«Wirtschaft» für den Detailhandel

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Gesellschaft/Detailhandel

Verlag Fuchs

2010/11

ISBN: 978-3-03743-530-4

Verlag Fuchs Claudio Caduff Jakob Fuchs (Hrsg.)

«Wirtschaft»

Das Fach für den Detailhandel


Inhaltsverzeichnis

2

1. Die Volkswirtschaft 1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft –– Bedürfnisse –– Güter zur Bedürfnisbefriedigung –– Das ökonomische Prinzip –– Der einfache Wirtschaftskreislauf –– Der erweiterte Wirtschaftskreislauf –– Das Bruttoinlandprodukt –– Das Wirtschaftswachstum –– Das BIP im Vergleich –– Das Volkseinkommen –– Der Produktionsfaktor Boden –– Der Produktionsfaktor Arbeit –– Der Produktionsfaktor Kapital –– Die 3 Wirtschaftssektoren –– Der Markt – Die Preisbildung –– Wirtschaft und Umwelt –– Wohlstand – Wohlfahrt

1.4. Geld und Konjunktur 10 12 13 14 16 18 19 20 22 24 25 28 30 32 36 40

1.2. Wirtschaftsordnungen –– Wirtschaftsordnungen –– Zwei Wirtschaftsmodelle –– Die soziale Marktwirtschaft –– Marktversagen –– Magisches Sechseck –– Der Sozialstaat Schweiz –– Die Finanzen der öffentlichen Hand –– Die Schuldenbremse –– Die Bundesfinanzen –– Die Finanzierung der AHV

42 43 45 46 48 49 50 51 52 54

1.3. Das Geld –– Entstehung und Aufgaben des Geldes –– Die Banken –– Geldanlagen –– Geldanlageformen –– Kontoauszug –– Kreditarten –– Geld ausgeben: Direkte Zahlung –– Geld ausgeben: Indirekte Zahlung –– Zahlung nach Erhalt eines Einzahlungsscheins –– Regelmässige Zahlung an denselben Empfänger –– Kreditkartenmarkt

56 58 60 62 65 66 70 71 72 73 74

–– Der Wechselkurs 76 –– Kursverschlechterung – Kursverbesserung 79 –– Auswirkungen von Kursänderungen 80 –– Der Landesindex der Konsumentenpreise 82 –– Die Geldpolitik der SNB 84 –– Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken 85 –– Geldwertstörungen 86 –– Die Inflation 87 –– Die Deflation 91 –– Die Konjunktur 92 –– Der Konjunkturzyklus 93 –– Konjunkturindikatoren 96 –– Konjunkturpolitik 98 –– Die Börse 100 1.5. Beziehungen nach aussen –– Die Globalisierung der Wirtschaft 102 –– Die Zahlungsbilanz 103 –– Die WTO 104 –– Der IWF 108 –– Die Weltbank 109 –– Der EU-Binnenmarkt 110 –– Die Europäische Währungsunion (EWU) 111 –– Der Einfluss des Euro auf die Schweiz 112 –– Handelsverhältnis Schweiz – EU 114 1.6. Die grafische Darstellung –– Umgang mit Statistiken –– Die grafische Darstellung

116 118

Sachwortregister

331


Inhaltsverzeichnis

3

2. Der Detailhandel 2.1. Einführung –– Betriebs- und Volkswirtschaftslehre –– Leistungen der Betriebe –– Der Detailhandel in der Volkswirtschaft –– Effektivität –– Effizienz

2.4. Marketing 122 123 124 125 126

2.2. Der Detailhandel und sein Umfeld –– Tätigkeitsbereiche des Handels 130 –– Der Grosshandel 131 –– Der Detailhandel 132 –– Stellung des Detailhandels in der Wirtschaft 134 –– Der Detailhandel im Wandel 137 2.3. Unternehmens- und Betriebsformen –– Unternehmensformen –– Unternehmensarten –– Unternehmensstrukturen –– Zwei bedeutende Aufbauorganisationen –– Projektmanagement: – Organisation auf Zeit –– Festlegungen der Aufbauorganisation –– Die Stellenbeschreibung –– Die Ablauforganisation –– Kooperation –– Betriebsformen im Detailhandel –– Stationärer Handel –– Der Wanderhandel –– Versandhandel

142 143 145 146 147 148 149 150 153 156 158 159 160

–– Der Begriff: Marketing –– Die Marktleistung: Produkt –– Die Marktleistung: Preis –– Die Marktleistung: Dienst- / Serviceleistungen –– Kommunikation –– Distribution –– Distribution im Beschaffungsmarkt –– Distribution im Absatzmarkt –– Der Marketing-Mix im stationären Handel –– Der Marketing-Mix im Versandhandel –– Marktforschung –– Marketing relevante Daten –– Die primäre Marktforschung –– Die sekundäre Marktforschung

162 166 168 172 173 175 176 177 178 180 181 182 183 184

Sachwortregister

331


Inhaltsverzeichnis

4

3. Rechtliche Bestimmungen 3.1. Kauf –– Kauf: Übersicht –– Begriffe aus ZGB und aus OR –– Der Ablauf eines Kaufvertrags –– Vertragsverletzungen –– Verschiedene Kaufarten

3.4. Rechtsformen von Unternehmen 186 187 188 190 193

3.2. Konsumentenschutz –– Konsumentenschutz: Übersicht –– Das Konsumkreditgesetz (KKG) –– Die 4 Kreditarten im Überblick –– Der Leasingvertrag –– Pauschalreisen –– Unlauterer Wettbewerb –– Die Produktehaftpflicht –– Konsumenteninformationsgesetz –– Chemikaliengesetz –– Preisbekanntgabeverordnung –– Ladenschlussverordnung

198 199 200 202 203 204 206 207 208 209 210

3.3. Die Betreibung –– Die Betreibung –– Einleitung des Betreibungsverfahrens –– Betreibung auf Pfändung –– Betreibung auf Pfandverwertung –– Betreibung auf Konkurs –– Begriffe und ihre Bedeutung –– Der Nachlassvertrag –– Der Privatkonkurs

212 213 214 216 218 222 228 230

–– Unternehmensformen: Überblick –– Einzelunternehmen –– Kollektivgesellschaft –– Aktiengesellschaft –– Gesellschaft mit beschränkter Haftung –– Genossenschaft –– Die 5 wichtigsten Rechtsformen im Überblick –– Die einfache Gesellschaft –– Das Handelsregister

232 233 234 236 242 245 248 250 252

Sachwortregister

331


Inhaltsverzeichnis

5

4. Buchhaltung / Preiskalkulation / Budget 4.1. Einfache Buchhaltung –– Einfache Buchhaltung –– Kassabuch –– Korrekturbuchungen

4.5. Budgetierung 254 255 257

4.2. Die Bilanz –– Die Bilanz –– Die Erstellung einer Bilanz

259 261

4.3. Die Erfolgsrechnung –– Die Erfolgsrechnung –– Zuschlagssätze für die Kalkulation

284

4.6. Preiskalkulation –– Preiskalkulation –– Einführung in die Einzelkalkulation –– Einkaufs- und Verkaufskalkulation –– Einzelkalkulation mit Zuschlägen und Quoten

287 289 290 294

4.7. Mehrwertsteuer 264 269

4.4. Doppelte Buchhaltung –– Die doppelte Buchhaltung –– Schlussbilanz I und II –– Interpretation der Bilanzkennzahlen

–– Budgetierung

271 278 280

–– Mehrwertsteuer

296

Sachwortregister

331


Inhaltsverzeichnis

6

5. Das Rechnen 5. Das Rechnen –– Direkter Dreisatz –– Indirekter Dreisatz –– Prozent –– Rabatt und Skonto –– Naturalrabatt –– Preisänderung –– Provision und Gratifikation –– Brutto, Netto, Tara –– Zins –– Marchzins –– Währungen –– Verteilungen –– Durchschnitte –– Mischungen

302 303 304 307 311 312 314 315 318 320 324 327 329 330

Sachwortregister

331




1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

1.1. Die Volkswirtschaft: Grundlagen Esther Kessler Jakob Fuchs Roman Capaul Claudio Caduff André Langenegger Gregor Schläpfer Thomas Zeller


1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft

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Bedürfnisse Bedürfnisse: Verlangen des Menschen, einen Mangel zu beheben. Dem Mensch gelingt es nie, all seine Bedürfnisse zu befriedigen. Wir Menschen sind nicht vollkommen. Fortwährend fehlt uns etwas. Wir haben Hunger, verspüren Durst, wir frieren oder leiden unter Krankheiten, um nur einige wenige Mangelempfindungen zu nennen. Um uns wieder wohlzufühlen, haben wir stets das Bedürfnis, diese Mängel zu beseitigen.

Bedarf Bedarf: Ist die Menge an Gütern, die zur Befriedigung von Bedürfnissen benötigt wird, bzw. der Geldbetrag, der zum Erwerb dieser Güter ausgegeben werden muss. Ein Bedarf ist also der Aufwand zur Befriedigung eines konkreten Bedürfnisses. Die Möglichkeit der Deckung des Bedarfs wird den meisten Menschen nicht einfach so in den Schoss gelegt. Wir müssen arbeiten, d.h. wirtschaftlich tätig werden, um ein Einkommen zu erzielen. Mithilfe des Geldes (Geld ist volkswirtschaftlich gesehen ein Hilfsmittel) sind wir in der Lage, zunächst lebensnotwendige Bedürfnisse zu befriedigen, um überhaupt existieren zu können. Bleibt dann noch Geld übrig, können wir wahlweise andere, nicht lebensnotwendige Bedürfnisse decken.

Bedürfnisarten 1. Individualbedürfnisse

Individualbedürfnisse sind Bedürfnisse, die der einzelne Mensch hat. Bei der Befriedigung dieser Bedürfnisse entsteht eine Rangfolge:

Grundbedürfnisse

Wahlbedürfnisse

(Existenzbedürfnisse) Die Grundbedürfnisse müssen zuerst befriedigt werden, damit der Mensch leben kann.

Aus einem breiten Angebot befriedigt der Mensch wahlweise weitere, nicht lebensnotwendige Bedürfnisse.

Mittel zur Bedürfnisbefriedigung: – Nahrung (Essen und Trinken) – Wohnung – Kleidung – ärztliche Versorgung

Mittel zur Bedürfnisbefriedigung: – Ferien – Auto – Schmuck – Bücher usw.

Der Mensch kann nie all seine Bedürfnisse befriedigen. Er muss eine Auswahl treffen. Diese Auswahl hängt von folgenden Faktoren ab: – Welche Schwerpunkte setzt der Einzelne? – Wieviel Einkommen steht dem Einzelnen zur Verfügung? – Wie sieht die Wirtschafts- und die Versorgungslage seines Landes aus? (Hat er überhaupt die Möglichkeit, sich mit genügend Gütern einzudecken?)


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft

2. K ollektiv­bedürfnisse

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Kollektivbedürfnisse sind Bedürfnisse, welche die Gesellschaft als Ganzes hat. Zwischen den Individual- und den Kollektivbedürfnissen besteht ein Zusammenhang. Im Folgenden werden die beiden Bedürfnisarten einander gegenübergestellt.

Individualbedürfnisse

Kollektivbedürfnisse

Der Einzelne allein entscheidet, welche Bedürfnisse wann und in welcher Reihenfolge er zu befriedigen gedenkt, wobei er zuerst immer die Existenzbedürfnisse abdeckt. Je mehr Einzelpersonen die gleichen Bedürfnisse befriedigen wollen, desto grösser werden die Probleme für die Gesellschaft. Es entstehen Kollektivbedürfnisse.

Durch die Vielzahl von Menschen mit gleichen Bedürfnissen ­entstehen neue Bedürfnisse, welche von der Einzelperson nicht mehr allein befriedigt werden können. Wenn die Einkommen steigen, können mehr und mehr Individualbedürfnisse befriedigt werden. Als Folge davon nehmen die Kollektivbedürfnisse zu.

Es gibt viele Individualbedürfnisse, die nur durch gesellschaftliche Anstrengungen befriedigt werden können. Beispiel: Das Bedürfnis des Individuums nach Mobilität führt zu Kollektivbedürfnissen wie dem Bau von Strassen, von Eisenbahnlinien, von Flughäfen usw. Viele Folgen der Bedürfnisbefriedigung hat die Gesellschaft zu tragen (z.B. Abfall, Umweltbelastung durch Verkehr). Aufgabe der Wirtschaft Es ist Aufgabe der Wirtschaft, eine möglichst grosse Bedürfnisbefriedigung zu ermöglichen, indem sie Güter bereitstellt.

Bedürfnispyramide nach Maslow Der amerikanische Psychologe Abraham Maslow ordnet die menschlichen Bedürfnisse auf einer fünfstufigen Pyramide:

5

Selbstverwirklichung: Entwicklung der eigenen Persönlichkeit (ist von Person zu Person ganz verschieden)

4

Wertschätzungs- und Anerkennungsbedürfnisse: Stärke, Leistung, Kompetenz, Prestige, Status, Macht, Ruhm usw.

3

Soziale Bedürfnisse: Liebe, Zugehörigkeit zu Gruppen (Familie, Freunde) usw.

2

Sicherheitsbedürfnisse: Schutz, Sicherheit, Ordnung, Stabilität, Freiheit usw.

1

Grundbedürfnisse (physische Bedürfnisse): Essen, Trinken, Schlafen, Sexualität usw.

Grundsätzlich gilt: Erst wenn das untergeordnete Bedürfnis (z.B. das Grundbedürfnis) befriedigt ist, tritt das nächsthöhere Bedürfnis (z.B. das Sicherheitsbedürfnis) auf. Maslow bezeichnet die ersten vier Bedürfnisse als Defizitbedürfnisse. Werden sie nicht befriedigt, so entsteht ein Gefühl des Mangels. Menschen, die nach Befriedigung hoher Bedürfnisse (Wertschätzung und Anerkennung sowie Selbstverwirklichung) streben können, sind gesünder, schlafen besser und leben länger.


1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft

12

Güter zur Bedürfnisbefriedigung Güter: Sind Mittel, mit denen Bedürfnisse befriedigt werden. Wir unterscheiden zwischen freien Gütern und wirtschaftlichen Gütern.

Freie Güter Freie Güter: Sind Güter, die den Menschen in ausreichender Menge (weltweit gesehen) frei zur Verfügung stehen. Daraus folgt, dass sie unentgeltlich verfügbar sind. Beispiele: Luft, Sonnenlicht, Wind Der Raubbau an der Natur lässt aber z.B. saubere Luft dennoch immer knapper werden.

Wirtschaftliche Güter Wirtschaftliche Güter: Sind Güter, die beschränkt vorhanden sind, das heisst, sie reichen nicht aus, um alle Bedürfnisse zu befriedigen. Weil wirtschaftliche Güter knapp und beschränkt sind, erzielen sie einen Preis. Unterteilung der wirtschaftlichen Güter:

Investitionsgüter

Konsumgüter

(auch Produktions- oder Produktiv­güter genannt) Mithilfe dieser Güter werden weitere Investitionsgüter und Konsumgüter hergestellt. Sie dienen der indirekten Bedürfnis­befriedigung. Beispiele: Baukran, Lastwagen, Maschinen, Taxi

Sie werden gebraucht oder verbraucht und dienen der direkten Bedürfnisbefriedigung.

Sachgüter

Dienstleistungen

Sachgüter sind materielle, d.h. körperliche Gegenstände.

Dienstleistungen sind immaterielle, d.h. nicht ­körperliche Gegenstände. Bei Dienstleistungen finden Herstellung und Verbrauch meistens gleichzeitig statt. Man kann Dienstleistungen nicht auf Vorrat produzieren.

Gebrauchsgüter

Verbrauchsgüter

Bei ihnen ist mehrfache Benützung möglich.

Sie können nur einmal verwendet werden. Nach dem Verbrauch exis­tie­ ren sie nicht mehr.

Beispiele: privates Auto, Computer, Möbelstück, Fernseh­apparat, Bücher, Kleider, Ski, Schmuck

Beispiele: Nahrungsmittel, Benzin, Heizöl, elektrischer Strom

Beispiele: Dienste von Ärzten, Beamten, Lehrern, von Banken, Gaststätten, Versicherungen, Reisebüros, von öffentlichen Verkehrsmitteln.


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft

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Das ökonomische Prinzip Ökonomisches Prinzip: Regeln, nach denen sich die privaten Haushalte (Konsumenten) und die Unternehmen (Produzenten) im wirtschaftlichen Geschehen verhalten. Das ökonomische Prinzip setzt sich aus dem Minimum-, dem Maximum- und dem Optimumprinzip zusammen. Wir zeigten, dass einerseits die Mittel zur Bedürfnisbefriedigung beschränkt, anderseits die Bedürfnisse des Menschen unbegrenzt sind. Die Knappheit der Mittel verlangt, dass man diese sorgfältig und verantwortungsvoll einsetzt. Man muss sich stets nach dem Nutzen eines Mitteleinsatzes fragen.

Das Minimumprinzip Minimumprinzip: Es wird versucht, die vorhandenen Bedürfnisse mit möglichst geringem Mitteleinsatz zu erreichen (z.B. für ein bestimmtes Sachgut möglichst wenig bezahlen müssen). Beispiele – Jemand (privater Haushalt / Konsument) versucht eine ruhige, helle 4-ZimmerWohnung (gegebenes Bedürfnis) zu einem möglichst tiefen Mietzins (Mitteleinsatz) zu finden. – Die Autohersteller (Unternehmer / Produzenten) wollen den Sicherheitsaspekt (gegebenes Kundenbedürfnis) ihrer Autos verbessern. In jedem Auto sollen Seitenaufprallschutze integriert werden. Dies wollen die Autohersteller mit möglichst wenig Arbeitsstunden (Mitteleinsatz) erreichen.

Das Maximumprinzip Maximumprinzip: Mit den vorhandenen Mitteln wird versucht, möglichst viele Bedürfnisse zu befriedigen (z.B. für eine bestimmte Summe Geld möglichst viel ­er­halten). Beispiele – Jemand (privater Haushalt / Konsument) hat 1500 Franken (gegebene Mittel) für seine Ferien gespart. Er versucht mit seinem Geld sich möglichst viele Ferienwünsche (Bedürfnisse) zu erfüllen. – Ein Waschpulverhersteller (Unternehmer / Produzent) hat ein Budget von 2 Millionen Franken (gegebene Mittel) für sein Forscherteam aufgestellt. Die Forscher haben die Aufgabe, das Waschmittel zu verbessern, vor allem sollen dabei die Umweltfreundlichkeit und das Waschergebnis (Bedürfnisse) verbessert werden.

Das Optimumprinzip Optimumprinzip: Es wird ein möglichst gutes Verhältnis zwischen Mittel­einsatz (Aufwand) und grösstmöglichem Nutzen (Ertrag) angestrebt. Das Optimumprinzip ist eine Kombination aus dem Minimum- und dem Maximumprinzip. Beispiel Ein Musikfan versucht beim Kauf einer Stereoanlage das beste Preis-LeistungsVerhältnis zu erreichen.



1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

1.1. Grundlagen der Volkswirtschaft

41

1.2. Wirtschaftsordnungen


1.2. Wirtschaftsordnungen

42

Wirtschaftsordnungen Wirtschaftsordnung: Umfasst die Regeln, nach denen die Wirtschaft in einem Land funktionieren soll. Die Wirtschaftsordnung wird im jeweiligen politischen System festgelegt. Die Volkswirtschaft und die Politik stehen in enger Verbindung zueinander. In der Demokratie (siehe «Der Staat», Demokratie) werden diese Regeln von der Gesellschaft und in der Diktatur (siehe «Der Staat», Diktatur) entweder von einer einzelnen Person oder einer kleinen Personengruppe aufgestellt. Die freie Marktwirtschaft ist eine mögliche Wirtschaftsordnung. Weiter gibt es die zentrale Planwirtschaft als Gegenpol zur freien Marktwirtschaft sowie viele Zwi­ schenformen, vor allem die soziale Marktwirtschaft.

Keine staatlichen Eingriffe Modell Freie Marktwirtschaft

Totale staatliche Lenkung

Freie Marktwirtschaft

Soziale Marktwirtschaft

Zentrale Planwirtschaft

Modell Zentrale Planwirtschaft

In den beiden absoluten Modellformen funktioniert keine Volkswirtschaft auf der Erde. Wer in einem Staat über die Staatsgewalt verfügt, bestimmt, ob die Wirt­ schaft eher nach marktwirtschaftlichen oder mehr nach planwirtschaftlichen Grund­sätzen funktioniert. In der Demokratie spielen dabei die regierenden Par­ teien die entscheidende Rolle (siehe «Der Staat», Konkordanz- und Konkurrenzde­ mokratie). Bei der sozialen Marktwirtschaft kommt dem Staat die Aufgabe zu, sozial uner­ wünschte Auswirkungen der freien Marktwirtschaft zu korrigieren. Insbesondere soll er die Rahmenbedingungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb schaffen, die Marktmacht der grossen Unternehmen vermindern sowie die Einkommens- und Vermögensverteilung koordinieren. Die soziale Marktwirtschaft steht der freien Marktwirtschaft näher als der zentralen Planwirtschaft. Je nach Nation greift der Staat mehr oder weniger ins Marktgeschehen ein (siehe S. 46, Marktversagen). Die klassischen westlichen Industrieländer (z. B. USA, Grossbritannien, Deutsch­ land, Frankreich, Italien, die Schweiz usw.) bewegen sich alle zwischen freier Marktwirtschaft und sozialer Marktwirtschaft. Kuba und Nordkorea sind jene Länder, die ihre Wirtschaft planwirtschaftlich orga­ nisieren.


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

1.2. Wirtschaftsordnungen

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Zwei Wirtschaftsmodelle Die freie Marktwirtschaft

Die zentrale Planwirtschaft

Freie Marktwirtschaft: Wirtschaftsordnung, bei der die Produktionsfaktoren (Boden, Arbeit, Kapital) in den Händen Privater sind und sich die Preise auf den Märkten aufgrund von Angebot und Nachfrage bilden.

Zentrale Planwirtschaft: Wirtschaftsordnung, bei der ein zentraler Plan die Produktion und die Verteilung der Sachgüter sowie die Bereitstellung von Dienstleis­tungen lenkt, daher auch zentral gelenkte Planwirtschaft genannt.

Im Zentrum der freien Marktwirtschaft steht die Einzelperson, das Individuum. Ziel ist es, die Wünsche der Einzelperson optimal zu befriedigen.

Im Zentrum der wirtschaftlichen Tätigkeit steht das Wohl der Gesellschaft, welche den Staat bil­ det. Ziel ist es, dass möglichst alle Menschen die­ ser Gesellschaft gleichwertig sind, dass es keine Klassenunterschiede mehr gibt. Grundsätzlich ge­ hören alle Produktionsmittel dem Kollektiv. Daher gibt es kein Privateigentum an Produktionsmit­ teln. Diese Ideen basieren auf den Theorien von Karl Marx und Friedrich Engels.

Da die Interessen sehr vielfältig und oft gegensätz­ lich sind, stellen private Haushalte und Unterneh­ men ihre eigenen Wirtschaftspläne auf. Sie treffen sich auf den Märkten, wo der Austausch der Sach­ güter und der Dienstleistungen gegen Geld statt­ findet. Dort wird auch der Preis festgelegt. Der Staat greift nicht in dieses ­Geschehen ein. Er ga­ rantiert lediglich die Freiheitsrechte, da sie die Voraussetzung für das Funktionieren der freien Markt­wirtschaft bilden. Einer der bekanntesten und prägendsten Vertreter dieses Gedankenguts war Adam Smith.

Das Kernstück der Wirtschaft bilden die Produk­ tions- und die Verteilungspläne, die von den Unter­ nehmen erfüllt werden müssen. Planungsbehörden bestimmen über Art, Grösse, Qualität und Preis der hergestellten Sachgüter. Die Erarbeitung solcher Pläne ist äusserst kompli­ ziert und komplex. Sie können daher nicht jedes Jahr neu erstellt werden und sind auf einen Zeit­ raum von z.B. 5 Jahren ausgerichtet.


1.2. Wirtschaftsordnungen

44

Die beiden Wirtschaftsmodelle im Vergleich Freie Marktwirtschaft

Zentrale Planwirtschaft

Bedürfnisfrage

Die Bedürfnisse des Einzelnen (des Individuums) stehen im Mittel­ punkt (siehe S. 11).

Die Bedürfnisse der Gesellschaft als Gemeinschaft (des Kollektivs) stehen im Mittelpunkt (siehe S. 11).

Produktionsmittel (Boden, Arbeit, Kapital)

Sie sind in privaten Händen. Man spricht in diesem Fall auch von Kapitalismus.

Sie gehören allen zusammen, der ganzen Gesellschaft (dem Kollektiv). Man spricht in diesem Fall auch von Sozialismus.

Steuerungs­instrument

Eine Vielzahl von Märkten steuert das Verhalten von Unternehmen und privaten Haushalten. Es herrscht ein freier Wettbewerb.

Ein zentral erarbeiteter Plan, in dem für alle wirtschaftlichen Tätigkei­ ten Anweisungen gegeben werden, steuert die Wirtschaft. (Was wird wann, wo, wie und zu welchem Preis produziert?)

Preisbildung

Der Preis bildet sich auf dem Markt aufgrund von Angebot und Nachfrage.

Der Preis wird zentral festgelegt.

Antrieb zu wirt­ schaftlicher Tätigkeit

Jedermann kann Gewinn erzielen.

Die aufgestellten Pläne müssen erfüllt werden. Dazu wird Zwang ausgeübt.

Eigentum

Jeder Private kann grundsätzlich alles zu Eigentum erwerben.

Grundsätzlich gehört alles dem Kollektiv, der gesamten Gesellschaft. Daher gibt es kein Privateigentum.

Aufgaben des Staates

Er muss ausschliesslich die Freiheits­ rechte garantieren (Wirtschaftsfreiheit, Niederlassungsfreiheit, freie Wahl von Arbeitsplatz und Beruf, Wettbewerbs­ freiheit usw.). Sonst soll er keine weiteren Aufgaben wahrnehmen.

Er entscheidet allein, was, wann, wo, wie und zu welchem Preis produziert wird. Daher kann es wenig Freiheits­ rechte geben.

Politisches System

Die freie Marktwirtschaft und somit der Kapitalismus setzt Demokratie voraus.

Planwirtschaftliche Ziele können nur mittels Diktatur durchgesetzt werden.


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1.2. Wirtschaftsordnungen

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Die soziale Marktwirtschaft Soziale Marktwirtschaft: In dieser Wirtschaftsordnung werden die Ideen der freien Marktwirtschaft weitgehend übernommen. Zum Schutz der Schwachen (daher «soziale» Marktwirtschaft) spielt der Staat aber eine lenkende Rolle und greift ins Marktgeschehen ein. Die soziale Marktwirtschaft bildet einen «Kompromiss» zwischen freier Marktwirt­ schaft und zentraler Planwirtschaft. Während im System der freien Marktwirtschaft der Staat praktisch keine Rolle zu spielen hat, ist er bei der zentralen Planwirtschaft allgegenwärtig, die dominierende Kraft. Bei der sozialen Marktwirtschaft tritt der Staat hingegen erst dann auf, wenn das Spiel der freien Kräfte zu Fehlentwicklungen führt oder die Schwächeren Nachteile zu erleiden haben. Die konkrete Form der sozialen Marktwirtschaft ist das Resultat der politischen Entscheidung des jeweiligen Landes. In der Demokratie spielen dabei politische Parteien und Verbände eine zentrale Rolle (siehe «Der Staat»). In der Schweiz stützt sich der Staat auf die BV-Artikel 94 ff., welche es ihm erlauben einzugreifen. Beseitigung von Fehlentwicklungen

Würde der Staat nicht eingreifen, würden Fehlentwicklungen entstehen, die den Menschen schaden (Beispiel: Gesetzgebung im Umweltschutz).

Garantie des freien Wettbewerbs

Der Staat trifft z.B. Massnahmen gegen Missbräuche im Kartellwesen. (Kartelle sind vertragliche Vereinbarungen von Unternehmen, die mittels Absprachen den Markt zu beherrschen versuchen; vornehmlich betrifft dies Preis- oder Gebiets­ absprachen. Mit der Wettbewerbskommission (WEKO) und dem Preisüberwacher hat der Bund zwei Institutionen geschaffen, die gegen zu hohe Preise und zu wenig Wettbewerb kämpfen (siehe S. 82).

Förderung einzelner Wirtschaftszweige

Der Staat will einzelne Wirtschaftszweige schützen und fördern (z.B. die Landwirt­ schaft: Um den Bauern ein möglichst faires Einkommen zu garantieren, erfolgen Direktzahlungen, Zahlung von Subventionen usw.).

Erreichen von mehr ­sozialer Gerechtigkeit

Der Staat sorgt für: a) eine gewisse Umverteilung der Einkommen und der Vermögen mittels progres­ siver Besteuerung oder indem er Subventionen zahlt (siehe S. 22 f., Einkom­ mensverteilung); b) eine genügende Einkommenssicherung der Erwerbstätigen beim Erreichen der Pensionierung (AHV), bei Invalidität, bei Arbeitslosigkeit, bei Unfall usw.; c) eine kostenlose Grundschulbildung. Zusätzlich finanziert der Staat höhere Schulen weitgehend mit.

Eigen­aktivitäten des Staates im Interesse des Gemeinwohls

Da gewisse Aufgaben vom Einzelnen (Privaten) gar nicht mehr ausgeführt werden können, wird der Staat im Interesse des Gemeinwohls aktiv (Beispiele: Bau von Autobahnen, Bau von Kehrichtverbrennungsanlagen, Bau von Spitälern). Die öf­ fentliche Hand (Bund, Kantone und Gemeinden) ist der grösste Auftraggeber in der Volkswirtschaft.

Bestimmung des wirtschaftlichen Kurses durch Regierung und Parlament

Die Rolle, welche der Staat u.a. im Wirtschaftsgeschehen spielen soll, legt in der Demokratie das Volk fest, wenn es das Parlament und somit die Regierung wählt. Eine sozialdemokratische Regierung wird mehr staatliche Eingriffe tätigen als ­eine liberale (siehe «Der Staat», Die Parteien).



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1.3. Das Geld


1.3. Das Geld

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Entstehung und Aufgaben des Geldes Geld: Ist ein Hilfsmittel, um Sachgüter zu erwerben und Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Als Geld gilt alles, was jedermann zum Tausch von Sach­ gütern und von Dienstleistungen akzeptiert. Für jede Form von Geld gelten drei Bedingungen: Akzeptanz, Vertrauen in den Wert des Geldes und Knappheit.

Vom Tauschhandel zum Zahlungsmittel «Geld» Selbstversorger Zuerst waren die Menschen Selbstversorger, d.h. jeder Mensch stellte alle Güter selbst her, die er zum Leben brauchte. Er benötigte daher auch kein «Geld». Als die Menschen sesshaft wurden, erkannten sie, dass nicht jedermann in allen Bereichen die gleichen Fähigkeiten besass. Die Arbeit wurde unter den Menschen aufgeteilt. Dadurch waren die Menschen gezwungen, Sachgüter untereinander zu tauschen. Tauschhandel Man tauschte Ware gegen Ware (Warentausch). Es entstanden neue Probleme: – A brauchte von B ein Produkt (z. B. Werkzeuge). Doch B konnte mit dem Pro­ dukt von A (z. B. Tische) nichts anfangen. – Die Produkte waren von völlig unterschiedlichem Wert. – Nicht alle Produkte liessen sich beliebig teilen. – Die Transportierbarkeit der Produkte bereitete zum Teil grösste Schwierigkeiten oder war gar nicht möglich (z. B. Haus). In wirtschaftlichen Krisen und bei unstabilen Währungen hat der Tauschhandel auch heute noch eine grosse Bedeutung (z. B. in gewissen afrikanischen Ländern). Gold und Silber Weil der Tauschhandel zu umständlich wurde, schuf man ein Zahlungsmittel. Es brauchte etwas, das – allgemein anerkannt (man muss an den Wert des Geldes glauben, es akzeptieren), – leicht teilbar, – leicht transportierbar, – leicht übertragbar, – knapp, begehrt und nicht verderblich war. Gold und Silber erfüllten diese Bedingungen. Zunächst wurden die zur Zahlung verwendeten Metalle abgewogen (daher auch «Wägegeld» genannt). Später prägte man vollwertige Münzen aus Gold und Silber (= Kurantmünzen). Da Gold und Silber knappe Edelmetalle sind und der Handel ausgeweitet wurde, akzeptierte man mit der Zeit auch Münzen, deren Materialwert tiefer war als der auf der Münze geprägte Wert (= Scheidemünzen). Die Ausweitung des Handels und damit des Geldverkehrs brachte zudem die Not­ wendigkeit mit sich, das schwere Münzgeld durch eine bequemere Zahlungsart zu ersetzen: Für die Hinterlegung von Gold und Silber erhielt man eine Quittung. Mit der Zeit wurden diese Quittungen weitergereicht und an Zahlung genommen. Das Papier­ geld war «geboren», die Vorstufe der heutigen Banknoten.


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1.3. Das Geld

57

Die Aufgaben des Geldes Geld erfüllt drei Aufgaben. Es ist Zahlungsmittel

Wertaufbewahrungsmittel

Wertmassstab

➔ zahlen

➔ sparen

➔ vergleichen

Man bezahlt mit Geld.

Man spart mit Geld.

Aufgrund der Preis­ angaben werden Waren miteinander ver­glichen.

Der Wert des Geldes Kaufkraft des Geldes Der Wert des Geldes wird mit der Kaufkraft gemessen. Die Kaufkraft zeigt, wie viele Sachgüter und Dienstleistungen mit einem Franken gekauft werden können. Wenn die Preise steigen, nimmt die Kaufkraft ab. Es können also mit einem Franken weniger Sachgüter und Dienstleis­tungen gekauft werden.

Wenn die Preise sinken, steigt die Kaufkraft. Es können also mit einem Franken mehr Sachgüter und Dienst­ leistungen gekauft werden.

Binnenwert des Geldes Der Binnenwert des Geldes gibt an, wie viele inländische Sachgüter und Dienstleis­ tungen z. B. mit 100 Franken gekauft werden können. Aussenwert des Geldes Der Aussenwert des Geldes gibt an, wie viele ausländische Sachgüter und Dienst­ leistungen z. B. mit 100 Franken gekauft werden können. Er zeigt auf, welchen Wert das inländische Geld gegenüber fremdem Geld hat.

Die Formen des Geldes heute Bargeld Münzen und Noten sind Bargeld. Das Bargeld spielt heute eine untergeordnete Rolle (knapp 10% der Geldmenge), besonders seit es die Kredit- und die Bargeld­ karten gibt. Buchgeld Das Buchgeld wird auch Giralgeld genannt (kommt von Giro = Überweisung). Beim Buchgeld handelt es sich um Guthaben bei den Banken und der Post, über die der Kunde ständig verfügen kann. Er kann sein Guthaben jederzeit in Bargeld umwandeln. Das Buchgeld besitzt wie das Bargeld eine echte Zahlungsfunktion. Buchgeld entsteht: – durch Einzahlung von Bargeld auf ein Konto, – durch Gutschrift auf einem Konto, – durch Überweisung (z. B. bargeldlose Lohnzahlung), – durch Kreditgewährung der Geldinstitute. Beim Buchgeld erfolgt die Bezahlung durch das Umbuchen von einem Konto auf ein anderes. Devisen Devisen sind Buchgeld in ausländischen Währungen.


1.3. Das Geld

58

Die Banken Wir unterscheiden in der Schweiz zwischen der Schweizerischen Nationalbank und den Schweizer Geschäftsbanken. Zusammen regeln und steuern sie den Geld­ strom in unserer Volkswirtschaft (siehe S. 14 ff.).

Die Schweizerische Nationalbank

(SNB)

Schweizerische Nationalbank (auch Zentralbank oder Notenbank genannt): Ist eine eigenständige staatliche Institution, die aufgrund der Bundesverfassung das Notenmonopol (alleiniges Recht zur Herstellung und zur Herausgabe von Bank­noten) hat. Die Schweizerische Nationalbank soll eine Geldpolitik führen, die dem Gesamt­ interesse der Schweiz dient (BV 99). Sie ist von der Regierung (dem Bundesrat) unabhängig. – Jede Volkswirtschaft hat eine Nationalbank (z. B. USA: FED, EU: EZB). Die ­National­banken sind für die Geldpolitik ihres Landes zuständig. Sie haben die Aufgabe, die Geldmenge den Bedürfnissen der Wirtschaft anzupassen, wobei sie beachten müssen, dass einerseits nicht zu viel Geld im Umlauf ist und dass anderseits der Wirtschaft nicht zu wenig Geld zur Verfügung steht. – In gewissen Ländern sind die Nationalbanken mehr oder weniger von ihren Regie­ rungen abhängig, z. B. in Brasilien oder in Russland. In der Schweiz untersteht die SNB zwar der Aufsicht von politischen Behörden, da sie öffentliche Aufgaben er­ füllt, in ihren Entscheidungen ist sie aber frei. Damit wird auch vermieden, dass die SNB zur Finanzierung der Staatsausgaben missbraucht werden könnte. – Die Nationalbanken versorgen die Geschäftsbanken mit Geld und gewähren ihnen Kredite. Daher werden sie auch als «Bank der Banken» bezeichnet.

Die Geschäftsbanken Geschäftsbanken: Sind Institutionen, die sich gewerbsmässig mit Geschäften des Zahlungs- und des Kreditverkehrs befassen. Sie nehmen Geld entgegen (Er­ sparnisse) und leihen es aus (Kredite). – In einer Volkswirtschaft koordinieren die Geschäftsbanken das Zusammentref­ fen des Geldangebots und der Geldnachfrage. ➔ www.verlag-fuchs.ch/vwl

– Die Geschäftsbanken sorgen zusammen mit der Post für den bargeldlosen Zahlungs­ verkehr. Sie erbringen Dienstleistungen bei Finanzierungs- und Anlagegeschäften.


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1.3. Das Geld

Die Schweizerische Nationalbank

59

(SNB)

Die schweizerischen Geschäftsbanken

Gesetzliche Grundlage

Gesetzliche Grundlage

Gemäss BV 99 steht dem Bund das Recht zur Herausgabe von Banknoten zu. Der Bund hat dieses Recht aber aus­ schliesslich der Schweizerischen National­bank übertragen. Die Nationalbank hat rein volkswirtschaft­liche Aufgaben zu erfüllen, d.h. sie arbeitet nicht ge­winn­orientiert.

«Eine Bank bedarf zur Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit ­einer Bewilligung der Bankenkommission;...» (Art. 3 des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen). Die Bankenkommission ist das Aufsichtsorgan des Bundes. Der Bundesrat wählt die Mitglieder der Bankenkommission. Die Bankenkommission erteilt die Bewilligung, wenn die Voraussetzungen wie Mindestreserven, Liquiditätsvor­ schriften (finanzielle Mittel) usw. gegeben sind.

Hauptaufgaben der Nationalbank

Haupttätigkeiten der Geschäftsbanken

Die Schweizerische Nationalbank hat vier wesentliche Aufgaben zu erfüllen:

1.

1. Den Geldumlauf der Schweiz regeln Die SNB regelt den Bargeldumlauf und sichert die Qualität der Banknoten (d.h. sie zieht einen Teil der abgenutzten Banknoten aus dem Verkehr und gibt neue Noten heraus, ohne dadurch die Geldmenge zu erhöhen). 2. Den Zahlungsverkehr erleichtern Die SNB hat für den Zahlungsverkehr, welchen die Geschäftsbanken unter sich tätigen, ein einheitliches Abwicklungssystem (das Swiss Interbank Clearing, SIC) geschaffen. Dadurch wurde die Abwicklung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs wesentlich erleichtert. 3. Eine im Gesamtinteresse dienende Geld- und Währungspolitik führen Die SNB versucht mit der Steuerung der Geldversor­ gung die Inflation niedrig zu halten und anderseits ein stetiges Wirtschaftswachstum zu fördern.

Passivgeschäfte – Spareinlagen und Festgelder entgegennehmen – Kassa­obligationen herausgeben – Sichteinlagen tätigen

2. Aktivgeschäfte – Kredite an Unternehmen und Privatpersonen gewähren – Hypothekargeschäfte tätigen (Finanzierung von Immobilien) 3. Übrige Dienstleistungen – Zahlungsverkehr im In- und mit dem Ausland abwickeln – Wertschriften an- und verkaufen (z. B. Aktien und Anleihensobligationen) usw. – Vermögen verwalten Nicht alle Banken bieten sämtliche Geschäfte an.

4. Ein stabiles Finanzsystem fördern Die SNB analysiert die Entwicklungen an den Finanz­ märkten. Sie stellt (zusammen mit dem Bund und der Eidgenössischen Bankenkommission) Rahmenbedin­ gungen für den Finanzplatz auf und gewährt in letzter Instanz Liquiditätshilfen (Kreditgeberin). Die SNB berät in Währungsfragen die Bundesbehörden. Vor wichtigen geldpolitischen Entscheiden unterrichtet die SNB den Bundesrat. Häufig stimmen der Bundesrat und die SNB ihre Massnahmen gegenseitig ab.

Organisation

Organisation der Geschäftsbanken

Die Schweizerische Nationalbank ist eine Aktiengesell­ schaft. Rund 55% des Aktienkapitals sind im Besitz von Kantonen, Kantonalbanken, Gemeinden und anderen öf­ fentlich-rechtlichen Institutionen. Der Bund besitzt keine Aktien. Ungefähr 45% des Aktienkapitals sind im Besitz von Privatpersonen und Unternehmen.

Die Geschäftsbanken können in unterschiedlichen Rechtsformen bestehen. Es gibt zum Beispiel: – Aktiengesellschaften: Berner Kantonalbank, UBS (Uni­ on Bank of Switzerland), CS (Credit Suisse), – Genossenschaften: Raiffeisenbanken, – öffentlich-rechtliche Anstalten: gewisse Kantonalbanken.

Kunden

Kunden

Kunden sind die Geschäftsbanken und der Bund. (Privatpersonen sind keine Kunden der Nationalbank.)

Kunden sind Privatpersonen, Unternehmen, die Kan­tone und der Bund.



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1.4. Geld und Konjunktur


1.4. Geld und Konjunktur

76

Der Wechselkurs Wechselkurs: Ist der Preis, zu dem Währungen gegeneinander ausgetauscht werden. Oft wird der Wechselkurs auch «Devisenkurs» genannt.

Die Devisen Ausländische Währungen werden auch als «Devisen» bezeichnet, wobei dieser Be­ griff zwei Bedeutungen haben kann. Devisen: a) Devisen sind ausländische Zahlungsmittel ($, £, ¥,  usw.). b) Devisen sind im Ausland zahlbare Geldforderungen, welche in ausländischen Währungen beglichen werden müssen. (Beispiel: Eine Schweizer Firma muss in den USA eine Rechnung begleichen, welche auf 130 000 $ lautet.)

Der Devisenmarkt Der Wechselkurs bildet sich auf dem Devisenmarkt. Devisenmarkt: Ist der Ort, an welchem Devisen (fremde Währungen) gehandelt werden. Das Wechseln von inländischem Geld in fremdes und von fremdem Geld in inlän­ disches ist eine Dienstleistung, welche in den meisten Fällen von den Banken er­ bracht wird. Der Verdienst liegt darin, dass die Banken für den Ankauf von fremdem Geld (sie nimmt fremdes Geld entgegen und man erhält dafür inländisches Geld) und für den Verkauf von fremdem Geld (die Bank gibt fremdes Geld gegen Zahlung von inländischem) verschiedene «Preise» (Kurse) berechnen.

Verkauf und Ankauf von fremden Währungen Wir unterscheiden zwischen: Verkauf von fremden Währungen (aus der Sicht der Bank)

An- bzw. Rückkauf von fremden Währungen (aus der Sicht der Bank)

Briefkurs = ich bezahle (Fachsprache: Ask) Dieser Kurs gilt, wenn man inländisches Geld in eine fremde Währung wechselt. Die Bank bietet einem die fremde Währung zu diesem Kurs an. Der Briefkurs ist immer höher als der Geldkurs. Geldkurs = ich erhalte (Fachsprache: Bid) Dieser Kurs ist massgebend, wenn die Banken fremdes Geld entgegennehmen und dafür inländisches Geld zahlen. Die Bank kauft die fremde Währung. Der Geldkurs ist immer tiefer als der Briefkurs. In der Schweiz wird angegeben, wie viel man für 1 oder 100 ausländische Geldein­ heiten zahlen muss. Um 1 Euro zu erhalten, müssen z.B. CHF 1.48 (Januar 2010) bezahlt werden. Mit Ausnahme des Dollars ($), des Pfunds (£) und des Euro (), bei denen der Kurs auf eine Geldeinheit bezogen ist, wird angegeben, wie viel man für 100 aus­ ländische Geldeinheiten zahlen muss. Um 100 Yen (¥) zu erhalten, muss man z.B. 1.16 CHF (Januar 2010) bezahlen.


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1.4. Geld und Konjunktur

77

Noten und Devisen Will man sich orientieren, welcher Kurs zurzeit gilt, findet man z.B. in Zeitungen zwei verschiedene Rubriken, genannt «Noten» und «Devisen».

Wechseln von Bargeld

Noten Der Begriff «Noten» gilt immer, wenn Geld in ausländisches Bargeld gewechselt wird. Folglich gilt der Begriff «Noten», wenn man z.B. ausländisches Geld für ­eine Ferienreise erwirbt. Die Spannweite zwischen Ankauf (Geldkurs) und Verkauf (Briefkurs) ist grösser, da die Aufwendungen für die Bank höher sind. Die Bank muss u.a. das Bargeld zinslos aufbewahren und zur Sicherheit des Bargeldes eine Versicherung ab­ schliessen.

Wechseln von Buchgeld

Devisen Der Begriff «Devisen» gilt immer, wenn kein ausländisches Bargeld ausbezahlt wird. Es handelt sich um Buchgeld. (Beispiel: Es werden 1 000 Euro nach Mün­ chen auf ein Konto transferiert.) Die Spannweite zwischen Ankauf (dem Geldkurs) und Verkauf (dem Briefkurs) ist geringer. Die Aufwendungen für die Bank sind kleiner, weil die Transaktionen ge­ tätigt werden können, ohne Bargeld zu verschieben.


1.4. Geld und Konjunktur

78

Flexibler Wechselkurs – fixer Wechselkurs Der Wechselkurs kann flexibel (beweglich) oder fix (fest) sein.

Flexibler Wechselkurs Flexibler (beweglicher) Wechselkurs: Der Wechselkurs entwickelt sich am Devisenmarkt ausschliesslich aufgrund von Angebot und Nachfrage. Der Kurs schwankt frei (auch «Floating» genannt). Sauberes Floating

Greift die Nationalbank auf dem Devisenmarkt nicht in den Mechanismus von Angebot und Nachfrage ein (man sagt auch, sie interveniert nicht), dann bezeich­ net man dies als «sauberes Floating».

Schmutziges Floating

Beim «schmutzigen Floating» hingegen greift die Nationalbank in die Devisen­ märkte ein (sie interveniert), indem sie fremde Währungen kauft oder verkauft. Dadurch beeinflusst sie die Wechselkurse. Die Industrienationen wenden heute das «schmutzige Floating» an. Beispiel einer Intervention durch die Nationalbank Der CHF ist gegenüber dem $ sehr hoch bewertet, wodurch unsere Exportwirt­ schaft im Ausland immer weniger konkurrenzfähig wird. Um unsere Exportwirt­ schaft zu stützen, erhöht die Notenbank die Nachfrage nach Dollar, indem sie grös­ sere Mengen Dollar aufkauft. Damit will sie erreichen, dass der $ steigt und der CHF an Wert verliert. Dafür muss sie aber Schweizer Franken abgeben, was letzt­ lich das Risiko einer Inflation in sich bergen kann (siehe S. 88 ff.). Wenn bei gleichbleibendem Angebot mehr und mehr Einheiten einer Währung nachgefragt werden, steigt der Kurs dieser Währung. Im umgekehrten Fall fällt er. Da täglich ein äusserst reger Austausch von Währungen erfolgt, ändern sich die Kurse von Tag zu Tag (siehe S. 32, Angebot und Nachfrage).

Fixer Wechselkurs Fixer (fester) Wechselkurs: Handelspartner oder Staaten einigen sich untereinander, die Währung gegenseitig so zu wechseln, dass der Austauschpreis nur ­innerhalb von engen Grenzen schwanken darf. Die Nationalbank muss ständig intervenieren, damit der Kurs beibehalten werden kann. Erreicht der Dollar-Kurs den oberen Interventionspunkt, weil die Nachfrage nach $ grösser ist als das Angebot, muss die Nationalbank $ auf den Markt bringen. Da­ durch vergrössert sie das Angebot, und der Kurs steigt nicht mehr, oder er fällt gar. Im umgekehrten Fall (der Dollar erreicht den unteren Interventionspunkt), kauft die Nationalbank $ auf, um die Nachfrage anzuheizen. Der Kurs fällt nicht mehr, oder er beginnt gar zu steigen. CHF/$

▼ 1.60

oberer Interventionspunkt

1.10

unterer Interventionspunkt

Steigender und fallender Wechselkurs

Zeit


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1.4. Geld und Konjunktur

79

Kursverschlechterung – Kursverbesserung Die Veränderungen der Devisenpreise bei flexiblen Wechselkursen werden Kurs­ verschlechterung und Kursverbesserung genannt.

Kursverschlechterung Kursverschlechterung: Die inländische Währung verschlechtert sich, wenn man für eine ausländische Währung mehr und mehr bezahlen muss. Es liegt eine Kursverschlechterung vor, wenn man gestern für 1 Euro CHF 1.48 bezahlte und heute CHF 1.52 bezahlen muss. Beim Umtausch in fremdes Geld muss mehr inländisches Geld aufgewendet wer­ den. Somit wird das ausländische Geld teurer. Gegenüber einer ausländischen Währung verliert die inländische Währung an Wert. CHF/EUR

Ursachen einer Verschlechterung

Zeit

– unberechenbare politische Lage – geringe oder keine Währungs­ reserven – geringe Nachfrage nach dieser Währung – hohe Inflationsraten – kritisch eingestufte oder schlechte Wirtschaftslage – hohe öffentliche Staatsdefizite – Verkauf der Währung im grossen Stil

Kursverbesserung Kursverbesserung: Die inländische Währung verbessert sich, wenn man für eine ausländische Währung weniger und weniger bezahlen muss. Es liegt eine Kursverbesserung vor, wenn man gestern für 1 Euro CHF 1.52 be­ zahlte und heute CHF 1.48 bezahlen muss. Beim Umtausch in fremdes Geld muss weniger inländisches Geld bezahlt werden, somit wird das ausländische Geld billiger. Gegenüber einer ausländischen Wäh­ rung nimmt die inländische Währung an Wert zu. – stabile politische Verhältnisse – grosse Währungsreserven – grosse Nachfrage nach dieser ­ Währung – keine oder eine geringe Inflation – gute Wirtschaftslage – keine allzu grossen Defizite im ­öffentlichen Haushalt

CHF/EUR

Ursachen einer Verbesserung

Zeit



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1.5. Beziehungen nach aussen


1.5. Beziehungen nach aussen

102

Die Globalisierung der Wirtschaft Globalisierung: Ist die zunehmende weltumspannende Verflechtung in Wirtschaft, Politik, Kultur, Information und Kommunikation. (globalisieren = auf die ganze Welt ausrichten) Die zunehmende weltweite Verflechtung der Wirtschaft, der Kulturen, der Informationen und der Politik stellt eine bedeutende Entwicklung in der Menschheitsgeschichte dar.

Die Globalisierung der Wirtschaft Die Volkswirtschaft interessiert sich vor allem für den wirtschaftlichen Bereich. Die Wirtschaft vermag problemlos nationale Grenzen zu überwinden (durch Fusionen, Gründung von Tochtergesellschaften usw.). Und die Wirtschaft ist sehr flexibel. Daher verschmelzen heute die Weltmärkte mehr und mehr. Es findet ein weltweiter Konkurrenzkampf statt. Um auf den Weltmärkten präsent zu sein und bestehen zu können, sehen sich die Unternehmungen gezwungen, zu wachsen oder sich mit anderen Unternehmungen zusammenzuschliessen. Es gibt schweizerische Unternehmungen, die nur noch einen kleinen Teil ihres Umsatzes in der Schweiz erwirtschaften. (Beispiel: Die Zementgruppe Holcim, weltweit grösstes Unternehmen in diesem Markt, erwirtschaftet im Inlandgeschäft nur noch 5%, den Rest in der übrigen Welt.) Finanzmärkte (Kapital)

Die bedeutendste Globalisierung hat auf den Finanzmärkten stattgefunden, weil das Kapital relativ einfach in verschiedene Länder transferiert werden kann. Beispiel: Schweizerische Kapitalanleger können von höheren Zinsen profitieren, indem sie ihr Geld auf ausländischen Kapitalmärkten anlegen. Das Risiko der einzelnen Kapitalanlagen auf den internationalen Kapitalmärkten muss aber abgewogen werden. Problem: Geht es einer Wirtschaft schlechter (z.B. Brasilien, Russland, Japan), reagieren die Kapitalanleger panikartig und sie ziehen ihr Kapital im grossen Stil zurück. Dadurch verschärft sich die wirtschaftliche Krise im entsprechenden Land. Diese Krise kann augenblicklich auf andere nicht so sichere Finanzplätze übergreifen.

Arbeitsmärkte (Arbeit)

Im Gegensatz zu den Finanzmärkten ist der Arbeitsmarkt stärker auf die einzelne Volkswirtschaft begrenzt. Von den Arbeitnehmern wird aber vermehrt Mobilität verlangt, da die Unternehmungen weltweit tätig sind. Durch die Globalisierung hat sich die Konkurrenz unter den Arbeitnehmern weltweit verschärft. Für qualifizierte Arbeitskräfte haben sich die Möglichkeiten verbessert, im Ausland zu arbeiten.

Gütermärkte

Die offensichtlichste Art der Globalisierung ist der weltweit schnelle Austausch von Sachgütern und Dienstleistungen. Diese werden häufig nicht mehr in der Schweiz produziert und dann exportiert, sondern im Ausland hergestellt, wo vor allem die Lohnkosten tiefer sind. (Die im Ausland von schweizerischen Unternehmungen produzierten Sachgüter und Dienstleistungen übersteigen wertmässig die gesamten Exporte der Schweiz.)


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1.5. Beziehungen nach aussen

103

Die Zahlungsbilanz Um eine bessere Übersicht zu erhalten, wird die Zahlungsbilanz in verschiedene Teilbilanzen aufgegliedert. Handelsbilanz Sie stellt die Exporte (Ausfuhren von Sachgütern) den Importen (Einfuhren von Sachgütern) gegenüber. Wird mehr exportiert als importiert, so entsteht in der Handelsbilanz ein Überschuss, im andern Fall ein Defizit. (2008 stammten 78,8% aller Importe aus den 27 EU-Staaten und 60,9% aller Exporte gingen dorthin. Die Schweiz ist somit von der EU abhängig, siehe S. 114.) Dienstleistungsbilanz Sie stellt die Einnahmen von exportierten Dienstleistungen und die Ausgaben für importierte Dienstleistungen einander gegenüber. Die Dienstleistungen umfassen u.a. den Fremdenverkehr, Bankdienstleistungen, Versicherungs- und Transportgeschäfte. Die Schweiz weist in der Dienstleistungsbilanz traditionell einen Überschuss auf, der aber voraussichtlich im Jahre 2009 geringer ausfallen wird. Bilanz der Arbeits- und Kapitaleinkommen a) Es werden die Arbeitseinkommen von Grenzgängern erfasst. Da in der Schweiz mehr ausländische Grenzgänger arbeiten als Schweizer im benachbarten Ausland, entsteht bei den Arbeitseinkommen ein Defizit. b) Zudem erfasst man sämtliche Erträge (z.B. Zinsen) von Kapitalien, welche von einzelnen Schweizern oder Schweizer Unternehmen im Ausland investiert worden sind, sowie die Zinsen, welche für ausländische Guthaben bezahlt werden müssen, die in der Schweiz investiert worden sind. Bei den Kapitaleinkommen erzielt die Schweiz jeweils einen grossen Überschuss. Die Bilanz der Arbeits- und Kapitaleinkommen ergibt für die Schweiz insgesamt 2008 erstmals ein Defizit. Bilanz der laufenden Übertragungen Berücksichtigt werden hier die von Ausländern in der Schweiz verdienten Einkommen, welche diese nicht mehr in der Schweiz ausgeben, sondern ins Ausland überweisen, sowie Gelder aus der AHV und der Pensionskasse, welche den in ihre Heimatländer zurückgekehrten Ausländern ausbezahlt werden. Gelder für die Entwicklungshilfe und für internationale Organisationen werden ebenfalls in dieser Bilanz erfasst. Üblicherweise resultiert für die Schweiz in der Bilanz der laufenden Übertragungen ein Defizit. Ertragsbilanz Die Handelsbilanz + die Dienstleistungsbilanz + die Bilanz der Arbeits- und der Kapitaleinkommen + die Bilanz der laufenden Übertragungen = Ertragsbilanz Die Schweiz weist in ihrer Ertragsbilanz einen Überschuss auf. Sie exportiert insgesamt mehr Sachgüter, Dienstleistungen, Arbeits- und Kapitaleinkommen, als sie importiert. Zahlungsbilanz Ertragsbilanz + Kapitalverkehrsbilanz = Zahlungsbilanz.

➔ www.verlag-fuchs.ch/vwl

Einfach ausgedrückt, erfordert jede Verbuchung bei einer der vier Bilanzen (Handelsbilanz, Dienstleistungsbilanz, Bilanz der Arbeits- und der Kapitaleinkommen und Bilanz der laufenden Übertragungen) eine Gegenbuchung in der Kapitalverkehrsbilanz. Daher ist die Zahlungsbilanz als Ganzes immer ausgeglichen.


1.5. Beziehungen nach aussen

Die WTO

104

(Die Welthandelsorganisation)

WTO: (World Trade Organization = Welthandelsorganisation) basiert auf einem 1995 in Kraft getretenen völkerrechtlichen Vertrag. Die WTO ist eine internationale Organisation. Der WTO gehören zurzeit 153 Staaten an (u.a. auch die Schweiz). Die Mitgliedstaaten decken über 90% des Welthandels ab. Sitz ist Genf.

Die Ziele der WTO – – – –

Den weltweiten Handel mit Sachgütern und Dienstleistungen regeln Den freien Welthandel garantieren Handelsschikanen abbauen Faire Spielregeln im Welthandel schaffen

Die 3 Funktionen der WTO Rechtlich gesehen ist die WTO die «Strassenverkehrsordnung des Welthandels». Wer das Vertragswerk verletzt, muss dafür «bezahlen» und die Verletzung aufgeben oder in Form von Handelszugeständnissen dem Geschädigten Ersatz leisten. Wirtschaftlich gesehen dient die WTO der schrittweisen Liberalisierung des Welthandels. Politisch gesehen ist die WTO eine Plattform für die Zusammenarbeit zwischen Staaten und Regierungen und ermöglicht die friedliche Beilegung von Differenzen im Handelsbereich zwischen einzelnen WTO-Mitgliedstaaten.

Aufgaben der WTO

➔ www.verlag-fuchs.ch/vwl

n i c e

t o

Die WTO verwaltet internationale Handelsverträge und stellt ein Forum dar für die Weiterentwicklung bestehender und die Verhandlung neuer Verträge im Bereich des Welthandelsrechts. Dank des WTO-Streitschlichtungsverfahrens (siehe S. 107) besitzen die WTO-Regeln gegenüber den Vertragsparteien auch Verbindlichkeit. Zudem werden in der WTO gegenseitig die Handelspolitiken der Mitgliedländer überprüft (Trade Policy Review).

k n o w

Die «Uruguay-Runde» In 8 «Runden» ist der 1947 ins Leben gerufene «GATTVertrag» verbessert und den aktuellen wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen angepasst worden. Die letzte Runde, die 8., dauerte von 1986 bis 1994 und wird «Uruguay-Runde» genannt. (Alle Welthandelsrunden wurden entweder nach dem

Eröffnungs- bzw. dem Verhandlungsort oder nach dem Initianten benannt.) Aufgrund dieses Vertrages wurde ab 1. 1. 1995 das GATT durch die WTO ersetzt.

Die «Doha-Runde» Im November des Jahres 2001 startete die neue WTO-Verhandlungsrunde die sogenannte Doha-

Runde. Das Ziel der DohaRunde ist es, das weltweite Wachstum zu erhöhen und die Armut zu bekämpfen. Wesentliche Streitpunkte sind einerseits der Abbau der Agrarsubventionen in den USA und der fehlende Zugang zum Agrarmarkt der EU. (Die ärmeren Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika beurteilen die

Massnahmen in Europa und in den USA zum Schutz der einheimischen Landwirtschaft als eine drastische Einschränkung des Marktzugangs.) Anderseits wollen die Industrie- und ein Teil der Entwicklungsländer eine stärkere Öffnung der Märkte der Schwellenländer (u.a. Brasilien und Indien) für Industriegüter.


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1.5. Beziehungen nach aussen

105

Die 3 Pfeiler der WTO Die WTO bildet die Dachorganisation für – das Güter- und Zollabkommen (GATT), – das Dienstleistungsabkommen (GATS) sowie – das Abkommen über geistiges Eigentum (TRIPS) Nebst diesen drei für die WTO-Mitglieder verbindlichen Abkommen gibt es auch noch Abkommen, denen nur ein Teil der WTO-Mitglieder beigetreten sind, z.B. das WTO-Abkommen über das Öffentliche Beschaffungswesen (zurzeit 40 Mitglieder, u.a. auch die Schweiz).

WTO Güter- und Zollabkommen (GATT)

Dienst­­ leistungs­ abkommen (GATS)

Abkommen über geistiges Eigentum (TRIPS)

Die Landwirtschaft wird vom Vertragswerk erfasst. Das Agrarabkommen führt zu einer Ver­besserung der gegenseitigen Markt­zutrittsmöglichkeiten, zu einem Abbau der staatlichen Unterstützung und zu einer Verminderung der Exportsubven­tionen.

Um eine möglichst grosse Übereinstimmung mit dem Warenhandel zu erreichen, wurden grundsätzlich alle Bereich der Dienstleis­ tungswirtschaft dem Abkommen unterstellt (u.a. freie Berufe, Baugewerbe, Telekommunikation, Finanzdienstleistungen, Transport). Die gegenwärtig geltenden Verpflichtungen im Finanzdienstleistungsbereich (Banken-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) wurden 1997 ausgehandelt.

Ziel des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) ist es, den Schutz des geistigen Eigentums weltweit zu harmonisieren und zu verstärken. Dadurch sollen Handelshemmnisse abgebaut werden. Das TRIPS enthält einen internationalen Mindeststandard, den die WTO-Mitglieder in ihren nationalen Rechtsordnungen gewähren müssen.

Zölle auf Industrie­gütern werden abgebaut. Die Zölle wurden um mehr als 30 % abgebaut. Dadurch werden Importe günstiger und Exporte erleichtert. Bei gewissen Produkten gelang es gar, die Zölle vollständig zu eliminieren (Pharmaprodukte, medizinische Aus­rüstungen, Baumaschinen usw.). Handelsverzerrungen werden abgebaut. Gegen Produkte, die unter den Pro­duktionskosten verkauft werden (sogenanntes «Dumping») und gegen subventionierte Produkte (der Staat verbilligt bestimmte Produkte mit Subventionen, damit sie auf dem Welt­­markt konkurrenzfähiger sind) können Massnahmen getroffen werden. Technische Vorschriften, die den Handel behindern, werden vermehrt harmonisiert. Die technischen Normen in den unterschiedlichen Ländern sollen vereinheit­licht werden. Sicherheitsnormen, welche in unterschiedlichen Ländern das gleiche Niveau haben, sollen gegenseitig anerkannt werden.



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1.6. Die grafische Darstellung


1.6. Die grafische Darstellung

116

Umgang mit Statistiken Statistik: Ist die Zusammenstellung der Ergebnisse von Massenuntersuchun­ gen, die nach bestimmten Messvorschriften erhoben werden. Die Statistik entstand im 18. Jahrhundert als Wissenschaftsdisziplin, und seit dem 19. Jahrhundert werden in amtlichen Statistiken fortwährend Daten für viele Bereiche der Gesellschaft erfasst. Heute werden diese amtlichen Erhebungen durch Statistiken von privaten Einrichtungen ergänzt, seit Mitte des 20. Jahrhunderts vor allem durch Meinungsumfragen.

Darstellung von Statistiken Eine Statistik kann in Tabellenform (Zahlentabelle oder grafisch in der Form eines Diagramms, siehe S. 118 f.) dargestellt werden. Durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in %

3,7%0 -0,4%0 1,5%0 2,6%0 0,6%0 1,3%0 1,7%0 0,05% 3,3% 1,8%

7%

Quellen: BFS, seco

Lohn BIP (real) Lohn

6%

BIP (real)

5% 4% 3% 2% 1%

Jahre

0%

2008

2007

2005–06

2000–04

1995–99

1990–94

1985–89

1980–84

-1% 1975–79

3,5% 1,1% 0,7% 1,1% 0,5% 0,0% 1,7% 2,8% 1,6% 2,0%

1970–74

1970–74 1975–79 1980–84 1985–89 1990–94 1995–99 2000–04 2005–06 2007 2008

Darstellung einer Statistik in Tabellenform und als Diagramm

Beim Umgang mit Statistiken ist zu beachten, dass die Bestimmung der Masseinheiten, z.B. die Wahl der Achseneinheit, der Aussage der Statistik ein besonderes Gewicht verleiht (siehe S. 120). Die beiden folgenden Grafiken stellen die Umsatzzahlen eines Unternehmens völlig unterschiedlich dar. Bei der Grafik links gewinnt man den Eindruck, dass das Unternehmen stark schwankende Umsätze aufweist, während die Grafik rechts den Eindruck vermittelt, dass die Umsätze über die Jahre stabil bleiben. Mio. CHF

Derselbe Sachverhalt grafisch unterschiedlich dargestellt

Mio. CHF

22

25

21.5

20

21

15

20.5

10

20

5 Jahre

19.5 2004

2005

2006

2007

2008

2009

Jahre

0 2004

2005

2006

2007

2008

2009

Unterschiedliche Darstellung der Umsatzzahlen eines Unternehmens (in Mio. CHF).


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1.6. Die grafische Darstellung

117

Absolute und relative Zahlenwerte In Statistiken muss zwischen absoluten (nominalen) und relativen Zahlenwerten unterschieden werden:

Absoluter Zahlenwert

Relativer Zahlenwert

Er gibt den Wert in reinen Zahlen an.

Er bezieht sich auf einen bestimm­ ten Bezugswert. Meistens handelt es sich um Prozentwerte oder indexierte Werte.

Beispiel: Ende Dezember 2009 zählte man in der Schweiz 172 740 arbeitslose Menschen.

Beispiele: – Ende Dezember 2009 betrug die Arbeitslosenquote 4,4%. – Der Landesindex der Konsumentenpreise (siehe S. 82 f.) stand Ende Dezember 2009 auf 103,2 Punkten (Mai 2005 = 100 Punkte).

Fragen zur Beurteilung von Statistiken Damit Statistiken richtig verstanden und beurteilt werden können, müssen folgende Fragen gestellt und beantwortet werden: Zum Inhalt: – Zu welchem Thema gibt die Statistik Auskunft? – Auf welchen Zeitraum bezieht sich die Statistik? – Auf welchen (geografischen) Raum ist die Statistik beschränkt? – Ist die Statistik zuverlässig? (Wer hat die Statistik erstellt? In wessen Auftrag wurde die Statistik erstellt?) Zur Form: – Was wird zueinander in Beziehung gesetzt? – Führt die Form der Darstellung zu besonderen Aussagen? – Welche Zahlenwerte (absolute oder relative) werden verwendet? Zur Aussage: – Welche Einzelaussagen können der Statistik entnommen werden? – Können Schwerpunkte, Ausschläge, regelmässige Verläufe festgestellt werden? – Kann eine Hauptaussage festgehalten werden? – Kann mit der Statistik eine Leitfrage beantwortet werden oder müssen weitere Informationen eingeholt werden?

Verschiedene statistische Angaben Bei der Entwicklung der Teuerung und jener der Arbeitslosigkeit veröffentlicht das Bundesamt für Statistik jeweils verschiedene Zahlen. Dabei handelt es sich um: – die Veränderung gegenüber dem Vormonat. (Beispiel: Die Arbeitslosenquote stieg im Dezember 2009 gegenüber dem Vormonat um 0,2%. D. h.: Im Dezember 2009 wurden gegenüber November 8790 mehr Menschen als arbeitslos registriert.) – die Jahresendzahl. (Beispiel: Die Arbeitslosigkeit erreichte Ende Dezember 2009 den Stand von 4,4%. Insgesamt waren 172 740 Personen arbeitslos.) – die durchschnittliche Veränderung gegenüber dem Vorjahr. (Beispiel: 2009 betrug die Arbeitslosenquote im Jahresmittel 3,7 % gegenüber 2,6% im Vorjahr.)



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2.1. Der Detailhandel: Einführung Bruno Sardella


2.1. Einführung

122

Betriebs- und Volkswirtschaftslehre Die Betriebswirtschaftslehre und die Volkswirtschaftslehre stehen in einem engen Zusammenhang zueinander. Sie untersuchen beide eine Seite des Gesamtbereiches Wirtschaft. Die Betriebe sind eingebettet in das gesamte volkswirtschaftliche Geschehen.

Betriebswirtschaftslehre (BWL) Betriebswirtschaftslehre: Sie befasst sich mit den einzelnen Unternehmen und erklärt, wie ein Unternehmen seine gesetzten Ziele optimal erreichen kann. Die Betriebswirtschaftslehre beschreibt und erklärt also das wirtschaftliche Handeln im Betrieb wie die Bestimmung der Strategie, die Kultur, die Organisation und die Prozesse, die nötig sind, um die Leistung des Betriebes zu erbringen. Mögliche betriebliche Prozesse sind: –– Einkauf und Lagerung (Finanzierung) –– Marketing –– Organisation –– Personalwesen –– Rechnungswesen –– usw. Doch ein Betrieb steht nicht für sich allein. Deshalb befasst sich die Betriebswirtschaftslehre auch mit den umliegenden Märkten, Konsumenten, Konkurrenten, Lieferanten und Arbeitnehmern. Der Blickwinkel ist dabei immer vom einzelnen Betrieb aus gewählt.

Volkswirtschaftslehre (VWL) Volkswirtschaftslehre: Sie befasst sich mit den gesamtwirtschaftlichen Vorgängen und Zusammenhängen der verschiedenen Unternehmen, der Privathaushalte und des Staates. Die Volkswirtschaftslehre untersucht, wie ein Volk seine knappen Produktionsfaktoren (Boden, Arbeit, Kapital) verwendet, um Sachgüter herzustellen und Dienstleistungen zu erbringen, und wie diese verteilt werden. Bei den gesamtwirtschaftlichen Vorgängen und Zusammenhängen sind etwa folgende Themen für die Volkswirtschaft wichtig: –– Angebot und Nachfrage –– Arbeitslosigkeit –– Inflation –– Konjunkturpolitik –– Staatsdefizite –– Umweltschutz –– usw. Die volkswirtschaftlichen Vorgänge und Daten haben immer Auswirkungen auf das Verhalten der einzelnen Unternehmen.


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2.1. Einführung

123

Leistungen der Betriebe Leistungen der Betriebe: Sie umfassen – die Produktion von Sachgütern (Industriebetrieb / Produktionsbetrieb), – die Verteilung von Sachgütern (Handelsbetrieb), – die Erbringung von Dienstleistungen (Dienstleistungsbetrieb). Man unterscheidet zwischen Industriebetrieben, Handelsbetrieben, Dienstleistungsbetrieben.

Industriebetrieb Ein Industriebetrieb kauft Roh- und / oder Halbfabrikate ein, stellt daraus Fertig­ fabrikate her und verkauft diese an einen Handelsbetrieb oder direkt an den Endkunden. Beispiel Schokolade wird mit den Rohmaterialien Kakao, Milch, Zucker und anderen hergestellt und zum Weitervertrieb an Handelsbetriebe wie Migros und Coop verkauft.

Handelsbetrieb Ein Handelsbetrieb kauft die Fertigfabrikate als Handelsware ein und setzt diese ohne weitere Veränderung an die Endkunden ab. Seine Leistung ist die Lagerung, die Beratung der Kundschaft und die Verteilung eines bestimmten Sortimentsangebots. Beispiel Der Handelsbetrieb Migros unterhält ein Zentrallager mit den fertigen Waren. Ein bestimmtes Sortiment wird jeden Tag zu den einzelnen Filialen zum Verkauf transportiert.

Dienstleistungsbetrieb Der Dienstleistungsbetrieb verkauft «geistige Ware» an seine Endkunden. Es handelt sich oft um eine beratende Tätigkeit, die dem Endkunden einen Mehrwert bietet. Beispiel Ein Versicherungsberater berät seinen Kunden, welche Lebensversicherung für diesen am besten wäre. Der Kunde entscheidet sich aufgrund der Beratung und schliesst einen Versicherungsvertrag mit bestimmten Jahresraten ab. Nach 30 Jahren oder bei seinem Tod wird eine Summe von CHF 50 000.– als Auszahlung garantiert. Bei der Produktion von Sachgütern in Industriebetrieben findet demnach ein materieller Prozess statt, wohingegen bei den Handels- und Dienstleistungsbetrieben eine immaterielle Handlung durch den Menschen erbracht wird. Bei allen drei Möglichkeiten der Leistungserstellung entsteht ein «Mehrwert». Es findet somit Wertschöpfung (siehe folgende Seite) statt.



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2.2. Der Detailhandel und sein Umfeld


2.2. Der Detailhandel und sein Umfeld

130

Tätigkeitsbereiche des Handels Gross- und Detailhandel (siehe folgende Seiten) haben die Aufgabe, die Versorgungskette zwischen Produzent und Konsument sicherzustellen. Während der Grosshandel den Weg zum Kunden in der Regel indirekt über den Detailhandel geht, spricht der Detailhandel die Konsumenten direkt an. Vereinzelt kann es aber auch vorkommen, dass der Grosshandel sowohl den Detailhandel als auch den Endkonsumenten direkt bedient (Prodega, Cash&Carry usw.).

Die drei Phasen des Handels Die Aufgaben des Handels können grob in drei Phasen aufgeteilt werden: –– Warenbeschaffung –– Warenlagerung –– Warenverkauf Auf der Grafik ist ersichtlich, wie der Gross- und der Detailhandel im Markt eingebettet sind.

Produzent / Importeur

Grosshandel (Grossist / Einkaufsgesellschaft)

Detailhandel

Kunden / Endverbraucher

Dem Gross- und dem Detailhandel kommen aber noch andere wichtige Aufgaben zu. Nebst der Sicherstellung der Versorgungskette, der physischen Verschiebung der Ware und der Weiterleitung von Informationen vom Produzenten zum Konsumenten müssen der Gross- und der Detailhandel auch die Position des Kunden vertreten. Sie sind somit dessen Sprachrohr dem Produzenten gegenüber. Der Detailhandel erhält immer sofort die Rückmeldung der Kunden, ob die Angebote der Produzenten gut sind oder nicht. Denn dies zeigt sich in ihrem Kaufverhalten.


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2.2. Der Detailhandel und sein Umfeld

131

Der Grosshandel Der Begriff Grosshandel wird oftmals auch durch die Begriffe Grossist oder Einkaufsgesellschaft ersetzt. Grosshandel: Kauft Waren in grossen Mengen (Grosshandelseinheiten) beim Produzenten oder Importeur und gibt diese in kleineren Mengen (Detailhandelseinheiten) an den Detailhandel und manchmal auch direkt an den Endkonsumenten weiter. Der Grosshandel hat die Aufgabe, den Detailhandel mit Sachgütern zu versorgen, wenn dieser nicht direkt beim Produzenten oder beim Importeur einkaufen kann. Beispiele für den Grosshandel CC Angehrn und Prodega als Abholmärkte vorwiegend für den Gastrobereich, Pistor als Grossist für Bäckereien und Konditoreien, Lekkerland als Grossist für Convenience-Shops, Galenica als Grossist für Apotheken und Drogerien

Vorteile der Warenbeschaffung über den Grosshandel Aus Sicht des Detailhandels hat der Einkauf beim Grossisten verschiedene ­Vorteile: –– Der Aufbau und der Betrieb einer eigenen Einkaufsabteilung erübrigen sich. –– Die Pflege der Beziehungen zu Produzenten und Lieferanten entfällt. –– Der Grosshandel übernimmt die Marktforschung nach neuen Produkten. –– Das Risiko der Aufnahme neuer Artikel ins Sortiment, die schlecht verkauft werden, ist gering, weil der Grosshändler in der Regel bereits über Erfahrungswerte verfügt. –– Es können Lagerflächen eingespart werden, weil Detailhandelseinheiten ein viel kleineres Volumen aufweisen als Grosshandelseinheiten.

Nachteile der Warenbeschaffung über den Grosshandel Natürlich hat der Einkauf über einen Grossisten nicht nur Vorteile, sondern eben auch Nachteile; diese stellen sich eher langfristig ein: –– Das Know-how beim Einkauf geht verloren. –– Es bestehen keine Kontakte und Beziehungen zu Lieferanten und ­Produzenten. –– Die Marktkenntnisse sind gering. –– Die Leistungen des Grosshandels müssen bezahlt werden, wodurch sich die Produkte verteuern. Ob die Vor- oder die Nachteile überwiegen, muss jedes Unternehmen für sich beurteilen. Am sinnvollsten ist die Zusammenarbeit mit einem Grossisten dann, wenn im Bereich des Einkaufs kein Know-how besteht und dieses erst mühsam aufgebaut werden müsste.



2.3. Unternehmens- und Betriebsformen


2.3. Unternehmens- und Betriebsformen

142

Unternehmensformen Unternehmensformen: Sie zeigen, wie ein Unternehmen rechtlich gegliedert bzw. welchen gesetzlichen Vorschriften und Rahmenbedingungen es unterworfen ist.

Unternehmensformen

Einzel­unternehmen

Gesellschaftsunternehmen

Genossenschaft

Handels­gesellschaften

Personen­gesellschaften

Kollektivgesellschaft

Kommanditgesellschaft

Kapitalgesellschaften

Aktien­ gesellschaft (AG)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Kommandit­ aktien­ gesellschaft

Das Gesetz regelt bei den einzelnen Rechtsformen unter anderem: –– das erforderliche Kapital –– das genaue Vorgehen bei der Gründung –– die wirtschaftlichen Ziele –– die Haftung –– das Vorgehen bei einer Auflösung usw. (siehe Details im Kapitel 3.4, S. 232 ff.)


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2.3. Unternehmens- und Betriebsformen

143

Unternehmensarten Will man die Art eines Unternehmens genauer bestimmen, interessieren folgende Fragen: – Wer ist Eigentümer des Unternehmens? – Wie viele Beschäftigte arbeiten in diesem Unternehmen? – In welchem Wirtschaftssektor ist das Unternehmen tätig? – Welche Rechtsform hat das Unternehmen (siehe S. 232 ff.)?

Bestimmung nach dem Träger des Eigentums Privatunternehmen Das unternehmerische Risiko wird allein von den Eigentümern getragen. Der Einfluss des Staates ist auf die rechtlichen Normen beschränkt. Privatunternehmen

Öffentliche Unternehmen

Gemischtwirtschaftliche Unternehmen

Träger: Privatpersonen oder private Unternehmen

Träger: Staat (Bund, Kanton, Gemeinde)

Träger: Sowohl Private wie auch der Staat

Beispiele: – UBS AG – Coop – Bäckerei Brunner

Beispiele: – Die Post – SBB – Suva

Beispiele: – Swisscom – Schweiz. Nationalbank

Öffentliche Unternehmen Bis vor einiger Zeit stand im Zentrum einiger Staatsbetriebe nicht primär die Erwirtschaftung eines Gewinns, sondern der sogenannte Service public. Damit ist das Erbringen einer Leistung für die Allgemeinheit gemeint. So wurden zum Beispiel auch Randregionen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen, erhielten Strom und Telefonanschlüsse, obwohl dies nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen nicht rentabel war. Allfällige Defizite dieser Unternehmen finanzierte die öffentliche Hand aus Steuergeldern. Inzwischen ist eine (politische) Kontroverse in Gang gekommen, und folgende Fragen werden unter anderen diskutiert: – Sind Staatsbetriebe zu träge? – Wie stark sollen öffentliche Unternehmen dem freien Markt ausgesetzt werden? – Schliessen sich Service public und Gewinnorientierung aus? So muss die Post gemäss Leistungsauftrag einerseits einen flächendeckenden Universaldienst erbringen (Service public) und anderseits eigenwirtschaftlich handeln. Die Forderung nach Eigenwirtschaftlichkeit hat jedoch zum Teil einen Abbau gewisser Leistungen zur Folge. Entsprechend werden nun zahlreiche Poststellen geschlossen, Briefkästen weniger oft geleert usw. Gemischtwirtschaftliche Unternehmen Andere öffentliche Unternehmen wurden teilprivatisiert (z. B. Swisscom). Ziel ist dabei, das Unternehmen stärker und flexibler den Marktkräften auszusetzen. Bei diesen Unternehmen besitzt die öffentliche Hand eine Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligung. Entsprechend unterschiedlich gross sind der Einfluss und die Kontrolle, die der Staat auf diese Unternehmen ausüben kann.


2.3. Unternehmens- und Betriebsformen

144

Bestimmung nach der Anzahl Mitarbeiter Gemäss europäischem System gliedern sich die Unternehmen in vier Gruppen. Klein- und Mittelbetriebe (KMU)

Grossunternehmen

Mikrounternehmen

Kleinunternehmen

Mittelunternehmen

Vollzeit­be­schäftigte

1–9

10 – 49

50 – 249

ab 250

Vollzeit*-/Teilzeitbeschäftigte** in %

26,3

21,7

19,4

32,5

Unternehmen in %

86,5

10,9

2,2

0,4

Bundesamt für Statistik, BFS, 2009, ohne Land- und Forstwirtschaftsbetriebe   *Als Vollzeitbeschäftigte gelten Arbeitnehmer mit einem Pensum von 90% und mehr. **Als Teilzeitbeschäftigte gelten Arbeitnehmer mit einem Pensum von unter 80%.

Bestimmung nach dem Wirtschaftssektor Unternehmen nach Wirtschaftssektoren Die Unternehmen lassen sich den drei Wirtschaftssektoren zuordnen: – Urproduktion (1. Sektor) – Güterveredelung, Güterverarbeitung (2. Sektor) – Dienstleistungen und Verwaltungen (3. Sektor) Anzahl Arbeitsstätten pro Wirtschaftssektor Die Migros z. B. gilt als ein Unternehmen. Bei der Erfassung nach Arbeitsstätten wird jedoch jeder Produktionsbetrieb und jede Filiale als eine Arbeitsstätte gezählt.

1. Sektor 62 523 13,8% 3. Sektor 311 525

17,2%

2. Sektor 77 710

69%

Quelle: BFS 2009

Anzahl Beschäftigte pro Wirtschaftssektor (siehe S. 30) Deutlich anders ist die prozentuale Aufteilung der Anzahl Beschäftigten in der Schweiz auf die drei Wirtschaftssektoren. Im Jahre 2009 war die Verteilung so: – 1. Sektor:   3,7% – 2. Sektor: 23,0% – 3. Sektor: 73,3% Quelle: BFS 2009

Bestimmung nach der Rechtsform Unternehmen sind mit zahlreichen Rechtsfragen konfrontiert. Daher ist die Wahl der Rechtsform besonders bedeutend. Auf Seite 232 ff. wird im Detail auf die Unternehmens- und Rechtsformen eingegangen.


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2.3. Unternehmens- und Betriebsformen

145

Unternehmensstrukturen Aufbau- und Ablauforganisation Anstelle des Begriffes Struktur verwendet man für den konkreten Aufbau einer Unternehmung den Begriff Organisation. Organisation: Damit ein Unternehmen seine Ziele erreichen kann, braucht es eine bestimmte Ordnung. Diese Ordnung wird durch die Organisation geschaffen. Die Organisation umfasst zwei Bereiche: den Aufbau der Ordnung (Aufbauorganisation) und die Gestaltung der Arbeitsabläufe (Ablauforganisation). Die Tätigkeit, eine solche Ordnung zu schaffen oder diese den veränderten Verhältnissen anzupassen, nennt man organisieren.

Organisation Aufbauorganisation (Organisationsstruktur)

Ablauforganisation (Organisation der Arbeitsabläufe)

Sie bestimmt die Aufteilung der Arbeiten auf die verschiedenen Personen und regelt die Zuständigkeit und Verantwortung für die Planung, die Entscheidungen, die Ausführung und die Kontrollen von Arbeiten.

Sie regelt die Reihenfolge und die Verfahren, nach denen die Arbeiten ablaufen sollen. Diese Abläufe werden auch als Prozesse bezeichnet. Die Bedeutung der Ablauforganisation wird in der Praxis immer wichtiger.

Die Aufbauorganisation ist notwendig, um die Struktur und die Hierarchieverhältnisse einer Unternehmung festzulegen. Zwei bedeutende Aufbauorganisationen sind die Stab-Linien-Organisation (abgeleitet aus der Linienorganisation) und die Ma­ trix-Organisation (abgeleitet aus der Mehrlinienorganisation). Die Hierarchien dieser Organisationen können u. a. nach Funktionen (z. B. Beschaffung, Entwicklung, Produktion, Verkauf und Rechnungswesen), nach Produkten (z. B. Textilien, Sportartikel, Haushaltgeräte, Autozubehör) oder nach Regionen (z. B. Europa, USA, Asien) gegliedert werden.



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2.4. Marketing


2.4. Marketing

162

Der Begriff: Marketing Marketing: Ist die Summe aller Denkweisen, Tätigkeiten und Handlungen, ­eines Unternehmens, um die Anforderungen der Kunden zu erfüllen und um erfolgreich auf dem Markt zu bestehen. Marketing wird unterteilt in zwei Bereiche: –– Beschaffungsmarketing: Es beschäftigt sich mit der Produktion und mit dem Einkauf von Waren. –– Absatzmarketing: Es befasst sich mit dem Verkauf von Waren. Das moderne Marketing entstand mit der Veränderung vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt.

Vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt Der Verkäufermarkt Vor der Zeit der Massenproduktion waren Sachgüter und Dienstleistungen in sehr beschränkten Mengen verfügbar. Sie konnten die Nachfrage der Konsumenten nicht abdecken. Diese Situation wird als Verkäufermarkt bezeichnet, da alle Marktmacht beim Verkäufer liegt, weil es mehr Kunden gibt, die seine Produkte nachfragen, als Produkte, die vorhanden sind, um die Nachfrage zu decken. Der Händler bestimmte also, wem er was und zu welchem Preis verkaufen wollte. Der Käufermarkt Im 20. Jahrhundert entstanden Grossfabriken, in denen am Fliessband vor allem Konsumgüter in grossen Massen produziert wurden. Die hohe Nachfrage konnte damit weitgehend gedeckt werden. Je mehr Bedürfnisse der Kunden gedeckt waren, desto stärker nahm die Nachfrage ab. Gleichzeitig nahm aber die Produktion immer noch zu, weil mehr und mehr Unternehmer vom Boom profitieren wollten. Dies führte zu Überproduktionen, was wiederum bewirkte, dass das Angebot von den Produzenten plötzlich grösser war als die Nachfrage der Konsumenten.

Diese Situation wird Käufermarkt genannt, weil der Konsument die Marktmacht hat, denn er kann weitgehend selber bestimmen, wo er was zu welchem Preis kauft.


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2.4. Marketing

163

Entstehung des modernen Marketings Im Käufermarkt waren die Händler gezwungen, einerseits Argumente zu suchen, warum die Kunden ihre Produkte kaufen sollen. Anderseits mussten sie den Kunden die Produkte mit Hilfe eines durchdachten Marketings auch kommunizieren. Standen ursprünglich vorwiegend Produkte und Dienstleistungen im Zentrum des Marketings, so sind es heute in der Regel –– Produktelinien, –– Marken oder –– Unternehmen. Produktelinien Bei Produktelinien wird nicht für einzelne Produkte Marketing betrieben, sondern für mehrere Produkte innerhalb einer identischen Linie. Ziel ist es, dem Kunden aufzuzeigen, dass diese Linie etwas Spezielles bietet. Gleichzeitig sollte diese Linie in der Sortimentstiefe den Geschmack von vielen Kunden ansprechen. Beispiele: –– Hirz-LC1-Joghurts (dieselbe Linie, aber mit verschiedenen Aromen) –– Dr.-Oetker -Pizzas (dieselbe Linie, aber in verschiedenen Zusammensetzung) –– Nike-Freizeitschuhe (dieselbe Linie, aber mit verschiedenen Designs) –– –– –– –– –– –– –– Marken Hier stehen einzelne Marken im Zentrum des Marketings, es geht nicht um einzelne Produkte. Bedingung ist allerdings, dass es sich um eine sehr starke und bekannte Marke handelt. Der Kunde weiss von ihr, dass sie im betreffenden Segment die gesamte Sortimentsbreite auf dem Markt abdeckt. Beispiele: –– Barilla (Teigwaren) –– Zweifel (Chips) –– Nivea (Kosmetikprodukte) Unternehmen Es wird Marketing mit dem Unternehmen selber betrieben. Wie bei den Marken gilt auch hier: Das Unternehmen und die Leistung müssen dem Kunden bereits bekannt sein, und vor allem muss er diese auch wahrnehmen. Bevor ein Unternehmen mit seinem Namen allein werben kann, braucht es in der Regel einen jahrelangen, zielgerichteten Aufbau. Beispiele: – Coop «Für mich und dich» – Migros «Ein M besser» – Jelmoli «The house of Brands»


2.4. Marketing

164

Einsatzebenen des Marketings Marketing spielt sich auf drei Ebenen ab. Entscheidend dabei ist die zeitliche Wirksamkeit (lang-, mittel- oder kurzfristig) der jeweiligen Tätigkeiten. Strategische Ebene Grundsatzentscheide mit langfristigem Charakter, wie Sortimentspolitik, Preispolitik, Standortpolitik usw.

Operative Ebene Erstellen von Ein- bis Zweijahresplänen, z. B. in den Bereichen Ladengestaltung, Sortimentsveränderungen, Aktionsplanung

Taktische Ebene Umsetzen der strategischen Vorgaben mit dem Ziel, die operativen Vorgaben einzuhalten bzw. zu erreichen, wie verkaufen, beraten, dekorieren usw.

Strategische Ebene Auf der strategischen Ebene sind eher weniger Mitarbeiter tätig. Diese treffen jedoch viele langfristig gültige Entscheide. Die Fragen lauten: –– Wie viele Artikel umfasst das Sortiment? –– In welchen Preislagen bewegt sich das Unternehmen? –– Welche Standorte werden für die Verkaufsstellen bevorzugt? Operative Ebene Die operative Ebene dient vielen Unternehmen als Bindeglied zwischen strategischer Ebene (Management) und taktischer Ebene (gewöhnliche Mitarbeiter). Dies sind z. B. Filialleiter, Regionalverkaufsleiter und Einkaufsleiter. Taktische Ebene Auf der taktischen Ebene arbeiten viele Leute, die Tätigkeiten mit eher kurzfristigem Charakter ausüben, z. B. Kassiererin, Brotverkäuferin, Textilberaterin.


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2.4. Marketing

165

Die Marketinginstrumente Marketinginstrumente: Sind die einzelnen Mittel des Marketings. Die Marketinginstrumente setzen sich zusammen aus: –– Marktleistung (Produkt, Preis, Dienst- und Serviceleistung) –– Kommunikation (Promotion) und –– Distribution (Place) Die Unterteilung der Marketinginstrumente Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) nennt die Marketinginstrumente die vier P: Product, Price, Promotion und Place. Im Detailhandel werden für diese Instrumente mehrheitlich die drei Begriffe Marktleistung, Kommunikation und Distribution verwendet. In der Folge wird mit diesen Begriffen weitergearbeitet. Bezeichnung gemäss BWL

Bezeichnung im Detailhandel

Product Price

Marktleistung (Produkt, Preis, Service- und Dienstleistungen)

Promotion

Kommunikation

Place

Distribution

Den konkreten Einsatz der Marketinginstrumente nennt man Marketing-Mix.

Marketing-Mix Marketing-Mix: Ist die auf die jeweilige Betriebsform abgestimmte Mischung der Marketinginstrumente Marktleistung, Kommunikation und Distribution. Der Marketing-Mix setzt sich zusammen aus den einzelnen Marketinginstrumenten. Da die Marketinginstrumente je nach Betriebsform ganz unterschiedlich gewichtet werden, kommen sie im Marketing-Mix mehr oder weniger stark zur Anwendung (siehe S. 178 ff.). Auf den folgenden Seiten wird näher auf die Marketinginstrumente eingegangen.



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3.1. Rechtliche Bestimmungen: Kauf Otto Hirschi Martin Keller Bruno Sardella Thomas Zeller


3.1. Kauf

186

Kauf: Übersicht Ablauf eines Kaufvertrags (Kauf Zug um Zug) Käufer

Verkäufer

Anfrage Antrag (Angebot, Offerte) Bestellung Lieferung Bezahlung Quittung Aufbewahrung der Quittung

Störungen im Ablauf eines Kaufvertrags (Vertragsverletzungen) Lieferungsverzug

Annahmeverzug

Mangelhafte Ware

Zahlungsverzug

Verschiedene Kaufarten

Handkauf (Barkauf)

Kreditkauf

Mietkauf

Haustürkauf Kauf an Werbefahrt Kauf am Arbeitsplatz

Internetkauf

Grundstückkauf (Hauskauf)

Mit dem Kauf rechtlich verwandte Vertragsarten Einfacher Auftrag

Werkvertrag


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3.1. Kauf

187

Begriffe aus ZGB (Sachenrecht) und aus OR Eigentum Eigentum (ZGB 641 ff.): Der Eigentümer einer Sache kann nach seinem Belieben über diese Sache verfügen. Er muss aber die Rechtsordnung beachten. Über eine Sache nach Belieben verfügen heisst u.a.: Man kann die Sache verkaufen, verschenken, verändern oder gar zerstören. Die Rechtsordnung setzt dem Belieben aber Grenzen. Beispiel: Bauvorschriften verbieten es, ohne Bewilligung das Haus aufzustocken. Das Umweltschutzgesetz bzw. das Abfallentsorgungsreglement lassen es nicht zu, das eigene Fahrrad im Wald zu entsorgen. Eigentumsübertragung Eine Eigentumsübertragung kann je nach Gegenstand z.B. durch blosse Übergabe (bewegliche Sache) oder Eintragung im Grundbuch (unbewegliche Sache) erfolgen. Der Grund einer Eigentumsübertragung kann – ein vertraglicher, z.B. Kauf, Tausch (OR 237 f.), Schenkung (OR 239 ff.), – oder ein gesetzlicher, z.B. Erbschaft (ZGB 560), sein. Der Eigentümer kann seine Sache auch jemand anderem zum Gebrauch überlassen. Er bleibt weiterhin Eigentümer. Die andere Person wird dann (unselbständiger) Besitzer der Sache. Der unselbständige Besitzer muss mit der Sache sorgfältig umgehen und sie wieder dem Eigentümer auf dessen Verlangen zurückgeben.

Besitz Besitz (ZGB 919 ff.): Der Besitzer einer Sache hat die tatsächliche Gewalt über diese Sache. In der Regel sind Eigentümer und Besitzer dieselben Personen (man spricht von selbständigem Besitz). Beispiele, in denen Eigentümer und Besitzer in der Regel nicht identisch sind (unselb­ständiger Besitz): Miete, Leihe, Leasing

Gattungskauf

(Gattungsware)

Gattungskauf: Nur die Art oder die Eigenschaft des Kaufgegenstandes ist bestimmt. Meistens handelt es sich um vertretbare (ersetzbare) Sachen, die in der Regel nach Zahl, Mass oder Gewicht bestimmt werden, z.B. Äpfel, Benzin, Stoff. Üblicherweise trifft beim Gattungskauf der Verkäufer die Auswahl (siehe OR 71).

Spezieskauf

(Speziesware)

Spezieskauf (Stückkauf): Der Kaufgegenstand ist individuell bestimmt. Beim Spezieskauf trifft der Käufer die Auswahl. Beispiele: Occasionsauto, Kunstwerk (Original)


3.1. Kauf

188

Der Ablauf eines Kaufvertrags Kaufvertrag (OR 184 ff.): Der Verkäufer verpflichtet sich, dem Käufer gegen Bezahlung des Kaufpreises das Eigentum an einer Sache oder an einem Recht zu übertragen. Form Grundsätzlich können Kaufverträge formlos, d.h. mündlich oder stillschweigend, abgeschlossen werden. (Ausnahme: Immobilienkauf). Kaufgegenstand Der Kaufgegenstand kann ein Recht (z.B. Geldforderung), eine unbewegliche Sache (z.B. Grundstück) oder eine bewegliche Sachen (z.B. iPod, Mountainbike, Personenwagen) sein. Letzteres wird Fahrniskauf genannt. Im Alltag haben wir es vor allem mit Fahrniskäufen zu tun. Ohne anderen Hinweis verstehen wir in der Folge unter «Kauf» deshalb den Fahrniskauf (Grundstückkauf).

Anfrage Mit der Anfrage will sich der Käufer Informationen beschaffen. So interessieren u.a. Qualität, Quantität, Preis sowie Liefer- und Zahlungsbedingungen.

Antrag

(Angebot/Offerte) OR 3 ff.

Der Verkäufer nennt die Bedingungen, zu denen er sich verpflichtet, die Ware zu liefern.

Antrag

verbindlich

unverbindlich

Generell ist jeder Antrag verbindlich, insbesondere Schau­fensterauslagen oder Waren in den Regalen eines Kaufhauses, die mit Preisen versehen sind.

– Prospekte, Inserate, Preislisten und dergleichen; – Antrag mit ablehnender Erklärung, z.B. unverkäuflich, ohne Gewähr, Änderungen vorbehalten.

unbefristet

Unter Anwesenden: Solange das Gespräch dauert (inkl. Telefonges­präche).

Unter Abwesenden: Bis eine Antwort normalerweise eintrifft (zirka 1 Woche).

befristet

Verbindlich, bis Frist abgelaufen ist, z.B. «Diese Offerte ist ab Ausstellungsdatum 3 Monate gültig.»

Die Zustellung unbestellter Ware (siehe S. 195) wird nicht als Antrag angesehen (OR 6a1).


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3.1. Kauf

189

Bestellung

(Annahme des Angebots)

Erfolgt die Bestellung aufgrund einer verbindlichen Offerte, gilt der Kaufvertrag als zustande gekommen. Die gegenseitigen Willensäusserungen stimmen überein (OR 1). Käufer wie auch Verkäufer können auf der Erfüllung der vereinbarten Bedingungen beharren. Beispiel: In einem Möbelgeschäft ist eine Matratze für CHF 480.– bestellt worden. Man hat vereinbart, dass diese Matratze in vier Wochen abgeholt und gleich bezahlt wird. Beim Holen der Matratze stellt man fest, dass dasselbe Produkt inzwischen zum Aktionspreis von CHF 350.– angeboten wird. Der Verkäufer kann auf Bezahlung von CHF 480.– beharren. Ist die Matratze in der Zwischenzeit jedoch teurer geworden und kostet nun CHF 550.–, muss der Käufer nur die vereinbarten CHF 480.– bezahlen.

Nutzen und Gefahr Der Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Gefahr muss nicht mit der Eigentumsübertragung zusammenfallen (siehe S. 187). Nach dem Übergang von Nutzen und Gefahr gehören die geldwerten Vorteile dem Käufer, z.B. die Erträge. Der Käufer trägt aber auch das Risiko, den Kaufpreis trotzdem bezahlen zu müssen, falls der Kaufgegenstand beschädigt wird. Beispiel: Jemand kauft ein Haus mit Mietwohnungen. Nach dem Übergang von Nutzen und Gefahr gehören die Mietzinse dem Käufer. Wird die Wohnung durch eine Schlammlawine zerstört, hat der Käufer dennoch den ganzen Kaufpreis zu bezahlen. Übergang von Nutzen und Gefahr bei Gattungs- und Speziesware Ist nichts anderes vereinbart, gelten folgende Regelungen bezüglich des Zeitpunkts des Übergangs von Nutzen und Gefahr: – Beim Gattungskauf: wenn die Ware vom Rest getrennt ist bzw. wenn sie zur Versendung abgegeben ist (OR 185) – Beim Spezieskauf: beim Vertragsabschluss

Lieferung Der Verkäufer schickt oder übergibt dem Käufer die Ware. Ist nichts anderes vereinbart, wird der Käufer mit der Übergabe der Ware Eigentümer dieser Ware, auch wenn er sie noch nicht bezahlt hat (ZGB 714). Ort der Erfüllung (Holschulden) Warenschulden sind in der Regel Holschulden. Das heisst, der Käufer muss die Ware beim Verkäufer abholen (OR 74). Im Gegensatz dazu sind z.B. Geldschulden Bringschulden (siehe S. 192). Ist nichts anderes vereinbart worden, trägt der Käufer die Kosten für den Transport der Ware vom Erfüllungs- zum Bestimmungsort (OR 189).

Tipp

Obwohl der Kaufvertrag grundsätzlich formlos gültig ist, soll man sich wichtige Bestellungen schriftlich bestätigen lassen oder man schreibt die Vereinbarung gleich selbst auf.



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3.2. Konsumentenschutz


3.2. Konsumentenschutz

198

Konsumentenschutz: Übersicht Konsumkredite Barkredit (Geldkredit)

Finanzierung des  Erwerbs von Waren und Dienstleistungen

Leasing (Leasingvertrag)

Überziehungskredit oder Kredit- und   Kundenkartenkonto

Weitere Schutzbestimmungen Pauschalreisen – Schutz des Konsumenten – Vorschriften für Veranstalter/Vermittler – Zwei wichtige Hinweise für die Konsumenten

Unlauterer Wettbewerb – Formen – Klageberechtigung – Schutz des Wettbewerbs

Konsumenteninformationsgesetz –– Deklarations­–– vorschriften –– Deklarations­pflicht

Produktehaftpflicht – Produkte – Haftung

Ladenschlussverordung –– Normalöffnungszeiten –– Ausserordentliche Öffnungszeiten

Chemikaliengesetz – Aufbewahrung – Rücknahme – Kennzeichnung

Preisbekanntgabeverordnung – Preisbekanntgabepflicht – Preisanschrift – Preisvergleiche


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3.2. Konsumentenschutz

199

Das Konsumkreditgesetz (KKG) Konsumkreditgesetz (KKG): Vorschriften über Kreditverträge zum Schutz des privaten Konsumenten. Unter Kreditverträgen werden alle Rechtsgeschäfte ver­ standen, die eine ähnliche oder gleiche Wirkung haben wie ein Zahlungsauf­ schub oder ein Darlehen. Menschen schliessen häufig Kreditverträge ab, wenn sie Bargeld für private Zwecke brauchen (z.B. Zahlungsverpflichtungen, Ferien) oder Anschaffungen tätigen wollen (z.B. Auto, Möbel), aber über keine flüssigen Mittel verfügen. Sie nehmen dafür oft sehr hohe Zinsen in Kauf.

Ziel des Gesetzes Das KKG soll den Konsumenten vor Überschuldung schützen. In den letzten Jahren hat die Überschuldung vor allem bei jungen Erwachsenen massiv zugenommen. Das KKG versucht, die gröbsten Auswüchse zu verhindern.

Schutz des Kreditnehmers Der Gesetzgeber hat eine ganze Reihe von Vorschriften zum Schutz finanz­ schwacher Konsumenten aufgestellt: – Vor Vertragsabschluss muss die Kreditgeberin eine vorgeschriebene Kreditfähig­ keitsprüfung durchführen (siehe KKG 28 bis 31). – Die Kreditgeberin ist verpflichtet, einen Konsumkredit, den sie gewähren will, der Informationsstelle für Konsumkredite (IKO) zu melden. Auch gewisse Zah­ lungsausstände des Konsumenten hat die Kreditgeberin der IKO zu melden. – Die Kreditgeberin darf den vom Bundesrat festgelegten Höchstzinssatz (zurzeit maximal 15% inkl. Kosten) nicht überschreiten. – Dem Kreditnehmer wird ein Rücktrittsrecht von 7 Tagen nach Erhalt der Ver­ trags­kopie eingeräumt. Der Poststempel ist massgebend.

Bereichsausnahmen

(KKG 7)

Nicht unter das KKG fallen: – grundpfandgesicherte Kredite – Kredite, die durch bankenübliche Sicherheiten (z.B. Faustpfand) abgedeckt, und Kredite, die durch hinterlegtes Vermögen gesichert sind – zins- und gebührenfreie Kredite – Kreditverträge unter CHF 500.– und über CHF 80 000.– – Vier-Raten-Kredit, der innerhalb von 12 Monaten liegt oder Kredit mit Rückzah­ lung innert höchstens dreier Monate – Verträge über fortgesetzte Erbringung von Dienstleistungen oder Leistungen von Versorgebetrieben (Wasserwerk, Elektrizitätswerk)

Arten von Konsumkrediten

(KKG 9 –12)

Das Gesetz unterscheidet vier Kreditarten: – KKG 9: Barkredite (Geldkredite) – KKG 9 und 10: Verträge zur Finanzierung des Erwerbs von Waren und Dienst­ leistungen – KKG 11: Leasing – KKG 12: Überziehungskredit auf laufendem Konto oder Kredit- und Kunden­ kartenkonto mit Kreditoption


3.2. Konsumentenschutz

200

Die 4 Kreditarten... Bar- bzw. Geldkredit

Finanzierung des Erwerbs von Waren und Dienstleistungen

Inhalt, Funktion

Die Kreditgeberin gewährt einem Konsumenten einen Barbzw. einen Geldkredit zu privaten Zwecken, ohne dass sie den Verwendungszweck des Kredites vorschreibt.

Die Kreditgeberin schliesst mit einem Konsumenten einen Kreditvertrag ab, um den Kauf einer bestimmten Ware oder Dienstleistung für den privaten Konsum vorzufinanzieren. Die Rückzahlung erfolgt üblicherweise in Form von monatlichen Ratenzahlungen.

Formvorschriften

Das KKG schreibt Schriftlichkeit mit zwingenden Angaben über die Ausgestaltung des Kredits vor und verlangt die Zustellung der Vertragskopie an den Konsumenten.

Das KKG schreibt Schriftlichkeit mit zwingenden Angaben über den Vertragsinhalt vor und verlangt die Zustellung der Vertragskopie an den Konsumenten.

Pflichten der Kreditgeberin

– Kreditfähigkeitsprüfung – Meldung des Kreditvertrages an IKO – Meldung an IKO auch bei Ausstehen von grösseren Teilzahlungen

– Kreditfähigkeitsprüfung – Meldung des Kreditvertrages an IKO – Meldung an IKO auch bei Ausstehen von grösseren Teilzahlungen

Recht des Konsumenten

Vorzeitige Erfüllung des Vertrages mit Kosteneinsparung

Vorzeitige Erfüllung des Vertrages mit Kosteneinsparung

Vertragsauflösung

– Widerrufsrecht des Konsumenten innert 7 Tagen – Rücktrittsrecht der Kreditgeberin bei Ausstehen von grösseren Teilzahlungen – Bei vorzeitiger Rückzahlung des Barkredites besteht Anspruch auf Erlass der Zinsen und auf eine angemessene Ermässigung der Kosten

– Widerrufsrecht des Konsumenten innert 7 Tagen – Rücktrittsrecht der Kreditgeberin bei Ausstehen von grösseren Teilzahlungen – Bei vorzeitiger Rückzahlung (d.h. bei vollständiger Bezahlung der Waren oder der Dienstleistungen) besteht Anspruch auf Erlass der Zinsen und auf eine angemessene Ermässigung der Kosten

Beispiele

Der Barkredit entspricht den sogenannten Kleinkrediten, Kleindarlehen und Konsumkrediten, welche für alle möglichen Verpflichtungen oder Konsumwünsche verwendet werden können.

Waren (z.B. Auto, TV) oder Dienstleistungen (z.B. Ferien, Kurse) werden gekauft oder in Anspruch genommen, welche durch die Kreditgeberin mit dem Barkredit vorfinanziert werden.


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3.2. Konsumentenschutz

201

...im Überblick Leasing

Überziehungskredit oder Kredit- und Kundenkartenkonto

Inhalt, Funktion

Die Leasinggeberin finanziert dem Leasingnehmer die Nutzung einer Leasingsache zu privaten Zwecken.

Die Kreditgeberin gewährt einem Konsumenten zu privaten Zwe­ cken einen Überziehungskredit auf laufendem Konto oder auf einem Kredit- und Kundenkartenkonto mit Kreditoption (d.h. der Kredit kann in Raten zurückbezahlt werden).

Formvorschriften

Das KKG schreibt Schriftlichkeit mit zwingenden Angaben zur Ausgestaltung des Leasings vor und verlangt die Zustellung der Vertragskopie an den Leasing­ nehmer.

Das KKG schreibt Schriftlichkeit mit zwingenden Angaben zum Vertragsinhalt vor und verlangt die Zustellung einer Vertragskopie an den Konsumenten. Der Konsument muss über jede Änderung des Zinses und der Kosten unverzüglich informiert werden.

Pflichten der Kreditgeberin

– Kreditfähigkeitsprüfung – Meldung des Leasingvertrages an IKO – Meldepflicht an IKO auch bei Ausstehen von drei Leasing­ raten

– Das Gesetz verlangt nur eine summarische Kreditfähigkeits­ prüfung, d.h. die Kreditgeberin stützt sich auf die Angaben der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Kontoinhabers. Bei der IKO gemeldete Kredite sind zu berücksichtigen – Meldung des Überziehungskreditvertrages an IKO bei dreimaligem Überziehen

Vertragsauflösung

– Widerrufsrecht des Konsumenten innert 7 Tagen – Rücktrittsrecht der Leasinggeberin bei Zahlungsrückständen von mehr als drei monatlichen Leasingraten – Der Leasingnehmer kann mit einer Frist von mindestens 30 Tagen auf Ende einer dreimonatigen Leasingdauer kündigen

– Widerrufsrecht des Konsumenten innert 7 Tagen (Bei bestehendem Vertrag löst die Information über die Konto­ überziehung kein Widerrufsrecht aus.) – Rücktrittsrecht der Kreditgeberin bei Ausstehen von grösseren Teilzahlungen

Beispiele

Autoleasing Computerleasing

VISA-Kreditkarte, verschiedene Kundenkarten (z.B. PlusCard von Globus interio)



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3.3. Betreibung


3.3. Betreibung

212

Die Betreibung Betreibung: Verfahren, um Geldforderungen zwangsweise einzutreiben. Die Be­ treibung wird vom Gläubiger eingeleitet und durch staatliche Organe vollzo­ gen. Geregelt ist die Betreibung im Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG). Schuldet man Geld, wird man normalerweise zuerst gemahnt. Begleicht man seine Schulden immer noch nicht, kann der Gläubiger am Wohnort des Schuldners das Betreibungsverfahren einleiten. Dies macht er, indem er beim entsprechenden Betreibungsamt schriftlich ein Betreibungsbegehren einreicht. Das Formular erhält man beim Betreibungsamt oder über das Internet. Danach stellt das Betreibungsamt dem Schuldner einen Zahlungsbefehl zu. Damit beginnt die Schuldbetreibung. Der Gläubiger kann die Betreibung einleiten, ohne zuvor gemahnt zu haben. Er muss seine Forderung bei der Einleitung der Betreibung auch nicht nachweisen.

Betreibungsarten Es gibt drei Betreibungsarten. Welche gewählt werden muss, ist in den Artikeln im SchKG 38 ff. festgehalten. Grundsätzlich entscheidet die Eigenschaft des Schuldners (z. B. im Handelsregister eingetragen) oder die Sicherheitsleistung durch ein Grund- oder Faustpfand über die Betreibungsart. Bei speziellen Schulden (z. B. AHV-Schulden, Steuern, Bussen, Alimenten) ist die Betreibung auf Konkurs in jedem Fall ausgeschlossen (SchKG 43). 1. Betreibung auf Pfändung (SchKG 42; 89 –150) –– Sie wird gegenüber Schuldnern durchgeführt, die nicht im Handelsregis­ ter eingetragen und deren Schulden nicht pfandgesichert sind (praktisch alle Privatpersonen). –– Sie bezieht sich auf spezielle Geldschulden von Privatpersonen und juris­ tischen Personen, auch wenn sie im Handelsregister eingetragen sind.

2. Betreibung auf Pfandverwertung (SchKG 41; 151 – 158) –– Sie wird gegenüber Schuldnern durchgeführt, die eine Schuld durch ein Grundpfand (z. B. Grundstück, Immobilie) oder ein Faustpfand (z. B. Schmuck, Kunstgegenstand) abgesichert haben. –– Kann die Schuld mit der Verwertung des Pfandes nicht vollständig getilgt werden, so wird der Gläubiger mit dem entsprechenden Pfandausfall­ schein die Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs direkt mit dem Fortsetzungsbegehren weiterführen.

3. Betreibung auf Konkurs (SchKG 39; 159 – 176; 197 – 270) Sie wird gegenüber Schuldnern durchgeführt, die im Handelsregister einge­ tragen sind (Ausnahmen, siehe SchKG 43). Es handelt sich um eine Generalexekution (Gesamtvollstreckung), d. h. die Firma existiert nach Abschluss des Verfahrens nicht mehr und wird aus dem Handelsregister gestrichen. Auf den nächsten Seiten wird im Detail auf die drei Betreibungsarten eingetreten. Das nachfolgende Schema (Einleitung des Betreibungverfahrens) gilt für alle drei Betreibungsarten.


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3.3. Betreibung

213

Einleitung des Betreibungsverfahrens Betreibungsbegehren stellen und einen ersten Kostenvorschuss nach Gebührenverordnung überweisen (SchKG 67)

Zahlungsbefehl   Damit fordert das Betrei­ bungsamt den Schuldner auf, die gesamte Forde­ rung zu begleichen.

Gericht

Schuldner

Betreibungsamt

Gläubiger

Erhalt des Zahlungsbefehls per Post oder amtlich (SchKG 72 und S. 165). Der Schuldner hat drei Möglichkeiten: ▲

1. Schuld bezahlen:   Frist 20 Tage

Die Schuld ist beglichen, das Verfahren ist erledigt.

oder 2. Rechtsvorschlag beim Betreibungsamt   erheben: Frist 10 Tage

Meldet dem Gläubiger den Rechtsvorschlag

Mögliche Reaktionen:

▲ ▲

A) Beseitigung des Rechtsvorschlages mit Prozess oder Verwaltungsverfahren (SchKG 79)

Entscheid fällen durch Zivilprozess oder Verwaltungsverfahren

Richter prüft die vorgeleg­ ten Rechtsöffnungstitel des Gläubigers und ent­ scheidet entweder auf: a) pro­­visorische Rechts­ öffnung (SchKG 82) bei: –– schriftlicher Schuldaner­ kennung des Schuldners –– Vorliegen einer gülti­ gen Urkunde (Vertrag, Quittung, Verlust­ schein) oder b) auf definitive Rechts­ öffnung (SchKG 80) bei: –– Gerichtsurteil –– rechtskräftigem Behördenentscheid –– Ablehnung der Aberkennungsklage des Schuldners

B) Rechtsöffnungs­ begehren stellen (wenn schriftliche Beweise vorliegen) (SchKG 80, 82)

oder

Aberkennungs­ klage: Frist 20 Tage. Der Schuld­ ner kann damit die provisorische Rechtsöffnung anfechten, wenn er beweist, dass die Schuld nicht besteht (SchKG 83).

oder 3. Nicht reagieren ▲ ▲

Fortsetzungsbegehren stellen (in jedem Fall muss die Rechtskraft­ bescheinigung des Ge­ richts beigelegt werden, SchKG 88)

Das Betreibungsamt entscheidet über die Art der Fortsetzung: –– Betreibung auf Pfän­ dung oder –– Betreibung auf Konkurs

oder direkt das ▲

Verwertungsbegehren stellen (Gläubiger hat ein Pfand, SchKG 154)

Betreibung auf Pfandverwertung


3.3. Betreibung

214

Betreibung auf Pfändung

(SchKG 89 – 150)

Kriterium

Beschreibung (Voraussetzungen)

Zwangsvollstreckung (SchKG 38)

Ansprüche, die auf eine Geldzahlung gerichtet sind, werden durch Betreibung auf Pfändung zwangsweise vollstreckt, wenn sie nicht laut SchKG 39 – 43 der Betreibung auf Konkurs oder der Betreibung auf Pfandverwertung unterliegen.

Eigenschaften des   Schuldners   (SchKG 38 – 43)

Es betrifft dies: –– Natürliche und juristische Personen, die nicht im Handelsregister (HR) eingetragen sind –– Natürliche und juristische Personen, die zwar im Handelsregister (HR) eingetragen sind, deren Geldschulden aber laut SchKG 43 der Betreibung auf Pfändung oder auf Pfandver­ wertung unterliegen (z. B. Steuerschulden, Bussen, Gebühren, AHV-Beiträge, Alimente)

Ort der Betreibung (SchKG 46 ff.)

–– Wohnort des Schuldners –– Bei nicht im Handelsregister eingetragenen juristische Personen (z. B. Vereine): am Hauptsitz der Verwaltung oder am Wohnort des Präsidenten –– Am Aufenthaltsort des Schuldners, wenn kein fester Wohnsitz bekannt ist –– Bei Erbschaft: am letzten Wohnsitz des Erblassers –– Bei Bevormundeten: am Sitz der Vormundschaftsbehörde

Art der Betreibung (SchKG 38)

Der Betreibungsbeamte bestimmt, welche Betreibungsart anwendbar ist (SchKG 38). Er entscheidet nach den oben genannten gesetzlichen Kriterien: –– Betreibung auf Pfändung (vorliegendes Beispiel) –– Betreibung auf Pfandverwertung (siehe S. 218 f.) –– Betreibung auf Konkurs (siehe S. 216 ff.)

Kriterium

Verlauf der Betreibung auf Pfändung

Einleitung der Betreibung durch Betreibungs­begehren und Kostenvorschuss

Das Betreibungsbegehren (siehe S. 222) kann schriftlich mit Formular beim Betreibungs­ amt gestellt werden. Die notwendigen Angaben sind gemäss SchKG 67 aufzuführen. Der Gläubiger hat einen Kostenvorschuss laut Gebührenverordnung zu leisten (siehe S. 222).

Eintrag des Schuldners ins Betreibungsregister

Beim Erfassen des Betreibungsbegehrens wird der Schuldner ins Betreibungsregister (siehe S. 222) eingetragen. Dieser Eintrag kann schwerwiegende Nachteile bei Bewerbungen, Wohnungssuche und Kreditgesuchen bringen (siehe S. 215, «Löschen eines Eintags»).

Zustellung des   Zahlungs­befehls (SchKG 69 ff.)

Der Zahlungsbefehl (siehe S. 223) wird dem Schuldner per Post oder amtlich zugestellt (SchKG 72). Er wird damit aufgefordert, die Forderung des Gläubigers samt Verzugszin­ sen und den Betreibungskosten zu bezahlen.

Mögliche Reaktionen   des Schuldners ( Fristen und Instanzen siehe S. 213)

–– Bezahlen innert 20 Tagen (SchKG 69) –– Rechtsvorschlag innert 10 Tagen (SchKG 69) erheben (siehe S. 225) und evtl. Aber­ kennungsklage (siehe S. 215 und 225) einreichen –– Nicht reagieren

Beseitigung des Rechtsvorschlages durch Gerichts- oder Verwaltungsentscheid auf Klage des Gläubigers (SchKG 79 ff.)

–– Klage beim Zivilgericht (mit Formular Rechtsbegehren an das Friedensrichteramt) –– Verwaltungsverfahren (bei Forderungen von Behörden oder von Krankenkassen)

Fortsetzung des Betreibungs­verfahrens nach einer definitiven Rechtsöffnung (SchKG 88)

Der Gläubiger kann mit einem Formular das Fortsetzungsbegehren (siehe S. 224) stellen und erneut einen Kostenvorschuss an das zuständige Betreibungsamt leisten. Er hat dem Begehren immer eine richterliche Rechtskraftbescheinigung beizulegen (gerichtliches Urteil oder Beweismittel gemäss SchKG 80).

Eine definitive Rechtsöffnung (siehe S. 223) ermöglicht die Fortsetzung der Betreibung (SchKG 80). Eine provisorische Rechtsöffnung (siehe S. 223) kann vom Schuldner innert 20 Tagen mit Aberkennungsklage (siehe S. 213 und 223) bestritten werden (SchKG 82).

Frist Das Fortsetzungsbegehren kann frühestens 20 Tage und spätestens ein Jahr nach Zustel­ lung des Zahlungsbefehls eingereicht werden.


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3.3. Betreibung

215

Kriterium

Verlauf der Betreibung auf Pfändung

Vollzug der Pfändung Zuständig ist das Betreibungsamt des Wohnorts oder jenes am Ort, wo die Sache liegt (SchKG 89 ff.).

–– Nach Empfang des Fortsetzungsbegehrens muss die Pfändung (siehe S. 224) sofort vollzogen werden (siehe auch Arrest, S. 224, bei gefährdeten Pfändungen, SchKG 271 ff.). –– Sie muss spätestens am Tag vor dem Vollzug unter Hinweis auf Artikel 91 SchKG angekündigt werden. –– Der Schuldner (oder ein Vertreter) muss anwesend sein. –– Der Schuldner muss dem Beamten auf Verlangen Räumlichkeiten und Behältnisse öffnen. Der Beamte kann nötigenfalls die Polizeigewalt in Anspruch nehmen (SchKG 913).

Unpfändbare   Vermögenswerte «Kompetenzstücke» (SchKG 92)

Kompetenzstücke (siehe S. 225) sind u. a. –– Gegenstände, die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienen –– Haustiere, die nicht Erwerbszwecken dienen –– Religiöse Kultusgegenstände (z. B. ein Kruzifix) –– Werkzeuge, Geräte, Instrumente, Bücher, die zur Ausübung des Berufes (evtl. des Studiums) notwendig sind

Beschränkt pfändbare Vermögenswerte (SchKG 93 und 94)

–– Erwerbseinkommen jeder Art, z. B. Lohn, Renten, Pensionen usw. bis zum ermittelten Existenzminimum (siehe S. 225) –– Hängende oder stehende Früchte (zeitlich beschränkte Pfändung)

Reihenfolge und Umfang der Pfändung (SchKG 95 ff.)

In erster Linie wird das bewegliche Vermögen gepfändet, und wenn nötig werden z. B. auch Lohnpfändungen vorgenommen. Es wird nur so viel gepfändet, wie zur Deckung der Forderungen des Gläubigers samt Zinsen und Kosten benötigt wird (SchKG 97).

Verwertung der   beweglichen   Vermögensstücke (SchKG 116 ff.)

Der Gläubiger kann das Verwertungsbegehren (Formular) an das Betreibungsamt stellen. Dieses benachrichtigt den Schuldner innert 3 Tagen (SchKG 120). Fristen –– Für Mobilien oder z. B. Lohnpfändung: frühestens einen Monat und spätestens ein Jahr nach der Pfändung –– Für Immobilien: frühestens 6 Monate und spätestens 2 Jahre nach der Pfändung

Aufschub der Verwertung

Der Schuldner kann Aufschub verlangen (für maximal 12 Monate), wenn er glaubhaft ma­ chen kann, die Schuld ratenweise (z. B. mit Lohnpfändung) tilgen zu können (SchKG 123).

Ungedeckte Forderungen

Verlustschein aus Pfändung (siehe S. 227, SchKG 149) –– Er gilt als Schuldanerkennung (sie ist ein provisorischer Rechtsöffnungstitel). –– Der Schuldner kann die Schuld jederzeit tilgen. –– Eine erneute Betreibung kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlust­ scheines ohne neuen Zahlungsbefehl fortgesetzt werden, sofern der Verlustschein zum ersten Mal ausgestellt wurde. Nach dieser Frist kann die Betreibung bis zur Verjährung jederzeit mit Betreibungsbegehren wieder eingeleitet werden. Verjährungsfrist Der Verlustschein verjährt nach 20 Jahren. Mit jeder neuen Betreibung beginnt die Verjährungsfrist aber wieder von vorne.

Wichtig

Löschen eines Eintrags im Betreibungsregister Das Löschen eines Eintrags im Betreibungsregister ist äusserst schwierig. Während der Verjährungsfrist Die Schuld muss beglichen und der Gläubiger mit der Löschung einverstanden sein. Bei ungerechtfertiger Betreibung muss der «Schuldner» die Forderung zuerst bezahlen und diese dann zurückfordern und eventuell gerichtlich die Löschung verlangen. Nach der Verjährungsfrist Der Eintrag bleibt bestehen. Er steht aber nur noch Gerichten oder Amtsstellen zur Auskunft zur Verfügung.



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3.4. Rechtsformen von Unternehmen


3.4 Rechtsformen von Unternehmen

232

Rechtsformen von Unternehmen: Überblick Rechtsformen von Unternehmen Gesellschaftsunternehmen Das Eigenkapital stammt von mehreren Personen (Teilhabern).

Genossenschaft Ursprünglicher Zweck war die Selbsthilfe der Genossenschafter.

Einzelunternehmen Das Kapital stammt von einer Person (Inhaber).

Handelsgesellschaften Hauptzweck ist die Erwirtschaftung eines Gewinns für die Gesellschafter.

Personengesellschaften – Kollektivgesellschaft – Kommanditgesellschaft

Kapitalgesellschaften – Aktiengesellschaft (AG) – Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) – Kommanditaktiengesellschaft (KAG)

Die einfache Gesellschaft Zweck

Gründung

Risiko und Haftung

Handelsregister Pflicht zum Handelsregistereintrag

Eintragungspflichtige Elemente

Rechtliche Wirkungen


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3.4 Rechtsformen von Unternehmen

233

Einzelunternehmen Einzelunternehmen (OR 945 ff.): Unternehmen, dessen Kapital sich im Besitz einer einzelnen natürlichen Person befindet.

Inhaber Der Inhaber ist eine einzelne natürliche Person (siehe im Buch «Gesellschaft für den Detailhandel», S. 18). Sie alleine trifft die Entscheidungen zur Unternehmens­ führung.

Name  / Firma Das Gesetz versteht unter «Firma» nicht das Unternehmen selbst, so wie es im üblichen Sprachgebrauch der Fall ist, sondern meint den Geschäftsnamen. Bei einem Einzelunternehmen muss der Geschäftsname den Familiennamen (mit oder ohne Vornamen) des Inhabers enthalten (OR 945). Häufig kommen noch Bezeichnungen dazu, die auf die Tätigkeit des Unterneh­ mens hinweisen. Allerdings dürfen diese keine Gesellschaft vortäuschen. Beispiel: Metzgerei Stutz oder R. Späni, Treuhandarbeiten

Gründung Die Gründung eines Einzelunternehmens verlangt keine besondere Form. Der Wille des Inhabers genügt. Auch sonst sind nur wenige Vorschriften zu beachten: – Ein Einzelunternehmen ist ab einem Bruttojahresumsatz von CHF 100000.– verpflichtet, sich im Handelsregister (siehe S. 252) einzutragen. Fällt der Um­ satz kleiner aus, ist der Eintrag freiwillig. – Für bestimmte Berufe, wie z.B. Apotheker oder Rechtsanwälte, sind zudem Spe­ zialgesetze zu beachten. – Ein Einzelunternehmen ist zur kaufmännischen Buchführung verpflichtet, wenn es sein Unternehmen im Handelsregister eingetragen hat (OR 957).

Risiko und Haftung Der Inhaber eines Einzelunternehmens trägt das volle Risiko alleine: Er haftet für die gesamten Geschäftsschulden nicht nur mit seinem Geschäftsvermögen, son­ dern auch mit seinem Privatvermögen. Das Gesetz unterscheidet hier nicht zwi­ schen Geschäftsinhaber und Privatperson.

Gewinn- und Verlustbeteiligung Die Gewinnbeteiligung, aber auch die Verlustbeteiligung liegen ausschliesslich beim Eigentümer.

Eignung Das Einzelunternehmen eignet sich für Kleinstbetriebe, die von einer Einzelperson gut geleitet werden können und die lediglich wenig Kapital benötigt. Das Eigenkapital besteht in der Regel aus dem privaten Vermögen des Inhabers. Fremdkapital kann nur begrenzt beschafft werden, weil Einzelunternehmen von möglichen Fremdkapitalgebern eher als beschränkt kreditwürdig eingestuft werden.


3.4 Rechtsformen von Unternehmen

234

Kollektivgesellschaft Kollektivgesellschaft (OR 552 ff.): Unternehmen, das von mehreren natürlichen Personen gemeinsam geführt wird.

Inhaber Die Kollektivgesellschaft besteht aus zwei oder mehreren natürlichen Personen (siehe im Buch «Gesellschaft für den Detailhandel», S. 18), die gemeinsam ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe betreiben (OR 552). Die Gesellschafter verpflichten sich, die Gesellschaftsinteressen wahrzunehmen.

Name / Firma Das Gesetz beschreibt zwei Möglichkeiten (OR 9471): – Die Firma enthält den Namen aller Gesellschafter oder – sie nennt nur einen Gesellschafter bzw. einzelne Gesellschafter und vermerkt dies durch einen Zusatz. Beispiel Stutz, Späni und Wild haben folgende Wahlmöglichkeiten: – Firma mit allen Gesellschafternamen: «Stutz, Späni und Wild» – Firma mit Zusatz: «Stutz & Partner», «Späni & Co.» oder «Späni, Wild & Cie.» usw. (Co. und Cie. steht für Compagnie).

Gründung Die Gründung einer Kollektivgesellschaft verlangt keine besondere Form, basiert aber meist auf einem schriftlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag. Der Handelsregistereintrag ist gesetzlich vorgeschrieben, wobei eine kaufmänni­ sche Kollektivgesellschaft bereits vorher mit Abschluss des Gesellschaftsvertrags entsteht (OR 552 f.). Eine Kollektivgesellschaft, die allerdings kein kaufmänni­ sches Gewerbe führt, entsteht erst mit dem Handelsregistereintrag (OR 553). Der Handelsregistereintrag hat wichtige Konsequenzen für das Unternehmen. Beispiel – Die Gesellschaft und ihre Mitglieder unterliegen der Betreibung auf Konkurs (SchKG 39 & 159 ff.). – Es besteht eine Buchführungspflicht (OR 957).

Risiko und Haftung Jeder Gesellschafter haftet für alle Schulden subsidiär unbeschränkt und solida­ risch. – Unbeschränkt bedeutet, dass der Gesellschafter nicht nur mit dem Gesellschafts­ vermögen, sondern auch mit seinem persönlichen Vermögen haftet (Vollhaf­ tung). – Solidarisch meint, dass jeder für die ganze Schuld der Gesellschaft haftet (siehe auch OR 143). Das heisst, die Gesellschafter haften nicht anteilsmässig, sondern ein Gläubiger kann bei jedem Gesellschafter die ganze Schuld einfordern. – Subsidiär heisst, dass in erster Linie das Gesellschaftsvermögen haftet. Erst wenn dieses nicht ausreicht, um die Schulden zu tilgen, ist das Privatvermögen der Teilhaber heranzuziehen. ➔ www.verlag-fuchs.ch/recht

Gesellschafter haften auch für Schulden, welche vor ihrem Beitritt zur Kollektiv­ gesellschaft entstanden sind (OR 569).


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3.4 Rechtsformen von Unternehmen

235

Gewinn- und Verlustbeteiligung Das OR formuliert lediglich ergänzende (dispositive) Bestimmungen, welche durch den Gesellschaftsvertrag abgeändert werden können. Wenn nichts vertraglich geregelt wurde, gilt die Verteilung der Gewinne bzw. der Verluste nach Köpfen – und dies unabhängig von den getätigten Kapitaleinlagen der Gesellschafter (OR 533). Ein allfälliger Gewinn oder Verlust wird gleichmäs­ sig unter den Gesellschaftern aufgeteilt. Zusätzlich besteht ein Anspruch auf die Verzinsung des eingebrachten Kapitals und unter Umständen auf ein Honorar für geleistete Arbeit: – Kapitalverzinsung (OR 5582): Jeder Gesellschafter kann unabhängig von Ge­ winn oder Verlust für sein Kapital 4% Zins verlangen. – Honorar (OR 5583): Ein grundsätzlicher Anspruch auf ein Honorar besteht nicht. Wollen die Gesellschafter ein Gehalt für geleistete Arbeiten vorsehen, müssen sie dies im Gesellschaftsvertrag festhalten.

Eignung Die Kollektivgesellschaft eignet sich insbesondere dann, wenn sich eine kleine Zahl von natürlichen Personen zusammenschliesst, um in enger Zusammenarbeit ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Idealerweise ist der Kapitalbedarf nicht allzu gross und das Geschäftsrisiko eher gering. Die Geschäftspartner wollen aufgrund ihrer Spezialisierungen unterschiedliche Kompetenzen in das Unternehmen einbringen. Dadurch verfügt eine Kollektivge­ sellschaft über mehr Know-how als eine Einzelunternehmung.



4. Buchhaltung / Kalkulation Roger Gärtner Sybille Tenisch-Nellen Bruno Sardella


4.1. Einfache Buchhaltung

254

Einfache Buchhaltung Die einfachste Art der Buchhaltung eignet sich zur Verwaltung der Einnahmen und Ausgaben eines Kontos (Kasse, Post, Bank) für Privatpersonen, einzelne Projekte, Vereine und kleinere Firmen (Umsatz kleiner als CHF 100 000.–). Einfache Buchhaltung: Ist das systematische Aufzeichnen von Zahlungsvorgängen über eine Kasse, ein Post- oder ein Bankkonto.

Die Voraussetzungen für eine einfache Buchhaltung Für eine einfache Buchhaltung benötigt man: –– eine Kasse oder ein Post- bzw. ein Bankkonto –– verschiedene Geschäftsfälle (Einnahmen oder Ausgaben) –– Belege und Quittungen –– ein entsprechendes Kassabuch zur Führung der einfachen Buchhaltung Wenn diese vier Voraussetzungen erfüllt sind, kann bereits eine einfache Buchhaltung geführt werden. Im Folgenden wird die Führung eines Kassabuches mit Belegen und Quittungen genauer erläutert.

Belege und Quittungen Belege und Quittungen bilden einen wesentlichen Bestandteil der Buchhaltung, weil die Richtigkeit der Eintragungen jederzeit bewiesen werden muss. Vorgenommene Buchungen müssen klar und rekonstruierbar aufgezeigt werden. In der Buchhaltung gilt der Grundsatz «Kein Beleg – keine Buchung». Dabei muss es sich beim Beleg um ein Original handeln. Vorhandene Belege werden intern nummeriert, damit diese einfach archiviert werden können. Ist kein «offizieller» Beleg vorhanden (z. B. Geldvorschuss aus der Vereinskasse), muss ein sogenannter «interner Beleg» erstellt werden, um den Geschäftsvorfall festzuhalten. Beispiel Kassabeleg Verkäufer

Frey Velohandel AG, 8912 Möhlin, MwSt. Nr. 231456

Käufer

Veloverein Möhlin, 8912 Möhlin

Datum

12. 02. 2010

Kassabelegnummer

131725

Gegenstand

Velosattel, braun XP 64

Menge

1 Stück

Preis inklusive Mehrwertsteuer

CHF 79.00

Mehrwertsteuer (8%)

CHF   6.32

Bedient durch

Marco Müller


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

4.1. Einfache Buchhaltung

255

Kassabuch Kassabuch: Ist der buchhalterische Erfassungsort für alle Geschäftsvorfälle eines Unternehmens, die mit Bargeld bezahlt wurden. Der Saldo des Kassabuchs gibt an, wie viel Bargeld sich in der Geschäftskasse des Unternehmens befindet. Weiterhin beinhaltet das Kassabuch auch die Buchungsbelege der festgehaltenen Geschäftsvorfälle.

Der Aufbau des Kassabuchs Im Titel des Kassabuchs muss der Name der Unternehmung (z. B. Veloverein Möhlin) sowie der entsprechende Gültigkeitsbereich (z. B. Monat Februar 2010) ersichtlich sein. Das Kassabuch hat in seiner modernen Anwendung sechs Spalten. Diese sind: Beleg

mit der entsprechenden Belegnummer

Datum

für das Datum der entsprechenden Geschäftsfälle

Beschreibung

für die Beschreibung der entsprechenden Geschäftsfälle

Einnahmen

für die Aufzeichnung der Einnahmen (auch «Soll» genannt)

Ausgaben

für die Aufzeichnung der Ausgaben (auch «Haben» genannt)

Saldo

um den aktuellen Kassenbestand gleich zu ermitteln

–– Das Kassabuch wird immer mit dem Saldo des Vormonats neu eröffnet. –– Die Geschäftsfälle werden in der Regel chronologisch (in zeitlicher Reihenfolge) geführt. –– Das Kassabuch wird laufend nachgeführt (kann wöchentlich, monatlich usw. sein). Dies hängt von der Anzahl der Geschäftsfälle ab.

Beispiel Kassabuch (Veloverein Möhlin) Februar 2010 Folgende Belege liegen zur Verbuchung vor: 12.02.2010 20.02.2010 24.02.2010 26.02.2010

Kauf Velosattel bei Frey (Musterkassabeleg, siehe S. 254), Fr. 79.00 Einnahme Vereinsmitgliedschaft von Kurt Weber, Fr. 100.00 Einnahme vom Verkauf Velovignette an Kurt Siedler, Fr. 9.00 Kauf Briefmarken bei der Post, Fr. 50.00

Führung Kassabuch (Veloverein Möhlin) Februar 20… Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.02.20..

Anfangsbestand Kasse

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

2

18.02.20..

Einnahme Verkauf Vignette

3

20.02.20..

Einnahme Mitgliedschaft Weber

4

26.02.20..

Kauf Briefmarken

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 5000.00

79.00

4921.00

9.00

4930.00

100.00

5030.00 50.00

4980.00


4.1. Einfache Buchhaltung

256

Der Abschluss des Kassabuchs Der Abschluss des Kassabuchs zeigt, wie viel Geld eingenommen, wie viel Geld ausgegeben wurde und wie hoch das momentane Guthaben, der Saldo, ist. Beim Abschluss geht man so vor: 1. Alle Einnahmen und Ausgaben werden getrennt zusammengezählt. Die Summen werden auf der folgenden Zeile der entsprechenden Spalte aufgeführt. In der Spalte Beschreibung schreibt man «Abschluss Monat Februar». 2. Die Differenz zwischen Ausgaben und Einnahmen wird nicht ausdrücklich ausgewiesen, da der Saldobestand durch die dauernde Nachführung bekannt ist. Der Saldo per Ende Februar ist gleichzeitig der Anfangsbestand für den Monat März.

Abschluss Kassabuch (Veloverein Möhlin) Februar 20.. Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.02.20..

Anfangsbestand Kasse

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

2

18.02.20..

Einnahme Verkauf Vignette

3

20.02.20..

Einnahme Mitgliedschaft Weber

4

26.02.20..

Kauf Briefmarken

28.02.20..

Abschluss Monat Februar

28.02.20..

Saldo per Ende Februar

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 5000.00

79.00

4921.00

9.00

4930.00

100.00

5030.00 50.00

109.00

4980.00

52.40 4980.00

Neueröffnung Kassabuch (Veloverein Möhlin) März 20… Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.03.20..

Anfangsbestand Kasse

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 4980.00


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

4.1. Einfache Buchhaltung

257

Korrekturbuchungen Beim Führen der einfachen Buchhaltung kann es Fehler geben, z. B. werden Buchungen vergessen oder irrtümlich falsche Beträge gebucht.

Unerlaubte Korrekturen Bei handschriftlich geführter Buchhaltung sind verboten: –– Überschreiben von Ziffern –– Radieren oder Auslöschen von Zahlen mit dem Tintenkiller –– mehrmaliges Durchstreichen einer Zahl –– Überkleben einer Zahl oder einer Ziffer.

Erlaubte Korrekturen Bei handschriftlich geführter Buchhaltung ist erlaubt: –– eine ganze Zahl (Franken und Rappen) einmal mit Lineal waagrecht durchzustreichen und die richtig Zahl darüberzuschreiben. –– eine Buchung nachträglich vorzunehmen, genannt: Nachtragsbuchung –– eine falsche Buchung mittels einer Gegenbuchung und einer Richtigbuchung zu korrigieren, genannt: Stornobuchung –– die Differenz zur falsch geschriebenen Zahl in der entsprechenden Kolonne zu verbuchen, genannt: Differenzbuchung

Die Nachtragsbuchung Die Nachtragsbuchung kommt dann zum Einsatz, wenn vergessen wurde, einen Geschäftsfall zu buchen. Diese Buchung wird nun einfach am Schluss angefügt.

Beispiel: Kaffeekasse Am 18. 02. wurde vergessen, die Einnahme von CHF 9.00 für den Verkauf einer Vigniette zu verbuchen. Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.02.20..

Anfangsbestand Kasse

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

2

20.02.20..

Einnahme Mitgliedschaft Weber

3

26.02.20..

Kauf Briefmarken

4

18.02.20..

Einnahme Verkauf Vigniette

28.02.20..

Abschluss Monat Februar

28.02.20..

Saldo per Ende Februar

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 5000.00

79.00 100.00

5021.00 50.00

9.00 109.00

4921.00

4971.00 4980.00

129.00 4980.00

Durch die nachträgliche Buchung verändern sich natürlich die Totale der Ausgaben und Einnahmen sowie der Saldo.


4.1. Einfache Buchhaltung

258

Die Stornobuchung Stornobuchungen kann man machen, wenn beispielsweise falsche Beträge verbucht worden sind. 1. Zuerst wird die Buchung storniert, indem der gebuchte Betrag (z. B. Buchung Spalte Einnahmen) auf der Gegenspalte (z. B. in der Spalte Ausgaben) zur Neutralisierung aufgeführt wird. In der Spalte Beschreibung wird mit «Storno ...» auf den zu korrigierenden Geschäftsfall hingewiesen. 2. In der folgenden Zeile wird dann die korrekte Buchung vorgenommen. Beispiel: Kaffeekasse Beleg-Nr. 1 wurde irrtümlich mit CHF 97.00 statt mit CHF 79.00 verbucht. Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.02.20..

Anfangsbestand Kasse

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

2

18.02.20..

Einnahme Verkauf Vignette

3

20.02.20..

Einnahme Mitgliedschaft Weber

4

26.02.20..

Kauf Briefmarken

1

12.02.20..

Stornierung Velosattel bei Frey

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

28.02.20..

Abschluss Monat Februar

28.02.20..

Saldo per Ende Februar

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 5000.00

97.00

4903.00

9.00

4912.00

100.00

5012.00 50.00

97.00

5059.00 79.00

206.00

4962.00

4980.00

226.00 4980.00

Die Differenzbuchung Wenn ein falscher Betrag gebucht wurde, kann anstelle einer Stornobuchung auch eine Differenzbuchung vorgenommen werden. Es wird nicht die ganze Buchung storniert, sondern nur die Differenz im entsprechenden Konto nachgebucht. –– Wenn zu wenig verbucht worden ist, erfolgt die Differenzbuchung in der gleichen Spalte (es wird addiert). –– Ist zu viel verbucht worden, erscheint die Differenz in der gegenüberliegenden Spalte (es wird subtrahiert). Der Text in der Geschäftsfall-Zeile (Beschreibung) lautet einfach «Differenzbuchung». Beispiel: Kaffeekasse Beleg-Nr. 1 wurde irrtümlich mit CHF 97.00 statt mit CHF 79.00 verbucht. Es wurden also CHF 18.00 zu viel verbucht. Diese Differenz wird nun einfach auf der Einnahmenseite eingetragen. Beleg-Nr.

Datum

Beschreibung

01.02.20..

Anfangsbestand Kasse

1

12.02.20..

Kauf Velosattel bei Frey

3

18.02.20..

Einnahme Verkauf Vignette

2

20.02.20..

Einnahme Mitgliedschaft Weber

4

26.02.20..

Kauf Briefmarken

1

12.02.20..

Differenzbuchung Velosattel

Einnahmen

Ausgaben

Saldo 5000.00

97.00

4903.00

9.00

4912.00

100.00

5012.00 50.00

18.00

4962.00 4980.00


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

4.2. Die Bilanz

259

Die Bilanz Bilanz: Ist die Gegenüberstellung aller Aktiven und aller Passiven eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt. Deshalb wird die Bilanz auch als Stichtag-Rechnung bezeichnet.

Aktiven Die Aktiven beantworten folgende Frage: Wie ist das Geld in der Unternehmung investiert? Welche Vermögenswerte sind vorhanden? Die Aktiven werden nach dem Liquiditätsprinzip (der Verfügbarkeit) geordnet, d. h. je schneller etwas zu Bargeld gemacht werden kann, desto weiter oben steht es in der Bilanz. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen dem Umlaufvermögen und dem Anlagevermögen: Umlaufvermögen Zum Umlaufvermögen gehören u. a. Bargeld, Post- und Bankguthaben sowie börsenkotierte Wertschriften, Kundenguthaben (Debitoren) und Warenvorräte. Die Werte auf diesen Konten verändern sich stetig, das heisst, diese Mittel sind ständig im Umlauf. Anlagevermögen Das Anlagevermögen wird auch «starres» Vermögen genannt. Dabei handelt es sich um Vermögen, das dem Unternehmen über eine längere Zeit zur Verfügung steht und dessen Wert über einen längeren Zeitraum unverändert bleibt. Beispiele dafür sind Maschinen, Mobilien, Geräte, Fahrzeuge usw.

Passiven Die Passiven beantworten die Frage: Wo kommt das Geld her? Wer hat es zur Verfügung gestellt? Die Passiven zeigen, wer die unter den Aktiven aufgeführten Vermögenswerte finanziert. Sind es die Eigentümer des Unternehmens, spricht man von Eigenkapital. Wenn eine Aktiengesellschaft ihr Aktienkapital erhöht, spricht man ebenfalls von Eigenkapital. Bei fremden Kapitalgebern (z. B. Banken oder Lieferanten) spricht man von Fremdkapital. Passiven sind immer Schulden gegenüber Dritten oder gegenüber dem Eigentümer. Fremdkapital In einer Bilanz wird das Fremdkapital vor dem Eigenkapital aufgelistet. Innerhalb des Fremdkapitals gruppiert man die Schulden nach ihrer Fälligkeit (Fälligkeitsprinzip): Je früher die Schulden zurückbezahlt werden müssen, umso weiter oben stehen sie in der Bilanz. Beim Fremdkapital wird unterschieden zwischen kurzfristigem Fremdkapital und langfristigem Fremdkapital. Kurzfristiges Fremdkapital sind offene Rechnungen von Lieferanten oder kurzfristige Bankkredite, die innerhalb von 90 Tagen zurückbezahlt werden müssen. Langfristiges Fremdkapital sind Darlehen, langfristige Bankkredite, Hypotheken usw. Hier handelt es sich um Kapital, das für eine längere Laufzeit zur Verfügung gestellt wird (für mehr als 90 Tage). Eigenkapital Das Eigenkapital ist das Kapital der Eigentümer der Unternehmung. Bei einer Aktiengesellschaft spricht man vom Aktienkapital. Auch ein allfälliger Reingewinn bzw. ein Reinverlust wird beim Eigenkapital verbucht genauso wie die gesetzlich erforderlichen Reserven und allfällige freiwillige Reserven.



5. Das Rechnen Thomas Bannwart


5. Rechnen

302

Direkter Dreisatz Dreisatz: Mit ihm kann der proportionale Zusammenhang zwischen zwei Grös­ sen berechnet werden. Man unterscheidet zwischen –– direkter Proportion und –– indirekter Proportion.

Direkte Proportion Bei der direkten Proportion ist das Verhältnis zwischen den beiden Grössen immer gleich, d. h. der Quotient (Grösse 1 geteilt durch Grösse 2) bleibt gleich. Beispiel –– 5 kg Äpfel (Grösse 1) kosten CHF 25.– (Grösse 2). –– 2 kg Äpfel (Grösse 1) kosten CHF 10.– (Grösse 2). –– Probe: 255 = 0,2 (Quotient) 2 10

= 0,2 (Quotient)

Beispiel: Direkter Dreisatz 755 Gramm eines Käses kosten CHF 28.50. Wie viel kosten 150 Gramm des Käses?

1. Zuerst muss die Frage geklärt werden, welche Einheit (kg, m, CHF usw.) gesucht ist. In unserem Fall geht es um die Kosten von 755 Gramm Käse: Es ist also eine Grösse in Schweizer Franken (CHF) gesucht. 2. Auf den Bruchstrich schreibt man zuerst jene Zahl, die in der Aufga­ CHF 28.50 be diese Einheit enthält. In unserem Fall: 3. Nun muss man eine Beziehung zu dieser auf dem Bruchstrich hinge­ setzten Zahl suchen (einen Zusammenhang herstellen). Die CHF 28.50 entsprechen 755 g . 4. Jetzt rechnet man auf 1 Einheit (auf 1 g ) zurück: Ein Gramm kostet 755-mal weniger. 5. Gesucht ist aber der Preis von 150 Gramm . Das sind daher 150-mal mehr als der Preis für ein Gramm. 755 g

CHF 28.50

150 g

150 = CHF 5.66

1g 755

150 Gramm Käse kosten CHF 5.65 (gerundet). Merksatz Bei der direkten Proportion gilt: Je weniger, desto weniger oder je mehr, desto mehr. Auf unser Beispiel oben bezogen: Je weniger das Gewicht, desto weniger die Kosten.


1. Volkswirtschaft   2. Detailhandel   3. Recht   4. Buchhaltung / Kalkulation   5. Rechnen

5. Rechnen

303

Indirekter Dreisatz Bei der indirekten Proportion ist das Produkt (Grösse 1 multipliziert mit Grösse 2) der beiden Grössen immer gleich. Beispiel –– Für eine Arbeit brauchen 4 Personen (Grösse 1) 12 Stunden (Grösse 2). –– Für dieselbe Arbeit brauchen 3 Personen (Grösse 1) 16 Stunden (Grösse 2). –– Probe: 4 ✕ 12 = 48 (Produkt) 3 ✕ 16 = 48 (Produkt)

Beispiel: Indirekter Dreisatz Ein Wassertank kann durch zwei Wasserleitungen in 12 Minuten gefüllt werden. Wie lange dauert es, wenn 5 gleiche Wasserleitungen zur Verfügung stehen?

1. Welche Einheit ist gesucht? Eine Zeit für die Füllung des Tankes ist gesucht: Minuten 12 Minuten (min)

2. Auf den Bruchstrich schreibt man:

3. Die Beziehung herstellen: 12 Minuten dauert die Tankfüllung bei 2 Wasserleitungen . 4. Nun rechnet man auf 1 Einheit (auf 1 Wasserleitung ) zurück. Hätte man nur eine Leitung, so würde die Tankfüllung 2-mal länger dau­ ern (daher Multiplikation). 5. Jetzt stehen einem jedoch 5 gleich grosse Wasserleitungen zur Ver­ fügung. Daher dauert die Füllung des Wassertanks 5-mal weniger lang, als wenn nur eine Wasserleitung zur Verfügung stehen würde (Division). 2 Leitungen

12 min

5 Leitungen

2 = 4,8 min

1 Leitung 5

Mit 5 Leitungen dauert es 4,8 Minuten (das sind 4 Minuten und 48 Sekunden). Merksatz Bei der indirekten Proportion gilt: Je weniger, desto mehr. Auf unser Beispiel oben bezogen: Je weniger Leitungen, desto länger (mehr) dauert die Tankfüllung.

Hinweise –– Es ist wichtig, zuerst zu entscheiden, ob es sich um eine direkte oder um eine indirekte Proportionalität handelt. –– Bei jeder Dreisatzaufgabe rechnet man eine Grösse auf den Wert 1 zurück.


5. Rechnen

304

Prozent Prozent: Kommt vom Lateinischen «pro centum» und bedeutet von bzw. auf 100. 1% ist also 1 von 100 oder ein Hundertstel. Wenn man im Kopf 1 Prozent von einer Grösse ausrechnen muss, kann man das Komma (den Punkt) um 2 Stellen nach links verschieben. 1% von CHF 1500.– sind CHF 15.–. Vergleicht man verschiedene Grössen miteinander, so macht man dies in der Praxis oft mit Prozenten.

Beispiel 1: Prozentwert Eine Verkäuferin verdient monatlich CHF 3450.–. Nun wird der Lohn um 4% erhöht. Wie viel beträgt die Lohnerhöhung?

1. Welche Einheit ist gesucht?

CHF

2. Auf den Bruchstrich schreibt man:

CHF 3 450.–

3. Die Beziehung herstellen: CHF 3450.– entsprechen 100% . 4. Dann rechnet man auf 1 Einheit (auf 1% ) zurück, indem man CHF 3450.– durch 100 dividiert. 5. Die gesuchte Grösse ist 4% Lohn: Man multipliziert das oben er­ rechnete Resultat mit 4 . 100%

CHF 3450.–

4 = CHF 138.–

1% 4%

100

Die Verkäuferin erhält eine Lohnerhöhung von CHF 138.–.


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5. Rechnen

305

Beispiel 2: Prozentsatz Von 35 kg Orangen werden 6 kg verkauft. Wie viele Prozent der Orangen werden verkauft?

1. Welche Einheit ist gesucht?

% (Prozent)

2. Jetzt sucht man in der Aufgabe nach einer Zahl mit %, findet diese Einheit aber nicht. Dann bedeutet dies, dass irgendwo in der Aufgabe 100% 100% versteckt sind. Auf den Bruchstrich schreibt man: 3. Die Beziehung herstellen: 100% entsprechen 35 kg . 4. Dann rechnet man auf 1 Einheit (auf 1 kg ) zurück, indem 100% durch 35 dividiert werden. 5. 6 kg entsprechen 6-mal mehr Prozenten. 35 kg

100%

6 = 17,14%

1 kg 35

6 kg

Es wurden 17,14% der Orangen verkauft.

Beispiel 3: Grundwert An einem Kiosk macht der Verkauf der Zeitschriften 18% des Umsatzes aus. Dies entspricht CHF 280.– pro Tag. Wie hoch ist der tägliche Umsatz?

1. Welche Einheit ist gesucht?

% (Prozent)

2. Auf den Bruchstrich schreibt man:

CHF 280.–

3. Die Beziehung herstellen: CHF 280.– entsprechen 18% . 4. Dann geht man auf 1 Einheit (auf 1% ) zurück, indem man durch 18 dividiert. 5. Der Umsatz beträgt 100% . Daher wird mit 100 multipliziert.

18%

1%

100%

CHF 280.–

Der tägliche Umsatz beträgt CHF 1555.55.

100 = CHF 1555.56

18


5. Rechnen

306

Hinweise –– Die Prozentberechnungen können immer einem der drei Fälle (siehe Beispiele 1 – 3, Seite 304 und 305) zugeordnet und so gelöst werden. –– Es ist eine Hilfe, sich zu überlegen, welche Einheit das Resultat haben muss. Es gilt: Die erste Zahl auf dem Bruchstrich (rot) hat immer die gleiche Einheit wie die gesuchte Grösse. –– Nicht immer sind die Zahlen, die man auf den Bruchstrich setzt, direkt gegeben. Beispiel In einem Regal liegen 56 Äpfel und 26 Birnen. Wie gross ist der Anteil der Birnen in Prozent? Hier muss man erkennen, dass 56 Äpfel + 26 Birnen = 82 Früchte dem Grundwert von 100% entsprechen.

Rechnen mit Formeln Es ist möglich, alle Prozentaufgaben mit folgender Formel zu lösen: Prozentwert =

Grundwert ✕ Prozentsatz in % 100%

In Kurzform lautet die Formel: W=

G ✕ p% 100%

Die einzelnen Variablen bedeuten: W = Prozentwert (hat immer die gleiche Einheit wie der Grundwert) G = Grundwert (entspricht immer 100%) p% = Prozentsatz in Prozent Mit der oben stehenden Formel kommt man immer zum Ziel. Es ist jedoch auch möglich, durch einfache Verhältnisüberlegungen jede Prozentaufgabe ohne Anwendung der Formel zu lösen. Jeder soll den Lösungsweg einschlagen, der für ihn am einfachsten ist.


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5. Rechnen

307

Rabatt und Skonto Rabatt: Ist eine Preisreduktion, die vom Verkaufspreis abgezogen wird. Meis­ tens wird der Rabatt in Prozent angegeben (siehe auch S. 171). Man unterscheidet verschiedene Rabattformen: Mengenrabatt, Saisonrabatt, Messerabatt, Ausstellungsrabatt, Treuerabatt, Naturalrabatt, Personalrabatt usw. Skonto: Ist eine besondere Form des Rabatts. Er wird gewährt, wenn Kunden rasch (z. B. innert 10 Tagen) zahlen.

Bruttopreis – Rechnungsbetrag – Nettopreis Im Zusammenhang mit Rabatt und Skonto muss man die folgenden Begriffe kennen: Bruttopreis (= 100%): Katalogpreis, Schaufensterpreis usw. – Abzug des Rabattes in Prozent =R echnungsbetrag (< 100%): Preis einer Ware nach Abzug des Rabattes vom Bruttopreis Um weiterrechnen zu können, muss man den Rechnungsbetrag mit 100% gleichsetzen. Rechnungsbetrag (100%): Preis einer Ware nach Abzug des Rabattes vom Bruttopreis – Abzug des Skontos in Prozent =N ettopreis (< 100%): Preis einer Ware nach Abzug des Skontos vom Rech­ nungsbetrag In Kurzform kann dies auch so dargestellt werden: Beispiel: Vom Bruttopreis zum Nettopreis Bruttopreis – Rabatt = Rechnungsbetrag

100% 5% 95%

zum Weiter­ rechnen

Rechnungsbetrag – Skonto

100% 2%

= Nettopreis

98%

= Bruttopreis

100%

Beispiel: Vom Nettopreis zum Bruttopreis

= Rechnungsbetrag 100% + Skonto Nettopreis

2% 98%

zum Weiter­ rechnen

+ Rabatt Rechnungsbetrag

5% 95%


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