31. Juli / 1. August 2021
Reise gewinnen Wir verlosen einen Aufenthalt für zwei in Oberbayern Seite m 12
Verglichen mit dem 34-mal größeren Gardasee ist der Idrosee selbst im Hochsommer eine Oase der Stille. Reisebusse: Fehlanzeige. Das Prädikat „schön ruhig hier“ gilt nicht nur für die Örtchen am Ufer und die Hügel drum herum, sondern auch für den 368 Meter hoch gelegenen und zehn Kilometer langen See selbst. Was auch Annica Hein, die hier in den Sommermonaten als Surflehrerin arbeitet, zu schätzen weiß: „Für Kinder und Anfänger ist der Idrosee besonders geeignet, weil er nicht wie der Gardasee schon am Vormittag von einem kräftigen Wind erfasst wird“, sagt Hein. „Man kann bei einem leichten Lüftchen in Ruhe üben.“ Auch der Motorboot-Verkehr ist sehr überschaubar. Alle paar Stunden kommt das Linienboot „Idra“ vorbei, das von Juni bis September die Orte am Ufer ansteuert (Tagesticket: 7 Euro). Zum Charakter des Idrosees passt es, dass Besucher hier eher in einem Bed and Breakfast unterkommen als in einem glamourösen Hotel. Auch Camping direkt am See ist möglich. Und ausgeschilderte Wanderwege in die Berge gibt es ebenfalls reichlich.
2.
Die Stadt: Brescia
Warum fahren alle immer nach Verona? Brescia, vom Idrosee etwa 60 Kilometer entfernt und mit dem Linienbus zu erreichen, ist genauso interessant. Dazu muss man nicht mal auf die Burg klettern, die einen tollen Blick über Brescia bietet. Spannender Kontrast: der Domplatz mit dem alten Rathaus und zwei betagten Kirchen nebeneinander – und ein paar Schritte weiter die Piazza della Vittoria, ein Produkt faschistischer Stadtplanung mit einem der ersten Hochhäuser Italiens. Wer das alles schon kennt, kann abtauchen: Alberto führt in den Untergrund von Brescia. Mit hohen Gummistiefeln durch unterirdische Flussbetten watend, können sich die Besucher alte römische Brücken von unten betrachten (www.bresciaunderground.com). Zu nass, zu anstrengend? Brescia eignet sich auch ganz hervorragend für einen entspannten Einkaufsbummel. Und in den Bars der Stadt en vogue: Pirlo. Wie Aperol Spritz, aber mit Campari und Weißwein.
Gründe für den Idrosee Von den kleinen Geschwistern des berühmten Gardasees, die alle nicht zu verachten sind, ist der Idrosee der am meisten unterschätzte.
Anreise Die Bahn fährt nur bis Brescia, und man muss aus Stuttgart mindestens einmal umsteigen. Danach geht’s mit dem Bus weiter. Mit dem Auto von Stuttgart an den See dauert es gut sieben Stunden. Unterkunft Garden View: Gemütliches und gepflegtes Bed-and-Breakfast-Haus etwas außerhalb des Ortes Anfo, Doppelzimmer mit Seeblick und Frühstück ab 90 Euro pro Nacht, www.gardenview.eu. Albergo Al Tempo Perduto: Drei-SterneHotel in Bagolino, Zimmer mit rustikalem Charme, liebevoll restauriert, moderne Ausstattung, Doppelzimmer ca. 80 Euro, www.albergo-al-tempo-perduto.hotels-lombardy.com. Essen und Trinken Agriturismo Le Cole: Urige Bauernwirtschaft in Casto, mit viel Selbstgemachtem und regionalen Gerichten, schöner Garten, www.agriturismolecole.it. Bar Bona: Schicke, aber trotzdem entspannte Bar mit Garten in Idro-Lemprato, direkt am See, diverse Speisen (Via Lungo Lago Italia 27). Hostaria Cosmopolitan: Restaurant im Zentrum von Brescia mit italienischen Klassikern, modern interpretiert, www.hostariacosmopolitan.com. Allgemeine Informationen Gut gemachte Seite der Touristik-Agentur der Provinz Brescia mit vielen Tipps und auch Wandervorschlägen, in deutscher Sprache: www.bresciatourism.it ©Mapcreator.io/©HERE
Iseosee
Bagolino
LOMBARDEI Casto
VON PETER TRAPMANN
Anfo
Idrosee
Lemprato Salò
3.
Gardasee
ITALIEN
So ein Käse
In vielen kleinen Orten Italiens gibt es eine Rückbesinnung auf Tradition und heimische Scholle. In Bagolino, rund 20 Autominuten entfernt vom Nordufer des Sees, am Fuße des Monte Maniva (1864 Meter), stehen dafür Laura und Andrea Pelizzari. Statt in der Fremde weiterzustudieren, verkaufen sie in dem schicken kleinen Feinkostladen Da Nello regionale Spezialitäten. Im Angebot natürlich: Bagòss, der zylinderförmige Hartkäse, der nur in dieser Gegend und nach uralten Rezepten in 28 lokalen Käsereien, meist klitzekleinen Familien-
4. Der 60 Meter hohe Torrione auf der Piazza della Vittoria
q IDROSEE
Fotos: Maggioni Tourist Marketing/Roberto Maggioni, imago/Carmen Steiner, pgt
1.
Blick von der Burg auf den Idrosee mit dem Örtchen Anfo
Die Ruhe
Parco delle Fucine
In Casto, 15 Kilometer südwestlich vom unteren Ende des Sees entfernt, liegt der Parco delle Fucine: Klettersteige, Felswände für Kletterer, Trekkingtouren, Routen für Mountainbiker, tibetanische Seilbrücken und eine spektakuläre Klamm, die auch Ungeübte durchklettern können.
Brescia
betrieben, hergestellt wird. Mindestens zwölf Monate Reifezeit sind erforderlich: Erst dann kommt der Bagòss auf den Tisch. Safran verleiht ihm den typischen Geschmack. Die Kühe, die die Milch für den Bagòss geben, gehören zur Rasse Bruna Alpina und werden ausschließlich in Bagolino aufgezogen. Im Sommer geht es auf die hoch gelegenen Weiden, im Oktober zurück in die Ställe. Andrea, der stolz zwischen Hunderten von Käselaiben in seiner Kühlkammer steht, versichert: „Kenner merken am Geschmack, ob der Käse im Sommer oder Winter gemacht wurde.“ Das frische Heu macht den Unterschied (www.danellobagolino.it).
20 km
5. r Kühlkammer mit Andrea Pelizzari in de seinen Bagòss-Laiben
Puristen mögen einwenden, mit unberührter Natur habe das aber nicht viel zu tun. Stimmt schon, aber ganz so einfach ist es nicht. Der Parco delle Fucine ist mehr als nur ein trivialer Freizeitpark. Hier standen die Eisenschmieden, die einst die wirtschaftliche Basis der Region waren. Sichtbar in einem historischen Parcours, auf dem sich Überreste von sechs Schmieden, einem Schmelzofen, einer Mühle und einem Kalkofen entdecken lassen. Santo Piccinelli (58), einer der ehrenamtlichen Macher des Kletter-
parks, hat hier als Kind seinem Vater nach der Schule noch geholfen, am Schmiedehammer Schrauben herzustellen. Wenn er darüber redet, wie der Kletterpark sozial Benachteiligten eine Ausbildung zum Naturführer ermöglicht, sieht man ihm an: Das ist ernst und nicht nur ein Freizeitspaß. Den Besuchern kann es egal sein. Der Nervenkitzel lockt. Auch Kinder kommen auf ihre Kosten. Gurte für die Klettersteige und Helme können ausgeliehen werden (www.ferratecasto.com).
Rocca d’Anfo
Auf diese Burg sind die Anwohner des Idrosees besonders stolz. Der Grund erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Die Festung schmiegt sich unauffällig an die Hänge des Monte Censo oberhalb des Ortes Anfo. Aber erstens ist schon der Aufstieg über bis zu 1000 Stufen (je nach Weg) ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst. Und für das man mit einem grandiosen Ausblick auf den See und in die Berge belohnt wird. Zweitens erweist sich die Festung, die Napoleon ausbauen ließ, als ausgefuchstes Projekt zur Verwirrung der Angreifer: mit seinen ungleichen schmalen Stufen, die mit Sturmgepäck nur schwer zu nehmen waren, mit seinen dunklen Gängen, die teilweise ins Nichts führen. Dafür mussten die Angreifer aber keinen Eintritt bezahlen. Der kostet heute 10 Euro inklusive Führung, die man vorher buchen muss. Ohne Führung ist keine Besichtigung möglich (www.roccadanfo.eu).