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Landeszeughaus

1. Sammlungsgeschichte

Die Zeit vom 15. bis zum 18. Jahrhundert war für die damals innerösterreichischen Länder Steiermark, Kärnten und Krain durch anhaltende bewaffnete Überfälle und kriegerische Auseinandersetzungen mit ungarischen Rebellen und dem Osmanischen Reich geprägt. Vor diesem Hintergrund ließen die steirischen Landstände zwischen 1642 und 1644 das „landschaftliche Zeughaus“ erbauen und erwarben die dort heute lagernden Waffen und Kriegsgeräte zum Zweck der Landesverteidigung. Als Depot stellte das Zeughaus fortan die wichtigste Ausrüstungszentrale im Südosten des Habsburgerreiches dar.

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Mit dem Rückgang der bewaffneten Konflikte im 18. Jahrhundert verlor das Zeughaus seine Bedeutung. Als Maria Theresia im Zuge einer Reform beschloss, das Heerwesen zu zentralisieren und das Zeughaus zu schließen, erbaten die Landstände seine Erhaltung als „Denkmal der Geschichte des Landes“. 1882 wurde das landschaftliche Zeughaus erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit der Übernahme des Zeughausgebäudes und seiner Bestände durch das von Erzherzog Johann gegründete Joanneum kam es zur endgültigen Musealisierung der historischen Anlage samt Inventar. Wie im 76. Jahresbericht des Museums zum Jahr 1887 betont wird, sollte das Landeszeughaus dabei „als eine in sich abgeschlossene Sammlung bestehen“ bleiben. Mit seiner Eingliederung ins Joanneum erfolgte die Umbenennung in „Landeszeughaus“, mit der Auflösung des Herzogtums Steiermark gingen 1918 die Besitzrechte am Haus an das neu entstandene Bundesland Steiermark über.

Die Aufgaben im Landeszeughaus sind

→ die Bewahrung, wissenschaftliche Dokumentation und Erforschung seiner weitgehend aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammenden

Waffen und Kriegsgeräte,

→ die Erhaltung des Mitte des 17. Jahrhunderts erbauten Zeughauses in der Grazer Herrengasse nach den Richtlinien des Denkmalschutzgesetzes sowie seine Erforschung,

→ die Bewahrung von Gebäude und Waffensammlung als Ensemble, die als Gesamtheit die größte erhaltene historische Waffenkammer der Welt bilden,

→ die Nutzung von Architektur und historischen Objekten zur

Vermittlung spezifischer Aspekte der frühneuzeitlichen Kriegs-,

Wirtschafts-, Technik- und Sozialgeschichte des Landes sowie allgemeiner von Krieg und Gewalt als tragische Konstanten der

Menschheitsgeschichte.

3. Sammlungsumfang, Schwerpunkte, Sammlungsteile

Die Sammlung umfasst heute rund 32.000 Objekte, die aus der Zeit vom 15. bis zum 19. Jahrhundert erhalten geblieben sind. Konkret handelt es sich um Schutzwaffen (Schilde, Panzerzeug, Harnische und Helme), Blankwaffen (Zweihänder, Anderthalbhänder, Reitschwerter, Säbel, Panzerstecher, Dusäggen, Haudegen, Grenadiersäbel), Stangenwaffen und Schlagwaffen (Langspieße, Kurzspieße, Hellebarden, Cousen, Partisanen, Friauler Spieße, bäuerliche Waffen, Streitkolben und Reiterhämmer), Artillerie (Geschütze, Mörser, Doppelhaken, Zubehör, Raketenzeug), Handfeuerwaffen, nichtfeuernde Fernwaffen, Musikinstrumente und diverse dazugehörige Geräte.

Aufbewahrt werden die Objekte im Landeszeughaus (Herrengasse 16, 8010 Graz), das als historisches Gebäude erstes Objekt der Sammlung ist.

Die Bestände des Landeszeughauses sind als geschlossene Sammlung zu sehen. Eine Erweiterung der Objektbestände ist nur im Ausnahmefall anzustreben, etwa, wenn ein angebotenes Objekt zu einem früheren Zeitpunkt Teil des Bestandes war.

Die konservatorische Betreuung der Bestände erfolgt durch fachspezifische Restaurator*innen.

5. Sammlungsbewirtschaftung und -erschließung

Die Sammlungsbewirtschaftung und -erschließung erfolgt in Übereinstimmung mit den allgemeinen Sammlungsrichtlinien der Universalmuseum Joanneum GmbH. Die materielle Erfassung aller Objekte erfolgt durch Inventarbücher bzw. die Inventarkartei; die digitale Erfassung erfolgt durch imdas pro.

6. Forschungsschwerpunkte

Zu den relevanten Forschungsgebieten zählen die Baugeschichte des Landeszeughauses, Fragen der historischen Waffenkunde sowie die frühneuzeitliche Politik- und Kriegs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Steiermark.

Künftig wird zusätzlich die museologische Befassung mit Fragen der zeitgemäßen Geschichtsvermittlung und der Repräsentation von Krieg im Museum sowie der Denkmal- und Erinnerungskultur im Kontext des Hauses hinzukommen.

7. Schnittstellen zu anderen Sammlungen

Innerhalb des Universalmuseums Joanneum gibt es ein zeitliches und/oder inhaltliches Naheverhältnis zur Kulturhistorischen Sammlung sowie der Sammlung Jagdkunde. Innerhalb von Graz ist die Beziehung zum Steiermärkischen Landesarchiv aufgrund der dort verwahrten Archivalien zur lokalen Kriegs- und Wehrgeschichte sowie zum Landeszeughaus selbst zentral.

Das Landeszeughaus pflegt darüber hinaus Beziehungen zu diversen regionalen Museen, die ihrerseits Aspekte der steirischen

Militär- und Kriegsgeschichte des 15. bis 19. Jahrhunderts thematisieren, so u. a. mit der Burg Riegersburg, dem Museum Pfeilburg Fürstenfeld oder dem Stadtmuseum Hartberg. Überregional bestehen bislang Beziehungen zu einschlägigen Einrichtungen der Militär- und Kriegsgeschichte, wie etwa der Hofjagd- und Rüstkammer, dem Kunsthistorischen Museum Wien oder dem Heeresgeschichtlichen Museum in Wien.

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