2 minute read

Die Agenda 2030 gibt die Richtung vor Dr. Sabin Bieri, Direktorin Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern

Next Article
Hoval AG

Hoval AG

DIE AGENDA 2030 GIBT DIE RICHTUNG VOR

Nachhaltigkeit ist – wenn man von der aktuellen Pandemie absieht – «the flavour of the month». Nachhaltigkeit ist ein Geschäftsmodell, eine gesellschaftliche Mobilisierung, das Gebot der Stunde. Wer nachhaltig wirtschaftet, kann nicht falsch liegen. Wer nachhaltig konsumiert, braucht sich nicht einzuschränken. Nachhaltigkeit ist ein Schirm mit grosser Spannweite – vieles passt darunter.

Zu den grossen Nachhaltigkeitsbekenntnissen passt wiederum schlecht, dass das Gros der Schweizer Bevölkerung noch nie etwas von der Agenda 2030 gehört hat, geschweige denn einzelne Ziele kennt. Im nationalen Parlament sieht es kaum besser aus: Zahlreiche ParlamentarierInnen gehen davon aus, es handle sich um ein Programm für Entwicklungsländer.

Die Agenda 2030 ist eine Verpflichtung, der sich über 190 Staaten, die Schweiz inklusive, verschrieben haben. In 17 Zielen setzt sie Richtlinien für eine nachhaltigere Welt, in der nicht nur Privilegierte ein würdevolles Leben erreichen können und die auch für künftige Generationen Lebensqualität bereithält. Jene, deren ökologischer Fussabdruck gross ist – wie die Schweiz – sind gefordert, die Weichen zu tiefgreifenden Veränderungen zu stellen. Denn die Verhältnisse sind klar: 50 Prozent des globalen CO2-Ausstosses wird von 11 Prozent der Weltbevölkerung verursacht. 33 Prozent des verfügbaren Stickstoffbudgets fliesst in den Fleischkonsum der EU-Bevölkerung, die 7 Prozent der Weltbevölkerung ausmacht. Nicht zuletzt: Die 2153 Milliardäre des Planeten besitzen mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung. 1)

Die Agenda 2030 setzt Ziele – den Weg dahin müssen wir politisch aushandeln. Der Druck dazu wurde im vergangenen Jahr von der Klimajugend auf die Strasse getragen.

Unsere Produktion, unser Konsum, unsere Städte, die Mobilität, die Art, wie wir (bezahlte) Arbeit verteilen und unsere soziale Sicherheit finanzieren – all das sind Ansatzpunkte zu einem ressourcenleichteren Lebensstandard.

Wir haben es heute in der Hand: Uns bleiben zehn Jahre Zeit, um die Ziele der Agenda 2030 und damit eine zukunftsfähige Welt zu erreichen. Widersprüche sind vorprogrammiert. So stellt sich etwa die Frage: Wie können wir mehr Men

1) Oxfam, 2020 schen gesund ernähren, ohne die Artenvielfalt und das Klima noch stärker zu schädigen?

Genau darin liegt die Herausforderung: Es gilt nicht, einzelnen Zielen nachzujagen. Vielmehr müssen sie in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit analysiert und auf ihre verstärkende Wirkung hin zu substanziell nachhaltigeren und gerechteren Lösungen genutzt werden. Die in der Nachhaltigkeit engagierte Wissenschaft – darunter das CDE – erforscht, wie sich neue Technologien mit sozialen Innovationen und institutionellen Rahmenbedingungen so verbinden lassen, dass der nötige Wandel zur Nachhaltigkeit angestossen wird. Denn weiter wie bisher, nur etwas «grüner», reicht nicht. Die Wissenschaft allein schafft das jedoch nicht. Es braucht neue Gefässe für die aktive Zusammenarbeit von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Das ist der grundlegende Erfolgsfaktor für tragfähige und gesellschaftlich zustimmungsfähige Lösungen abseits ausgetretener Pfade.

Dr. Sabin Bieri, Direktorin Centre for Development and Environment (CDE), Universität Bern

This article is from: