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Einführung - Das Projekt Alleepaten
Nora Kraack (M.Sc.) & Freya Wünsch (M.Sc.)
Alleepaten für Niedersachsen
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A zlleen – Sie begleiten die Straßen durch das offene Land, prägen herrschaftliche Park- oder Gebäudeanlagen. Die Tagung „Alleen in Niedersachsen“, ausgerichtet von der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. – Landesverband Niedersachsen (SDW) und dem Niedersächsischem Heimatbund e.V. (NHB), widmete sich am 31. Januar 2020 den niedersächsischen Baumreihen. Die Veranstaltung ermöglichte interessierten Baumfreund*innen Einblicke in die verschiedenen Handlungsfelder des Alleeschutzes und startete dabei ein niedersächsisches Netzwerk zum Erhalt der Alleen. Die Beiträge der Tagung werden hier zusammen mit ergänzenden Informationen als ein „Handbuch für Alleepaten“ veröffentlicht.
Als lang gestreckte grüne Tunnel prägen Alleen die Landschaft und tragen somit erheblich zur Eigenart und Vielfalt des Landschaftsbildes bei. Intensiv landwirtschaftlich genutzte Regionen profitieren sehr stark von den Alleen, denn sie sind oft die einzigen strukturgebenden Elemente in der Landschaft und wirken positiv auf das Landschaftsempfinden. Zudem vernetzen Alleen Lebensräume vieler Pflanzen- und Tierarten und bieten selbst vielfältige Habitate an. Für ihre Umwelt bewirken sie eine deutliche Verringerung der Feinstaubbelastung und der Bodenerosion durch Wind. Zugleich wird das lokale Mikroklima durch ihre Sauerstoffproduktion, ihre Beschattung und damit einhergehender Senkung der Tagestemperatur im Sommer beeinflusst. Auch prägen Alleen das urbane Landschaftsbild: als grünes Einfahrtstor in eine Gemeinde oder auf einen Hof, als Entree in einen Garten oder eine Parklage.
Alleen sind deshalb nicht nur ein wichtiges Naturgut, sondern auch ein wertvolles Kulturgut. So lässt sich anhand einiger noch erhaltener Alt-Alleen die niedersächsische Siedlungsgeschichte nachzeichnen. Viele von ihnen entstanden seit dem 17. Jahrhundert zur Begleitung von Chausseen oder Landstraßen, andere zur Betonung von Schlössern, herrschaftlichen Gütern oder bedeutenden
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Bauernhöfen in der Landschaft. Sie können aus kirchlichen, aber auch aus militärischen oder ökonomischen Motiven entstandene Wege begleiten. Als Schneitelbäume lieferte das Laubwerk der Alleen beispielsweise Viehfutter oder Einstreu und die Früchte der Obstbaumalleen ergänzten den Speiseplan.
Doch bestehen ernsthafte Gefahren für den Fortbestand der Alleen – besonders der straßenbegleitenden Bäume. Verkehrssicherungspflicht, Unterhaltung und Pflege der z.T. schon sehr alten Bäume sowie der anhaltende Ausbau von Verkehrsflächen bedrohen ihren Bestand. Intensive Diskussionen zur Vereinbarkeit von Straßenbäumen und motorisiertem Kraftverkehr entstehen immer wieder bei schweren Unfällen mit Aufprall auf Bäumen. In Niedersachsen sind bislang nur wenige Alleen als Kultur- oder Naturdenkmal gesichert, zumeist handelt es sich hierbei um kulturhistorisch bedeutsame Baumreihen. Die typische Straßenallee, wie sie im ganzen Land weit verbreitet ist, unterliegt nur selten einem rechtlichen Schutzstatus.
Es droht der endgültige Verlust des typischen Alleencharakters – somit auch der Verlust des von den Alleen geprägten Landschaftsbildes und Heimatempfindens. Bisher ist den niedersächsischen Alleen noch nicht viel Aufmerksamkeit zuteil geworden, es existiert nicht einmal ein vollständiges Kataster. Deshalb setzt sich der NHB seit 2015 verstärkt für den Alleenschutz ein. Nach dem Motto „Nur wer die Natur kennt und liebt, wird sie schützen“ (Heinz Sielmann) bezieht der NHB dabei bewusst ehrenamtliche Bürgerwissenschaftler*innen mit ein. Als regionale Expert*innen kennen die Bürger*innen am besten die Standorte, Geschichten, Probleme und Bedürfnisse der Alleen. Sie wollen sich aktiv für den Erhalt der Bäume und ihres Heimatbegriffs einsetzen.
Gemeinsam konnte eine erste Übersicht der niedersächsischen Alleen erstellt werden. Auf dem Webportal www.alleen-niedersachsen.de sind bereits mehr als zweitausend Meldungen eingegangen. Für jede Allee sind dort Daten wie Standort, Länge, Baumart und Vollständigkeit sowie ein Foto und ggf. auch ihre Geschichte erfasst. Eintausend der gemeldeten Alleen wurden als wertvoll bewertet: Niedersachsen ist also ein Land der Alleen!
In Niedersachsen gibt es– anders als in anderen Bundesländern –noch keinen ausdrücklichen Schutz von Alleen. Das sollte sich ändern!
Nun gilt es, Schutz und Erhalt der Alleen in Niedersachsen zu stärken. In Kooperation mit der SDW baut der NHB ein sich selbst tragendes, niedersach-
Abb. 2.: Auf dem Webportal www.alleen-niedersachsen.de konnten bereits 2.025 Alleen als repräsentative Übersicht der niedersächsischen Alleen erfasst werden.
senweites und ehrenamtliches Netzwerk aus Alleepatenschaften auf. Die Pat*innen – regionale Gruppen oder Einzelpersonen – betreuen eigenständig eine oder mehrere lokale Alleen und wirken bei ihrer Erhaltung mit. Auf dem Alleen-Webportal können die Paten weitere Alleen melden, einzelne AlleeProfile pflegen und sich über öffentlichkeitswirksame Aktionen informieren. Darüber hinaus unterstützen sie der NHB und die SDW in ihrem Projekt mit Veranstaltungen und Handreichungen, betreuen, informieren und vernetzen die Alleepat*innen.
Als Alleepat*innen werden regionale „Kümmerer“ gesucht, die sich vor Ort aktiv für Alleen einsetzen, die Datenbank pflegen und Kontakt zur örtlichen Verwaltung und den Eigentümern aufnehmen. Eine Patenschaft kann sowohl von einer Einzelperson, einer Ortsgruppe eines Natur-, Kultur-, Heimat- oder anderen Vereins sowie von Schulen und anderen Bildungsträgern übernommen werden. Dabei kann sich die Patenschaft auf eine einzelne, besondere Allee konzentrieren oder sich auch auf eine größere Anzahl von Alleen beziehen.
Die Aufgaben einer Alleepatenschaft können sein: • Aktives Einbringen in das Alleen-Netzwerk • Erlernen oder erweitern von vertieftem Alleen-Wissen • Kontrolle und Beobachtung der Paten-Allee(n). In einigen Fällen können ggf. auch Pflegeeinsätze in Absprache mit den Eignern möglich sein. • Meldung neuer Alleen im zugewiesenen Gebiet der Patenschaft