Er ging mir voll auf die Nerven. Und dann haben wir diesen Job zusammen angefangen und gemerkt, dass wir perfekt f端rein足 ander sind. Auch zum Zusammenarbeiten. Wir sind perfekt! (lacht) Christiane, The Gaabs
Als Designer macht man auch mal gerne Über stunden oder bleibt nach dem Arbeiten mit den Gedanken in Prozessen stecken. Solche Vorgänge können nicht alle Partner nachvollziehen. André, ilikebirds
Love. Tereza & Vit, The Rodina
Es gibt ja zwei Gefahren: Einmal, dass berufliche Auseinandersetzungen sich ins Privatleben 端ber足 tragen oder das private Auseinandersetzungen sich ins berufliche Leben 端bertragen. Kai, Fontfarm
Es ist ja nicht so, dass wir den ganzen Tag in Romantik schwelgen. Megi, Hi
Ich hatte früher das Ge fühl, ich weiß besser wie es geht. Seit ich ver standen habe, dass es besser geht, wenn wir zu zweit arbeiten, geht es noch viel besser. Nina, Hug & Eberlein
In this sense, it looks kind of natural for desigÂners to merge their personal and professional lives into a business. FlĂĄvia & FĂĄbio, ps.2
L i nk up Kreative Prozesse von Paaren in der Gestaltung Sandra Weber
Einleitung Seite 21
Sieben Aspekte
Sieben Interviews Interview mit
Interview mit
Bas i s
Pr i vat & Beruf
Fo n tfar m
i l i k ebi rds
Seite 24
Seite 27
Nat ascha Dell & Kai Oet zbach
Susanne Kehr er & Andr é G r öger
Seite 33
Seite 69
# 2
# 5
I d e n t i tät
Aufg abe n te i lu n g
Interview mit
Interview mit
Seite 25
Seite 28
Hi
H ug & Eberle i n
M egi Zum st ein & Claudio Bar andun
Nina Hug & St ephan Eber lein
# 3
# 6
Gle ichwer t igk e i t
I n s p i r at io n
Seite 45
Seite 81
Seite 26
Seite 29
Interview mit
Interview mit
The Rod i na
The G a abs
Ter eza Ruller ová & Vit M usil
Chr ist iane Bör dner & M ar cus G aab
Seite 59
Seite 91
18
# 4
91
# 1
# 7
Pa ar & D es ig n Seite 30
Interview mit
ps . 2 Flávia Nalon & Fábio Pr at a
Seite 105
Anhang
tl a h n I
I nhalt
Seite 117
E i nle i tung
12
Himmel oder Hölle ? Vorteil oder Nachteil ? Miteinander oder Nebeneinander ? Harmo nie oder Streit ? Muse oder Kollege ? Geleichgestellt oder unterstellt ? Art Directorin oder Produktions-Ische ? Arbeits beziehung oder Paarbeziehung ? Gleichsinn oder Kompromiss ? Kreativ oder büro kratisch ? Selbstständig oder angestellt ? Vertraut oder distanziert ? Wie verhalten sich »Paare in der Gestal tung« ? Gemeinsam in einem Beruf, in dem Kreativität und eigene Persönlichkeit zusammen kommen, ist für viele Paare Alltag. Wie sieht dieser im Beruf und Priva tem aus und gibt es diese Trennung überhaupt ?
gnut ielniE
Einige der bekanntesten Gestaltergrößen waren ein Paar. Maira und Tibor Kalman, Brigitte und Hans-Peter Willberg oder Ray und Charles Eames. Paare, welche durch ihre intensive Zusammenarbeit große Ver änderungen im Ästhetikbewusstsein der Menschen bewirkt haben, die bis heute nachwirken.
Denn » Beziehungen zu schaffen ist das Ziel aller Typografie«*.
Sieben Aspekte 22
Link Up beleuchtet in sieben Interviews die besonderen Lebens- und Arbeitsform von Paaren in der Gestaltung. Ihre Aussagen werden anhand von sieben Aspekten zu kreativen Prozessen von Gestalterpaaren untersucht. Damit beschreibt das Buch, in wie weit die Verbindung als Paar gene relle Auswirkungen auf Kreativität oder Effizienz hat.
# 1 Bas i s
*Kurt Schwitters, 1930
E i nle i tung
# 2 I d e n t i tät # 3 Gle ic h wer t igk e i t # 4 Pr i vat & Beru f # 5 Au fg abe n ver te i lu n g # 6 I n s p i r at io n # 7 Pa ar & D es ig n
# 1
Basis
# 2 I dent i tät
Fragen nach dem Kennenlernen der Paare sowie nach der Dauer Wie lange seid ihr bereits ein Paar / verheiratet ? der anhaltenden Beziehung liefern wichtige Basisinformationen, die für die nachfol genden Interviews von Relevanz sind. Wie habt ihr
Die Identität eines Unternehmens oder einer Einrichtung steht für den Gestalter im Mittelpunkt seiner Arbeit, da er diese für seine Kunden visuell erfasst.
24
52 et kepsA nebe i S
Der biografische Hintergrund des Paares erläutert den privaten und beruflichen Werdegang. Gemeinsame Stationen, wie ein Studium an der gleichen Hochschule oder der gemeinsame Herkunftsort, können Gründe für einen Kennen- und Lieben lernen des Paares liefern. Entstand der Erstkontakt des Paares über das Thema Gestaltung oder wurde die Gestaltung erst durch den Kontakt zum Thema ?
Si eben Aspek te
euch kennengelernt ?
Entwickelt ein Gestalterpaar eine gemein same Identität, wenn es zusammen lebt und arbeitet ? Identifizieren sich beide gleich stark mit der Arbeit ? Habt ihr zusammen das Unter nehmen gegründet ? Und spielt die Dauer der Zusam menarbeit eine Rolle ? Wie lange arbeitet bzw. gestaltet ihr schon zusammen ? Brachte der eine Lebenspartner den Anderen dazu ein gemeinsames beruf liches Ziel zu verfolgen ? Seid ihr vor eurem Kennenlernen gestalte risch tätig gewesen ? Waren Persönlichkeitsmerkmale und Fachwissen des Anderen entschei dend für den Entschluss zusammenzuar beiten ? Wie kam es zu der Entscheidung zusammen zu arbeiten ?
# 3
Gle ichwert igke i t
# 4
Wie verhält sich das Paar in unterschied lichen Hierarchieebenen in der Gestaltung ?
Der Lebensraum des Paares kann interes sante Einblicke in den Umgang mit Privatund Berufsleben geben. Trennt das Paar Beruf und Alltag voneinander ? Wohnt und arbeitet ihr ? Ist zusammen ? Gibt es eine räumliche Trennung
Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ? Wer ist bei euch die »Führungskraft« und warum ?
26 Si eben Aspek te
euer Arbeitsplatz auch euer Wohnort ?
72 et kepsA nebe i S
Sind Hierarchieunterschiede unter Lebensund Berufspartnern, zu ertragen ? In einem Beruf, indem es auf Teamfähigkeiten, aber auch auf das eigene Schaffen, Talent und die Kreativität an-kommt ? In einem Dienstleistungsberuf, in dem häufig die Rol le des Autors übernommen wird ?
Pr i vat & Beruf
Entstehen nicht Gefühle der Kränkung, des Neids oder der eigenen Unfähigkeit, wenn der Partner als Vorgesetzter agiert und seine Bewertung und Kritik einfach umgesetzt werden muss ? Wird man von Kollegen, Mit arbeitern oder Kunden deswegen anders behandelt ? Habt ihr weitere Mitarbeiter ? Wie gehen Kunden/Mitarbeiter mit euch um ?
Ist die Entscheidung gemeinsam zu arbeiten für Außenstehende nachvollziehbar, Zeigt ihr auch auf der Arbeit, dass ihr ein Paar seid ? da sie Vertrautheit, Nähe und Wertschätzung der Fähigkeiten des Anderen beinhaltet Wie ist es mit seinem Partner zusammen zu arbeiten ? oder löst der Gedanke den Ruf nach Frei raum und Entfaltung der eigenen Indivi dualität aus ? Wie gestaltet sich die Freizeit des Paares ? Ist es möglich, beruflich als Gestalter tätig zu sein und gleichzeitig diesen Aspekt dem Privatleben fern zuhal ten ? Beschäftigt ihr euch in der gemeinsamen Freizeit mit Design /der Firma ? Ist eine Trennung zwischen Privat und Beruf sehr wichtig ? Wie geht ihr mit Uneinigkeiten im Büro um ? Ist eine Tren nung überhaupt möglich ?
# 5 Aufgabente i lung
28
Grafikdesigner sind keine Künstler, aber auch sie benötigen Inspirationsquellen. Dient der eigene Partner als Muse ? Welche Eigenschaften werden an der Zusammen arbeit unter Gestaltern besonders geschätzt ?
Si eben Aspek te
Welche Arbeit magst du von ihr/ihm/euch am liebsten ? Warum ?
et kepsA nebe i S
Auf einer Seite ist ein schneller Austausch mit Absprachen möglich, auf der anderen Seite bevorzugt der Kunde womöglich nur einen Ansprechpartner, der genau über das Projekt informiert ist. Denkt ein Paar in der Gestaltung gleich ? Oder können nur gemeinsame Ideen das Paar in ihren Gestaltungsprozessen weiterbringen ? Funktioniert die Zusammenarbeit nur mit einer klaren Definition von Verantwor tungsbereichen ? Wie ist die Aufgabenverteilung bei euch geregelt ? Wer macht was ?
Als Inspirationsquelle bei Künstlern fun giert oft eine Muse. Eine Person, welche durch ihren Charakter, Zuwendung, Prä senz und Ausstrahlung den Künstler zu genialen Arbeiten inspiriert.
92
Wie gestaltet ein Paar, das beruflich zusam menarbeitet, seinen Arbeitsalltag ? Ist es möglich, gemeinsam zu gestalten und Ideen zu verbinden ? Werden Prozesse klar ge trennt oder miteinander erarbeitet ? Ist alles eine Frage der Ergänzung oder des Ver gleichs ? Wie laufen Arbeits- /Designprozesse bei euch ab ? Gemeinsames Arbeiten kann verbinden, aber auch behin dern. Arbeitet ihr auch zusammen ?
# 6 I nspir at ion
Inspirieren sich Personen mit persönlicher Neigung zueinander in einer besonderen Art und Weiße ? Was denkst du, inspiriert oder beeinflusst ihr euch gegenseitig in eurer gestalterischen Arbeit ? Welche Faktoren stehen dabei im Vordergrund ? Treibt sich ein Gestalter paar gegenseitig an und wird dadurch immer besser ? Treibt ihr euch gegenseitig an ? Fühlt ihr euch durch den Antrieb des Anderen herausgefordert ? Steht ihr in Konkurrenz miteinander ? Passiert das Ganze vielleicht auch unbewusst ? Wie waren die Arbeiten bevor ihr als Paar zusammen gearbeitet habt ?
Sieben InteRviews
Pa ar & Design
Gestalter sind stark visuell orientiert und entwickeln oftmals auch die ein oder andere Macke. Gibt es kuriose Dinge, die in einem von-einem-Liebespaar-betriebe nen Büro passieren ? Im städtischen Umfeld wird bei spielsweise die Schrift einer Beschilderung wiedererkannt oder sich über ominöse Layoutansätze gewundert. Wie geht ihr mit designrelevanten Entscheidungen als Paar im Alltagsleben um ? Ist der Beruf des Gestalters, bezüglich der Wahrnehmung und der Arbeitsbereitschaft so einneh mend, dass der Beruf zur Charaktereigen schaft wird ? Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Designbüros unterscheidet ? Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Paaren unterscheidet ? Macht »als-gutempfundene« Gestaltung attraktiv ? Könntest du
30
# 7
auch mit einem Gestalter zusammen sein, dessen Arbeit /Arbeitsweisen du nicht gut findest ?
Si eben Aspek te
Kann das Gestalterpaar zukünftigen Gestal‑ terpaaren Ratschläge geben, die für ein harmonisches Zusammenarbeiten förder lich sind ? Habt ihr irgendwelche Tipps für zukünftige Gestalterpaare ? Fo n tfar m Hi Th e Rod i na Il i k eBi rds Th e G a abs H ug & Eberle i n Ps . 2
Interview mit 1 fontfarm
G estalterPa ar: Natasc ha D ell & K a i Oe t z bac h B端ro: Fo n tfar m Stadt: VeLber t, DE
# 1
# 2
BASIS
Identität
Wie habt ihr zwei euch kennengelernt ?
Wie lange arbeitet bzw. gestaltet ihr schon zusammen ?
— Kai: 2003 an der Hochschule haben wir uns kennengelernt und sind auch zusammen gekommen. Das heißt wir sind jetzt zehn Jahre zusammen. Wie lange seid ihr schon verheiratet ? — Kai: Seit anderthalb Jahren.
— Natascha: Das hat sich entwickelt. Wir haben beide unsere eigenen Projekte gemacht und zwischenzeitlich einmal zusammengearbeitet und irgendwann haben wir nur noch zusammen gearbeitet. Insofern kann man den Zeitpunkt nicht genau bestimmen. Es hat allerdings zwi schen 2005 und 2006 angefangen. Zu dem Zeitpunkt als ihr euch kennengelernt habt, ward ihr da schon gestalterisch tätig ?
73
— Kai: Ja, die Veröffentlichung der Fontfarm war im Januar 2006. Dieses gemeinsame, große Projekt kann man als Startpunkt sehen. Man könnte es eigentlich auch als Initiation unsere Zusammenarbeit sehen. Habt ihr zusammen das Unternehmen gegründet ? — Kai: Ja, klar. Was habt ihr vorher gemacht ? Habt ihr vorher alleine gearbeitet oder auch in Projekten mit einer Gruppe ? — Natascha: Vor der Gründung der Fontfarm war ich als freiberufliche Mitarbeiterin in einer Agen tur. Ich habe relativ schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist und mich entschlossen, selbst ständig zu arbeiten. Kai war zu diesem Zeitpunkt schon selbstständig. — Kai: Ich hatte auch schon eine längere Historie. Ich habe früher fotografisch gearbeitet, bin darüber zum Editorial Design gekommen. Zuerst habe ich dann in Agenturen gearbeitet, bevor ich mich letztendlich selbstständig gemacht habe.
m r af t n o F
# 3
# 4
GLEICHWERTIGkeit PRIVAT & BERUF Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ?
Wohnt und arbeitet ihr zusammen ?
— Natascha: Wir haben uns darüber unterhalten, und bei uns gibt es überhaupt gar keine Hierar chie. Das Kai das komplette Geschäftliche macht, hat einen ganz praktischen Grund: Es ist wichtig, dass das in einer Hand ist und dass einer den Überblick darüber hat. Und als wir damals angefangen haben, hatte ich noch zu wenig Erfahrung darin und war im Prinzip auch noch zu jung, um damit umgehen zu können und Kai hatte da schon ganz andere Erfahrun gen. Er war auch vorher schon mal mit Anderen selbstständig und wusste ein bisschen, wie man damit umgeht, hatte auch schon viel mit Steuerberatern gesprochen etc.. Ich hatte all diese Erfahrungen noch nicht.
— Kai: Ja.
— Natascha: Wir geben beide auch gern unsere Erfahrungen weiter. — Kai: Bei einem Praktikanten ist das eher eine Win-Win-Situation (lachen). Die Praktikanten haben auch nie an unseren Schriften gearbeitet, die haben eigene Schriftprojekte gemacht und saßen nur neben uns, während sie daran gear beitet haben … — Natascha: … und haben von uns gelernt oder haben Feedback bekommen.
— Natascha: Ja, das stimmt. Wir sind nicht die Leute, die ständig in Museen, auf Vorträgen und auf Typo-Kongressen rumhängen. Ich glaube tatsächlich, dass das in dem Fall auch etwas damit zu tun hat, dass wenn wir privat sind, auch Dinge suchen, die uns dann entspannen.
38
— Kai: Die Situation hat sich dadurch geändert, dass Natascha seit einem Jahr eine Festanstel lung in der Lehre hier in Essen an der Hoch schule hat. Insofern ist das, was wir das letzte Jahr gelebt haben, nicht stellvertretend für die acht Jahre davor. Früher hieß es: Morgens auf stehen, Kaffee machen und dann an den Rechner zum Arbeiten. Zwischendurch kümmert man sich um den Hund, geht mal raus oder macht Besorgungen. Im Prinzip schwingt die Arbeit immer mit und irgendwann abends hört man auf. — Natascha: Meistens wenn man sich nicht mehr konzentrieren kann. Vor meiner Festanstellung in der Lehre gab es immer Phasen in denen wir unglaublich viel gearbeitet haben, und dann haben wir uns wieder die Zeit genommen, privat zu sein – auch tagsüber. — Kai: Das ist richtig. Das phasenweise Arbeiten. Wochenende machen, oder mal nicht an die Arbeit denken. Zur Zeit versuche ich Arbeit und Freizeit zu trennen. Ich verspüre dann keine Lust, mich außerhalb der üblichen Arbeitszeit intensiv mit Schriftproblemen zu beschäftigen. Das ist auch dafür wichtig, dass auch andere Interessen zur Geltung kommen. Schrift begeis tert mich immer noch genauso wie früher, es gibt aber auch andere, wichtige Sachen, die mich interessieren. Und die Zeit nehme ich mir dann auch dafür. War es schwierig, diese Grenze zu finden oder generell den Tag auch mal für sich zu gestalten ?
m r af t n o F
— Natascha: In der Zeit als ich noch nicht fest ange stellt war, ist mir das nicht schwer gefallen, jetzt fällt es mir wesentlich schwerer. Natürlich bin ich momentan auch in einer anderen Situa tion als vorher. Heute habe ich Probleme damit, weil ich nach meiner Arbeitszeit auch noch gerne etwas für die Fontfarm tun würde.
— Kai: Unter der Woche gehen wir z. B. Fahrrad fahren oder mit dem Hund spazieren, oder in ein Museum und gucken uns eine Ausstellung an. Auf Typo-Kongresse gehen wir nicht. Ich finde es total langweilig und unerquicklich, Vor träge über Schrift zu hören. Die Information kriegt man auch irgendwo anders her. Ich habe es auch mal Studenten angeboten zu einem Typo-Kongress nach Berlin zufahren. Viele brach ten dann den Einwand, dass man sich für den Eintrittspreis zwei oder drei sehr gute Bücher kaufen könnte. Diese Konferenzen sind eher ein gegenseitiges Schulterklopfen und Kontakte knüpfen. Und im Netzwerken sind wir nicht so stark. Wenden sich Kunden mit einem Anliegen an euch beide oder werden Unterschiede vorgenommen wer mit welchem Anliegen als Kontaktperson gilt ?
Natascha & K a i
— Kai: Nein, das wollen wir auch ungern. Das ist auch die Art der Verantwortung, die man über nimmt. Wenn man einen Mitarbeiter hat, muss dieser auch sein Einkommen haben. Praktikan ten hatten wir allerdings.
— Kai: Am Anfang mehr, mittlerweile weniger. Wir sind in letzter Zeit auch nicht so oft im Urlaub gewesen. Bei unserem ersten gemeinsamen Urlaub in Frankreich waren wir einfach aus Inte resse auch in Museen, haben uns alles ange guckt. Es gibt aber auch immer öfter Zeiten, in denen wir das bewusst nicht machen.
Wie arrangiert ihr Arbeits- und Privatleben ? Gibt es feste Arbeitszeiten ?
93
Habt ihr weitere Mitarbeiter ?
Beschäftigt ihr euch in der gemeinsamen Freizeit oder im Urlaub mit Schriften oder der Firma ?
— Kai: Das ist gleichgestellt und Projektbezogen. In einem Projekt, in dem Natascha involviert ist, fragen die Kunden dann auch nach Natascha und umgekehrt. Die Schriftabwicklung überneh me allerdings ich alleine. Es wäre aus meiner Sicht total unökonomisch, wenn man die Vorgän ge jetzt auf zwei unterschiedlichen Rechnern hätte und sie hinterher wieder zusammenführen müsste. Es funktioniert gut, wenn eine Person die ganzen Dateien und Angaben zu den Vorgän gen in der eigenen Ordnung bei sich auf dem Rechner hat. Das ist ein für sich abgeschlossener
Bereich, und dann übernimmt diese Person auch die Kommunikation mit dem Kunden. Und damals, als wir z. B. die Sympany-Schrift 3 gemacht haben, da hat sich Natascha um den Kunden gekümmert. Natascha, du hattest erwähnt, dass du im Augen blick nicht soviel für die Fontfarm machst. Würdet ihr denn gerne wieder so arbeiten wie in der Zeit, bevor du fest angestellt warst ? — Natascha: Ja! Ich würde das unheimlich gerne. Mir macht die Lehre auch Spaß, aber ich mache das erst seit ungefähr 16 Monaten. Am Anfang ist es mir super schwer gefallen ohne Kai zu arbeiten, bzw. plötzlich ganz alleine zu arbeiten. Das Zusammensein als Team fehlt mir unheim lich. Ich vermisse es, aber die Lehre gefällt mir auch. Merkt man euch im Berufsleben an, dass ihr ein Paar seid ? Ihr seid beide in der Lehre, merken eure Studenten oder Kollegen, dass ihr mit einem Gestalter zusammenlebt ? — Natascha: Ach so, wenn der andere nicht da ist, wenn man alleine vor Ort ist. Klar, ich erzähl ständig von Kai. — Kai: Ja, geht mir auch so, ich erzähl auch stän dig von ihr (lachen). Man würde es auch mer ken, wenn wir zusammen unterrichten würden. Natascha war mal mit bei mir im Kurs, ich war mal mit bei Natascha im Kurs. Da stellt man den Anderen natürlich auch als Partner vor. Aber ich denke, das merkt man auch so. Wir sitzen jetzt nicht knutschend zusammen am Pult, aber man merkt das schon.
# 5
# 6
AUFGABENTEILUNG INSPIRATION
Habt ihr denn jeder ein Spezialgebiet ? Kümmert sich der eine beispielsweise ums Kerning, der andere ums Hinting ? — Natascha: Nein, wir arbeiten im Wechsel, aber es ist nicht so, dass einer ein Spezialgebiet hat. Akquise gibt es demnach gar nicht ? — Natascha: Nein, haben wir noch nie gemacht. — Kai: Mir würde das auch schwerfallen. Das liegt aber auch an der Fontfarm an sich: Damals gab es das 33-Punkt-Symposium4, wo Natascha vor getragen hat. Als Initiation wurde dieses Event dann auch benutzt, um die Fontfarm be-kannt zu machen. Die Leute haben uns angeschrieben und wir haben Interviews gegeben und damit das Interesse für unsere Schriften geweckt. Zeitweise hatten wir gar nicht die Zeit noch Akquise zu machen. Hätten wir noch mehr Kun den an Land gezogen, hätten wir jemanden ein stellen müssen. Und das wollen wir nicht.
— Natascha: Ich bin über Kai zur Schrift gekommen. Ich habe meine Liebe zur Schrift und zur Typo grafie über Kai entdeckt. Er hat mich einfach dafür begeistert, hat mir ganz viel davon erzählt und ich hab seine ersten Gehversuche im TypeDesign verfolgt. Das hat mich interessiert und dann bin ich auch eingestiegen.
— Kai: In den Anfängen war es vielleicht so, dass von meiner Seite aus eine größere Erfahrung in dem Fachgebiet geherrscht hat, aber das hat sich schnell relativiert. Und das ist aus meiner Sicht auch logisch. Das kann ja gar nicht anders sein. Ob man jetzt bildender Künstler ist oder bildnerisch arbeitet oder im Design-Bereich – das ist ja immer ein Geben und Nehmen.
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Inspiriert oder beeinflusst ihr euch gegenseitig in eurer gestalterischen Arbeit ? Bringt ihr euch gegenseitig Dinge bei ?
— Natascha: Das Tolle ist ja, dass wenn der Eine etwas liest, weiß es der Andere direkt auch. Wenn der Eine etwas sieht, sieht der Andere das direkt auch. Und so beeinflusst man sich allein schon – dadurch, dass die Einflüsse, die man selber hat, dem Anderen direkt mitgibt. Wir hat ten das jetzt grade in letzter Zeit sehr stark, dass wenn Einer auch auf technischer Ebene oder im Internet was entdeckt oder ein neues Programm oder Tool entdeckt oder so, dann zeigt er das dann direkt dem Anderen. So hat man quasi einen doppelten Input, das würde ich so als die Hauptsache sehen.
— Kai: Also ich glaube, Gestalter profitieren entwe der davon, dass die Chemie stimmt, oder davon, dass man von der Design-Auffassung in eine gemeinsame Richtung arbeitet. Es muss nicht beides sein, ich kann auch mit jemandem zusammenarbeiten, mit dem ich nicht immer einer Meinung bin oder vielleicht auch oft Din ge kontrovers diskutiere, aber da muss die Chemie stimmen.
Weil man so eng zusammen ist ? — Kai: Die Zusammenarbeit ist sehr direkt. Man lernt durch Gucken, durch Machen und Aus tauschen. Und man kriegt natürlich auch ein direktes Feedback, wenn man etwas macht. Man ist nicht allein in einem Design-Prozess über einen längeren Zeitraum ohne Feedback. Man kann das Feedback des Anderen einschät zen, weil man die Arbeit und die Ansichten des Anderen kennt. Und wenn der Andere ein
— Natascha: Also, ich glaub schon, dass das eine Rolle spielt. Also bei uns ist das ja auch so, dass wir uns ja auch mitunter kurz vorm Schla fengehen nochmal über irgendwas unterhalten oder diskutieren und das kann man ja nicht mit seinen Kollegen. Gibt es Vorteile, wenn man als Paar zusammen arbeitet ?
m r af t n o F
— Natascha: Das ist ja auch unser Konzept. Wir wurden auch schon gefragt, ob wir Schriften von anderen Typedesignern in unser Programm aufnehmen. Wir hatten von Anfang an das Gefühl, dass es besser wäre, wenn die Fontfarm unser eigenes Ding ist und auch bleibt.
Ergebnis produziert, dann lernt man auch dadurch und durch die Arbeitsweise des Ande ren. Es ist nur die Frage – in Bezug auf die Arbeit »Gestalterpaare« –, ob das in einer nor malen Agentur oder in einem normalen Büro anders wäre. Das kann ich gar nicht sagen! Wichtig ist immer, das man Respekt hat vor der Persönlichkeit, auch vor der Gestalter-Persön lichkeit des Anderen, und dass man, die Arbeit auch schätzt und auch die Ansichten. Dann ist es gar nicht so ein großer Unterschied, ob man jetzt abends noch zusammen auf die Rolle geht oder ob man jetzt nur auf der Arbeit zusam men ist. Wäre meine Einschätzung.
14
— Kai: Es gibt bei uns keine strikte Trennung. Es gibt persönlich motivierte Projekte und den Austausch darüber. Es gibt bei uns keinen Produktionsablauf der durch die Timeline des Kunden und auch durch die normale Vorge hensweise im Design festgelegt ist. Insofern ist unsere Arbeit an den Schriften, da sie eigen motiviert ist, eher auf einem künst lerischen Level. Bei meinem eigenen Arbeits prozess könnte ich nicht sagen, wie ich an Typedesign herangehe. Es sind Schriften ent standen aus ursprünglichen Abfallprodukten oder als Zerstreuung. Die waren nie zur Veröf fentlichung gedacht, und plötzlich beißt man sich an so einem Projekt fest! Und dann geht das weiter … Und ich für meinen Teil könnte jetzt nicht sagen, dass es da keine Strukturie rung gibt.
Wie waren die Arbeiten bevor ihr als Paar gearbeitet habt ? Habt ihr schon gewusst, dass ihr euch auf Schriften spezialisiert ?
Natascha & K a i
Wie laufen Arbeits-/Designprozesse bei euch ab ?
— Natascha: Bei mir ist es so, dass das Vertrauen am Wichtigsten ist. Natürlich muss man als Paar ein sehr großes Vertrauen zum Anderen haben. Bei uns fällt mir das sehr leicht. Selbst wenn ich nicht seiner Meinung bin und eine Entscheidung getroffen werden muss, und wir entscheiden uns gemeinsam, hat sich das eigentlich immer bewährt. Es ist vielleicht auch ein Vorteil, dass man als Paar viel mehr Zeit zusammen ist, in der man natürlich auch bestimmte Dinge ausdiskutieren kann.
Wie geht ihr mit Uneinigkeiten im Büro um ? — Natascha: Wir waren uns noch nie in der Art über fachspezifische Dinge uneinig oder haben derart darüber diskutiert, dass wir gestritten haben. Das bleibt dann immer auf einer eher objektiven und unpersönlichen Ebene. Das kommt dann nicht an uns als Person oder als Paar ran. — Kai: Es gibt ja zwei Gefahren: Einmal, dass berufliche Auseinandersetzungen sich ins Privat leben übertragen und die andere Seite ist, dass private Auseinandersetzungen sich ins beruf liche Leben übertragen. Das war bei uns, witzi gerweise oder wundersamerweise, nie so extrem, dass es mir negativ aufgefallen wäre. Im Gegen teil ist es sogar aus meiner Sicht so: Wenn ich mir jetzt vorstelle, ein Unternehmen mit einem Partner zu haben der eine eigene Familie hat, dann weiß ich letztendlich nie, was die Hinter gründe seiner Entscheidungen sind. Natascha und ich sind ja als Paar für die gemein same Unternehmung verantwortlich zu glei chen Teilen und insofern sind wir auch über die Resultate, die das auf unser normales Leben hat, auch beide verantwortlich. Dass heißt, Feh ler in der Geschäftsleitung oder im Geschäft würden sich auf unser beider Leben direkt aus wirken. Insofern arbeiten wir ja geschäftlich wie auch privat in eine Richtung und insofern ist auch das Vertrauen größer. — Natascha: Ich habe bei uns den Eindruck, dass – wenn eine Unstimmigkeit in der Beziehung wäre – man in dem Moment, in dem man über ein Projekt spricht, diese Uneinigkeit sehr weit in den Hintergrund tritt und man darüber wie der stärker zusammen findet. Also ist sogar ein positiver Aspekt darin. Erkennt ihr eine Veränderung in euren Arbeiten / eurer Arbeitsweise seit ihr zusammen arbeitet ? — Kai: Wenn wir von vornherein gewusst hätten, was auf uns zukommt, wären wir das Projekt Fontfarm wahrscheinlich konzentrierter, plane rischer oder strukturierter angegangen. Wir hatten am Anfang das Private und das Geschäft liche hat sich einfach ergeben. Nach einigen
# 7
IndeX
PAAR & DESIGN
Gibt es eine Aufteilung bei der Repräsentation eures Unternehmens ?
— Kai: Repräse ntieren fällt mir nicht leicht z. B. wenn es darum geht, einen Vortrag über die Fontfarm zu halten. Bei Kundengesprächen ent scheiden wir es dann immer danach, wer inten siver an einem Projekt arbeitet.
— Natascha: Ich glaube, es hängt auch damit zusammen, dass man als Gestalter seine Gedanken über das Projekt, das man derzeit hat, auch immer sehr stark mit sich trägt, ich mache das sehr stark, und man erzählt auch einiges darüber. — Kai: Im Vergleich zu anderen Berufen ist es im Kommunikationsdesign viel einfacher, sich als Paar selbstständig zu machen und ein eigenes Auskommen zu finden. Szenario: Du arbeitest in einer Firma, lernst deine/n Partner / in kennen, nimmst dann ein paar Kunden mit und arbei test in einer gemeinsamen neuen Agentur als Gestalter-Chef-Paar zusammen. Das ist unter Gestaltern, auch Paaren, ein nicht selten zu findend er Weg.
Nakotica-»Kapinuskeln« annähern und Gemeine, die runder und weicher laufen und hier und da kleine Nettigkeiten aufweisen. Barrow, mit seinen eher reduzierten, konservativen Formen – die Versalien sind den Nakotica-Versalien angelehnt – ist zugänglicher, klarer und nicht weniger interessant. Parker und Barrow sind als Einzelschnitte, Familien-Packages und als Komplettpackage zu erwerben. 3 Sy mpany-Sc h rift
34
— Natascha: Das ist auch gleichwertig, kommt immer auf das Projekt an, das hat auch über dei Zeit von Projekt zu Projekt gewechselt. Generell würde ich aber sagen, dass Kai extro vertierter ist als ich.
Habt ihr eine Idee, warum es gerade unter Gestaltern so häufig vorkommt, dass sich diese entschließen, zusammen zu arbeiten ?
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Jahren habe ich gemerkt, das es einfach super passt. Ich hatte jemanden gefunden, der auf der gleichen Ebene, dem gleichen Level mit an der selben Sache arbeite. Man könnte ja theo retisch auch mit jemandem zusammen sein, der auch gestalterisch tätig ist, der sogar auch im gleichen Fachgebiet arbeitet, die Zusammen arbeit aber nicht funktioniert. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich jemanden mitziehen muss, sondern dass es gleichwertig ist und das ist toll.
1 Fo n t far m
— Natascha: Ganz oft ist die Situation so wie dieses Interview: Dass man zusammensitzt, und beide sagen etwas.
Die kleine Farm … Wir sind Kommunikations-Designer mit einem besonderen Faible für Typografie und Schriftgestaltung. Wir arbeiten gerne und ausgiebig: im Büro, zu Hause, unterwegs. Wenn wir nicht gerade Schriften schneiden, beschäftigen wir uns mit unseren Lieblingskunden, unterrichten an der Aachener Fachhochschule bzw. an der Folkwang Universität Essen oder bearbeiten unsere freien Projekte. Die »Fontfarm« ist unsere Präsentations- und Kommunikationsplattform. Natascha Dell, Kai Oetzbach Siehe: http://www.fontfarm.de/themes/ home/whois/index.php)
m r af t n o F
Natascha & K a i
2 Par ker B arr ow
Die Parker-Barrow ist eine Schriftsippe, bestehend aus zwei Sans- und zwei Slabserif-Familien. Parker übernimmt den weiblichen und Barrow den männlichen Part. Parker hat Majuskeln, welche sich den
4 33pt Typografie Symposium der FH Dortmund im Januar 2006. Siehe: http://www.33pt.de/
Natascha & K a i
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Interview 1 mit hi
G estalterPa ar: M eg i Zu m ste i n & Cl au d io Bar an d u n B端ro: h i V i su elle G estalt u n g Luz er n Stadt: Luz er n , C H
# 1
# 2
BASIS
Identität
Wie habt ihr zwei euch kennengelernt ?
Seid ihr vor eurem Kennenlernen gestalterisch tätig gewesen ?
— Claudio: Das war auf dem Kunstifest 1999 in Luzern. — Megi: Ich war in einem Abendkurs und habe jeweils Claudios Palette benutzt, weil die so schön groß war. Irgendwann haben wir heraus gefunden, dass es eben seine ist (lachen). — Claudio: Und kaum haben wir uns kennengelernt, ist Megi für ein halbes Jahr nach Spanien für ein Auslandssemester. Und habt ihr den Kontakt gehalten in der Zeit ?
94
— Claudio: Ich musste ihr ja noch den Hof machen. Und ohne ein Versprechen der Treue wurde ich dann zurückgelassen. (Lacht herzlich) Wie lange seid ihr schon zusammen ? — Megi: Seit 14 Jahren. — Claudio: Wir planen dieses Jahr auch ein Fest deswegen. Die biblischen ersten sieben fetten Jahre und dann sieben magere Jahre, die sind jetzt vorbei. Also ab jetzt, jetzt wird’s wieder gut (lacht). — Megi: Gut, aber die sieben mageren Jahre, waren nicht so mager. — Claudio: Die waren auch schon recht gut, also die Welt muss sich gefasst machen, jetzt kom men wir erst recht (lacht).
— Claudio: Zu dem Zeitpunkt war ich im Vorstudium und ich hatte mich grade entschieden Kunst zu studieren, Malerei eigentlich. Megi war schon im zweiten Jahr des Grafik-Design Studiums in Zürich. Wie lange arbeitet ihr schon zusammen ? — Megi: Wir haben uns 2007 gegründet. Wie kam es zu der Entscheidung zusammen zu arbeiten ? — Megi: Ich war in einem Angestelltenverhältnis, was ganz toll war. Ich wollte aber unbedingt auch was Eigenes ausprobieren. Aber nicht ganz alleine, da mir der Austausch sehr wichtig ist. Claudio hat mit einem Freund ein Büro gehabt für zwei Jahre. Danach hat er noch fast ein Jahr alleine gearbeitet. Abends an unserem Küchent isch hat dann jeder seine Projekte besprochen. Somit waren die grafischen und gestalterischen Diskussionen eigentlich immer schon ein Thema in unserer Beziehung. Zu dem Zeitpunkt fingen wir an einige Projekte zusam men zu machen, die jetzt eben nicht unbedingt erwähnenswert sind (lacht). Aber egal, wir hatten mindestens das Gefühl, dass wir ungefähr vom Selben ausgehen. — Claudio: Wenn wir ganz berühmt werden, so dass uns nichts mehr einen Kratz in den Lack machen kann, dann können wir das erste Plakat, dass wir zusammen gemacht haben einmal hervorkramen (lacht). Aber auch bei mir ist es ähnlich. Megi war jetzt gerade einen Monat weg und ich finde es ist wahnsinnig schwierig alleine. All diese gestalterischen Entschei dungen auszuhalten, zusammen ist es immer leichter. Einfach eine weitere Meinung zu hören, gegenüber der man sich aufbauen kann, hilft schon sehr. Wir kennen uns wirklich sehr gut und dementsprechend ist unser Austausch sehr fruchtbar. Daher war das Bedürfnis von mir groß auch wieder mit jemandem zusammen zu arbeiten.
IH
# 3
GLEICHWERTIGKEIT
Seid ihr alleine im Büro ? — Megi: Nein wir haben noch einen Illustrator, mit dem wir unser Büro teilen und ein Fotograf. War das von Anfang an schon so ?
— Claudio: Da hatte Megi dann schlechte Laune für die ganze kalte Jahreszeit. Das war nichts für sie. Dann haben wir etwas neues gesucht. Wir wussten von dem Illustrator und dem Fotogra fen, dass die zwei auch gerade ein Atelier suchen, ab dann haben wir zu viert gesucht. Wir wollten nicht als Paar zu zweit arbeiten und zu zweit leben. Das war uns ein bisschen zu sehr eine kleine Welt. Und man hat ja zu viert auch mehr Optionen, was die Räumlich keiten anbelangt. Habt ihr auch Praktikanten ? — Megi: Ja. Ihr erwähntet, dass eure Zusammenarbeit sehr intensiv sei. Wie finden da die außenstehenden Praktikanten rein ?
— Megi: Nein, also wir treten auch wirklich als Team auf. Auch bei Kunden. Wenn ich z. B. irgendwo hin gehe und alleine etwas präsentiere, spreche ich immer von »wir haben…«.
Würdet ihr denn auch Mitarbeiter einstellen wollen ? Jemand Drittes festes ? — Megi: Im Moment könnten wir Arbeitstechnisch jemanden gebrauchen, weil wir doch sehr am Anschlag sind, mit unserer Kapazität. Ich habe aber den Verdacht, dass man jemanden ein stellt und dann auch mehr Arbeit annimmt. Weil man zu dritt auch mehr leisten kann. So kommt man in einer gewissen Zeit, wieder genau am gleichen Punkt an, dass man noch jemanden dazu holen müsste. Ich vermute, dass dann die Segel auf Vergrößern gestellt sind. Das möchtest du aber nicht ? — Megi: Im Moment find ich ja eben selbst gestal ten immer noch toll und ich vermute, dass es dann eben nur noch heißt: Ideen entwickeln, verhandeln und mehr Administration. Jetzt ist Administration im Verhältnis zum Gestaltungs prozess schon sehr viel. Die andere Möglichkeit als vergrößern wäre, einfach bisschen wähleri scher zu sein. Könnte man ja auch. — Claudio: Was mich reizt jemand anzustellen, ist gerade der Grund, dass ich extrem Bock auf Entwerfen habe. Aber die Disziplin, dann eben
— Claudio: Es gibt natürlich schon eine Geschlech ter-Frage. Praktikantinnen z. B. fragen häufiger Megi, oder ? — Megi: Ja, zu Beginn. Das war recht interessant. Aber unser letzter männlicher Praktikant war schon mehr auf dich fixiert. Das war recht lustig. Bei Kunden ist derjenige, der mit ihnen spricht auch die Ansprechperson. Manchmal vergessen Kunden auch, dass es da noch jemand ande ren im Büro gibt. Manchmal ist das auch etwas unangenehm. Beispielsweise habe »ich« letztes Jahr einen Preis bekommen. Im Rahmen eines Plakat festivals wurde vom Slovak Design Center ein Preis vergeben. Weil ich da alleine hin ging, um an der Preisverleihung teilzunehmen, war am Schluss plötzlich nur noch mein Name da. Ich war dann plötzlich alleine die Preisträgerin. Das war ein bisschen ärgerlich, weil wir wirklich überall und immer alle beide Namen schreiben. Ihr beide seid ja in der Lehre tätig. Wie empfindet ihr es wieder ganz gezielt alleine zu arbeiten ? — Claudio: Super! — Megi: Ich find es auch super (lachen). — Claudio: Es ist ja auch fruchtbar, das Auseinander gehen und dann wieder zusammen kommen.
IH
— Megi: Das ist natürlich auch immer beim Bewerbungsgespräch schon Thema. Ob die Person sich das vorstellen kann. Wir sagen das auch immer. Es ist letztendlich eine Dreier kiste. Wir sind ja quasi das Team und da muss man versuchen sich darauf einzulassen. Für uns ist es aber auch wirklich cool eine neue Stimme im Team zu haben. Neue
Gehen Kunden jeweils anders mit euch um ?
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— Megi: Am Anfang waren wir in einem relativ großen Atelier. Acht Leute waren eingemietet, allerdings waren selten alle da. Superschönes Atelier, aber wirklich schlecht isoliert. Ich habe mich zu Tode gefroren dort, im Winter.
— Claudio: Also das klingt jetzt schon so als dürfte oder könnte diese Person gleichberechtigt werden mit uns. Das stimmt natürlich nicht ganz. Und zwar nicht weil wir finden, »Praktikanten müssen unten durch«, es reflektiert einen ganz einfach nur von außen. Das ist ganz klar. Die Praktikanten kommen mit anderen Inputs. Die haben noch Zeit alle Grafikdesign-Webseiten der Welt abzuklappern. Aber es ist eben einfach auch anstrengend. Für uns, weil wir merken, diese geölte Maschine läuft dann nicht mehr so rund. Aber das ist ja auch der Moment in dem wir merken: Feste Formen sind immer gefährlich. Das sind immer Möglichkeiten wieder aufzu brechen.
auch ein Buch zum Ende sorgfältig durchzu gestalten, fällt mir schwer aufzubringen. Es inte ressiert mich nicht mehr so. Ich hätte gerne jemanden, dem ich so weit vertraue, dass ich wirklich glaube, dass es da in guten Händen ist. Ich hätte dann auch wieder mehr Freiräume für den Gestaltungsprozess. Die Ausführung braucht einfach viel Zeit. Das wird dir immer am Entwerfen abgeschnitten. Diesen andern Prozess, den kann man nicht abkürzen.
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— Megi: Ob jemand von uns Chef ist ? (lacht) Nein. Nein das würde nicht funktionieren. Wir versuchen eigentlich beide alles zu machen. Wir haben da auch Bock drauf. Aber wir teilen selbstverständlich einiges nach unseren Stär ken auf.
Aspekte, neue Meinungen, es spiegelt einen dann ja auch. Es ist dann relativ schnell klar, dass im Normalfall die Dinge anders gelaufen wären. Jetzt ist jemand Drittes da, da bricht man auch mal aus seiner Routine aus.
Megi & Cl audio
Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ?
— Megi: Ich finde das auch. Meistens lüftet es mir den Kopf. Wenn ich abends nach Hause
komme bin ich voll mit Ideen und angeregt. Es nimmt einen auch aus dem Alltag raus. — Claudio: Es ist weniger wegen uns als Paar, son dern angenehm im Gegensatz zu diesem daily zehn-Stunden-am-Computer-hocken-Ding.
# 4
# 5
PRIVAT/BERUF — Claudio: Ja. Ist euer Arbeitsplatz auch euer Wohnplatz ? — Claudio: Nein, aber wir haben ja einen Laptop. Wie arrangiert ihr Arbeits- und Privatleben ?
Wie laufen Arbeits-/ Designprozesse bei euch ab ? — Claudio: Also, ich bin erstmal sehr euphorisch, ich möchte immer sofort anfangen. (Megi lacht) Alles grad stehen und liegen lassen für das Projekt. Megi ist eher zögerlicher. Da sind wir ein bisschen verschieden. Man beginnt ja dann doch nicht sofort mit dem Pro jekt, sondern trägt es erstmal eine Weile mit sich herum. Meistens geschieht dann morgens oder abends recht viel am Küchentisch. Wir tauschen uns dann aus, wenn gerade jemand eine Idee hat und machen dann kleine Zeich nungen und so weiter.
Und gerade bei so Diskussionen, gibt es da eine strikte Trennung zwischen Beruf und Privatem ? — Claudio: Nein, wir wollen das ja nicht trennen und wir können das auch nicht.
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— Megi: Momentan ist es oft so, dass ich am Wochenende arbeiten total entspannend finde (lachen). Weil eben nicht dauernd irgendwelche Mails, Telefone und Alltagsgeschäfte laufen, was dann zu einer gewissen Ruhe und Konzentration im Gestalterischen führt, was ich eigentlich ext rem angenehm finde. Aber was natürlich, das ist mir schon klar, ein gewisses Gefahrenpotential in sich trägt. Wenn man dann plötzlich nur noch arbeitet.
Wir mussten natürlich auch zuerst lernen wie wir professionell streiten. Ohne dann wirklich persön lich zu werden, dass konnten wir am Anfang noch nicht so gut.
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Wohnt und arbeitet ihr zusammen ?
AUFGABENTEILUNG
— Claudio: Also ja wir müssen am meisten darauf achten, was wir aneinander außerhalb der profes sionellen Beziehung haben. (Megi lacht) Außer quasi der physischen Komponente.
— Claudio: Im Entwurfsprozess arbeiten wir je an einem Computer. Bis zu einem gewissen Punkt, quasi vis à vis. Wir schauen es uns immer wie der an und daraus ziehen wir dann wieder die Dinge, die wir gut und produktiv finden. Das geht auch so weit, dass wir wirklich sagen: »Jetzt machen wir an deinem Entwurf weiter und sitzen zusammen an einen Computer.« Wir basteln das dann zusammen. Und an dem Punkt, an dem wir es präsentieren, wissen wir gar nicht mehr, wer was gemacht hat. Es ist dann nicht »dein Entwurf, mein Entwurf«. Wenn der Entwurfsprozess fertig ist, präsentiert und überarbeitet, dann macht das Projekt einfach einer von uns fertig. Das ist viel einfacher von den Kommunikationswegen.
Beschäftigt ihr euch in der gemeinsamen Freizeit oder im Urlaub mit Design/der Firma ? Zum Beispiel mit Museen oder Symposien ?
Wie geht ihr mit Uneinigkeiten im Büro um ? Gibt es welche ? — Claudio: Ja, natürlich. — Megi: Ja, dauernd (lachen).
— Megi: Bis zum Ende hin sind wir aber beide ziemlich gut über alle Projekte gleich informiert. Wie ist die Aufgabenverteilung bei euch geregelt ?
IH
— Claudio: Das Büro wäre bereits zum ersten Mal beinahe an unseren Visitenkarten gescheitert.
Megi & Cl audio
— Megi: Also, wir fahren fast nie zusammen in Urlaub (lachen). Sehr selten. Das müssen wir auch irgendwie versuchen zu ändern. — Claudio: Und wenn wir zusammen im Urlaub sind, nehmen wir sogar konkrete Projekte mit. Also, das letzte mal als wir im Urlaub waren, im Winter vor einem Jahr, waren wir eine Woche vom Schneesturm eingeschlossen. Das kam uns aber eigentlich gelegen, weil wir dann da tatsächlich ein komplettes Buch editiert haben. Das war dann kein richtiger Urlaub, aber wir sprechen auch jetzt noch von diesen Ferien.
— Megi: Häufig sind das so Kritzeleien auf einem alten Kuvert, die beim Kaffee morgens entste hen. Wir tragen das eigentlich schon eine Weile mit uns rum, bevor wir uns dann effektiv im Büro hinsetzen und wirklich handfest mit dem Entwurf beginnen.
— Megi: Wir versuchen eigentlich beide alles zu machen. Es gibt natürlich Gebiete, da ist Einer schneller als der Andere oder hat mehr Spaß dran. Zum Beispiel beim Schriften-Zeichnen, obwohl ich eigentlich Schriftenmalerin bin, ist Claudio einfach unglaublich schnell und macht
das super gerne und häufig. Mir fallen organi satorische Dinge auch leichter als ihm und mache dies auch nicht ungern. — Claudio: Ich würde sagen du bist viel diszipli nierter. Das ist noch mehr zu deinen Gunsten. — Megi: Wir unterscheiden uns auch im Gestal tungsprozess. Ich mache häufig mehr Umwege und probier mehr aus. Ich entwickle viele Ideen und Konzepte im Machen. Claudio ist da viel mehr der Kopfmensch. — Claudio: Was eben sehr von Vorteil ist, weil sie zum Teil zu vollkommen blödsinnigen Ideen kommt. (Megi lacht) Also, ich habe ein sehr gutes Gedächtnis. Alles was ich mir anschaue, merke und vergleiche ich. Das funktioniert wie ein Referenzsystem. Und Megi ist völlig befreit von dem. Dementsprechend kommt dann eben auch viel freies Zeug. Es entstehen plötzlich Dinge, zu denen käme ich einfach nie. Und das ist sehr fruchtbar. Aber wiederum sieht sie manchmal nicht was dann eben auch so ver dammt geil daran ist. Das macht uns ja auch aus als Team. Deshalb ist auch letztlich für uns nicht so relevant, ob ich jetzt gut Schriften zeichnen kann und so weiter.
# 6
# 7
INSPIRATION
— Megi: Mein Lieblingsbuch5 haben wir auch mit Freunden gemacht. Nach langen Konzeptarbei ten sind wir für zwei Wochen nach Norwegen in die Ferien gefahren auf eine Insel und haben dort zu viert das Buch editiert. Was schätzt du an der Arbeit /Arbeitsweise von ihr / ihm besonders ? — Megi: Claudios Analysefähigkeit, ich schätze sie sehr, aber manchmal ist es auch hart und macht mich manchmal fertig. Dann denke ich oft: »Wieso sehe ich das denn nicht ?« Manch mal bin ich am Arbeiten und Claudio läuft per Zufall hinter mir durch und sagt, ja mach das doch so und dann ist es gleich super. Das hätte mir ja auch mal in den Sinn kommen können (lacht). Also wirklich, das zeigt einem dann
Bilder, denen wir ja eine gute Plattform bauen wollen. Bleibt ihr beide immer zusammen im Büro bis ein Projekt fertig ist ?
— Claudio: Ich bewundere Megis Unverfrorenheit einfach irgendwohin zu gehen, wo es sehr stei nig wird. Dass sie an Orte gelangt, wo ich ein fach weiß, ich komme da nicht hin. Ich bin ein bisschen eifersüchtig. Zum Glück geschieht es nicht so häufig, dass sie so geniale Einfälle hat (lacht).
— Megi: Es ist einfacher, wenn man am Schluss nicht alleine im Atelier sitzt, abends um zehn.
— Megi: Zu Beginn unserer Zusammenarbeit ist es mir ab und zu ehrlicherweise so gegangen, dass mich eben diese Analysefähigkeit, diese Geschwindigkeit schon arg unter Druck gesetzt hat. Es hat sicher damit zu tun, dass er schon länger selbstständig war. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit wirklich auch Entschei dungen gefällt hat und in meinem Werdegang war’s immer in einem relativ großen Team. Es waren Reflexionspartner da und letztendlich haben die Entscheidung natürlich auch meine Chefinnen damals gefällt. Selten lag die Ver antwortung nur auf meinen Schultern. Das ist jetzt natürlich, wenn man selbstständig arbeitet, mehr so.
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Verspürt ihr da auch eine gewisse Art von Druck ?
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— Claudio: So richtig von uns als Autoren gibt es keine Arbeiten, denn Autoren sind wir nie. Und weil wir so viele Jobs machen, haben wir eigent lich auch nie das Bedürfnis noch selbstinitiierte Projekte zu machen. Mit Freunden gibt es natür lich schon Projekte, zum Beispiel mit dem Künstler / Illustrator ² haben wir letztes Jahr ein Buch gemacht. Da sind wir natürlich auch emo tional viel intensiver involviert, fühlen uns viel leicht als Co-Autoren. Aber auf der anderen Seite bei Jules Beck ³ war die Arbeit auch sehr intensiv und das war ein klassisches Auftrags verhältnis. Der Prozess ist nicht immer deckungsgleich mit dem Endprodukt. Zum Beispiel bei einem Pla kat 4 das wir gemacht haben. Wir waren wütend über die Auftraggeber, aber jetzt im Nachhinein muss man sagen, sie haben uns genau an der richtigen Stelle immer wieder gepusht und das Plakat ist einfach viel besser, als wenn sie von Anfang an »Ja und Amen« gesagt hätten. Es war aufwühlend, aber das Produkt ist wirklich eines der besten Plakate, das wir je gemacht haben.
oftmals diese Begrenztheit, wenn man zu lange auf dem eigenen Material hockt. Darum ist die ser Austausch eben so fruchtbar.
Inspiriert ihr euch gegenseitig ? — Megi: Die Inspiration kommt häufig aus dem Alltag oder aus Büchern die wir anschauen oder aus Dingen die wir gesehen haben. — Claudio: Und eben aus dem Material, aus dem Thema das wir konkret beackern. Das ist ja das Schöne, dass man sich mit Themen ausei nandersetzen kann, die so vielfältig sind. Bei dem Buch über diesen ersten Schweizer Hoch gebirgsfotografen³, haben wir uns viele Alpinfo tografiebücher angeschaut. So konnten wir uns dem gegenüber positionieren und das ist eine Form der Inspiration. Hauptsächlich inspi riert aber das Material selbst, in diesem Fall die
Gibt es kuriose Dinge, die in einem Designbüro geschehen, welches von einem Pärchen betrieben wird ? Nennt ihr euch »Schatzi« oder ähnliches ? — Claudio: »Schnauz« sagen wir (lacht). Die Körperlichkeit ist auch nicht wirklich ein Thema. Vielleicht mal kurz eine Nackenmassage, wenn man hinter dem Anderen steht, aber das geschieht auch so beiläufig.
— Claudio: Aber manchmal ist es besser, wenn einer nach Hause geht und sich ein paar Stun den für sich nimmt. Aber wir kennen uns gut und wir pushen uns schon. Ich bin da wahr scheinlich noch unbarmherziger. Da ich finde, wenn etwas noch nicht an dem Punkt ist, wo es gut ist, dann sage ich das auch. Manchmal meint sie dann schon, es wäre ihr lieber, ich wäre ein bisschen zurückhaltender.
— Megi: Manchmal ist es lustig, weil nicht alle Kunden wissen, dass wir ein Paar sind. Manch mal wenn jemand von uns später kommt oder früher geht, dann verabschiedet man sich und küsst sich auch natürlich. In dem Moment merkt man, da ist jetzt eine Nähe, die der andere nicht erwartet hätte. Und das finde ich dann immer recht lustig.
Könnt ihr einen Unterschied bemerken zwischen euren Arbeiten jetzt und wie sie waren bevor ihr zusammen gearbeitet habt ?
Glaubst du, du könntest auch mit einem Gestalter zusammen sein, dessen Arbeit /Arbeitsweisen du nicht gut findest ?
— Megi: Für mich ist es ganz deutlich. Das hat mit den Verantwortlichkeiten zu tun. Wenn man angestellt ist, ist man gegenüber dem Arbeitge ber verpflichtet und der Bereich in dem man sich gestalterisch bewegen kann, war klar defi niert. Sobald wir selbst begonnen haben, war dieser Bereich wieder offen und so viel mög lich. Es war für mich ganz schwierig eine Hal tung dem gegenüber zu finden. Was will ich denn eigentlich ? Welchen Ausdruck und Qua lität will ich erreichen ? Ich musste das erstmal klären für mich. Ich habe mich auch am Anfang ein bisschen unterlegen gefühlt von Claudios selbstsicheren Art, weil er schon drei Jahre selbst ein Büro hatte und genau wusste, so und so nicht.
— Claudio: Auf längere Sicht nicht. Es ist unwei gerlich so, dass irgendwann die Frage kommt, wie findest du das ? Und was sag ich dann ? Scheiße ? Nein, das ist unfair. Wir finden ja dann keinen gemeinsamen Boden und Grafik ist so ein großer Teil meines Lebens. Ich müsste dann ja immer mild sein aus Gründen der Rücksicht, dies stelle ich mir unangenehm vor. — Megi: Ich glaube, ich könnte das schon trennen. Es wäre dem jeweiligen Partner auch klar, dass man vielleicht nicht auf dem gleichen Niveau spielt. Aber man kann ja trotzdem eine ähnliche Einstellung haben oder die selben Arbeiten gut finden und schafft es nur selbst nicht diese Qua lität umzusetzen. Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Gestaltern, die nicht zusammen sind, unterscheidet ? — Claudio: Wir reden auch im Bett über Gestaltung. Morgens wenn man aufwacht, kommt dann »wir müssen an das denken«. Auch wenn es nur administratives Zeug ist. Aber ob das jetzt unsere Arbeit auszeichnet, ob sich das visuell manifes tiert glaube ich eigentlich nicht.
IH
Megi & Cl audio
Welche Arbeit magst du von euch am liebsten ? Warum ?
Paar & Design
— Megi: Wir haben ja auch eine professionelle
IndeX
— Megi: Das ist immer lustig, wenn man sagt man arbeitet zusammen. Praktisch alle sagen, dass sie nie mit ihrem Lebenspartner zusammen arbeiten könnten. Aber das liegt natürlich auch daran, weil die meisten nicht den gleichen Job haben. Und wenn man es nicht ausprobiert hat, kann man auch nicht darüber Auskunft geben.
Junges, innovatives westliches Graphikdesign aus der Mitte Europas: Die Schweizer Gestalter Megi Zumstein (*1973) und Claudio Barandun (*1979) gründeten 2007 in Luzern ihr Büro für Gestaltung »Hi Visuelle Gestaltung«. Zahlreiche Plakate und buchgraphische Arbeiten entstanden für kulturelle Insti t utionen, ein weiteres Arbeitsfeld ist das Schriftdesign. Ihr Schaffen erhielt internationale Auszeichnungen.
— Claudio: Und ich wage die Behauptung – es wird sehr persönlich – wir haben weniger Sex, als Paare die nicht zusammen arbeiten.
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— Megi: Aber wir haben auch weniger Streit. Wir haben den Streit quasi professionalisiert. Bei uns gibt es natürlich auch das Kräftemessen schon noch, aber wirklich sehr viel weniger und meistens findet das an konkreten Problemen statt und es ist einfacher auszuhalten. Ich glaube auch einfach, dass wir eine hohe Diskussions kultur entwickelt haben.
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— Claudio: Eigentlich ist es ja vernünftig, dass wir ein Paar sind, sonst wären unsere jeweiligen Partner die ganze Zeit sauer. »Jetzt gehst du schon wieder arbeiten. Wir kommen zu kurz«. Wir selbst, wir sagen das ja auch.
Was unterscheidet euch denn von Paaren, die nicht zusammen arbeiten ?
3 U rs Kneu b ü hl, M ar ku s Sc h ü rpf:
Siehe: http://www.hi-web.ch/ Beschreibung: http://www.offenbach.de/offenbach/ themen/unterwegs-in-offenbach/ kultur/klingspor-museum/archiv-4/ article/hi.html
— Claudio: Auch im Privaten gehen wir Streitigkei ten wie ein Gestaltungsproblem an.
2 Lu c a Sch enar di: An Vogelhäusern mangelt es jedoch nicht
Jules Beck – Der erste Schweizer Hochgebirgsfotograf
IH
Megi & Cl audio
Beziehung zusammen, es ist ja nicht so, dass wir den ganzen Tag in Romantik schwelgen.
1 Hi visuelle Gestaltung Luzern
4 Fo r mlose M ö bel
Plakat für das Museum für Gestaltung Zürich Formlose Möbel, 2009
Megi & Cl audio
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5 Taiyo ono r ato u nd Nico Kr ebs: The Great Unreal, 2009
Interview mit The 1 Rodina
G estalterPa ar: Tere z a Ru llerová & V i t M u s i l Büro: t h e rod i na Stadt: Brü n n , CR
# 1
# 2
BASICS
Identity
How did the two of you meet ?
At the time that you first met, were you both working in design ?
— Tereza & Vit: We worked together on videos for theatre play, Shakespeare‘s tragedy Antony and Cleopatra. By brain mistake we put oursel ves into the roles of »Tony and Cleo«. And the real tragedy begin …
— Tereza & Vit: Yes and No. Vit was running gra phic design studio and 3D² rendering studio as one creative platform. Tereza was studying intermedia art and video art, doing VJing³ with her band.
How long have you been together/married ? — Tereza & Vit: 5 years, we will be married in May 2013.
How long have you been designing together ? — Tereza & Vit: Since we met, we started to colla borate. But we date birth of The Rodina from 2010 What made you decide to go into business together ?
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— Tereza & Vit: The first moment of our collabora tion made us satisfied. Since then we wanted to spend time together, work together, have dis cussion about everything and learn from each other. In the beginnings of our relationship we just called creative process that we «play», not «work». Did you set up your studio together ? — Tereza & Vit: Yes, because we both needed a design studio – new place for hot moments, because we got bored by average sex at home.
a n i d o R e Th
# 3
# 4
# 5
# 6
Equal
PRIVAT/Business
Allocation
INSPIRATION
Do you have any hierarchy in your company ?
Do you live and work together ?
— Tereza & Vit: Yes, both of us are bosses. We have a special theory: Vitek is a giant and Tereza is a dwarf, therefore dwarf must serve to giant and giant is grateful to dwarf.
— Tereza & Vit: We live together and work together. Office, we call that place, which is on same street we live. We share it together with our 3D friends.
How do you run a design-process ? Do you have a step-by-step order ?
How does each of you think your partner influences your practice, your style or anything else about how you design ?
Who is the leader ?
Do you live and work at the same place ?
— Tereza & Vit: Leader is the God of the Internet 4 – ubiquitous spirit of information flow.
— Tereza & Vit: No, but on the same street.
— Tereza & Vit: Depends on particular projects we do. Important part in design process is research and discussion about chosen concept. We divided our process in 3 parts: Documen tation, designing, presentation. The key is that we can do these parts in various order. So that‘s fun to document your results before designing.
Is it obvious at work that you’re a couple ?
How do your clients/colleagues treat you ?
How do you arrange and balance studio life and personal time ? — Tereza & Vit: Our life is one big dissolving of »studio« and »personal« time borders. There are no borders, during lunch we talk about work and life. We have friends, who sometimes became our clients. And we have clients, who sometimes became our friends.
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— Tereza & Vit: Yes, we are symbionts, someti mes parasites. If our client have question, needs good answer, that‘s why he / she asks both of us.
Do you ever collaborate ? Do you work together ?
— Tereza & Vit: Everybody see that, do not try to hide such things…
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— Tereza & Vit: Yes.
— Tereza & Vit: As symbionts we always collabo rate. We share bathroom4, do shopping and sports together, cook together and when tired, watch movies together. Sometimes we read about graphic design aloud and discuss that then. How do you manage your tasks ? Who’s doing what ? — Tereza & Vit: Acquisition, client talks, book-kee ping, getting ideas, research, designing all of this we do both. Vit does our financial arrange ments and Tereza does the printing manage ment.
Do you keep yourselves busy with your workprojects/issues in your free time ? — Tereza & Vit: Yes, for example this answers we are writing after midnight, lying in the bed, instead of having sex.
Do you support you each other ? — Tereza & Vit: We support each other and protect from success. Are you in competition with each other ? — Tereza & Vit: Yes, we compete, that’s principle of never get bored. Can you see a difference in your work between now and the time before you have been working together ? — Tereza & Vit: There are differences, Tereza was more in art, Vitek more in business. Now we are both interested in graphic design and research. Can you see a difference in your work between now and the time before you have been living together as a couple ? — Tereza & Vit: Working alone is so boring!
Are there any advantages or disadvantages ? Are you more efficient ? — Tereza & Vit: Self-restrain and compromise are also advantages for us. How do you handle disagreements at your office ? — Tereza & Vit: By fist fights.
a n i d o R e Th
Tere z a & V i t
Do you have any other colleagues ?
— Tereza & Vit: Yes we influence each other every time, that‘s like a never-ending full time job, never get stucked.
# 7
Index
Couple & DESIGN
1 T h e Rodina
2 Miss3 Architectural renderings. http://www.miss3.cz/
Are there any odd things that happen at a boyfriendgirlfriend / husband-wife design studio ? — Tereza & Vit: Love. How do you approach design-related decisions you make as a couple in your everyday life ? 3 VJ T ex a
— Tereza & Vit: In our everyday life we act as a consumers. We tend to push somebody else in doing such decisions, for example IKEA, McDonalds and American Apparel. For desig ning events we do are there our friends, Praoul and Deep Throat7.
http://vjtexa.tumblr.com/
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— Tereza & Vit: Yes, it‘s always better to get new points of view. Other values do not threaten us.
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Do you think you could have a relationship with any other designer without valuing his /her work/art ? 4 G od of t h e Inter net
Can you tell the difference between your design studio and others which aren’t run by a couple ? — Tereza & Vit: Sagmeister & Walsh7 and David & Victoria Beckham8 are still more sexy … Do you think there’s a difference between you and other couples who don’t run a business together ?
5 B at h r oom Video http://vimeo.com/59921796
— Tereza & Vit: Yes, they make each other bored by speaking about their jobs. Do you have any advice for future creative couples ?
a n i d o R e Th
Tere z a & V i t
— Tereza & Vit: Decide: Use contraception or have a baby!
The Rodina is a graphic design studio of intimacy, love and trust where individuals may escape the competition of dehumanizing forces in post-postmodern society. They enjoy working on the border of post-postmodern and postconceptual combining genres. They are working on the abolition of boundaries between art and design.»We do what we want. We do what you need.« Siehe: www.therodina.com
6 D eep T h r o u t http://deeeeeeeeeeeeeeeeeeeeepthr at.it/
7 Sagmeister & Walsh http://www.sagmeisterwalsh.com/
Interview mit 1 ilikebirds
8 David & Vic to ria B eckh am
Siehe:
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http://glambeckhams.blogspot.de/
Tere z a & V i t
G estalterPa ar: Su san n e K eh rer & An d ré G rög er Büro: i l i k ebi rd s Stadt: Ham bu rg , d e
# 1
# 2
Basis
Gemeinsamkeit
Wie habt ihr zwei euch kennengelernt ?
Seid ihr vor eurem Kennenlernen gestalterisch tätig gewesen ?
— Susanne: Wir kannten uns während der gesam ten Studienzeit nicht, obwohl wir zusammen studiert haben. Gesehen haben wir uns auch nie. Erst am Ende des Studiums, als wir das Diplom quasi schon hatten, haben wir uns ken nengelernt. Wie lange seid ihr schon zusammen ? — André: Seit unsere Diplomzeit. Das war Ende 2008. Also bald fünf Jahre.
— André: Ja, also das, was man an der FH so macht. Wie lange arbeitet bzw. gestaltet ihr schon zusammen ? — Susanne: Seit dem Jahr nach unserem Studium. André war als Freelancer tätig und ich an der Hochschule angestellt. Da fing es langsam an mit gemeinsamen Projekten. Vor drei Jahren, im Februar 2010 haben wir »ilikebirds« dann gegründet.
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Wie kam es zu der Entscheidung zusammen zu arbeiten ? — André: Wenn ich an Projekten gearbeitet habe, hat Susanne immer noch mal drüber geschaut. Mit der Zeit bekamen wir die ersten gemeinsa men Aufträge und merkten, dass es gut funktio niert. Daraufhin beschlossen wir uns gemeinsam selbstständig zu machen. Habt ihr zusammen das Unternehmen gegründet ? — Susanne & André: Ja.
sdribeki li
# 3
# 4
Gleichwertigkeit Privat/Beruf Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ?
Wohnt und arbeitet ihr zusammen ?
— Susanne: Nein, wir sind komplett gleichgestellt. Wir decken unterschiedliche Bereiche ab, auf die wir spezialisiert sind. Aber eine Hierarchie gibt es nicht.
— Susanne & André: Ja.
Wie gehen Kunden mit euch um ? — André: Bei Kundengesprächen handhaben wir es teilweise so, dass immer einer von uns der Ansprechpartner für das Projekt ist. Dadurch funktioniert die Kommunikation besser. Aber an den Projekten arbeiten wir dann zusammen. Selbst bei Illustrationsjobs übernimmt Susanne dann zum Beispiel das Layouten nachdem ich alles gezeichnet habe. Es gibt immer Zwischen besprechungen bei denen wir uns über Korrek turen unterhalten. So wandert das Projekt zwi schen uns hin und her, denn der Austausch untereinander ist uns sehr wichtig.
Wie ist es mit seinem Partner zusammen zu arbeiten ?
— Susanne: Nein, wir arbeiten und wohnen getrennt. Wir haben unsere Wohnung und das Büro, was beides bewusst nicht gerade um die Ecke gelegen ist. Wir finden die räumliche Distanz gut und haben dadurch auch die Mög lichkeit abends nach dem Arbeiten herunter zukommen bzw. uns morgens auf die Arbeit vorzubereiten.
— André: Wir sind uns sehr vertraut. Als Pärchen ist man das ja auch auf der Arbeit. Wir haben, denke ich, einen anderen Austausch und eine andere Arbeitsweise weil man den anderen sehr gut kennt. Anders als mit Bürokollegen zum Beispiel, bei denen man eher darauf ach tet wie ehrlich und direkt man miteinander umgeht und etwas vorsichtiger ist.
— André: Im Schnitt arbeiten wir ca. 10 Stunden pro Tag. Da schauen wir dann wenn sich alles um eine Stunde verschiebt, weil man später anfängt, dass man auch die Stunde länger arbei tet. Je nachdem, wann man Abgaben hat, kommt es auch schon mal vor, dass wir eine Nachtschicht machen. Aber eigentlich versu chen wir es so zu regeln, dass wir in einem gleichmässigen Rhythmus anfangen und auf hören. Es ist eine gewisse Übungssache und war auch nicht von Anfang an so.
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Wie arrangiert ihr Arbeits- und Privatleben ? Habt ihr feste Arbeitszeiten ?
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— André: Nein.Wir spielen immer mal mit dem Gedanken, ob wir in Zukunft Praktikanten anneh men, müssten dann aber überlegen wie wir es am besten mit unserer Arbeitsstruktur organi sieren. Da wir als Pärchen an allem zu zweit arbeiten und es ein sehr intensives Zusammen arbeiten ist, wäre es eine Umstellung für uns. Dazu müssten wir die Dinge etwas anders regeln. Es ist uns wichtig, dass sich der zukünftige Praktikant bei uns wohlfühlt.
Ist euer Arbeitsplatz auch euer Wohnplatz ?
Wie geht ihr mit Uneinigkeiten im Büro um ?
— Susanne: Man lernt ja auch sich besser zu struk turieren, wenn man merkt, dass es zu viel wird. Da sollte man dann etwas runterschalten. Beschäftigt ihr euch in der gemeinsamen Freizeit mit Design/der Firma ? Z.B. Symposien am Wochenende oder Museen im Urlaub ?
— André: Anfangs ist es sehr schwierig abzu schalten, aber auf Dauer ist es sehr hilfreich
sdribeki li
— Susanne: In unserer Freizeit gehen wir gerne ins Museum. Solche Themen interessieren uns auch privat. Man ist rund um die Uhr Gestalter und nimmt Sachen auf. Von daher findet die Trennung von Design nicht statt, von der Arbeit kann man sich allerdings schon lösen. Wir ver suchen z.B. am Wochenende nicht zu arbeiten und geben unseren Kunden keine privaten Handynummern. Beruflich sind wir nur unter unserer Büronummer zu erreichen.
Gibt es Vorteile ? Ist man effizienter ? — Susanne: Man hat die gleiche Grundeinstellung wie man Dinge haben möchte. Von daher ist man vielleicht manchmal effizienter bzw. schnel ler. Wir beide wissen ja ungefähr in welche Richtung es gehen soll. Aber wir sind auch selbst unsere größten Kritiker, daher kann sich das manchmal auch hinauszögern.
susanne & André
Habt ihr weitere Mitarbeiter ?
wenn man Privat und Beruf trennt. Da ist die Distanz zu unserem Büro von zu Hause aus sehr gut. Man ist dann zu Hause und schaut, dass man nicht mehr mit der Arbeit zu tun hat.
— André: Wir streiten jetzt nicht unbedingt, es ist eher eine Diskussion. Eine angeregte (lacht). Es ist ja normal, dass man diesen Austausch immer hat. Ich finde es ja auch gut, gerade wenn man zusammenarbeitet, muss der Eine dem Anderen auch mal erklären worum es geht. Und währenddessen denkt man ja auch noch mal darüber nach, wie man das erklärt und was eigentlich der Inhalt davon ist. Dieser Aus tausch bringt einen schon viel weiter, als wenn man irgendwo alleine ist und das dann zu Ende bringt und sich gar nicht bewusst darüber ist, was man gerade gemacht hat. Deswegen ist es immer gut, wenn man zusammen kommt und diese Unterhaltung hat.
Gerade bei diesen Diskussionen, habt ihr da eine strikte Trennung zwischen Beruf und Privatem ? — André: Ja. — Susanne: Dadurch, dass das ja keine Streits, sondern eher Diskussionen sind mit unter schiedlichen Meinungen, kommt das halt mal auf den Tisch. Aber es ist nicht so, dass wir tagelang nicht miteinander reden. — André: Es sind ja auch gestalterische Fragen. Wir werden dann nicht privat.
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# 6
Aufgabenteilung — André: Es ist so, dass wir erstmal getrennt von einander sitzen und uns Sachen dazu überle gen, danach kommen wir zusammen und tau schen uns aus. Anschließend formt sich langsam diese Idee. Später ist es wieder so, dass wir darüber nachdenken und im Anschluß wie der zusammentreffen. Und in diesem Zyklus bildet sich die Idee bzw. das Projekt nach und nach. Irgendwann geht es um die Umsetzung und dann teilen wir die Bereiche auf, wobei da dann auch alles wieder hin und her geschoben wird. Es ist jetzt keine klare Struktur, das ist erstmal der Prozess den wir haben, um Ideen zu finden.
— Susanne: Eigentlich sind wir immer zusammen und machen auch alles zusammen fertig. Gera de wenn es um Abgaben geht und es mal eine Nachtschicht wird, sind wir beide bis zum Ende dabei. Dieses Zusammenarbeiten funktioniert sehr gut.
Welche Arbeit magst du von euch am liebsten ? Warum ? — Susanne: Jedes Projekt hat so seine Besonder heiten, da wir auch noch, sagen wir mal ein »junges« Büro sind, lernt man ja auch noch viel. Man entwickelt sich weiter, also jedes ist sehr individuell und persönlich.
Und bei Vorträgen, wenn ihr bestimmen müsst, was ihr sagt ? — André: Also es ist nicht so, dass wir einen Plan machen wer was wie lange erzählt. Es ist eher situationsabhängig. Wir beide kennen die Inhalte und erzählen wie wir gerade Lust haben. Wenn jemand nicht mehr reden will, übernimmt der Andere. Das läuft ineinander über.
Was schätzt du an der Arbeit /Arbeitsweise von ihr / ihm besonders ? — Susanne: Ich schätze André als Person sehr und auch die Art wie er arbeitet. Außerdem behält er immer den Überblick und ist so auch in stressigen Momenten der Ruhepol, wenn ich eher emotional handle.
Gab es schon Momente, in denen ihr euch gedacht habt »Hätte ich lieber alleine gearbeitet« ? — Susanne: An das alleine Arbeiten habe ich noch nie gedacht. Ich ziehe meinen Hut vor allen, die das alleine machen. Ich finde, man braucht die Nähe zu der Person mit der man zusam men arbeitet, da die Selbstständigkeit auch oft schwierige Seiten hat. Da ist es schön, wenn man jemanden bei sich hat, der nachvollziehen kann was gerade los ist und man sich gegen seitig unterstützt.
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Wie viel eurer Arbeit macht ihr zusammen ?
— André: Bei den Workshops entwickeln wir nur die Idee und Aufgabe zusammen, danach läuft es getrennt.
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Wie laufen Arbeits-/ Designprozesse bei euch ab ?
INSPIRATION
Zwei Projekte, die ihr schon länger betreut sind »Ich liebe dich wie Apfelmus«2 oder »The Beardshop«3. Sind das Projekte bei denen die Zusammenarbeit zwischen euch sehr gut klappt oder liegt es am Kunden, dass ihr diese schon über einen längeren Zeitraum begleitet ?
Wie ist die Aufgabenverteilung bei euch geregelt ? Wer macht was ? — Susanne: André ist mehr in der Illustration aus gebildet. Ich eher in der Typografie und im Editorial-Bereich. Die Grenzen verschwimmen bei uns aber sehr stark, da wir alles zusammen erarbeiten und jeder seinen Teil dazu beiträgt. Von daher ist es eher schlecht die Vorgänge zu trennen.
— André: Was allerdings meist schwieriger ist, sind unsere eigenen Projekte wie z.B. die Webseite. Man ist sehr selbstkritisch und des halb dauert es oft sehr lange bis man die Arbeiten veröffentlicht.
sdribeki li
— Susanne: Nein, das teilen wir auch komplett auf. Wir treten auch nicht ständig als Pärchen auf, sondern lösen uns zum Beispiel bei den Workshops voneinander. Da geht der eine in die Richtung, der Andere in eine andere Richtung mit den Teilnehmern. Man findet sich dann aber auch wieder. Es ist nicht so, dass wir alles zusammen machen müssen.
— Susanne: Es liegt in erster Linie daran, dass uns die Projekte Spaß machen und wir Lust darauf haben. Eine gute Zusammenarbeit mit dem Kunden ist die Basis für ein Projekt. Man muss sich gegenseitig vertrauen und viel miteinander kommunizieren.
susanne & André
Ihr gebt ja auch Workshops oder haltet Vorträge. Wie teilt ihr euch da auf ? Wer übernimmt beispiels weise die Rednerrolle, wer ist eher bei den Teilnehmern ? Gibt es da Unterschiede ?
— André: Ich finde es super, dass Susanne so zügig und effizient arbeitet. Wenn sie weiß in welche Richtung es geht, gestaltet sie sehr zügig und bei einem hohen Arbeitstempo sehr präzise. Besonders bei der Ideenfindung und Konzeption schätze ich Susannes Arbeit.
— Susanne: Ich glaube das ist bei allen Gestal tern so.
Wie geht ihr bei euren eigenen Projekten vor ? Glaubt ihr, die Tatsache dass ihr ein Paar seid, wirkt unterschwellig mit ? — André: Ich weiß nicht, ob man es den Arbeiten ansieht. Es ist eigentlich eher ein zusammen fügen unserer unterschiedlichen Fähigkeiten. Das war auch der Grund warum wir uns gegrün det haben. Gerade durch unsere Unterschiede in der Gestaltung entstehen diese Ergebnisse. Ohne Susanne würde ich gewisse Dinge ganz anders bzw. gar nicht machen. Wüsstest du da ein Beispiel ? — André: Alleine arbeitet man immer anders als zu zweit. Gewisse Projekte kann man nur als Büro umsetzen. Im Bereich Detailtypografie und Editorial, bin ich nicht so erfahren wie Susanne. — Susanne: Zusammenarbeiten ist eine Symbiose zweier, anfangs unterschiedlicher, Stile. Es dauert eine Weile bis man eine gemeinsame Sprache gefunden hat. Treibt ihr euch gegenseitig zum Erfolg an ? — Susanne: Ich denke schon. Dadurch, dass wir uns Kritik und Meinungen sehr offen sagen können, ist die Kommunikation sehr direkt, wodurch wir uns schneller weiterentwickeln kön nen.
# 7
Index
PAAR & DESIGN
— André: So wie im Bademantel zur Arbeit ? Nein, es ist relativ normal, würde ich sagen. Wie geht ihr mit Design-relevanten Entscheidungen als Paar im Alltagsleben um ? Z. B. bei der Wohnungseinrichtung. — Susanne: Also, das ist wie bei anderen Paaren auch, man hat eine Grundeinstellung was man mag und was man nicht mag und in vielen Din gen übereinstimmen wir. Als Designer hat man vielleicht Vorlieben für Designprodukte, die andere nicht haben, aber sonst ist alles gleich.
— Susanne: Arbeits- und Wohnbereich trennen, das ist ganz wichtig. — André: Ich finde auch, man sollte nicht in Konkur renz stehen. Alles sollte gleichberechtigt sein. — Susanne: Das man immer Respekt voreinander hat. — André: Die ehrliche Meinung finde ich wichtig. Das man sich gut unterhalten kann. Das der Andere weiß, dass diese Ehrlichkeit besteht. Das man keine Angst haben muss den Ande ren zu verletzen, wenn man berufliche Kritik äußert. Und man muss wissen, dass man viel Zeit miteinander verbringt.
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Glaubst du, du könntest auch mit einem Gestalter zusammen sein, dessen Arbeit /Arbeitsweisen du nicht gut findest ?
Habt ihr irgendwelche Tipps für zukünftige Gestalter-Paare ?
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Gibt es kuriose Dinge, die in einem Designbüro geschehen, welches von einem Pärchen betrieben wird ?
— André: Ich suche mir meine Freundin in erster Linie nicht danach aus, was sie für eine Gestalte rin ist. Da zählen für mich eher private und menschliche Faktoren, die mir wichtiger sind.
Katalog 2011
Siehe: www.ilikebirds.de
2 Ich liebe dich wie apfelm u S S Katalog 2013, Poster, Einladungskarte Seit 2010 widmet sich diese Ausstellungsreihe Künstlerinnen und Künstlern verschiedener psychatrischer Institutionen, die unter dem Motto »Poesie und Illustration« ihr Arbeiten präsentieren.
— Susanne: Der Respekt für die Arbeit des Anderen ist eine Grundvorraus setzung für das Zusammenarbeiten. Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Paaren, die nicht zusammen arbeiten, unterscheidet ?
sdribeki li
susanne & André
— Susanne: Ich glaube, der einzige Unterschied ist, dass wir sehr viel Zeit miteinander verbrin gen. Sonst sehe ich da keine Unterschiede. — André: Ich glaube bei Paaren die nicht zusam men arbeiten und nicht beide Designer sind, kann es vorkommen, dass das Verständnis für die Arbeitsweise nicht so groß ist. Als Designer macht man auch mal gerne Überstunden oder bleibt auch nach dem Arbeiten mit den Gedan ken in Prozessen stecken. Solche Vorgänge können vielleicht nicht alle Partner nachvollziehen.
1 ilikebir ds ilikebirds sind Susanne Kehrer und André Gröger in Hamburg. Die ehemaligen Mainzer Studenten sind zusammen ein kleines Büro für vorwiegend Printprodukte wie zum Beispiel Bücher, Magazine, Poster, Geschäftsausstattungen oder Illustrationen. Hierbei dient ihnen ihr Büro auch als Werkplatz, um in ihren eigenen Strukturen frei zu experimentieren und sich auf Eigeninterpretationen einzulassen. Zu ihren Kunden zählen Institutionen aus dem kulturellen und öffentlichen Bereich, sowie junge Unternehmen und Magazine mit jungem Publikum wie z.B. für die Neon oder Zeit Campus. Susanne und André geben auch Workshops und halten Vorträge oder organisieren diese. Wie das selbstinizierte Designfestival � The Joy of Graphic Design 2012 in Hamburg. Hierfür und auch generell holen sich die zwei auch gerne mal Unterstützung von befreundeten Designern, Fotografen, Künstler, Programmierer mit ins Boot.
Katalog 2010
Interview mit hug & 1 Eberlein
4 Joy of G r aphic D esign 2012 Programmheft, Poster, Website »The Joy of Graphic Design« ist ein Festival in Hamburg, das sich zur Aufgabe gemacht hat, die örtliche Designszene zu vernetzen und zeitgenösssisches Grafikdesign in der Stadt in den
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3 T h e B ear d Sh op Identity, Ausstellungsgestaltung, Poster, Flyer, Banner, Beschriftung.
susanne & André
Fokus zu legen.
G estalterPa ar: N i na H ug & Stephan Eberle i n Büro: H ug & Eberle i n Stadt: Le i pz ig , DE
# 1
# 2
BASIS
Identität
Wie habt ihr zwei euch denn kennen gelernt ?
Wie lange arbeitet bzw. gestaltet ihr schon zusam men hier in Leipzig ?
— Stephan: In Halle. An der Kunsthochschule Burg Giebichtenstein.
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— Nina: 2003 war das Jahr vor meinem Diplom in Basel und ich wollte noch ein Austauschsemester an einer anderen Hochschule machen. Halle hat mich auf Anhieb fasziniert. Als Schweizerin im Osten! Das war ein kleiner Kulturschock für mich, sehr spannend. Es fand auch gerade ein Wechsel der Professoren statt. Herr Brade² ist gegangen und Frau Berkenbusch³ kam, was alles sehr unkoordiniert machte. Ich wusste nicht wann das Semester genau los geht und wann es Kurse gab. Stephan war zu dieser Zeit viel vor Ort. Im ersten Kurs bei Frau Berkenbusch haben wir zusammen gearbeitet. Wir haben uns beim Arbeiten kennengelernt. — Stephan: Wir hatten ein Gemeinschaftsatelier für das Kommunikationsdesign. Eine Fabriketage, jeder hatte einen großen Arbeitstisch und drum herum war noch viel Platz, eine Sitzecke und Teeküche hinten. Wir konnten rund um die Uhr arbeiten, das war sehr luxuriös. Es gab auch Leute, die dort übernachtet haben (lachen). Das Kon zept war Arbeiten und Leben. Wie lange seid ihr schon zusammen ? — Stephan: Wir sind in dem Jahr im Dezember zusammen gekommen. Vor fast 10 Jahren. — Nina: Ich war insgesamt ein Jahr in Halle. Im September 2004 sind wir zusammen nach Basel gegangen. Dann bin ich an der HGK ins Diplomjahr gekommen und Stephan hat in Basel ein Praktikum gemacht.
n i e l r e Eb & g u H
— Stephan: Mein Praktikum ging schlussendlich ein Jahr und danach bin ich zurück nach Halle, um mein Diplom zu machen. Nina hat zu dem Zeitpunkt schon in Basel gearbeitet. Nach meinem Diplom im Sommer 2006 bin ich wieder zurück in die Schweiz und habe dort ein Jahr in zwei verschiedenen Grafikbüros gear beitet.
— Nina: Seit 2007. — Stephan: Nach einer gewissen Zeit als ange stellte Grafiker hatten wir immer mehr den Wunsch, uns selbstständig zu machen, ver bunden mit einer konkreten Ortsvorstellung: Leipzig. — Nina: Ich konnte es mir nicht so richtig vorstellen, mich in der Schweiz selbständig zu machen. Als jemand der anfängt mit etwas Neuem, hatte ich das Gefühl, ich muss dafür an einen neuen Ort. Und wir fanden es für uns beide gut, einen Ort zu wählen, der für beide neu ist. Wir wollten neutralen Boden. Hinzu kam, dass im September 2007 eine Mitar beiterstelle an der Kunsthochschule in Halle frei wurde. Ich habe dann diese Stelle bekom men und in den ersten zwei Jahren war ich sozusagen mit einem Bein noch in Halle. Dann habe ich die Stelle aber wieder aufgegeben, um mich auf die gemeinsame Arbeit in unserem Büro zu konzentrieren. Zu dem Zeitpunkt ward ihr schon selbstständig als Hug & Eberlein ? — Stephan: Ich hatte einen Existenzgründer zuschuss beantragt, Nina hatte die Stelle, das war ein guter Start. Hattet ihr vorher schon Erfahrung mit Zusammenarbeit ? — Stephan: Wir haben viel im Studium zusammen gearbeitet. Das war eine sehr intensive Zeit. Wir haben im Sommersemester 2004 die Kom munikationsmittel für die Jahresausstellung der Kunsthochschule Burg Giebichtenstein ge staltet. Dazu noch ein Magazin. — Nina: Wir haben nicht nur zusammen entworfen, sondern auch umgesetzt, reingezeichnet und Absprachen mit der Druckerei gehalten. Das war rückblickend ein gemeinsames Probeprojekt.
# 3
# 4
GLEICHWERTIGKEIT
PRIVAT & BERUF
Habt ihr zusammen das Unternehmen gegründet ?
Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ?
— Nina: Ja. Es war klar, dass wir uns gemeinsam selbstständig machen wollen.
— Stephan: Hierarchie ist ein schwieriges Wort. Klar führen wir diesen Laden. Und im Zweifel liegen allerletzte Entscheidungen bei uns, aber sonst entscheidet jeder natürlich entsprechend seiner Kompetenzen.
Wohnt und arbeitet ihr zusammen ? Ist euer Arbeits platz auch euer Wohnplatz ?
— Nina: … wunderbarerweise wirklich direkt über die Straße. Wir sind inzwischen zweimal umge zogen. Privat und auch geschäftlich. Das ist unser dritter Raum in Leipzig. Durch die Kinder fällt es uns aber nicht mehr schwer loszulassen. Wenn die da sind, sind wir so-fort in einem anderen Film.
Habt ihr weitere Mitarbeiter ? — Nina: Ja, seit 2010 arbeitet Wolfgang Schwärzler bei uns.
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— Nina: Inzwischen haben wir zwei Kinder. Zu dem Zeitpunkt, als unser erster Sohn, Lovis, auf die Welt kam, haben wir gemerkt, dass wir im Büro Hilfe brauchen.
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Wie kam es zu der Entscheidung noch jemanden Drittes einzustellen ?
— Stephan: Ich muss dazu sagen, dass wir die Kinder zwei, drei halbe Tage die Woche betreu en lassen, die restliche Zeit aber selber be treuen. Dadurch waren wir auch lange Zeit – jetzt wieder ein bisschen mehr – kaum gleichzeitig im Büro.
Gab es Bedenken noch jemanden Außenstehenden mit in eure Zusammenarbeit reinzuholen ?
Wie arrangiert ihr Arbeits- und Privatleben ? Habt ihr je Feierabend ?
— Nina: Wir hatten und haben regelmäßig Prakti kant / innen, auch schon bevor Wolfgang kam. Das war und ist immer eine große Bereicherung. Wolfgang, zum Beispiel, hat ein enormes Wissen über Schriften und ist ein wunderbarer Schrift gestalter. Damit ergänzt er uns hervorragend. Wir schätzen die Zusammenarbeit mit ihm sehr.
— Stephan: Wie gesagt, die Kinder verhelfen uns schon zu genügend arbeitsfreier Zeit. Wir schaffen es allerdings tagsüber nicht immer, uns zu besprechen oder alles zu erledigen. In sehr dichten Zeiten, hängen wir abends noch was dran. — Nina: Oder wir machen am Abend Skype-Konferenzen mit Kunden, die auch Kinder haben. Das ist dann nicht Feierabend. Aber sobald unsere Kinder größer sind und wir beide wieder mehr miteinander tagsüber im Büro sind, würde ich versuchen, das zu vermeiden. Es ist schon ein Kraftakt zu sagen: Kinder im Bett, kurz durch atmen, und sich dann noch mal richtig zu kon zentrieren.
Wenden sich Kunden mit einem Anliegen an euch beide oder werden Unterschiede vorgenommen ? — Stephan: Für die Kunden sind wir beide präsent und ansprechbar.
n i e l r e Eb & g u H
— Nina: Es gibt natürlich auch Ausnahmen: Wenn es wichtig ist, Schweizerdeutsch zu sprechen (lachen), dann habe ich den ersten Kontakt und dann ist es oft sinnvoll, diesen weiter zu führen. Oder es gab neulich ein Buchprojekt für eine Künstlerin, da war schnell klar: dass es sinnvoll ist, wenn einer die Gespräche führt. Ich habe zwar Stephan und Wolfgang mit einbezogen aber die Kommunikation und Arbeit lag bei mir. Stephan wiederum hat in den letzten Jahren die Arbeit für DOK Leipzig betreut.
N i na & Stephan
— Stephan: Es gab natürlich einige Bedenken, die uns von außen angetragen wurden. Beispiels weise, dass das Verschmelzen von Privat- und Berufsleben heikel sein kann. Davon haben wir uns aber zum Glück nicht abschrecken las sen. Man kann es auch nicht wissen, man muss seine Erfahrungen machen und einen Weg fin den. Entweder es funktioniert oder man muss etwas ändern.
— Stephan: Nein, aber wir wohnen jetzt wieder recht nah an unserem Atelier.
Ist euren Kunden bewusst, dass ihr ein Paar seid ? — Nina: Ich glaube es ist allen Kunden, die wir mome ntan haben, bewusst. Wir haben das nie explizit vorher gesagt, das hat sich dann meistens im Gepräch ergeben.
Beschäftigt ihr euch in der gemeinsamen Freizeit mit Design /der Firma ? Zum Beispiel mit Museen und Symposien ? — Nina: Im Moment ist es tatsächlich so, dass wir uns gerne mal wieder in Ruhe eine Ausstel lung anschauen würden (lachen). — Stephan: Früher haben wir das häufig gemacht und ich finde das nach wie vor toll. Es inspiriert und ist für mich Erholung. Schaut ihr euch auch Symposion oder Vortrags reihen an ? Bedeutet das Arbeit oder Freizeit für euch ? — Nina: Ich merke bei all diesen Fragen, dass für mich alles zusammen hängt. Das ist mein Leben. Ich besuche einen Vortrag aus Interesse und dieses Interesse ist privat und auch beruf lich. — Stephan: Geht mir genauso. Aber zur Zeit fahren wir gerade nicht auf Symposien (lacht). Trettet ihr dem Kunde beim ersten Kontakt immer zusammen entgegen ? — Stephan: Das ist schon unser Konzept, wir haben auch eine gemeinsame Email-Adresse. Wir checken beide die Mails und es beant wortet halt derjenige die Mails, der sich gerade verantwortlich fühlt. Es kann manchmal dazu führen, dass man auf eine Antwort etwas warten muss, wenn es nicht so wichtig ist (lachen).
# 5
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AUFGABENTEILUNG INSPIRATION
— Nina: Das wiederum hilft uns beiden, weil Ste phan oft Ideen prüft, die ich von vornherein ausgeschlossen hätte, die aber inhaltlich gut sind.
— Nina: Bis Anfang 2010. — Stephan: Wir haben beschlossen, dass wir pri vate und berufliche Räumlichkeiten trennen und als klar war, dass wir ein Kind bekommen sind wir umgezogen.
— Stephan: Ja. Da denke ich spontan, an das EinarSchleef-Plakat, zur Ausstellung Einar Schleef – Der Maler 4. Das war nicht nur unsere Zusam menarbeit, die intensiv und toll war, sondern auch die Zusammenarbeit mit Michael Freitag, dem Kurator der Ausstellung. Er war unglaub lich offen und hat uns in unseren Ideen und Vorschlägen unterstützt. Der Künstler Einar Schleef war ein Universalgenie und als Mensch so spannend, dass wir gemerkt haben, wir müssen ihn auch anhand seiner Biografie und seiner Tagebucheinträge vorstellen. — Nina: Es war klar: wir können nicht einfach eine Zeichnung oder ein Gemälde als Plakatmotiv nehmen. Die »Textplakate« waren mutig. Sie haben die Leute in ihrem eigenen Leben abge holt. Das ganze Projekt war für uns eine wichtige Arbeit. Im Nachhinein betrachtet hat uns das in viele andere Zusammenarbeiten den Einstieg ermöglicht. Wir konnten hier zeigen, wie wir denken.
Erkennst du eine Veränderung in deinen Arbeiten/ deiner Arbeitsweise seit ihr zusammen arbeitet ? — Nina: Ich hatte früher das Gefühl, ich weiß besser wie es geht. Und seit ich verstanden habe, dass es besser geht, wenn wir zu zweit arbeiten, gehts noch viel besser (lachen). Wie kam dieser Wendepunkt ?
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— Stephan: Erst ab einer gewissen Phase ist es wirklich sinnvoll zu sagen, wir setzen uns zu zweit vor einen Rechner. Der eine hat die Maus in der Hand und der Andere guckt über die Schulter (lacht) Es ist nicht schlecht, wenn Einer nah dran ist und der Andere ein bisschen Abstand hat. Ganz pauschal und metaphorisch gesprochen. Dann sind wir wirklich schnell. Nina ist in der formalen Umsetzung schneller und stärker. Ich brauche länger, um zu einer formalen Entsprechung einer Idee zu kommen.
Wie lange ging das, diese Phase ?
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— Nina: So richtig geregelt ist das nicht, aber es gibt bei jedem von uns Schwerpunkte. Stephan ist derjenige, der ein Projekt inhaltlich schneller und gründlicher erfasst, ich bringe die formale Seite. Zu Beginn entwerfen wir beide unabhängig voneinander und setzen uns dann mit den ersten Entwürfen zusammen. Dann wer den die Entwürfe gemeinsam besprochen und konkretisiert.
Gibt es eine Arbeit von euch beiden, die ihr beson ders schätzt, weil eure Zusammenarbeit so gut funktioniert hat ?
— Stephan: Eine familiäre Arbeitsatmosphäre würde ich sagen. Das ist zwar nicht kurios, aber besonders. — Nina: Das ist eine Frage, die wir Wolfgang stellen sollten. Was schätzt du an der Arbeit von ihr / ihm besonders ? — Stephan: Die Schweizer generell haben eine sehr freundliche Art und Weise miteinander umzugehen, auch Mails zu schreiben. Nina hat eine gute Art im Umgang mit Kunden. Sie hängt noch zwei freundliche Worte dran oder schafft erstmal einen beruhigenden Einstieg in die Email. — Nina: Ich schätze an Stephan unter anderem seine Beharrlichkeit.
— Stephan: Wenn Entwürfe oder Druckdaten fertig werden müssen, dann muss schon einer sagen, abends oder wann auch immer, so jetzt, setzen wir uns noch mal hin.
— Stephan: Ein Teil dieses Plakatsystems wurde in verschiedenen Ausstellungen gezeigt und war 2008 bei den 100 besten Plakaten dabei.
Wie ist es mit seinem Partner zusammen zu arbeiten ? Gibt es Vorteile ? Ist man effizienter ?
Wie sieht so eine intensive Zeit aus, wenn ihr an einem Projekt arbeitet ?
— Stephan: Wir sind mittlerweile eingespielt in vielen Abläufen, ob das damit zu tun hat, dass wir ein Paar sind, weiß ich gar nicht.
— Nina: Aufstehen, arbeiten, reden, organisieren, aufteilen, ordnen, prüfen, schicken, spät schlafen gehen. Zwischendurch mal was essen. Das sind diese typischen, intensiven Projektzeiten, die kennt glaube ich jeder.
n i e l r e Eb & g u H
— Stephan: Diese Phase damals war zusätzlich intensiv, weil wir noch in einem Wohnatelier waren. Als Einstieg war das gut. Aber wir hatten Tag und Nacht und am Wochenende immer diese Arbeitsaura um uns. Wir konnten die Arbeit zwar wegräumen, aber das reichte trotzdem nicht. Uns wurde klar, dass wir da etwas ändern wollen.
— Nina: Naja, ich fand das dann irgendwann sehr arrogant von mir. Und man kommt auch nicht weiter, wenn man zu zweit alleine arbeiten will.
Gibt es kuriose Dinge, die in einem von-einemLiebespaar-betriebenen Büro passieren ?
Fördert ihr euch auch gegenseitig ? Treibt ihr euch gegenseitig an ?
N i na & Stephan
Wie sind Designprozesse bei euch geregelt ?
PAAR & DESIGN
— Nina: Für mich gibt es viele Vorteile. Ich könnte als junge Mutter nicht so leicht und so schnell beruflich wieder einsteigen und so flexibel arbei ten. Wir sitzen im selben Boot. Wir leben in meinen Augen eine fortschrittliche Form der Gleichwürdigkeit im Privaten wie auch im Beruf lichen. Das ist unser großer Luxus.
1 H u g & Eberlein
Interview mit 1 The Gaabs
4 Einar Sc hleef
Hug und Eberlein wurde 2007 von Nina Hug und Stephan Eberlein gegründet. Das Grafikstudio realisiert Projekte in allen Bereichen der visuellen Kommu nikation. Schwerpunkt ist die Arbeit für Institutionen und Unternehmen aus den Bereichen Kultur, Kunst, Film, Architektur, Design und Wissenschaft in Deutschland und in der Schweiz. Siehe: http://www.hug-eberlein.com/
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2 Nikolau s Br ade
Siehe: http://www.hug-eberlein.com/ arbeiten/visuelle_identitaeten/ ausstellung_einar_schleef_der_maler
Fotograf
5 Lu dovic B alland
Siehe: http://nikolausbrade.de/
3 Anna B er kenb u sc h
Anna Berkenbusch ist Professorin für Kommunikationsdesign an der Hochschule für Kunst und Design, Halle. Siehe: http://annabdesign.de/ http://www.burg-halle.de/design/ kommunikationsdesign/personen/ profil/p/anna-berken
Siehe http://www.ludovic-balland.ch/
N i na & Stephan
IndeX
G estalterPa ar: c h r i st i an e Börd n er & M arcu s G a ab Büro: Th e G a abs Stadt: Berl i n , DE
# 1
# 2
BASIS
IDENTITÄT
Wie habt ihr zwei euch kennengelernt ?
Wann habt ihr euer gemeinsames Unternehmen gegründet ?
— Marcus: In Essen an der Uni im Kommunikati onsdesign-Studium. — Christiane: An unserer Erstsemester-Party. Ganz, ganz, klassisch. — Marcus: Mehr Klischee geht kaum (lacht). Wie lange seid ihr schon zusammen oder verheiratet ? — Christiane: Seit dieser Party. Das war 1993, also seit 20 Jahren. Verheiratet sind wir nicht.
— Marcus: Ja. Offiziell haben wir uns hier in Berlin 2000 gegründet. — Christiane: Also, 2000 haben wir eine richtige GmbH gegründet, aber seit 1996 arbeiten wir zusammen. Da waren wir noch eine GbR. Das war eher ein loser Zusammenschluss aus Leu ten, die miteinander Geschäfte gemacht haben. Wie lange arbeitet ihr schon zusammen ?
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— Christiane: Seit unserem Studium, welches bis zum Grundstudium ging. Danach, im Haupt studium, haben wir sofort mit unserer Firma an- gefangen. Das kam so, da wir durch Zufall an einen Job in Italien geraten sind. Das ging aber auch schon im Hauptstudium los. Das heißt nach fünf Semestern hatten wir eigentlich schon einen Kunden und haben seitdem miteinander gearbeitet. Darüber ging auch unser Diplom. — Marcus: Wir hatten eigentlich eine ganz andere Idee für unsere Abschlussarbeit, da ist uns aber ein Sponsor abgesprungen und das Pro jekt leider geplatzt. So haben wir kurzfristig doch das Projekt mit dem italienischen Kunden gemacht. Allerdings waren wir dann viel expe rimenteller und stärker auf das Konzept und den Theorieanteil fokussiert, so dass wir noch die darauffolgenden zwei Jahre daran gearbeitet haben. Habt ihr vor diesem Kunden im Studium schon zusammen gearbeitet ? Und wie habt ihr gemerkt, dass die Zusammenarbeit funktioniert ?
s b a a G e Th
— Christiane: Nein, dass hat mit diesem Job angefangen. Vorher hab ich gedacht, dass ich mit dem Typ auf keinen Fall arbeiten kann. Er hatte ja nie einen Stift dabei. »Hast’e mal ’n Stift ?«. Er ging mir voll auf die Nerven (lacht). Und dann haben wir diesen Job zusammen angefangen und haben gemerkt, dass wir perfekt sind füreinander. Auch zum Zusammenarbei ten. Wir sind perfekt! (lacht) — Marcus: Es hat wirklich gut funktioniert. Wir waren bei dem Projekt auch zu dritt. Einen
# 3
GLEICHWERTIGKEIT
— Christiane: Wir haben das Konzept zusammen entwickelt, er hat fotografiert und ich hab die Layouts gemacht und so ist es ja auch heute eigentlich noch. Dadurch kommen wir uns eigentlich nicht wirklich ins Gehege.
Wie zeigt sich das ?
— Marcus: Christiane und ich sind die Chefs. Das ist klar. Jeder hat auch mehr oder weniger seine eigenen Mitarbeiter. Aber zwischen Christiane und mir gibt es keine Hierarchie. Jeder darf sich überall einmischen. Aber wir verzichten auch gerne darauf, in alle technischen Angelegen heiten des Anderen involviert zu sein. Es gibt natürlich Schnittmengen wo man sich mal streitet, wie aufgeräumt es hier ist oder wie viel Geld irgendetwas kostet. Also, ganz normale Diskussionen. Da muss man sich einfach einigen und es ist ja auch ein gutes Regulativ.
— Marcus: Wir haben eine eigene PR-Agentur für uns gebucht und machen das auch aktiv. In Berlin ist die Tatsache, dass wir ein Paar sind, auch klar, weil die Leute uns kennen und wir das auch auf unserer Homepage kommunizieren. Es laufen auch mal unsere Kinder durch das Bild, das pushen wir aber nicht. Ich würde das nicht inszenieren wollen oder die Familien karten ausspielen. Ich finde aber auch die Idee Familienbetrieb nichts besonderes, das ist voll kommen normal. Ich sage auch gerne »Metzgerei Gaab« (lacht). Habt ihr auch schon mal nur alleine gearbeitet ?
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— Christiane: Für uns sind die Momente, in denen wir nicht gemeinsam entscheiden, eigentlich eher eine Entlastung.
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Was genau hat denn gut funktioniert ?
Gibt es in eurem Unternehmen eine Hierarchie ?
Ihr habt einige Mitarbeiter. Habt ihr schon früh beschlossen, dass ihr diese bei Euch haben wollt ? — Christiane: Ich glaube das beschließt man nicht wirklich. — Marcus: Die braucht man einfach. — Christiane: Wir waren mal um die zwanzig Leute, aber wir haben gemerkt, dass es wichtig ist, dass wir persönlich involviert sind und dass man auch nicht wirklich mehr Geld verdient. Man managt eigentlich nur noch und mir macht gestalten ja auch noch sehr viel Spaß.
Woran lag das ?
— Marcus: Man muss aber auch abgeben können. Gerade wenn es um Spezialisten geht passiert viel extern. Beispielsweise machen wir momen tan viel Video und Film, aber auch erst seit ca. einem Jahr. Wissen eure Kunden, dass ihr ein Paar seid ? — Marcus: Ja, inzwischen heißen wir auch »The Gaabs« und es ist auch kein Geheimnis, dass wir ein Paar sind.
s b a a G e Th
— Christiane: Nein, wir verkaufen das auch mittler weile. Wir haben gemerkt, dass wir zusammen eine andere Glaubwürdigkeit ausstrahlen und dass es gut ankommt.
— Marcus: Als unser Sohn Aaron auf die Welt kam und als es mit der Fotografie losging, da haben wir so ein paar Sachen alleine gemacht, aber Fotografie ist ja auch Auftragsarbeit. — Christiane: Als es mit »I love you« ² anfing, habe ich das Konzept und die erste Ausgabe mehr oder weniger alleine gemacht. Das war in unse rer Beziehung eigentlich eine ganz schwere Stunde.
chr ist i ane & Marcus
Kameramann, der für die Videos verantwortlich war und wir zwei. Dann gab es noch einen Programmierer, der sehr wichtig war, weil es ein Multimedia-Projekt war. Also, Christiane und ich haben das Projekt schon zusammen gemacht, aber es gibt ja immer tausend Leute die noch etwas dazu beitragen.
— Christiane: Das hatte mit der Tatsache zu tun, dass wir als Paar eigentlich immer alles in der Balance hatten. Irgendwann wurde die Fotografie aber viel stärker als die Grafik und ich habe dann auch noch ein zweites Kind gekriegt, da habe ich mich plötzlich im Schatten gefühlt. Ich habe zwar genauso Anteil an aller Arbeit gehabt, aber Marcus’ Namen als Fotograf war vorne immer drauf und ich hatte das Gefühl, dass ich ein bisschen die Schattenfigur darstelle. Es gab auch einen Auslösermoment, wo dann noch jemand meinte, »sie ist die gute Seele« oder so etwas. Ich habe einen Meisterschülerin-Abschluß, ich bin hier nicht irgendwie die »Produktions-Ische«, das war ein Zeichen für mich, dass etwas nicht mehr stimmt und aus der Balance gekommen war. Das habe ich für mich so empfunden, Marcus hat das nie so gesehen. Es war für mich aber wichtig auch meinen Namen zu sehen
und mich als Art Director klar aufzustellen. Ich wollte schon immer total gerne ein Magazin machen und unser zweites Kind war geboren, ich war einigermaßen wieder zurück im Job und dann habe ich angefangen dieses Konzept zu entwickeln. Für Marcus war das ein bisschen komisch. Als Fotograf selber ein eigenes Magazin zu veröf fentlichen, dass könnte ja so aussehen, als hät te er keine Aufträge und müsste sich selber ins Spiel bringen. Aber für mich war diese Phase ganz wichtig. Wir hatten deswegen auch wirk lich eine richtige Krise. Die hat sich aber dann irgendwann in Wohlgefallen aufgelöst. Daran hätte auch unsere Beziehung zerbrechen können oder die Firma. Es stand wirklich alles auf der Kippe. Das können viele Leute überhaupt nicht nachvollziehen, weil es jetzt ja auch ein erfolgreiches Projekt ist. Für mich war das wirk lich ein »ich bin ich« und »du bist du«-Kampf. Für Marcus eher nicht, weil es da nichts zu kämpfen gab.
# 4
# 5
PRIVAT & BERUF
Gibt es denn sonst eine Trennung von Privatem und Beruf bei euch ? — Christiane: Also, vielleicht würde ich hier im Büro jetzt nicht ausgiebig knutschen oder so. Das fände ich unangenehm (lacht). Wie ist es mit seinem Partner zusammen zu arbeiten ? Gibt es Vorteile ?Ist man effizienter ?
— Marcus: Um auf die Effizienz zu kommen: Was für uns generell sehr hilfreich war und was wir auch gemacht haben, ist, dass wir mal eine
— Marcus: Wir machen auch die aktive Recher che am Projekt nicht wirklich selber. Wir sind viel unterwegs und bringen viel mit, nehmen viel auf, sehen viel, kriegen viel Abgleich und diskutieren auch viel miteinander und mit Anderen. Pro Projekt kriegen wir die Recherche präsentiert und sitzen dann mit der Projekt gruppe zusammen und reden. Dann wird geguckt was am Besten passt und dann entschieden was gemacht wird.
— Christiane: Eigentlich macht jeder sein Ding kom plett unabhängig. In manchen Sachen muss ich gar nicht gefragt werden, weil es mich nicht so richtig interessiert. Bei ihm ist es umge kehrt auch so. Es gibt einfach eine klare Arbeits teilung. Die ganze Art Direction und Grafik design ist einfach mein Teil und Fotografie ist sein Teil. Das heißt jeder ist involviert bei dem Anderen, aber man muss nicht überall dabei seien.
Wie geht ihr mit Uneinigkeiten im Büro um ? — Christiane: Es gab schon mal wirklich einen Punkt in der Phase von »I love you«, an dem Mitarbeiter sich bei uns beschwert haben. Sie empfanden Marcus und meine Streitkultur als nicht mehr erträglich. Wir haben uns manchmal aber auch einfach gegenseitig angeschrien und eine ganz andere Kommunikationsebene gezeigt. Wir kennen uns natürlich auch ganz anders und gehen auch anders miteinander um. Mittlerweile ist aber alles wieder total entspannt. — Marcus: Ja, mittlerweile sind wir über diesen Punkt längst hinaus. Einige unserer festen Leute sind schon lange da und es ist ein sehr lockerer Umgang bei uns geworden ist.
— Christiane: Da wir einen ordentlichen Durchlauf an Konzepten haben, die entwickelt werden müssen, ist es schon sehr anstrengend perma nent auf Abruf Ideen zu haben. Die fallen einem ja nicht auf den Kopf. Arbeitet ihr auch zusammen ?
— Marcus: Alles was »Gaabs« betrifft machen wir zusammen. Aber bei Fotojobs trete ich eher alleine auf, da sonst die Kunden Angst haben, dass sie so viele Leute und somit auch zuviel bezahlen müssen. Wer hier im Büro konzeptionell involviert ist, wissen die ja nicht.
s b a a G e Th
— Christiane: Wenn ich die Frage jetzt speziell auf das »I love you« Magazine anwende, dann hat es auf jeden Fall Vorteile. Früher haben wir immer gedacht es ist ein Nachteil. Als Art Director musst du ja auch andere Fotografen im Portfolio haben, ich habe aber nur den einen. Mittlerweile bin ich echt entspannt und sehe ein fach, welchen Vorteil wir gegenüber Anderen haben, weil wir im Paket verkaufen können und dadurch natürlich andere Preise für Kunden aufrufen können. Wir müssen keinen externen Fotografen buchen, wir liefern das Gesamtpaket und versuchen das auch so zu kommunizieren.
— Christiane: Die Ideenentwicklung machen wir meistens gemeinsam im Teamwork. Es kommt immer drauf an, wie Zeit da ist. Wir haben ja auch Mitarbeiter hier.
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— Christiane: Für unsere Kinder ist es bestimmt auch krass, weil wir beide so eine Einheit sind. Wir sind ja quasi immer zusammen und reden auch permanent über die Arbeit und über unsere Vision. Wir sind ja auch beide besessen von dem was wir hier machen. Ich glaube man kann den Privatmenschen nicht von einem Geschäfts menschen trennen.
— Christiane: Das empfand ich als sehr hilfreich. Man denkt ja gerne, man kann alles oder muss alles können. Zum Beispiel, dass man Kunden akquirieren können muss, wenn man eine Agen tur aufmacht und so weiter. Das ist aber totaler Bullshit. Man sollte sich natürlich so aufstellen, dass jeder das was er am besten kann, auch effizient nutzt. So haben wir für uns rauskristallisiert was eigentlich die Stärken jedes Einzelnen sind und die soll er bitte einbringen. Und nicht dass jeder alles machen muss. Das ist nicht effizient. So gehen wir mittlerweile auch an unser priva tes Familienleben ran. Mir macht das über haupt nichts aus die Spülmaschine auszuräumen oder die Wäsche zu waschen. Marcus findet es total furchtbar und bevor wir diskutieren, dass wir uns da abwechseln, soll er doch einfach was machen, was er besser kann und dann gibt es einfach eine Aufteilung.
Wie laufen Arbeits-/Designprozesse bei euch ab ?
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— Marcus: Nein, wir wohnen nicht hier. Das liegt auch an den Kindern und dass man wenigs tens räumlich Abstand nehmen kann. Aber ganz ehrlich, ich hör dann ja nicht auf. Ich habe am Wochenende eigentlich immer einen Laptop dabei. Wir haben viel mit Amerika zu tun, des wegen nehme ich abends, wenn ich hier raus gehe, immer noch mal was mit, weil das einfach zeitverschiebungstechnisch so ist. Wir sitzen auch sonntags morgens manchmal mit einem Kaffee im Bett und besprechen gerade irgend was geschäftliches.
Unternehmensberatung hatten. Wir haben einen Freund von uns gebucht, der Unternehmens berater ist und mit dem hatten wir richtige Work shops.
chr ist i ane & Marcus
Wohnt und arbeitet ihr zusammen ?
AUFGABENTEILUNG
–
Christiane: Ich bin aber auch froh bei allem wo ich mich raushalten kann. Jeder von uns hat so viel um die Ohren, da entspannst du eher, wenn du nicht dabei sein musst.
— Marcus: Unsere Aufgabengebiete haben wir auch nie wirklich groß in Frage gestellt.
Eigentlich macht jeder von uns das, was er auch studiert hat. Vielleicht wussten wir einfach beide schon sehr früh und jeder für sich was er machen will. Auch schon bevor wir uns kennen gelernt haben. Und im Kontakt mit Kunden ? Wer übernimmt diesen ? — Marcus: Ja, ich bin immer der Erste und der Letzte der mit irgendjemandem redet. Ich bin tendenziell der, der den Kontakt zu bestimm ten Kunden hält oder ich bin der, der Termine macht. Ich mache die Türen auf, aber sobald ein Projekt erst richtig losgeht, sprechen die Leu te lieber mit Christiane. — Christiane: Ich bin dann mehr oder weniger dafür zuständig, dass das Ding auch gemacht wird, also dass es umgesetzt wird. Das ist auch beruf lich bedingt. Als Grafiker oder als Art Director bist du an einem Projekt immer viel länger dran als ein Fotograf. — Marcus: Wenn wir die Leute zum ersten Mal treffen, versuchen wir aber gemeinsam aufzu treten. Wir haben eine lustige Routine entwi ckelt. Wir sind zu zweit irgendwie immer ver trauenswürdiger als einer, ich weiß nicht was da für eine Psychologie dahinter steckt, aber das sind einfach unsere Erfahrungswerte.
# 6
INSPIRATION Was denkst du, inspiriert oder beeinflusst ihr euch gegenseitig in eurer gestalterischen Arbeit ?
— Marcus: Immer das Letzte. »Vitra Workspirit« ³ war das letzte Große, was wir gemacht haben. Es war brutal anstrengend, aber es hat auch gut geklappt.
— Marcus: Wir beeinflussen uns, da wir sehr ehrlich miteinander sind. Wenn ich was nicht gut finde, dann sage ich das auch. Und umgekehrt. Das ist dann auch nicht irgendwie: »Oh Schatz, dass hast du aber schon mal schöner gemacht«. Auch wenn der Andere dann vielleicht im ersten Moment zickig reagiert, wird die Kritik ange nommen.
Was ist das Besondere an diesen Projekten ? — Marcus: Das Grenzenüberwinden. Ich finde gerade beim Gestalten muss man das machen, damit man vorwärts kommt, man hat ja auch kein Risiko. Wir sind ja keine Gehirnchirurgen und gefährden niemanden mit evtl. Risiken. Wir gehen gemeinsam in eine Richtung, wo wir vorher noch nicht waren und dann wird es spannend.
Steht ihr in Konkurrenz miteinander ? — Marcus: Ich würde das jetzt nicht komplett ver neinen. Ein bisschen vielleicht. — Christiane: Konkurrenz in sofern, wer mehr Umsatz macht. Es geht nicht um kreative Kon kurrenz, dafür machen wir zu unterschiedliche Sachen. Aber mich fuchst das schon oft, dass die Fotografie einfach viel mehr Umsatz macht (lacht). Manchmal, wenn Marcus’ Job mehr Wert ist als mein Job, obwohl mein Job doch viel länger dauert. — Marcus: Es macht ja auch Spaß, wenn man
— Christiane: Glaub ich auch nicht. Wie soll das gehen ? Stell dir vor, du hättest ein Freund, der ist Künstler und du müsstest mit dem immer auf seine Vernissage gehen und dir sind die Bil der furchtbar peinlich. Das geht doch gar nicht. Ich glaube als Gestalter hat man grundsätzlich einen ganz großen Vorbehalt gegenüber ande ren Gestaltern. Aber gut, wenn man sich aber eine hammer Frau vorstellt mit soooo Brüsten… (lacht). — Marcus: Ich könnt Leute ja schon nicht attraktiv finden, wenn sie die falschen Schuhe anhaben (lacht). Ich glaub das geht nicht. Das ist ja ein gewisser Ausdruck deiner selbst. Also zumindest auf dem Level, auf dem wir alle studieren oder arbeiten. Ich glaub auch das »Hübsch-Hässlich-Spiel« ist eine Kommunikationsebene, die man findet oder nicht. Da gibt es ganz viele Varianten, die heißen Interessant-Uninteressant, Verstörend oder nicht. »Sexy« ist ja auch so ein Wort. Sexy ist es ja auch nur dann, wenn man was nicht begreift oder es einen überfordert. Dann gibt es ja auch einen gewissen Grad an Inter esse oder Attraktivität. Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Designbüros unterscheidet ?
s b a a G e Th
— Christiane: Ich glaube die Befriedigung am Ende ist natürlich am größten, wenn die meiste Angst drinsteckt. Unser Professor hat immer mal gesagt: »Und, hat es wehgetan ?«. Er war immer der Meinung, dass wenn es richtig weh tut, ist es besonders gut. Ich glaube auch die Energie, die man in ein Projekt hineinsteckt in irgen deiner Form, kommt auch wieder heraus und wird auch sichtbar.
— Marcus: Nein, dass glaub ich, könnte ich nicht.
chr ist i ane & Marcus
— Marcus: Das ist unser Reisemagazin. Auf die Reisen kommen die Kinder auch mit. Dann muss unser Sohn halt das Mikrofon halten. Die haben auch nicht immer Bock drauf, dafür kom men sie aber rum. Und das lieben sie.
— Christiane: Ich glaube, da sind wir mittlerweile in diesem Büro komplett ehrlich. Dafür kennen wir uns alle auch schon sehr lange. Zur Inspiration, die findet bei mir auch nicht immer nur im Gestalterischen statt. So dass man sagt: »Oh! Wow! Da hast du so ein schönes Foto gemacht, da flipp ich aus!« (lacht). Es kann auch manchmal nur das Verhalten oder die Denk weise sein. Es gibt schon ein paar Sachen, wo ich beim Marcus einfach denke, das kann ich so nicht. Einerseits bin ich total dankbar, dass er das macht, aber ich bin auf der anderen Seite auch total inspiriert von seiner Angstfreiheit, die ich vielleicht gar nicht habe. Wenn man am Anfang vielleicht denkt, wir pas sen eigentlich gar nicht zusammen oder wir können eigentlich gar nicht zusammen arbeiten und dann irgendwann merkt, dass genau das, uns perfekt für einander macht, das treibt mich schon voran. Weil der Andere einem quasi einen Spiegel vorhält und mitzieht, ihn aus seiner Komfort-Zone herausführt und man sich so gegenseitig vorantreibt.
Glaubst du, du könntest auch mit einem Gestalter zusammen sein, dessen Arbeit/Arbeitsweisen du nicht gut findest ?
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— Christiane: Ich finde auch das NymphenburgProjekt ziemlich gut. Wir waren eine Woche im Nymphenburger Schloss in München, weil wir gerade für Nymphenburg Porzellan 4 eine neue Webseite und einen komplett neuen Auftritt ihrer Marke erstellen und wir haben uns vorge nommen in 4 Tagen 50 Motive zu schießen. Das haben wir auch mehr oder weniger hinge kriegt. Ich hätte nie gedacht, dass wir das schaffen. Aber wir waren unglaublich! Da war eine Energie da, die war einfach super. Das Projekt ist noch nicht fertig und es ist noch nichts online, aber es war wirklich super. Dann mag ich noch unser Familien-Projekt »Endless«5. Das ist schon ziemlich gut.
einen gewissen Wettbewerb hat. Und ich ver diene ja sowieso mehr Geld (lachen). Wir bil den aber keine ernste Konkurrenz. Ich wüsste auch nicht warum, es gehört uns ja beiden alles.
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Welche Arbeit magst du von ihr/ihm/euch am liebsten ? Warum ?
— Christiane: Ich glaube als Paar haben wir den Vorteil, dass wir viel schneller Entscheidungen fällen können. Erstens müssen wir gar nicht auf die Entscheidung des Anderen warten und zwei tens haben wir das absolute Vertrauen des Anderen. Das gibt es bestimmt auch bei anderen Gruppierungen, aber ich glaube, wenn es dann nachher am Ende wieder um das Geld geht, kann
es schwierig sein. Sagen wir, der Eine kriegt grad ein zweites Kind und der andere Partner ist Single. Einer braucht wegen seiner höheren Ausgaben eine Gehaltserhöhung und der Andere vielleicht eben nicht. Solche Dinge, gibt es bei uns nicht. Wir sind ja eine Familie, die Lebensumstände sind in einem gewissen Punkt immer gleich. Oder wenn wir morgens zusammen zur Arbeit fahren und unsere Tochter zur Schule bringen, dann holen wir uns meistens noch einen Kaffee. Das ist für uns ein kleiner Moment zum Relaxen bevor wir hier hochgehen. Dann sitzen wir gerne mal noch kurz im Auto und diskutieren irgendwas aus. Für uns sind das quasi Geschäftsführer-Meetings im Auto. Und wenn wir hier reinkommen, sind die eigentlich schon abgehakt. Das ist auf jeden Fall ein Unterschied und macht uns vielleicht auch schneller. Aber vielleicht sind wir auch träge in anderen Sachen. Das kann ich aber nicht beurteilen. — Marcus: Wir sind viel miteinander unterwegs, kommt jetzt auch noch dazu. Wir sind super viel auf Reisen, mit den Kindern oder ohne. Und da gibt es immer genug Gelegenheiten einfach Sachen zu klären. Das geht einfach sehr orga nisch im Tagesplan unter. Wir haben eigentlich keine Trennung von Arbeits- und Privatleben in dem Sinn, dass es Regeln gibt. Allerdings haben unsere Kinder von alleine eine Regel einge führt, die interessiert unsere Arbeit nämlich nur peripher und die können wir damit nicht nerven. Die brauchen auch ihre Aufmerksamkeit und damit fällt tendenziell der Hammer. Das muss aber auch einfach so sein, weil Familien so funktionieren. Wir arbeiten auch sehr selten an Wochenenden. Glaubt ihr, dass euch etwas von anderen Paaren unterscheidet, die nicht zusammen arbeiten ? — Christiane: Ich glaub wir haben viel miteinander zu reden. — Marcus: Dieses »Schatz wie war dein Tag ?«, gibt es bei uns nicht. Dann schaltet man eigent lich schon wieder ab. Das ist, glaub ich, ein großer Unterschied. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen mit jemanden zusammen zu
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IndeX
Paare & Design — Christiane: Delegieren ist toll. Immer, wenn du dich nicht einigen kannst, dann ist es immer gut dafür zu sorgen, es entweder bleiben zu las sen oder es anders zu machen oder abzuge ben. Oder herauszufinden, wo liegen die Stär ken des Einzelnen und dann aufteilen.
3 W O R KSPIRIT
http://www.thegaabs.com/
2 I love yo u M agazine
s b a a G e Th
— Christiane: Was wir auch gelernt haben, bei den Unternehmensberatern oder überhaupt für uns, sich Ziele zu setzen. Die Ziele können ja gemeinsam sein, für das Unternehmen oder die Agentur, aber auch für jeden persönlich. Also, mir ist es immer wichtig sich immer wieder abzufragen: »Ist es das was ich will ? Und komme ich dem Ziel näher ?« oder »Was ist unser großes Ziel vielleicht ?« und sich gar nicht im Kleinen zu verzetteln. Die Ziele müssen relativ gut präsent sein und in dem Moment, wo du das klar auf einem Blatt Papier hast oder klar ausgesprochen hast, wirst du dich auf den Weg begeben. Und die Wahr scheinlichkeit ist recht groß, dass du auch irgend wann ankommst. Das ist das Geile daran. Wenn du dann zwischendurch merkst, dass will ich ja gar nicht mehr, dann kannst du es neu definieren.
Siehe:
innovative and the articles are authentic. Refreshingly liberated, with a touch of quirk, I love you places the woman above all.
3 01
— Marcus: Was ich auch glaube, was hilft, ist sich bewusst zu sein, dass es nie komplett gleich berechtigt oder gleichwertig funktioniert. Christi ane redet gerade mehr als ich und es ist ok für mich. Einer verdient mehr Geld als der Ande re oder Einer hat grad mehr zu melden als der Andere oder Einer hat mehr Meinung, Einer hat es grad besser gemacht. Das wird immer so sein und es ist in Ordnung! Die Harmonie geht nie soweit, dass das immer gleich verteilt ist. Aber das wirklich spannende ist, wie es hin und her springt. Wenn man immer wieder zulässt, dass Einer gerade im Vorteil ist oder mehr macht. Menschen sind einfach nicht gleich. Und das sollte man auch gar nicht probieren.
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— Christiane: Ich glaube auch wenn wir nicht zusammenarbeiten, würden wir uns ja nie sehen. Und trotzdem haben wir unfassbar viel miteinander zu reden. Wir reden ja eigentlich die ganze Zeit.
Habt ihr irgendwelche Tipps für zukünftige Gestalter-Paare ?
chr ist i ane & Marcus
sein, der was ganz anderes macht. Ich kann mir nicht vorstellen wie das funktioniert.
1 T H E G A AB S THE GAABS is an award winning creative house founded on a long-grown global network by art director Christiane Bördner and photographer/director Marcus Gaab. Focusing on lifestyle, luxury, and media industries they design content and communication strategies that stand out in a saturated marketplace. We belief in the client and consumer’s appreciation for fresh visual approaches and discerning editorial content. As a result of this conviction, lines of communication are opened, creating valuable dialogues that endure beyond the last page of a magazine or image on a website.
With an appreciation for innovative fashion, photography, and design, the magazine intro duces women who value their intelligence as much as their style to everything from latest handbag to rock ‘n’ rollers, politicians, and artists to watch. Fashion shoots are
With a focus on the future of the work, Workspirit has been published by renowned Swiss design firm Vitra every two years since 1988 to mark the occasion of the Orgatec fair in Cologne, Germany. When we were approached by Vitra for a revamp of Workspirit, we undertook the challenge with enthusiasm, realizing their desire to communicate Vitra’s rich history of producing timeless furniture, as well as their decades long collaborations with artists, designers and architects. After an in-depth tour of the Vitra Campus at Weil am Rhein, including the various manufacturing
Interview mit 1 Ps.2
of nature, culture, design and photography, but also includes honest accounts connecting to the extraordinary people and places we’ve seen. The editorial concept of Endless draws on the very real experiences of the «Trip Family» on their travels around the globe. Unlike traditional travel magazines, Endless focuses on a handful of locations or regions. Honest reporting is paired with local traditions and insights. Packed with original photographs of locations far-flung and right next-door, Endless is brimming with riveting travelogues, spectacular visuals, and candid coverage supplemented by design, luxury and product features alongside travel news.
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processes, we sat down with staff from Vitra to familiarize ourselves with what Vitra has done and where they were headed. Back in our own office scrutinized recent studies in furniture design and the future of the office. This researchbased approach is characteristic of THE GAABS’ methodology and resulted in the lavish 180 page Workspirit introducing not only Vitra’s latest projects, but also their collaborators, values and passions in German and English language editions. Workspirit features news around the future of work environments as well as interviews with designers incl. Barber & Osgerby, the Bouroullec brothers, a feature by Hella Jongerius and interviews with architect Pierre de Meuron and interior designer Sevil Peach and artists like Thomas Demand and Ingacio Uriarte. 4 Ny mp h enb u r g P o r zellan Siehe: http://www.nymphenburg.com/de/ nymphenburg/schloss-nymphenburg. html
Endless is a new travel publication which is based on our own personal traveling adventures as the «Trip family». For years we’ve been roused by our own journeys and regaled in the stories our friends brought back from their travels. With Endless, we endeavored to created an inspiring travel publication that conveys not only an appreciation
chr ist i ane & Marcus
5 EN DLES S
G estalterPa ar: Fl áv i a N alo n & Fábio Pr ata Büro: Ps . 2 arq u i te t u r a + d es ig n Stadt: Sao Pau lo, Br a
# 1
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BASICS
COMMON GROUND
How did the two of you meet ?
At the time that you first met, were you both working in design ?
— Flavia: We studied together at the university, but were not friends nor worked on a project together for those 6 years. After graduation I started working for a designer that was our teacher, and Fábio was working there already. It was just the two of us so we became really close. Then we started taking freelance projects to work on after hours and on weekends. After a while we left that studio and ps.2 was born. How long have you been together /married ? — Fabio & Flavia: Together for 10 years, and married for 7.
— Fabio & Flavia: No, when we first met, we were both studying to become architects. How long have you been designing together ? — Fabio & Flavia: For over 10 years. What made you decide to go into business together ? — Fabio & Flavia: We had no business plan what soever. We just wanted to do things our own way and we had the opportunity to share a studio with an architecture team. So we just decided to give it a try.
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Did you set up your studio together ? — Fabio & Flavia: We brought our computers, printed visit cards with our names on and bought a Pantone colour set. That’s when we started to call it a studio.
2 .SP
# 3
# 4
# 5
EQUAL
PRIVAT & BUSINESS
Do you have any hierarchy in your company ? Are you the head of the office ?
Do you live and work together ?
How do you handle disagreements at your office ?
— Fabio & Flavia: No, we have an apartment to live and a studio to work.
— Fabio & Flavia: It is personal and intensive for both of us, and of course we disagree some times. It may take days of argumentation until we finally come to consent. Also the disagree ment is an important part of the process to make the work even better. But of course, because we are so intimate, others might see our discus sions as pretty hot sometimes.
Do you have any other colleagues ? — Fabio & Flavia: Yes, there are other designers working with us at the studio. At the beginning it was just the two of us, then the two of us plus an intern, then two interns, then two interns plus a designer … things got a bit bigger over time. ps.2 is currently composed by the two of us plus two designers, one designer/program mer and an intern.
How do you arrange and balance studio life and personal time ? Do you have a strict separation ? For example: Do you have another working-desk at home ? — Fabio & Flavia: We do have computers at home so we can work there when we have to. But now that we have a son, we are trying to sepa rate things better and being more strict with our working schedule, so we can have more per sonal time and spend more time with him. We are also doing everything we can to spare us from working on weekends, which used to be pretty common.
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— Fabio & Flavia: We both share the same hierar chy position and when it comes to a conflict between us we call the team to give their opini ons. Working with graphic design means that you are not creating things for yourself, you are producing for the client. Therefore it is very important to listen to other people’s views and know when you have to give up on your perso nal view.
— Fabio & Flavia: Yes.
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Who is the leader ?
Is it obvious at work that you’re a couple ?
Do you keep yourselves busy with your workprojects/issues in your free time ? — Fabio & Flavia: Yes, for us it is quite inevitab le but as mentioned before, we have been try ing hard to change that and talk about studio projects after working hours only if there is some critical issue to solve.
— Fabio & Flavia: We are very interested on design related activities in our free time, like visiting art exhibitions or going to book fairs.
— Fabio & Flavia: The advantage is that we have the opportunity to discuss a job anytime we feel like. Many jobs were solved over dinner, for example. And exactly that can be seen as a dis advantage as well: we end up working full time.
— Flavia: First of all we try to get a really good understanding of the subject we are dealing with. It is very important for us to have a clear picture of the core questions involved on the project so that we know were to keep the focus, what cannot be misunderstand, and what can be left out. Our projects are developed collaboratively. Therefore, the creative process is a mixture of the different individual styles of the people who work with us. As art directors, however, we try to push people in the studio to think both conceptually and artistically. We don’t think the se two approaches exclude each other but the opposite: graphical experimentations can lead us to interesting concepts that in turn bring up new visual elements and vice-versa. In regard to our references, we like to keep an eye on what is going on in the international design scene but also on what is going on at São Paulo, where we live. The city is a microcosm of the country, there are people from everywhere, thousands of events happening at the same time, art exhibitions, music concerts, lectures. We believe we are very much influenced by São Paulo mixed and crazy culture.
— Fabio: In our case we are partners of the studio. In regard to creation the contribution is really 50% – 50%. We always discuss the job together and keep exchanging ideas about how we could approach the question until one of us have the insight that will solve the job. So it is really not fair to say that Flávia or I did a certain job, because ones ideas came from the others inputs. No work we have produced would be so good if done alone by one or the other. We are stronger as two.
Do you keep yourselves busy with design in general in your free time ?
How is working with your boy- or girlfriend/husband or wife ?
How do you run a design-process ? Do you have a step-by-step order ?
How big is the contribution to the work you do together ?
2 .SP
Fl áv i a & Fábio
— Fábio: Yes, there is a simple hierarchy. Flávia and I are the senior designers and art directors, what means that we have the final word. When a job is assigned to one of the designers that work at the studio, they have to convince us of their ideas and propositions. But our task is not to say «that is good» or «that is bad» but to discuss, talk, raise questions that could help developing the job. We always feel co-responsible for the jobs the designers are working on. Designers and interns have pretty much the same tasks, just the responsibility is different.
ALLOCATION
# 6
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INSPIRATION Are you in competition with each other ? — Fabio & Flavia: No. Can you see a difference in your work between now and the time before you have been working together ?
— Flavia: I love the way he thinks. I’m always impressed with his ability to see a different aspect of the matter. He has a strong artistic background and studied philosophy as well, and both these features reflect on his approach and on the work he produces. If I had to pick pieces of work that reflects those, my favourites would be the material for the 8th edition of FILE ² or the Poster for São Paulo ³.
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— Fábio: «November Poster Year 2»4 created for Peligro Records. The poster shows the ability Flávia has to incorporate elements of the brazili an popular culture into her designs. The poster for the party is composed by a collection of stamped stickers featuring prostitutes services commonly found in public telephones in the city of São Paulo. The sticker announcing the party is part of the composition, inducing the audience to read the originals. It is a poster with a very interesting concept and a strong visual result.
— Fabio & Flavia: I believe our work would have become totally different if we had never started working together. And we always feel other people opinion about our work quite important to improve. Not just our own but also of team members and colleagues.
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— Flavia: We both do everything. When it comes to a job the separation is usually by project and not by task. But I deal better with the finan cial part than Fábio, so I get this extra work.
Is there a piece of his/her work, which you like most ? Why ? What do you appreciate about his/her way of working ?
How does each of you think your partner influences your practice, your style or anything else about how you design ?
How do you approach design-related decisions you make as a couple in your everyday life ? — Fabio & Flavia: Decorating our apartment was very natural and easy to do as a designers couple, we have pretty much the same taste when it comes to interior design. And the last personal thing we designed and produced was Lucas birth announcement: we printed purple rockets in our Risograph and made bad ges to distribute as a gift to family and friends. Do you think you could have a relationship with any other designer without valuing his/her work/art ? — Fabio & Flavia: No. Do you think your personality resemble each other ?
— Fabio & Flavia: There is no doubt that a studio run by a couple is very efficient in regard to decis ion making. We save a lot of time on discussions because we already know what is the other partners position about a certain question. But I would say the greatest issue is about the per sonal commitment to the business. It is inevitable that on a graphic design studio people will have to work over regular times and even on weekends, will have to cancel private appointments and so on. Besides that, a creative task is not necessarily solved in the 8 hours you spend at the studio. It requires a lot of self motivation and how you measure each ones commitment could be a big issue among studios run by non-couple partners.
— Fábio: We learn a lot watching each other’s ways of creating. I used to think more conceptually before starting to sketch the works, but since we started working together I started trying the other around, to start sketching more freely and try to develop concepts from it.
— Fabio & Flavia: No, we both found our ways to design before we actually met.
— Fabio & Flavia: For the first three years, before we got married, we lived at different places, but were almost full time at the studio and wor king on weekends, so it was pretty intense already and I don’t see a clear difference before and after that. I would say the work just natu rally matured over time.
— Fabio & Flavia: We try to avoid dealing with personal issues in front of the team, like menti oning a doctor appointment or a problem with the nanny, but sometimes it is inevitable.
Can you tell the difference between your design studio and others which aren’t run by a couple ?
— Flavia: It goes beyond style. He is always pushing me further, stimulating me to take the most out of a job.
Does either of you influence the other in his/her choice of discipline ?
Can you see a difference in your work between now and the time before you have been living together as a couple ?
Are there any odd things that happen at a boyfriendgirlfriend/husband-wife design studio ?
— Fabio & Flavia: We have very different persona lities, but we share many personal interests.
2 .SP
Fl áv i a & Fábio
How do you manage your tasks ? Who’s doing what ? For example: ?
COUPLE & DESIGN
IndeX
Catalogue for the 8th edition of FILE - Electronic Language International Festival, that aims to promote and develop art, technology and scientific research through exhibitions, debates, lectures and courses. The theme of the edition, »Geomatrix - Reconfigured Habits«, is explored through scenes of the nature in its original state in opposition of images of domesticated animals, who had therefore their natural behaviour »reprogrammed« by human action. The vertical orientation of the publication intends to modify the traditional way one goes through the pages of a book, suggesting that the habit of the reader can also be reconfigured. 3 A P oster fo r São Paulo
See: http://www.ps2.com.br/
2 FILE 8t h edition
We were invited to create a poster for the second edition of the exhibition called »Um Cartaz para São Paulo« A poster for São Paulo, realized by Senac, under the theme In Sustentabilidade Urbana Urban (Un) Sustainability, celebrating the city‘s 455th anniversary. Seen from far, the tree rings represents the city growth. By approaching the poster, you notice cars form the lines, reminding us of the impact human action causes to the environment.
2 .SP
— Fábio: After 10 years working together with our studio it is very rewarding to look at our portfolio and see the things we achieved as well as to remember the tough times we went through. At the first 5 years we worked really hard, like 12 – 14 hours a day, almost 7 days a week, no vacation. I remember we would be happy if we had one free weekend a month. It is very dif ferent when you work for someone and when you have a business on your own. When the deadline comes you have to make it happen, and that can be sometimes a very heavy weight to carry on you own. We don’t regret anything but nowadays Flávia and I think we have pushed it too far. If we want to keep working on the field for many years ahead we need to better balance work and pri vate time. But most of all I think our success comes from the fact that we shared the same interests in regard to our business. We wanted to do great work, high quality material. Every job we got we tried to make the better of it. If the client had bad photos we would make new ones, if the content was poor we would write texts on our own, create illustrations, suggest a new editorial project – things we were not hired for (or payed for) but that would help creating great pieces
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Do you have any advice for future creative couples ?
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— Fabio & Flavia: We believe that people interested on graphic design share some very specific values. The financial aspect is definitely not the reason we wake up everyday to go to the studio. We believe that for many people working on the field, graphic design is seen less as a classic profession and more as a kind of lifestyle. There is not such a clear separation between working and leisure times: the films we watch, the places we visit, the music we listen, all of it is seen by designers as part of their work. In this sense, it looks kind of natural for designers to merge their personal and professional lives into a business.
of work. That is the kind of thing that could cause conflict between studio partners. Both have to have a common goal in mind and be opened to make the necessary sacrifices. A final thought would be in regard to business management. It is very important to have a very clear picture of all the studio expenses as well as time budgets. You don’t measure your busi ness success on feelings but in numbers.
Fl áv i a & Fábio
Do you have any idea why especially in the field of design there are so many couples that decide to run a business together ?
1 ps.2 ar q uitet u r a + design Founded in 2003 by Fábio Prata and Flávia Nalon, ps.2 arquitetura + design is a São Paulo, Brazil based design studio that creates and develops graphic design projects for both print and digital media. Visual identity, books, catalogues, promotional items and websites are part of the ps.2 portfolio. The studio is mainly involved on projects within the cultural field: museums and art galleries, digital language festivals, music labels and photographers. ps.2 work has received several national and international prizes, including a ‚best of the best‘ red dot award and the nomination for the Design Award of the Federal Republic of Germany. The studio has been published and exhibited worldwide, in countries such as Brazil, France, USA, Slovenia, China and Japan.
Anhang
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4 N ovember P oster Year 2 cr eated fo r Pelig r o Reco r ds
Fl รกv i a & Fรกbio
http://www.ps2.com.br/promocional_en/peligro-at-milo-year-2.aspx The poster for the party promoted by Peligro Discos at Milo Garage - nightclub focused on independent music - is composed by a collection of stamped stickers featuring prostitutes services commonly found in public telephones in the city of Sรฃo Paulo. The sticker announcing the party is part of the composition, inducing the audience to read the originals. The event promotion happened beyond the poster: the party stickers were also put in public telephones, using the same communication strategy used by the prostitutes.
Dank I m pressu m
Ich möchte mich besonders bei allen interviewten Paaren für die Gespräche bedanken. Ohne ihre Bereitschaft zur Einsicht in ihre Arbeitsund Lebensformen wäre dieses Projekt nicht möglich gewesen. Vielen Dank: Natascha Dell, Kai Oetzbach, Megi Zumstein, Claudio Barandun, Tereza Rullerová, Vit Musil, Susanne Kehrer, André Gröger, Nina Hug, Stephan Eberlein, Christiane Bördner, Marcus Gaab, Flávia Nalon und Fábio Prata. Ganz herzlich danke ich allen, die mir beim Trans kribieren geholfen haben und mir beratend zur Seite standen: Anna Alexander, Alina Jungclaus, Jana Neff, Johannes Pistorius, Sarah Jane Schmitt, Christian Weber, Karoline Weber, Anja Weßner und Benedikt Weishaupt.
Impressum Idee, Interview, Redaktion, Gestaltung Sandra Weber Lektorrat Karoline Weber Korrektorat Sarah Jane Schmitt Druck W.B. Druckerei GmbH Dr.-Ruben-Rausing-Str. 10 65239 Hochheim am Main Bindung Buchbinde-Atelier Kochinke, Mainz Papier Munken Lynx Rough, 120g /qm Chromolux White, 135g /qm Chromolux White, 300g /qm Schriften Helvetica Textbook, LinoType Fortescue Pro, Colophon Monosten, Colophon Bachelorthesis Sommersemester 2013 Betreut durch Prof. Dr. med. Isabel Naegele-Spamer
Fachhochschule Mainz University of Applied Sciences Studiengang Kommunikationsdesign © 2013
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Dank