


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Betty Anne Waters Anhand wahrer Begebenheiten inszeniert Tony Goldwyn die beeindruckende White-Trash-Geschichte von Betty Anne Waters (Hilary Swank). Auf Grund fragwürdiger Zeugen wird ihr Bruder Kenny (Sam Rockwell) 1980 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch Betty Anne ist sich sicher: Ihr Bruder ist unschuldig. Fest entschlossen, Kenny aus dem Gefängnis zu pauken, holt sie ihren Schulabschluss nach, beginnt ein Jurastudium und rollt den Fall Jahre später erneut auf. Im Vordergrund des Justiz-Thrillers steht der famose Werdegang von Betty Anne, der Film konzentriert sich voll und ganz auf Hilary Swank. Bei einer zweifachen OscarGewinnerin sicherlich eine weise Entscheidung, dennoch hätten ein paar zusätzliche Konturen bei den anderen Figuren nicht geschadet. „Betty Anne Waters“ (ab 17.3.) erzählt die beeindruckende Geschichte einer jungen Frau und ihrer Willensstärke, bleibt insgesamt jedoch ein bisschen zu glatt, um wirklich zu Herzen zu gehen. Text: Daniel Schieferdecker

Der Adler der neunten Legion Der junge römische Kommandant Marcus Aquila (Channing Tatum) hat ein schweres Erbe zu tragen. Unter der Führung seines Vaters verschwand vor 20 Jahren die neunte Legion spurlos im Norden Britanniens. Um die Familienehre wieder herzustellen und mehr über das Schicksal seines Vaters zu erfahren, lässt Marcus sich ebenfalls auf der Insel stationieren. Gemeinsam mit seinem einheimischen Sklaven Esca (Jamie Bell) reist er schließlich in unbefriedetes Gebiet - angeblich wurde dort die verloren gegangene und so symbolträchtige Standarte Roms gesehen. „Der Adler der neunten Legion“ (ab 3.3.) ist ein authentisch wirkender historischer Abenteuerfilm. Im Mittelpunkt steht die Beziehung der ungleichen Gefährten, die es auch schafft, den Film zu tragen. Nach knapp zwei Stunden rauer Landschaft und noch rauerer Sitten, wünscht man sich beinahe, das Imperium hätte erfolgreicher versucht, Britannien zu zivilisieren. Text: Christian Stein

KINO

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Gnomeo und Julia Es stellt sich die Frage, ob Shakespeares Romeo und Julia-Plot wirklich ins Reich der Gartenzwerge verlegt werden musste, anstatt sich um die ebenso witzigen wie niedlichen Figuren eine originäre Story auszudenken. So werden wir hier noch einmal mit dem Schicksal zweier Liebender konfrontiert, die verfeindeten Gartenzwerg-Clans benachbarter Vorgärten mit roten und blauen Zipfelmützen angehören. Nachdem sich Julia und Gnomeo ineinander verliebt haben, versuchen sie den Zwist zwischen ihren Familien beizulegen, erreichen jedoch genau das Gegenteil. Die 3D-Effekte sowie die Machart des Films, die die Gartenzwerge so aussehen lässt, als seien sie liebevoll per Hand gefertigt worden, können durchaus überzeugen. Elton John, der „Gnomeo und Julia“ (ab 24.3.) zusammen mit seinem Mann David Furnish co-produziert hat, darf einen Teil seiner Hits recyceln, was zwar manchmal recht passend wirkt und der nicht grade originellen Story Schwung verleiht, zugleich aber auch ein wenig nach billiger Marketing-Masche klingt. Text: Dirk Lüneberg

In einer besseren Welt Rango

Unknown Identity

Einmal mehr beobachtet Susanne Bier („Nach der Hochzeit“) den Zerfall scheinbar heiler Familienwelten. Wobei die sich in „In einer besseren Welt“ (ab 17.3.) schon zu Beginn in Schieflage befinden. Christian und sein Vater kehren nach dem Tod der Mutter nach Dänemark zurück. In der neuen Schule lernt der latent aggressive Zwölfjährige den gleichaltrigen Elias kennen, der seinerseits unter der Trennung seiner Eltern leidet. Gemeinsam kommen die Jungs aus ihrer Isolation – und schmieden einen unheilvollen Plan. Obwohl Bier einen großen Bogen zwischen zwei Kontinenten spannt und sich längst nicht nur auf die Kinder als Protagonisten konzentriert, bleibt sie gewohnt nah an ihren angeknacksten Figuren. Ihre dichte Erzählung lässt Luft für komplexe Fragen nach Schuld, Rache und Verantwortung. Dass sie dabei einmal mehr bedingungslos emotional vorgeht, ohne in den Kitsch zu kippen, ist ein erneuter Beweis ihrer inszenatorischen Klasse.

Der renommierte US-Wissenschaftler Martin Harris (Liam Neeson) weilt wegen eines Kongresses in Berlin. Nach einem Autounfall in einem Taxi ist jedoch nichts mehr wie es war, denn er wurde seiner Identität beraubt. Mit Hilfe von Taxifahrerin Gina (Diane Kruger) und dem ehemaligen Stasi-Agenten Jürgen (Bruno Ganz) macht er sich daher auf die Suche nach sich selbst und versucht herauszufinden, warum auch seine Frau (January Jones) ihn nicht mehr zu kennen scheint. Nach „96 Hours“ und „Das A-Team“ sehen wir Liam Neeson in „Unknown Identity“ (ab 3.3.) zum dritten Mal in zwei Jahren in einem Action-Spektakel. Der eigentliche Star des Films ist jedoch ein anderer, nämlich Berlin. Von halsbrecherischen Verfolgungsjagden auf der Friedrichstraße bis hin zu Autostunts von der Oberbaumbrücke wird die Hauptstadt fulminant in Szene gesetzt. Gekonnt gibt sie die Kulisse für einen souverän inszenierten Thriller, dem es letztlich jedoch am gewissen Etwas fehlt.

Text: Patrick Heidmann

Zu den Produzenten von „Rango“ gehört zwar Nickelodeon, doch man sollte nicht glauben, dass es hier nur um Kinderkram geht. Darauf deutet die Verpflichtung Johnny Depps als Stimme des titelgebenden Chamäleons ebenso hin wie die düsteren Prognosen dreier Mariachi-Käuze, die immerzu seinen bevorstehenden Tod verkünden. Bis dahin aber muss der kleine Aufschneider, den es aus der Sicherheit seines Terrariums in die Wüste Nevadas verschlägt, allerlei Abenteuer bestehen. Die Energie und den Witz, die Gore Verbinski einst bei „Fluch der Karibik“ an den Tag legte, bringt er auch in „Rango“ (ab 3.3.) zum Tragen. Von einem kleinen Hänger in der zweiten Filmhälfte abgesehen, erzählt er seine Geschichte so temporeich, witzig und in pointierten Dialogen, dass man selbst als Erwachsener immer wieder jauchzt vor Freude. Ebenso bemerkenswert ist aber auch die mitunter fast fotorealistische Animation, wahlweise in 2- oder 3D. Text: Patrick Heidmann

Text: Daniel Schieferdecker


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KINO DVD

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DVD DES MONATS

The Social Network (Sony)

Jede Erfolgsgeschichte hat zwei Seiten. Die von Facebook und dessen Gründervater Mark Zuckerberg sogar ein paar mehr. Kein Wunder also, dass Star-Regisseur David Fincher den spektakulären Aufstieg des Jung-Milliardärs aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, um eine gänzlich unangreifbare Version von Wahrheit zu kreieren. Denn: Autorisiert ist das Biopic nicht. Und das ist gut so, denn ansonsten wäre der Film wohl ein zweistündiger FacebookWerbespot geworden, den niemand hätte sehen wollen. So jedoch ist Fincher ein komplexes, temporeiches

und pointiert erzähltes Drama um Freundschaft, Verrat und die Suche nach Anerkennung gelungen, das glatt als erster echter Blockbuster der New Economy durchgeht.

Der letzte Exorzismus

Banksy – Exit Through The Gift Shop

(Kinowelt) Reverend Cotton Marcus betreibt gegen Bezahlung Exorzismen, ohne selbst daran zu glauben. Sein Gewissen veranlasst ihn, ein Filmteam einzuladen, ihn bei einem Auftrag zu begleiten, um das Ritual als das zu entlarven, was es ist: Ein inszenierter Schwindel, ein religiöses Placebo. Die Kamera aber fängt andere Dinge ein als erwartet. Der deutsche Regisseur Daniel Stamm hat mit dieser spannenden Doku-Fiction einen echten Überraschungserfolg gelandet und bietet sogar eine neue Perspektive auf ein fast ausgereiztes Thema. Als DVD-Extras gibt es zahlreiche Interviews, einen Audiokommentar und ein Making Of. Text: Christian Stein

Die Legende der Wächter

(Warner Bros.) Mit „Toy Story 3“, „Ich – Einfach unverbesserlich“ oder „Rapunzel“ war 2010 definitiv ein großes – und vor allem erfolgreiches – Jahr des Animationsfilms, doch nicht alle GenreBeiträge fanden die Beachtung, die sie verdient hatten. Dieser Eulen-Film von „300“-Macher Zach Snyder ist jedenfalls weit interessanter, als die Bezeichnung „Eulen-Film“ vermuten ließe. Die kriegerische Geschichte eines Jung-Vogels, der von bösen Eulen gekidnappt wird, sich letztlich aber zu den legendären Wächtern des Guten durchkämpft, mag vorhersehbar sein. Aber die Animation ist, vor allem in der beeindruckenden 3D-Version, so präzise und klar wie in wenigen anderen Filmen. Text: Patrick Heidmann

Doctor’s Diary – Staffel 3

(Universum) Deutsche Fernsehserien gibt es wie Sand am Meer. Aber zwischen Krimi, Liebesleid und Familiengeschichten fehlte lange etwas, das den Innovationen aus den USA standhalten konnte. Seit „Doctor’s Diary“ wissen wir: Slapstick, bissige Dialoge und überraschende Storys gibt es auch Made in Germany. Fast zwei Jahre sind seit der erfolgreichen zweiten Staffel vergangen, jetzt erscheinen sechs neue Folgen plus Pilotfilm auf DVD. Das lange Warten hat sich gelohnt: Endlich erfahren wir, ob Dr. Gretchen Haase das Geheimnis ihres Gatten aufdecken und sexy Kotzbrocken Marc doch noch eine Chance bei ihr bekommen wird. Text: Kristina Deininger

Hauptdarsteller Jesse Eisenberg verkörpert Zuckerberg mit seinem unaufdringlichen Spiel als ausgestoßenen Soziophobiker, der auf seinem virtuellen Rachefeldzug die Massen vereint. Dabei funktioniert „The Social Network“ noch nicht einmal bloß als reine Charakterstudie, sondern vielmehr als Porträt einer ganzen Generation. Ein ver-

(Alamode/Alive) Selbst nach einer OscarNominierung kann man sich noch nicht sicher sein: Hat Street Art-Tausendsassa Banksy mit „Exit Through The Gift Shop“ eine Dokumentation über den freakigen Stümper Thierry Guetta abgeliefert (in dieser Kategorie ist der Film nominiert) – oder doch eine mehrfach ironisch gespiegelte Farce über die Absurdität des Kunstmarkts? Wer mag, der kann sich nun weiter den Kopf über dieser Frage zerbrechen und bekommt mit Deleted Scenes, dem Kurzfilm „B-Movie“ und der 15-minütigen „Vollversion“ des im Film angespielten Desasters „Life Remote Control“ weiteres Material dafür an die Hand. Text: Friedrich Reip

filmtes Dokument der Jetzt-Zeit, das neben der eigentlichen Geschichte auch noch ganz subtil diverse medienkritische Seitenhiebe verteilt. Und wenn Justin Timberlake als überdrehter Napster-Gründer Sean Parker den mephistophelischen Verführer mimt, kann man am Ende gar nicht anders, als völlig verzückt den „Gefällt mir“-Button anzuklicken. Die satten Extras der Doppel-DVD wie eine 90-minütige Dokumentation über die Entstehung des Films tun ihr übriges. Text: Daniel Schieferdecker

Ponyo – Das groSSe Abenteuer am Meer

(Universum) Die großen 2D-Zeichentrickproduktionen stehen zwar mittlerweile im Schatten computeranimierter Filme. Der japanische Animationsgott Hayao Miyazaki bleibt dennoch bei der klassischen Technik – auch für sein neues Werk, das zu einem reduzierteren Stil zurückfindet. Dabei ist der Film eine gewohnte Explosion an Farben, Formen und Fantasie und ganz schlicht ein äußerst zauberhaftes Märchen um das wohl drolligste Hühnerbeinkulleraugengoldfischmädchen der Filmgeschichte. Die Specials im Doppel-DVD- und Blu-ray-Set sind ebenso überquellend: Vom Miyazaki-Interview über ein Synchro-Special bis zum unwiderstehlichen Musikvideo des Titelsongs. Text: Sascha Rettig

Resident Evil: Afterlife

(Constantin/Highlight/ Paramount) Dieser vierte Teil der Resident Evil-Saga, die immer noch von Alices (Mila Jovovich) mühsamem Kampf gegen die unsere Welt in den Abgrund gestürzt habende Umbrella Corporation erzählt, legt an Rasanz noch eine Schippe drauf und weiß dabei auch die neu hinzu gekommenen 3D-Effekte geschickt zu nutzen. Dass darunter die ins Lächerliche abdriftende Story leidet, ist jedoch nicht zu übersehen, so dass der Film am meisten Sinn in seiner 3D-Blu-ray-Version macht. Die enthält als Extras einen Audiokommentar, ein Making Of, Interviews, eine Featurette zur Weltpremiere, Darstellerinfos sowie diverse Trailer. Text: Dirk Lüneberg

I Am Love

(MFA/Ascot Elite) Die Russin Emma (Tilda Swinton), die in eine reiche Mailänder Stoffdynastie eingeheiratet hat, beginnt, als die Kinder aus dem Haus sind, aus ihrem goldenen Käfig auszubrechen und eine Affäre mit einem Koch, der mit ihrem Sohn befreundet ist. Selbst wem das als Geschichte zu dürftig erscheint, kann kaum umhin kommen, dieses kunstvolle italienische Familiendrama zu bewundern. Zum einen, weil es selten Filme gibt, die – von den Kostümen und der Ausstattung über die Bilder und Musik bis hin zum Essen – derart durchsetzt sind von Schönheit. Und zum anderen, weil Swinton mal wieder eine subtile Meisterleistung abliefert. Interviews mit ihr und Regisseur Guadagnino sowie ein Blick hinter die Kulissen stellen die Specials dar. Text: Patrick Heidmann

Ondine

(Concorde) Neil Jordans „Ondine“ erzählt von einem Fischer (Colin Farrell), der in seinem Netz eine Frau (Alicja Bachleda, „Friendship!“) aus dem Wasser rettet, die ihm nicht mehr von der Seite weicht. Seine Tochter glaubt prompt an die Geschichte von einem magischen Wassergeist. Der Fischer, ein Außenseiter mit großem emotionalem Ballast, versteckt die Schöne, die schließlich den kalten Realismus, Verbrechen und Prostitution in die landschaftliche Idylle des irischen Dorfes bringt. Sowohl DVD als auch Blu-ray begnügen sich bei den Extras mit Interviews vom Set. Text: Elisabeth Nagy

BEST OF THE REST Einen großen Bogen wollen wir an dieser Stelle noch schnell schlagen, der DVD-Premieren genauso umfassen soll wie solche Filme, die im Kino noch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Den Anfang macht allerdings „Trash Humpers“ (Rapid Eye Movies/Alive) von „Kids“-Star und Über-Indie-Regisseur Harmony Korine. Die bizarre, auf schmuddeligem VHS gedrehte Provokation über alte Vandalen, die Mülltonnen und anderen Abfall vögeln, ist eigentlich vollkommen unansehnlich, aber fürs Brechen sämtlicher Konventionen muss man dem Gus van Sant- und Larry Clark-Freund zumindest Respekt zollen. Ebenfalls ein ungewöhnliches Filmerlebnis ist „Women Without Men“ (EuroVideo), eine Geschichte über Frauen in Teheran, für die die Künstlerin Shirin Neshat auf ihre Videoinstallationen aufbaut und ein ebenso magisches wie gesellschaftspolitisch relevantes Werk schafft. Einblick in eine andere Welt gibt auch „Monga – Gangs of Taipeh“ (Rapid Eye Movies/Alive). Der taiwanesische Gangsterfilm erzählt packend von Männerfreundschaften, Ehre und Familie, wobei nicht zuletzt die Bilder der Großstadt ein Ereignis sind. Empfehlenswert ist außerdem „Das verrückte Liebesleben des Simon Eskenazy“ (Salzgeber), eine hoch charmante, von viel jüdischem Witz durchzogene französische Komödie, deren Protagonist sich zwischen Problemen mit der Mutter, der Ex und dem künstlerischen Schaffensprozess in einen jungen Transvestiten verliebt. Auch das deutsche Kino präsentiert sich mit „Snowman’s Land“ (Zorro/goodmovies/Alive) ungewöhnlich und zumindest teilweise überzeugend: Die Auftragskiller-Story wandelt auf den Spuren von Tarantino und den Coens. Die Mainstream-Ware aus Hollywood hält da nicht ganz mit. „Just Wright“ (20th Century Fox), eine romantische Komödie im Basketball-Milieu, hat immerhin neben Queen Latifah und Common in den Hauptrollen auch eine gute Portion Charme zu bieten. „Du schon wieder“ (Walt Disney) ist dagegen so unausgegoren und plump, dass es einem um tolle Schauspielerinnen wie Sigourney Weaver, Jamiee Lee Curtis und Betty White eher Leid tut.

Text: Patrick Heidmann


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Scott Pilgrim – Gegen den Rest der Welt

(Universal) In dieser einfallsreichen und spektakulären ComicVerfilmung von Edgar Wright („Shaun of the Dead“) begegnet der glücklose Titelheld Scott (Michael Cera) endlich dem Mädchen seiner Träume (Mary Elisabeth Winstead). Klasse eigentlich, doch bevor er mit ihr gehen darf, muss er sich zuerst ihren sieben finsteren Ex-Freunden zum Kampf stellen - und zwar in bester SuperheldenManier. Das ist so fantastisch und schräg, wie es sich liest, funktioniert aber als Ausdruck der jugendlichen, schwer verliebten Gefühlswelt richtig gut. Und macht vor allem jede Menge Spaß! Auf DVD und Blu-ray gibt’s ein alternatives Ende. Text: Peter Meisterhans

Shahada

(Polyband) Der Debütfilm von Burhan Qurbani erzählt von den Glaubenskonflikten dreier junger, in Berlin lebender Muslime. Vor allem das Schicksal der Türkin Maryam (Maryam Zaree), die illegal ihr Kind abtreibt, am Glauben der anderen zweifelt und sich ihrem Vater, einem Imam, in den Weg stellt, berührt. Sind alle Arten der Liebe gut? - das lässt sich mit den Figuren des Films fragen, der mitunter recht unvermittelt zu seinen Plotpoints findet, aber mit seiner poetischen Inszenierung auch beeindruckt. Wem nicht alles schlüssig erscheint, sollte einen Blick in die „geschnittenen Szenen“ werfen, die die DVD neben Outtakes und Trailer als Extras bietet. Text: Kathleen Prüstel

Stone

(Ascot Elite) Ein verurteilter Brandstifter (Edward Norton) setzt seine Freundin (Milla Jovovich) auf seinen Bewährungshelfer (Robert de Niro) an, um vorzeitig aus dem Knast zu kommen. Als Heimkino-Thriller ist das sicherlich nicht unspannend, doch seinem Ruf als Kino-Ikone fügt de Niro mit diesem mitunter kurios hanebüchenen Werk eine weitere Delle hinzu. Dabei schlägt er sich neben seinen wenig subtilen Kollegen ohne Frage noch am besten. Ähnlich wenig überzeugend ist übrigens die DVD- und Blu-ray-Ausstattung, denn Bonusmaterial sucht man vergeblich. Text: Jonathan Fink

in ihren alten Beruf zurück und wird genötigt, als Anwärterin in einer Anwaltsfirma ihre Loyalitäten zu überdenken. Um sich eine neue Existenz aufzubauen, muss sie Kompromisse eingehen, die einer „guten“ Ehefrau nicht geziemen. Ihre besonnene Art Probleme zu lösen, machen diese US-Serie mit Julianna Margulies („ER“) in der Hauptrolle sehenswert. Effekthascherei und Gags am laufenden Meter blieben einem hier erspart. Die erste Staffel erscheint in zwei Boxen. Text: Elisabeth Nagy

The Joneses

(Senator/Universum) Mal wieder einer dieser Filme, die es bei uns nicht ins Kino geschafft haben, obwohl sie es so viel mehr verdient hätten als viele, denen ein solcher Start vergönnt war. Demi Moore und David Duchovny, die man gemeinhin selten mit sehenswertem Kino assoziiert, spielen die Hauptrollen in einer Gesellschaftssatire über eine Familie, die in Wahrheit keine ist, sondern nur als Werbeträger für Luxusartikel dienen. Hier und da hätte die Geschichte sicher ein bisschen mehr Biss vertragen, doch Idee und Umsetzung dieser amüsanten Konsumkritik überzeugen auch so. Ein paar entfallene Szenen stellen das einzige Bonusmaterial dar. Text: Patrick Heidmann

The Loved Ones

(Koch Media) Dass Abschlussbälle an der High School eher Grund zum Gruseln als Anlass zur Freude sind, ahnten wir ja schon immer. Aber diese DVD-Premiere, Publikumsliebling nicht nur beim Fantasy Filmfest, sondern auch in Toronto, geht dann doch noch mal einen Schritt weiter. Lola würde gerne mit ihrem Schwarm zum Tanz in der Turnhalle gehen, doch der will nicht und sie wird mehr als grantig. Für Fans des Genres wird daraus ein überaus blutiger, sehr effektiver Horror-Spaß, der auf der „2 Disc Extreme Edition“ auch noch um üppiges Bonusmaterial wie Interviews, Special Effects-Highlights oder Trailer ergänzt wird. Text: Jonathan Fink

The Road

(Universal) Der Titel täuscht. Denn Anton Corbijns Film ist angenehm unamerikanisch; um Oberfläche geht es nicht. Stattdessen handelt er von der inneren Zerrissenheit seines Protagonisten Jack (herausragend: George Clooney) – einem Profikiller, der seinen Job an den Nagel hängen möchte, aber von den Schatten seiner Vergangenheit eingeholt wird. Unterlegt mit einem fesselnden Score von Herbert Grönemeyer wirkt „The American“ mit seiner unaufdringlichen Optik beinahe wie ein cineastisches Relikt. Und zwar aus einer Zeit, der er selbst weit voraus ist. Satte Extras wie Making Of, Deleted Scenes und Audiokommentare machen das Package perfekt. Text: Daniel Schieferdecker

(Senator/Universum) Viggo Mortensen spielt die Hauptrolle in diesem Endzeit-Film nach Bestsellerautor Cormac McCarthy („No Country for Old Men“), dessen Roman „Die Straße“ 2007 mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde. Nach einer nicht näher beschriebenen Apokalypse ist Amerika verwüstet, die Tier- und Pflanzenwelt zerstört und die letzten verbliebenen Menschen fallen übereinander her. Ein Mann versucht, sich mit seinem Sohn zur Küste durchzuschlagen, in der Hoffnung auf eine Chance zum Überleben. John Hillcoats Umsetzung wird der aufwühlenden und verstörenden Kraft der Vorlage gerecht, also nichts für schwache Nerven. Als Bonusmaterial gibt es ein Making Of und Audiokommentar. Text: Peter Meisterhans

The Good Wife – Season 1

Unter Verdacht – Volume 1

The American

(Paramount) Als Staatsanwalt Florrick wegen Veruntreuung von Geldern in Haft genommen wird, schlägt seiner treusorgenden Ehefrau und ihren Teenagern gesellschaftliche Ächtung entgegen. Alicia kehrt

(Pandastorm/Ascot Elite) Zwar können wir ohne Frage nicht mit den Amerikanern mithalten, aber manchmal ist auch deutsches Fernsehen besser als sein Ruf. Diese Krimireihe jedenfalls, in der Senta Berger als

KINO DVD

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Kult Piranha (Kinowelt)

Ein großer Schwarm Urzeit-Piranhas hat Hunger, während ein US-Küstenstädtchen Springbreak feiert. Damit ist alles zur Handlung von Alexandre Ajas Remake des Fischhorrors aus den Siebzigerjahren gesagt. Das ist glücklicherweise keine Sekunde lang ernst gemeint und deshalb ein sehr unterhaltsamer, gut besetzter (mit Elisabeth Shue, Ving Rhames) und extrem blutiger Splatterfilm geworden, der trotz vieler guter Einfälle wohl nur etwas für Genre-Fans bleibt. Die DVD enthält einen Audiokommentar des Regisseurs, entfallene Szenen und mehr, auf Blu-ray ist natürlich auch die 3D-Version erhältlich. Text: Christian Stein

Win a Lot Auch in diesem Monat könnt ihr wieder zahlreiche der hier vorgestellten DVDs (und Blu-Rays) gewinnen. Schickt uns einfach eine Postkarte oder E-Mail (verlosung@sallys.net) mit dem Kennwort „DVD-Verlosung“ und eurem Wunschtitel. Ggf. Altersnachweis nicht vergessen! Zu gewinnen gibt es: The Social Network – 1x DVD, 1x BD, Piranha – 3 x DVD & T-Shirt, Banksy - Exit Through the Gift Shop – 3x DVD, Resident Evil: Afterlife – 3x DVD, The Joneses – 3x DVD, Stone – 3x DVD, Unter Verdacht – 3x DVD, I Am Love – 3x DVD, Doctor’s Diary – 3x DVD, Shahada – 3x DVD, The Loved Ones – 3x DVD (SE), Der letzte Exorzismus – 3x DVD, The Good Wife – 3x DVD, Ondine – 3x DVD, Trash Humpers – 3x DVD, Just Wright – 3x DVD, Monga – 3x DVD, Das verrückte Liebesleben des Simon Eskenazy – 3x DVD, Du schon wieder – 2x DVD, 1x BD, Unthinkable – 2x DVD, 1x BD, The Road – 2x DVD, Roman & Poster, Ponyo – 2x BD, The American – 2x DVD, Scott Pilgrim – 2x DVD, Women Without Men – 2x DVD, Wall Street 2 – 1x DVD, 1x BD.

Außerdem verlosen wir pünktlich zum Kinostart von „Rango“ zwei Fanpakete mit Hängematte, Flip Flops, Kaktustasse und Poster.

Leiterin der Internen Ermittlung in unregelmäßigen Abständen auf Arte oder im ZDF gegen Kollegen vorgeht und sich mit Obrigkeiten anlegt, kann sich sehen lassen. Besser gespielt als „Ein Fall für zwei“ und spannender als die meisten „Tatort“Folgen, lebt „Unter Verdacht“ vor allem in diesen frühen Episoden (erhältlich auf drei DVDs ohne Specials) von spitzfindigen Dialogen und interessanten Fällen. Text: Patrick Heidmann

Unthinkable

(Universum) Ein junger Konvertit hat drei Atombomben in den USA versteckt. Nach seiner Festnahme schweigt er sich über die Verstecke aus und wird bald von obersten staatlichen Instanzen gefoltert, um zu reden. „Unthinkable“ widmet sich den Thema Terror auf amerikanischem Boden. Samuel L. Jackson gibt den skrupellosen SpezialAgenten, der mit sehr fragwürdigen Methoden

für die Sicherheit des Landes sorgt. Der kammerspielartige Thriller (auf DVD mit Audiokommentar) spielt dabei immer wieder mit der Frage nach Moral und dem Allgemeinwohl und schafft somit ein beklemmendes Szenario, für das es scheinbar keine richtige Lösung geben kann. Text: Cornelis Hähnel

Wall Street – Geld schläft nicht

(20th Century Fox) Gordon Gekko (Michael Douglas) ist zurück und verbündet sich mit dem jungen Investmentbanker Jake (Shia LaBeouf), um in der jüngsten Finanzkrise den Wall Street-Bankern eins auszuwischen. Dass Oliver Stone die Kunst des geschmeidigen Erzählens beherrscht, merkt man der mit 23 Jahren reichlich späten Fortsetzung seines Klassikers an. Das Ganze entwickelt sich jedoch zu einer immer zäheren Angelegenheit, weil Stone neben dem Finanz- auch noch ein rührendes Familiendrama erzählen will. Die Blu-ray enthält entfallene und erweiterte Szenen, einem Audiokommentar, Interviews, Behind the Scenes-Material sowie den Trailer. Text: Dirk Lüneberg


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COMPUTERSPIELE

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Killzone 3 Traum-Grafik, düstere Story, mehr Waffen, Szenarien, Fahrzeuge sowie Move- und 3D-Unterstützung: Mit „Killzone 3“ strebt Sony nach dem Shooter-Thron. Tatsächlich ist der Titel in vielerlei Hinsicht eine beeindruckende Erfahrung - auch wenn längst nicht alles perfekt ist. „Killzone 3“ knüpft direkt an den Vorgänger an einmal mehr geht es darum, in der Rolle von Special Forces-Soldat Sev die bösartigen Helghast im Kampf um den Planeten Helghan niederzuringen und so die Menschheit vor der Vernichtung zu retten. Erzählt wird die Geschichte in zahlreichen, leider sehr klischeehaften Zwischensequenzen. Zum Glück ist das Spielgeschehen beeindruckender inszeniert: Der finale Kampf der Menschheit ums Überleben, die sich nach und nach auflösende Welt Helghast und die immer stärker unter Beschuss geratenden und dezimierten Kameraden lassen ein derart intensives Spielgefühl entstehen, dass sich die stereotypen und oft etwas plumpen Akteure in den Story-Passagen verschmerzen lassen. In technisch grandios inszenierten, nuklear verseuchten Wüsten, verschneiten Gebieten oder einem Dschungel müssen mit Scharfschützengewehr, Raketenwerfer oder Energie-Strahler die feindlichen Truppen niedergerungen werden. Die Helghast verhalten sich oft sehr schlau, nutzen Deckung geschickt, werfen sich auf den Boden oder treiben den Spieler gekonnt in die Enge.

Die Kampagne kann auch zu zweit im Offline-KoopModus gespielt werden, hinzu kommen einige OnlineOptionen, die abseits der knapp zehn Stunden langen Geschichte für weiteren Spielspaß sorgen. Erwähnenswert ist zudem die zusätzliche Hardware, die bei „Killzone 3“ optional genutzt werden kann: Wer einen Move-Controller besitzt, kann den auch hier einsetzen. Außerdem unterstützt „Killzone 3“ Gaming in stereoskopischem 3D: Mit aufgesetzter 3D-Brille oder einem 3D-fähigen Fernseher wirken etwa herumfliegende Partikel noch deutlich spektakulärer. Aber auch ohne 3D gilt: Trotz linearem Verlauf und schwacher

Test Drive Unlimited 2 Disco-Beats, Sonne und leicht bekleidete junge Menschen treffen auf ganz viel PS: In „Test Drive Unlimited 2“ verlagern die Entwickler der Eden Studios ihr OnlineRennspiel von Hawaii auf die Insel Ibiza und haben neben diversen Renn-Modi noch ganz viel Urlaubslandschaften, Musik und Community-Optionen zu bieten. Für abwechslungsreiche Kurse ist trotz eingeschränktem Insel-Szenario gesorgt: Glitzernde Küsten-Straßen, Asphalt-Strecken im Hinterland, aber auch Offroad-Pisten jenseits gepflasterter

Wege laden zum Gasgeben ein. Auto-Liebhaber kommen auf ihre Kosten - zahlreiche PremiumFahrzeuge solcher Hersteller wie Ferrari, AstonMartin oder Audi sind verfügbar. Zu Beginn kann

Story müssen PS3-Besitzer zugreifen - kaum ein anderer Shooter bietet derzeit ein so intensives und abwechslungsreiches Mittendrin-Gefühl, brennt ein derartiges Effekt-Feuerwerk ab und präsentiert sich technisch so überragend. Text: Tito Wiesner

Genre: Action Publisher: Electronic Arts Plattform: PS3

sich der Spieler durchaus einige Zeit im SoloModus vergnügen - auch wenn die klischeehafte Geschichte vom Parkwächter, der zum bekannten Rennfahrer aufsteigen will, keinen Kreativitätspreis gewinnt. Neben Platzierungs-Wettkämpfen gilt es etwa, innerhalb einer bestimmten Zeit eine möglichst hohe Geschwindigkeit zu erreichen und zu halten, an Radarfallen mit viel Tempo vorbeizurasen oder im Eliminator-Wettkampf nicht als jeweils letzter durch den Checkpoint zu gehen. Trotz der zahlreichen Wettbewerbe und der Möglichkeit, auch alleine die Insel zu entdecken, ist aber natürlich der Multiplayer-Modus das Herz des Spiels. Das beginnt bei der Personalisierung des eigenen Avatars und des eigenen Fuhrparks inklusive Stickern und Tuning und reicht über Chats und Minispiele bis hin zu vielfältigen Gilden- und Ranglisten-Optionen. Spieler können ihre eigenen Teams oder auch Auto-Clubs formen oder immer wieder neue Herausforderungen auf offener Strecke durch Anblinken anderer Fahrer per Scheinwerfer annehmen. Auch wenn es spielerisch - etwa bei der Steuerung - an vielen Stellen noch Raum für Verbesserungen gibt, kann diese lebendige Insel-Welt durchaus überzeugen. Den Entwicklern gebührt Respekt dafür, eine bestimmt nicht perfekte, aber beeindruckend umfassende und ambitionierte Rennspielwelt erschaffen zu haben. Text: Tito Wiesner

Genre: Rennspiel Publisher: Atari Plattform: PC, Xbox360, PS3


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COMPUTERSPIELE

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The Next Big Thing Frustrierte Monster, depressive Roboter, unzurechnungsfähige Reporter: Das Adventure „The Next Big Thing“ der spanischen Pendulo Studios setzt auf viel Humor und skurrile Charaktere - und will so an den Erfolg der großartigen „Runaway“-Reihe aus gleichem Hause anknüpfen. Ohne viel Vorgeplänkel wird der Spieler direkt ins Los Angeles der Fünfzigerjahre transportiert - auf die Party eines Film-Magnaten, der große Erfolge mit seinen Horrorfilmen feiert. Das Besondere an den Leinwandstreifen: Statt Schauspielern fungieren echte Monster als Protagonisten, was für zusätzliche Authentizität sorgt. Die Reporter Dan Murray und Liz Allaire wollen eigentlich nur einen Bericht über die Feierlichkeiten bringen, als sie Zeuge von einem Einbruch ins Büro des Produzenten werden und so in eine Geschichte hineingeraten, bei der es um deutlich mehr geht als nur ein paar Kino-Hits. Gesteuert werden abwechselnd mal Liz, mal Dan, wobei beide nicht unbedingt die typischen Helden sind: Dan interessiert sich vor allem für Sport, sich selbst und sonst nichts, Liz ist zwar sympathischer - redet allerdings oft zusammenhangloses Zeug, das inhaltlich keinen Sinn ergibt. Überhaupt wechseln sich hier sinnlose und grandiose Szenen mit depressiven oder alkoholisierten Robotern, frustrierten Monstern und Kaviar-essenden Wachhunden beständig ab.

Spielerisch wird klassische Adventure-Kost geboten: Gespräche führen, Gegenstände einsammeln und kombinieren, ganz selten auch mal ein Schalter-Rätsel lösen - alles auf recht einfachem Schwierigkeitsgrad. Die Technik ist dabei für das Genre grandios: Wunderschön gezeichnete, Comic-artige Hintergründe, butterweiche Animationen, witzige Zwischensequenzen, einfache Bedienung per Maus und eine gelungene deutsche Sprachausgabe machen den Titel zu einem zwar kurzen und

recht einfachen, aber äußerst charmanten und ungewöhnlichen Ausflug in die Fünfziger. Text: Tito Wiesner

Genre: Adventure Publisher: dtp Plattform: PC

den Waffen greifen, um das Ende der Menschheit doch noch zu verhindern.

Dead Space 2 Gute Nachricht für Fans schlafloser Nächte, Panikattacken im Dunkeln und abgerissener Körperteile: „Dead Space 2“ ist da - und bietet noch mehr Grusel, Schock-Effekte und Action als der Vorgänger. Zu beneiden ist Ingenieur Issac Clarke nicht gerade. Seine Frau ist tot, seine drei Jahre zurück liegenden Kämpfe gegen die bösen Necromoprh im ersten Dead Space haben ihn traumatisiert, mysteriöse Stimmen und Wahnvorstellungen trüben seinen Tagesablauf. Ein Ende des Horrors ist

aber nicht abzusehen: Kaum erwacht er auf einer riesigen Raumstation namens „The Sprawl“ aus dem Koma, sind all die Probleme schon wieder da - und die Alien-Rasse Necromorph erneut kurz davor, alles und jeden zu vernichten. Da hilft wieder mal nur eins: Alle Ängste ignorieren und zu

An Schock- und Horrormomenten herrschte bekanntlich schon im ersten Teil kein Mangel, „Dead Space 2“ schafft es aber tatsächlich, das Nervenkostüm des Spielers noch stärker zu belasten. Immer wieder deuten kleine Geräusche auf versteckte Monster hin, immer wieder springen einen plötzlich finstere Mutanten an, stürzen sich hinter einem Pfeiler oder aus einer sicher geglaubten Wand hervor oder jagen einem im Pulk hinterher. Gut, dass Isaacs Waffenarsenal von Stasis-Pistole über Plasma-Schneider bis zum Flammenwerfer einige Hilfsmittel bietet, um die Brut zu stoppen. Die schaurig-schönen Szenerien sind abwechslungsreich - vom verwüsteten Einkaufszentrum über zerstörte Wohnanlagen bis zu einem Ausflug in den schwerelosen Raum reicht das Spektrum. Wer sich bereits im ersten Teil an den Gewalt- und Blut-Orgien störte, wird an Teil Zwei noch weniger Gefallen finden - Metzeln und gezielt Körperteile abschlagen ist auch diesmal wieder Kernbestandteil des Spiels. Volljährige und nervenstarke Spieler hingegen, die keinen kompletten Neustart, sondern eine konsequente Fortsetzung erwarten, werden begeistert sein - ein besseres Survival Horror-Actionspiel ist derzeit kaum zu bekommen. Text: Tito Wiesner

Genre: Action Publisher: Electronic Arts Plattform: Xbox 360, PS3


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COMIX, HÖR-/BÜCHER

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Dave Stevens The Rocketeer

5 Fragen an

Isabel Kreitz Gibt es etwas, das der Comic allen anderen Medien voraus hat? Einen Comic wirklich „lesen“ zu können, setzt ein gewisses Training voraus. Ist man aber in der Lage, Text und Bild synchron wahrzunehmen und den Raum zwischen zwei Bildern zu interpretieren, wird die Comiclektüre zu einem sehr intensiven und einzigartigen Erlebnis. Davon abgesehen sind die Spielarten des Comics aber genauso mannigfaltig wie die anderer Medien und absolute Geschmackssache. Welche Musik hören Sie (momentan) am liebsten beim Zeichnen? Oha! Komplette Gemischtwarenhandlung! Ich freue mich sehr, wenn Freunde mir ihre aktuelle Lieblingsmusik aus der Abteilung Rock, Pop und Independent empfehlen. Aktuellste Neuzugänge sind Alben von The Bees, Arcade Fire und Damien Jurado. Gern greife ich aber auch zu den klassischen CDs, am liebsten Klaviermusik von Debussy, Schubert, Liszt, Bach, Händel und Francois Couperin. Jazz ist auch nie verkehrt, momentan finde ich Krzysztof Komeda sehr spannend. Beim Reinzeichnen von „Haarmann“, der ja in den Zwanzigerjahren spielt, habe ich auch gern zeitgemäße deutsche Pop-Musik aufgelegt, von Spoliansky oder Holländer. Welcher ist Ihr aktueller Lieblingscomic? Meine zuletzt gekauften Comics sind “Shenzen“ von Guy Delisle und “Strandsafari“ von Mawil. Beide auf ihre Art wunderbare Erzähler! Die Bücher stehen nun im Regal neben meinen vielen anderen aktuellen Lieblingscomics. Was empfehlen Sie jungen Nachwuchskünstlern? Keine hohe Erwartung zu haben, was den Lebensunterhalt angeht. Man muss wirklich viel Leidenschaft aufbringen, um die Arbeit durchzuhalten. Selbst wenn man das Glück hat, einen Verlag zu finden, deckt ein Vorschuss oder ein Garantiehonorar niemals den Arbeitsaufwand. Daher sollte man sich immer auch mit Auftragsarbeiten beschäftigen, oder bestenfalls gleich einen lukrativen Nebenjob haben. Welche Musik soll bei Ihrer Beerdigung laufen? Das ist mir, ehrlich gesagt, ziemlich egal. Ich muss es ja nicht mehr hören. Isabel Kreitz gehört zu den besten und vor allem produktivsten deutschen Comiczeichnerinnen. Nach dem über 240 Seiten starken Graphic Novel über den Agenten Richard Sorge (für solche Bücher, wurde der Begriff “Graphic Novel” ursprünglich mal erfunden), arbeitete sie die letzten drei Jahre an der Umsetzung einer Vorlage von Krimiautor Peer Meter über die letzten Monate des berühmt berüchtigten Serienmörders Fritz Haarmann. “Haarmann” erzählt auf 166 Seiten in historisch detaillierten Bildern, wie Haarmann lebte, sprach, wie er seine Opfer fand und wie diese dann kaputt gingen: “Ich wollte ja keinen umbringen, aber ab und zu war immer einer tot.” Heimat: carlsen.de

(Cross Cult) Dem tollkühnen und ewig abgebrannten Kunstflieger Cliff Secord fällt eines Tages im Jahre 1938 ein ominöser Rucksack in die Hände. Dieser entpuppt sich beim näheren Umschnallen als Raketenrucksack, der seinen Träger befähigt, wie ein menschliches Geschoss durch die Lüfte zu zischen. Die Chance beim Schopfe packend, verschiebt Cliff erst mal den Gang zum Fundbüro und lässt sich stattdessen von seinem väterlichen Mechanikerkumpel einen passenden schicken Helm mit Steuerungskimme basteln, um fortan als fliegender Wunderartist ein paar Dollar hinzu zu verdienen, damit er seiner Angebeteten Betty all die Sachen bieten kann, die sich junge attraktive Damen angeblich so wünschen. In letzter Zeit hängt sie entschieden zu oft mit diesem schmierigen Aktfotografen herum. Aber vorher muss er noch schnell einem total betrunkenen Kollegen das Leben retten, der seine 14.00 Uhr-Kunstfliegervorführung übernommen hat, da Cliff beim Bewundern des neuen Helmes die Zeit vergaß. Dumm nur, dass so nicht nur die eigentlichen Besitzer des Rucksackes auf ihn aufmerksam werden, sondern auch die verdammten Nazischurken, die den Rucksack gerne Hitler zum Geburtstag schenken wollen. “The Rocketeer“ ist ein unheimlich charmanter temporeicher Blödsinn, über eine Art verhinderten Superhelden. Eine Hommage an die Movie Serials der Vierzigerjahre, Betty Page und die Area der Pulp-Hefte. Cross Cult legt erstmalig eine Gesamtausgabe der legendären „Rocketeer“-Geschichten (es sind insgesamt zwei) in einem wunderschönen Sammelband in ansprechender neuer Colorierung vor. Zusätzlich enthält der Band alle Titelbilder und einen ausführlichen Artikel zu “The Rocketeer“-Schöpfer Dave Stevens. Warum sind eigentlich nicht alle Superheldencomics so unterhaltsam?

Text: A. Hartung Heimat: cross-cult.de Preis: 29,80 Euro

Jeff Lemire Geschichten vom Land

(Edition 52) Sie sind ein ungleiches Paar: der grobschlächtige Jimmy, der mal für einen Tag Spieler in der National Hockey League war, bei seinem ersten Match ein Tor erzielte und noch im selben durch einen Treffer am Kopf invalid geschossen wurde. Seitdem sagen die Leute, er sei etwas langsam. Und der kleine Junge namens Lester in seinem Superhelden-Kostüm, der gerade seinen ersten Comic gezeichnet und vor kurzem seine Mutter verloren hat. Er wohnt jetzt bei seinem Onkel, der keine Kinder hat. Es ist nicht einfach. In letzter Zeit treffen sich die zwei öfter unten am Bach und spielen entweder legendäre Eishockey-Spiele nach oder bewahren die Welt vor einer außerirdischen Invasion. Besagter Bach liegt in der Nähe der Stadt Essex County, in der Autor und Zeichner Jeff Lemire alle Geschichten seiner gleichnamigen GraphicNovel-Trilogie spielen lässt. Der erste Band, “Geschichten vom Land“, erzählt die Erlebnisse von Lester und Jimmy Lebeuf. Der unruhige krakelige Zeichenstil wirkt auf den ersten Blick etwas unfertig und fehl am Platz, entpuppt sich aber beim Lesen als funktionierende und atmosphärische Untermalung dieser berührenden Geschichte einer seltsamen Freundschaft. Nur die Aufmachung für ein so schönes Buch könnte ruhig etwas hochwertiger sein.

Text: A. Hartung Heimat: edition52.de Preis: 11 Euro


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SIMON AKSTINAT BIBEL VS. KORAN

(Eichborn) Im Zweifelsfall hilft immer: Kopf ab! Da sind sich Koran und Bibel einig, wie Simon Akstinats kleine, jetzt auch als Hörbuch erhältliche Exegese offenbart. Ob Ehebrecher, politische Gefangene, Ungläubige, Abtrünnige, Ausländer, Transvestiten: ein bisschen Totschlag und schon jubiliert die frisch gereinigte Volksseele, während Gottes Zorn verraucht. Auch bei den Themen Entfernung von Spermaflecken, Alkoholgenuss, Geister und Eroberungskrieg sind sich die beiden heiligen Bücher oftmals erschreckend nahe. Ein Wunder also, dass sich Christentum und Islam seit Jahrhunderten in inniger Rivalität bis Zwietracht verbunden sind. So erhellend der Inhalt, so rätselhaft ist allerdings die Präsentation dieser Hörbuchfassung. Zwar schmettern Roger Willemsen und Serdar Somuncu die blutrünstigen Textpassagen mit dem nötigen Pathos; wieso die bemüht coole Moderation à la „Da haut der Islam mal richtig auf die Kacke“ allerdings der so unbekannten wie unprofessionellen Belgierin Sarah Bongartz anvertraut wurden, das weiß nur der liebe Herrgott. (1 CD/rund 70 Minuten)

Text: Moritz Honert

DIRK H. LORENZEN FASZINATION UNIVERSUM - DIE GESCHICHTE DER ASTRONOMIE

(WDR/Der Audio Verlag) Der Weltraum. Unendliche Weiten. Die Erkenntnis, wie unfassbar gewaltig die Ausmaße unseres Kosmos wirklich sind, hat allerdings einige Jahrtausende auf sich warten lassen. Für den WDR hat der Astrophysiker Dirk H. Lorenzen die Geschichte der Astronomie von ihren Anfängen in der Frühgeschichte, als die Sterne als Orientierungs- und Zeitmarker genutzt wurden, bis hin zum Hubbleteleskop und der Suche nach Außerirdischen in einer zwölfteiligen Doku-Fiktion-Reihe inszeniert. Spannend ist dabei nicht allein die wissenschaftliche Entwicklung, sondern auch, wie immer wieder politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen die Erforschung der Sterne und Planeten förderten oder verhinderten. Ein informativer Ausflug ins All - nur bei den gelegentlich wirklich mies gespielten Hörspielsequenzen hätte man sich gerne etwas mehr ins Zeug legen dürfen. (3 CDs/192 Minuten)

Text: Moritz Honert

FRANZ KAFKA DER PROCESS

(Bayern 2/Der Hörverlag) Kafka hat an seinem „Process“ gelitten. Wie sehr, kann man aus seinen Tagebucheinträgen ablesen: „Gar nichts gearbeitet“, heißt es da am 15. Dezember 1914. „Vollständige Stockung. Endlose Quälereien“, zwei Monate später. Kein Wunder, dass er das Buch schlussendlich gar nicht fertig bekam, sondern lediglich 16 nichtnummerierte Hefte hinterließ, aus denen dann sein Freund Max Brod den heute bekannten Klassiker zusammenbastelte. Für Bayern 2 hat der Regisseur Klaus Buhlert genau diese Hefte von Schauspielern wie Rufus Beck, Corinna Harfouch oder Manfred Zapatka einlesen lassen – mit Fehlern, Streichungen, Lücken. Eine „maximale Annäherung an Kafkas nachgelassene Handschriften“ sollte so erreicht werden. 17 CDs sind dabei herausgekommen, ebenfalls nicht-nummeriert. Ob man sie in der Brod’schen Reihenfolge hört, bleibt einem also selbst überlassen. Wer sich auf das Spiel einlässt, muss allerdings gewaltig Konzentration mitbringen, so wie die Stimmen der rapide wechselnden Vorleser ineinander laufen und die Stimmungen wechseln. Ein fraglos gewaltiges Projekt, dessen Sinnhaftigkeit einem allerdings erst einmal verborgen bleibt. Kafka eben. (17 CDs/rund 611 Minuten)

Die meisten Dinge versteht man erst, wenn man sie selbst erlebt. Manchmal hilft aber – ach - eine gute Geschichte, um etwas erfahrbar zu machen. Für „Punk Stories“ haben 56 Autoren, darunter Berliner LesebühnenProminenz wie Jakob Hein und Ahne und Pop-Kultur-Expertinnen wie Lucy Fricke oder Lydia Daher, ihr ganz persönliche PunkGeschichte zu Papier gebracht. Die Liste der Bands, die in „Punk Stories“ behandelt werden, reicht von allgemein Bekanntem wie The Clash und The Ramones bis zu Obskurem wie Schlaffke und Mekanik Destrüktiv Komandöh. Das ist einerseits unterhaltsam, lustig und melancholisch zugleich, und hat andererseits auch den wunderbaren Lerneffekt, dass der Leser sich plötzlich mit den Untiefen einer Subkultur auskennt, deren frühe Tage er möglicherweise gar nicht live miterleben konnte.

Sacha Sperling Ich dich auch nicht

Jonathan Lethem Chronic City

(Tropen) Jonathan Lethem ist mittlerweile so etwas wie der literarische König von Brooklyn. Und auch sein neuer Roman „Chronic City“ spielt in New York, allerdings ist Lethem literarisch eine Brücke weiter nach Manhattan gezogen. Sein Held Chase Insteadman schlägt sich durch ein Lethem-typisches Szenario irgendwo zwischen Science Fiction und magischem Realismus, in dem ein seltsamer Nebel, ein entlaufener Tiger, der Häuser zum Einsturz bringt, und jede Menge Gras eine nicht unerhebliche Rolle spielen. Auch wenn die anfangs noch leichtfüßige Story bald in eher düsteren Tönen geschildert wird, sorgt doch vor allem Lethems verschrobener Humor und seine Fähigkeit popkulturelle Anspielungen und feine Beobachtungsgabe in angenehm windschiefe Sätze zu packen, für einiges Lesevergnügen.

Text: Timo Richard

Christian Spang & Matthias Nöllke Wir Sind Unfassbar

(Kiwi) Schon mal beim Zeitungslesen an den Todesanzeigen hängen geblieben? Dann dürfte dieses Buch, wie auch sein Vorgänger „Aus die Maus“, etwas für euch sein. Letzterer war nicht nur erstaunlich erfolgreich, sondern hatte auch zur Folge, dass die Leser die Autoren mit neuen seltsamen, unbeholfenen, fehlerhaften, bösen, rührenden und ja, sogar lustigen Todesanzeigen versorgten, die nun im zweiten Teil veröffentlicht wurden. Erstaunlich, wie viel so eine kleine Anzeige verraten kann – und nicht nur über den, der ging. Ein paar Beispiele gefällig? „Papa, ich vermisse dein Meckern, deine bissigen Kommentare und deinen Humor!“ oder „…trat seine letzte große Reise nach Walhalla an. Ich hoffe, dass er dort trotz seiner hessischen Mundart bestens zurechtkommt…“

Text: Caroline Frey

Text: Timo Richard

Sammelbox zum ersten: Unter dem Titel „H.P. Lovecraft - Grusel-Box“ recycelt der Eichborn-Verlag die beiden 2004 und 2006 aufgenommen Produktionen „Dunkle Geschichten“ und „Wälder der Finsternis“. Das Cover erinnert zwar dank des Rabens jetzt eher an Poe als an seinen Erben, die enthaltenen und von der schrägen Musik des „Orchesters der Schatten“ untermalten Lesungen der Sprecher Simon Jäger, Simon Newby und Torsten Sense aber sind nach wie vor Referenzklasse in Sachen HPL. Sammelbox zum zweiten: Anlässlich der laufenden Lesetour vereint Wort Art in „Die große, abenteuerliche und auch mysteriöse Ferienbande Box“ zum ersten Mal alle sechs Folgen der TKKG-Persiflage. Ein bisschen Freude am Pipi-AAWitz muss man schon mitbringen, wenn man sich mit Bernd, Baul, Bröckchen und Babsi auf die Jagd nach Schmugglern, Terroristen und Phantomen machen will, dann aber wird man als Freund und Kenner diverser Kinderhörspielkassetten das ein oder andere mal Tränen lachen. Trotz des humoristischen Anspruchs eher wenig zu lachen gibt es bei „Butler Parker“ (Zauberstern Records/Alive), der ersten Hörspielumsetzung der von 1953 bis 1992 erschienen Krimiserie mit dem stocksteifen Hobbyermittler. Weil zwar Sprecherprofis wie David Nathan, Lutz Riedel oder Helmut Krauss verpflichtet wurden, ansonsten aber der trashige Ton der Vorlage eins zu eins übernommen wurde, kommen die ersten beiden Folgen „Parker und die weiße Göttin“ sowie „Parker im Netz der Spione“ selten über das Niveau der ihnen zugrunde liegenden Groschenhefte hinaus. Für Freunde der härteren Gangart startete mit „Clive Barker Mysteries – Hörspiele des Blutes“ (Braintone/Alive) kürzlich die Hörspiel-Umsetzung von Geschichten aus der „Books-of-Blood“-Kurzgeschichten-Reihe des englischen Horror-Regisseurs und Autors. Teil eins und zwei, die Geschichten „Moloch Angst“ und „Jaqueline Ess“, entstammen beide dem zweiten Band und sind bluttriefende Ausflüge in die Köpfe von Sadisten und mordenden Wiedergängerinnen. Allerdings schaudert man hier nicht nur wegen der expliziten Gewalt, sondern gelegentlich auch ob der gekünstelten Dialoge: „Danke, hab schon lange kein Gras mehr eingepfiffen“ – so redet nun wirklich kein Mensch.

Texte: Moritz Honert

(LangenMüller)

Text: Timo Richard

SONST ERSCHIENEN

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Thomas Kraft, Alexander Müller, Arne Rautenberg (Hrsg.) Punk Stories

Text: Moritz Honert

(Piper) 2009 wurde der erst 17-jährige Sacha Sperling in seiner französischen Heimat als literarische Entdeckung gefeiert. Jetzt erscheint der Debütroman des begabten Teenagers auch in Deutschland und hat durchaus das Potenzial, für einigen Wirbel zu sorgen. Das liegt allerdings erst mal nicht am Inhalt, denn der wiederholt das ewig gleiche Thema skandalöser Jugendromane: Drogen, Sex und schlechte Noten. In „Ich dich auch nicht“ entwickelt Sperling die Geschichte des wohlsituierten Teenagers Sacha, der sich durch ein verkorkstes Schuljahr kokst, vögelt und säuft und sich dabei in seinen Freund Augustin verliebt. Homosexualität unter Jugendlichen! Skandal! Ganz nebenbei drückt Sperling damit genau jene Knöpfe, die das Altherren-Feuilleton auch schon ganz rappelig auf Helene Hegemann reagieren ließen. „Ich dich auch nicht“ erstickt fast in repetitiver Skandalprosa und bemühter Kühle, das Feuilleton wird’s freuen.

HÖR-/BÜCHER

Wer nicht lesen will, kann gucken: unser TV-Tipp

Metalocalypse

Eine fiktive Metal-Band zieht weite Kreise Dethklok ist der Name der Metal-Band, die im Mittelpunkt der amerikanischen Zeichentrickserie „Metalocalypse“ steht. Dank des immensen Erfolges in den Vereinigten Staaten gaben sich nun auch deutsche Szenegrößen die Ehre und das Synchron-Mikrophon von Hand zu Hand. Schon letztes Jahr startete die deutsch-synchronisierte Version - in der Alf Ator (Knorkator), Nagel (Muff Potter) oder Mille Petrozza (Kreator) den gemalten Stereotypen ihre Stimmen liehen - auf dem Pay-TV Sender TNT Serie. Ab dem 19. März folgt dort auch die Ausstrahlung der neuen Episoden der ersten Staffel im Comedyblock [adult swim]. Da die Serie im Zweikanalton ausgestrahlt wird, kann man sich zwischen der englischsprachigen Originalversion, in der James Hetfield und Kirk Hammett (Metallica) Synchronrollen übernahmen, oder eben der deutschen Fassung entscheiden. Wer die skurrilen Abenteuer mitverfolgen möchte, sollte TNT Serie einschalten und zwar immer samstags um 0.30 Uhr


X-Wort

Seite 64

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QUERGEFRAGT Einfach die Antworten auf die Fragen in die dazugehörigen Kästchen kritzeln, und somit im besten Fall das richtige Lösungswort ermitteln. Das könnt ihr dann per Postkarte oder E-Mail an uns schicken und nehmt damit automatisch teil an der Verlosung des neuen Itchy PoopzkidAlbums „Lights Out London“. Einsendeschluss ist der 15. März 2011. [Sämtliche Umlaute (also ä, ö, ü) werden zu Vokalen (ae, oe, ue) und alle Begriffe werden ohne Leerzeichen geschrieben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.]

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2. Machen nicht nur Bands, auch Omas auf Kaffeefahrt 4. Plattenladen in Brooklyn. In Verbindung mit „Food“ total ungesund (engl.) 6. Herrscht laut The Low Anthem auch um 12.00 Uhr mittags 8. Schimmelt in der ausgeschriebenen Form in Woodys Keller 9. Hat den Schnaps gemacht und für den Albumtitel der C-Types Pate gestanden 13. Das Ende der Welt auf griechisch. Auch auf dem neuen Funeral For A Friend-Album dabei 14. „Willkommen Im Leben“ war der Karrierestart für diesen Jared. Ist jetzt auf dem Weg zu anderen Planeten 17. Schlechtwettergemäuer? Geburtsstadt von Dropkick Murphy Al Barr 19. Kann man der Statistik nach fünf Jahre seines Lebens 21. Eine Hauptzutat befestigter Römerlager. Grundausstattung für Festivals 22. Wenn Songs schreiben wie Fischen ist, sind Songs wohl wie ... 24. Schweres Kriegsgerät und Itchy Poopzkid 25. Schlimmer Kosename für Beziehungspartner. Trotzdem seit 40 Jahren auf Sendung 27. Spielt Saxophon, besitzt ein Gummihuhn, trinkt Alt, trägt Schnurrbart 29. Carl Norens Ex. Die Zuckerpflaumen... 30. Gute Band. Frag Pettersson oder Against Me! 31. Kraftwerk-Album, Songwriting-Refugium von Wye Oak

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SENKRECHt

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1. Im Zuge der „Krise“ in Verruf geraten. Hängt viel mit Musikern rum 3. J Mascis wichtigstes Körperteil 5. Kein Name, sondern eine Diagnose 7. Sagt der Rabe: Erfinder der Detektivgeschichte 10. Textiles Flächengebilde für Legastheniker. In Eislingen flüssig 11. Die lange Abkürzung dessen, was man mit Ritalin behandelt 12. Kieler Original, das gerne fälscht 15. Anachronismus, den unsere Titelband früher ausgetragen hat 16. Für japanische Touristen das wichtigste an München? 18. Album von Simon, Wohnsitz von Elvis 20. Fantasy-Figur mit aktuellem Hang zum Klassiker 22. Geruchsneutral nur in Verbindung mit Kissen bei Madsen im Tourbus zu finden 23. Hat Ben Knox Miller mit passendem Zusatz auf dem Kopf ohne „Sitz“ zu sagen. Hundefriseur-Traum 26. Um die gibt es bei der Spider Murphy Gang den „Skandal im Sperrbezirk“ 28. Dieser Gallagher hat übersetzt jetzt Knopfaugen

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Das Lösungswort der letzten Ausgabe war übrigens „BULETTEN“

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SCREENSHOTS/VORSCHAU/IMPRESSUM

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IMPRESSUM

SCREENSHOTs

Terminal E

Ein kleiner Junge kniet auf dem Boden einer mäßig belebten Wartehalle eines mäßig beliebten Flughafens in Berlin. Der Fahrer seines Spielzeugautos scheint Autist zu sein. Er fährt immer nur hin und her und hin und her. Wie ein besessener Horrorfilm-Zahnarzt mit einer Laubsäge zerrt der Junge den Wagen über den Boden vor und zurück und vor und zurück und singt dabei auf die Melodie von „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“, den Text: „Mama Mama Mama Mama. Mama Mama MAAAA. Mama Mama MAAAA...„ Dabei schraubt sich seine unwirkliche Koboldstimme langsam in immer kreischendere Höhenlagen, bis es am Ende in einer gewaltigen akustischen Eruption aus ihm herausbrüllt: „…KOMMT AUS WESTDEUTSCHLAND!“ Poltergeist? Carrie? The Ring? Nein: Flughafen Berlin Tegel. Terminal E. Ich versuche, den Terminal E zu meiden. Er liegt am Arsch des Flughafens, ist sauhässlich und ich sage es ganz ehrlich: Ich habe Angst vor ihm. Irgendetwas geht da vor. Immer, wenn ich da bin, passieren seltsame Dinge. Deshalb habe ich Angst. Angst vor Terminal E. Meine Freunde kümmert das nicht. Sie landen gerne dort und werden auch gerne abgeholt. Also packe ich mir ein paar umgedrehte Kreuze in die Tasche, hänge mir etwas Knoblauch um, und hole ab, was abgeholt werden muss. Am Terminal mische ich mich unters Volk. Heute ist es belebt. Kein singender Junge in Sicht. Ich beobachte, wie die Ankommenden ihren Abholern in die Arme fallen. Eine junge Frau hat sich ihren Nachnamen auf den Koffer sticken lassen. Samsonite. Praktisch! Sie begrüßt ein kleines Mädchen, drückt ihre Mutter oder Tante und umarmt dann den neben mir stehenden Mann, der wahrscheinlich ihr Opa ist. Dann breitet sie ihre Arme aus, spitzt ihre Lippen zum Kuss und greift …MICH?! Oh Gott. Sie

Herausgeberin:

unclesally*s GmbH & Co. KG Waldemarstr. 37, 10999 Berlin Tel.: 030 - 694 09 663, Fax: 030 - 691 31 37 mailto: sallys@sallys.net * online: www.sallys.net

Chefredaktion: Caroline Frey Stellvertr. Chefredaktion: Ina Göritz Redaktionsleitung: Christine Stiller, Timo Richard Anzeigenkoordination & Marketing: Eric Landmann 030 - 694 09 661 Frank Straessner 030 - 694 09 662

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Heimat: sallys.net

denkt, sie würde mich kennen! Offensichtlich stehe ich zu nah bei ihrer Familie. Oder ich bewege mich irgendwie blutsverwandt. Auf jeden Fall will sie mich küssen. Und weil ich „Fremde küssen“ in der Schule nicht hatte, weiß ich nicht, was ich tun soll. Also denkt mein Körper kurz ohne mich nach und schreit: „ICH KENNE DIE NICHT!“, und zeigt dabei auf die ebenso entsetzten Opa, Tante und Kind. Seit diesem Tag SITZE ich, wenn ich jemandem am Terminal E abhole. Ich habe eine Ecke gefunden, in der man alles sehen kann, aber nicht gesehen und geküsst wird. Ich habe immer eine Zeitschrift in der Hand, die ich hochreißen kann, wenn sich jemand meinem Gesicht nähert. Heute bekomme ich Besuch aus Wien. Eine Frau mit Echtfell-Kapuze wartet nervös auf ihren Liebsten. Ungeduldig tippelt sie auf und ab. Als sie der Sicherheitszone kurz ihr Profil zuwendet, kommt er. Er sieht sie sofort und strahlt. Er geht auf sie zu, greift sie von der Seite und drückt sie an sich. Sie strahlt zurück, wendet sich ihm zu und küsst die feuchten Lippen eines Mannes, ...den sie noch NIE in ihrem Leben gesehen hat! Ein kurzer Schrei. Entsetzen. Dann springt sie weg. Doof. Das hätte ich ihr auch vorher sagen können! Yessica Yeti

Josef Limper (www.kanzlei-limper.de) Marc Zibirre, LL.M. (info@merribiz.de)

Ressorts:

Bücher: Timo Richard *** Comics: Andreas Hartung *** Comicstrip: aha *** Computerspiele: Tito Wiesner, Lukas C. Fischer *** Demodesaster: Roy Fabian, Maik Werther *** Hörspiele: Moritz Honert *** Kino: Patrick Heidmann *** Neuigkeiten: Robby Steuding *** Platten: Ina Göritz *** Sport: Christine Stiller *** Lektorat: Torsten Hempelt Online: Ina Göritz, Christine Stiller

Abo: 15 Euro/Jahr

Bestellung an: abo@sallys.net

Autoren:

Frank Abel, Jochen Barthel, Elmar Bassen, Volker Bernhard, Kai Butterweck, Ben Foitzik, Jens Fritze, Gordon Gernand, Robert Goldbach, Sebastian Gosmann, Alexander Grigutsch, Sarah Gulinski, Michael Haacken, Cornelis Hähnel, Florian Hayler, Lasse Holler, Leon Ilsen, Stephanie Johne, Tim Kegler, Aiko Kempen, Philipp Kohl, Eric Landmann, Arne Lieb, Dirk Lüneberg, Peter Meisterhans, Nina Meyer, Boris Mischke, Christopher Mühlig, Johannes Musial, Holger Muster, Elisabeth Nagy, Vanessa Pape, Marc Phillips, Friedrich Reip, Sascha Rettig, Verena Reygers, Timo Richard, Daniel Schieferdecker, Kristin Sperling, Steffen Sydow, Maritta Seitz, Natascha Siegert, Fabian Soethof, Samuel Stein, Frank Straessner, Frédéric Schwilden, Katharina Schulze-Geißler, Frank Thießies, Nina Töllner, Hans-Christian Vortisch, Marek Weber, Silvia Weber, Kati Weilhammer, Marcus Willfroth, Yessica Yeti

Praktikanten: Franziska Schuh

Auszubildende:

VORSCHAU

Mandy Scholz

Fotografen:

Titelfoto Itchy Poopzkid: Tim Klöcker Fotografen: Frank Abel, David Biene, Birte Filmer, Ali Ghandtschi, Tim Klöcker, Oliver Schümers, Jan Umpfenbach, Erik Weiss, Jan Windszus, Ben Wolf, Stephan Mühlau

INTERVIEWS April, April, macht was er will. Rise Against übrigens auch. Aktuell zum Beispiel ein neues Album namens „Endgame“, das wir zusammen mit den Jungs mal genauer unter die Lupe nehmen. Außerdem haben Jennifer Rostock für uns Kamerakind gespielt und einen Tag im Studio festgehalten. Die Fotos aus New Jersey, sowie Songtipps von Williams Fitzsimmons und alles Wissenswerte über die neuen Alben von The Kills, Elbow und Radiohead, The Vaccines, Sum 41 uva. lest ihr ab 25. März. Beady Eye THE KILLS

Legal Affairs:

Layout:

Caroline Frey, Mario Krenz Editorial Design & Konzept: Bijan Latif * www.bijanlatif.com

Druck:

Frank Druck GmbH & Co. KG

IM KINO

Vertriebsleitung: Florian Hayler Vertriebsleitung Berlin: Roland Köppel

Das Angebot im April schwankt zwischen den ersten großen Blockbustern des Jahres: der mit Spannung erwarteten Comicverfilmung „Thor“, der erneuten Autorennen-Fortsetzung „Fast Five“ und kunstvollem französischen Kino wie „Der Name der Leute“ oder „La lisière – Am Waldrand“. Mit einiger Verspätung kommen auch Oscar-Favoriten wie „The Fighter“ (siehe Bild) mit Mark Wahlberg und Christian Bale oder das Indie-Drama „Winter’s Bone“ in die deutschen Kinos. Präsent wie selten sind auch die Briten: neben der umstrittenen Terrorismus-Komödie „Four Lions“ laufen gleich zwei Filme mit Andrea Riseborough an, weswegen wir den Shooting Star zum Interview trafen.

Vertriebspartner:

unclesally*s Distribution: Berlin, Potsdam CartelX GmbH & Co. KG: Hamburg, Bremen, Oldenburg, Osnabrück, Hannover, Braunschweig, Frankfurt/Main, Wiesbaden, Mainz, Stuttgart, Kiel, Flensburg u.a. PMS Köln: Köln, Düsseldorf, Essen, Bochum, Dortmund, Wuppertal, Oberhausen, Bonn, Krefeld, Duisburg u.a. Primeline Dresden: Dresden, Halle, Chemnitz Blanda Promotions: München Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Es wird keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Tonträger und Fotos übernommen. Diese gehen in den Besitz des unclesally*s über. Nachdruck, auch auszugsweise nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der unclesally*s GmbH & Co.KG. Für alle Verlosungen ist der Rechtsweg ausgeschlossen. Es gilt die Anzeigenpreisliste vom 01.01.2011




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