ISSN 1862-4154 Preis: € 5,– Ausgabe 3.13
Urbane Zukunft
Die Stadt und wir Stadtgeschichte Was Urbanität ausmacht Gesunde Stadt Was uns guttut
Migration Wie Zuwanderung bereichert
Beteiligung Warum sie in der Stadt wichtig ist
Moderne Gebäudetechnik, die Sie überzeugen wird Energieeffizienz, Komfort, Sicherheit und Kostenersparnis. siemens.at/icbt Bei Siemens Building Technologies ist das Ganze mehr als die Summe seiner Einzelteile: Integrierte Gesamtlösungen vernetzen unterschiedliche Disziplinen der Gebäudetechnik und sorgen für maximale Energieeffizienz sowie optimalen Schutz und Sicherheit für Menschen und Werte. Wir bieten intelligente Infrastrukturlösungen für Industrie- und Zweckbauten, Wohngebäude, öffentliche Einrichtungen, aber auch Tunnelbauten. Unser Portfolio umfasst Gebäudeautomationssysteme, Regelungsanlagen für Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen, Zutrittskontrolle, Identifikationssysteme, Technik für Brandschutz, Evakuierung, Löschen und Gefahrenmanagement, Einbruch-
meldung und Videoüberwachung. Gerade bei komplexen Einsatzgebieten wie Flughäfen, Krankenhäusern, Rechenzentren, Hotels, Elektrizitätswerken und Industrieproduktionen gewährleistet eine intelligente Integration verschiedener Gewerke in vernetzte Gesamtlösungen ein Höchstmaß an Produktivität, Flexibilität, Komfort, Zuverlässigkeit und Benutzerfreundlichkeit. Siemens AG Österreich Building Technologies Division 1210 Wien Siemensstraße 90 Telefon 05 1707-32000, icbt.at@siemens.com
Infrastructure & Cities Sector
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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser,
Mag. Friedrich Faulhammer Rektor der Donau-Universität Krems
wem gehört die Stadt? Schon heute leben mehr Menschen weltweit in Städten als auf dem Land, und die Diskussion um die Entwicklung der Stadt als kollektiver Lebensraum und Experimentierfeld für Entwürfe gesellschaftlicher Organisationsformen beschäftigt nicht nur Stadtplaner und Politiker, sondern auch immer mehr Bürgerinnen und Bürger. Dabei rückt die Frage nach dem demokratischen Umgang mit urbanen Lebensräumen ins Zentrum, es geht um Teilhabe, Entwicklung und Selbstbestimmung. An Problemen in den Städten und Metropolen fehlt es nicht: Beton dominiert, Wohnraum ist knapp, Umweltverschmutzung und Bodenspekulation nehmen rasant zu. Aber es gibt auch viele Beispiele für neue urbane Freiheiten, für kollektive Kreativität und ein wachsendes Bewusstsein für die nachhaltige Stadt. Das neue upgrade fragt, was den rapiden Wandel der Städte kennzeichnet und warum der Wettbewerb unter den Städten in Europa und weltweit immer härter wird: Während die einen wachsen und mehr Landfläche verstädtert, kämpfen strukturschwache Regionen mit der Abwanderung und damit mit der Schrumpfung ihrer Städte. Als besonders interessantes Beispiel für den Schulterschluss zwischen Technologie und Planung stellen wir die MorgenstadtInitiative der Fraunhofer-Gesellschaft vor und sprechen mit ihrem Leiter, Dieter Spath, über die Bedeutung von Integration und Vernetzung und warum es unverzichtbar ist, die Bürger so einzubeziehen, dass tragfähige Leitbilder für unsere Städte entstehen. Zuwanderung kann besonders für Ballungsräume kulturelle und wirtschaftliche Potenziale bringen. Doch Experten sind sich einig: Für ein friedliches Miteinander bedarf es einer aktiven Integrationspolitik. Dabei spielt neben Bildung und Arbeit das Wohnen eine zentrale Rolle. Städte sind einem rasanten Wandel unterworfen, Bildung, Architektur und Mobilität leisten dabei einen zentralen Beitrag. Wichtig wird bleiben, dass wir unsere Städte nicht nur als funktionelle, ökonomiegetriebene Gefüge begreifen, sondern als das, was sie auch immer waren und sind: Heimat.
Foto: DUK/Reischer
Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen
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Ihr Friedrich Faulhammer
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Themenschwerpunkt: Urbane Perspektiven
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Apropos Stadt Was macht Urbanität eigentlich aus, und wem gehört die Stadt? Was brauchen wir heute, was wird morgen sein? Diese Fragen und viele andere beschäftigen die Stadt forschung, die eine Hoch konjunktur erlebt.
Titelillustration: Andreas Posselt
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Morgenstädte Es braucht den Schulter schluss von Technologie und Planung, meint Dieter Spath im Interview. Er leitet die Morgenstadt-Initiative der Fraunhofer-Gesellschaft.
Rot-weiß-bunt Zuwanderung kann beson ders für Ballungsräume kulturelle und wirtschaftliche Potenziale bringen. Doch Experten sind sich einig: Für ein friedliches Mit einander bedarf es einer aktiven Integrationspolitik.
26 Zeit zu handeln
Warum wir neue Kulturen des kollektiven Lernens brau chen, weiß Ian Banerjee. Der Stadtforscher erzählt, weshalb sich Stadtplanung stärker mit Bildungsplanung verschränken sollte.
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Sick in the City? Macht das Leben in einer Metropole krank? Diese Frage ist deswegen so schwer zu beantworten, weil die Lebensbedingungen in den Städten nach wie vor sehr heterogen sind.
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42 Neues aus der Donau-Universität Krems
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Schlaue Städter Mehr und mehr Städter fühlen sich für die Mitgestaltung ihres Lebensraums verant wortlich. Und oft schaffen sie mit kollektiver Kreativität, was starre Masterpläne nicht zustande bringen.
Urbane Freiräume Die Landschaftsplanerin Martina Jauschneg über die Planung von grünen Freiräumen und ihre Funktionen in einer „Smart City“. Meinung Zahlen & Fakten Buchtipps
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Internationale Kooperationen
Her mit den Daten!
Studienergebnisse unter Verschluss zu halten, weil sie negativ ausfallen – darf das sein? Was forschen Sie?
Digitale Utopien
Judith Schoßböck untersucht, was EBeteiligung bewirkt und woran ihr Erfolg gemessen werden kann.
46 Leere Räume für Ideen Alumni-Porträt
Reinhard Warger setzt auf sein Bauch gefühl, als Baumeister, Architekt und Student in Krems.
3 48 50 51 52 54 55
Editorial Universitätsleben Alumni-Club Termine Kunst & Kultur Vorschau/Impressum Archiv
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Meinung 7
Wer wandelt die Stadt? Ob sich Stadtplanung von heute als der große Wurf für morgen erweist, wird sich zeigen. Angesichts des Rückzugs der Politik wachsen jedoch die Zweifel ob der Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit von prestigeträchtigen Projekten und Visionen. Von Reinhard Seiß
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Illustration: Thomas Kussin, Foto: Urban+
Reinhard SeiSS Dr. Reinhard Seiß ist Stadtplaner, Filmemacher und Fachpublizist in Wien und Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. Seiß studierte Raumplanung und Raumordnung an der Technischen Universität Wien. Er schreibt unter anderem für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, die „Süddeutsche Zeitung“ und die „Neue Zürcher Zeitung“. Anfang 2013 ist die vierte Auflage seines Buches „Wer baut Wien?“ erschienen. Seiß lehrt auch an internationalen Institutionen.
s gibt wohl kaum eine Epoche, deren Zeitgenossen nicht der Meinung sind, sie seien Zeugen großer Veränderungen. Insofern wird man erst in einigen Dekaden beurteilen können, ob der Wandel unserer Städte heute – sprich: ihr Zerfallen in monofunktionale Wohn-, Arbeits-, Einkaufs-, Bildungs- und Freizeitquartiere einerseits sowie die urbane Renaissance in manchen historischen Vierteln andererseits – einen Wendepunkt oder doch nur eine Episode einer an sich kontinuierlichen Entwicklung darstellt. Zweifellos bedeuten die vergangenen beiden Jahrzehnte aber insofern ein Novum, als sich die Politik seit den 1990er Jahren zunehmend aus ihrer urbanistischen Verantwortung zurückzieht – ungeachtet PRträchtig postulierter Visionen von „Sustain able Cities“, der partizipativen Stadt im Sinn der „Lokalen Agenda 21“ oder den „Smart Cities“. Das ist umso erstaunlicher, als das Thema „Stadt“ zeitgleich immer breitere Gesellschaftsschichten interessiert: Künstler entdecken ihre Faszination für den „Urban Sprawl“, Exponenten der „Cultural Studies“ theoretisieren über den öffentlichen Raum – und praxisbezogenere Stadtliebhaber befassen sich neuerdings pflanzend („Urban Gardening“) oder auch strickend („Urban Knitting“) mit ihrem Grätzel. Die heimische Politik indes schützt von ihr unbeeinflussbare Phänomene unserer Zeit wie die Globalisierung, die Migration
oder die Auflösung der klassischen Familienstruktur vor, um für sich die Unvorhersehbarkeit der Stadtentwicklung zu re kla mieren – und sich folglich ihrer planungspolitischen Aufgaben zu entschlagen. Hinter der Preisgabe des Anspruchs auf Ganzheitlichkeit, Langfristigkeit und Verbindlichkeit in der Stadtplanung steht freilich weniger ein modernes, diskursives und prozesshaftes Planungsverständnis als der Wunsch nach einem möglichst uneingeschränkten Handlungsspielraum für kurzfristige und punktuelle Entscheidungen. Zu den Profiteuren dieses Laissez faire zählen eine kleine Minderheit einflussreicher Liegenschaftseigentümer und Projekt entwickler, auch die Immobilientöchter der Banken und Versicherungen sowie die Bauwirtschaft. Es wäre hoch an der Zeit, dass unsere Gesellschaft eine demokratischere Planungspolitik einfordert – und damit einen überfälligen Wandel der Stadt: im Interesse der großen Mehrheit der Bürger sowie der uns nachfolgenden Generationen.
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Reinhard Seiß: Wer baut Wien? Verlag Anton Pustet, 2013 www.pustet.at
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Apropos Stadt Städte erleben einen rapiden Wandel. Während die einen wachsen und immer neue Gebiete erschließen, ereilt andere das Schicksal des Schrumpfens. Doch was macht Urbanität eigentlich aus? Viele Fragen beschäftigen heute die Stadtforschung, die seit einigen Jahren eine Hochkonjunktur erlebt. Von Andrea Nussbaum
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Hat der Stadtneurotiker eine Zukunft? Die Brooklyn Bridge, eines der Wahrzeichen New Yorks. Seit1883 verbindet sie Brooklyn mit Manhattan.
Foto: istockphoto
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efinden wir uns bereits im „Ur ban Age“, wie es die Alfred Herr hausen Gesellschaft vor ein paar Jahren vorausgesagt hat, oder steht uns die urbane Transformationswelle noch bevor? Schon heute ist es eine unwi derlegbare Tatsache, dass mehr Menschen denn je in Städten leben. Das urbane Leben scheint immer mehr an Anziehungskraft zu gewinnen, wenn auch, wie vielerorts hör bar, die Sehnsucht nach dem ruhigen Leben auf dem Land bestehen bleibt. Doch was be deutet dieser Zwiespalt für die Städte? Wie funktionieren sie im 21. Jahrhundert, und was brauchen sie, um weiterhin attraktiv zu bleiben? Die Ursprünge moderner Stadtplanung liegen in der (heute umstrittenen) Charta
von Athen aus dem Jahr 1933, die für die Städte vor allem die Erfüllung der Kriterien Wohnen, Arbeiten, Erholung und Verkehr forderte. Laut Le Corbusier jedoch in der funktionellen Trennung von Arbeit und Wohnen. Der Architekt war eine der füh renden Persönlichkeiten hinter der Charta. Stadtbau könne niemals durch ästhetische Überlegungen bestimmt werden, sondern ausschließlich durch funktionelle Folgerun gen, hieß es. Heute wird die Charta von Athen oft auch als Geburtsstunde der Plat tenbausiedlungen gesehen. Was damals als visionär und fortschritt lich galt, hat die Geschichte längst einge holt. Die ersten Plattenbauten wurden in zwischen gesprengt oder „verhübscht“, doch die Probleme in den monofunktio
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Christian Hanus Dipl.-Arch. ETH Dr. Chris tian Hanus leitet das Zentrum für Baukulturelles Erbe an der Donau-Universität Krems, dem seit 2012 auch das EuropaNostra-Archiv angehört. Das Zentrum widmet sich Forschungsprojekten mit Fokus auf Sanierung und Revitalisierung. Aktuell wird am Zentrum eine transnationale Strategie für den Donau-Limes entwickelt, den Grenzwall der Römer entlang der Donau, der Welterbe werden soll.
Auf rund 40.000 m² entstand im zweiten Wiener Gemeindebezirk das Viertel Zwei.
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nalen Wohnsiedlungen, die immer mehr zu Ghettos mutierten, blieben, ebenso wie die Grundsatzdiskussion, was Stadt eigentlich ausmacht. Eines steht fest: Städte sind mehr als die Summe ihrer Elemente. Arbeit, Wohnen, Er holung und Verkehr allein reichen heute für die Definition von Urbanität nicht aus, es sind die Zwischen- und Freiräume, das „inbetween“, die Kultur und die Vielfalt, die eine lebendige Stadt anziehend machen. Städtische Siedlungen werden schon von jeher als Ursprung der Zivilisation gesehen. Sie stehen für Dichte ebenso wie für Ver änderung und Beschleunigung. Bestes Bei spiel dafür ist New York. Was viele nicht (mehr) wissen, auch die Boomtown von heute stand 1975 am Rande der Pleite. Auf den Leerstand und die Kriminalität von vor rund 40 Jahren folgte kontinuierlicher Auf schwung. Heute können es sich die Metro pole und ihr Bürgermeister Michael Bloom berg leisten, mitten am verkehrsreichsten Platz, dem Times Square, den Autoverkehr zu stoppen und Liegestühle für Bürger und Touristen aufzustellen. Und mit dem privat finanzierten Projekt der „High Line“ ist es gelungen, auf den stillgelegten Bahntrassen einen urbanen Erholungs- und Erlebnisraum für die Öffentlichkeit zu schaffen. Der Zutritt
zu diesem reichlich bepflanzten, mit Bänken und Sitzplätzen ausgestatteten Park auf den ehemaligen Schienen ist frei und kostenlos. Keine Selbstverständlichkeit, denn schließ lich leben wir in einer auf Profitmaximie rung ausgerichteten Welt. Böse Zungen spre chen von einer Disneyfizierung, an Plätzen, wo einst Drogen verkauft wurden und Pro stitution den Alltag bestimmte, werden heu te alte Industrielofts in Luxusresidenzen umgebaut. Konsumzonen mit Restaurants und Shops folgen. Und dennoch: New York – so scheint es – erfindet sich jeden Tag selbst neu. Doch die Kehrseite der Medaille ist ein Verdrängungswettbewerb, der auch seine Verlierer hat. Steigende Mieten drän gen den Mittelstand aus der Stadt. Tabula rasa: Stadt ohne Eigenschaften Rasant wachsen die Metropolen insbeson dere in Asien. Auch dort herrscht ein stadt planerischer Verdrängungskampf, der viele negative Seiten mit sich bringt: Die traditio nellen Hutongs in Peking müssen Hoch hausprojekten für den neuen Wohlstand des Landes weichen, die Stadt verliert Schritt für Schritt ihr altes Antlitz. Fortschritt um jeden Preis? Nicht nur in China. Gleichklang, wo hin man blickt. Die Innenstadtzonen der europäischen Städte ähneln einander nach
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Foto: Zara Pfeifer, DUK/Reischer, dérive
Christoph Laimer Christoph Laimer ist Gründer und Chefredakteur der seit 2000 vierteljährlich in Wien erscheinenden, internationalen und interdisziplinären Zeitschrift für kritische Stadtforschung, „dérive“ und Co-Kurator von „urbanize! Internationales Festival für urbane Erkundungen in Wien“. Laimer hat Politikwissenschaft und Philosophie studiert.
dem Einzug bekannter Handelsketten im mer mehr. Was blieb von der Individualität? Städte ohne Eigenschaften? Der Ausdruck von der Stadt ohne Eigen schaften, der „Generic City“, stammt von ei nem der bekanntesten Architekten unserer Zeit, von Rem Koolhaas, der diesem Trend durchaus etwas abgewinnen kann und vor einigen Jahren damit für Aufregung sorgte. Die traditionelle Stadt sei „verspätet“, die Ehrfurcht vor ihr „lähmend“, so die Worte des Niederländers. „Ist die moderne Stadt wie der moderne Flughafen – überall gleich? Lässt sich diese Konvergenz theoretisch er fassen? Und wenn ja, worauf liefe diese Ent wicklung letztlich hinaus? Konvergenz führt zwangsläufig zu Identitätsverlust, etwas, das normalerweise bedauert wird. Doch an gesichts der Dimensionen, in denen das Ganze vor sich geht, muss es etwas bedeu ten“, so Koolhaas und denkt noch einen Schritt weiter: „Sind wir womöglich Zeugen einer weltweiten Befreiungsbewegung? Was bleibt übrig, wenn jede Identität abgestreift wird? Das Eigenschaftslose?“ Rem Koolhaas ist zweifelsohne ein geni aler Theoretiker und Denker, und wir glau ben ihm sofort, dass er lieber in seinem nüchternen Bürohaus in Rotterdam sitzt als in Amsterdam. Doch sind die traditionellen Städte tatsächlich hemmend? Hat er recht, wenn er behauptet, dass sich Migranten durch diese Eigenschaftslosigkeit in den ge nerischen Metropolen wohler fühlen und besser zurechtfinden? – „Die traditionelle Stadt ist sehr von Regel und Verhaltenscode besetzt. Die Stadt ohne Eigenschaften aber ist frei von eingefahrenen Mustern und Er wartungen. Es sind die Städte, die keine Forderungen stellen und dadurch Freiheit schaffen“, erklärte der Architekt in einem Interview mit dem deutschen Nachrichten magazin „Der Spiegel“. Dubai oder Singapur seien ideal für Migranten, denn alte mittel alterliche Stadtkerne „strahlen für diese Menschen nichts als Ausschluss und Zu rückweisung aus. In einem Zeitalter der massenhaften Immigration muss es viel leicht auch zu einer massenhaften Ähnlich keit der Städte kommen. Diese Städte funk tionieren wie Flughäfen: Die immer gleichen Geschäfte sind an den immer gleichen Stel len. Alles ist über die Funktion definiert, nichts über die Geschichte. Das kann auch
befreiend sein.“ Und so empfindet Koolhaas den Plattenbau, egal wie fehlgeleitet sich das Konzept am Ende auch herausstellte, als eindeutige und klare Artikulation, während der Neoliberalismus die Architektur zu ei ner „Cherry on the cake“-Aktion machte. Stichwort: Gentrifizierung Zu den „Sahnehäubchen“ der Architektur zählen auch jene innerstädtischen Luxus projekte, die in Deutschland Hochkonjunk tur haben und eine Rückkehr zur bürgerli chen Wohnkultur propagieren, seien es die „Heine-Gärten“ in Düsseldorf, die „Kron prinzengärten“ in Berlin oder das „Gerling Quartier“ in Köln, mit denen Immobilienfir men und Bauträger das große Geld erwirt schaften wollen. Nach dem Motto „Teuer, teurer, am teuersten“ bedienen sie sich der Architektur, um den neuen Bewohnern „ma gische Momente, zeitlos, stilvoll und voller Leben“ zu bescheren. Schöne, ja exquisite Steinfassaden, im Stil eher klassizistisch als Avantgarde. Rückkehr als Flucht oder nur smarte Investition? Der Feuilletonist Niklas Maak (F. A. Z.) hat dafür den Ausdruck „Zombifikation der Stadt“ geprägt. Die mo derne Stadtsoziologie hat für dieses Phäno men den wissenschaftlichen Ausdruck pa rat: Gentrifizierung fasst die sozio öko no mischen Veränderungen in bestimmten Stadtvierteln zusammen. Der Ablauf dieses Wandels gestaltet sich meist gleich: Niedrige Mieten ziehen Künstler und Kreative an, die den Standort durch ihre Pionierleistung at traktiv machen. Die zunehmende Beliebt heit der Stadtteile lässt vermehrt Menschen aus der Mittelschicht zuziehen, bis schließ lich Investoren auf diese Quartiere aufmerk sam werden. Klassisches Beispiel dieser Prozesse in Deutschland ist die Revitalisie rung der Hafencitys. Mittlerweile kommt die Stadtsoziologie mit dem Begriff Gentri fizierung nicht mehr aus und spricht sogar schon von „Supergentrifizierung“, wenn es etwa um die Transformation von Stadtgebie ten in London geht, die als Enklaven des Wohlstands fest in der Hand von Invest mentbankern sind. Diese sozioökonomischen Umwälzungspro zesse verlaufen nicht überall stillschwei gend. Denn während in deutschen oder englischen Städten der Wandel fast unkom mentiert (und nur vom Feuilleton
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12 Urbane Perspektiven
Auf 240 Hektar entsteht bis 2028 die „Seestadt Aspern“, Wiens größtes und innovativstes Stadtentwicklungsgebiet. Herzstück ist der fünf Hektar große See.
Christof Schremmer DI Christof Schremmer M.C.P. studierte Raumplanung und Raumordnung an der Technischen Universität Wien und City and Regional Planning (M.C.P.) an der University of Pennsylvania, Philadelphia. Seit 1987 arbeitet er am Österreichischen Institut für Raumplanung (ÖIR), seit 2002 ist er ÖIR-Partner. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Stadt- und Regionalplanung, Langfristszenarien, Regionalentwicklung und regionalökonomische Analysen.
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kritisch beäugt) vor sich geht, gingen in Is tanbul die Menschen auf die Straße und wehrten sich am Taksim-Platz unter ande rem auch gegen eine Stadterneuerung, die mit der Rekonstruktion einer Kaserne samt Shopping Mall nur politischen Interessen dient und einen der letzten grünen Flecken in der Millionenmetropole am Bosporus für immer verschwinden lässt. Stadt und Stadt planung sind immer auch höchst politisch. Wien ist anders Auch Wien denkt politisch und setzt als Zu wanderungsstadt auf die Erschließung von neuen Quartieren, die vor allem eines sein sollen: sozial durchmischt. Eines der ambi tioniertesten Projekte der Stadtentwicklung ist gegenwärtig die Seestadt Aspern: Bis 2028 sollen auf dem ehemaligen Flugfeld Wohneinheiten für 20.000 Menschen und 20.000 Arbeitsplätze entstehen. Vorausset zung dafür war der Anschluss an das U-Bahn-Netz. Aber reichen eine öffentliche Verkehrsanbindung und ein Masterplan
aus, um eine ganze Stadt aus dem Nichts entstehen zu lassen? Der schwedische Ar chitekt und Masterplaner von Aspern, Jo hannes Tovatt, jedenfalls ist davon über zeugt, gibt allerdings zu, dass die Größe und Komplexität des Projekts „eine gewisse Verwundbarkeit aufweist, die in der Natur der Aufgabe liegt“. Noch stehen die Zeichen positiv, auch wenn sich Tovatt noch mehr Dichte gewünscht hätte. Meist sind es jedoch nicht die Wohnun gen, nicht die Büros, sondern eben die Zwi schenräume, die Freiflächen und die Erdge schoßzonen, die nicht funktionieren. Diese Frage wird auch in der neuen Seestadt nicht leicht zu lösen sein, insbesondere wenn man die Entscheidungen allein den Bauträ gern überlässt und darauf hofft, dass etwas Gutes passiert. Aber lässt sich Urbanität überhaupt planen? Keine leichte Frage, auch für einen Experten wie Christof Schremmer vom Österreichischen Institut für Raumpla nung. Vielleicht lasse sie sich nicht detail liert planen, aber „sie lässt sich verhindern,
Foto: (S. 12) ÖIR, beyer.co.at/ Architektur: Scheifinger + Partner, (S. 13) Iwan Baan © 2009
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und zwar in geplanter Weise“, lautet seine Antwort. Verhinderungsgründe sieht Chris tof Schremmer in Erdgeschoßzonen, die nur zweieinhalb Meter hoch sind oder die keine flexiblen Grundrisse zulassen, wenn Geh wege nicht breit genug sind oder nur aus Asphalt bestehen. In Wien herrsche das Prinzip der Zufälligkeit, „einen Gestaltungs auftrag gibt es nicht“. Stadtplaner und Ar chitekten hätten keinen Zugriff, die Politik kein Sensorium, und die Bauträgerkultur sei darauf nicht ausgerichtet. Es gebe keine Chance für Stadtbauer, die Aufgabenstel lung „Platzgestaltung“ sei nicht gefragt. Christof Schremmers provokantes Resümee zu Wien: Die Gestaltung sei C-Beamten und Würstelstandaufstellern überlassen. Anders sei es in Krems, da habe jahre lang der Stadtbauamtsdirektor Bewusstsein für Gestaltung geschaffen. Das „Viertel Zwei“ im Wiener Stadtteil Krieau betrachtet Schremmer als eines der wenigen guten Projekte. Dort sei es einer privaten Entwick lungsgesellschaft gelungen, mit dem „City
Lake“ und wohlgestalteten Grünflächen ein qualitätsvolles Business-Quartier zu kreie ren. Positivbeispiele moderner gebauter Ur banität sieht er im Umfeld von Museen: vom Centre Pompidou in Paris bis zur Tate Mo dern in London, auch das MuseumsQuartier in Wien erfüllt urbane Aufgaben. Urban sei en die achteckigen Straßenkreuzungen im Stadtraster von Barcelona, der neue Stadt teil Hammarby Sjöstad in Stockholm oder IJburg bei Amsterdam, wo öffentlicher Raum gemeinsam mit privatem Raum ge plant wird und die Grenzen zwischen öf fentlich und privat durchlässig gestaltet werden. „Urbanität braucht Funktionalität“, so Christof Schremmer, „den Nutzungsmix, die Möglichkeiten der Aneignung und Ver änderung, Bewegung – und dazu gehört auch physisches Wohlfühlen, der Maßstab oder das Ambiente.“ Deswegen kann Urba nität ganz leicht verhindert werden – „Gute Planung andererseits kann die Voraussetzun gen für die Entwicklung von Urbanität schaf fen, das Gebiet lebt aber von den dann
„The Sundeck“, einer der beliebtesten Treffpunkte auf der New Yorker „High Line“ zwischen 14. und 15. Straße.
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14 Urbane Perspektiven
Auf den Punkt gebracht
• D ie Urbanisierung hat in den vergangenen Jahrzehnten ein enormes Ausmaß angenommen. Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Metropolen.
•W as Urbanität ausmacht, sind die Zwischen- und Freiräume, Kultur und Vielfalt. Rein funktionale Planung verhindert das.
• D as rasante Wachstum
der Metropolen hat seine negativen Seiten, bietet aber auch Chancen: Bürgerbeteiligung und Sensibilisierung für den Ort.
einsetzenden Aktivitäten der jeweiligen ‚Be sitzerinnen‘ und ‚Besitzer‘.“ – Und die müss ten aktiv werden. Seit Jahren beschäftigt sich auch Chris toph Laimer mit dem Thema Stadt, zuletzt als Gründer und Chefredakteur von „dérive“, einer internationalen Zeitschrift zur Stadt forschung. Für Urbanität gebe es kein Er folgsrezept, sagt Laimer, aber aus seiner Er fahrung heraus würde er für mehr Risiko plädieren, für „ungeplante Freiflächen, die sich entwickeln, für den Verzicht auf Kon trolle, alles zu planen und mitzuentschei den“. Doch die Angst vor Kontrollverlust sei groß und ganz besonders vor all dem, was spontan entstehen könnte. „Da müsste die Stadtverwaltung mit allen ihren Vorschrif ten etwas zurückfahren und riskieren, dass etwas schiefgeht.“ Guerilla-Stadtgestaltung versus Investo renkultur? Sicherlich ein spannender An satz, denn viele kleine Initiativen zeigen, dass Brachen genutzt werden können – auch die heute bewunderten „Community Gardens“ in New York entstanden aus die sem Gedanken heraus. Wachsen oder Sterben: der Wettbewerb der Städte
FLAG/Bastien Aubry, Dimitri Broquard, Zurich No Title, Graphics, 2005
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Auch wenn die Prognosen den Metropolen ein Wachstum voraussagen, wächst keines wegs jede Stadt. Strukturschwache Regio nen kämpfen mit dem Problem der Abwan derung und folglich dem Schrumpfen ihrer Städte. Insbesondere Ostdeutschland litt unter dem Phänomen der „Shrinking Ci ties“, wie es Philipp Oswalt als Projektleiter in dem gleichnamigen Forschungsprojekt beschrieb. Bekanntestes Beispiel ist wohl Detroit: eine Geisterstadt, geprägt von Leer stand und vor allem Hoffnungslosigkeit. Dass strukturschwache Regionen aber durchaus wieder in Schwung kommen kön nen, weiß auch Christian Hanus, der Leiter des Departments für Bauen und Umwelt an der Donau-Universität Krems. In einem Ko operationsprojekt mit der Technischen Uni versität Brünn untersucht er aktuell die Ent wicklungspotenziale strukturschwacher Re gio nen am Beispiel Niederösterreichs bis Südmähren. Wichtig ist dabei für Hanus, „neue, bislang nicht gesehene Lücken für wirtschaftliche Strukturen zu erschließen“. Der häufigste Fehler sei, dass oft Potenziale
nicht definiert werden: Niedrige Immobili enkosten, niedrigere Lohnkosten und eine stressfreie Umgebung eignen sich ideal als Standort für Kliniken zu Gesundheits- und Therapiezwecken, Seminarhotels oder für Einrichtungen des altersgerechten Woh nens. Die Zukunft für strukturschwache Städte sieht Christian Hanus vor allem dar in, „Nischen zu bedienen, aktiv zu werden und Konzepte und eine Nachfrage zu er schließen“. Wird ein gezielter Bedarf ge deckt und das auch noch ökonomisch nach haltig, ist die energetische Versorgung durch erneuerbare Energien autark und sind die Lebenszykluskosten stabil, dann steht einer erfolgreichen Transformation nichts mehr im Wege. Besteht also Hoff nung für Detroit? Grundsätzlich ja, meint Architekt Hanus, wenn man interdiszipli näre Marktanalysen durchführe und sich Standortentwicklungskonzepte überlege, die eine Nachfrage erschließen. Doch Städte seien keine rein funktionel len Gefüge, speziell durch ihr baukulturel les Erbe würden sie identitätsstiftend wir ken. Diese immaterielle Dimension der
Fotos: istockphoto, (c) FLAG www.shrinkingcities.com
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Erinnerung ist ein Aspekt, der in der Debat te oft zu kurz kommt. „Köln ohne Kölner Dom wäre nicht mehr Köln, oder man den ke an die Brücke von Mostar, die wenigsten waren dort oder werden jemals hinfahren, aber ihre Zerstörung erschütterte die Welt. Baukultur hat Fernbezüge, die weit über die Stadt oder die Nation hinausgehen“, erklärt Christian Hanus. Städte haben und brau chen sie also doch, die Eigenschaften. Ihr kulturelles Erbe verleiht den Städten Cha rakter, aber auch Beständigkeit als ausglei chendes Element zum rasanten Alltag. Der äußerlichen Monopolisierung steht der Ex perte im Gegenteil skeptisch gegenüber: Das Problem ist für Hanus von einer überla gernden Größe, denn mit dem Einzug der immer gleichen Handelsketten mit den glei chen Geschäftsportalen, Grundrissen und sogar Schaufenstern würden Spezifika, Ei genheiten und auch Lebensgefühle verloren gehen. Doch wie kann diesem Problem ent gegengewirkt werden? Mit Sicherheit in der Forderung nach einer Sensibilisierung für den Ort, einer Forderung, die vielen Städten guttun würde!
Literatur Rem Koolhaas: Die Stadt ohne Eigenschaften, in: „ARCH+“ 132
Rem Koolhaas sieht hier eine eindeutige und klare Artikulation: Blick über Singapurs Benjamin Sheares Bridge.
Rem Koolhaas im Interview in: „Der Spiegel“, 50/2011 Niklas Maak: Stadt der Untoten, „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, 02. 12. 2012 Forschungsprojekt „Shrinking Cities“, Leitung: Philipp Oswalt – www.shrinkingcities.com Heinrich-Heine-Gärten – http://heinrich-heine-gaerten.de Kronprinzengärten – www.kronprinzengaerten.de Aspern – die Seestadt Wiens – www.aspern-seestadt.at Zentrum für Baukulturelles Erbe – www.donau-uni.ac.at/dbu/zbe Zeitschrift für Stadtforschung – www.derive.at Fernand Mathias Guelf: Die urbane Revolution. Henri Lefèbvres Philosophie der globalen Verstädterung. Transcript, Bielefeld 2010
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Schulterschluss von Technologie und Planung Dieter Spath leitet die großangelegte MorgenstadtInitiative der FraunhoferGesellschaft. upgrade hat mit ihm über die Bewältigung urbaner Zukunft gesprochen und was die nötigen Voraus setzungen dafür sind. Von Roman Tronner
upgrade: Warum gibt es die MorgenstadtInitiative, und was ist ihr Ziel? Dieter Spath: Immer mehr Menschen streben in die Stadt, international in ganz extremer Weise, etwa in Asiens Megacities, aber auch bei uns in Good old Europe. Wenn wir nicht wollen, dass in den Städten durch noch mehr Verdichtung alles Positive wie Kultur und Kommunikation unter Problemen wie Umweltverschmutzung, Lärm, Alten- und Kinderfeindlichkeit oder dem Verkehr leidet, müssen wir ein besseres Leben und Arbeiten in Städten ermöglichen. Die andere Prämisse unseres Zukunftsprojekts ist: zu lernen, um nachhaltige Lösungen für lebenswerte Städte von morgen in interna tionalen Märkten anzubieten. upgrade: Welchen Stellenwert hat die Technologie in den einzelnen Projekten? Spath: Auf dem Weg zu positiver Urbanität gibt es eine Reihe technologischer Chancen, die dringend mit der Städteplanung
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„Wir müssen die Prozesse in den Städten analysieren, und wir müssen es schaffen, die Bürger so einzubeziehen, dass tragfähige Leitbilder entstehen.“
Foto: Jörg Bakschas, Headroom Consult © Fraunhofer IAO
in Verbindung kommen müssen. Die drei wichtigsten: alles, was wir in Deutschland unter dem Begriff Energiewende-Technologie subsumieren, zweitens die Chancen der Elektromobilität und drittens die Leistungsfähigkeit mobilen drahtlosen Internets. Die stark etablierte Städteplanung hat an diesen technologischen Themen bisher noch nicht richtig Anteil genommen, umgekehrt versteht das Technologiemanagement nichts von Städteplanung. Deshalb ist entscheidend, dass es zum Schulterschluss kommt. Darum haben wir neben der MorgenstadtInitiative als Systemforschung der Fraunhofer-Gesellschaft auch die „Nationale Plattform Zukunftsstadt“ mit den zuständigen Ministerien ins Leben gerufen. upgrade: Die Morgenstadt-Initiative fokussiert auf ein breites Spektrum städtischer Entwicklung, von Energie über Mobilität bis Produktion und Sicherheit. Ist Hochtechnologie immer die Lösung? Spath: Die Initiative scheint breit angelegt, ist aber fokussiert auf die Verknüpfung der Themen. Es braucht ein integriertes Technologiemanagement. Man kann zum Beispiel das Thema Elektromobilität nicht zu Ende denken, wenn man nicht die Ladestationen für Elektromobile einbezieht. Wir können natürlich nicht alles mit Hightech allein lösen. Es gibt in diesem Zusammenhang auch eine Menge gesellschaftspolitischer Fragen. Um Chancen zu nützen, muss man erst einmal ein je nach Stadt ganz individuelles Bild zugrunde legen, wie Leben und Arbeiten im urbanen Raum in Zukunft ausschauen soll. Wir müssen die Prozesse in den Städten analysieren, uns dann überlegen, wie wir mit neuen technischen Möglichkeiten von heute nach morgen kommen. Wir müssen
es schaffen, die Bürger so einzubeziehen, dass tragfähige Leitbilder entstehen. Jede Stadt sollte einen Strategieprozess für den Wirtschafts- und den Lebensraum führen und diesen den Bürgern und Unternehmen kommunizieren. upgrade: Wo liegt für Sie der zentrale Hebel, den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Morgenstadt-Stadt effektiv zu gestalten? Spath: Täglich Millionen Menschen vom Wohn- ins Arbeitsghetto zu transportieren und wieder zurück ist weder ökologisch noch zeitökonomisch vernünftig. Wenn Menschen näher am Arbeitsort sind, sind wir viel flexibler und wettbewerbsfähiger. Daher ist auch urbane Produktion ein wichtiges Element in unserem Konzept. Das heißt nicht, Schwerindustrie mitten in der City, sondern moderne, umweltfreundliche Produktion in stadtverträglichen Einheiten. Für die Raumplanung heißt das: Wir werden eher Quartiersdezentralisierung bekommen, wo wir Leben und Arbeiten besser miteinander verheiraten können, ohne aber charakteristische Stadtzentren zu zergliedern. upgrade: Ein Blick in die Zukunft: Was sind die drei wichtigsten Charakteristika der Morgen-Städte? Spath: Ganz vorne steht eine gute lebenswerte Umweltsituation. Die Morgen-Städte zeichnet aus, dass sie beinahe CO2-frei, ressourcen- und energieeffizient sind. Zweitens die Kurzwegigkeit, also die Integration von Leben und Arbeiten. Und drittens eine kommunikative Vernetzung von Beteiligten in der Stadt, zum Beispiel bei der inter modalen Wegebewältigung.
Dieter Spath Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Dr. h.c. Dieter Spath leitet die Morgenstadt- Initiative der FraunhoferGesellschaft. Seit 2002 ist er zudem Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart. Spath ist Vizepräsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (akatec) und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande für herausragende Verdienste um Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland.
MorgenstadtInitiative Die Morgenstadt-Initiative bündelt die Kompetenzen von zahlreichen FraunhoferInstituten für nachhaltige, lebenswerte und wandlungsfähige Städte der Zukunft. Langfristiges Ziel ist die Entwicklung eines offenen Systemforschungsansatzes gemeinsam mit weiteren Akteuren aus Industrie, Forschung, Kommunen und Gesellschaft für unterschiedliche Stadtsysteme und neue Konzepte für relevante Technologien, Prozesse und Wertschöpfungsmodelle. Im März 2013 startete die „Nationale Plattform Zukunftsstadt“ der Initiative, die in die HightechStrategie 2020 der deutschen Bundesregierung eingebettet ist.
www.morgenstadt. de
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Zahlen & Fakten Anteil der Stadtbevölkerung
Megacities
in Mio.
Das Zeitalter der Städte
359 (9,4 %) 3.500
Natürlich gibt es auch schrumpfende Städte – Detroit war
zuletzt in aller Munde, und Europa kennt sie ebenso, beispielsweise in Ostdeutschland. Der globale Megatrend lautet aber: Verstädterung und immer mehr Megacities mit über 30 Millionen Menschen. In der größten Metropolregion der Welt, Tokyo, leben bereits heute an die 36 Millionen Menschen. Bis 2015 soll es bereits 22 Städte weltweit mit mehr als zehn Millionen Einwohnern geben. Für 2050 werden 60 bis 100 vorausgesagt. Bereits 2007 lebte mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, 2050 sollen es 70 Prozent sein, in Europa sogar 85 Prozent. Das bedeutet enorme Herausforderungen für die Versorgung mit Ressourcen wie Wasser, Nahrungsmitteln und Energie, aber auch Chancen: Die so genannte Bettencourt-Regel besagt: Pro Verdoppelung der Einwohnerzahl einer Stadt steigen Einkommen, Konsum und Innovation pro Kopf um etwa 15 Prozent. Sie wachsen beständig und werden mehr, die Städte unseres Planeten. Jene in Europa sind bei dieser Entwicklung nur unter „ferner liefen“, obwohl auch sie seit einigen Jahren teils kräftig wachsen.
3.000
293 (9,3 %) 204 (6.5 %)
2.500
Städte mit mehr als 10 Mio.
273 (7.1 %) 910 (23,8 %)
5 bis 10 Mio.
713 (22,6 %) 1 bis 5 Mio.
347 (9,1 %)
2.000 318 (10,1 %) 1.500
0,5 bis 1 Mio.
1.930 (50, 5 %)
1.622 (51,5 %) weniger als 0,5 Mio.
1.000
500
0 2005
Quelle: Mega, Voula (2010): Sustainable Cities for the Third Millennium, Springer; Bundeszentrale für politische Bildung; div. UN-Berichte
2015
Verteilung der städtischen Bevölkerung nach Stadtgrößen, 2005 und 2015 Quelle: UN, Department of Economic and Social Affairs, Population Division, 2006
Slumentwicklung weltweit
2001–2015
Westasien 108 64 (37,2 %)
Mit dem Wachstum der Städte wachsen die Slums – vor allem in den Ent wicklungsländern. Laut UN-Prognose könnten dort 2015 fast 42 Prozent der städtischen Bevölkerung in Slums leben.
Südostasien 252 69 (21,5 %) Süd- und Zentralasien 292 345 (54,2 %) ostasien 571 267 (31,9 %) Lateinamerika und Karibik 357 153 (30 %) afrika südlich der Sahara 60 313 (83,9 %) Nordafrika 104 21 (16,8 %) EntwicklungsLänder 1.670 1.200 (41,8 %)
städtische Bevölkerung 2001
Welt 2.550 1.270 (33,2 %) Angaben in Mio.
Quelle: UN: World Urbanization Prospects: The 2001 Revision; UN-Habitat, Global Urban Observatory, 2005
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städtische Bevölkerung 2015 Slum-Bevölkerung 2015
Entwickelte Länder 882 63 (6,7%)
Slum-Bevölkerung 2001
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Stadttypologien
Junges altes Österreich
Daten in Kürze Lehm-, Bretter-, Wellblechwohnungen
Österreich ist von städtischen Strukturen geprägt, hinsichtlich der Größenordnung gelten hierzulande aber andere Maßstäbe als in der globalen Perspektive. Dennoch: Viele Städte wachsen auch in der Alpenrepublik, allen voran Wien, das in den vergangenen Jahren jährlich um die Größe einer Kleinstadt zulegte, zuletzt von 2011 auf 2012 um 17.000 Menschen. Interessant ist aber, dass trotz des laut Statistik Austria prognostizierten Bevölkerungswachstums für Österreich die Republik immer älter wird: Gibt es heute rund 18 Prozent 65plus-Jährige, sollen es 2050 um 10 Prozent mehr sein. Wie die Karte des Österreichischen Instituts für Raumplanung zeigt, überwiegen bei österreichischen Klein- und Mittelstädten bis 27.000 Einwohnern jene mit tendenziell junger Bevölkerung. Sie liegen aber fast zur Gänze nördlich des Alpenhauptkamms.
Tschad Bangladesch Bolivien Indonesien
Quelle: ÖIR 2013, Projekt DemoSmart, gefördert aus Mitteln des Klima- und Energiefonds
Sanitär unversorgte Städter
Stadttypologie Demosmart ●
schrumpfende kleine bis mittlere Stadt
●
stagnierende kleine bis mittlere Stadt
●
wachsende größere Stadt
●
wachsende junge kleine bis mittlere Stadt
●
wachsende ältere kleine bis mittlere Stadt
Wirtschaftsturbo
Migration belebt Laut jüngster Statistik leben 62 Prozent der Menschen mit ausländischem
Pass oder Geburtsort in Städten mit mindestens 20.000 Einwohnern. In Wien leben allein 40 Prozent. Wie eine Erhebung gezeigt hat, beleben Migranten dort die städtische Wirtschaft. In der Bundeshauptstadt machen Unternehmer mit Migrationshintergrund bereits rund 30 Prozent aus. In Wien haben sie 2011 eine Wertschöpfung von 640 Millionen Euro erwirtschaftet. Durch ihre Kontakte in die früheren Heimatländer stärken sie die internationalen Verbindungen des Wirtschaftslebens. Menschen mit ausländischem Pass oder Geburtsort in Österreich leben zu 40 Prozent in Wien. Unternehmer mit Migrationshintergrund tragen maßgeblich zur Wertschöpfung bei.
95 % 74 % 72 % 30 %
Sauberes Trinkwasser in der Stadt Weltweit Asien Lateinamerika/Karib. Afrika südl. d. Sahara
92 % > 91 % 95 % 82 %
Afrika südl. d. Sahara Lateinamerika/Karib. Ostasien Südasien
45 % 16 % 31 % 33 %
Verkehrsmittelwahl Seoul/Südkorea 23,8 Mio. EW 2010 Auto 20 % Öffi 71 % Andere 9% Dhaka/Bangladesch 11,5 Mio. EW 2005 Auto 5% Öffi 9% Andere 86 % Lagos/Nigeria 10,4 Mio. EW 2012 Auto 51 % Öffi 48 % Andere k. A. Sao Paulo/Brasilien 20,5 Mio. EW 2010 Auto 42 % Öffi 43 % Andere 15 %
Die (un)lebenswertesten Städte der Welt Rang 1: Wien Rang 2: Zürich Rang 3: Auckland Letzter Rang (221): Bagdad Quellen: UN-HABITAT, 2005/06/07, 2007, in: Bundeszentrale für politische Bildung, Dossier Megastädte, www.bpb.de,Wikipedia, Mercer-Studie Quality of Living Ranking 2012
Quellen: Statistik Austria, Migration & Integration, Statistisches Jahrbuch 2013; Mingo, Start-up-Initiative der Wirtschaftsagentur Wien, 2013
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20 Migration
Rot-weiß-bunte Städte Zuwanderung kann besonders für Ballungsräume kulturelle und wirtschaftliche Potenziale bringen. Doch Experten sind sich einig: Für ein friedliches Miteinander bedarf es einer aktiven Integrationspolitik. Von Clara Akinyosoye
Rund um den Yppenplatz in Ottakring, dem 16. Wiener Gemeindebezirk, hat sich ein bunter und boomender Stadtteil entwickelt.
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21
Foto: Zara Pfeifer, Illustration: Kussin
D
as städtische Theater musste schließen, unzählige Immobilien standen leer, und ganze Wohn viertel wurden so baufällig, dass die Nationalgarde viele Mietblocks abriss. Denn in Utica, einer Stadt im US-Bundes staat New York, wanderten viele Menschen ab, nachdem die größten Arbeitgeber der Stadt in Konkurs gegangen waren. Von 120.000 Einwohnern leben jetzt nur noch etwa 65.000 Menschen in der Stadt. 10.000 davon sind Flüchtlinge, darunter viele aus Vietnam und später aus Russland und Bos nien-Herzegowina, und eben die verhalfen Utica seit den 1970ern wieder zu neuem Glanz. Sie kauften billige Immobilien, eröff neten Friseurläden, Cafés und Restaurants, bauten Moscheen und Tempel. Das städti sche Theater konnte wiedereröffnet wer den, Mietblocks wurden saniert, und neue Unternehmen siedelten sich in Utica an. Die Stadt hat sich längst als Paradies für Migran ten positioniert. Mehrsprachigkeit und kul turelle Vielfalt werden hochgehalten. Mit der Frage, wie sich Städte verändern und welche Rolle Migranten bei der Positio nierung einnehmen, beschäftigt sich ein in ternationales Forschungsteam im Projekt „Cityscalers“. Untersucht werden die Haupt städte Wien, Berlin und Budapest sowie die Kulturhauptstädte Essen, Linz, Marseille und Pécs. Interessant sei die Frage, wie kul turelle Vielfalt als Marke eingesetzt werde, sagt Florian Huber, Soziologe an der Univer sität Wien und Forschungsmitarbeiter im Projekt. „Mit Pécs, Essen und Marseille ha ben wir drei ehemalige Industriestädte, die durch die Öl- und Stahlkrise in den 1970er und 80er Jahren beziehungsweise durch
den Fall des Eisernen Vorhangs an Bedeu tung eingebüßt haben.“ Die Städte hätten sich aber über Kultur neu definiert. So sei auch in Linz seit langem die Abkehr von der „eindimensionalen Industrieschiene“ hin zur Etablierung als Kulturstadt zu bemer ken. Dass Migranten in der Linzer Kultur szene eine Rolle spielen, sei in der Bewer bung für die Kulturhauptstadt 2009 im Grunde ausgeblendet worden, erklärt Hu ber. Im Unterschied zu Linz positioniere sich Wien internationaler und würde auch im Tourismus mehr auf die kulturelle Viel falt hinweisen. Bevölkerungswachstum durch Migration Die österreichische Bevölkerung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Lebten 1961 lediglich 100.000 Menschen mit einer nichtösterreichischen Staatsbürger schaft in Österreich, stieg die Zahl durch die gezielte Anwerbung von Arbeitskräften aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei bis 1974 auf 311.700 oder 4,1 Prozent der damaligen Gesamtbevölkerung an. Am 1. Jänner 2013 lebten über eine Million aus ländische Staatsangehörige in Österreich, das entspricht einem Anteil von 11,9 Pro zent an der Gesamtbevölkerung. Menschen mit Migrationshintergrund, also im Ausland geborene Zuwanderer und deren hier zur Welt gekommene Kinder, machen derzeit rund 1,58 Millionen oder 18,9 Prozent von Österreichs Bevölkerung aus. Den Großteil der Migranten zieht es in die Städte – gerade wegen der Job- und Bil dungsmöglichkeiten sowie bereits beste hender Netzwerke. 62 Prozent der
Auf den Punkt gebracht
•M igranten spielen im Wandel der Städte eine große Rolle. Kulturelle Vielfalt zählt als Anziehungspunkt.
• Z uwanderung stabilisiert die
demografische Entwicklung und ist auch ein bedeutender wirtschaftlicher Faktor.
• I ntegrationspolitik bedeutet, sich der Chancen der Zuwanderung bewusst zu werden. Arbeit, Bildung und Wohnen sind dabei die zentralen Themen.
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22 Migration
Florian Huber Dr. Florian Huber forscht derzeit im Rahmen des vom Wiener Wissenschafts-, Forschungsund Technologiefonds (WWTF) geförderten Projekts „Cityscalers“ am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien. Er unterrichtet an der Universität Wien und an der FH Campus Wien. Außerdem ist Huber Gründungsmitglied der Sektion Soziale Ungleichheit in der Österreichischen Gesellschaft für Soziologie.
In Wien machen Unter nehmer mit Migrationshintergrund bereits rund 30 Prozent aus.
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Menschen mit ausländischem Pass oder Ge burtsort leben in Städten mit mindestens 20.000 Einwohnern. Angesichts des demo grafischen Wandels hat Zuwanderung für die Städte eine stabilisierende Funktion für die Bevölkerungsentwicklung bekommen. Migranten sind auch durch ihre Arbeitskraft – etwa im Gesundheitsbereich, der Gastro nomie oder der Bauwirtschaft – ein nicht zu leugnender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung der Städte. Städtische Integrationspolitik Kein Wunder also, dass sich langsam immer mehr Städte – zwar verspätet, aber doch – der Herausforderungen und Chancen von Zuwanderung bewusst werden. Der Öster reichische Städtebund rief 2008 einen Fach ausschuss für Integration ins Leben und gab sogleich eine Umfrage zu Integrationsleit bildern und Integrationsbeiräten in Auftrag. Die vom Europaforum Wien durchgeführte Umfrage unter 94 Städten ergab, dass so wohl größere Städte als auch Klein- und Mittelstädte verstärkt Aktivitäten im Inte grationsbereich setzen. So sind Wörgl, Sto ckerau, Wien, Linz oder Mattersburg nur einige von mehreren, die bereits Integra tionsleitbilder entwickelt haben, um Ziele und Maßnahmen im Integrationsbereich zu
definieren und zu skizzieren. Dornbirn ent wickelte 2002 als erste österreichische Stadt ein Integrationsleitbild. Aber auch Städte ohne Integrationsleitbild wie Attnang-Puch heim oder Vöcklabruck setzen Aktivitäten und haben Integrationsbeiräte oder Fach stellen für Integration eingerichtet. Wohnintegration bedingt Arbeitsmarktintegration Ein Thema, das in den Integrationsleitbil dern neben Bildung und Arbeit immer wie der Beachtung findet, ist das Wohnen. Da bei stehen sowohl die Frage nach einer gleichmäßigen Verteilung von Migranten in der Stadt als auch das konfliktfreie Mit einander im Fokus der Bemühungen. Eine „Gleichverteilung“ von Zuwanderern könne es aber nicht geben, sagt Josef Kohlbacher, stellvertretender Direktor des Instituts für Stadt- und Regionalforschung der Österrei chischen Akademie der Wissenschaften. Und gezielt lenken, wo sich ein Migrant eine Wohnung nimmt, könne man ohnehin kaum. „Denn die Positionierung auf dem Wohnungsmarkt ist eine logische Konse quenz der Stellung auf dem Arbeitsmarkt.“ Kohlbacher verweist auf einen gescheiter ten Versuch der Frankfurter Stadtverwal tung für den kommunalen Wohnbau. „Es
23
Josef Kohlbacher
Fotos: stockphoto, Martin Baumann, ISR, Zara Pfeifer
MMag. DDr. Josef Kohlbacher ist seit 2006 stellvertretender Direktor des Instituts für Stadtund Regionalforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Kohlbacher hat zahlreiche Publikationen zu Aspekten von Migration und Stadt veröffentlicht. Seine Forschungsschwerpunkte sind Integration von Migranten auf dem Wohnungsmarkt, inter ethnische Beziehungen im lokalen und nachbarschaftlichen Kontext, Ost-West-Migration und ethnische Ökonomien im urbanen Kontext.
Der Marktplatz als prägnantes Symbol der Stadt. Stoffhändler am Wiener Brunnenmarkt.
sollten nicht mehr als 30 Prozent Menschen mit Migrationshintergrund in einem Wohn haus leben. Aber in der Praxis war die Quo te wahnsinnig schwer einzuhalten.“ Mittler weile sei man von diesem Versuch wieder abgegangen. Migranten sind nach wie vor beruflich schlechtergestellt als autochthone Österreicher. Hier müsse man an den Schrau ben drehen. Sie haben im Durch schnitt ein geringeres Einkommen, ein beachtlicher Teil müsse sich trotz eines „in länderanalogen Bildungsniveaus mit dequa li fizierenden Berufspositionen begnügen“, meint Kohlbacher. Migranten verfügen über durchschnittlich ein Drittel weniger Wohn fläche pro Kopf als Einheimische. Und der Anteil des Haushaltseinkommens, der für die Wohnkosten ausgegeben werden muss, ist überdurchschnittlich hoch. Auch für Margarete Czerny, Wohnexper tin und wissenschaftliche Projektleiterin des Departments für Migration und Globali sierung an der Donau-Universität Krems, ist die Wohnfrage eng an die Einkommensfra ge gekoppelt. „Es gibt zu wenig leistbaren Wohnraum.“ Den zu schaffen und bereits präventiv Konfliktarbeit zu leisten sei eine der Kernaufgaben, wenn es um Wohninte gration geht. Hier könne der soziale Wohn bau eine wichtige Rolle spielen, und er tut
es auch. Es gebe bereits viele positive BestPractice-Beispiele, wie Städte konstruktiv mit den neuen Gegebenheiten im Wohn umfeld umgehen, doch sie müssten flächen deckend angeboten werden, fordert Czerny. „Da wären etwa einige geförderte, gut funktionierende interkulturelle Wohnpro jekte, die darauf angelegt sind, dass Men schen mit und ohne Migrationshintergrund miteinander in einer Wohnhausanlage le ben.“ In Wien etwa leisten die „wohnpart ner“ seit einigen Jahren wichtige Integrati onsarbeit im Gemeindebau, meint Czerny. Sie sind mit Konfliktarbeit, aber auch mit Vernetzungsarbeit betraut. So organisieren die „wohnpartner“ etwa Veranstaltungen, um Begegnungen zwischen den Mietern zu fördern. Das ins Leben gerufene Projekt „Willkommen Nachbar“ zielt darauf ab, dass neue Mieter schnell Anschluss finden. Sensibles Wohnmanagement Aber auch in kleineren Städten ist man nicht untätig geblieben. So führt die Wohnplatt form der Stadt Ansfelden in Oberösterreich im Rahmen der Initiative „Auf gute Nach barschaft“ das Projekt „Ansfelden Miteinan der – Vielfalt leben und miteinander gestal ten“ durch. Ziel ist es, das Zusammenleben im Stadtteil Haid mit Hilfe von geschulten Mediatoren nachhaltig zu verbessern, in dem Konflikte abgebaut werden. Denn dass es die gibt, ist unbestreitbar. Allerdings sei en diese Konflikte grundsätzlich primär so ziale und nicht ethnische, sagt Tania Berger, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Depart ments für Migration und Globalisierung an der Donau-Universität Krems. „Die einen wollen spielen und machen Lärm, die ande ren wollen ihre Ruhe.“ Das sei letztlich ein Problem der Dichte. „Irgendwann kommt es zu Streitereien.“ Es braucht also Konzepte, bei denen ein Miteinander möglich wird, sagt Berger. Solche Konzepte und das Know-how für ihre Entwicklung soll der mit Herbst startende neue Lehrgang der DonauUniversität Krems, „Migrationssensibles Wohn management“, bieten. Er richtet sich besonders an sozial engagierte Personen, Hausverwaltungen, kommunale Verwaltun gen sowie an private und gemeinnützige Wohnbauträger und Immobilienverwalter. „In vielen größeren Wohnsiedlungen gibt es stark einzementierte Gruppen, die
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24 Migration
Nachbarn: Szenetreff „An-Do“ und das Gasthaus Müller.
nicht mehr bereit sind, miteinander zu re den“, sagt Berger, und mit der Schlichtung diverser Konflikte sei ein wirtschaftlicher Aufwand verbunden. In den Hausverwal tungen würden bereits bis zu 17 Prozent der Jahresarbeitszeit für Konflikt- und Sozial management aufgebracht. Was kostet Nicht-Integration?
Tania Berger DI Dr. Tania Berger ist ausgebildete Architektin und promovierte Bautechnikerin. Berger baut derzeit am Department für Migration und Globalisierung der Donau-Universität Krems den Fachbereich „Social Housing“ auf, der sich auf nationaler Ebene mit Integration im Wohnen und im internationalen Kontext mit Urbanisierungspro zessen befasst.
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Wie teuer fehlende Integrationsmaßnahmen sein können, zeigt auch eine Studie des Zentrums für Soziale Innovation. Wenn Mi granten ihren Qualifikationen entsprechend angestellt sind und die zweite Generation bessere Aufstiegschancen hat, würden Bund, Länder und Gemeinden erheblich profitieren. Die Zahlen sprechen für sich: Der Soziologe und Arbeitsmarktexperte Au gust Gächter errechnete für die Kommunen ein zusätzliches Plus an Einnahmen von 1,35 Milliarden Euro jährlich. Eingerechnet ist etwa neben Mehreinnahmen durch Steu ern auch, was sich Kommunen an Sozial kosten für Geringverdiener und Beschäfti gungslose ersparen würden. Einen nicht unerheblichen Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich stellen immer mehr auch die ethnischen Ökonomi
en dar, also Unternehmen, die von Men schen mit Migrationshintergrund gegründet worden sind. Derzeit gibt es rund 41.000 Selbständige mit Migrationshintergrund. Die Heterogenität ist groß, denn die Unter nehmer haben Staatsbürgerschaften aus rund 90 verschiedenen Ländern. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Selb ständigen liegt in den meisten Bundeslän dern zwischen acht und zehn Prozent. Laut Mingo, der Start-up-Initiative der Wirt schaftsagentur Wien, machen Unternehmer mit Migrationshintergrund in der Bundes hauptstadt bereits rund 30 Prozent aus. Sie haben oftmals eine höhere Exportquote als Unternehmen ohne internationalen Hinter grund, was auf gute Verbindungen in ihre ehemaligen Heimatländer und gute Kennt nisse der jeweiligen Kultur und Sprache zu rückzuführen ist. Zudem haben sich etwa die türkischen Lebensmittelhändler bereits als Nahversorger etabliert und werden von der heimischen Bevölkerung zu einem großen Teil sehr geschätzt, heißt es in der Studie „Entrepreneurship von Personen mit Migrationshintergrund“, die vom AMS in Auftrag gegeben und vom Institut für Bil dungsforschung der Wirtschaft, der KMU
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Fotos: DUK/Reischer (2), Zara Pfeifer
Multikulturelle Viertel fördern die Integration, bergen aber auch Konflikte.
Forschung Austria und der Unternehmensund Projektberatung Soll & Haberfellner durchgeführt wurde. Außerdem: Rund ein Viertel der Betriebe sind 1-Personen-Unter nehmen, aber in etwa der Hälfte aller Be triebe arbeiten bis zu neun Beschäftigte. Sowohl Migranten als auch Österreicher fin den dort Arbeit. Prognosen zufolge wird Zuwanderung auch weiterhin die maßgebende Kompo nente der heimischen Bevölkerungsent wicklung sein. Bis 2030 könnte Österreich die 9-Millionen-Einwohner-Grenze errei chen. Ohne Wanderungsgewinne hingegen würde die Bevölkerung bereits bis 2030 von 8,4 auf 8,3 Millionen Menschen schrump fen. Experten sind sich einig, dass es für das Erkennen und Nutzen der Potenziale, die Zuwanderung mit sich bringt, gezielter Inte grationsmaßnahmen bedarf. Aber wie sich eine Stadt diesbezüglich positioniert und ent wickelt, hängt letztlich davon ab, ob Multi kulturalität als eine Bedrohung oder Bereicherung wahrgenommen wird. In Uti ca hat die Politik bereits eine Antwort auf diese Frage gefunden: In einem Zeitungsbe richt bekannte der stellvertretende Bürger meister: „Utica liebt Flüchtlinge.“
Literatur und links Forschungsprojekt „Cityscalers“ http://cityscalers.wordpress.com Studienangebot Migrationssensibles Wohnmanage ment, www.donau-uni.ac.at/mig/wohnen Statistisches Jahrbuch Migration & Integration 2013 www.integrationsfonds.at/zahlen_und_fakten/ statistisches_jahrbuch_2013 Städtebund – Themenfeld Integration und Migration www.staedtebund.gv.at/de/themenfelder/integrationund-migration.html Studie: Kosten unzureichender sozialer Integration von EinwanderInnen. August Gächter – Zentrum für Soziale Innovation www.staedtebund.gv.at/fileadmin/USERDATA/Service/ Dokumente/studie_oestb_unzureichende_integra tion2_01.pdf Dossier Integrationsleitbilder und Integrationsbeiräte österreichischer Städte. Europaforum Wien www.europaforum.or.at/index.php?id=67 Entrepreneurship von Personen mit Migrations hintergrund. Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft, KMU Forschung Austria und Soll&Haberfellner, www.ibw.at/html/ex_berichte/ entrepreneurship_migrationshintergrund_eb.pdf
Margarete Czerny Dr. Margarete Czerny ist wissenschaftliche Projektleiterin am Department für Migration und Globalisierung der DonauUniversität Krems. Sie leitet den wissenschaft lichen Beirat der unab hängigen Nachhaltigkeitsinitiative „Umwelt und Bauen“ und berät Regierungsstellen zu bau- und wohnwirtschaftlichen Themen. Czerny war langjährige Expertin am Österreichischen Institut für Wirtschafts forschung und Mitbegründerin des Europäischen Bauforschungsnetzwerks „Euroconstruct“.
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26 Interview
Individuelles Lernen war gestern Der Stadtforscher Ian Banerjee erzählt, warum wir neue Kulturen des kollektiven Lernens brauchen, weshalb sich Stadtplanung stärker mit Bildungsplanung verschränken sollte und wie wichtig Ökosysteme des Lernens sind. Von Ingrid Ladner
upgrade: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Stadtplanung und Bildung? Ian Banerjee: Grundsätzlich geht es um zwei Fragen. Erstens, wie können wir opti male Bedingungen des Lernens schaffen im städtischen Raum? Und zweitens, wie können Stadträume sozusagen selbst ler nen? Bei Ersterem geht es nicht nur um eine optimale Versorgung der Bevölkerung mit guten Bildungsmöglichkeiten, sondern auch darum, wie Menschen dazu motiviert wer den können, sich mit Weiterbildung inten siver zu beschäftigen. Dafür brauchen wir anregende räumlich-psychologische Impul se. Bei der Frage des Selbstlernens geht es um die Fähigkeit des kollektiven Lernens der städtischen Gesellschaft. Dazu gehört auch das Lernen von anderen Städten. upgrade: Wie kann man sich das kollektive Lernen vorstellen? Banerjee: Ob es sich um ältere Konzepte der „Learning Cities“ oder um neuere Lern modelle wie „Living Labs“ handelt, grund sätzlich lautet die Frage: Wie können wir durch kollektive Lernprozesse mit Akteuren aus dem Bildungssektor, dem privaten Sek tor, dem öffentlichen Sektor und der Zivil gesellschaft, also durch MultistakeholderLernprozesse, Innovationen schaffen? Um den Herausforderungen der Zukunft besser begegnen und neue Potenziale besser nut zen zu können, reicht das individuelle Ler nen nicht aus. Wir müssen neue Kulturen des kollektiven Lernens entwickeln.
upgrade: Welche Stadträume braucht die Bildungs- und Wissensgesellschaft? Banerjee: Stadträume brauchen eine Atmo sphäre von Kreativität, ein freundliches Kli ma für Business, besondere Orte der Begeg nung und viele freie Internetzugänge. Mit zum Erfolg von Silicon Valley beigetragen haben die zahlreichen Cafés und Bars, wo sich Hunderte von Menschen täglich begeg nen. Visionäre Techniker, innovative Ge schäftsleute und risikofreudige Investoren trinken gemeinsam Bier und tauschen sich
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27
„Nach haltigkeit, Innovation und Inklusion werden die wichtigsten Eckpfeiler von Stadtplanung sein.“
Fotos: Astrid Bartl
Ian Banerjee DI Ian Banerjee ist Stadtforscher mit den Schwerpunkten urbane Innovationen und Bildung an der Technischen Universität Wien. Er wurde in Kalkutta geboren und wuchs unter anderem in Lagos und Bangalore auf. Für 3sat und den ORF hat er an Dokumentarfilmen über urbane Projekte weltweit mitgearbeitet. Banerjee betreibt den Blog Educational Urbanism und arbeitet derzeit an einer interaktiven Publi kation über das Lernen im 21. Jahrhundert.
aus. Silicon Valley ist auch ein Ökosystem des Lernens. Solche Systeme bestehen aus dichten, überlappenden Netzen von Akteu ren, die in wechselnden Rollen als Produ zenten oder Konsumenten von Wissen in ständiger Wechselwirkung stehen. Stadträu me können die Bildung solcher „Ökologien des Lernens“ ermöglichen. upgrade: Was machen andere Metropolen? Banerjee: Da gibt es viele Beispiele. Sin gapur etwa baut ein 200 Hektar großes Stadtviertel für hochwertige Hightech-Un ternehmen. Der Werbeslogan lautet: „Live, learn, work, play“. Das Konzept geht davon aus, dass Wissensarbeiter in Städten leben und arbeiten wollen, die global orientiert sind, die 24 Stunden vor Leben pulsieren, die coole Apartments haben, die viele Mög lichkeiten für lebenslanges Lernen anbie ten und die durch die physische Nähe der Unternehmen enge Kontakte untereinander pflegen können. Das umreißt so ziemlich genau die globalisierte Vision für Räume der neuen Wissensökonomie. upgrade: Wie sieht das bei den Smart Cities aus, die nun im großen Stil geplant werden? Banerjee: Das technologiebasierte SmartCity-Konzept hat sich weltweit so stark durchgesetzt, weil der Markt dafür unglaub lich groß ist. Es hat natürlich gute Seiten, aber die Gefahr ist, dass die ungeheure Komplexität einer großen Stadt auf ein rela tiv einfaches „Internet of Things“ reduziert wird. Detroit etwa, die gerade in Konkurs gegangene ehemalige Vorzeigestadt der Auto industrie, ist dabei, sich von unten nach oben neu zu erfinden, mit unzähligen Start-ups von sozial orientierten Unterneh mern. Als Antithese zu Silicon Valley wird die Stadt heute bereits als Social Valley be zeichnet. Aber erscheint Detroit auf dem Radar der Smart Cities? Ich glaube nicht. upgrade: Welchen Beitrag können Stadt planer leisten? Banerjee: Das wird davon abhängen, wel chen Dynamiken die jeweiligen Städte un terworfen sind und in welche Richtung sie sich entwickeln wollen. Asien wird in den nächsten 20 Jahren um eine Milliarde Men schen wachsen. Diese Städte brauchen ganz andere Entwicklungskonzepte und Lernkul
turen als etwa die vielen schrumpfenden Städte im Westen. Ich glaube aber, dass beide Stadttypen eines gemeinsam haben werden: die Intensivierung der Lernprozes se zwischen den verschiedenen Akteuren der Stadt. Stadtplaner können diese Lern prozesse nicht verordnen – sie können nur Bedingungen schaffen, damit sie stattfinden können. Ihre Aufgabe wäre dann, das kol lektive Lernen durch informelle Lernnetz werke für unterschiedliche Wirkungsfelder zu initiieren und zu unterstützen. Die Städte der Zukunft werden nicht mehr von mächti gen Herrschern gebaut, sondern von vielen kleinen Akteuren, die technologisch versiert und sozial vernetzt sind. Nachhaltigkeit, In novation und Inklusion werden die wich tigsten Eckpfeiler von Stadtplanung sein. upgrade: Welche Rolle spielen Schulen im urbanen Raum? Gibt es innovative Beispiele? Banerjee: Nach 600 Jahren bekommt das Modell des Klassenzimmers weltweit ernst hafte Konkurrenz. Singapur arbeitet an ei nem virtuell-realen Klassenzimmer: Schüler halten sich vermehrt in den öffentlichen Räumen der Stadt auf – wo ganz andere For men des Lernens stattfinden können. Bra silien baut 32.000 „Nachbarschaftsschulen“, wo Lehrer, Schüler und ihre Familien ge meinsam ihre Lernprogramme entwickeln. In Köln entsteht gerade ein ganzes Stadt viertel, wo Schulen in ein Netz von sozialen Infra strukturen eingebettet sind. Die Kin der tauchen so in eine ganze Lernlandschaft ein. Bildungsplanung und Stadtplanung ha ben sich hier vorbildlich verschränkt. Ich nenne es „Educational Urbanism“. upgrade: Universitäten prägen Stadtbilder seit je. Wie sieht ihre Zukunft aus? Banerjee: Die Universitäten des 21. Jahr hunderts werden wichtige Knotenpunkte zukünftiger Lernlandschaften sein. Hier können Konzepte der Zukunft offen und in terdisziplinär diskutiert werden. Sie müssen es schaffen, Orte zu werden, wo Stadtbürger ein und aus gehen und aktiv am intellek tuellen Diskurs teilnehmen können. Come nius, der große Pädagoge des 17. Jahrhun derts, bezeichnete Bildungseinrichtungen als „Stätten der Menschlichkeit“. Ich hoffe, dass dieses Ideal auch im 21. Jahrhundert bestehen bleibt.
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28 Stadtgesundheit
Sick in the City? Ist das Leben in einer Metropole förderlich für die Gesundheit? Oder macht es gar krank? Diese Frage ist weder einfach noch pauschal zu beantworten. Denn in Städten sind sowohl die Lebensbedingungen wie auch die Bevölkerung sehr heterogen. Von Julia Harlfinger
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B
eengt, unter miserablen hygieni schen Bedingungen und oft sogar ohne eigenes Bett – so wohnten vor rund hundert Jahren viele Wiener. Doch dann wurde in den 1920er Jahren mit der Errichtung der sogenannten Gemeindebauten Abhilfe geschaffen; Zehn tausende neue Wohnungen entstanden. Die Arbeiter des „Roten Wien“ sollten nicht län ger in feuchten, dunklen, stickigen Abstei gen hausen, wo Tuberkulose und Rachitis grassierten. Gesunde Architektur
Die modernen Anlagen boten nicht nur ein Dach über dem Kopf. Sie beherbergten auch Schwimmbäder, Kinderbetreuungseinrich tungen, Parks, Waschküchen, Geschäfte, Bü chereien, Volkshochschulen sowie Kultur zentren. Hier ließ es sich also deutlich ge sünder leben – in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht. Dass städtebauliche Maßnahmen einen enormen Einfluss auf Lebensqualität und Wohlbefinden insbesondere von ärmeren Bevölkerungsschichten haben können, hat te sich auch im 19. Jahrhundert in London gezeigt. Nach diversen Choleraepidemien und einer olfaktorischen Katastrophe, dem „Great Stink“ der komplett verdreckten Themse, wurde schließlich ein effizientes Kanalsystem zur Abwasserentsorgung ins talliert. Diese Maßnahme bewirkte in der britischen Hauptstadt eine dramatische Ver besserung bei der Lebenserwartung. Heute sind die einst verheerenden sani tären Probleme zumindest in vielen Städten der industrialisierten Welt vergessen. Die Dichte an Gesundheitseinrichtungen – wich tig etwa für rasche lebensrettende Maßnah men in Notfällen – ist deutlich höher als in der Provinz. Im Durchschnitt sind Städter gebildeter, wohlhabender und ernähren sich gesünder. Sie schätzen Vielfalt, Freiheit sowie eine Fülle an Möglichkeiten in nächs ter Nähe.
Foto: istockphoto, Archiv
Woran krankt es in der Stadt? Dennoch liegt die Lebenserwartung für Frauen und Männer in Wien etwa ein Jahr unter dem österreichischen Durchschnitt (78,3 Jahre). Dies mag nicht nach viel aus sehen. „Für Experten ist es jedoch ein durch aus bemerkenswerter Unterschied“,
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30 Stadtgesundheit
Ludwig Grillich Mag. Ludwig Grillich ist Leiter des Fachbereichs Evaluation am Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der DonauUniversität Krems. Er war federführend an der Organisation des diesjährigen Europäischen Forums für evidenzbasierte Prävention (EUFEP) mit dem Schwerpunkt Adipositasprävention beteiligt. Grillich hat unter anderem das Abnehmprogramm „Durch dick und dünn“ untersucht.
sagt Christian Wegner-Siegmundt vom Witt genstein Centre for Demography and Global Human Capital mit Sitz in Wien. Woher diese Differenz allerdings rührte, sei gar nicht so leicht zu orten, meint der Forscher. Denn in der Stadt ist die Bevölke rung in vielerlei Hinsicht heterogener als am Land – ebenso wie die Lebensbedingun gen, die auf die Gesundheit Einfluss neh men können. Dementsprechend schwierig ist es, die lebensverlängernden beziehungs weise -verkürzenden Faktoren dingfest zu machen. „In der Stadt gibt es einerseits jene Grup pen, die oft zu Vorsorgeuntersuchungen ge hen, angestellt und finanziell abgesichert sind oder ein Häuschen in den grünen Randbezirken bewohnen. Andererseits ge hören zur Stadt ebenso jene Personen, die besonders viel von Belastungen wie Lärm, Smog, Hitze und Feinstaub abbekommen oder in Bezirken leben, wo gehäuft soziale Probleme und die damit verbundenen ge sundheitlichen Risiken auftreten“, erläutert der Demograf. Und so „erzeugt“ der städtische Lebens stil – mit seinen Belastungen, Verheißungen und gesellschaftlichen Normen – manche Krankheiten häufiger. Ein Beispiel seien etwa die durch das Rauchen bedingten Krankheiten und Todesfälle bei Frauen. „In der Stadt ‚durften‘ Frauen vor einigen Jahr zehnten eher zur Zigarette greifen, während dies auf dem Land verpönt war“, berichtet Wegner-Siegmundt. Auch das Risiko in Be zug auf Infektionskrankheiten, Drogen sucht, spezielle Krebsformen, zum Beispiel Dickdarm- und Blasenkrebs, oder psychiat rische Krankheiten ist in den Stadtregionen erhöht, wie es Zahlen der Statistik Austria belegen. Unterwegs im Großstadtdschungel Um die Gesundheit in der Stadt zu fördern, gibt es mehrere Ansätze. Eine Möglichkeit ist, durch Stadtplanung möglichst viel kör perliche Aktivität im städtischen Alltag zu ermöglichen: zur Schule radeln, durch den Park spazieren, zu Fuß zum Einkaufen. Die se Bewegungsformen können nicht nur das Risiko für Diabetes oder Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems senken. Sie fördern auch die sozialen Kontakte in der Nachbar schaft sowie die Teilhabe am Geschehen im
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eigenen Stadtteil – was wiederum einen ge wissen Schutz vor seelischen Leiden bietet. Voraussetzung für die Mobilität per pedes oder via Fahrrad ist einerseits ein möglichst barrierefreies und sicheres Netzwerk aus autofreien Korridoren mit Gehsteigen, Rad wegen, Unterführungen und Grünflächen. Andererseits braucht es natürlich auch loh nenswerte Ziele. Die sind allerdings bei spielsweise in den USA ohne Auto oft schlecht erreichbar oder gar nicht mehr vor handen – Stichwort verödete Stadtzentren. Ludwig Grillich, Fachbereichsleiter am Department für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie der DonauUniversität Krems, weiß, wie verhängnisvoll sich die (fehlende) Infrastruktur einer Wohngegend auf die Gesundheit auswirken kann. „Die bauliche Gestaltung des Umfelds kann dazu beitragen, dass Kinder in der Freizeit viel sitzen und übergewichtig bezie hungsweise fettsüchtig, also adipös wer den“, so der Psychologe und Experte für die Evaluation von Anti-Adipositas-Programmen. Grillich berichtet von sogenannten „adipö sen Umwelten“, die Kindern und Jugendli chen keine bewegungsfördernden Freiheitsund Freizeitzonen zu bieten haben. Sesshaft im Überfluss Allerdings sei auch nicht überall, wo es Spielplätze, Radwege, Sportzonen und so mit Bewegungsmöglichkeiten gibt, mit lau fenden, turnenden und folglich schlanken Kindern zu rechnen. „Wenn Eltern fürchten, dass ihr Nachwuchs im Park mit Kriminali tät oder Drogen konfrontiert ist oder dass es beim Fahrradfahren zu gefährlich wird, schlagen sie eher ein Computerspiel im si cheren Zuhause vor. So wird das sitzende Freizeitverhalten forciert“, erklärt Grillich. Etwa 15 Prozent der Fünf- bis Neunzehnjäh rigen in Österreich sind bereits übergewich tig, weitere acht Prozent gelten als adipös. Bewegungsmangel allein für den An stieg von Übergewicht bei Kindern und Ju gendlichen – übrigens kein städtisches Phä nomen! – verantwortlich zu machen sei aller dings zu kurz gegriffen. „Die Schuld liegt auch nicht allein bei den Individuen, denen ja oft genug vorgeworfen wird, keine Diät zu halten“, unterstreicht der Experte für Gesundheitsförderung. Vielmehr sieht er die Adipositas-Epidemie als ein Produkt
Fotos: ÖAW, DUK/Reischer, Archiv
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vieler Einflüsse. Ständig einem überborden den Angebot von kalorienreichen und billi gen Nahrungsmitteln ausgesetzt, sei es un gleich schwieriger, normalgewichtig zu bleiben, insbesondere für Kinder und Ju gendliche. Dass speziell auf den Nachwuchs abgestimmtes Marketing für Snacks und Junkfood erlaubt ist, hält Ludwig Grillich für extrem problematisch – ebenso wie den Verkauf von Softdrinks an Schulen. „Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind zahnlos, wenn sie im Gegensatz zu den Interessen der Nahrungsmittelindustrie ste hen“, kritisiert er. Ernährungsaufklärung oder Abspeckprogramme könnten hier lei der ernüchternd selten mit langfristigen Er folgen dagegenhalten. „Die Entstehung von Übergewicht zeigt uns, wie das Verhalten des Einzelnen und die ihn umgebenden Ver hältnisse zusammenwirken. Beides wirkt sich auf die Gesundheit aus“, betont Grillich.
ihre körperlichen, seelischen und sozialen Bedürfnisse ausleben können.
Stadt-Land-Gefälle im Gehirn
Lust statt Frust
Bestimmte Verhältnisse in der Stadt als Bal lungsraum sozialer Belastungen wie Hektik, Stau, Wettbewerb, Ungleichheit oder Aus grenzung sind eventuell auch ein Grund für das gehäufte Auftreten von Schizophrenie, Depressionen und Angststörungen. Zumin dest scheint sich das enge Zusammenleben mit vielen Artgenossen beim Homo sapiens auf die Stressverarbeitung im Gehirn auszu wirken. Dies berichtete Andreas Meyer-Lin denberg, Direktor des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim, 2011 im Fachmagazin „Nature“. Gemeinsam mit Kollegen aus Deutschland und Kanada hat te der Psychologe mittels Kernspintomogra fie untersucht, was sich im Gehirn von deut schen Stadt- und Landbewohnern während einer simulierten sozialen Stresssituation abspielt. Meyer-Lindenberg fand heraus, dass sich manche Hirnregionen bei Stadt menschen durch sozialen Stress leichter „anknipsen“ lassen. „Wir vermuten deshalb, dass die Aktivität der besagten Hirnregio nen nicht nur das Risiko für psychische Er krankungen steigert – soziale Stressfakto ren in der Stadt könnten vielmehr selbst die eigentliche Ursache für diese Veränderun gen sein“, schreibt Andreas Meyer-Linden berg. Der Nachweis hierfür stehe zwar noch aus. Doch es gelte jedenfalls, die Stadt so zu planen und zu gestalten, dass die Bewohner
Dass dies hervorragend gelingen kann, schrei ben beispielsweise Barbara Schaefer und Katja Trippel in ihrem jüngst erschiene nen Buch „Stadtlust. Vom Glück, in der Großstadt zu leben“. Gar eine Illusion sei das derzeit propagierte Idyll vom Landleben – das übrigens seine eigenen gesundheitli chen Risiken mit sich bringt. Auch zu den in den vergangenen Jahren so zahlreich ge wordenen Zeitschriftentiteln wie „Landlust“, „Liebes Land“, „Landidee“ oder „Mein schö nes Land“ gibt es seit einigen Monaten ei nen Kontrapunkt: das Magazin „Stadtlust“. Es hat die „Traum-Town“ mit all ihren Facet ten zum Thema.
Literatur und links Christa Böhme et al. (Hg.): Handbuch Stadtplanung und Gesundheit, Verlag Hans Huber, 2012 Andreas Meyer-Lindenberg: Urbane Seelennöte, „Gehirn & Geist – Magazin für Psychologie und Hirnforschung“, 1/2012 Jeff Speck: Walkable City. How Downtown Can Save America, One Step at a Time. Farrar, Straus & Giroux, 2012 World Health Day 2010: Why urban health matters www.who.int/world-health-day/2010/media/ whd2010background.pdf
Christian WegnerSiegmundt Dipl.-Demogr. Christian Wegner-Siegmundt wuchs im ländlichen Nordosten Deutschlands auf. Mittlerweile bezeichnet er sich als Stadtmensch. Seit 2008 arbeitet Wegner-Siegmundt am Wittgenstein Centre for Demography and Global Human Capital. Dort beschäftigt er sich unter anderem mit der sogenannten Klosterstudie und erforscht Mechanismen der Gesundheit, Alterung und Lebenserwartung von Mönchen und Nonnen im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung.
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Schlaue Städter Mehr und mehr Städter fühlen sich für die Mitgestaltung ihres Lebensraums verantwortlich. Und oft schaffen sie mit kollektiver Kreativität, was starre Masterpläne nicht zustande bringen. Städtische Verwaltung und Selbstorganisation im öffentlichen Raum müssen aber kein Widerspruch sein. Von Astrid Kuffner
Die Bewohner eines sozial benachteiligten Viertels in Magdeburg errichteten in einem partizipativen Prozess aus vorgefertigten Bauteilen eines demontierten Gebäudes eine Freiluftbibliothek.
S
o wie ihren Lebensunterhalt als Lumpensammler nahm die koptische Gemeinschaft von Mokattam auch die Verbesserung ihres Lebensraums selbst in die Hand. Ehemals ein Zeltlager auf Kairos Müllbergen, entwickelte sich Mokattam über Generationen zu einem Stadtviertel mit mehrgeschoßigen Häusern. Um die nur sporadisch beleuchteten Gassen des Recyclingquartiers zu erhellen, schufen die Bewohner und Bewohnerinnen, begleitet von der Kärntner Architektin Jana Revedin, aus aufbereitetem Abfall eine simple Nullenergie-Straßenbeleuchtung.
Foto: Anja Schlamann
Urbane Akupunktur Mit der von ihr gegründeten LOCUS-Stiftung setzt Revedin Bürgerbeteiligungs pro jekte abseits der Konsum- und Industriegesellschaft um. „Urbane Akupunkturen“ nennt sie die minimalen, doch präzisen Nadelstiche, die Lebensumstände und Selbstbewusstsein von Gemeinschaften gezielt verbessern. Wie alle alternativen Heilmethoden muss urbane Akupunktur ausprobiert werden, behandelt aber den Gesamt organismus, also Menschen im Lebensraum. Rund um den Globus diagnostiziert die Architektin bei ausgreifendem Verbrauch von Energie und Materie Mangelerscheinungen:
beim Wert der eigenen Arbeit, beim Teilen von Materie und Wissen, beim Recycling angeblicher Abfallmaterialien und beim flexiblen (Um)bau des Lebensraums nach sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen. Schon oft hat sie beobachtet, dass wirksame Rezepte für den Wandel abseits von starren Masterplänen und verkrusteter Verwaltung entwickelt werden, nämlich aus der Kreativität der Einwohner heraus. Doch was hat das chaotische Kairo mit dem vergleichsweise wohlorganisierten Wien gemeinsam? Hier funktioniert die Straßenbeleuchtung. Doch holen sich immer mehr Wiener etwa mit „Urban Gardening“ Grün in die Stadt. Für Peter Parycek, Leiter des Zentrums für E-Governance an der Donau-Universität Krems, ist das selbstorganisierte Gärtnern Vorbote einer Zivil gesellschaft, die sich je nach Interessenlage beteiligt und den öffentlichen Raum gestaltet. „Wir leben heute in Österreich erstmals in der Informationsgesellschaft, von der wir seit 15 Jahren reden. Mit ihr geht eine Stärkung der Kommunikations- und der Organisationskraft des Individuums und der gesamten Gesellschaft einher“, sagt Parycek. Er spricht große Worte gelassen aus in einem Staat, der von der Wiege bis zur Bahre regelt, fördert und sich kümmert.
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Recyclingprojekt zur Beleuchtung von Mokattam, Kairo.
Jana Revedin Univ.-Prof. Arch. DI Dr. techn. Jana Revedin studierte Architektur und Städtebau in Buenos Aires, Princeton und Mailand. Die international erfolgreiche Sachbuchautorin zu Partizipation, nachhaltiger Architektur und Stadtgestaltung ist Professorin für Architektur und Gestaltung am Blekinge Institute of Technology in Schweden. 2009 gründete sie die LOCUSStiftung für nachhaltigen Städtebau. Jana Revedin ist Unesco-Delegierte zur Education Commission, Union of Architects.
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Kompetenzen für die neue Beteiligung Sich zu beteiligen ist für Peter Parycek heute keine Geld-, sondern nur noch eine Bildungsfrage. Smartphones und Tablets sind simpel und leistbar geworden, eine tragfähige Internetverbindung beinahe Normalität. „Wir können alle potenziell Sender sein, nicht nur passive Empfänger von Anliegen, Lösungen und Entscheidungen. Social Media und Apps ermöglichen, das eigene Umfeld nicht nur mit Blumenerde zu gestalten. Ich sehe großes Potenzial in neuen Formen der Zusammenarbeit. Die neue Beteiligung lässt innovative Lösungen in einem transparenten Prozess entstehen“, erläutert der Jurist. Die Grundidee für Bürgerbeteiligung war die Legitimation von Entscheidungen. Das Netz bietet beinahe unendliche Beteiligungsmöglichkeiten, mit dem Ziel, gemeinsam etwas zu bewegen. Dies führt aber auch zu geringeren Beteiligungsquoten, wodurch die Legitimation nicht mehr im Vordergrund steht. „Wir müssen die Schwächen der Stadt neu denken und als Chancen nutzen. Im vorigen Jahrhundert demokratisierte sich der Konsum, in unserem die Produktion. Die Technologie zu der dazu notwendigen Information ist das Internet“, sagt auch Jana Revedin. Aber nur ein Smartphone in der Hosentasche reicht nicht aus. Die Währung der Informationsgesellschaft ist Sozialkapital in Form von Bin-
dungen und Beziehungen zwischen Menschen und gesellschaftlichen Gruppen. „Wenn ich etwas bewegen will, muss ich mir ein starkes Netzwerk aufbauen und darin eine hohe Glaubwürdigkeit erreichen“, erklärt Parycek. Seine Kollegin Elisabeth Manhart vom Department für Weiterbildungs forschung und Bildungsmanagement nennt dieselbe Währung Kompetenz. Seit drei Jahren betreut sie den Aufbau eines kommunalen Bildungsmanagements in Niederösterreich, das Bildungsangebote an den Raum und seine Bewohner anpassen will. Sie hat vom Postbusfahrer bis zum Professor ehrenhalber und von der Lehrerin bis zur Landwirtin Bildungsbeauftragte für Gemeinden ausgebildet. „Neben einer gewissen Bekanntheit sind Glaubwürdigkeit, Verwurzelung, fachliche Fähigkeiten, Humor oder die ethische Einstellung wichtig. Wenn ein Mensch seine Fähigkeiten optimal einsetzt, kann er entspannt etwas bewirken.“ Auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung hält es die Raumplanerin für wichtig, dass jeder und jede den eigenen Handlungsspielraum kennen- und die Auswirkungen persönlicher Entscheidungen vom Milchpackerlkauf bis zur Wahl des Arbeitsorts abschätzen lernt. Wirkstoffe in Open Data finden Für den netzaffinen Juristen Parycek sind Open Data und Open Innovation die zwei großen Hebel für eine zukunftsfähige Veränderung von Städten und Regionen. Gemeinsam häufen Stadtverwaltung, Wirtschaft und die Bewohner ständig Datenschätze an, die für sie verwaltet werden. Open Data bedeutet, dass die Verwaltung Daten für neue Lösungen aus der Zivilgesellschaft in dem Verständnis zur Verfügung stellt, dass Verzeichnisse, Statistiken und Register denen gehören, die sie erzeugen, also ein digitales Gemeingut sind. „Die neue Beteiligung kann so in Form von Open Innovation stattfinden“, sagt Parycek. Das Grundprinzip dabei ist: Der Prozess der Problemlösung und die Grundlagen für die Entscheidung sind für alle offen, transparent und nachvollziehbar. Wer etwas beizutragen hat, nimmt sich der Sache an. Falls in dem Prozess etwas nicht passt, wird es auffallen. Bekanntestes Beispiel ist Wikipedia, das sehr viele nutzen, manche schreiben und einige korrigieren. „Hinter“ den Artikeln können Verände-
Fotos: (S. 34) Abebe Asres, Gernot Gleiss und Jana Revedin für LOCUS Foundation, DUK
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rungen und Diskussionen nachgelesen werden. Als Beispiel aus Linz nennt Peter Parycek die App „linz fährt“. Vor zehn Jahren hätten nur wenige große Unternehmen Echtzeitdaten der Verkehrsbetriebe verarbeiten können. Heute reichen dafür eine gute Idee und Programmierkenntnisse. Die App wurde von einem Studenten der FH Hagenberg in Wels in einem Monat alleine programmiert und kostenlos zur Verfügung gestellt. Elisabeth Manhart hält Flexibilität für die entscheidende Qualität in der neuen Beteiligung: „Ich muss bewerten, ob etwas in meiner Situation mit meinem Wissen Sinn ergibt.“ Wer in der Stadt regional produziertes Biogemüse essen will, kann einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Geld unterstützen oder mit umgraben, wenn es der persönliche Handlungsspielraum zulässt. Aber für die meisten Stadtgärtner ist es nicht sinnvoll, sich an der Entscheidung zu beteiligen, wann was gesät, gedüngt und geerntet wird. „Es hat mit Wertschätzung zu tun, einzusehen, dass andere etwas besser können.“ Expertise nach der Krise Bisher war es nicht Teil der Verwaltungskultur, Fehlentwicklungen breit zu diskutieren. Lösungen wurden intern erdacht oder mit Fachleuten abgestimmt. Die 1980er Jahre markierten den Höhepunkt der Passivität in der Gesellschaft, mit einer hohen Expertengläubigkeit. Die Rolle der Fachleute im weißen Mantel oder grauen Anzug verändert sich, ob Ärztin, Bürgermeister, Stadträtin oder Lehrer. Für die Architektin Jana Revedin gehört dazu auch ihre Zunft, die sich von abgehobenen „Starallüren“ auf ihren re-
formatorischen Dienst an der Gesellschaft rückbesinnen müsse. Die Bürgerinnen und Bürger müssten wieder die Hauptrolle spielen. „Die ‚neuen‘ Architekten und Städte planer hören zu und schauen hin: Sie sind zunächst begeisterte Forschende, dann kritische Prozessbegleiter und zuletzt bedachte Umsetzer.“ Elisabeth Manhart, die seit elf Jahren an der Donau-Universität Krems lehrt, beschreibt ihr Rollenverständnis so: „Ich kann heute nicht davon ausgehen, dass mein Publikum weniger weiß als ich. Als Bildungsmanagerin und Vortragende muss ich auf Augenhöhe agieren und Wertschätzung vermitteln.“ Mut zur Lücke, Mut zur Masse und sich bei der Problemlösung zuschauen zu lassen, sieht Peter Parycek als Wegmarken zur Open Innovation in Österreich. Die Verwaltung muss sich Communitys aufbauen in Vereinen, Bildungseinrichtungen und Unternehmen, mit denen sie zusammenarbeitet. Auch nicht kommerziell verwendete Daten von Unternehmen oder solche von NGOs und Vereinen können Wirkstoffe für ein zukunftsfähiges Leben in der Stadt enthalten. Teilen statt besitzen Aufmerksamkeit und Verantwortung für das Ganze werden mehr, wenn es geteilt wird – auch das ist eine wichtige Heilmethode für Siedlungen. Den „Shared Space“ kennt man von Verkehrsflächen, das Prinzip funktioniert aber auch für andere öffentliche Flächen und Gebäude. Bevor sich ein Volksschulgebäude nicht mehr rentiert, bietet sich eine Mehrfachnutzung an. Elisabeth Manhart war selbst an der Gestaltung eines
Peter Parycek Dr. Peter Parycek leitet seit 2005 das Zentrum für E-Governance an der Donau-Universität Krems. Neben zahlreichen Publikationen und Forschungsprojekten zu E-Government, E-Partizipation und Open Government (Data) ist er unter anderem Mitglied im Executive Board der Open Knowledge Foundation Österreich. Von 2006 bis 2011 war Parycek wissenschaftlicher Berater und Arbeitsgruppenvorsitzender im österreichischen Bundeskanzleramt.
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Elisabeth Manhart DI Elisabeth Manhart studierte Raumplanung an der Technischen Universität Wien und an der E.T.S.I. Caminos in Madrid. Seit 2002 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Donau-Universität Krems, wo sie bis 2007 den Master-Lehrgang „Real Estate“ leitete. Seit 2009 ist sie am Department für Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement mit dem Bereich „Bildung & Regionalentwicklung“ betraut und leitet hier aktuell das Projekt „Kommunales Bildungsmanagement“ in Niederösterreich.
neuen Schulzentrums in Krems beteiligt und hat 400 (!) Kremser Vereine nach ihren Nutzungswünschen befragt. Und Bildung wird trotz digitaler Kanäle weiterhin physische Orte brauchen, wenn auch in geringerer Intensität, weiß die Mitarbeiterin der Weiterbildungsuniversität. Für Jana Revedin kann jeder und jede Stadtraum und Lebensraum gestalten und produzieren. IKEA, Selbstbau- und Gartenmärkte boomen, „weil die eigene Arbeit Mehrwert schafft und der schöne, nachhaltige Wert der Tat zurückkehrt“, meint Revedin. Nach der „Garbage City“ der koptischen Lumpensammler akupunktiert die Kärntner Architektin jetzt die Bergwald-Favelas von Rio de Janeiro. Auf Wunsch der Bewohner entstehen hier Bildungs- und Sozialzentren für die Entwicklung eines sanften Tourismus im Selbstbau. „Die Menschen sind reif für ihre eigene Entwicklung, wir bringen, wie Katalysatoren gleich, nur neue gestalterische und technische Ideen ein.“ Immer wieder hat Revedin beobachtet, wie Migration Städte herausfordert und stärkt. Für ungeplante Stadtteile wie Slums und „Shantytowns“ prägte sie den Begriff „radikante Lebensräume“, von Radix (Wurzel). Sie schlagen wie Efeu nur da Wurzeln, wo sie Halt und Nahrung brauchen. „Von der organisch leichten Bau- und Denkweise dieser Städte können konsumverödete westliche Städte profitieren. Stadtraum-Recycling durch Zwischennutzung und Nachverdichtung, Piratengrün, Dachterrassen-Communitys, all diese lebensfrohen Tendenzen ‚rhizomieren‘ sich durch die Netzwerke einer neuen Nutzer generation.“ Patenschaften im öffentlichen Raum Die gemeinsame Benutzung von Daten fördert die Reinheit des digitalen Gemeinguts. Das gilt für andere Gemeingüter wie das öffentliche WC nicht zwingend. Über den Umweg von Apps können aber auch städtische Einrichtungen mit Personen vernetzt werden, die sie instand halten. „Ich kann mich in meinem Grätzel so vernetzen, dass ich auch meine Nachbarn wieder kenne. Die Anonymität der Großstadt wird so durchbrochen, und das Dorf holt uns wieder ein“, schmunzelt Peter Parycek, doch gibt es bereits internationale Beispiele für App-Patenschaften im öffentlichen Raum, zum Nutzen
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aller. Bob aus einem Randbezirk von Boston befreit im Winter „seinen“ Hydranten von Schneeverwehungen, während Amy aus Honolulu gerne krault und dabei nach „ihrer“ Tsunami-Warnboje vor der Küste sieht. Neben dem Zugriff sind bei Open Data Standards wichtig, damit nützliche Lösungen Schule machen können. In den USA treibt die Initiative „Code for America“ ihre Verbreitung voran. Mit einer Patenschafts-Applikation für Wien könnte Josef die Blumen der Baumscheibe vor seiner Haustür gießen. „Code for Europe“ steckt noch in den Kinderschuhen, aber Peter Parycek freut sich, dass die Beschreibungen von Datensätzen für Deutschland, Österreich und die Schweiz harmonisiert und Open Data mit der Lizenz „CCby“ etikettiert wurden, was sie für engagierte Software-Schmiede und -Stricklieseln attraktiver macht. Niemand kann die künftige Entwicklung vorhersehen. Es geht eher darum, die richtigen Fragen zu stellen und keinen auf dem Weg zu verlieren. „Es werden nicht alle Applikationen schreiben, aber hoffentlich viele sie benutzen. Technik verbindet Menschen, und der Mensch steht dabei immer mehr im Mittelpunkt“, so das Fazit des E-Governance-Spezialisten.
links Jana Revedin – www.revedin.com Locus Foundation – www.locus-foundation.org Zentrum für E-Governance – www.donau-uni.ac.at/ egov open3 – Verein zur Förderung von OpenSociety, OpenGovernment und OpenData – www.open3.at Open Knowledge Foundation Austria – http://okfn.at Plattform Kommunales Bildungsmanagement in NÖ – www.kommunales-bildungsmanagement.at Master-Lehrgang „Bildungsmanagement“ – www.donau-uni.ac.at/bildungsmanagement
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Das Wohnen der Zukunft Winfried Kallinger, seit 44 Jahren im Bauund Immobilienwesen und selbst Geschäfts führer des Bauträgers Kallco, über Bautrends.
Winfried Kallinger Dr. Winfried Kallinger ist seit 1987 geschäftsführender Gesellschafter der Kall co Bauträger-Gruppe und Vortragender an der Donau-Universität Krems am Zentrum für Immobilienwirtschaft. Er ist Mitglied im Fachverband Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich und Vorsitzender des ÖNORMKomitees zum BTVG (Bauträgervertragsgesetz).
Was braucht der Wohnbau, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Winfried Kallinger: Probleme sehe ich in Ostösterreich im Bestand großvolu miger Wohnbauten ab den 1990er Jahren. Im Massivbau wurde da ein Zustand für die Ewigkeit geschaffen, weil tragende Wände und skulpturale Architektur kaum veränderbar sind. Das Gründerzeithaus ist im Vergleich aufgrund seiner klaren Konstruktionsstruktur gut adaptierbar. Auch gute moderne Bürobauten gehen von einem Arbeits platzraster aus, der Variabilität zulässt. Zeitgemäßer Wohnbau sollte anpassbar und modular werden, das braucht neue Planungs- und Baustrategien. Was ist Ihre Strategie? Kallinger: Bauträger errichten einen Wohnungsmix für den Markt, der den vermuteten Durchschnitt der Bedürfnisse abbildet. Wir betonen bei Kallco eine einfache, modulierbare Grundrissstruktur und die Verbindung von Wohnen und Arbeiten in getrennten Räumen. Diese werden in unterschiedlicher Größe und Preisklasse für freie Berufe, Start-ups, Karenz oder Teleworking eingeplant. Wie gut werden die Vorgaben zur Energieeinsparung im Wohnbau erreicht?
Kallinger: Mehrfamilienwohnbau als Aktiv- und Passivhaus bringt hohen technischen Aufwand, enorme Wartungskosten und wegen Benutzungs fehlern oft null Einsparung. Ich halte es für cleverer, hohe Verbräuche direkt anzugehen, etwa mit Solarthermie für Warmwasser. Wo liegt die Zukunft der Stadtentwicklung? Kallinger: Zum einen in der Verdichtung, zum anderen wird Grünraum in Zukunft noch mehr “Shared Space“ werden und in Wohnanlagen zum Teil öffentlich nutzbar sein. Eine Stärke von Wien ist, dass Wohnen durch Förderungen und günstige Grundstücke auch in Gunstlagen leistbar bleibt. Wie sehen Sie das Phänomen der Baugruppen? Kallinger: Es bringt meiner Erfahrung nach keine Ersparnis, wenn man selber plant. Das Fehlerrisiko ist größer und die Marktmacht gering. Aber der Wunsch ist berechtigt. Bei 100 Wohnungen habe ich 99 Nachbarn, das limitiert die Möglichkeiten. Bei Baugruppen berede ich Dinge mit Leuten, die ich kenne. Das funktioniert aber nicht für einen Bedarf von 7.000 Wohnungen jährlich im geförderten Bereich.
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Foto: (S. 36 Privat, (S. 37) KALLCO
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38 Interview
Urbane Freiräume Die Landschaftsplanerin Martina Jauschneg spricht mit upgrade über die Planung von (grünen) Freiräumen und ihren Funktionen in einer „Smart City“. Von Astrid Kuffner
upgrade: Wofür brauchen wir öffentliche Grünflächen in der „smarten“ Stadt? Martina Jauschneg: Urbanität ist, was in den Freiräumen stattfindet, auf den Straßen, Plätzen oder in den Parks. In der Freiraumplanung denken wir darüber nach, wie Lebensqualität für alle gesichert werden kann. Qualitätsvolle Freiräume sind vor allem für Menschen wichtig, die an den städtischen Raum gebunden sind, kein Wochenendhaus im Grünen haben. Alter, Geschlecht, Herkunft und Alltag bestimmen, wie man diese Freiräume nutzt. Beispielsweise brauchen kleine Kinder Spielplätze in unmittelbarer Wohnungsnähe, Jugendliche Treffpunkte und Rückzugsorte, ältere Menschen wollen
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sich treffen, Arbeitende nutzen den grünen Pausenraum und so weiter. upgrade: Wie definieren Sie qualitätsvolle Freiräume? Jauschneg: Die Qualität entsteht durch das Netz von Freiräumen zur Wohnung, Grünräumen im Wohnblock, Parks und übergeordneten Freiräumen wie etwa Wiens Grüngürtel. Eine weitere Qualität des öffentlichen Raums ist, dass viele hinschauen, durchgehen und Dinge tun können. Man bekommt das Nebeneinander von Bedürfnissen mit. Für alltägliche Notwendigkeiten wie Einkaufen oder Amtswege nutzt jeder städtische Freiräume. Ob es gute, qualitäts-
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volle Freiräume sind, zeigt sich an zusätzlichen oder gewünschten Funktionen als Aufenthaltsort oder Treffpunkt. upgrade: Wie kann man in der Freiraumplanung darauf eingehen? Jauschneg: Indem man Raum für Nutzungen gibt und die Anrainer als Experten für ihren Lebensraum ernst nimmt. Wichtig in der Planung ist, Angebote zu machen, nicht Nutzungen vorzuschreiben. Es sollen Spielräume entstehen, Interpretationen möglich sein. Beispielsweise ist eine Mauer nicht ausschließlich als Stütze oder Grenze definiert. Das kann eine Sitzgelegenheit oder ein Laufsteg sein, vielleicht wird sie mit dem Skateboard befahren oder bietet einen Blick in die Arena. Die Pluralität der künftigen Nutzung muss sich im gebauten Raum manifestieren. Wir versuchen Szenarien durchzudenken, mit den Nutzern zu entwickeln und die Strukturen anpassbar und alltagstauglich zu gestalten.
Fotos: Mathias Zsutty, Archiv, Hans Ringhofer
upgrade: Ein Park ist ein Beispiel für das Prinzip „Teilen statt besitzen“. Wie kann das aus Ihrer Sicht gelingen? Jauschneg: Ich war vor kurzem an der Planung des Hannah-Arendt-Parks für die Seestadt Aspern in Wien beteiligt. Die Namensgeberin hat mit ihren Definitionen von Öffentlichkeit und Vielfalt wichtige Grundlagen der Planung geschaffen. Die Vielfalt der Perspektiven und Zugänge unterschiedlicher Menschen ist – mit Hannah Arendt gesprochen – Voraussetzung für Öffentlichkeit. Der öffentliche Raum entsteht, weil viele eine gemeinsame Welt teilen. Ein gemeinsamer Park für viele entsteht durch die Auseinandersetzung, das Teilen und die Nutzung verschiedener Menschen mit ihren unterschiedlichen Perspektiven, Ansprüchen, Anforderungen und Zugängen. upgrade: „Smart City“ kommt als Begriff aus der Technologie. Wie findet denn das Organische da seinen Platz? Jauschneg: „Smart“ ist, etwas erneut ins Bewusstsein zu heben und letztendlich Verhalten zu ändern. Energienetze machen sichtbar, wann und wie viel Strom wir brauchen. Der Landschaftsarchitekt Dominik Scheuch hat im Hannah-Arendt-Park Entwässerungsrinnen geplant, die mit dem Gefälle immer
breiter werden. Sie führen Regenwasser sichtbar und nutzbar zur Versickerung. Es verschwindet nicht sofort im Gully, sondern ist ein Gestaltungselement. Das gibt es in keinem anderen Wiener Park. upgrade: Grünraum wird nicht nur gewidmet, sondern manchmal ungefragt bepflanzt. Was ist für Sie das Spannende am „Urban Gardening“? Jauschneg: Die Rückeroberung des öffentlichen Raums und dass Freiräume vielfältiger genutzt werden als vorgesehen. Die Motive dafür sind ebenso vielfältig wie die strukturellen Hintergründe. Allen gemeinsam ist, dass die Gärtner und Gärtnerinnen selber etwas tun wollen, sich den öffentlichen Raum ein Stück weit aneignen, ihn gestalten und Spuren hinterlassen. Chancen und Grenzen solcher Initiativen werden ausgelotet, wenn es zum Beispiel um Haftungsfragen geht. upgrade: Was trägt städtisches Gärtnern zum Wandel in Städten bei? Jauschneg: Die Selbstversorgung mit Lebensmitteln verkürzt Transportwege. Es kommt zu einem Nachdenken über die Art der Ernährung. Die Menschen werden sensibel für die Herkunft der Lebensmittel, die Art der Produktion und verändern ihr Konsumverhalten. Urbane Gärtnerinnen und Gärtner übernehmen Verantwortung für das, was vor ihrer Haustür passiert. Sie schaffen mit begrünten Baumscheiben, Gemeinschaftsgärten, Innenhöfen wichtige Freiräume und tragen zu Mikroklima, Stadtökologie und Erlebniswert des Stadtteils bei. Darüber hinaus sind urbane Gärten ein Ort des sozialen Austausches, des gemeinsamen Arbeitens und Lernens.
Martina Jauschneg DI Martina Jauschneg ist mit ihrem Büro für Landschafts- und Freiraumplanung seit 2009 selbständig tätig. Ihre Schwerpunkte sind Freiraumplanung, Beteiligung und Partizipation sowie Wissenschaftsvermittlung. Sie ist Lektorin an der Universität für Bodenkultur Wien.
Literatur Hannah Arendt: Vita activa oder Vom tätigen Leben. 10. Aufl., Piper, München 2011
upgrade: Worum geht es Ihrer Meinung nach in der „smarten“ Stadtplanung? Jauschneg: Um die hohe Lebensqualität für alle in der postfossilen Stadt zu sichern, sind Aushandlungsprozesse verschiedenster Interessengruppen erforderlich. Wenn die Bevölkerung mitgestalten soll, braucht es dazu Bewusstseinsbildung, Sensibilisierung und das Wissen um Zusammenhänge. Smarte Stadtplanung versucht, Urbanität im Sinne von Teilen und Teilhaben in allen Lebensbereichen für und mit den Menschen herzustellen.
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Her mit den Daten! Untersuchungsergebnisse unter Verschluss zu halten, weil sie negativ für die getestete Behandlung ausfallen, steht bei medizinischen Studien an der Tagesordnung. Eine internationale Forschergruppe unter Beteiligung der Donau-Universität Krems sucht nun nach Lösungen für mehr Transparenz. Von Alexandra Simon
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INTERNATIONALE KOOPERATIONEN 41
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in US-amerikanischer Pharmakonzern testet seine neu entwickelte Kopfschmerztablette an über 2.000 Migränepatienten. Das erhoffte Resultat bleibt jedoch aus: In der Studie wirkt das neue Medikament kaum stärker schmerzstillend als eine reine Placebo-Behandlung. Erfahren soll das niemand – die Ergebnisse werden also erst gar nicht veröffentlicht. Vielleicht können Folgestudien die Wirksamkeit eindeutiger belegen. „Insgesamt wird nur etwa die Hälfte aller medizinischen Studien nach Ablauf der Untersuchungen auch tatsächlich publiziert“, berichtet Gerald Gartlehner, Leiter des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie an der Donau-Universität Krems. Ist die Veröffentlichung von Studien abhängig von der Art der hervorgebrachten Ergebnisse, spricht man von Publikationsbias. „Da die Datenlage zu manchen Therapieformen dadurch nicht mehr der Realität entsprechen würde“, so Gartlehner, „entsteht eine Verzerrung des Wissens in der Medizin.“
Foto/Illustration: iStockphoto
Barrieren und Möglichkeiten Welche Auswirkungen Publikationsbias haben und wie sie sich reduzieren lassen, damit beschäftigen sich Forscher im Rahmen des EU-Projekts „Uncover“. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Problematik der selektiven Datenveröffentlichung bei sogenannten randomisierten kontrollierten Studien, in denen eine Überprüfung medizinischer Therapien im Vergleich mit Kontrollbehandlungen stattfindet. Neben dem Austrian Institute of Technology und der University of North Carolina at Chapel Hill (USA) ist auch ein achtköpfiges Team der Donau-Universität Krems an „Uncover“ beteiligt. „Unser Team analysiert, inwieweit die bislang gegen Publikationsbias gesetzten Maßnahmen greifen und ob sie evidenzbasiert sind. Außerdem sollen uns Befragungen internationaler Experten und Expertinnen dabei helfen, Barrieren und Möglichkeiten aufzuzeigen, die mit der Minimierung von Publikationsbias zusammenhängen“, erklärt Gartlehner.
scher und Forscherinnen der Donau-Universität Krems außer dem ein Software pro gramm, das bei Metaanalysen die Ver fäl schung von Ergebnissen aufgrund von nicht veröffentlichten Studien verringern hilft. Metaanalysen fassen verschiedene zu einer bestimmten Behandlungsmethode vorliegende Studiendaten zusammen und sollen so eine objektive Beurteilung der Wirksamkeit von Therapien ermöglichen. „Gerade hier kommt es aber zu falschen Annahmen bezüglich der Sinnhaftigkeit einzelner Behandlungen, wenn negative Ergebnisse nicht in die Analyse einfließen“, sagt Gartlehner. In das Softwareprogramm „Samurai“ wer den Daten aus Registrierungsprozessen, die Studien vor Beginn durchlaufen, eingespeist. Das Programm generiert aus den verfügbaren Basisdaten, wie zum Beispiel die Anzahl der Patienten in den Behandlungsgruppen, jeweils zehn verschiedene Szenarien zu möglichen Studienresultaten, die letztlich in die Metaanalysen einbezogen werden und so ihre Aussagekraft stärken können. Weltweite Anstrengungen Ergebnisse aus dem „Uncover“-Projekt, das bis 2014 läuft, sollen nicht zuletzt auch einen Ansatzpunkt für zukünftige Entscheidungen auf politischer Ebene bilden. Weltweit engagieren sich bereits einige Initiativen, etwa mit der „AllTrials“-Kampagne, dafür, dass sich an der selektiven Veröffentlichung von Studiendaten etwas ändert. Auch die Europäische Arzneimittelagentur EMA setzt sich für mehr Transparenz ein. „Den offenen Zugang zu Studiendaten zu gewährleisten ist im Interesse der Patienten, und auf diesem Weg ist sicher auch die Politik gefragt“, sagt Gartlehner und verweist auf die Situation der Patienten, die mit ihrem Einverständnis zur Teilnahme an medizinischen Studien mitunter auch das eine oder andere Risiko eingehen. „Die Daten anschließend nicht zu veröffentlichen ist auch aus ethischer Sicht äußerst problematisch“, meint Gartlehner.
Das Projekt in Kürze
• T itel: Evaluation and Deve
lopment of Measures to Uncover and Overcome Bias due to Non-publication of Randomized Trials (UNCOVER)
• P rojektzeitraum: September 2011 bis Februar 2014
• F ördergeber: EU • P rojekttyp: 7. EU-Rahmen programm, Gesundheit
• P rojektpartner: Austrian
Institute of Technology (AIT) (Projektkoordination), University of North Carolina at Chapel Hill (USA)
• P rojektteam am Department
für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie:
Univ.-Prof. Dr. Gerald Gartlehner MPH, Dr. Kylie Thaler MPH, Mag. Christina Kien, Mag. Ludwig Grillich, Evelyn Auer, Mag. Ursula Griebler PhD MPH, Megan Grace Van Noord MSIS, Barbara Nußbaumer Bakk. BSc MSc
Was wäre, wenn … In Kooperation mit der University of North Carolina at Chapel Hill entwickeln die For-
www.donau-uni.ac.at/ebm
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42 Was Forschen Sie?
Digitale Utopien Was E-Beteiligung bewirkt, woran ihr Erfolg gemessen werden kann und warum überregionale Vernetzung im digitalen Raum noch schwierig ist, untersucht Judith Schoßböck aktuell im Zentrum für E-Governance der Donau-Universität Krems. Von Ingrid Ladner
W
Mag. Judith Schoßböck ist wissenschaftliche Mitar beiterin am Zentrum für E-Governance der DonauUniversität Krems. Sie ist Managing Editor des Open-Access-Journals „JeDEM“ und hat unter anderem an einer Studie zur Internetkompetenz von 14-Jährigen in Österreich mitgewirkt. Zu ihren Forschungs schwerpunkten zählen elektronische Beteili gung, Online-Aktivismus und soziale Bewegungen, Informationsfreiheit und digitale Utopien. Sie schreibt regelmäßig Beiträge für OnlineMedien wie „neuwal.com“.
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ie lässt sich Bürgerbeteiligung sinnvoll gestalten, wie sollte ein gutes E-Partizipationsprojekt auf ge baut sein, und wie lassen sich junge Menschen für politische Themen begeistern? Nach der ersten, von Euphorie über technikgetriebene Beteiligungsprozesse geprägten Phase gehen Wissenschaftler nun verstärkt daran, die Frage der Machbarkeit von Online-Beteiligung zu erforschen, E-Demokratie-Initiativen zu evalu ieren und politischen Entscheidungsträgern beratend zur Seite zu stehen. Eine von ihnen ist Judith Schoßböck. Privat wie beruflich verfolgt die netzaffine Oberöster reicherin den Digitalisierungsprozess seit mehreren Jahren. Schoßböck lebt mittlerweile in Wien, wo sie auch ihr Studium in Literatur- und Kommunikationswissenschaft absolviert hat, und arbeitet seit 2009 an der Donau-Universität Krems. Jugend für Europa begeistern Dort, im Zentrum für E-Governance, beschäftigt sie sich aktuell im Rahmen des EU-Projekts „OurSpace – The Virtual Youth Space“ mit zentralen Fragen rund um politisches Engagement und politische Beteiligung von Jugendlichen. Das Projektziel lautet, jungen Menschen eine Diskussionsplattform für ihre Anliegen zu geben und sie in Kontakt mit Entscheidungsträgern und öffentlichen Repräsentanten zu bringen. Durch die Vernetzung von Jugendlichen aus Österreich, Griechenland, Tschechien und dem Vereinigten Königreich soll die internationale Plattform jungen Erwachsenen die Möglichkeit bieten, sich mit Peers aus anderen Ländern zu vernetzen und auszutauschen, um
europäische Lösungen für europäische und vermeintlich nationale Probleme zu erarbeiten. Dabei sollten sich, so der Wunsch der Fördergeber, möglichst viele Junge beteiligen, da ihre Anliegen ernst genommen werden müssten. Die Realität zeigt jedoch, wie bei vielen anderen Beteiligungsprojekten auch, dass sogenannte Massendeliberationen schwer umsetzbar sind. „‚OurSpace‘ macht sehr schön die kulturellen Unterschiede der einzelnen Nationen sichtbar“, erzählt Schoßböck von der Endphase des Projekts. „In jedem Land funktionieren zum Beispiel On- und Offline-Aktionen anders, daher ist auch die überregionale Vernetzung schwieriger.“ In Griechenland wurde erfolgreich auf Fernsehwerbung für das Projekt gesetzt. In Tschechien funktionierten ganz gezielte Kooperationen mit dem Jugendparlament oder Livediskussionen mit politischen Amtsträgern am besten, um Jugendliche auf die Plattform zu holen. Die Beteiligung der österreichischen Jugendlichen ist bis jetzt am geringsten, unter anderem auch, weil noch ein Pilotprojekt bevorsteht, das ab September im Zuge der Nationalratswahl in Zusammenarbeit mit Schulen starten wird. Strukturprobleme lösen Deutlich am besten angenommen wird „OurSpace“ von den griechischen Jugend lichen, wie die Zahlen aus einer Zwischenerhebung zeigen. Also dort, wo die Menschen unmittelbar von Problemen wie einer instabilen politischen und wirtschaftlichen Situation betroffen sind. „Nationale Probleme, Aus länderthemen, aber auch globale Diskussionen interessieren. Aber es ist schwierig, Jugendliche für EU-Themen
Foto: Donau-Universit채t Krems/Reischer
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44 Was Forschen Sie?
Digitale Gesellschaft Das Team des Zentrums für E-Governance unter der Lei tung von Peter Parycek arbeitet zunehmend interdisziplinär am Schnittpunkt technologischer, gesellschaftlicher und rechts politischer Entwicklungen. Zu den Forschungs- und Projektschwerpunkten zählen E-Gover nance, Open Government und E-Democracy. Das Zentrum ist an zahlreichen Projekten betei ligt, arbeitet mit Partnern aus der Verwaltung, wissenschaftlichen Institutionen und der Wirtschaft, berät Entscheidungsträger und betreibt den Blog „Digital Society Lab“. Im Rahmen der CeDEM (Conference for E-Democracy and Open Government) holt das Team einmal im Jahr die internationale Open-Government-Community nach Krems. www.donau-uni.ac.at/ egov
zu begeistern“, sagt Schoßböck. Unter anderem stellten sich Sprachbarrieren auf der Plattform als Hindernis für länderübergreifende Diskussionen heraus. Meist sei es eben nicht ein Zeichen von Desinteresse, so die Wissen schaftlerin, vielmehr würden Strukturprobleme dahinterstecken. Und Themen müssten so aufbereitet werden, dass sie auch für Jugendliche relevant sind. Gezielte Beteiligung Was sind also die Parameter für gelungene Online-Partizipation? Grundsätzlich gelte, dass kleine Projekte auf regionaler Ebene besser funktionieren, wissen Schoßböck und ihre Kollegen in Krems, die zahlreiche digitale Partizipations- und Demokratieprojekte, etwa für die Stadt Wien oder das Bundes kanzleramt, begleitet und evaluiert haben. Heute ist klar: Das Ziel sollte nicht sein, Massen zu bewegen, sondern Personen und Experten zu beteiligen, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren, und mit deren Wissen gute Lösungen zu finden. Judith Schoßböck und ihr Kollege Michael Sachs haben einen Katalog mit Qualitätskriterien erstellt. Dieser beinhaltet unter anderem die Frage, inwiefern sich politische Entscheidungsträger mit den Ideen der Teilnehmer auseinandersetzen. Oder wie relevant das Thema in der Öffentlichkeit ist. Schreiben und Publizieren Wissenschaftliches Arbeiten kombiniert die Kommunikationswissenschaftlerin am liebsten mit journalistischen Tätigkeiten und Ver lags arbeit. Sie schreibt regelmäßig für ver schiedene Online-Medien und ist mit
Engagement leitende Redakteurin des OpenAccess-Magazins „JeDEM“, das am Zentrum für E-Governance herausgegeben wird. Das Fachmagazin für E-Democracy und Open Government veröffentlicht vier Schwerpunktausgaben pro Jahr. Schoßböck und ihre Kollegin Noella Edelmann arbeiten dabei mit einem internationalen Redaktionsteam, das eingegangene Beiträge nach strengen Kriterien einem Peer-Review-Prozess unterzieht. Neben aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen berichtet „JeDEM“ über Best Practices ebenso wie über laufende Projekte und Fallbeispiele aus der Praxis. Der kommende Schwerpunkt wird sich der E-Demokratie in Asien widmen. Soziodigitale Utopien Fragen rund um die Entwicklung von Technik und Mensch begleiten die junge Forscherin seit Jahren, wie sie erzählt. Unter anderem auch, weil sie immer wieder auf ihre als Buch veröffentlichte Diplomarbeit über „Letzte Menschen: Postapokalyptische Narrative und Identitäten“ angesprochen wird. Was wäre, wenn der Mensch ausstirbt? Wenn die Technik überhandnimmt? Mutanten die Welt beherrschen? Mit solchen soziodigitalen Utopien beschäftigt sich Judith Schoßböck am liebsten. In ihrer freien Zeit wirkt sie bei diversen Projekten rund um diese Themen mit. Sie ist Mitglied einer Internetforschungsgruppe an der Universität Wien, publiziert über Cyborgs und begeistert sich speziell für (junge) interaktive Kunst. Dieses Interesse führt sie durchaus auch mal bis in die Wüsten Nevadas zum legendären „Burning-Man-Festival“.
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expertenmeinungen 45
“It is great to work on a project with a number of different European partners that aims to get young people directly having a voice in the EU!” The British Youth Council in London have been working with Danube University Krems, promoting the “OurSpace” platform in the UK and Austria, Czech Republic and Greece. Currently in the UK, there is confusion over the EU amongst young people, as an island many feel detached from Europe and there is ever increasing euro scepticism. It has been great to work on a project with a number of different European partners that aims to get young people directly having a voice in the EU! It also
has been interesting to see the different approaches each country has had used to engage young people in the different countries: involvement with young journalists in Greece, work in schools in Austria, university debates in the Czech Republic and creative workshops with youth councils in the UK. From this pilot project, it is hoped that the online networks and social media will make it easier for young people to express their views, learn about the situation of other young people in Europe and ultimately make a change in EU youth policy!
www.byc.org.uk
Aneta Kubala Aneta Kubala is International officer at the British Youth Council (BYC). She was previously at the British Council working on the European Commission’s Youth in Action Programme. Kubala was responsible for the Programme’s promotion and training and the selection of grants for young people’s involvement in participation projects in Europe. At BYC Kubala manages the UK Young Ambassador Programme and other projects supporting UK youth representation in Europe.
Fotos: privat
“How come we do not know about those platforms?” “OurSpace” was a surprise for young Greeks. Still, they find it hard to believe in the idea that they can have an online tool to communicate with their politicians and discuss political and social issues. Or even, that technology and internet specifically can become a tool for the protection of democracy and the democratic institutions. Yet, that is what OurSpace is for. When visiting schools and universities in order to present OurSpace, pupils and students were amazed by e-participation pro jects: “How come we do not know about those platforms?,” they asked. Some of them were
sceptical if an e-democracy project could change things, as Greece goes through a severe political, social and economic crisis with a number one public enemy: the politicians of the last 30 years. “Do you really think we can change something?”, was one of their first questions to get the reply from the OurSpace moderators: “Only when you engage, you can change the course of things.” With the platform, we are trying hard to pass the message that democracy is not something taken for granted or a historical fact or information, but a relationship, a sport which requires regular exercise and everyone’s daily contribution. (Young) people need to assume their share of historical responsibility. www.cafebabel.com
Elina Makri Elina Makri is the president and founder of Cafebabel in Athens. It is the Greek Section of a Pan-European socially networked and participatory media based in Paris, France. Its objective is to promote the emergence of a European public opinion by editing the European online magazine and organizing events in Europe involving young people to discuss major EU policy issues. Makri has worked as editor-in-chief of the Greek CityBlog and is a member of the Association of European Journalists.
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Reinhard Warger Reinhard Warger (* 1957) begann 1975 die Lehre zum bautechnischen Zeichner und arbeitete 13 Jahre als Bautechniker. Ende der 1980er Jahre kam der erste große Umbruch: die Baumeisterprüfung und der Wechsel in die Selbständigkeit als planender Baumeister. Die zweite große Veränderung erfolgte in den Jahren 2007 und 2009 mit dem Beginn seiner Studien „Master of Building Science“ in Solararchitektur und „Sanierung und Revitalisierung“ am Department für Bauen und Umwelt der DonauUniversität Krems. Warger lebt und arbeitet in Bregenz.
Leere Räume für Ideen Als Baumeister und Architekt ist Reinhard Warger ein Visionär. Vom unterirdischen Bauprojekt bis hin zur Planung seines eigenen (Nullenergie-) Bürogebäudes setzt er auf sein Bauchgefühl. Der Absolvent der Donau-Universität Krems hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Von Christina Badelt
R
einhard Warger mag leere Räume. Dort kommt er zur Ruhe und kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: neue Ideen zu ent wickeln. Und davon hat er viele. In seiner Heimatstadt Bregenz am Bo densee leitet er seit 24 Jahren ein Architek turbüro und seit 21 Jahren gemeinsam mit seinem Geschäftspartner eine Bauträgerfir ma. Seine Vision, zukunftsfähiger zu bauen, war ihm von Beginn an ein großes Anliegen.
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Nach dem Motto „Weniger ist mehr“ legt er den Fokus bei der Projektentwicklung auf detailarme Konstruktionen – und das aus gutem Grund, wie er erklärt: „In der heu tigen Zeit werden zu viele mehrschichtige und komplizierte Wandaufbauten verwen det, die im Falle eines Rückbaus in der Regel zu Sondermüll werden.“ Dem will der Vorarl berger entgegenwirken – mit nachhaltigen Baulösungen und kreativen Umsetzungen. Mit dem Namen seines Unternehmens „Atri
Alumni-porträt 47
um – Raum für Ideen“ setzt er dabei beruf lich und privat auf eine ganz besondere Le bensweise: „Ein Atrium ist ein altes architek tonisches Element. Es ist ein zentraler Raum eines Hauses, der zum Himmel hin geöffnet ist. Gleichzeitig steht es für mich sinnbild lich für einen Ort, an dem Gedanken unge hindert fließen und Ideen entstehen kön nen. Dieser Leitsatz bedeutet für mich als Planer, ständig nach Neuem zu streben und sich weiterzuentwickeln, dabei aber immer jedes Projekt mit einer charakteristischen Handschrift zu versehen. Gleichzeitig sollen unsere Projekte auch ihren zukünftigen Be wohnern ‚Räume für Ideen‘ ermöglichen.“
Foto: Lisa-Maria Dünser, Bregenz
Ganzheitlich denken Als achtem von zehn Kindern war es Rein hard Warger finanziell nicht möglich, ein Studium zu beginnen. Erst im Alter von fünf zig Jahren konnte er sich seinen Lebens traum dann selbst verwirklichen. 2007 startete er sein erstes Studium der „Solar architektur“ an der Donau-Universität Krems und schloss dieses nach vier Semestern ab. Doch er wollte mehr. Also inskribierte er an schließend, 2009, das Fach „Sanierung und Revitalisierung“ – wieder an der Donau-Uni versität Krems. Zurzeit arbeitet Warger gerade an der Master-These seines zweiten berufsbegleiten den Studiums. „Erstaunlicherweise zähle ich mit meinen 56 Jahren nicht zu den ältesten Studierenden. Und ich genieße es, mich mit jüngeren und gleichgesinnten Menschen aus zutauschen und gemeinsam zu diskutieren. Wir profitieren gegenseitig vom Potenzial des anderen“, so der ambitionierte Baumeis ter. Seine Laufbahn habe auch die sehr pra xisbezogene, aber wissenschaftlich fundierte Ausbildung in kleinen Gruppen positiv be einflusst. „Der ganzheitliche Ansatz erlaubt es, Erfahrungen 1:1 in die Praxis umzuset zen.“ Aktuell plant er die konzeptionelle Sa nierungsprojekt-Entwicklung an einem rea len Objekt. Warger: „Dieses Vorhaben wurde durch den Klima- und Energiefonds im Rah men der Mustersanierungsoffensive 2011 als österreichweites Leuchtturmobjekt mit einer Förderzusage ausgezeichnet. Das ist für uns ein besonderes Renommee und vereinfacht
den Einstieg in die großvolumige Revitalisie rung von Bestandsgebäuden.“ Die Kraft des Bauchgefühls Bei großen Entscheidungen wie auch jener des Studienbeginns hat Warger sich immer nach seinem Bauchgefühl gerichtet – und ist dabei auch immer richtig gelegen. Von auf gesetzten Herausforderungen hält er hinge gen nichts: „Heutzutage versuchen sich viele Leute – vor allem die Älteren – immer wie der selbst zu beweisen, was sie noch alles können. Und möglichst noch besser als die anderen. Ich versuche zu akzeptieren, dass ich älter werde.“ Nicht auf der Stelle stehenzubleiben ist für Reinhard Warger aber jedenfalls sehr wichtig. Für die nächsten drei bis vier Jahre ist sein Büro auch schon für die Entwick lung und Realisierung von zwei Großpro jekten zuständig, die für sein mittelstän disches Unternehmen recht herausfordernd sind. „Wir planen und errichten für unser ei genes Unternehmen zwei Wohnanlagen in Bregenz und Hard mit jeweils ca. 8.000 Qua dratmeter Grundstücksfläche und sechs be ziehungsweise acht mehrgeschoßigen Ge bäuden, die alle unterirdisch mit einer gemeinsamen Tiefgarage verbunden sind. Das ermöglicht oberirdisch eine vollständig verkehrsfreie Erschließung und schafft zu dem Außenräume von hoher Qualität.“ Die für Einsatzfahrzeuge erforderlichen Wege können teilweise als großzügige Freiräume genutzt werden, etwa als Spielstraßen für Kinder. Dadurch biete sich auch den Be wohnern der oberen Geschoße die Möglich keit, sich im gesamten Quartier frei zu be wegen. Neben den Großprojekten hat der Bau meister und Architekt getreu seinem Motto „Lebenslanges Lernen“ aber auch schon wieder ein neues Ziel: den Start eines dritten Studiums, des Master-Lehrgangs „Facility Management“ an der Donau-Universität Krems. Auch dieses Vorhaben ist durch dacht. „Durch das Studium kann ich dann meine Wissenslücke zwischen ‚Solararchi tektur‘ und ‚Sanierung und Revitalisierung‘ schließen.“ – Ganzheitliche Planung, wie es von einem Baumeister erwartet wird.
Department für Bauen und Umwelt Verantwortung übernehmen für gebaute Umwelt, sie gestalten als Beitrag für eine in ökologischer, ökonomischer und kultureller Hinsicht tragfähige und chancenreiche Gesellschaftsentwicklung, ist Arbeitsinhalt und Vision des Departments für Bauen und Umwelt. Auf Basis interdisziplinärer Forschung bietet das Department berufsbegleitende Universitätslehrgänge in den Bereichen Architektur und Lichtplanung, Sanierung, Bauklimatik und Gebäudetechnik, Facility Management und Sicherheit sowie Immobilienwirtschaft an. Neben der Durchführung wissenschaftlicher Studien begleitet das Department Produktentwicklungen und ist in der Normung und Beratung tätig.
www.donau-uni.ac.at/ dbu
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48 Universitätsleben
Campus Krems Auftakt
Neues Rektorat im Amt
Auszeichnung
Bestnoten für die Universität Die Absolventinnen und Absolventen Das neue Rektoratsteam: Rektor Friedrich Faulhammer mit den beiden Vizerektorinnen Viktoria Weber (li.) und Monika Kil.
Mit August 2013 hat an der Donau-Universität Krems ein neues Rektorat
sein Amt angetreten. Neben dem Hochschulexperten und ehemaligen Generalsekretär des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung, Rektor Friedrich Faulhammer, wird sich Viktoria Weber als Vizerektorin für Forschung weiterhin dem Ausbau der Forschungs aktivitäten und deren Positionierung in der Forschungslandschaft widmen. Verstärkt wird das Rektorat neu durch Monika Kil, die sich als Vizerektorin für Lehre/wissenschaftliche Weiterbildung auf ein Kern thema der Universität, die Weiterbildungsforschung, konzentriert.
www.donau-uni.ac.at/aktuell
der Donau-Universität Krems sind mit ihrem Weiterbildungsstudium hochzufrieden. Dies zeigt eine aktuelle Alumni-Studie, bei der 1.753 Absolventinnen und Absolventen befragt wurden. Interdisziplinär, innovativ, praxis-, markt- und kundenorientiert sind die Attribute, die Alumni der Donau-Universität Krems am stärksten zuschreiben. Dies spiegelt sich auch in den häufigsten Gründen, die für eine Wahl der Weiterbildungsuniversität genannt wurden. Neben dem berufsbegleitenden Aufbau des Studiums sind dies die Lehrgangsinhalte sowie deren hohe berufliche Verwertbarkeit.
www.donau-uni.ac.at/presse
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Jubiläum
Fünf Jahre Ärzte informations zentrum
Migration und Integration
Dialogforum
In wissenschaftlichen Fragen kompetent
und auf dem letzten Stand zu sein, das ist für Ärzte ein absolutes „Muss“, kostet aber enorm viel Zeit. Das EbM Ärzteinformationszentrum nimmt Medizinern diese Arbeit ab, indem es Anfragen zu komplexen medizinischen Themen aus dem Klinikalltag auf seinem Online-Portal beantwortet. Die Ergebnisse werden nach den Kriterien evidenzbasierter Medizin (EbM) in kompakter, wissenschaftlich fundierter Form veröffentlicht. Inhaltliche Einschränkungen gibt es dabei keine. Im Archiv des Portals finden sich Antworten zu Themen aus verschiedensten medizinischen Fachgebieten, von Augenheilkunde über Orthopädie bis zu Strahlentherapie. Das niederösterreichische Pilotprojekt des Departments für Evidenz basierte Medizin und Klinische Epidemiologie feiert heuer sein fünfjähriges Bestehen.
Das Thema „Identität“ stand im Mittelpunkt des 5. „Dialogforums Gmunden“ Anfang August. Forumsleiterin und Initiatorin Gudrun Biffl von der Donau-
Universität Krems betonte die Bedeutung des Bildungssystems als Drehscheibe für die Integration und Neugestaltung des Gemeinwesens. Neben Jugend und Bildung wurden interdisziplinäre Fragestellungen zu „Working Poor“, Religion und zu Migration in der Kunst intensiv diskutiert. Das Dialogforum lädt Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis einmal im Jahr zum Austausch über Fragen zu Migration und Integration. www.donau-uni.ac.at/presse
Fotos: Donau-Universität Krems/Reischer, Cem Firat
www.ebminfo.at
Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis: Migrationsforscherin Gudrun Biffl, Finanzministerin Maria Fekter und Eva Surma vom Verein Freiraum (v. l.).
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50 B Karrierenetzwerk Meinung
Alumni-Club Sommerfest in der Römerhalle Mautern
Alumni feierten beim jährlichen Sommertreffen Am 14. Juni lud der Alumni-Club der Donau-Universität Krems zum dritten Mal zum Sommerfest. In der Römerhalle in Mautern konnten mehr als 300 Absolventinnen und Absolventen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Freunde und Studierende der Weiterbildungsuniversität einen gemeinsamen Abend genießen. Nach der Begrüßung durch Vizerektorin Viktoria Weber und den Leiter des Departments für E-Governance in Wirtschaft und Verwaltung, Walter Seböck, nützten die Gäste das Fest, um schöne Erinnerungen auszutauschen und interessante Neuig keiten zu diskutieren. Gute Stimmung lieferte die Gruppe „Jazzflow“, die für die musikalische Begleitung sorgte. Und Spannung brachte die Show der „Magic Acrobatics“ in den Abend, die das Publikum mit ihren aufwendigen Choreografien begeisterten. Ein besonderer Dank gilt allen Gästen, die auf Initiative des AlumniClubs die Aktion „Helfen Sie den Helfern“ kurz nach der Hochwasserkatastrophe in Niederösterreich mit ihren Spenden unterstützten. Den gesammelten Betrag erhielt die Freiwillige Feuerwehr Krems.
Mehr als 300 Gäste folgten der Einladung des Alumni-Clubs zum Sommerfest in die Römerhalle Mautern und tauschten sich mit ihren ehemaligen Studienkolleginnen und -kollegen aus.
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Gemütliches Beisammensein.
Die Vizerektorin begrüßt.
Alumni-Club-Termine 5. 10. Grazer Stammtisch 8. 10. Münchner Stammtisch 8. 10. Salzburger Stammtisch 12. 10. Alumni-Challenge Golfen, Krems 17. 10. Eisenstädter Stammtisch 21. 10. Züricher Stammtisch 21. 10. Linzer Stammtisch 4. 11. Führung „Die Presse“, Wien 7. 11. Frankfurter Stammtisch (in Wiesbaden) 13. 11. Wiener Stammtisch 14. 11. Kremser Stammtisch 14. 11. Stuttgarter Stammtisch 3. 12. Münchner Stammtisch 10. 12. Salzburger Stammtisch 12. 12. Kölner Stammtisch
www.donau-uni.ac.at/ alumni/veranstaltungen
Kongresse und Veranstaltungen 51
Termine Professional Lighting Design Convention
Lichtarchitektur Nachhaltige Lichtplanung, Beleuchtungstrends, Marktentwicklungen und der Einfluss von Kultur und Klima auf Lichtsysteme sind nur einige der Themen der PLDC 2013 in Kopenhagen, die heuer unter dem Motto „The point of no return“ steht. Im Zwei-Jahres-Rhythmus hat sich die Konferenz als eine Plattform für Licht designer aus Wirtschaft und Wissenschaft weltweit etabliert. Ein Höhepunkt der PLDC ist die Verleihung des „Professional Lighting Design Awards“. 30. Oktober bis 2. November 2013, Kopenhagen, Dänemark http://www.pld-c.com/conference-programme/
Träumen von der Superstadt
Fotos: Donau-Universität Krems/Reischer (S. 50), red park/Timar Gergely (S. 51)
„What If?“– Was wäre, wenn? „What If the City were Super-Different? SuperBeautiful? Super-Exciting?“ Das Symposium „Superstadt 2013“ an der Kunstuniversität Linz ruft auf zum Träumen und stellt zentrale Fragen für den architektonischen Entwurfsprozess. „What If?“ will mögliche künftige Szenarien beschreiben, Alternativen abwägen und Richtungen bewerten. Akteurinnen und Akteure aus den Disziplinen Architektur, Literatur, Design, Film, Kunst und Performance werden sich dabei auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Erzählen von Stadt auseinandersetzen. 22. November 2013, Kunstuniversität Linz www.superstadt.at
Versorgen, bewerten, integrieren
Energieprojekte schmieden Versorgung, Bewertung und Integration nachhaltiger Gebäude stehen im Fokus der e-nova 2013. Nachhaltige Gebäude werden nicht nur ressourcenschonend gebaut und betrieben, sondern müssen auch in das technische, soziale und ökonomische Umfeld bestmöglich integriert sein. Die Fragen lauten: Wie sieht die Versorgung nachhaltiger Gebäude zukünftig aus? Welche Varianten der nachhaltigen Gebäude versorgung werden eine wesentliche Rolle spielen? Welche Bewertungsmethoden und Kriterien sind für die Umsetzung vorhanden beziehungsweise notwendig? 14. bis 15. November 2013, FH Burgenland, Pinkafeld www.fh-burgenland.at/forschung/e-nova-2013
Weitere Termine
Erkundungen Das internationale Festival „urbanize!“ macht sich 2013 unter dem Motto„Citopia Now“ auf die Suche nach verborgenen Potenzialen in den Zwischenräumen des Urbanen. - Mit Werk zeugen aus Wissenschaft, Kunst und Aktionismus. Visionen willkommen! 4. bis 13. Oktober 2013, Wien www.urbanize.at
Verdichtung Städte und Ortschaften sind mehr als die Summe ihrer Gebäude. Der BauZ! Kongress 2014 stellt „Häuser der Zukunft“ in ihren urbanen Kontext und beleuchtet ihre Technik vor dem Hintergrund ihrer Rolle in Stadtplanung und Dorferneuerung. 13. bis 14. Februar 2014, Messe Wien www.ibo.at
Kremser Forum Das Department für Bauen und Umwelt lädt 2014 zum neunten Mal zum „Forum Building Science“ an die Donau-Universität Krems ein. Aktuelle Projekte und praxisrelevante Forschungsergebnisse aus Lichtplanung bis Immobilienentwicklung stehen auf dem Programm. 7. Mai 2014, Donau-Universität Krems www.donau-uni.ac.at/dbu
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52 B Upgrade-Tipps Meinung
Kunst & Kultur Ganz besondere Frauen Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts – so unglaubwürdig das heute erscheint – war die Meinung vorherrschend, dass Frauen nur mit seltener Ausnahme zu großen Leistungen auf dem Gebiet der Magdalena Frey: „Susanne Wenger04“ Kunst fähig seien. Spürbar gebessert hat sich die Situation der Künstlerinnen erst in den 1970er Jahren, als sie selbst gegen die Unterdrückungsmechanismen der Gesellschaft ankämpften. Mit Hildegard Joos (1909–2005), Christa Hauer (1925–2013) und Susanne Wenger (1915–2009) folgt die Ausstellung den biografischen Spuren von drei Frauen, die sowohl in ihrem Leben als auch in der Kunst Außergewöhnliches bewirkt und geschaffen haben. 30. November bis 12. Oktober 2014, www.landesmuseum.net
Kunst in Krems
Junge Fotografie aus dem Donauraum Drei junge Künstler aus dem Donauraum zeigt Campus Cultur in einer Ausstellung im Vorfeld der Konferenz „Der Donauraum als Makroregion“, die am 30. Oktober an der Donau-Universität Krems stattfindet. Lucian Bran (*1981) studierte an der Kunstuniversität Bukarest Fotografie und lebt heute in Brasov/Rumänien. Nicoleta Moise (*1989) ist Absolventin der Academy of Fine Arts Bucharest in Fotografie, Video und Multimedia. Arbeiten Nicoleta Moise von Tatiana Fiodorova (*1979) aus Chisinau/Moldawien wurden bereits in Schweden, Deutschland, Polen, Russland und Griechenland gezeigt. Rektor Friedrich Faulhammer wird die Ausstellung eröffnen, und Carl Aigner, Direktor des Niederösterreichischen Landesmuseums, führt in das Werk ein. 24. Oktober bis 24. November 2013, Eröffnung: 23.10., 12 Uhr, www.donau-uni.ac.at/cultur
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Weitere Termine
Essenslust Essen, Genuss und Lust dienen Künstlern von jeher als Inspira tionsquelle. Von Daniel Spoerri über Adolf Frohner bis Erwin Wurm zeigt „Essen in der Kunst“, warum Nahrung bis heute elementares Bindeglied von Kunst und Leben ist. 20. Oktober bis 6. April 2014, www.kunsthalle.at
Seinsnomaden Als Nomaden des Seins starteten die Musiker Otto Lechner und Hans Tschiritsch 2012 musika lische Wanderungen durch die Wachau. Mit neuen Begleitern setzen sie nun ihre Reise fort und machen Station an faszinierenden Plätzen. 29. Sept. bis 6. Oktober 2013, www.nomadendesseins.at
Vertikale Eine Weltpremiere bietet die zehnte Ausgabe des Kontraste-Festivals, „Dark As Light“, in der Mino ritenkirche in Krems mit dem „Vertikalen Cinema“, einem Highlight in einem famosen Programm. 11. bis 13. Oktober 2013, www.kontraste.at
Fotos: Susanne Wenger, © Land Niederösterreich, Landessammlung Niederösterreich, Nicoleta Moise
Landesmuseum
Meinung 53
Bücher
Master-Thesen Stresstests für Nachhaltigkeit Wie zukunftsfähig sind nachhaltige Gebäude konzepte im Hinblick auf soziale, ökonomische und ökologische Verän derungen aus heutiger Sicht? Die Architektin unterzieht Bauten auf Basis aktueller Zertifi kationskriterien gleich einem doppelten Stress test: Wie halten sie ihm heute und wie 2050 stand? Die Ergebnisse zeigen Trends und Schwächen auf.
Triumph der Stadt
Der Donauraum
Endlose Stadt
Ebenso eloquent wie ana lytisch überzeugend bricht Ökonom und HarvardProfessor Edward Glaeser in „Triumph of the City“ eine Lanze für die Stadt. Dem Image von schmutzi gen, kriminellen, überbe völkerten Metropolen hält Glaeser ein faszinierendes Bild entgegen, das die Stadt als größte Erfindung der Menschheit und wichtigste Hoffnung der Zukunft zeigt. Dabei rät Glaeser, statt in Orte und Stadtviertel in Menschen zu investieren, und stellt damit Bildung und Innovationsförderung in das Zentrum des urba nen Lebens von morgen.
Der Jubiläumsband feiert das zehnjährige Bestehen der deutschsprachigen Andrássy Universität Buda pest mit Beiträgen von Leh renden und Studierenden über die Forschungsschwer punkte der Universität mit ihrem Fokus auf den Donauraum. Seine Kultur und Geschichte, Politik und Wirtschaft, sein Verfassungs recht und Minderheiten schutz werden thematisiert, vor dem Hintergrund einer Neudefinition des Raumes unter anderem als Tätig keitsfeld für internationale Hochschulmodelle und als eine Zukunftsregion.
Basierend auf dem „Urban Age Project“, das von der London School of Econo mics and Political Science und der Alfred Herrhausen Gesellschaft der Deutschen Bank ins Leben gerufen wurde, enthält der Nach folger der „Endless City“ Beiträge über Mumbai, São Paulo und Istanbul. Aber auch die Metropolen des ersten Bandes wie New York, Shanghai, London oder Mexico City werden zu Themen wie Klimawandel und Sicherheit behandelt. Die Beiträge werden durch eine Fülle von aktuellen Daten und mehr als 300 Fotografien ergänzt.
Edward Glaeser Penguin Press USA, 2011 ISBN 978-159420-277-3 www.us.penguingroup.com
Masát, Bos, Eckardt, Kastner, Wenger (Hg.) Nomos, Baden-Baden 2013 ISBN 978-3-8329-7333-9 www.nomos-shop.de
Ricky Burdett, Deyan Sudjic (Hg.): Phaidon Press, 2011 ISBN-13: 9780714861180 http://lsecities.net/
Almut Fuhr: „How future-proof are current future building concepts?“ Donau-Universität Krems 2013
Bildungswege – Matura und dann? Sicherlich kein typischer Bildungsweg ist, sich nach der Matura für eine Lehre zu entscheiden. Dennoch gibt es junge Menschen, die diesen Weg gehen. Was die Gründe dafür sind und wie die Entscheidung im Nachhinein betrachtet wird, wurde unter ande rem in der Master-These anhand qualitativer Inter views mit Maturanten und deren Umfeld unter sucht. Gerlinde Buttinger: Nach der Matura Lehrling? DonauUniversität Krems 2013
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4. Fachkongress für eLearning, Wissensmanagement und Personalentwicklung
Coporate eLearning – Inhalt, Methode und Technologie
06. - 07. November 2013 Messe Wien | Halle C
Mit spannenden Fallbeispielen von: Audi AG, Bank Austria, Rosenbauer Intl., SAP, Wirtschaftsblatt Digital uvm.
Keynote-Speaker Prof. Dr. Werner Sauter, Blended Solutions GmbH Integrierte Kompetenzentwicklung im Prozess der Arbeit und im Netz
Christian Stracke, Universität Duisburg-Essen The future of eLearning – Open Learning and beyond
Vorschau
4.13
Vorbilder – warum wir sie brauchen Frauen, Führungsfiguren, Nachbarn, die Europäische Union, kulturelles Erbe – so vieles kann uns als Vorbild dienen; schließlich gibt es kaum jemanden, der sich nicht an erfolgreichen Modellen oder Personen orientiert. Studien zufolge haben 60 Prozent der Jugend lichen Vorbilder, Mütter und Väter stehen dabei ganz vorne. Für junge Mädchen können das aber auch erfolgreiche Frauen sein, gerade dann, wenn diese eine atypische Karriere als Technikerin oder Natur wissenschaftlerin einschlagen. Eine Identitätsentwicklung ohne äußere Vorbilder sei jedenfalls schwierig und könne eher misslingen, sagt die psychologische Forschung. Denn Lernen geschieht vor allem über das Lernen von Menschen. Das gilt freilich auch im Leben von Erwachsenen. So rückt bei Führungspersonen die Vorbildfunktion, das Vermitteln von eigenen Zielen und Werten wieder in den Vordergrund. Wir lernen aber auch am Modell. So ist Wien etwa Vorbild bei der Öffnung der Verwaltung, Skandinavien bei der Bildung, vielen dient eine alte Kultur als Vorbild für Neues, und politische Systeme werden gar zum Friedensmodell erklärt. Was also macht Vorbilder aus, wie entstehen sie, hat sich ihr Stellenwert verändert, und warum brauchen wir sie? upgrade spricht mit Wissenschaftlern und Praktikern über die Rolle und Bedeutung von Vorbildern und über ganz persönliche Lebensbegleiter.
Wissen ist die Schlüsselressource in der neuen Arbeitswelt.
Impressum
Wie Sie den Umgang mit diesem einzigartigen Produktionsfaktor strategisch, methodisch und technologisch meistern, zeigt Ihnen die 4. Austrian Learning Conference (AeLC) am 6. und 7. November 2013 in Wien: Zum Stichwort Corporate eLearning breitet die AeLC 2013 einen Fächer von konkreten Anwendungsbeispielen aus und zeigt Best Practices, Erfahrungen und Beispiele für die eigene Umsetzung. Aber sie reflektiert auch kritisch die Folgen aktueller Entwicklungen im Feld des Corporate eLearning. Die AeLC ist der österreichische Branchen-Treff und bietet ideale Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch und Netzwerken mit hochkarätigen Referenten und Teilnehmern.
upgrade: Das Magazin für Wissen und Weiterbildung der Donau-Universität Krems (ISSN 1862-4154) Herausgeber: Rektorat der Donau-Universität Krems Medieninhaber: Donau-Universität Krems, Dr.-Karl-Dorrek-Straße 30, A-3500 Krems Chefredakteur: Gerhard Gensch, Donau-Universität Krems, E-Mail: gerhard.gensch@donau-uni.ac.at Verantwortliche Redakteure: Ingrid Ladner, E-Mail: ingrid.ladner@donau-uni.ac.at, Roman Tronner Autorinnen & Autoren dieser Ausgabe: Clara Akinyosoye, Christina Badelt, Julia Harlfinger, Astrid Kuffner, Ingrid Ladner, Andrea Nussbaum, Reinhard Seiß, Alexandra Simon, Roman Tronner Layoutkonzept: ki 36, Sabine Krohberger Grafik: buero8 (Edith Franz, Thomas Kussin) Schlusslektorat: Hans Fleißner, Karin Kübler Leser- und Abonnementservice: Barbara Fidler-Kaider, Telefon: +43 (0) 2732 893-2577 E-Mail: barbara.fidler-kaider@donau-uni.ac.at Herstellung: sandlerprint&more, Johann Sandler GesmbH & Co KG, Marbach Auflage: 20.000 Erscheinungsweise: vierteljährlich, upgrade 4.13 erscheint im Dezember 2013
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