Ökolgie/Ethik

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Verlag Fuchs Christina Mihajlovic-Wachter Claudio Caduff Thomas von Burg

Ă–kologie/Ethik Zwei wichtige Aspekte im Unterricht


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Inhaltsverzeichnis Ökologie 1. Einführung – Begriffe – Ökologische Aspekte: Probleme/Ursachen

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2. Stoffkreisläufe und Ökosysteme – Stoffkreisläufe – Energieflüsse und Nährstoffkreisläufe in Ökosystemen – Schadstoffanreicherung (Bioakkumulation) – Zwei wichtige Kreisläufe – Der globale Kohlenstoffkreislauf (Modell)

6 6 7 9 10 11

3. Ökobilanz und Abfall – Ökobilanz – Ressourcenverbrauch und Abfall – Die Abfallstrategie in der Schweiz

12 12 13 14

4. Energie und Klima – Die Energieträger – Energieverbrauch – Der Treibhauseffekt – Die Erwärmung der Erde – Der UNO-Klimabericht 2007 – Massnahmen zum Klimaschutz – Strategien zu einer nachhaltigen Energienutzung

16 16 18 20 21 22 23 24

5. Die natürlichen Lebensbedingungen der Menschen – Luft – Wasser – Boden – Biodiversität (Artenvielfalt)

25 25 28 31 32

Ethik 1. Einführung – Begriffe

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2. Freiheit und Gerechtigkeit – Freiheit – Gerechtigkeit

36 36 37

3. Moralische Dilemmas

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4. Angewandte Ethik – Angewandte Ethik – Gewissen

40 40 43

5. Weltreligionen – Christentum – Judentum – Islam – Hinduismus – Buddhismus

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6. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

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7. Evolutionärer Humanismus

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Autoren/Quellen/Links/Impressum

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Ă–kologie


1. Einführung

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Begriffe Ökologie Ökologie: Sie beschäftigt sich mit den komplexen Wechselbeziehungen der Lebewesen untereinander und zu ihrer unbelebten Umgebung (zu ihrem Lebensraum). Der moderne Mensch verändert die Umwelt in sehr starkem Masse: Bergbau, Landwirtschaft, Industrie, Städtebau usw. und der damit verbundene Verbrauch von Energie und Stoffen (chemische Elemente und Verbindungen) geschehen in grossem Massstab. Damit werden Eigenschaften der Umgebung verändert. Dies hat schwer abschätzbare Folgen für die Pflanzen, für die Tiere und für den Menschen selbst.

Ökosystem Ökosystem: Zeigt die wechselseitigen komplexen Beziehungen zwischen einer bestimmten Lebensgemeinschaft (Biozönose) und deren Lebensraum (Bio­top). Ökosysteme sind keine abgeschlossenen Systeme. So können z. B.die Grenzen zwischen dem Waldökosystem und dem Wiesenökosystem nicht genau festgelegt werden. Der Begriff Ökosystem wird zum einen abstrakt verwendet, man spricht z.B. vom Ökosystem See. Andrerseits spricht man z.B. konkret vom Ökosystem Zugersee. Die Gesamtheit aller Ökosysteme auf der Erde nennt man Öko- oder Bio­sphäre.

Stoffkreislauf Stoffkreislauf: Er bezeichnet einen Kreislauf von chemischen Verbindungen, die über eine Reihe von Prozessen und Formen wieder zu ihren Ursprungsstoffen werden. Es gibt viele verschiedene Stoffkreisläufe in Ökosystemen. Für das Leben wichtig sind der Wasserstoff-, der Sauerstoff-, der Kohlenstoff-, der Stickstoff-, der Schwefel- und der Phosphorkreislauf. In den Kreisläufen der Natur ergänzen sich Prozesse gegenseitig so, dass kein Rest entsteht. Man spricht daher von geschlossenen Kreisläufen. Beispiel: Über den Nährstoffkreislauf gelangen Stoffe von den Produzenten (Pflanzen) zu den Konsumenten (Menschen, Tiere). Von den Konsumenten gelangen sie an die Destruenten (Bakterien, Pilze) und von diesen gehen die Stoffe wieder zu den Produzenten (Pflanzen). Durch menschliche Tätigkeiten werden die Stoffkreisläufe häufig aufgebrochen (siehe dazu den Kohlenstoffkreislauf S. 10).

Nachhaltigkeit Nachhaltigkeit: Sie umschreibt allgemein den sorgfältigen Umgang mit den Ressourcen. Abbauen und Nachwachsen der Ressourcen sollten im Gleichgewicht stehen, so dass der Lebensraum seine Funktionen, z.B. Bereitstellung von Nahrung und sauberem Trinkwasser, weiterhin erfüllen kann. Nachhaltige Produktionsmethoden und Lebensweisen basieren auf möglichst geringem Ressourcenverlust.


1. Einführung

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Ökologische Aspekte: Probleme / Ursachen

Die natürlichen Lebensbedingungen des Menschen sind vielfältig beeinträchtigt.

Aspekt

Probleme

Ursachen (nicht vollständig)

Luft

–B ildung von Ozon an wärmeren Tagen in der bodennahen Luftschicht (Atemwegserkrankungen bei Mensch und Tier) – Bildung von Feinstaub (Atemwegsund Krebserkrankungen) – Ozonabbau in der Atmosphäre, verstärkte UV-Strahlung (Hautkrebs)

–V erbrennung von Treibstoffen – Verbrennung von Haushalt- und Industrieabfällen – Herstellungsprozesse (z.B. chemische Industrie, Stahlindustrie)

Boden

–V ersiegelung des Bodens (geringere landwirtschaftliche Erträge) – Erosion (Wegschwemmen des fruchtbaren Bodens) – Belastete Böden – Verdichtete Böden

–V erbauung (Strassen, Gebäude usw.) – Abholzung – Schadstoffe im Boden und Versalzung (durch Austrocknung) – Landwirtschaft mit schweren Maschinen

Wasser

–A bsinken des Grundwasserspiegels (Austrocknung des Bodens) – Versalzung (Unfruchtbarkeit des Bodens) – Zunahme der Wüsten

– übermässiger Wasserverbrauch – Verschmutzung der Wasserreserven

Biodiversität (Artenvielfalt)

–V erschwinden von Arten und Lebensräumen – Verringerung der genetischen Vielfalt

– Verbauung des Lebensraums – Erwärmung des Klimas – Übernutzung (z.B. Leerfischen der Ozeane)

Klima

Treibhauseffekt, Klimaerwärmung (mehr Stürme, Überschwemmungen, Abschmelzen des Polareises und der Gletscher usw.)

– Verbrennung fossiler Brennstoffe – Abholzung – Rinderzucht, Reisanbau (Methan­ gase)

Abfall

Störung der natürlichen Stoffkreisläufe durch Abfall, der die natürlichen Ökosysteme überfordert

–K onsum von zu vielen und nicht nachhaltig produzierten Gütern (Energie, Nahrung, Kleidung, Bauten usw.) – Verbrennung von Abfall

Lärm

Lärmbelastung (Schlaf­störungen, Konzentrationsschwächen, verminderte Lernfähigkeit bei Kindern usw.)

–V erkehr (Strassen-, Schienen- und Luftverkehr) – Industrie

Elektrosmog

Elektrostrahlungen (Nervosität, Schlafstörungen, Gliederschmerzen usw.)

– – – – – – –

Hochspannungsleitungen Eisenbahnfahrleitungen elektrische Geräte Mobilfunkantennen Radio- und Fernsehsender Radaranlagen Mikrowellenöfen


2. Stoffkreisläufe und Ökosysteme

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Stoffkreisläufe Bei der Beobachtung von Stoffkreisläufen sind vier Fragen zentral: – Welcher Stoff (chemisches Element) durchläuft den Kreislauf? – In welchem Stoffzustand (Aggregatszustand) befindet er sich? – Welche chemischen Reaktionen macht er? – Welches ist sein Energiegehalt?

Der Stoff im Kreislauf Im Stoffkreislauf wird ein einzelnes chemisches Element auf seinem Weg in der belebten (organischen) und in der unbelebten (anorganischen) Natur verfolgt. Das Element tritt dabei unter Umständen in verschiedenen Verbindungen auf. Besonders wichtig sind folgende Elemente: – Kohlenstoff (C) – Stickstoff (N) – Phosphor (P) – Schwefel (S) – Sauerstoff (O) – Wasserstoff (H) Ohne diese Elemente ist das Leben nicht möglich. Sie kommen in allen Lebewesen vor und sind auch in der unbelebten Natur vorhanden.

Der Aggregatszustand (Stoffzustand) Die Stoffe können in einem festen, in einem flüssigen oder in einem gasförmigen Zustand sein. Entsprechend ihrem Stoffzustand finden wir die Stoffe im Gestein (fest, z.B. in Kalk), im Wasser (flüssig, z.B. Kohlensäure) oder in der Luft (gasförmig, z.B. Kohlenstoffdioxid).

Die chemischen Reaktionen Stoffe können in oxidierter oder in reduzierter Form vorliegen. Die oxidierte Form enthält keine Energie («Batterie leer»), während die reduzierte Form energiegeladen ist («Batterie voll»). Beispiel Der menschliche Körper gewinnt die Energie aus der Verbrennung von Kohlenhydraten (z.B. Glukose, Kohlenstoff in reduzierter Form). Dabei entsteht Kohlenstoffdioxid (CO2, d.h. Kohlenstoff ist oxidiert worden und enthält keine freie Energie mehr). Bei diesem Vorgang ist Energie freigesetzt worden. Umgekehrt wird unter Energieaufwand CO2 in die energiegeladene Form überführt: Mithilfe der Fotosynthese können u. a. die Pflanzen unter Ausnützung des Sonnenlichts Kohlenstoffdioxid aus der Luft in Glukose (energiegeladene Form des Kohlenstoffs) umwandeln.

Der Energieaspekt Lebewesen bauen energiereiche Stoffe auf und ab: Im Kreislauf werden energielose Stoffe von den Pflanzen mittels Sonnenlicht in energiereiche Stoffe umgewandelt. In der energiereichen Form stehen die Stoffe den Lebewesen als Energiestoffe (Nahrung) oder als Baustoffe (Gewebe, Knochen usw.) zur Verfügung. Zum Leben werden diese Stoffe verbrannt, d.h. sie geben ihre Energie an das Lebewesen ab. Im Kreislauf wiederholen sich die Vorgänge der Energieladung (Reduktion) und der Energieentladung (Oxidation) endlos (siehe Kohlenstoffkreislauf S. 10).


2. Stoffkreisläufe Ökologie und Ökosysteme

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Energieflüsse und Nährstoffkreisläufe in Ökosystemen Das nachfolgende Schema zeigt vereinfacht die Energieflüsse und die Nährstoffkreisläufe in einem Ökosystem.

Energiefluss

Sonnenenergie

Stofffluss

Pflanzen (Produzenten)

Wärme Pflanzenfresser (Konsumenten erster Ordnung)

Wärme Fleischfresser (Konsumenten zweiter Ordnung)

Wärme Bakterien, Pilze (Destruenten)

Wärme

abgestorbene, sich zersetzende Pflanzen- und Tierreste

Wärme

Am Anfang der Nährstoffkreisläufe stehen die zur Fotosynthese fähigen Produzenten (vor allem Phytoplankton, Algen und Pflanzen). Diese entnehmen der Luft, dem Wasser und dem Boden die für ihr Leben notwendigen Stoffe. Mithilfe der Fotosynthese wandeln die Produzenten die Sonnenenergie in chemische Energie (Biomasse) um. Diese Biomasse bildet die Lebensgrundlage für die Konsumenten erster Ordnung (Pflanzenfresser, z.B. Insekten, Krebse, Nagetiere, Wiederkäuer). Nicht verwertbare Bestandteile werden von den sogenannten Destruenten (Pilze, Bakterien) abgebaut. Die Pflanzenfresser bilden die Grundlage für die Konsumenten zweiter Ordnung. Nicht verwertbare Bestandteile werden zersetzt. Der Kreislauf ist damit geschlossen: Die Stoffe stehen den Produzenten wieder zur Verfügung. Bezüglich Energie liegt kein Kreislauf vor. Von Ernährungsstufe zu Ernährungsstufe geht ein Teil der Energie in Form nicht nutzbarer chemischer Energie verloren. Bei jeder Umwandlung wird zudem Energie in Form von Wärme an die Umgebung abgegeben.


2. Stoffkreisläufe Ökologie und Ökosysteme

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Der Nährstoffkreislauf im Ökosystem See Die nachfolgende Darstellung zeigt eine vereinfachte Form des Nährstoffkreislaufs in einem See:

Sonnenenergie

Konsumenten

Produzenten

Destruenten

Das Ökosystem See besteht aus unbelebten (abiotischen) und belebten (biotischen) Faktoren.

Unbelebte Faktoren Energiequelle für das Pflanzenwachstum ist das Sonnenlicht. Auch die Zusammensetzung des Gewässerbodens, die Wasserströmungen, die Temperatur des Wassers, der Gehalt an Sauerstoff und der Säuregrad (pH-Wert) beeinflussen die Lebewesen.

Belebte Faktoren Die Lebewesen, also die Pflanzen, die Tiere, die Bakterien und die Pilze, sorgen für den Nährstoffkreislauf. Dabei unterscheiden wir drei Gruppen: Produzenten (Erzeuger)

Die Grünpflanzen entziehen dem Wasser Mineralstoffe, Wasser und Kohlendioxid und erzeugen daraus lebende Biomasse (z.B. Kohlenhydrate, Fette, Eiweissstoffe usw.) und Sauerstoff. Sie stehen damit am Anfang der Nahrungskette.

Konsumenten (Verbraucher)

Alle Tiere im Gewässer fressen Pflanzen und andere Tiere. Zudem verbrauchen sie Sauerstoff. Mit der Veratmung und mit der Ausscheidung geben sie Mineralstoffe, Wasser und Kohlenstoffdioxid (CO2) an das Gewässer ab.

Destruenten (Zerleger)

Bakterien und Pilze zerlegen abgestorbene Pflanzen, tote Tiere und deren Kot in Kohlenstoffdioxid (CO2), Wasser und Mineralstoffe. Dazu brauchen sie viel Sauerstoff. Die Bakterien und Pilze stehen am Schluss des Nährstoffkreislaufs und setzen genau jene Stoffe wieder frei, welche die Pflanzen (die Produzenten) brauchen. Damit schliesst sich der Nährstoffkreislauf.


2. Stoffkreisläufe und Ökosysteme

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Schadstoffanreicherung (Bioakkumulation) Vom Menschen ins Wasser, in die Luft oder in den Boden eingebrachte Stoffe werden in den Ökosystemen angereichert und können so Pflanzen, Tiere und Mensch schädigen.

Schadstoff («Umweltgift») Schadstoff: Ein Stoff, der aufgrund menschlicher Tätigkeiten in die Umwelt gelangt. Einerseits kann es sich um einen natürlich vorkommenden Stoff handeln, dessen Konzentration aber durch die menschlichen Tätigkeiten verändert wird (Kohlendioxid, Methan, Blei, Cadmium, Quecksilber usw.). Anderseits sind es Stoffe («Chemikalien»), die die Natur nicht kennt (z.B. schwer abbaubare organische Verbindungen und in Zukunft wahrscheinlich auch gewisse Arten von Nanopartikeln). Ein wichtiger Faktor für die Anreicherung von Schadstoffen stellt die sogenannte Halbwertszeit/Abbaurate des Stoffes dar.

Halbwertszeit/Abbaurate: Ist die Zeit, die benötigt wird, bis nur noch die Hälfte des Stoffes vorhanden ist. Dabei kann der Stoff entweder ausgeschieden (wie im menschlichen Körper) oder abgebaut (metabolisiert) werden. Zusätzlich kommt es aber auch auf die Organismen oder das Ökosystem im Einzelnen an, wie stark ein Stoff angereichert wird.

Die Anreicherung von Schadstoffen in der Nahrungskette Wie stark ein Schadstoff angereichert bzw. wie schnell er abgebaut wird, hängt von den verschiedenen Organismen ab. So gibt es Pflanzen, die beispielsweise geradezu darauf spezialisiert sind, Schwermetalle aufzunehmen, ohne dass sie dabei in ihrem Wachstum beeinträchtigt werden. Auch beim Menschen gibt es Unterschiede in der Anreicherung einzelner Stoffe. Dadurch lässt sich auch erklären, weshalb nicht alle Personen dieselbe Anfälligkeit gegenüber Allergien, Neurodermitis usw. haben. Beispiel Man weiss schon seit längerer Zeit, dass die Muttermilch der Inuit-Frauen sehr viel PCB (giftige und krebsauslösende Chlorverbindungen) enthält. Das aus den Industrieregionen in die Arktis verfrachtete PCB wird zuerst vom Plankton aus dem Meerwasser aufgenommen. Fische fressen das Plankton und nehmen den Schadstoff PCB damit auf, und zwar in einer höheren Konzentration als das Plankton. Die verseuchten Fische werden von den Seehunden gefressen, die wiederum von den Inuit gejagt und gegessen werden. Da das Fettgewebe der Seehunde und der Menschen sehr viel PCB aufnehmen kann, ist die Anreicherung am Ende der Nahrungskette (Plankton – Fisch – Seehund – Mensch) sehr viel stärker als am Anfang im Meereswasser und im Plankton.


2. Stoffkreisläufe und Ökosysteme

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Zwei wichtige Kreisläufe Der Sauerstoffkreislauf

Der Kohlenstoffkreislauf

CO2

O2

Tag

Nacht

Tag

Nacht

70%

Kohlenhydrate

Der Kohlenstoffkreislauf der lebendigen Natur ist hauptsächlich ein Kohlenstoffdioxid (CO2)-Kreislauf, der sich aus vielen Teilprozessen zusammensetzt. Der für das Leben wichtigste Prozess ist die Aufnahme von CO2 durch die Pflanzen. Mittels Fotosynthese wird CO2 in energiereiche Kohlenstoffverbindungen (Kohlenhydrate) umgewandelt. Bei der Veratmung und dem Abbau der Kohlenstoffverbindungen durch zersetzende Kleinstlebewesen auf dem Land werden die Kohlenstoffverbindungen wieder in CO2 zurückgeführt. Ein Teil der Pflanzen wird von Tieren und Menschen als Nahrung eingenommen. Durch Verbrennung (Veratmung) werden die Kohlenhydrate wieder zu CO2. Durch das Eingreifen des Menschen in den globalen Kohlenstoffkreislauf, vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe (siehe Seite 17), hat sich der Kohlenstoffdioxidgehalt seit der vorindustriellen Zeit in der Atmosphäre um rund 30% von 0.028% auf 0.038% erhöht.

Der Sauerstoffgehalt in der Luft beträgt 21 %. Der Sauerstoffkreislauf ist eng mit dem Kohlenstoffdioxid (CO2)- und mit dem Wasserkreislauf (H2O) verbunden. Der Sauerstofftransport in Ökosystemen erfolgt vorwiegend mit gebundenem Sauerstoff (Kohlendioxid, Wasser, Kohlenhydrate). 70% der jährlichen Sauerstoffproduktion entfallen auf die Meeresalgen. Im oben stehenden Kreislauf ist der natürliche Sauerstoffkreislauf auf die O2-verbrauchenden und -erzeugenden Vorgänge beschränkt. Das heisst, in der Natur laufen noch viel mehr Prozesse ab, in denen Sauerstoff eine wichtige Rolle spielt. So kommt Sauerstoff in allen Stoffkreisläufen mit Oxidations- und Reduktionsvorgängen (siehe Seite 6) vor (z.B. im Stickstoff-, im Phosphor-, im Schwefelkreislauf).


2. Stoffkreisläufe und Ökosysteme

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Der globale Kohlenstoffkreislauf (Modell) Das abgebildete Modell des globalen Kohlenstoffkreislaufs zeigt die jährlichen Umsatzraten auf den Kontinenten und in den Ozeanen sowie den Einfluss des Menschen. Atmosphäre: 750 Gt (im Jahr 2000) jährlicher Zuwachs: + 3 Gt

(Angaben in Gigatonnen pro Jahr)

Biologische und chemische Prozesse: 93 Gt

Fotosynthese: 120 Gt

Verbrauch fossiler Brennstoffe: 6 Gt

Atmung: 55 Gt

Produzenten

Konsumenten

Destruenten Zersetzung: ca. 60 Gt

Biologische und chemische Prozesse: 87 Gt

Produzenten

Konsumenten und Entwaldung: 2 bis 4 Gt

Destruenten

Fossile Brennstoffe 5 000 bis 10 000 Gt

Erdreich, Humus, Torf

Ozeane

2300 Gt

38 500 Gt

2 Gt

3 Gt

Kontinente

– Die Pflanzen nehmen aus der Atmosphäre mittels Fotosynthese jährlich etwa 120 Gt Kohlenstoff auf. – Beim umgekehrten Vorgang – der Atmung – wird von den Konsumenten ungefähr 60 Gt in Form von CO2 wieder an die Atmosphäre zurückgegeben. – Bei der Zersetzung abgestorbener Pflanzen- und Tierreste wird ungefähr dieselbe Menge von den Destruenten freigesetzt. Vor allem in Gebieten mit älteren Laubmischwäldern kommt es zu einer Zunahme von Kohlenstoff (ca. 2 Gt pro Jahr).

Ozeane

–A us der Atmosphäre gelangen jährlich ungefähr 93 Gt Kohlenstoff in Form von CO2 in die Ozeane. Ein Teil des CO2 wird wie auf den Kontinenten von den Pflanzen (Algen, Plankton) mittels Fotosynthese aufgenommen. Ein Teil des im Wasser gelösten CO2 wird durch chemische Prozesse in Kalk umgewandelt (Korallenriffe, Muscheln usw.). – Mit der Atmung und durch chemische Prozesse gelangen 87 Gt von den Ozeanen in die Atmosphäre. Ein Teil des Kohlenstoffs verlagert sich in Form von abgestorbenen Lebewesen in die tieferen Meeresschichten (ca. 3 Gt pro Jahr). – In den Ozeanen wird insgesamt Kohlenstoff angereichert. Man schätzt, dass die Ozeane zwischen 1800 und 1995 etwa 120 Gt Kohlenstoff aufgenommen haben, was ungefähr der Hälfte der gesamten CO2-Emissionen aus den fossilen Energieträgern entspricht.

Eingriff des Menschen

–H auptsächlich durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe kommt es zu einer Anreicherung der Atmosphäre mit CO2. Dies ist eine der Hauptursachen des Treibhauseffekts. – In den Ozeanen führt die Zunahme des CO2-Gehalts zu einer Absenkung des pHWertes. Das Meer wird saurer! Die Störung des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs gefährdet das ökologische Gleichgewicht des globalen Ökosystems.



Ethik


1. Einführung

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Begriffe Ethik Die Menschen sollen untereinander als Gemeinschaft gut zusammenleben kön­­nen – in der Familie, in der Schule, in verschiedenen Gruppen, am Arbeitsplatz, in einem Dorf, in einer Stadt, in einem Land oder auf der ganzen Welt. Dazu reichen jedoch Gesetze, Verbote und Gebote nicht aus. Es bedarf auch einer guten persönlichen, inneren Einstellung jedes Einzelnen, die das Handeln entsprechend leiten sollte. Ethik: In ihr wird über Grundsätze der Moral, über ihre Begründung (worauf basiert diese?) und über ihre Anwendung nachgedacht. Ethik bezieht sich immer auf Fragen, die alle Menschen betreffen. Es geht also um die Frage, wie wir leben sollen. Konkret: Was darf ich tun? Wie soll ich mich verhalten? usw. Auch wenn die Ethik sich mit menschlichem Handeln beschäftigt, so ist sie keine Handlungstheorie. Es geht ihr vielmehr um solche Handlungen, die als moralisch bezeichnet werden können. In diesem Zusammenhang beschäftigt sie sich mit Begriffen wie Moral, Werte, Freiheit und Gerechtigkeit. Die angewandte Ethik setzt sich ihrerseits mit moralischen Fragen in speziellen Lebensbereichen auseinander (siehe S. 40 ff.).

Moral Der Begriff Moral kann sich auf die Gesellschaft oder auf die einzelnen Menschen beziehen. Moral in der Gesellschaft: Sie umfasst alle Werte und Normen, die das zwischenmenschliche Verhalten bestimmen (z.B. dass man grundsätzlich Achtung vor den Mitmenschen hat). Moral für den Einzelnen: Sie bestimmt das persönliche Verhalten aufgrund individueller Werte (z.B. dass ich meine Eltern im Alter pflegen werde). Bei der Moral stehen also Normen und Werte im Zentrum.

Moralische Normen Moralische Normen: Sie sind verbindliche moralische Forderungen, was sein und was gelten soll. Sie legen also fest, wie Werte zu realisieren sind. Beispiel Die modernen Menschenrechte sind allgemeingültige Normen. Ihnen liegt u. a. die Norm «Alle Menschen sind gleich» zugrunde. Nicht zu verwechseln sind die moralischen Normen mit anderen Normen, bei denen es sich um verbindliche Bestimmungen handelt (gesetzliche Normen, Industrienormen usw.).


1. Einführung

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Werte Werte: Sie sind ein Orientierungsmassstab, an dem Menschen ihr Handeln ausrichten. In unterschiedlichen Kulturen gibt es verschiedene Werte mit unterschiedlichen Bedeutungen. Wertepluralismus In früheren Zeiten gaben autoritäre Instanzen wie die Kirche und der Staat den Menschen eine Vielzahl von verbindlichen Werten vor. In den heutigen pluralistischen Gesellschaften der westlichen Welt gelten Werte jedoch zunehmend als etwas Persönliches. Die Menschen entwickeln aus sich heraus ihre eigenen Werte, die vor allem ihren persönlichen Bedürfnissen entsprechen. Darum spricht man heute auch vom Wertepluralismus. Dennoch gibt es bei uns Werte, die allgemein gelten (z.B. Ehrlichkeit, Fürsorge). Bevorzugte Werte junger Berufslernender Eine Untersuchung zu den bevorzugten Werten von jungen Berufslernenden in der Schweiz hat ergeben, dass vier Werte für beinahe alle von grosser Bedeutung sind: – wahre Freundschaft – Fröhlichkeit – Ehrlichkeit – Offenheit Vier weitere Werte sind für viele, wenn auch nicht für alle, bedeutend: Frieden in der Welt, Fürsorge in der Familie, Hilfsbereitschaft, erfüllte Liebe. Folgende Tugenden aus früheren Zeiten sind mittlerweile ohne grosse Bedeutung: Disziplin, Gehorsamkeit, Leistungsbereitschaft und Weisheit.


2. Freiheit und Gerechtigkeit

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Freiheit In der Moral spielt die Freiheit eine grosse Rolle.

Moral und Handlungsfreiheit Moralisches und unmoralisches Handeln ist nur möglich, wenn ein Mensch ein bestimmtes Mass an Freiheit besitzt, d.h. wenn er aus verschiedenen Handlungsmöglichkeiten auswählen kann. Beispiele – Wenn eine gesunde Frau während einer Autofahrt am Steuer einen Hirnschlag erleidet und dabei einen Unfall verursacht, bei dem eine vierköpfige Familie stirbt, dann wird ihr niemand unmoralisches Handeln vorwerfen können. Die Frau hatte weder eine bewusste Entscheidung gefällt noch hatte sie aus einer möglichen Zahl von Handlungsalternativen auswählen können. – Wenn ein verzweifelter Geschäftsmann vor dem Konkurs sich das Leben nimmt, indem er in einen entgegenfahrenden Lastwagen fährt, dann ist dies unmoralisch, weil er damit dem Lastwagenfahrer schwere psychische Schäden verursacht. Der Geschäftsmann hatte sich frei für diese Form des Selbstmordes mit unfreiwilliger Beteiligung anderer Menschen entschieden. Er hätte aber auch andere Formen des Freitodes wählen können.

Negative und positive Freiheit Negative Freiheit: Sie ist der Bereich des Menschen, in dem er unbehindert ist von Eingriffen von aussen und in dem er tun und lassen kann, was er will. Bei der negativen Freiheit spricht man oft auch von der «Freiheit von…» (äusserem Zwang). Liberalismus Verfechter der negativen Freiheit betonen besonders die Rechte des Individuums gegenüber dem Staat. Freiheit bedeutet für sie vor allem Schutz vor Eingriffen des Staates. Auch die Wirtschaftsfreiheit wird vor allem als möglichst geringe Einflussnahme des Staates (z.B. Arbeitsrecht, Steuern) verstanden. Diese Position wird als liberal bezeichnet. Positive Freiheit: Sie ermöglicht dem Menschen die Gestaltung seines Lebens in einer Gemeinschaft. Die positive Freiheit wird häufig als «Freiheit zu…» (einem selbstbestimmten Leben) bezeichnet. Diese beiden Verständnisse von Freiheit spielen in der politischen Diskussion eine bedeutende Rolle. Kommunitarismus Für Anhänger der positiven Freiheit steht das Leben in der Gemeinschaft im Vordergrund. Dieses Leben schränkt zwar das Individuum ein, doch durch ein grosses Mitbestimmungsrecht gewinnt man viel (positive) Freiheit. Hier gilt ein starker, von allen mitgestalteter Staat (der z.B. für die sozial Schwachen sorgt) als ideale Gemeinschaft. Dies ist die kommunitaristische Haltung (d.h. Gemeinsinn und soziale Tugenden stehen im Vordergrund).


2. Freiheit und Gerechtigkeit

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Gerechtigkeit Gerechtigkeit ist ein Begriff, der sich nicht auf das Gesetz beschränkt. Die Gerechtigkeit ist ein zentrales Element der Ethik. Gerechtigkeit: Ist eine Grundhaltung, wonach jemand Richtig und Falsch sorgfältig abwägt und danach handelt. Gerechtigkeit spielt in vielen Bereichen eine wichtige Rolle, unter anderem in der Rechtsprechung, im gesellschaftlichen Leben und im Sport.

Gerechtigkeit in der Rechtsprechung Recht und Gerechtigkeit sind nicht das Gleiche, aber das eine ist ohne das andere nicht denkbar: Solange Gerechtigkeit in Gesetzen nicht festgeschrieben wird, ist sie unverbindlich; und Gesetze, die ungerecht sind, darf es in einem Rechtsstaat nicht geben. Beispiel: Die Bundesverfassung enthält zwar den Begriff Gerechtigkeit nicht. Doch die in Artikel 7 bis 34 garantierten Grundrechte für alle Menschen sind die staatliche Sicherung von Gerechtigkeit. Und nach Artikel 2 setzt sich die Schweiz «für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung» ein.

Gerechtigkeit im gesellschaftlichen Leben Die soziale Gerechtigkeit wird in verschiedene Bereiche unterteilt: Chancengerechtigkeit

Nach dem Prinzip der Chancengerechtigkeit soll jeder Mensch dieselben Chancen und Möglichkeiten haben, am politischen (z.B. an Wahlen), am wirtschaftlichen (z.B. als Aktionär) und am gesellschaftlichen Leben (z.B. an kulturellen Anlässen) teilzunehmen. Beispiel: Ganz wichtig ist die Chancengerechtigkeit in der Bildung: Es sollten alle Kinder entsprechend ihren Begabungen und Fähigkeiten in der Schule gefördert werden.

Chancengleichheit

Die Chancengleichheit gibt allen Menschen das Recht auf eine gerechte Verteilung von Zugangs- und Lebenschancen (z.B. medizinische Versorgung). Beispiel: Das in den Menschenrechten festgehaltene Diskriminierungsverbot aufgrund des Geschlechtes, der Religion oder der Herkunft garantiert die Chancengleichheit.

Verteilgerechtigkeit

Grundsätzlich heisst Verteilgerechtigkeit: Alle erhalten gleich viel. In unserer Gesellschaft besteht diese Gerechtigkeit nicht. Dennoch gibt es im sozialen Ausgleich Elemente der Verteilgerechtigkeit. Beispiel: Über die Steuern nimmt der Staat jenen, die viel verdienen und besitzen, einen Teil davon weg, um es jenen zu geben, die schlechter gestellt sind. Dahinter liegt die Grundidee des Sozialstaates, wonach jedem Menschen zumindest eine existenzsichernde Grundversorgung zusteht (Prinzip der Umverteilung).

Gerechtigkeit im Sport Im Sport wird anstelle des Wortes Gerechtigkeit der englische Begriff «Fairness» verwendet. Er bedeutet, dass man sich im Spiel an die Regeln hält, den Gegner achtet und anständig spielt. Es gibt im Sport auch viele ungeschriebene FairnessRegeln. Beispiel: Im Curling verlangt es die Fairness, dass ein unabsichtlich verschobener eigener Stein vom Feld genommen wird, auch wenn die Gegner und die Schiedsrichter den Verstoss nicht bemerkt haben.


3. Moralische Dilemmas

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Moralische Dilemmas Moralisches Dilemma: Dies ist ein moralischer Konflikt, in dem Menschen unausweichlich mit einer Entscheidung mindestens einen moralischen Wert verletzen müssen, um einem anderen moralischen Wert nachzuleben. Klassisch für ein Dilemma ist die berühmte Situation mit dem Rettungsboot: Im Boot befinden sich drei Personen, obwohl es nur Platz für zwei hat. Das Dilemma besteht nun darin, dass entweder eine Person geopfert wird oder dass alle drei untergehen. Wichtig an solchen Dilemmas ist, dass wir ihnen nicht ausweichen können: Wie auch immer wir uns verhalten, wir verletzen mindestens einen unserer Werte. Wir müssen uns immer wieder solchen Situationen stellen. Wichtig dabei ist, dass wir ob diesem inneren Konflikt nicht verzweifeln, sondern dass wir uns nach gutem Überlegen für eine Handlung und die dahinterstehenden Werte entscheiden.

Beispiel: Autounfall Ein junger Medizinstudent sieht nachts auf einer abgelegenen Landstrasse die Opfer eines schrecklichen Verkehrsunfalls, der sich soeben ereignet haben muss. Der junge Mann entscheidet sich anzuhalten. Grund dafür ist nicht so sehr die Angst vor der Strafe wegen unterlassener Hilfeleistung. Vielmehr veranlassen ihn moralische Beweggründe anzuhalten und Hilfe zu leisten. Ein solcher Wert ist für ihn: «Man muss in Not geratenen Menschen helfen.» Zuerst verschafft sich der Autofahrer einen Überblick: Der Unfall, in den zwei Autos verwickelt sind, hat fünf Menschen verletzt: Eine offensichtlich muslimische schwangere Frau mit ihrem Ehemann, ein etwa zehnjähriges Mädchen, einen knapp 20-Jährigen und einen alten Mann. Sehr rasch erkennt der Student, dass die Lage verzweifelt ist: Er hat sein Mobiltelefon zu Hause vergessen. Es gibt keine Möglichkeit, Hilfe zu holen. Die Wahrscheinlichkeit, dass um die späte Nachtstunde ein anderes Auto auf der abgelegenen Strasse vorbeifährt, ist ausserordentlich gering. Das nächste Spital ist etwa eine Autostunde entfernt. Alle Opfer sind so schwer verletzt, dass sie nach der Einschätzung des Medizinstudenten ohne ärztliche Versorgung kaum eine Stunde überleben. In seinem kleinen Auto kann der Helfer höchstens zwei Verletzte ins Spital im nächstgelegenen Ort fahren. Dilemma: Wer soll gerettet, wer zurückgelassen werden? In diesem Beispiel steht der Student vor dem Dilemma, dass der für ihn wichtige Wert «Rette Menschenleben» nicht für alle Opfer gelten kann. Schlimmer noch: Mit der Entscheidung, zwei Menschen das Leben zu retten, entscheidet er sich gleichzeitig dafür, drei Menschen sterben zu lassen. Auch kann der junge Mann nicht lange überlegen, sonst besteht die Gefahr, dass zu viel Zeit verstreicht, bis zumindest zwei Opfer im Spital behandelt werden können. Wie immer sich der Helfer entscheidet, es gibt vernünftige Gründe für den getroffenen Entscheid. Andrerseits gibt es auch gute Gründe für eine andere Wahl. Leider geht es hier nicht um eine Geschmackssache, sondern um Leben und Tod.


3. Moralische Dilemmas

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Beispiel: KZ Buchenwald Während des Zweiten Weltkrieges war im Konzentrationslager Buchenwald der politische kommunistische Widerstand recht gut organisiert. Es gelang immer wieder, Gefangenen das Leben auf Kosten des Lebens anderer Gefangener zu retten: Vor der Deportation (Verschleppung) in die Vernichtungslager wurden zur Vernichtung ausgewählte Häftlinge heimlich gegen andere, todgeweihte Gefangene ausgetauscht. Die grausame nationalsozialistische KZ-Lagerherrschaft zwang den organisierten Widerstand in schreckliche Dilemmas: Ein Leben retten hiess, gleichzeitig ein anderes in den sicheren Tod zu schicken.

Beispiel: Spenden von Embryonen Lara ist 16 und wohnt in einem armen, südamerikanischen Land. Sie hat keine Ausbildung und findet nirgends eine Anstellung. Die Aussichten sind gering, je eine zu bekommen, da es bereits viele Arbeitslose gibt. Auch ihre Eltern sind ohne Arbeit und ihre jüngeren Geschwister gehen noch zur Schule. Als sie wegen einer ungewollten Schwangerschaft im Armenspital abtreiben lässt, sagt ihr die Ärztin, dass sie für einen grossen Pharmakonzern arbeite, der viele Embryonen benötige für neue gentechnische Heilungsmethoden. Sie könne gut verdienen, wenn sie der Firma nicht nur den abgetriebenen Fötus überlasse, sondern sich auch dazu verpflichte, sich fünf Jahre lang einmal pro Jahr künstlich befruchten zu lassen und den Embryo der Firma zu geben. Das Geld, das Lara angeboten wird, würde genügen, um sich und ihre Familie zu ernähren, und dazu könnte sie noch eine Ausbildung als Lehrerin machen. Auch das Spital würde davon profitieren. Lara würde das Geld im Voraus bekommen. Bei Vertragsbruch müsste sie aber das Geld wieder zurückgeben. Lara plagen Zweifel. Schon die Abtreibung war ihr schwergefallen, aber noch viel schwerer fällt ihr, den abgetriebenen Embryo zu verkaufen und das jedes Jahr wieder zu tun. Sie wollte ihn eigentlich beerdigen, wie es ihr Glaube vorschreibt. Aber sie weiss nicht mehr, wovon sie überhaupt leben soll.


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