«An der Universität Liechtenstein habe ich nicht nur tolle Freundschaften geknüpft, sondern auch einen tollen Geschäftspartner gewonnen!» Alumnus des Monats März 2015 Bernd Aerni
Lieber Bernd, im September 2013 hast Du Deinen Master of Science in Entrepreneurship an der Universität Liechtenstein abgeschlossen. Wie ist es Dir seither ergangen und wie hat sich seitdem Dein beruflicher Werdegang gestaltet?
nur Präzision, sondern auch Motivation mit einbrachte. Ich bin dagegen eher der kreative Typ, der ständig neue Ideen entwickelt und mit Kunden interagiert, um die Produkte immer weiter zu entwickeln und zu vertreiben.
Während dem Studium habe ich und mein Kommilitone sowie jetziger Geschäftspartner Philip bereits an unserer Geschäftsidee “exurbe cosmetics” gearbeitet. Gerade zur Zeit der Gründungsphase hatten wir eine starke Doppelbelastung, da wir zu dem Zeitpunkt auch unsere Masterthese geschrieben haben. Oft kam das Unternehmen zu kurz, dass ist heute nicht mehr so. Jetzt können wir uns völlig auf das Unternehmen fokussieren und widmen uns voll und ganz dem Aufbau des Kosmetiklabels. Seit kurzem haben wir als Gründungsteam auch Verstärkung durch ein weiteres Teammitglied Melissa erhalten. Sie ist ab sofort für alle Design-Aspekte verantwortlich.
Eure übergeordnete Unternehmung, ab|Ventures AG, ist dazu ausgerichtet neue Geschäftsgelegenheiten aufzuspüren und umzusetzen. Kannst Du uns verraten, wie Ihr diese entdeckt und das Potenzial evaluiert?
Philip und Du habt sogar noch am Ende des Masterstudiums gegründet. Wie kam es zu der Geschäftsidee und wie zu dem Wunsch gemeinsam zu gründen? Wie es der Zufall will, wohnen wir beide in Zürich. Deshalb schlossen wir uns gleich zu Beginn des Studiums zu einer Fahrgemeinschaft zusammen. Während den Fahrten hatten wir jede Menge Zeit über zahlreiche Geschäftsideen zu diskutieren. Auch die bereits erlangten Berufserfahrungen halfen uns unternehmerische Gelegenheit direkt aus der Praxis zu entwickeln. Eins führte zum anderen und plötzlich standen wir nicht nur mit einer Idee, sondern auch mit einem Konzept da. Wir entschieden uns die Idee exurbe cosmetics , ein Label für ethische und vegane Kosmetik, umzusetzen. Begonnen haben wir damit am Ende des Masterstudiums. Dass wir als Team gut zusammen arbeiten und uns gut ergänzen, zeigten die vielen Projekte während des Studiums. Philip ist sehr detailgetreu und ausdauernd, womit er nicht
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass wir keine bestimme Methode – zu mindestens keine „formelle“ - anwenden. Unser bewährtes Vorgehen, ist es mit offenen Augen und Ohren durch die Welt zu gehen.
« Unternehmerische Gelegenheiten gibt es viele, manchmal fast zu viele! » Sobald wir eine neue Idee entdeckt haben, sprechen wir zuerst gemeinsam darüber. Sind wir der Meinung, dass die Idee großes Potential verspricht, verfolgen wir sie weiter. Zum nächsten Schritt, der Umsetzung, machen wir uns Gedanken darüber, welche Fähigkeiten wir zur Umsetzung mitbringen und welche noch benötigt werden. Leider bringen wir als reine Betriebswirte oft nicht genügend Fachwissen mit, um ein tolles Produkt oder Service alleine zu realisieren. Daher sind wir auf motivierte Mitgründer angewiesen. Oftmals suchen wir diese Personen innerhalb unseres Netzwerks. Dabei muss vor allem auf persönlicher Ebene alles stimmen und die Person muss sich wie wir mit der Idee identifizieren können. Auch nach der Umsetzung ist es von grosser Bedeutung sich mit Leuten auszutauschen, um neue Sichtweisen und Impulse einzuholen.
Bei unserer neusten Idee nehmen wir erstmals auch an einem Businessplan-Wettbewerb teil. Ich bin schon auf die Rückmeldungen der Jury gespannt. Das erste Projekt, welches Ihr im Rahmen der ab| Ventures AG realisiert habt, heisst exurbe cosmetics. Unter diesem Kosmetiklabel entwickelt und vertreibt Ihr Nagellacke, Lipgloss sowie Mascara, aber was macht exurbe cosmetics besonders und wie grenzt Ihr euch von Wettbewerben ab? Unsere Kunden überzeugt das Label vor allem durch die Produktionsphilosophie. Unser Slogan “Made with Love” steht für konsequenten Verzicht auf Tierversuche sowie bedenkliche Inhaltsstoffe. Unsere ethische Produktion innerhalb Europas ermöglicht uns die Herstellung sehr guter Produkte. So wird z.B. das Glas unserer Nagellackflaschen nicht in Indien sondern in einer italienischen Glasmanufaktur hergestellt. Wir achten darauf, dass wir unseren veganen Ansatz und die Perfektion in der Herstellung einhalten, denn nur so können wir mit den Besten mithalten. Mit einem speziellen Distributionssystem werden Handelspartner ausserdem an den Online-Umsätzen beteiligt, welches sie auch motiviert uns beim Aufbau von exurbe cosmetics zu unterstützen. Welche Positionierungsstrategie der Marke verfolgt Ihr, um auf dem wettbewerbsintensiven sowie gesättigten Kosmetikmarkt erfolgreich zu sein? In der Kosmetikindustrie gibt es drei Segmenten: Prestige, Masstige und Mass. exurbe cosmetics ist im Masstige-Segment positioniert, als ein Label im oberen Preis-Segment, mit spezieller Positionierung, das in grösseren Stückzahlen verkauft wird. Eine Vielzahl von Eigenschaften machen diese Positionierung aus: 1) das unabhängige Label, 2) die ethische Produktionsphilosophie, 3) die besondere Vertriebsstrategie sowie
4) die einzigartige Vermarktungsstrategie, welche durch die Zusammenarbeit mit ausgewählten Künstlern entsteht. Für die halbjährigen Kollektionen sind wir immer auf der Suche nach einem ausgewöhnlichen KünstlerIn, welche/r mit uns zusammen zusätzliche fünf Trendfarben für die Kollektion entwickelt. Für die Herbst/Winter Kollektion 2014/15 haben wir beispielsweise mit der Pariser Künstlerin Françoise Nielly zusammen gearbeitet. Im Allgemeinen, konzertieren wir uns auf die beiden Trends – vegane Kosmetik sowie ausgefallene Farbgebung und –design. Unser Aushängeschild sind ethische und vegane Produkte, die durch ihre ausgefallenen und individuellen Farben unsere Kundinnen
ansprechen. Dazu kommt die von uns gewählte Distributionsstrategie mit dem Fokus auf “Fachhandel und Salons” (vorwiegend Kleinst- und Kleinunternehmen). Dadurch können wir bei den Interessentinnen schnell an Glaubwürdigkeit gewinnen und Kompetenz vermitteln. Neben dem Verkauf in Fachgeschäften, können die Endkonsumenten die Produkte zusätzlich über unseren eigenen Online-Shop auf exurbecosmetics.com erwerben. Zurzeit ist exurbe cosmetics nur in der Schweiz, dem Fürstentum Liechtenstein und Österreich erhältlich. Wie unterscheiden sich diese Zielmärkte? Sind mittel- bis langfristig bereits weitere Zielmärkte für die Expansion avanciert? Da die Produkte in der Schweiz und Liechtenstein erst seit knapp einem Jahr verkauft werden, ist es für eine qualifizierte Aussage noch zu früh. Wie in diesen beiden Märkten sind wir auch in Österreich noch mit dem Aufbau, vor allem der Vertriebskanäle, beschäftigt. Die Entwicklung der Umsatzzahlen ist aber positiv, sodass wir in den kommenden 12 Monaten eine Expansion vorgesehen haben. Das nächste Ziel sind deutschen Großstädte. Dazu suchen wir aktuell Personen, die Lust haben mit uns den Aufbau in Deutschland vorantreiben. Wenn dieser Meilenstein geschafft ist, sehen wir weiter. Woher wisst Ihr, was bei euren Kundinnen zurzeit am besten ankommt und was gerade im Trend liegt? Hilfreich sind immer Messen und Events, da wir dort direktes Feedback der Kundinnen bekommen. An einer aufgestellten Nailbar, haben die Besucherinnen die Möglichkeit alle Farben zu testen. Ebenfalls wird die Interaktion / das Nutzerverhalten der Kundinnen auf unserer Webseite analysiert, um zu sehen welche Farben, wie oft und wie lange angeschaut werden. Unsere Verkaufspartner liefern zusätzlich immer wieder
wichtigen Input für uns. Trends der kommenden Saison erfahren wir hauptsächlich durch Fachmessen und natürlich über die Modewelt! Diese gibt Auskunft darüber, welche Farbnuancen zukünftig gefragt sind. Inwiefern hat Dir das Entrepreneurship-Studium bei Deinem Gründungsvorhaben geholfen? Glaubst Du, dass sich unternehmerisches Denken erlernen bzw. lehren lässt? In erster Linie hat mir das Studium geholfen einen motivierten Mitgründer zu finden. Für mich war es interessant auch mehr über das eigene Persönlichkeitsprofil zu erfahren sowie Denkweisen erfolgreicher Unternehmer zu analysieren .
« Ich bin der Meinung, dass sich unternehmerisches Denken nicht direkt erlernen lässt - es ist eher ein “Mindset”. » Wie ein professioneller Businessplan geschrieben wird oder was bei Finanzierungsrunden zu berücksichtigen ist, sind ebenfalls Fähigkeiten, die
beim Entscheid der Gründung geholfen haben. Spezifische Charaktereigenschaften sind förderlich, andere eher hinderlich. Bringt man aber die Basis mit, dann kann eine gezielte Ausbildung die Fähigkeiten verstärken und daraus was entstehen lassen. Ich vergleiche es gerne mit den Samen eines Baumes. Ist der Samen in der Erde und gibt man Dünger und Wasser dazu, dann kann ein grosser Baum wachsen. Steckt kein Samen in der Erde, dann kann auch mit viel Dünger und Wasser nichts gedeihen. Wie hast Du, ausser mit dem Gewinn eines guten Geschäftspartners, von dem Netzwerk der Universität Liechtenstein profitiert? Ich treffe mich oft noch mit ehemaligen Kommilitonen. Es sind sehr gute neue Freundschaften entstanden. Wir reden manchmal über Geschäftsideen oder helfen einander in spezifischen Fragestellungen. Kürzlich war ich beispielsweise bei meinem ehemaligen Kommilitonen und guten Freund Josip Budzaki von Frontify, er hat mir ein paar geniale Tools für die Marketing-Automation gezeigt. Man hilft sich eben gegenseitig oder trifft sich einfach mal zu einem geselligen Abend. Hier in Zürich ist wirklich eine tolle Alumni-Gruppe mit regelmässigen Stammtischen entstanden. Wenn Du an Deine Studienzeit zurück denkst, woran denkst Du dann? An die guten Freunde, die ich kennengelernt habe sowie an die tollen und unkomplizierten Mitarbeiter der Universität. Besonders positiv in Erinnerung sind mir auch die Studienreise nach China sowie die interessanten Besuche bei diversen Unternehmen im Rheintal geblieben. Work life balance?! Gibt es das für Gründer und Unternehmer? Was unternimmst Du in Deiner Freizeit am liebsten, um Energie zu tanken?
Work-life-balance ist wichtig, um auf lange Sicht voller Elan und Energie an den unternehmerischen Vorhaben arbeiten zu können. Trotz allem, sehe ich die Arbeit am Unternehmen nicht als energieraubend. Zu dem legen wir großen Wert darauf in der Regel auch nicht an den Wochenenden oder bis spät in die Nacht zu arbeiten. Das macht langfristig gesehen einfach keinen Sinn! In meiner Freizeit treffe ich mich dann gerne mit Freunden zum Znacht oder einfach auf ein Bier, um abzuschalten. Ausgleich zu den vielen Stunden im Büro oder Auto finde ich zusätzlich beim Joggen. Die Bewegung an der frischen Luft hilft dabei den „Kopf zu lüften“. Seit Neuestem gehen Philip und ich auch zwei mal in der Woche während unserer Mittagspause laufen. Wie sehen Deine weiteren Pläne für die Zukunft aus? Welche Träume beziehungsweise Wünsche möchtest Du Dir gerne noch erfüllen? Zuerst setzen wir jetzt alles daran exurbe cosmetics zum Erfolg zu führen und die Expansion voran zu treiben. Zusätzlich haben wir noch ein weiteres Projekt in der Pipeline, an wessen Umsetzung wir gerade nebenbei arbeiten. Weiter in die Zukunft plane ich nicht. Für mich gilt das Motto: Schritt für Schritt! Damit bin ich bisher am besten gefahren. Abschliessend, welche Tips kannst Du Studierenden und Alumni aus der Gründungsphase mitgeben? Worauf sollte man besonders achten? Wenn Du nicht unbedingt willst - dann gründe nicht allein. Suche Dir tolle Mitgründer und verfolgt gemeinsam ein Ziel. Sei bereit das Geschäftsmodell anzupassen bzw. zu ändern. Mache potentiellen Investoren und sonstigen Beratern von Anfang an bewusst, welchen Input Du von Ihnen bis wann erwartest und fordere diese Leistung konsequent ein. Wird die versprochene Leistung nicht erbracht, ziehe einen Schlussstrich! en gefahren.
Zur Person Bernd Aerni ist seit Anfang 2013 Co-Founder der ab| Ventures AG in Zürich. Im Rahmen dieser Gesellschaft, gründetet er im März 2013 auch die excurbe costmetics, ein innovatives Kosmetiklabel im Segment der ethisch und veganen Kosmetik. Im September 2013 schloss Bernd sein Masterstudium in Entrepreneurship an der Universität Liechtenstein ab. Zwischen seinem Bachelor- und Masterstudium arbeite er knapp drei Jahre. Dabei sammelte er bereits Berufserfahrung als Projektmanager sowie als Mitglied der Geschäftsleitung in verschiedenen Branchen in der Schweiz. Sein Bachelorstudium in Business Administration absolvierte er an der Kalaidos University of Applied Sciences und zu vor hat er ausserdem ein Diplomstudium in Betriebswirtschaftslehre an der AKAD Business abgeschlossen.
Die Autoren Verena Burtscher ist an der Universität Liechtenstein als Leiterin der Koordinationsstelle für Alumni, kulturelle und studentische Aktivitäten für den Aufbau des Alumninetzwerks verantwortlich. Katharina Starke ist Studierende im Masterstudiengang Entrepreneurship und studentische Mitarbeiterin in der Koordinationsstelle für Alumni, kulturelle und studentische Aktivitäten.