Brückenbau 4-5/2021

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SYMPOSIUM Beleuchtungskonzepte für Brücken im städtischen Raum

Zwischen Tag und Nacht von Christiane Sander

1 Zhangjiatang-Brücke © RAWVision Studio

Licht spielt in der Brückenplanung eine zunehmend wichtige Rolle – nur wenn dieser Aspekt von Anfang an konsequent im Planungsprozess mitgedacht wird, kann das volle gestalterische Potential eines Brückenentwurfs sowohl bei Tag als auch bei Nacht ausgeschöpft werden. Dieser Artikel zeigt anhand von drei Brückenprojekten anschaulich, wie eine gut geplante Brückenbeleuchtung in unterschiedlichen Stadträumen zum Projekterfolg beitragen kann. Es werden die Beleuchtungskonzepte der Zhangjiatang-Brücke in Shanghai, der Brückenfamilie in Riedlingen und des Piusstegs in Ingolstadt vorgestellt.

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BRÜCKENBAU | 4/5 . 2021

2 Hochwasserkanalbrücke Riedlingen © Conné van d’Grachten

1 Einleitung Seit Jahrtausenden werden Brücken gebaut, die Beleuchtung des öffentlichen Raums dagegen ist zeitgeschichtlich betrachtet noch sehr jung. Durch Normen geregelt und großräumig erst mit der Elektrifizierung bzw. mit der Verfügbarkeit des kostengünstigen Stroms möglich, hielt das Licht im frühen 20. Jahrhundert Einzug in die Stadt. Ab den 1950er-Jahren wurde das nächtliche Stadtbild nüchtern; die Straßenbeleuchtung wurde auf den Brücken fortgeführt – ohne Anpassung. Keine 50 Jahre später zeigte sich bereits ein völlig anderes Bild. Denn jetzt war die LED bereits so ausgereift, dass sie für Beleuchtungsaufgaben jedweder Art eingesetzt werden konnte. Klein, leistungsstark, effizient und unendlich variabel ersetzte sie alle bis dahin entwickelten Leuchtmittel. Innerhalb weniger Jahrzehnte veränderte sie unser Nachtbild nachhaltig. Gerade die Effizienz von LED verführt oft zu übermäßigem Einsatz und führt so in der Außenbeleuchtung weltweit zu einem energiewirtschaftlichen Problem mit jährlichem Mehrverbrauch statt Einsparungen. Und die exzellente Ansteuerbarkeit der LED erhöhte außerdem das Aufkommen von Werbeanlagen,

3 Piussteg in Ingolstadt © Conné van d’Grachten

Medienfassaden und »ikonischer Inszenierung« in der Stadt. Doch die Bedeutung dieser Entwicklung für den öffentlichen Raum, für die Menschen und die Umwelt sowie die Problematik, mit dieser rasanten Dynamik Schritt zu halten, blieben bisher unberücksichtigt. Wenn man heute mit einem Bauprojekt wie einer Brücke in den öffentlichen Raum eingreift, ist es konsequent, im Rahmen der Brückenplanung auch die Nachtlandschaft von Anfang an in den Planungsprozess zu integrieren. Die Brücke schafft nicht nur eine Verbindung, sondern einen neuen Ort mit eigener Identität. Die Kunst besteht darin, die Besonderheit des Ortes in Bezug auf Topografie, Streckenführung und Kontext zu verstehen und im Sinne der späteren Nutzer zu interpretieren. Und nicht zuletzt vermittelt eine klare Raumwahrnehmung auch Sicherheit, vor allem bei Nacht. Das große Potential, mit der Brückenbeleuchtung im urbanen Umfeld stimmig in den öffentlichen Raum einzugreifen, Zeichen zu setzen und Aufenthaltsqualitäten zu gestalten, soll im Folgenden anhand realisierter Beispiele diskutiert werden.


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