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Negrellisteg in Zürich

Der Hauptbahnhof Zürich und sein Umfeld entwickeln sich dynamisch. Durch Projekte wie die Durchmesserlinie mit dem Bahnhof Löwenstraße und der Quartiersentwicklung Europaallee und Zollstraße entstand ein Public Place für Einwohner und Besucher. Im Bereich zwischen Hauptbahnhof und Langstraße fehlte jedoch eine oberirdische Querung der Gleise für den Fuß- und Veloverkehr, um die Stadtkreise 4 und 5, wie gewünscht, besser verknüpfen zu können. Dies war Anlass, über den Bau einer oberirdischen Querung, des Negrellistegs, nachzudenken und erste Planungen und Überlegungen einzubringen. Der Steg sollte auch das Überschreiten der Gleise als kurze Atem- und Ausblickspause vor dem Hintergrund des beeindruckenden Stadtpanoramas ermöglichen.

SBB / Stadt Zürich Negrellisteg in Zürich

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Zugang zur Gleisquerung © René und Dimitri Dürr, Zürich

Projektentwicklung

Um Vorschläge für diese Verbindung zu erhalten, schrieb die Stadt Zürich einen internationalen Projektwettbewerb aus. Im Dezember 2010 konnte das Siegerprojekt der Planergemeinschaft Flint & Neill Limited, London, explorations achitecture, Paris, und Arup Light Design, London, vorgestellt werden. Die Rahmenbedingungen haben sich jedoch seit der Ausschreibung des ersten Wettbewerbs erheblich verändert – verschiedene Gleisquerungen für den

Veloverkehr wurden seither ausgelöst und mit dem Stadttunnel sollte nach Fertigstellung eine Veloverbindung in unmittelbarer Nachbarschaft zum Negrellisteg erreicht werden. Diese Änderungen hatten einen gravierenden Einfluss auf das vorgesehene Bauwerk, da z.B. keine Rampen mehr für den Veloverkehr erforderlich waren. Die oberirdische Gleisquerung, der Negrellisteg, sollte neu primär als Fußgängerüberführung geplant und gebaut werden. Dies bedeutete, dass weniger Platz benötigt wurde und der gesamte Bau wesentlich günstiger realisiert werden konnte. Die SBB hat als federführende Bauherrin zusammen mit der Stadt Zürich ein Studienauftragsverfahren unter ausgewählten Ingenieur- bzw. Gestalterteams durchgeführt, um ein Projekt zu finden, das den hohen konstruktiven und gestalterischen Ansprüchen gerecht wird, und darüber hinaus das Umfeld zwischen der Europaallee und der Bebauung Zollstraße in unmittelbarer Nähe zum denkmalpflegerisch geschützten Zentralstellwerk Zürich mit einbezieht.

Entwurfskriterien

Mit dem Studienauftragsverfahren im selektiven Verfahren wurde ein Projektvorschlag für den Negrellisteg gesucht, der nachfolgenden Kriterien genügt: – Wirtschaftliches Bauwerk in der

Erstellung und im Unterhalt. – Zielwert für die Bauwerkskosten incl. Planung CHF 6,5 Mio. +/-10% exkl. MwSt. – Der laufende Unterhalt muss ohne

Beeinträchtigung des Bahnbetriebs möglich sein. – Städtebaulich gute Einbindung eines Infrastrukturbauwerks in den zentralen Stadtkörper Zürichs. – Nachweis für die Realisierung unter konsequenter Aufrechterhaltung des Bahnbetriebs. – Vorlage eines Gesamtkonzepts einer gleisfeldquerenden Verbindung für den Langsamverkehr, wobei der Fokus auf dem Fußgängerverkehr liegt. – Architektonisch und denkmalpflegerisch überzeugende Lösung im

Umgang mit dem Zentralstellwerk. Alle Projekte des Auftragsverfahrens wurden termingerecht und korrekt eingereicht und die Ergebnisse im Vorprüfungsbericht vom 18.8.2017 festgehalten.

Detail: Materialisierung © René und Dimitri Dürr, Zürich

Fertiggestellte Passarelle aus zwei Perspektiven © René und Dimitri Dürr, Zürich

Fußgängerbrücke mit integrierter Beleuchtung bei Dunkelheit © René und Dimitri Dürr, Zürich

Aufgrund der Vorprüfung konnten alle eingereichten Projekte zur Jurierung zugelassen werden. Die Jurierung erfolgte am 23.8.2017. Das Preisgericht empfahl einstimmig das Projekt »96« der ARGE Negrelli zur Weiterbearbeitung.

Brückenkonzeption

Die geforderte stützenfreie Querung des Gleisfeldes forderte für die Hauptspannweite eine entsprechende Konstruktion. Hinsichtlich der geometrischen Anforderungen an eine Passerelle wurden dabei folgende Vorgaben gemacht: Lichte Brückenbreite 4m, optimal 5m, minimale lichte Höhe auf der Passerelle 3m. An den beiden Brückenenden ist jeweils eine Treppe mit einer Mindestbreite von 2,40m vorzusehen und je Seite ein Lift für 10 Personen mit Platz auch für Fahrräder. Die Abstände zum Zentralstellwerk sind zwingend einzuhalten. Das Geländer bzw. der seitliche Brückenabschluss ist so vorzusehen, dass nicht ohne weiteres Gegenstände auf die Bahnanlagen und das Gleisfeld geworfen werden können. Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich: eine feste geschlossene Brüstung mit einer Höhe von 1,10m und über der Brüstung ein Schutzgitter bis auf eine Höhe von 2m ab Standfläche. Ein wesentliches Element der Lebensqualität musste die angstfreie Nutzung des öffentlichen Raums sein. Der Negrellisteg erstreckt sich über 170m ohne seitlich verlaufende Fluchtmöglichkeiten. Es ist deshalb von besonderer Bedeutung, dass die Linienführung gradlinig und übersichtlich verläuft. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung kam dabei der Beleuchtung und Ausleuchtung zu. Es musste sichergestellt sein, dass eine genügende Ausleuchtung der Überführung und Zugänge herrscht und eine Blendwirkung auf den Gleisen ebenso wie eine Lichtverschmutzung vermieden wird. Die Überquerung des Gleisfeldes musste aus bahnbetrieblichen Gründen nahezu stützenfrei erfolgen, was die Querung des Gleisfeldes in einer Länge von mindestens 80 m erforderlich machte.

Städtebau und Gestaltung

Das Projekt musste mit Bezug zum Hauptbahnhof Zürich und zu den unterschiedlichen Bebauungsstrukturen der Gleisränder optimal ins Stadtbild eingepasst werden und eine hohe Aufenthaltsqualität sowie die subjektive Sicherheit für Nutzerinnen und Nutzer bieten. Die beiden Brückenabgänge setzen dabei Wegzeichen in den Stadtraum. Die Konsolköpfe der Brücke werden nahtlos in die geschwungenen Wangen der Wendeltreppen geführt. So spannt sich ein Brückenbogen bis zum Fußpunkt der Treppen und verbindet die beiden Stadtteile. Die Bogenform der Brücke stärkt die Präsenz des Stegs. Die einladenden Treppenabgänge sind unten breiter und werden nach oben schmaler und münden auf einer Breite von 2,50 m in die Brücke. Entstanden ist ein integrales Bauwerk ohne Lager- und Fahrbahnübergänge mit einer maximalen Trägerhöhe von 1,80 m in der Brückenmitte, abnehmend auf 0,40 m zu den Brückenenden/Treppen, mit einem schmalen zentralen Träger, der über die ganze Bauwerkslänge verläuft. Dadurch konnte die Fahrbahnentwässerung einfach gelöst werden. Dazu schmale, mit dem Träger monolithisch verbundene Stützen. Die Brüstung schützt die Fußgänger durchgehend. Zwischen den beiden Elementen eines Obergurts und eines Untergurts wurde ein Metallgewebe durch die tragenden Pfosten geführt, das den Eindruck einer textilen Bespannung vermittelt. Die Lifttürme wirken durch dieselbe Bespannung leicht und einsehbar.

Beleuchtungskonzept

Das im Handlauf integrierte Licht strahlt nach innen und nach außen und erreicht eine gleichmäßige Ausleuchtung. Die außen liegende Leuchte wurde mit einer Rillenoptik versehen, um eine Blendung des Zugverkehrs zu vermeiden, lässt aber in den Abendstunden die Brüstung als wellenförmiges Band aufleuchten. Ein Streiflicht auf die Lifttürme sorgt für eine Fernwirkung in das Quartier. Die in Stahl gefertigte Brückenkonstruktion kostete rd. 11 Mio. Franken und wurde je zur Hälfte von der SBB und der Stadt Zürich getragen. Der Steg wurde von der ARGE Negrelli entworfen. In diesem Planerteam vertreten sind die Conzett Bronzini Partner AG, die Diggelmann + Partner AG und die 10:8 Architekten GmbH. Federführende Bauherrin war die SBB. Mittlerweile ist der Negrellisteg gut integriert und erfüllt seinen Zweck. Er wird gern und rege genutzt.

BauhErrEn SBB AG Immobilien, Zürich Tiefbauamt der Stadt Zürich

IngEnIEurE unD archItEktEn Arge Negrelli Conzett Bronzini Partner AG, Chur Diggelmann + Partner AG, Bern 10:8 Architekten GmbH, Zürich

lIchtgEStaltung vogt partner, Winterthur

Negrellisteg im Kontext von Bebauung und Bahnanlagen © René Dürr

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