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Eisenbahnbrückenbau für eine starke Schiene

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Impressum

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Investitionsprogramm Schienenverkehr Eisenbahnbrückenbau für eine starke Schiene

von Jens Müller

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Die Deutsche Bahn hat von 2015 bis 2019 das bisher größte Modernisierungsprogramm ihrer Geschichte umgesetzt und 900 Eisenbahnbrücken erneuert. In den kommenden zehn Jahren wird die Modernisierung mit der nächsten Leistungsund Finanzierungsvereinbarung (LuFV III) nochmals gesteigert.

1 Brückenbestand Die Deutsche Bahn (DB) unterhält in Deutschland mehr als 25.700 Eisenbahnbrücken unterschiedlichster Bauart. Sie gehören zu den langlebigsten Bauwerken der Bahn und werden regelmäßig geprüft, damit ein verlässlicher und siche rer Schienenverkehr gewährleistet ist. Viele Brücken sind teils über 100 Jahre alt. Damit sie gewohnt ihren Dienst verrichten können, wird umfassend in Erhalt und Erneuerung investiert.

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Errichtung der Brücke Schönower Straße in Berlin © Deutsche Bahn AG

2 Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II 2.1 Maßnahmen 2015–2019 Pünktlich zum Jahresende 2019 ist die 900. Eisenbahnbrücke seit 2015 im Netz der Deutschen Bahn erneuert worden. In Zepernick am nordöstlichen Stadtrand Berlins überspannt sie die Schönower Straße. Mit ihrer Fertigstellung hat die DB ihr Ziel, innerhalb von fünf Jahren 875 Eisenbahnbrücken umfassend zu modernisieren, deutlich übertroffen. 900 Brücken wurden somit im Rahmen der Leistungsund Finanzierungsvereinbarung (LuFV II) zwischen 2015 und Ende 2019 für 3 Mrd. € erneuert. Bei der Auswahl der zu erneuernden Brücken wurden neben der Zustandskategorie die Entwicklung des technischen Zustandes, die Belastung der Strecke, wie unter anderem Anzahl der Zugfahrten, Geschwindigkeit, Achslast etc., und die betrieblichen Belange berücksichtigt. In den letzten fünf Jahren wurden auch einige spektakuläre Bauwerke erneuert, hierzu gehören die nachfolgend beschriebenen Beispiele.

2.2 Die Verkehrsreichste Die komplett erneuerte Eisenbahnbrücke Königstraße in Hannover ist mit 784 Zügen pro Tag die verkehrsreichste unter den im Rahmen der LuFV II modernisierten DB-Brücken.

Überbaueinschub bei der Brücke Königstraße in Hannover © Deutsche Bahn AG/Matthias Michaelis

2.3 Die Längste und Größte Die Aurachtalbrücke auf der Strecke Nürnberg–Würzburg bei Emskirchen ging nach umfassender Modernisierung im November 2016 in Betrieb. Mit ca. 528 m Länge und einer Fläche ≥ 7.200 m² ist sie das längste und größte Bauwerk aus dem 875-Brücken-Programm.

2.4 Die Internationale Mit dem Bau eines dritten Gleises über die Saalach bei Freilassing, das 2017 ans Netz ging, wird der Nahverkehr zwischen dem Berchtesgadener Land und dem Salzburger Zentrum jetzt leistungsfähiger und attraktiver.

Aurachtalbrücke bei Emskirchen nach Fertigstellung © Deutsche Bahn AG/Claus Weber

(Ausgezeichnete) Allerbrücke bei Verden © Deutsche Bahn AG/Erich Schwinge

2.5 Die Preisgekrönte Die erneuerte Eisenbahnbrücke über die Aller bei Verden wurde 2015 fertiggestellt. Mit ihrem außergewöhnlichen Design räumte sie zwei Jahre später den Ingenieurpreis des Deutschen Stahlbaus ab.

2.6 Die Älteste Die 1839 in Betrieb gegangene Niddabrücke in Frankfurt am Main wurde 2017 denkmalgerecht teilerneuert. Sie ist nicht nur das älteste Bauwerk aus dem 875- Brücken-Programm, sondern gleichzeitig auch die zweitälteste Brücke der Deutschen Bahn überhaupt.

2.7 Die Höchste Mit 107 m ist die Müngstener Brücke zwischen Solingen und Remscheid nicht nur die höchste Brücke, die in den letzten fünf Jahren im Rahmen der LuFV II erneuert wurde, sondern auch unübertroffen die höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands aus Stahl.

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Eisenbahnbrücke über die Saalach bei Freilassing © Deutsche Bahn AG/Beate Eckiert

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Niddabrücke in Frankfurt am Main nach Teilerneuerung © Deutsche Bahn AG/Ludwig Schumacher

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Müngstener Brücke zwischen Solingen und Remscheid © Deutsche Bahn AG/Max Lautenschläger

3 Künftige Investitionen: 2020–2030 Die DB erhöht das Modernisierungstempo in den nächsten Jahren noch einmal. Für die kommenden zehn Jahre stehen mit der Folgevereinbarung der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ca. 86 Mrd. € zur Verfügung – eine Rekordsumme und das richtige Signal für die dringend benötigte Verkehrswende in Deutschland. Die starke Schiene ist hierfür die Lösung. Der Bund übernimmt von den Gesamtmitteln in Höhe von 86 Mrd. € ca. 62 Mrd. €, also 6,20 Mrd. €/a. Hinzu kommen Eigenmittel der Deutschen Bahn in Höhe von 24,20 Mrd. €. Die vollständige LuFV III findet sich unter www.bmvi.de. Die Laufzeit der Leistungs- und Finanzie rungsvereinbarung wurde auf zehn Jahre erhöht, um mehr Planungssicherheit für die DB und die Wirtschaft zu schaffen. So können Kapazitäten bei Bau- und Planungsfirmen zukunftssicher entwickelt und langfristige Vereinbarungen mit Lieferanten geschlossen werden. Das ist ein Anreiz für mehr Kapazität und Innovationen in der Bahnbaubranche. Die Investitionen fließen unter anderem in die Erneuerung von ca. 2.000 km/a Gleis und 2.000 Weichen sowie ca. 7 Mrd. €. allein in die Stellwerkstechnik. Insgesamt wird in diesem Jahrzehnt die Erneuerung von 2.000 weiteren Eisenbahnbrücken in Angriff genommen und somit die Modernisierung der gesamten Infrastruktur weiter vorangetrieben.

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Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III © Deutsche Bahn AG

4 Erneuerung von 2.000 Eisenbahnbrücken Unter den 2.000 Eisenbahnbrücken, welche im nächsten Jahrzehnt erneuert werden, befinden sich auch anspruchsvolle Bauwerke, wie beispielsweise die EÜ Zollkanal. Das Brückenbauwerk besteht aus vier eingleisigen Eisenbahnüberführungen, welche die Müggenburger Durchfahrt überqueren. Die Überbauten sind aktuell als Fachwerkbrücken ausgebildet. Gemäß den aktuellen Planungen sollen für die vorhandenen Querungen Ersatzneubauten inklusive Widerlager und Gründung realisiert werden, um die Verfügbarkeit der Brücken dauerhaft gewährleisten zu können. Im Bereich der Großbrücken sind ebenfalls einige Erneuerungen geplant. So zum Beispiel der Neubau der Klappbrücke Lindaunis über die Schlei. Die fast 100 Jahre alte Klappbrücke wird durch einen Neubau ersetzt, da eine grundlegende Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar war. Aus diesem Grund wird 12 m weiter östlich ein Neubau errichtet, der sich dann, wie bisher, vom Eisenbahn- und Straßenverkehr sowie von Fußgängern und Radfahrern gleichermaßen nutzen lässt.

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Eisenbahnüberführung Zollkanal: Ansicht © Deutsche Bahn AG

10 Künftige Klappbrücke: Ansicht © Deutsche Bahn AG

11 Friesenbrücke im »offenen« Zustand © Deutsche Bahn AG

Die neue Klappbrücke Lindaunis wird ca. 126 m lang sein und aus drei Teilen bestehen: der zweifeldrigen Vorlandbrücke Süd, der Klappe zur Öffnung des Bauwerks für die Durchfahrt der Schiffe sowie der einfeldrigen Vorlandbrücke Nord. Im Dezember 2015 wurde die 335 m lange Friesenbrücke über die Ems durch ein Frachtschiff beschädigt. Seitdem ist die Bahnstrecke zwischen Leer und dem niederländischen Groningen unterbro chen. Um den durchgängigen Zugverkehr so schnell wie möglich wieder aufnehmen zu können, ist geplant, die Überführung als sogenannte Drehbrücke neu zu errichten. Im Rahmen der Variantenunteruntersuchung wurden verschiedene Bauwerksgestaltungen unter Beteiligung der Betroffenen (Anlieger und Vereine) sowie Bund, Land und Kommunen geprüft. Hiernach wurde entschieden, das Bauwerk als Drehbrücke inklusive der noch bestehenden Vorlandbrücken neu zu bauen. Der 145 m lange, bewegliche Brückenteil erhält einen Drehpfeiler auf der Ihrhover Seite, um die Fahrrinne freizuhalten. Die neuen Überbauten werden dabei durch tiefgründende Pfeiler an Land und flachgründende Pfeiler im Fluss getragen. Das neue Bauwerk wird zudem über einen 2,50 m breiten Fuß- und Radweg sowie über einen separaten Dienst- und Rettungsweg verfügen. Bei der für die Drehbrücke eingesetzten Maschinentechnik handelt es sich um eine Hub-Dreh-Verbindung, deren Bewegungsablauf in mehreren Phasen abläuft. Weitere Informationen zu Bauprojekten der Deutschen Bahn finden sich unter www.bauprojekte.deutschebahn.com.

4 »Starke Schiene« Die Deutsche Bahn hat ein elementares Anliegen: mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen – für das Klima, für die Menschen, für die Wirtschaft und für Europa. Mit ihrer Dachstrategie »Starke Schiene« schafft sie die Voraussetzungen. Im ersten Ausbaufeld geht es darum, die DB robuster zu machen – durch mehr Trassen, Züge und Mitarbeiter. Denn nur mit einer »starken Schiene« sind Deutschlands Klimaziele zu erreichen. Unter www.deutschebahn.com/bruecken und www.deutschebahn.com/presse sind alle Quellen sowie zusätzliche Angaben und Hinweise zu finden.

Autor: Dipl.-Ing. Jens Müller DB Netz AG, Frankfurt am Main

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