PZG-16_Bildungspolitik

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Bildungspolitik

INHALT

Einleitung Die Bildungspolitik der Europäischen Union Geschichte und Struktur des Bildungswesens Erwachsenenbildung Progressive Bildungsansätze in Europa Internationale Bildungssysteme Ein EU-Ziel: „Lebenslanges Lernen“ Die Bildungskonzepte der österreichischen Parteien Literaturverzeichnis Beantwortung der Fragen Fernlehrgang

3 4 8 16 21 24 28 30 36 37 39

Inhaltliche Koordination: Peter Autengruber Martin Bolkovac

Stand: Oktober 2005

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Wie soll mit diesem Skriptum gearbeitet werden?

Anmerkungen

Zeichenerklärung Frage zum Lernstoff im vorigen Abschnitt (vergleichen Sie Ihre eigene Antwort mit der am Ende des Skriptums angegebenen).

Anmerkungen: Die linke bzw. rechte Spalte jeder Seite dient zur Eintragung persönlicher Anmerkungen zum Lernstoff. Diese eigenen Notizen sollen, gemeinsam mit den bereits vorgegebenen, dem Verständnis und der Wiederholung dienen. Schreibweise:

Wenn im folgenden Text männliche Schreibweisen verwendet werden, so ist bei Entsprechung auch die weibliche Form inkludiert. Auf eine durchgehende geschlechtsneutrale Schreibweise wird zu Gunsten der Lesbarkeit des Textes verzichtet.

Arbeitsanleitung – Lesen Sie zunächst den Text eines Abschnitts aufmerksam durch. – Wiederholen Sie den Inhalt des jeweiligen Abschnittes mit Hilfe der gedruckten und der eigenen Randbemerkungen. – Beantworten Sie die am Ende des Abschnitts gestellten Fragen (möglichst ohne nachzusehen). – Die Antworten auf die jeweiligen Fragen finden Sie am Ende des Skriptums. – Ist Ihnen die Beantwortung der Fragen noch nicht möglich, ohne im Text nachzusehen, arbeiten Sie den Abschnitt nochmals durch. – Gehen Sie erst dann zum Studium des nächsten Abschnitts über. – Überprüfen Sie am Ende des Skriptums, ob Sie die hier angeführten Lernziele erreicht haben.

Lernziele Nachdem Sie dieses Skriptum durchgearbeitet haben, sollen Sie – überblicksmäßig über die österreichische Bildungspolitik Bescheid wissen; – in der Lage sein, sie international zu vergleichen und selbst Verbesserungsvorschläge zu formulieren.

Viel Erfolg beim Lernen!

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Einleitung

Anmerkungen

In internationalen Studien über die Leistungen von Schülern/-innen liegt unser Land nur im unteren Mittelbereich, bei der Akademiker/-innenquote noch weit darunter. Trotz hoher Bildungsaufgaben scheint es Reformbedarf in allen Bereichen der Bildung zu geben: Schul- und Berufsausbildung, höhere Bildung und Erwachsenenbildung. Dieses Skriptum soll nicht nur einen Überblick über die Entwicklung und Struktur des österreichischen Bildungssystems (unter Einbeziehung auch der Arbeiter- bzw. gewerkschaftlichen Bildung) bieten, sondern auch den europäischen Kontext berücksichtigen. Die Bildungsziele der Europäischen Union werden dabei ebenso berücksichtigt wie Ergebnisse der OECD oder Auswirkungen des GATS (General Agreement on Trade in Services). Daneben werden exemplarisch drei progressive theoretische Ansätze zur Bildung vorgestellt: LEO TOLSTOI, MAX ADLER und MARIA MONTESSORI. Das „best practice“-Beispiel Finnland soll als Beispiel und Anregung dienen, wohin Europa und Österreich sich bildungspolitisch orientieren könnten. Das Negativbeispiel USA soll dagegen aufzeigen, wohin man sich besser nicht orientiert.

Das Skriptum wird abgerundet durch einen Beitrag, der die psychologischen Aspekte des EU-Zieles „Lebenslanges Lernen“ beschreibt, sowie durch die Positionen von vier österreichischen Parteien, wie sie in Parteiund Wahlprogramme Eingang fanden. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei Sabine Letz (VÖGB) und Peter Schlögl (ÖIBF – Österreichisches Institut für Berufsbildungsforschung) für die Durchsicht und die Anregungen bedanken. Martin Bolkovac

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Die Bildungspolitik der Europäischen Union

Anmerkungen

Öffentliche Bildungsausgaben als Anteil in den „alten“ 15 EU-Ländern am BIP (Bruttoinlandsprodukt) im Jahr 2002 in Prozent 9 8 7 6 5 4 3 2

Dänemark

Schweden

Finnland

Belgien

Portugal

Frankreich

Österreich

Großbritannien

Niederlande

Deutschland

Italien

Spanien

Irland

Luxemburg

0

Griechenland

1

Quelle: Eurostat „Die Bürger Europas zählen bereits weltweit zu den bestausgebildeten, und die europäischen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung gehören zu den besten der Welt.“ (Bericht des Ministerrates/Bereich Bildung 2001) „Manche Staaten und Regionen sind stärker in Teilaspekten wie z. B. niedrige Drop-out-Raten in Schulen, und andere in anderen Aspekten. In ganz Europa können wir alle von Vergleichen zwischen verschiedenen Systemen und Ansätzen sowie deren Effektivität lernen.“ JAN FIGEL

EU-Kommissar Jan Figel

Jedes Jahr nutzen Hunderttausende Bürger/-innen der Europäischen Union die Möglichkeit, im Ausland zur Schule zu gehen, zu studieren oder sich an europäischen Projekten zu beteiligen. Als eigenständiger, rechtmäßiger Zuständigkeitsbereich der EU wurde die Bildung aber erst 1992 anerkannt. 1976 beschlossen die Bildungsminister der EG zunächst, ein Informationsnetz einzurichten, das als Basis für ein besseres Verständnis der Bildungspolitik und -struktur in den einzelnen Ländern dienen sollte. Zunächst war das Hauptinteresse auf den Informationsaustausch gerichtet, um 1986 mit dem ersten ERASMUS-Programm einen intensiven Studenten/-innenaustausch einzuleiten.

Quelle: www.italissimo.de

Die gewonnenen Erfahrungen wurden im so genannten SOKRATES-Programm weiterentwickelt. SOKRATES ist ein Finanzierungsprogramm, welches alle Bildungsbereiche und Altersgruppen umfasst: Schüler/-innen, Studenten/-innen, Lehrer/-innen.

„SOKRATES“

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Ein anderes Programm, „Leonardo da Vinci“, stellt darüber hinaus Mittel für die transnationale Kooperation in der Berufsbildung zur Verfügung.

„Leonardo“

Der so genannte „Bologna-Prozess“ (benannt nach einer gemeinsamen Erklärung der europäischen Bildungsminister im Jahr 1999 in Bologna) legte Schwerpunkte fest, die im Bildungsbereich bis 2010 realisiert sein sollen:   

Einführung eines Systems intern vergleichbarer Hochschulabschlüsse Anrechnung und Übertragung von Studienleistungen in ganz Europa Schaffung eines europäischen Studienrahmens mit drei Studienphasen (Bachelor/Master/Promotion)

Im Jahr 2000 beauftragte der Europäische Rat den Rat der Bildungsminister mit der Erstellung eines Berichtes über die konkreten Ziele zukünftiger Bildungspolitik in Europa. Der darauf folgende Bericht legte strategische Ziele für eine Periode von 10 Jahren fest: 1. höhere Qualität und verbesserte Wirksamkeit der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung in der Europäischen Union; 2. leichterer Zugang zu den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung für alle; 3. Öffnung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung gegenüber der Welt. 2002 wurde ein Arbeitsprogramm verabschiedet, das festhielt, wie diese Ziele realisiert werden sollen. Innerhalb der EU spricht man sogar von einem „Meilenstein“, weil damit das erste offizielle Dokument angenommen wurde, das sich detailliert mit den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung auseinander setzt. Allerdings ist dieses Programm in manchen Punkten sehr marktorientiert.

Strategisches Ziel 1: Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Bildungssysteme 

Erhöhung von Qualität und Wirksamkeit

Verbesserung der allgemeinen und beruflichen Bildung von Lehrkräften und Ausbildern/-innen: qualifizierte und hoch motivierte Kräfte für den Lehrer/-innenberuf gewinnen Entwicklung der Grundfertigkeiten für die Wissensgesellschaft: hier soll nicht nur Grundwissen wie Rechen-, Lese- und Schreibfertigkeit eingeschlossen werden, sondern auch Kompetenzen im Bereich der Naturwissenschaften und der Fremdsprachen Leichterer Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT): alle Lehrkräfte müssen im Umgang mit den modernen Technologien geschult sein, hochwertige digitale Lerninhalte und Lernsoftware müssen an allen Schulen zur Verfügung stehen Förderung des Interesses an naturwissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen: Motivierung junger Menschen Bestmögliche Nutzung der Ressourcen: Bildungsinvestitionen von Jahr zu Jahr steigern, da die Zukunft der europäischen Wirtschaft von der Ausbildung der Europäer/-innen abhängt

Strategisches Ziel 2: Leichterer Zugang zur Bildung für alle 

Leichterer Zugang

Ein offenes Lernumfeld: Die Möglichkeit schaffen, problemlos von einem Bildungsweg zum anderen zu wechseln, Lernende dürfen nicht benachteiligt sein, weil sie nicht von Anfang an den „richtigen“ Bildungsweg gewählt haben 5


Anmerkungen

Lernen muss attraktiver werden: bis zum Jahr 2010 soll die Zahl der 18- bis 24-Jährigen halbiert werden, die lediglich über einen Grundschulabschluss verfügen; Erwachsene sollen zu lebenslangem Lernen (siehe Artikel weiter unten) motiviert werden Förderung von aktivem Bürgersinn, Chancengleichheit und sozialem Zusammenhalt: gleichberechtigter Zugang zu Bildung und Berufsbildung; Unterstützung benachteiligter Gruppen (Menschen mit Behinderung oder Lernschwächen, Personen, die in abgelegenen Regionen leben oder familiäre Verpflichtungen haben)

Strategisches Ziel 3: Öffnung der Bildungssysteme gegenüber der Welt

Öffnung

Engere Kontakte zur Arbeitswelt, zur Forschung und zur Gesellschaft im Allgemeinen: mehr Relevanz und Praxisbezug anstatt abstrakter akademischer Lehrpläne; Zusammenarbeit mit Akteuren/-innen in der Wirtschaft, in der Forschung und in der Gesellschaft intensivieren Entwicklung des Unternehmergeistes: Förderung von Leuten, die sich zu einem beliebigen Zeitpunkt im Leben selbständig machen wollen und nach Erfolg streben Förderung des Fremdsprachenerwerbs: Jeder Bürger/Jede Bürgerin Europas sollte mindestens zwei Fremdsprachen beherrschen, um sich über die Sprachgrenzen hinweg austauschen zu können Intensivierung von Mobilität und Austauschmaßnahmen: Förderung der Mobilität, um persönliche Fähigkeiten weiterzuentwickeln und die Position auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern (z. B. durch Programme wie SOKRATES und Leonardo) Stärkung der europäischen Zusammenarbeit: europaweit kompatible Qualifikationen; Anerkennung von Zertifikaten überall in Europa

Europäische Union und GATS „Dabei verfolgt die Politik der EU das Ziel, offene Märkte mit der Sicherung kultureller Vielfalt zu verbinden. Deshalb haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten vor allem im Rahmen des so genannten GATS-Abkommens einen Handlungsspielraum für ihre Politiken und Maßnahmen mit kultureller Zielsetzung offengehalten.“ (Viviane Reding, ehemalige EU-Kommissarin für Bildung und Kultur/ Jänner 2003)

Die Welthandelsorganisation WTO (World Trade Organization), deren erklärtes Ziel es ist, „den Produzenten von Gütern und Dienstleistungen beim Geschäftemachen zu helfen“, verhandelt über ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen. Das GATS (General Agreement on Trade in Services) soll Dienstleistungen weltweit liberalisieren und handelsbehindernde Regelungen abbauen. Zu den ca. 150 aufgelisteten Dienstleistungen gehören neben Telekommunikation, Post, Strom, Gas, Wasser und Transport auch Bildung und Gesundheit.

GATS

Einmal eingegangene Liberalisierungsverpflichtungen können nicht mehr rückgängig gemacht werden. Außerdem sind die WTO-Mitgliedsländer zur permanenten Weiterliberalisierung aufgefordert. Es werden Vorschläge gemacht, wo man sich in anderen Ländern Liberalisierungen wünscht. Als Gegengeschäft werden Liberalisierungsmaßnahmen im eigenen Land angeboten. Industriestaaten haben naturgemäß eine stärkere Verhandlungsposition. Die EU forderte von afrikanischen Ländern etwa die Öffnung des Tele6


kommunikationsmarktes und die Zulassung europäischer Eigentümer bei Hotelneubauten. Umgekehrt stellen nur wenige außereuropäische Staaten Forderungen an die EU.

Anmerkungen

EU-Kommissar Pascal Lamy klammerte die empfindlichen Bereiche Bildung und Gesundheit nicht zuletzt aufgrund der europaweiten Proteste in der ersten Verhandlungsrunde noch aus. Was Privatisierung im Bildungssektor bedeuten kann, zeigen die Beispiele USA und Großbritannien. Durch so genannte leistungsabhängige Entlohnung wurden die englischen Lehrer/-innen so stark unter Druck gesetzt, dass 40 % innerhalb ihrer ersten drei Dienstjahre aufgaben. Schulen sehen sich nach privaten Sponsoren um.

Öffentliche Verantwortung für Bildung

Die EU sieht Bildung als öffentliche Aufgabe, die als staatliches Monopol betrieben werden und nach Belieben subventioniert werden kann. „Wird Bildung dem GATS unterstellt, so beginnt in diesem Bereich der Wettbewerb unter den verschiedenen Anbietern. Das Prinzip der Marktöffnung sorgt dafür, dass jeder Bildungsanbieter unbeschränkt seine Dienstleistungen auf den Markt bringen und Tochterunternehmen oder Filialen in anderen Ländern gründen kann. Das Prinzip, dass alle Unternehmen, inländische wie ausländische, gleichgestellt werden müssen, sorgt dafür, dass staatliche Zuschüsse nur noch dann möglich sind, wenn sie jeder Anbieter bekommt, egal ob transnationaler Bildungskonzern oder Dorfschule. Bildungseinrichtungen, die nicht auf Profit ausgelegt sind, wird es dann kaum noch geben.“ (ATTAC Deutschland 2003)

Quelle: EPA

Die Einstellung jedweder Bildungsförderung oder die Ausdehnung auf alle privaten Anbieter würde in beiden Fällen bedeuten, dass weniger Geld für die Finanzierung von öffentlichen Schulen und Universitäten vorhanden ist. Ausnahmen sind unter dem GATS langfristig nicht möglich. Zur WTO und zu GATS siehe auch das Skriptum PZG 6 – Neoliberalismus.

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Geschichte und Struktur des Bildungswesens

Anmerkungen

Die ältesten bekannten Bildungssysteme entwickelten sich in der Zeit der Hochkulturen. Schon im alten Ägypten wurde Schreiben, Mathematik oder Medizin gelehrt. Die Griechen und Römer legten großen Wert auf das Studium der Philosophie, der Naturwissenschaften und der Rhetorik, aber auch auf körperliche Betätigung.

Griechen und Römer

Die Zeit der Völkerwanderungen setzte der frühen Blüte der Bildung ein Ende. Erst im Mittelalter gewannen von Kircheninstitutionen vermittelte christliche Bildungsinhalte an Bedeutung. Im Zentrum stand das Erlernen des Lateinischen in Wort und Schrift. Die Bildung war auf Priesternachwuchs und Söhne von Adeligen und angesehenen Bürgern beschränkt. Erst im Zeitalter der Renaissance gewannen wieder vermehrt antike Bildungsinhalte von Wissenschaft bis zu Sport an Bedeutung.

Quelle: www.landesmuseum.de

Im Mittelalter entstanden auch die ersten Universitäten, an denen sich die drei Fakultäten Theologie, Rechtswissenschaften und Medizin herausbildeten. Die Anfänge des Grundschulunterrichts in Österreich gehen auf das Mittelalter zurück. Damals befand sich das gesamte Schulwesen in der Hand der Kirche. Das Lateinische war Unterrichtssprache, der Gebrauch von Deutsch wurde mit Gertenschlägen bestraft. Auch die allgemeinbildenden höheren Schulen waren ursprünglich ausschließlich in der Hand der Kirche („Jesuitengymnasien“). Hauptgegenstand: Latein.

Dominanz von Latein

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab Kaiserin MARIA THERESIA die Neuorganisation des Unterrichts in Auftrag. Die „Allgemeine Schulordnung“ von 1774 bestimmte, dass in den Landeshauptstädten aller Provinzen eine vierklassige Grundschule zu führen ist und dreiklassige Hauptschulen in größeren Städten und Klöstern einzurichten sind. In der Praxis gab es aber in vielen Orten weiterhin keine Schule. Und wo es eine gab, konnten sich viele Familien oft das Schulgeld nicht leisten. Schule und Bildung waren nach wie vor Privilegien der Reichen und der Männer. Die Lehrer waren schlecht ausgebildet und auf Nebenverdienste angewiesen.

Maria Theresia

Bildung als Privileg

Nach 1848 wurde der prozentuelle Stundenanteil von Latein an den Gymnasien von über 55 % auf 25 % gekürzt. Erst mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 wurde das Pflichtschulwesen vereinheitlicht. Das Schulgeld wurde abgeschafft und die Schulpflicht auf acht Jahre ausgedehnt (fünf Jahre Volksschule und drei Jahre „Bürgerschule“). Die Durchsetzung dieses Gesetzes erwies sich als schwierig, waren doch viele Familien von der Arbeit ihrer Kinder abhängig. Kinderarbeit war nur für unter 10-Jährige verboten.

Vereinheitlichung

„Rotes Wien“

Im „Roten Wien“ der Zwischenkriegszeit erregten die Reformansätze von OTTO GLÖCKEL, dem zweiten Präsidenten des Wiener Stadtschulrates, internationale Aufmerksamkeit. Glöckel wollte allen Kindern unabhängig von ihrer Herkunft eine optimale Bildung ohne kirchlichen Einfluss ermöglichen. Die Lehrerausbildung wurde verbessert, Sonderschulen eingerichtet und kindergerechte Schulbücher in Auftrag gegeben. Der Schulbesuch war kostenlos, Lerninhalte sollten von den Schüler/-innen demokratisch mitbestimmt werden. Stipendien für Arbeiterkinder brachen das Bildungsmonopol der bürgerlichen Schichten auf.

Otto Glöckel

Die Stadt Wien musste zwar einige Kompromisse eingehen, doch in der Frage des Religionsunterrichts blieben die Sozialdemokraten hart: Staat und Kirche wurden strikt getrennt. Für 10- bis 14-Jährige wurde eine „Allgemeine Mittelschule“ eingerichtet, allerdings mit zwei Klassenzü8


gen. Dieser Wiener Schulversuch mündete 1927 in die vierklassige Hauptschule. Die Machtübernahme des Austrofaschisten DOLLFUSS beendete diese bahnbrechende Entwicklung. Glöckel wurde verhaftet. Nach dem Zweiten Weltkrieg erschwerten die starken schulpolitischen Gegensätze zwischen ÖVP und SPÖ die Neuregelung des österreichischen Schulwesens. 1962 wurde die Schulgesetzgebung schließlich in den Verfassungsrang erhoben. Jede Änderung bedurfte von da an einer Zweidrittelmehrheit im Nationalrat. Das Schulverfassungsgesetz regelt die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern und die Schulverwaltung. Die Schulpflicht wurde auf neun Jahre ausgedehnt und eine Leistungsdifferenzierung in den Hauptschulen eingeführt.

Quelle: www.wesseloh.de/geschichte

Die Reformen, welche die SPÖ-Alleinregierungen von BRUNO KREISKY ab 1970 initiierten, umfassten auch den Bildungssektor: Es wurden nicht nur die Studiengebühren abgeschafft, sondern auch Schülerfreifahrten und Gratisschulbücher eingeführt. Es folgte bald eine Ergänzung der Lehrpläne durch Bereiche wie Sexualerziehung, Politische Bildung oder Umweltunterricht. Auf der Schulebene wurden Eltern und Schüler/-innen in Entscheidungen eingebunden. Seit 1993 können behinderte Kinder integrativ unterrichtet werden.

Reformen von Kreisky

Nach Reformen von Bildungsministerin ELISABETH GEHRER wurde die Zahl der Pflichtwochenstunden – jeweils über vier Jahre gerechnet – in der Volksschule um zwei, in der Hauptschule um sieben, in der AHS-Unterstufe um sechs und in der AHS-Oberstufe um acht gesenkt. Reduktionen gibt es vor allem bei den Fächern Geografie, Physik, Biologie oder Latein. Diese Reform erfolgte gegen den Widerstand der Schuldirektoren/-innen und der Lehrergewerkschaft. Auf die Schulzeit von der Volksschule bis zur Matura umgerechnet verlieren die Schüler/-innen rund 100 Schultage.

Einsparungen

Schulverfassungsgesetz

Bruno Kreisky

Nach dem schlechten Abschneiden der österreichischen Schüler/-innen bei der internationalen PISA-Studie (zur Studie siehe unten) beauftragte ELISABETH GEHRER eine „Zukunftskommission für das Schulwesen“. Diese Kommission sollte Reformvorschläge für das österreichische Schulwesen ausarbeiten. Im Abschlussbericht wurden u. a. folgende Vorschläge unterbreitet: 

Elisabeth Gehrer

Das Wiederholen einer Klasse soll weitgehend entfallen und stattdessen fehlende Kompetenzen durch Kurse im laufenden Schuljahr nachgeholt werden. In der AHS-Oberstufe soll ein Kurssystem eingeführt werden, das statt des derzeitigen Jahrgangssystems Kurse auf unterschiedlichen Niveaustufen anbietet. Alle Lehrer/-innen sollen dieselbe Grundausbildung (drei Jahre) erhalten und sich erst danach auf einen Schultyp spezialisieren. Jedes Schulkind von sechs bis 14 soll einen gesetzlichen Anspruch auf Nachmittagsbetreuung haben.

Die Regierung beschloss neben der weitgehenden Aufhebung der Zweidrittelmehrheit bei Schulgesetzen auch die Einführung einer 5-Tage-Woche an Pflichtschulen und der AHS-Unterstufe bzw. ganztägige Betreuung an allen Schulen (mit Wahlfreiheit).

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Verwaltung des Schulsystems Wie in der gesamten öffentlichen Verwaltung sind auch im Schulwesen die Zuständigkeiten in der Gesetzgebung und Vollziehung zwischen Bund und Ländern geteilt:

Aufteilung Bund/Länder

Bei allgemeinbildenden höheren Schulen, mittleren und höheren berufsbildenden Schulen liegt die Zuständigkeit für Gesetzgebung und Vollziehung beim Bund. Öffentliche Pflichtschulen obliegen zwar ebenfalls der Bundesgesetzgebung, Ausführung und Vollziehung sind jedoch Ländersache: Aufbau, Errichtung, Erhaltung, Festsetzung von Klassenschülerhöchstzahlen, Unterrichtszeit, Dienst- und Personalvertretungsrecht der Lehrer/-innen etc. Im Kindergartenwesen sind Gesetzgebung und Vollziehung Ländersache. Die für die Vollziehung zuständigen Bundesbehörden sind das Bildungsministerium, die Landesschulräte und die Bezirksschulräte.

Landesschulrat

Der Landesschulrat auf der Ebene der Bundesländer ist ein Kollegium, das nach dem Stärkeverhältnis der im Landtag vertretenen politischen Parteien zusammengesetzt wird. In der Regel handelt es sich bei den Mitgliedern um Eltern schulbesuchender Kinder und Lehrer/-innen. Eine zentrale Aufgabe besteht im Vorschlagsrecht bei der Besetzung von Lehrer/-innen- und Direktor/-innenstellen. Die Bundesministerin wählt von drei Vorschlägen eine Person aus.

Lehrpläne

Lehrpläne sind Verordnungen des Bundesministeriums. Allerdings wird seit 1994 allen Schulen die zusätzliche Möglichkeit eingeräumt, mit Zweidrittelmehrheit schulautonome Lehrplaninhalte zu erlassen. Diese Mehrheit muss im Schulgemeinschaftsausschuss (= Vertretung von Lehrern/ -innen, Eltern und Schülern/-innen) in allen drei Vertretergruppen oder bei Pflichtschulen im Schulforum (ohne Schüler/-innenvertretung) zustande kommen.

Selbstbehalte

An öffentlichen Pflichtschulen darf kein Schulgeld erhoben werden. Die Fahrt von und zur Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln war von 1971/72 (Reformen der Regierung Kreisky) bis zu den „Sparpaketen“ Mitte der 90er Jahre kostenlos. Bei Einsparungsmaßnahmen in den 90er Jahren wurde allerdings sowohl bei der Schülerfreifahrt als auch bei den Schulbüchern ein Selbstbehalt von 10 % eingeführt.

Privatschulen

Konfessionelle Privatschulen bekommen unentgeltlich Lehrpersonal zur Verfügung gestellt. Diese Lehrer/-innen sind Angestellte des Bundes oder der Länder. Privatschulen, die nicht von einer anerkannten Glaubensgemeinschaft geführt werden, haben diesen Anspruch nicht. Manchmal werden aber Subventionsverträge abgeschlossen.

Konkordat

Der katholischen Kirche wurde in dem 1933 von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit dem Vatikan abgeschlossenen Konkordat zugesichert, dass das katholische Schulwesen gefördert und dadurch die Voraussetzungen „für die Entwicklung zur öffentlichen katholisch-konfessionellen Schule geschaffen werden.“ Nach dem Zweiten Weltkrieg für ungültig erklärt, wurde das Konkordat 1957 von der Bundesregierung anerkannt.

Lehrlingsausbildung Rund 290 Lehrberufe sind derzeit gesetzlich anerkannt und geregelt. Für jeden einzelnen Lehrberuf werden Ausbildungs- und Prüfungsordnungen erlassen. Sie sind für die Ausbildung in den Lehrbetrieben verbindlich. Der

Lehrberufe

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Lehrbetrieb muss dem Lehrling die praktische Erfahrung für die spätere Berufstätigkeit vermitteln. Diese wird dann bei der Lehrabschlussprüfung überprüft. Die theoretischen Kenntnisse werden dem Lehrling in der Berufsschule vermittelt.

Anmerkungen

Während der ersten drei Monate der Lehrzeit (= Probezeit) kann das Lehrverhältnis jederzeit einseitig ohne Angabe von Gründen vom/von der Arbeitgeber/-in gelöst werden. Die Sozialpartner spielen bei der Lehrlingsausbildung eine wichtige Rolle. Sie administrieren die bei der Wirtschaftskammer eingerichteten Lehrlingsstellen. Die Berufsreifeprüfung bietet Absolventen/-innen beruflicher Bildung ohne Matura die Möglichkeit eines gleichwertigen Ersatzes. Zu absolvieren sind dabei Prüfungen aus Deutsch, einer Fremdsprache, Mathematik und einem Fachgebiet.

Berufsreifeprüfung

Hochschulbildung In Österreich gibt es 22 öffentliche Universitäten, in denen 184 verschiedene Studienrichtungen angeboten werden.

Quelle: bilderbank.at/Weingartner

22 Universitäten

Seit einiger Zeit kann man in Österreich an sechs Privatuniversitäten studieren. Sie sind vor allem wirtschaftswissenschaftlich orientiert. Studenten/-innen zahlen höhere Studienbeiträge: da können schon um die 30.000 Euro für einen Studiengang verlangt werden. Privatuniversitäten sind nur auf Zeit genehmigt und müssen sich laufenden Qualitätskontrollen stellen.

Privatuniversitäten

Neben der klassischen Universitätsbildung stehen auch nichtuniversitäre Ausbildungsinstitutionen zur Verfügung:  Pädagogische Akademien  Akademien für Sozialarbeit  Medizinisch-technische und Hebammenakademien  Kollegs für technische, gewerbliche und kaufmännische Berufe  Kollegs für Kindergarten- und Sozialpädagogik

Sonstiges

Auch die Anzahl der Fachhochschul-Studiengänge steigt jährlich. Sie unterteilen sich in die Fachgebiete Technik, Wirtschaft, IT/Computer, Info/ Medien/Design, Soziales/Pädagogik, Pflege/Gesundheit, Naturwissenschaft, Land/Forst/Holz, Sprache/Kultur.

Fachhochschulen

Die Fachhochschulen garantieren ihren Studenten/-innen die Möglichkeit, in der vorgesehenen Zeit ihr Studium zu beenden, indem Plätze in Seminaren und Übungen garantiert werden. Es gibt keine Massenvorlesungen. Allerdings sind die Plätze begrenzt und es gibt Aufnahmeprüfungen. Die 11


Anmerkungen

100-prozentige Anwesenheitspflicht steht der größeren individuellen Gestaltung an den Universitäten gegenüber.

Bildungsvolksbegehren Volksbegehren gegen Studiengebühren

Dieses Volksbegehren wurde anlässlich der von der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2000 eingeführten Studiengebühren (derzeit 363,36 Euro) von der Österreichischen HochschülerInnenschaft Salzburg initiiert. SPÖ und Grüne unterstützten die Anliegen der Studierenden. Im Zentrum des Bildungsvolksbegehrens stand die Forderung nach einer ausreichenden staatlichen Finanzierung des öffentlichen Bildungswesens. Vom 6. bis 13. November 2001 wurden österreichweit immerhin 173.596 Unterschriften gesammelt.

Universitätsreformen

Im Jahr 2002 wurde das „Bundesgesetz über Organisation der Universitäten und ihre Studien“ erlassen. Neben einer Neuorganisation der Universitätsorgane und der studentischen Mitbestimmung wurde auch die Möglichkeit für Prüfungswiederholungen weiter eingeschränkt, nämlich auf zwei Wiederholungen (= drei Antritte). Studentische Mitbestimmung beschränkt sich nur mehr auf beratende Aufgaben. Mitbestimmung in Berufungs- oder Habilitationsverfahren ist überhaupt nicht mehr gegeben.

Weniger Mitbestimmung

In den Universitätssenaten wurde die Drittelparität zwischen Professoren, Assistenten (Mittelbau) und Studierenden zu Gunsten einer absoluten Mehrheit für die Professorenschaft abgeschafft. Bisher konnte bis in den Institutsbereich drittelparitätisch und demokratisch darüber entschieden werden, welche Bücher für die Institutsbibliothek angeschafft werden oder welche Professur wie besetzt wird. Kritiker/-innen bezweifeln, ob weniger Mitbestimmung und Demokratie und Studiengebühren etwas an der niedrigen Abschlussquote in Österreich ändern werden. Eine weitere Maßnahme war die Umstrukturierung der Bundesvertretung der Österreichischen HochschülerInnenschaft. Die Mandatare wurden bei den ÖH-Wahlen 2005 erstmals nicht direkt, sondern nur indirekt über die Vertretungen der jeweiligen Hochschulen gewählt. Es soll hinkünftig zwischen 58 und 65 Sitze geben. Die prognostizierte „Umfärbung“ der rotgrünen Bundesvertretung ist jedenfalls nicht eingetreten. Die Grünen und Alternativen Studenten/-innen blieben österreichweit die stimmenstärkste Fraktion.

Quelle: Österreichische HochschülerInnenschaft

Universitäts- und Fachhochschulabschlüsse der 25- bis 34-Jährigen 60 50 40 30

1991

20

2002

10

Quelle: OECD

12

Kanada

USA

Schweden

Spanien

Dänemark

Deutschland

Polen

Österreich

Italien

0


Anmerkungen

„Erneut bestätigt wird vom OECD-Ländervergleich die niedrige Abschlussquote in Österreich (Abschlüsse im Tertiärbereich der einzelnen Altersjahrgänge). Nach der Türkei (9,6 Prozent), Tschechien (10,8 Prozent) und Mexiko (11,2 Prozent) folgt bereits Österreich unter den Ländern mit der niedrigsten Quote im Hochschulbereich. Lediglich zwölf Prozent einer Altersgruppe schließen ein Hochschulstudium ab, weniger als die Hälfte des OECD-Schnitts (24,5 Prozent) und weniger als ein Drittel der Absolventenquote in Großbritannien (36,8 Prozent).“ Aus: Wiener Zeitung Online (2001)

Protest ist nicht vergeblich „An der Uni Wien stehen kurz vor Semesterbeginn die Zeichen auf Entspannung: Rektor Georg Winckler hat den heftig kritisierten Entwurf für den Organisationsplan der größten Hochschule des Landes (60000 Studenten) stark modifiziert. Die Mitbestimmung der Studenten und der Assistenten wird wieder gestärkt, die Universitäts-Institute werden nicht zwingend abgeschafft. Winckler reagiert damit auf die Kritik seines Aufsichtsorgans, des Uni-Rats, und auf die heftigen Studenten- und Assistentenproteste vom Jänner. Studierende hatten am Ende des Wintersemesters den Senatssaal der Alma Mater Rudolphina besetzt. Winckler wurde mit einer Torte attackiert. Der Wirtschaftswissenschafter und seine Vizerektoren räumen Studenten, Mittelbau und nicht-wissenschaftlichem Personal nun mehr Mitsprache ein. ... Eingerichtet werden auch Studienkonferenzen, in denen die Studenten zu 50 % vertreten sind. Diese Beiräte sollen bei allen Studienfragen (Lehrpläne, Qualitätssicherung) beigezogen werden.“

Proteste

Rektor Georg Winckler Quelle: www.utv.at

Quelle: KURIER 24. 2. 2004

Bildungsstand der österreichischen Bevölkerung Höchste abgeschlossene Ausbildung (15-Jährige und älter) in Prozent Pflichtschule Lehre Fachschule Höhere Schule Hochschule, Universität

1981 51,8 27,1 10,4 7,2 3,4

1991 41,5 32,1 11,4 9,8 5,2

2003 30,3 35,8 10,6 15,8 7,5

Quelle: Statistik Austria

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Internationaler Bildungsvergleich: Die PISA-Studie

Anmerkungen

Die internationale Schulleistungsstudie PISA (Programme for International Student Assessment) ist ein Projekt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Zielsetzung des Projekts ist es, OECD-Staaten Indikatoren für Wissen und Fähigkeiten von ihren 15-jährigen Schülern/-innen in den Bereichen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften und Problemlösungskompetenz (seit 2003) zu liefern.

Indikatoren für Wissen

31 Länder haben an der ersten Erhebung der PISA-Studie im Frühjahr 2000 teilgenommen. Die Ergebnisse aus dieser Studie wurden im Dezember 2001 der Öffentlichkeit vorgestellt. Mehr als 250.000 Schüler wurden befragt, in Österreich waren es 5000. PISA-Studie 2003: Plätze 1 bis 10 Mathematik

Lesen

Naturwissenschaft

1

Finnland

Finnland

Finnland

2

Südkorea

Südkorea

Japan

3

Niederlande

Kanada

Südkorea

4

Japan

Australien

Australien

5

Kanada

Neuseeland

Niederlande

6

Belgien

Irland

Tschechien

7

Schweiz

Schweden

Neuseeland

8

Australien

Niederlande

Kanada

9

Neuseeland

Belgien

Schweiz

10

Tschechien

Norwegen

Frankreich

Österreich stand mit Werten im oberen Mittelbereich auf den ersten Blick im internationalen Vergleich gut da. Bei näherer Analyse ergab sich aber, dass die PISA-Musterschüler aus Nationen sind, die eine frühe Aufteilung im Bildungssystem (Hauptschule, AHS-Unterstufe etc.) nicht kennen, sondern Gesamtschulsysteme für alle Schüler/-innen eingerichtet haben, wie z. B. Finnland oder Japan. In Finnland macht es keinen Unterschied, welche Schule ein/eine Schüler/-in besucht, alle erhalten die gleichen Chancen auf qualitativ hochwertige Bildung.

Österreich im internationalen Vergleich

2003 nahmen bereits 40 Länder an der 2. PISA-Studie teil. Österreich konnte sich bei keiner einzigen der im Jahr 2000 erreichten Leistungen verbessern oder den Rangplatz halten. Tatsächlich trat ein deutliches Absinken der Leistungen ein. In der Kategorie Naturwissenschaft sank Österreich innerhalb der 29 OECD-Staaten gar von Rang 8 auf 20. Nur noch wenige europäischen Länder praktizieren eine frühe Selektion der Kinder im Alter von 10 Jahren. Neben Österreich sind das einzelne deutsche Bundesländer, die Schweiz, die Slowakei, Tschechien und Ungarn. Außerdem hängt es in Österreich mehr als anderswo von der Region, in der man aufwächst, und von der Schulbildung seiner Eltern ab, ob ein Kind später einmal maturieren und studieren wird.

Frühe Selektion

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Anmerkungen

Quelle: Bundesministerium f端r Bildung, Wissenschaft und Kultur

1. Was beinhaltet die so genannte PISA-Studie?

2. Nennen Sie mindestens drei Errungenschaften des Austromarxismus im Bildungsbereich!

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Erwachsenenbildung

Anmerkungen

Die Erwachsenenbildung ist in Österreich nicht in der Bundesverfassung verankert. Der Staat hat sich aber bereit erklärt, Verbände und Einrichtungen der Erwachsenenbildung zu fördern. Das Bildungsministerium subventioniert Personalkosten, Sachaufwand und einzelne Projekte.

Förderung

Die Grundlage dieser Förderungen wurde 1973 mit dem „Bundesgesetz über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens aus Bundesmitteln“ geschaffen. Darin ist verankert: „Gegenstand der Förderung nach diesem Bundesgesetz sind Einrichtungen und Tätigkeiten, die im Sinne einer ständigen Weiterbildung die Aneignung von Kenntnissen und Fertigkeiten sowie der Fähigkeit und Bereitschaft zu verantwortungsbewusstem Urteilen und Handeln und die Entfaltung der persönlichen Anlagen zum Ziele haben.“

Träger der Erwachsenenbildungseinrichtungen sind mit Ausnahme von Ländern und Gemeinden Interessenvertretungen, wissenschaftliche und kulturelle Vereine und Religionsgemeinschaften. Die anerkannten gesamtösterreichischen Einrichtungen der Erwachsenenbildung haben sich 1972 zur „Konferenz der Erwachsenenbildung Österreichs“ (KEBÖ) zusammengeschlossen. Mitglied sind:

Trägereinrichtungen

         

Arbeitsgemeinschaft der Bildungshäuser Österreichs Berufsförderungsinstitut (BFI) Büchereiverband Österreich Forum Katholischer Erwachsenenbildung Ländliches Fortbildungsinstitut (LFI) Österreichische Volkswirtschaftliche Gesellschaft Ring Österreichischer Bildungswerke Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung Verband Österreichischer Volkshochschulen WIFI der Wirtschaftskammer Österreich

Als Instrument einer effektiven Erwachsenenbildung darf auch nicht die aktive Arbeitsmarktpolitik übersehen werden. Das Arbeitsmarktservice (AMS) vermittelt offene Stellen und unterstützt die Eigeninitiative von Arbeitsuchenden und Unternehmen durch Beratung, Information, finanzielle Förderung und nicht zuletzt durch Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen. Einerseits sollen Arbeitslose „fit“ für den Arbeitsmarkt gemacht werden, andererseits soll Arbeitslosigkeit durch Qualifizierung vorgebeugt werden.

AMS

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Volkshochschulen

Anmerkungen

Volkshochschulen in der Ersten Republik „Für das dritte Jahrzehnt der Wiener Volksbildung war es kennzeichnend, dass die in der modernen Arbeiterbewegung geborene und verbreitete Formel ,Wissen ist Macht‘ auf wesentliche Teilbereiche der Bildung angewendet wurde. Jedem Volksbildner musste daher klar sein, dass er in einen langwierigen, mühseligen Prozess eintrat. Die Demokratisierung des Wissens musste mit einem methodisch-geduldigen Abbau von Unwissen und Vorurteilen Hand in Hand gehen. Die Volksbildung der Wiener Volkshochschulen bot sich damals als freie Volksbildung an. Der Sekretärberuf war dort in der Regel eine freiwillige, aber um so engagiertere Nebenbeschäftigung für einen Idealisten, der seine Abendstunden gegen ein geringfügiges Entgelt einem hohen Ideal widmete. Auch als Hauptberuf war er ohne soziale Sicherstellung und erfüllt von freier Opferbereitschaft.“ Quelle: Viktor Matejka, Das Buch Nr. 2. Anregung ist alles

Die österreichischen Volkshochschulen können auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurückblicken. Sie gehen auf Gründungen in Krems an der Donau 1885 und Wien 1887 zurück. Bis in die Zwischenkriegszeit lag der Schwerpunkt der Volkshochschultätigkeit in Wien. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten sie sich in ganz Österreich. 1950 wurde schließlich der Verband österreichischer Volkshochschulen gegründet.

Volkshochschulen

Die Volkshochschule versteht sich als eine der Demokratie verpflichtete, weltanschaulich an die Menschenrechte gebundene, von politischen Parteien unabhängige Bildungseinrichtung.

Betriebliche Weiterbildung und Bildungsfreistellung Der Anteil weiterbildungsaktiver Unternehmen betrug zur Jahrtausendwende ca. 72 % aller Unternehmen des Produktions- und Dienstleistungssektors ab 10 Beschäftigten. Dazu zählen alle Weiterbildungsmaßnahmen, die von den Unternehmen zum Teil oder zur Gänze finanziert wurden. Der Anteil an Beschäftigten aller Unternehmen, die Weiterbildungskurse besuchten, lag bei ca. 31 %.

Weiterbildung durch Unternehmen

Alle Mitglieder des Betriebsrats haben während einer Funktionsperiode grundsätzlich Anspruch auf 3 Wochen Bildungsfreistellung. In Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten besteht für diese 3 Wochen der Anspruch auf Entgeltfortzahlung. 1999 hat die Gewerkschaft in der E-Wirtschaft den ersten Kollektivvertrag mit bezahlter Bildungsfreistellung für alle Beschäftigten errungen. Der so genannte „EVU-KV“ enthält eine Woche bezahlte Bildungsfreistellung pro Arbeitnehmer/-in und Jahr.

Bildungsfreistellung

Die Entwicklung gewerkschaftlicher Bildungsarbeit in Österreich „Arbeiterbildung umfasst drei Bereiche: den Bereich der politischen Bildung, den der Allgemeinbildung und den der ethisch-solidarischen Grundhaltung.“ Franz Senghofer, Leiter des ÖGB-Bildungsreferates, 1949

Von der Gründung der ersten Arbeiterbildungsvereine im 19. Jahrhundert bis zur 1. Republik war die Entwicklung der Arbeiterbildung stets eine gemeinsame Angelegenheit der Sozialdemokratischen Partei und der Freien

Arbeiterbildungsvereine

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Anmerkungen

Gewerkschaftsbewegung. Um die Unzulänglichkeiten des allgemeinen Bildungswesens in der Habsburgermonarchie zu kompensieren, war für die Sozialdemokratie die Einrichtung einer Elementarbildung für Erwachsene unabdinglich. Die Arbeiterbildungsvereine und Gewerkschaften gründeten auch Kranken- und Invalidenkassen, da es bis 1888 keine allgemeine Sozialversicherung gab.

Vereinsrecht

Durch das Vereinsrecht von 1867 wurde die schon lange erhobene Forderung nach der Gründung von Arbeiterbildungsvereinen endlich Realität. Die Arbeiter wollten sich zu gleichberechtigten Menschen entwickeln, lesen und schreiben lernen und sich politisch betätigen. Letzteres war noch verboten, die Aktivitäten der Bildungseinrichtungen wurden von der Polizei überwacht. Als die Behörden 1870 die meisten Arbeiterbildungsvereine und die eben entstandenen Gewerkschaften auflösten, erhob sich die Arbeiterschaft. Streiks und Demonstrationen zwangen die Regierung zur Aufgabe.

Bibliotheken

In den 1890er Jahren richteten Partei- und Gewerkschaftsorganisationen kleinere Bibliotheken ein, in denen sozialistische Werke, aber auch Belletristik auflagen. In vielen Wiener Bezirken wurden damals Arbeiterbüchereien eingerichtet. Auf dem Land mussten diese unter sehr schweren Bedingungen arbeiten (zum Teil waren sie in Wirtshäusern untergebracht) und mit den weitaus populäreren Pfarrbüchereien konkurrieren. Die oberste Instanz des österreichischen Arbeiterbildungswesens stellte die „Zentralstelle für das Bildungswesen“ dar. Erster Sekretär war ROBERT DANNEBERG, danach leiteten JOSEF LUITPOLD STERN und LEOPOLD THALLER die Bildungszentrale. Ihre Hauptaufgabe lag in der Vermittlung der marxistischen Gesellschaftslehre und der Unterstützung politischer, gewerkschaftlicher und genossenschaftlicher Arbeit. Sie war die größte europäische Arbeiterbildungsinstitution. Sie betreute Arbeiterbüchereien, organisierte Vorträge, Exkursionen, Reisen und Kulturveranstaltungen. Eine weitere bedeutende Einrichtung der Arbeiterbewegung war die 1926 gegründete Arbeiterhochschule, die als Eliteschule angelegt war, aber wegen der wirtschaftlichen und politischen Turbulenzen nur in vier Jahrgängen durchgeführt werden konnte. Die meisten Absolventen/-innen nahmen aber nach dem Zweiten Weltkrieg in der Gewerkschaftsbewegung und in der Politik führende Positionen ein. Ein Beispiel war der spätere Wiener Bürgermeister und Bundespräsident FRANZ JONAS.

Arbeiterhochschule

„Die Arbeiterhochschule besuchten Männer und Frauen, deren Interesse an und für Politik, deren Mitarbeit in der sozialdemokratischen Bewegung hoffen ließ, dass sie politische Funktionen ausüben werden. Erwachsene wurden zu Schülern, die die Theorie und Praxis der sozialen Demokratie kennen lernen sollten. Rhetorik, von bekannten Sozialisten gelehrt und in die tägliche politische Praxis umgesetzt, befähigte sie, ihre Gedanken in eindrucksvoller Weise anderen zu vermitteln, ihre Reden zu konzipieren und frei zu sprechen.“

Franz Jonas

Aus: Stella Klein-Löw, Von der Vision zur Wirklichkeit – Von der Wirklichkeit zur Vision

Nach dem Ersten Weltkrieg vollzog sich übrigens auch die Ausbreitung der um die Jahrhundertwende gegründeten Volkshochschulen. Aber erst seit Mitte der 20er Jahre kann von der Etablierung einer eigenständigen gewerkschaftlichen Bildung gesprochen werden. Die meisten Gewerkschaften bauten Schulungseinrichtungen auf. Der sozialistische Bildungstheoretiker Richard Wagner gründete die Wiener Gewerkschaftsschule, die als Abendunterricht mit ein- bzw. seit 1931 zweimal wöchentlich stattfindenden Kursen eingerichtet wurde. Die Teilnehmer/-innen zu den drei Jahrgängen wurden ausnahmslos von den Gewerkschaften delegiert. Praxisbezogene Wissensvermittlung und Exkursionen dominierten gegenüber theoretischen Inhalten.

Gewerkschaftliche Bildung

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Anmerkungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Gründung des überparteilichen ÖGB konnte gewerkschaftliche Bildung nicht mehr sozialistische Arbeiterbildung sein. Franz Senghofer entwickelte die Konzeption der „positiven Neutralität“. Unterschiedliche Auffassungen sollten in der Bildungsarbeit ihren Platz haben: überparteilich, aber nicht apolitisch.

„Positive Neutralität“

Der ÖGB verzichtete auf ein Monopol in der Bildungstätigkeit und setzte auf dezentrale Schulungsmaßnahmen. Nur ein geringer Anteil der Kurse, Vorträge und Veranstaltungen wurde von der Zentrale selbst durchgeführt. Die Bildungsreferate der Einzelgewerkschaften hatten so die Möglichkeit, ein auf ihr Klientel zugeschnittenes Angebot zusammenzustellen. Auch die Gewerkschaftsschulen nahmen 1947 wieder ihren Betrieb auf. Im Unterschied zu ihren Vorgängern der Ersten Republik widmeten sie sich nicht primär der Schulung einer Funktionärselite. Sie standen allen von einer Gewerkschaft empfohlenen Betriebsrats-, Personalvertretungsmitgliedern oder Angestellten der Gewerkschaft offen.

Gewerkschaftsschulen

Im November 1949 startete der erste Jahrgang der Sozialakademie der Wiener Kammer für Arbeiter und Angestellte in Neuwaldegg und übersiedete ein Jahr später nach Mödling. Die Sozialakademie galt als gewerkschaftliches Pendant zur sozialistischen Parteischule und sollte (zunächst in Sechs-, später in Acht- bzw. Zehnmonatslehrgängen) Gewerkschaftsfunktionären/-innen das nötige Rüstzeug mit auf den Weg geben.

SOZAK

1959 wurde auf Initiative des ÖGB berufliche Weiterbildung ausgegliedert und das Berufsförderungsinstitut (BFI) gegründet. Es versteht sich als Bildungseinrichtung der Arbeiterkammern, des ÖGB und der Gewerkschaften. In enger Zusammenarbeit mit allen Landesarbeitsämtern werden für Arbeitslose und für Personen, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind, Nachund Umschulungen durchgeführt.

BFI

Für all jene, die nicht die Möglichkeit hatten, das Bildungsangebot des ÖGB oder der Gewerkschaften zu nutzen, wurde 1967 ein Fernlehrgang eingerichtet, der sich bald zu einer über 100 Skripten umfassenden Briefschule entwickelte.

Briefschule

1971 wurde durch eine Novelle zum Betriebsrätegesetz die Bildungsfreistellung für Betriebsräte und -rätinnen gesetzlich festgeschrieben. Mindestens zwei Wochen Freistellung für die Teilnahme an Kursen und Schulungen standen von nun an in jeder Funktionsperiode allen Betriebsratsmitgliedern ab einer Betriebsgröße von 20 Arbeitnehmer/-innen rechtlich zur Verfügung. Mittlerweile sind es drei Wochen, bei kleineren Betrieben besteht ebenfalls Anspruch auf Freistellung, allerdings ohne Gehaltfortzahlung.

Bildungsfreistellung für Betriebsräte/-innen

Ab 1972 hatte JOSEF EKSL die Leitung des Bildungsreferates inne, bis ihn 1976 KURT PROKOP ablöste. Das Bildungsreferat entwickelte sich immer mehr zu einer Koordinationsinstanz zwischen den Schulungsaktivitäten der Arbeiterkammern und Einzelgewerkschaften mit einem großen Angebot an über Grundschulungen hinausgehenden Spezialkursen. Zunehmend wurden neue Themen wie Rhetorik, Sozialpsychologie oder Werbetechnik in den Katalog der Schulungsmaßnahmen aufgenommen.

Bildungsreferat des ÖGB

Mit IRMGARD SCHMIDLEITHNER trat 1988 zum ersten Mal eine Frau an die Spitze der ÖGB-Bildung. Ihr folgte Franz-Josef Lackinger (1991 bis 2003). Heute steht dem „Verband Österreichischer Gewerkschaftlicher Bildung“ (VÖGB) SABINE LETZ als Geschäftsführerin vor. Die Bildungsangebote werden fortlaufend aktualisiert und erneuert. Seit 2002 bietet der VÖGB neben regelmäßigen Diskussions- und Kulturveranstaltungen auch Kurse und Prüfungen zum Europäischen Computerführerschein (ECDL) an. Ab 2004 gibt es erstmals ein Angebot an E-Learning-Kursmodulen.

Sabine Letz

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Kooperation mit der EU Gewerkschaftliche Bildung funktioniert auch auf der internationalen Ebene. Auf Anregung des ÖGB-Präsidenten FRITZ VERZETNITSCH beschloss der Europäische Gewerkschaftsbund 1990 die Gründung einer Europäischen Gewerkschaftsakademie (EGA). Dadurch besteht die Möglichkeit einer länderübergreifenden Bildungskooperation und der Durchführung transnationaler Gewerkschaftsseminare. Zu diesen werden Teilnehmer/-innen aus allen Ländern, deren Gewerkschaften Mitglied im EGB sind, entsandt. Mittlerweile gibt es ein dichtes Kontaktnetz an international ausgebildeten Gewerkschaftsfunktionären und -funktionärinnen.

EGA

Quelle: Lucia Bauer

3. Was versteht man unter „positiver Neutralität“?

4. Wer waren die ersten drei Leiter der Bildungszentrale?

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Progressive Bildungsansätze in Europa

Anmerkungen

Leo Tolstoi „Viele zerbrechen sich den Kopf darüber, wie man die Menschheit ändern könnte, aber kein Mensch denkt daran, sich selbst zu ändern.“ „Das Glück besteht nicht darin, dass du tun kannst, was du willst, sondern darin, dass du auch immer willst, was du tust.“

Leo Tolstoi

Der berühmte russische Dichter LEO TOLSTOI („Krieg und Frieden“) war auch ein der Reformpädagogik verschriebener Erzieher. Er setzte Initiativen zum Aufbau einer modernen, demokratischen Erziehung. Tolstoi wurde 1828 in Jasnaja Poljana in Russland als Abkömmling eines deutschen Adelsgeschlechtes geboren. Seine Mutter verlor er mit zwei, seinen Vater, als er neun Jahre alt war. Er wurde von weiblichen Verwandten erzogen, studierte zunächst Orientalistik und legte danach das juristische Staatsexamen ab.

Reformpädagogik

1849 gründete er auf seinem Landgut eine erste Schule für arme Bauernkinder, die aber nur zwei Jahre lang bestand. Nach erstem literarischem Ruhm begab er sich zwischen 1857 und 1861 auf Studienreisen nach Europa, um Erfahrungen über das dortige Bildungssystem zu sammeln. Der europäische Unterricht stieß ihn ab, er war ihm zu engstirnig, zu undemokratisch und zu sehr dem „verbrecherischen Glauben an die Gerechtigkeit der Strafe“ verbunden. Tolstoi suchte dagegen nach einer Erziehungsform, die dem Kind sowohl Spaß macht, als auch seine individuellen Interessen berücksichtigt. Erziehung und Bildung sollten einen wichtigen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft leisten. Bis 1862 gründete Tolstoi ca. 20 Schulen und unterrichtete auch selbst. Die russische Polizei schloss die Schulen wegen des Vorwurfs der Erziehung zur Anarchie. 1869 konnten sie jedoch wieder geöffnet werden und Tolstoi trat unbeirrt für die Hebung des sozialen Status der Armen und gegen Gewalt und Krieg auf. Er verzichtete auf seinen Status als Gutsbesitzer und lebte als einfacher Bauer. Er lehnte den Nobelpreis ab. Von der Kirche wurde er exkommuniziert. Er starb im November 1910.

Schulen für die Armen

Für Ehrlichkeit der Erzieher: „Es ist besser, dass Kinder die Schwächen ihrer Eltern kennen, als dass sie fühlen, dass ihre Eltern ein doppeltes Leben führen. ... Die einzige Erziehung ist die Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit den Kindern gegenüber.“ Für Selbstbildung: „Der Erzieher ist dem Kind der erste und nächste Mensch, an dem es seine Beobachtungen macht und jene Schlüsse zieht, nach denen es später die ganze Menschheit beurteilt.“ Über seine Schule: „Trotz des überlegenen Einflusses seitens des Lehrers hatte der Schüler immer das Recht, nicht in die Schule zu gehen, oder selbst wenn er in die Schule ging, nicht auf den Lehrer zu hören. ... Die Schüler sind Menschen, zwar kleinere als wir, aber doch Menschen mit denselben Bedürfnissen, und sie denken nach denselben Regeln wie wir; sie wollen alle lernen, und deshalb gehen sie auch bloß in die Schule; daher werden sie auch sehr leicht zu dem Schlusse kommen, dass man sich bestimmten Bedingungen fügen muss, wenn man lernen will.“ Gegen Kontrolle der Hausaufgaben: „Wenn wir so die Erscheinung der Bildung als die gemeinsame Tätigkeit von Schüler und Lehrer betrachten, sehen wir, dass diese Tätigkeit in beiden Fällen das Streben der Menschheit nach Gleichheit des Wissens zur Grundlage hat.“

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Neue Menschen: Max Adler MAX ADLER war einer der profiliertesten sozialistischen Theoretiker des Austromarxismus. Er wurde 1873 in Wien geboren, wo er später als Universitätsprofessor tätig war. Er entwickelte eine sozialistische Lebens- und Kulturlehre, in welcher der Begriff des kritisch denkenden, sozialistisch orientierten „Neuen Menschen“ geprägt wurde. Nicht bloße Berufsbildung, sondern die Geistesbildung sollte an die erste Stelle in der Erziehung rücken. Die Schrift „Neue Menschen“ erschien 1924, zu einem Zeitpunkt, als der Austromarxismus auf seinem politischen und organisatorischen Höhepunkt war. Adler verstarb 1937 in Wien.

Max Adler

Austromarxismus

„Es kann in der Welt nicht anders und besser werden, wenn jede neue Generation immer wieder in den Gedanken und Empfindungen der vergangenen Geschlechter aufwächst, mögen dies auch ihre vernünftigsten und besten sein ...“ „Und leider besteht die traurige Tatsache, dass die auf den Nutzen in der bürgerlichen Welt gerichtete Erziehung nicht etwa nur eine Meinung der Bourgeoisie ist, die gegen die Proletarierjugend sich auswirkt, sondern die harte Not der Zeit zwingt auch viele Proletariereltern, Erziehung nur in dem Sinne zu bewerten, ob sie die Jugend rasch genug instand setzt, möglichst tüchtig ,ihren Weg zu machen‘, das heißt recht viel zu verdienen.“ „Nichts falscher und verhängnisvoller sowohl für die Zukunft der Jugend als für die der gesellschaftlichen Entwicklung, als die Kindheit und Jugend bloß für Vorbereitungsstufen des künftigen Erwachsenen anzusehen, also die Knaben und Mädchen, wie man zu sagen pflegt, für ihren künftigen Berufe zu erziehen, statt sie für den einzigen Beruf tauglich zu machen, den sie wirklich ausüben sollen, das Leben auf höherer Grundlage fortzusetzen. ... die Jugenderziehung muss unpraktisch sein und die sozialistische, die mit der ganzen Praxis der alten Welt endlich Schluss machen will, ganz besonders.“ „Wir müssen also Kinder erziehen nicht für die heutige Welt der Lohnarbeit und des Individualinteresses, sondern für die künftige der Gemeinarbeit und Solidarität.“ „Am sichersten freilich wäre dieses Ziel zu erreichen, wenn es möglich wäre, die Proletarierkinder auch schon physisch der Umklammerung durch die alte Welt zu entziehen, wenn sie also in eigenen sozialistischen Erziehungs- und Unterrichtsanstalten von vornherein wie in einer Art kommunistischer Schulgemeinde aufwachsen. Es ist ein alter Leitgedanke aller wirklich schöpferischen Pädagogik, dass sie die Kinder dem Traditionalismus der Gesellschaft und insbesondere dem konservativen Egoismus der Familie möglichst entzogen wissen will, und darum nie vor dem Gedanken zurückgeschreckt ist, die Kinder aus der Familie weg in ganz neue der Erziehung entsprechende Verhältnisse zu bringen.“

Alternative Schulkonzepte: Maria Montessori MARIA MONTESSORI wurde 1870 bei Ancona (Italien) in eine gutbürgerliche Familie geboren. Sie trat, für Mädchen in dieser Zeit sehr unüblich, in eine technisch-naturwissenschaftliche Schule ein und begann 1892 als erste Frau Italiens mit dem Medizinstudium, das sie bald mit großem Erfolg abschloss. 1899 wurde sie Dozentin an der Lehrerbildungsanstalt und Direktorin eines Institutes zur Ausbildung behinderter Kinder. Danach begann sie Anthropologie und Psychologie zu studieren. 1907 eröffnete Montessori ein Kinderhaus, wo verwahrloste und vernachlässigte Kinder (oft mussten beide Elternteile zeitintensiver Arbeit nachgehen) plötzlich begannen, sich auf Lerninhalte zu konzentrieren und eigenständig Material zu erarbeiten. Das Kinderhaus wurde bald berühmt, viele weitere folgten von England bis Argentinien.

Maria Montessori

Fortschrittliches Kinderhaus

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In den 20er Jahren gelang es Montessori zunächst, sich mit den italienischen Faschisten zu arrangieren. Doch 1933 zerstörten zunächst die Nationalsozialisten in Deutschland die Montessori-Bewegung, bevor 1934 Mussolini auch die Schulen in Italien schließen ließ. Montessori ging nach Barcelona, dann nach Amsterdam und schließlich 1939 nach Indien.

Anmerkungen

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlieh sie der Europäischen Montessori-Bewegung neuen Schwung und Auftrieb. Maria Montessori starb 1952 in den Niederlanden. „Einzelheiten lehren stiftet Verwirrung – Beziehungen unter den Dingen herstellen bedeutet Erkenntnis vermitteln.“ „Unsere Bildungsstätten sind mehr als ... Schulen im eigentlichen Sinn des Wortes, d. h. es ist eine für das Kind besonders vorbereitete Umgebung, in der es die Kultur, die die Umgebung ausstrahlt, aufnimmt, ohne Unterricht zu benötigen.“ „Lehrer geben zwar zu, dass es notwendig ist, das Streben der Kinder in Richtung spontanen Interesses zu fördern, behaupten aber, es müsse streng kontrolliert und in Schranken gehalten werden. Das ist ein Widerspruch in sich; man kann nicht durch Unterdrückung Entfaltung bewirken.“ „Die Freiheit ist dann erlangt, wenn das Kind sich seinen inneren Gesetzen nach den Bedürfnissen seiner Entwicklung entsprechend entfalten kann. Das Kind ist frei, wenn es von der erdrückenden Energie des Erwachsenen unabhängig geworden ist. Dieses Freiwerden ist weder eine Idee noch eine Utopie, sondern eine oft erfahrene Tatsache. Es ist eine Wirklichkeit, die wir andauernd erleben. Wir schließen damit nicht die Notwendigkeit der Kulturübermittlung noch die notwendige Disziplin und auch nicht die Notwendigkeit des Erziehers aus. Der Unterschied ist allein der, dass in dieser Freiheit die Kinder voll Freude arbeiten und sich die Kultur durch eigene Aktivität erwerben, dass die Disziplin aus dem Kind selbst entsteht.“ „Das eigentlich Charakteristische der Universität besteht darin, das Studieren zu lehren. Das Diplom ist lediglich der Beweis dafür, dass man zu studieren, sich die Bildung allein anzueignen weiß, und dass man gut auf den Wegen des wissenschaftlichen Forschens gewesen ist. ... Wenn man gelernt hat, zu lernen, dann ist es, um zu lernen. Ein Mensch mit einem Diplom ist also ein Mensch, der auf dem Ozean der Bildung besser zu steuern weiß. Er hat eine Orientierung mitbekommen.“

Die Montessori-Pädagogik zeichnet sich durch eine respektvolle Haltung gegenüber dem Kind aus, dessen Würde in jedem Fall geachtet wird. Lernen ist hier kein Wettkampf, sondern Förderung der Individualität, sozialer Kompetenz und der vorhandenen Potenziale. Beurteilungen und Noten sind überflüssig. Ein paar zusammengefasste Grundgedanken: 

Respekt und Würde

Die Kinder finden in einer ansprechenden Umgebung Anreize zum Lernen Lehrer begleiten die Kinder aktiv, indem sie respektvoll beobachten und Material aufbereiten Die Kinder haben ein Recht auf individuelles Lerntempo und individuelle Lösungsansätze Kinder verschiedener Altersstufen und verschiedener Begabungen tauschen sich gegenseitig in einer Gruppe aus und arbeiten im Team 5. Wie sollen die „Neuen Menschen“ geschaffen werden?

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Internationale Bildungssysteme

Anmerkungen

Kein Vorbild für Europa: Das Bildungssystem der USA Nach der Abschaffung der Sklaverei hatten, zumindest theoretisch, alle Amerikaner/-innen das Recht auf Schulbildung. Es bildete sich aber sehr rasch eine Trennung nach der Hautfarbe heraus. 1954 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Rassentrennung in Schulen verfassungswidrig ist, weil die Teilung in schwarze und weiße Schulen keine Chancengleichheit bietet. Die praktische Umsetzung der Gleichstellung erwies sich als äußerst schwierig. 1963 stellte sich der neu gewählte Gouverneur von Alabama, GEORGE WALLACE, höchstpersönlich vor die Tür der Universität, um schwarzen Studierenden den Zutritt zu verwehren. Erst durch den Aufmarsch der Nationalgarde konnte er zum Aufgeben gezwungen werden.

Rassismus

Unter der Präsidentschaft von LYNDON B. JOHNSON (1963–1969) wurde versucht, dem Urteil des Obersten Gerichtshofes durch weitere Maßnahmen gerecht zu werden: „Bildung ist kein Problem. Bildung ist eine Herausforderung.“ 1965 beschloss der Kongress bundesweite Förderungen für Schulen und Universitäten. Erklärtes Ziel Johnsons war es, das Ungleichgewicht zwischen Schwarzen und Weißen zu schmälern. Tatsächlich erhöhte sich die Rate der Kinder von schwarzen Eltern, die einen High-School-Abschluss erlangten, noch in der Amtszeit des Präsidenten von 40 % auf 60 %. Die Universitäten konnten dank Bundeszuschüssen die Zahl ihrer schwarzen Hörer vervierfachen.

Lyndon B. Johnson

Die Bürgerrechtsbewegung konnte 1969 ein Gesetz für positive Diskriminierung von Minderheiten an Schulen und Universitäten erwirken. 1971 entschied das Oberste Bundesgericht, dass in Gegenden mit großer Rassentrennung ein so genanntes „Busing“-System errichtet werden muss. Schwarze Kinder aus ärmeren Gegenden wurden jeden Tag in der Früh mit dem Bus in Schulen gebracht, die bisher nur Weißen vorbehalten waren. Auch weiße Kinder wurden zum Zwecke der Aufhebung der Rassentrennung in gemischte Schulen gebracht und durften nicht mehr die nächstgelegene Schule in der Nachbarschaft besuchen.

Positive Diskriminierung

Die Aufbruchstimmung im amerikanischen Bildungssystem machte aber schon bald Ernüchterung Platz. Viele weiße Eltern nahmen ihre Kinder aus den gemischtfarbigen öffentlichen Schulen, rein weiße Eliteschulen schossen aus dem Boden. Der Widerstand gegen das Busing, das nach und nach auf Städte im gesamten Bundesgebiet (z. B. Boston 1974, San Francisco 1982) ausgedehnt wurde, war und ist groß. Wütende weiße Demonstranten/ -innen zündeten Busse an oder attackierten immer wieder schwarze Kinder.

Quelle: Houston Chronicle

Mittlerweile haben einige Bezirksgerichte das obligatorische Busing wieder aufgehoben, in vielen Städten machen Eltern mobil gegen eine ihrer Meinung nach unzeitgemäße Regelung, die ihnen das Recht nehme, die Schule für ihre Kinder auszuwählen. Beinahe 40 % der 10-jährigen Schüler/-innen können nicht richtig lesen. Unterteilt man diese Statistik in schwarze und weiße Schüler/-innen bzw. Kinder aus ärmeren und reicheren Familien, erhält man noch schockierendere Ergebnisse: So waren 2003 60 % der Kinder aus armen Familien de facto Analphabeten, bei den Afroamerikanern/-innen waren es sogar 63 %. Kritische Journalisten/-innen sprechen bereits von „educational apartheid“.

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Das US-amerikanische Bildungssystem ist nicht zentral organisiert, sondern fällt in den Zuständigkeitsbereich der einzelnen Bundesstaaten. Für die Verwaltung des Bildungswesens sind die örtlichen Schulbehörden zuständig. Ihre Besonderheit liegt darin, dass ihre Vertreter/-innen von der Bevölkerung gewählt werden.

Dezentralisiertes Bildungssystem

Das Bildungssystem lässt sich in drei Stufen unterteilen:  Grundschule (Elementary School/Primary School); in der Regel sechs Jahre  Oberschule (High School); in der Regel sechs Jahre (drei Jahre „Junior High School“, drei Jahre „Senior High School“)  Höhere Bildung (Colleges, Hoch- und Fachhochschulen, Universitäten)

3-stufiges System

Es besteht zwölfjährige Pflichtschulzeit, die Grundschule kann dabei auch als Gesamtschule auf acht Jahre erweitert, und die Oberschule auf vier Jahre verkürzt werden. Das Schuljahr ist in den USA mit ca. 180 Unterrichtstagen im Schnitt das kürzeste unter den Industrienationen. Nach der Absolvierung der High School erhält man ein „High School Diploma“, das ohne Abschlussprüfung ausgestellt wird. Es berechtigt nicht automatisch zum Hochschulstudium.

Kurzes Schuljahr

Viele Schulen schließen Sponsorverträge mit Privatfirmen ab, die sich so ein Werbemonopol auf dem Schulgelände sichern. Bei von Coca Cola gesponserten Schulen darf dann in diesen Schulen nur mehr diese Marke angeboten werden. In Eliteschulen wird darüber hinaus die Ausbildung auf die Bedürfnisse des geldgebenden Konzerns abgestimmt.

„Coca-Cola-Schulen“

Das öffentliche Schulsystem ist zwar kostenlos, doch sind die öffentlichen Schulen gerade in ärmeren Regionen sehr schlecht ausgestattet und leiden unter hoher Kriminalität. Vor allem Delikte gegen Personen und Drogenmissbrauch steigen stetig an. Viele Schulen beschäftigen private Security Dienste („Schulpolizei“). Es herrscht ein Klima der „zero tolerance“ gegenüber allen Verstößen gegen die Schulordnung. Suspendierungen und Verweise sind rasch bei der Hand.

Kriminalität

Präsident George Bush erhöhte die staatlichen Bildungsausgaben. So steckte er etwa 2001 320 Millionen Dollar in die Erstellung von jährlichen Leseund Schreibtests, die jährlich die Leistungen der amerikanischen Schüler/ -innen effizienter überprüfen sollen. Weitere 412 Millionen flossen in Leseförderungsprogramme. George Bush und die Republikaner favorisieren ein so genanntes „voucher“-System, das Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder Steuerabsetzbeträge garantiert. So sollen auch ärmere Familien die Möglichkeit erhalten, ihre Kinder in bessere Privatschulen zu schicken. Gegner/-innen des Systems betonen die weitere Abwertung des öffentlichen Schulsystems, in dem Eltern motiviert werden, eher private Anbieter zu bevorzugen.

Privatisierung

Bushs Regierung äußert sich ablehnend bzgl. der Praxis mancher Universitäten, durch positive Diskriminierung Minderheiten zu fördern und Angehörige von Minderheiten auch dann zu akzeptieren, wenn weiße Mitbewerber/-innen bessere Testergebnisse und Zeugnisse vorweisen können. Nur noch ein Drittel der Hochschulen sind öffentlich. Alle Hochschulen müssen kostendeckend bzw. profitorientiert arbeiten, was erheblichen Einfluss auf die Auswahl der zugelassenen Studierenden, die Lehrpläne und die Höhe der Studiengebühren (variieren ziemlich stark je nach Ansehen und Qualität der Hochschule) hat. Kann man etwa an einer kleineren öffentlichen Universität um $ 3.500,– pro Jahr inskribieren, muss man für ein Studium an einer privaten Eliteuniversität bis zu $ 30.000,– hinblättern. Auch Universitäten schließen Werbeverträge ab oder lassen sich von privaten Gönnern sponsern.

Profitorientierung

Quelle: Universität Yale

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Vorreiter innerhalb der EU: Finnland Auch in Finnland war Bildung ursprünglich eine rein kirchliche Angelegenheit. Jahrhundertelang kontrollierten die Pfarrer die Bibelkenntnisse ihrer Schüler/-innen. Erst im 19. Jahrhundert wurde vorgeschrieben, dass die Gemeinden die Verantwortung für die Bildung zu tragen haben.

Kirchliche Schulen

In den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts gingen erst 2,5 % der Bevölkerung in eine Schule, während es in England bereits 16 % und in Schweden immerhin schon 10 % waren. 1898 wurde es für jede Gemeinde verpflichtend, Schulen zu gründen, wenn sich 30 Schüler/-innen meldeten. Schon bald entstand ein dichtes Volksschulnetz. Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts besuchten schon zwei Drittel der Kinder eine Volksschule.

Quelle: http://rosetta.helsinki.fi

1917 erlangte Finnland die Unabhängigkeit von Russland. In der zwei Jahre später angenommenen Verfassung wurden die allgemeine Schulpflicht (sechsjährige Volksschule) und ein kostenfreier Grundunterricht festgeschrieben. Nach vier Jahren Volksschule konnte auf die Oberschule gewechselt werden, die aus einer fünfjährigen Mittelschule und der dreijährigen Oberschule bestand. Die Sprachen bildeten einen zentralen Teil des Stundenplans. Nach dem Zweiten Weltkrieg löste Englisch Deutsch als wichtigste Fremdsprache ab.

Allgemeine Schulpflicht

Grundschulsystem

Das heutige Schulsystem beruht auf den großen Reformen der 70er Jahre. Es wurde die Mittelschule abgeschafft und ein für alle verpflichtendes neunjähriges Grundschulsystem (ab einem Alter von sieben Jahren) geschaffen sowie die Ausbildungsbedingungen in den Städten und auf dem Lande angeglichen. In den Gesamtschulen umfasst das Schuljahr 190 Unterrichtstage.

Individualisierung

Nach den Grundschuljahren ist man nicht mehr schulpflichtig, dennoch nehmen 94 % der Grundschüler/-innen eine weiterführende Schulbildung in Anspruch. Wegen der individuellen Kursentscheidungen in der Oberstufe (16–19 Jahre) gibt es keine Jahrgangsklassen mehr. Die berufliche Ausbildung in der Berufschule umfasst auch Lernabschnitte in eigenen Werkstätten sowie ein Werkspraktikum.

PISA-Sieger

Der Schulalltag im PISA-Studien-Siegerland Finnland wirkt entspannter und freier als in den meisten anderen Staaten. Lehrer/-innen werden ausschließlich beim Vornamen angesprochen, niemand hat Angst vor dem Sitzenbleiben, das ist nämlich gar nicht möglich. Kurze Stunden von 35 Minuten und gemeinsames Mittagessen mit der Klasse fördern die Gemeinschaft. Die Verpflegung ist ebenso kostenlos wie der Schulbesuch. Es gibt viel Zeit für Übungen und viele Wahlfächer, um die jeweiligen Stärken zu fördern. Und all das ist möglich, obwohl die Aufwendungen für Bildung in Finnland unter denen Österreichs liegen. Es geht bei der Ausformung des Bildungssystems also in erster Linie um politischen Gestaltungswillen, nicht um finanzielle Hürden. Das Schuljahr ist in fünf Blöcke unterteilt, die jeweils sieben Wochen dauern. Nach ihrer Schulausbildung nehmen die Schüler/-innen an einer zentralen Prüfung teil, die zweimal im Jahr angeboten wird. Sie werden in 4 bis 7 Fächern geprüft. Eine mögliche Wahl ist z. B. Finnisch, Schwedisch (= zweite offizielle Sprache in Finnland), die erste „ausländische“ Sprache (z. B. Englisch), Mathematik, ein oder mehrere „Nebenfächer“ (Religion, Philosophie, Chemie, Physik, Biologie, Geografie oder Psychologie) und eine weitere Fremdsprache (Deutsch, Französisch, Spanisch, Italienisch oder Latein).

Die sozialdemokratische Bildungsministerin Tuula Haatainen Quelle: Regierung von Finnland

Viele deutsche Bildungsexperten/-innen zeigen sich über das unterdurchschnittliche Abschneiden der deutschen Schüler/-innen in der PISA-Studie verärgert. Besonders bitter erscheint die Tatsache, dass für die finnischen Bildungsverantwortlichen vor allem das nach der Wende eingestampfte Schulsystem in der ehemaligen DDR als Vorbild diente. In zahlreichen Studienreisen wurde das fächerübergreifende und praxisorientierte Schul-

DDR als Vorbild

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modell analysiert. Die Finnen übernahmen freilich nicht die autoritär-straffen Elemente der DDR-Erziehung.

Anmerkungen

Kennzeichen des finnischen Schulsystems auf einen Blick

Kennzeichen

 

Gesamtschule ab 7 Jahren ohne sitzen bleiben und Noten (kein Wettbewerb und Leistungsdruck in der Klasse) Oberstufe ab ca. 16 (wer ein Fach nicht besteht, muss nur dieses Fach wiederholen, nicht die Klasse) Die Pflichtfächer betragen nur 50 %-60 %, der Rest der Schulzeit wird aus Wahlpflichtfächern und Praktika zusammengestellt Große Schulautonomie (Lehrpläne werden weitgehend von den Schulen erstellt) Keine Sonderschulen (Schüler/-innen mit Sprach- oder Verhaltensstörungen werden nur in ihren Problemfächern gesondert unterrichtet) Kurze Stunden (ca. 35 Minuten), längere Pausen Minderheiten können ihre Muttersprache als erste Sprache wählen (mehrere Stunden Sondersprachunterricht in Finnisch) Gut ausgebildete Lehrkräfte (nur 10 % der Bewerber/-innen werden zum Lehramtstudium zugelassen) Keine Privatschulen

Höhere Bildung und Erwachsenenbildung Das finnische Hochschulwesen besteht aus zwei parallelen Zweigen: den Universitäten und den Fachhochschulen. Finnland hat weltweit eine der höchsten Inskriptionsraten. Die Universitätsfakultäten entscheiden selbst über Prüfungsordnungen, Lehrpläne und Anzahl der aufzunehmenden Studienanfänger/-innen. Alle 20 Universitäten sind staatlich und heben keine Studiengebühren ein. Allerdings gibt es Aufnahmeprüfungen. Die Absolvierung des ersten Studienabschlusses dauert drei Jahre, die eines höheren Studienabschlusses fünf bis sechs.

Aufnahmeprüfungen

Das finnische Fachhochschulwesen wurde erst in den 90er Jahren etabliert. Die Fachhochschulen werden von den Kommunen oder von privaten Einrichtungen getragen. Der Staat beteiligt sich aber zu 57 % an der Finanzierung. Die berufsorientierten Studiengänge dauern dreieinhalb bis vier Jahre.

Fachhochschulen

Für die Erwachsenenbildung gilt, dass der auf einen Schul- oder Studienabschluss abzielende Unterricht unabhängig vom Alter der Teilnehmer/ -innen kostenlos ist. Dasselbe gilt für Kurse für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer/-innen. Für alle anderen Ausbildungen muss bezahlt werden.

Erwachsenenbildung

6. Erklären Sie den Begriff „Busing“!

7. Welche Vorteile hat das System der „individuellen Kursentscheidung“?

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Anmerkungen

Exkurs

Ein EU-Ziel: „Lebenslanges Lernen“ (von Isabelle Schiesser)

Was bedeutet „Lebenslanges Lernen“? Der Begriff „Lebenslanges Lernen“ oder „Lebensbegleitendes Lernen“ bedeutet ein Lernen über die gesamte Lebensspanne hinweg. Darunter versteht man das selbstständige Entscheiden des/der einzelnen Lerners/Lernerin über die Nutzung der verschiedensten informellen und institutionalisierten Lernhilfen – und nicht „Lebenslange Erziehung“ mit lebenslangem pädagogischem Gegängeltwerden. Es geht hauptsächlich darum, die Bedürfnisse der Lernenden zu befriedigen. In einer entwickelten Lerngesellschaft ist jeder/jede zugleich Lerner/Lernerin und eine Quelle für das Lernen anderer.

Welche Aspekte von „Lebenslangem Lernen“ sind im Erwachsenenalter bedeutsam? In verschiedenen Lebensphasen haben Erwachsene individuelle Gründe und Anlässe, die eine Weiterentwicklung der Person und damit Lernen sowohl erfordern als auch bedingen. Dabei sind speziell im Arbeitsprozess persönliche, berufsspezifische und soziale Kompetenzen relevant, deren Förderung sinnvoll ist. Es wird zunehmend wichtiger, breitere persönliche Kompetenzen im Verhältnis zu spezifischen Qualifikationen zu entwickeln.

Quelle: http:// artemis.austincollege.edu

Persönliche Kompetenzen sind – offenere subjektive Potenziale, – die sich laufend durch die lernende Verarbeitung von Erfahrungen und Informationen weiterentwickeln und – jeweils für die Bewältigung verschiedener Anforderungen mobilisiert werden können. Berufsspezifische Kompetenzen sind Methodenkenntnisse über bestimmte Tätigkeiten, die fachspezifisch ausgebildet werden. Soziale Kompetenzen umfassen die so genannten „life skills“, die Lebenskompetenzen, z. B. mit Konflikten umgehen zu können, private und berufliche Anforderungen vereinbaren zu können usw. Lernen bedeutet auch Kompetenzentwicklung für das Weltverstehen und die Bewältigung drängender Lebensaufgaben. Dazu ist die Beschäftigung mit den schulischen Fachdisziplinen weniger wichtig als die Konzentration auf die aktuellen Situationen und Probleme des menschlichen Lebens, Arbeitens und Zusammenlebens. Es geht darum, Problemzusammenhänge besser verstehen zu lernen und für sie jeweils angemessene Verhaltensmöglichkeiten zu entwickeln. Darunter fallen beispielsweise Themen wie – soziale, ethnische, religiöse Gegensätze und demokratische Spielregeln des Interessenausgleichs, – Umweltzerstörung und notwendige ökologische Verhaltensänderungen, – menschliche Beziehungen in Macht- und Geschlechterverhältnissen – und vieles mehr. Dafür ist eine kommunikative Auseinandersetzung durch Nachfragen, Vergleichen, Schlüsse ziehen, Erproben im Lebensvollzug notwendig. Um angemessen verschiedene Situationen meistern zu können, bedarf es eines Konzepts, einer Handlung und Rückmeldung in der Praxis sowie einer Reflexion über das Geschehene. 28


Anmerkungen

Wozu „Lebensbegleitendes Lernen“? Das vordergründigste Argument für das Lernen im Erwachsenenalter ist zumeist das Ziel, beruflich weiterzukommen und damit einhergehend ein rein finanzielles bzw. prestigeträchtiges Motiv des/der Lernenden. In einer leistungsorientierten und individuumszentrierten Gesellschaft verwundert diese Tatsache nicht. Lernen wird allzu oft als notwendige Mühsal für höhere Ziele empfunden, wobei übersehen wird, dass  

Lernen an sich Freude und Befriedigung bringen kann; ein aktiver Meinungsbildungsprozess eigene Einstellungen besser zu fundieren ermöglicht und damit die Kompetenz erhöht wird, die Meinung anderer ernst zu nehmen, zu tolerieren oder zu diskutieren; kulturelle und geistige Aspekte des Lernens zum Wohlbefinden beitragen; Lernen auch ein Stück Autonomie ermöglicht, indem es den Menschen die Instrumente und Fertigkeiten in die Hand gibt, ihr eigenes Leben zu gestalten und ihre persönlichen Ziele zu erreichen.

Lebenslanges Lernen kann verstanden werden als eine Erweiterung eigener Spielarten, wie man seine Umwelt versteht, sie deutet und sich entsprechend verhält. Dadurch kann eine angemessene Situationsbewältigung stattfinden, welche wesentlich zur Festigung der eigenen Identität beiträgt. Lernen ist auch ein sozialer Prozess, der den Menschen erlaubt, ihre Rechte als Bürger/-innen wahrzunehmen und sich mehr in der Gemeinschaft, in der sie leben, zu engagieren. Die Kompetenzentwicklung ist notwendig, um eine aktive, verantwortungsbewusste demokratische Mitwirkung möglichst vieler Menschen an der Sicherung einer humanen Zukunft zu ermöglichen.

Wodurch lernen wir?

Quelle: http:// www.blackpool.gov.uk

Indem Menschen verschiedene Lebenssituationen meistern, erweitern sie ständig ihren eigenen Verstehenshorizont und ihr persönliches Aktions- und Verhaltensrepertoire. Der permanente Prozess der Kompetenzerweiterung durch lebenslanges Lernen vollzieht sich vor allem in den drei Dimensionen – der personalen Entwicklung und Identitätsbildung: aus der eigenen Erfahrung und Lebenswelt, – der Sozialisation und Rollen-Qualifizierung: durch Bewältigung verschiedener Aufgaben und Rollen; durch Sich-Hineinfinden in kommunikative Beziehungen und Solidaritätsbindungen, – der partizipativen Weltgestaltung und Problemlösung: mittels integrativen Verstehens von Wirkungszusammenhängen und Vertrautwerdens mit demokratischen Entscheidungsfindungsprozessen. Ziel allen Lernens sollte das Mündigwerden des Menschen sein, auch für ein selbstständiges, selbstorganisiertes Weiterlernen im täglichen Lebensund Arbeitszusammenhang. Literatur: Dohmen, Günther (1996). Das lebenslange Lernen. Leitlinien einer modernen Bildungspolitik. Bonn: BM für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, Referat Öffentlichkeitsarbeit. Reinmann-Rothmeier, G. & Mandl, H. (1997). Auffassungen vom Lehren und Lernen, Prinzipien und Methoden. In: Weinert, F. E. und Mandl, H. (Hrsg). Enzyklopädie der Psychologie: Psychologie der Erwachsenenbildung. Göttingen: Hogrefe. 29


Die Bildungskonzepte der österreichischen Parteien

Anmerkungen

ÖVP „Aufgabe der Gesellschaft, des Elternhauses und der Schule ist es, dem jungen Menschen grundlegende Werte zu vermitteln, ihm eine Wertebasis mitzugeben, auf deren Grundlage er seine Entscheidungen fällen kann.“

Die Österreichische Volkspartei bekennt sich zwar zum System der staatlichen Schulen, misst aber einer differenzierten Ausbildung und privaten Angeboten große Bedeutung bei. Auch bekennt sich die ÖVP zu einer „Begabten“-Förderung in Form von Eliteschulen und zu Studiengebühren.

Begabtenförderung

Vorstellungen im Detail: 

 

Steigerung der Akademikerquote von 10 % auf 20 % der Erwerbsbevölkerung. Bekenntnis zur Vielfalt der Schularten, um verschiedene Begabungen zu berücksichtigen. Keine Gesamtschule. Religionsunterricht ist eine wichtige Basis zur Wertevermittlung. Bekenntnis zum Universitätsgesetz 2002 und zu Studiengebühren (sind für Verbesserungen der Studienbedingungen zu verwenden). Moderne Lehrer/-innenbesoldung mit leistungsorientierten Komponenten. Abbau von Mobilitätshürden, gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen in ganz Europa.

SPÖ „Bildung bestimmt auch wesentlich den Grad an Reife, der eine demokratische Gesellschaft auszeichnet. Menschen, die Bildung als Chance erlebt und gelernt haben, sich selbst Meinungen zu bilden, sind in der Regel besser gerüstet gegen Denken in Schwarz-Weiß-Mustern, politische Verhetzung und Demagogie.“ Soziales Grundrecht und Gesamtschule

Die Sozialdemokratische Partei Österreichs sieht Bildung als soziales Grundrecht aller Menschen an. Bildungsinhalte sollen, statt durch reinen Frontalunterricht vermittelt, aktiv erarbeitet werden, um die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Die SPÖ tritt für eine gemeinsame Schule der 6- bis 14-Jährigen ein. Schulen sollen weit gehend autonom agieren, Mitbestimmung für Eltern und Schüler soll gestärkt werden. Die Erwachsenenbildung soll ausgebaut werden.

10-Punkte-Konzept

2001 stellte Parteivorsitzender ALFRED GUSENBAUER ein 10-Punkte-Konzept zur Bildungspolitik vor: 1. Verbesserter Vorschulunterricht. Kinderbetreuungseinrichtungen sollen keine reinen Aufbewahrungsstätten sein, Bildung soll auf frühere Lebensjahre ausgedehnt werden. 2. Ab der ersten Klasse Volksschule sollte verbindlicher zweisprachiger Unterricht eingeführt werden.

Alfred Gusenbauer

30


3. Aufhebung der Trennung zwischen allgemeinbildender und berufsbildender höherer Schule durch „Modulsystem“. Alle Schüler/-innen sollen zwar eine Stammschule haben, sie sollen aber darüber hinaus an unterschiedlichen Schulen Qualifikationen erwerben dürfen. 4. Ausbau der Fachhochschulplätze, weil in manchen Schulen nur ein Zehntel aller Bewerber/-innen einen Platz bekommen. 5. Neue Ausbildungsmöglichkeiten für Lehrlinge in Richtung Berufsfachschulen mit starker Praxisorientierung. 6. Gebührenfreies Nachholen von Bildungsabschlüssen. Viele arbeitslose Menschen haben keine abgeschlossene schulische Ausbildung. 7. Abschaffung der Studiengebühren. Bildung soll generell frei bleiben. 8. Ablehnung des Universitätsorganisationsgesetzes. Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden und des Mittelbaus sollen erhalten werden. 9. Einführung eines Bildungsprämienmodells: Jeder/Jede soll die Möglichkeit bekommen, 2 % des Bruttolohnes auf ein Bildungskonto einzuzahlen. Der Staat garantiert, dass nach fünf Jahren eine Gesamtsumme von € 5.000,– zur Verfügung steht, um eine Weiterbildung beginnen zu können. Im Anschluss an diese Bildungsprämie kann man einen Bildungskredit in der Höhe von € 30.000,– beantragen. 10. Flexiblere Gestaltung der Bildungskarenz. Ausbildung soll auch während weiterer beruflicher Tätigkeit absolviert werden können.

Anmerkungen

Die Grünen „Ein umfassender Bildungsbegriff geht weit über Ausbildung hinaus. Das Anbieten von Fakten und Informationen allein ist noch keine Bildung. Wissen ist im Unterschied zur Aufnahme von Fakten struktur- und kompetenzbildend. Bildung soll dieses Wissen vermitteln, um den Einzelnen zu befähigen, Zusammenhänge zu erkennen, selbstbestimmend zu lernen, zu wissen, wie man lernt, zu wissen, welche Informationen relevant sind und wo sie gefunden werden können. Erst Bildung ermöglicht die Entwicklung zu emanzipierten, freieren, kritischen Menschen.“

Für die Grünen soll Bildung frei von privatwirtschaftlichem Druck erfolgen, Gesamtschulen werden befürwortet und Studiengebühren abgelehnt. Nur so können einkommensschwächere Schichten gleichberechtigten Zugang zu Bildungseinrichtungen bekommen. 

Private Angebote können die staatliche Verantwortung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

Klassenschüler/-innenhöchstzahl auf 20 Kinder senken.

Zweisprachiger Unterricht.

Kein Zurückdrängen nicht unmittelbar am Arbeitsmarkt verwertbarer Fächer.

Rechtsanspruch auf Bildungskarenz (5 Jahre im Laufe des Erwerbslebens).

Flexiblere Beurteilungs- und Fördersysteme, die das Wiederholen von Klassen überflüssig machen.

Fachübergreifendes Arbeiten, Projektunterricht; „humane Schule“, wo Selbstwertgefühl getankt werden kann.

Gemeinsame Schule während der gesamten Schulpflicht.

Keine Schul- oder Studiengebühren, vielmehr Grundsicherung für Studierende.

Ohne marktwirtschaftlichen Druck

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Anmerkungen

Autonome demokratische Strukturen und Budgethoheit an den Universitäten. Recht auf lebensbegleitende Aus- und Weiterbildung.

FPÖ Die „Kuschelschule“ stellt „für die Freiheitlichen kein wünschenswertes Zukunftsmodell dar. Wissen und Können, das mühelos erworben wird, und Erfolge, die sich ,ganz von selber‘ einstellen, bleiben mangels Forderung von Leistung meist hinter den Möglichkeiten der Schüler zurück. Eine bestmögliche Nutzung der geistigen Anlagen und Interessen ist nur durch Bildungseinrichtungen gewährleistet, in denen der Leistungsgedanke im Vordergrund steht.“ 

Private Einrichtungen sollen mit den öffentlichen Unterrichtsanstalten in einen qualitätsfördernden Wettbewerb treten. Ablehnung von „uniformen Strukturen“ wie der Gesamtschule, weil nicht alle Menschen gleich veranlagt sind. Lehrziele haben sich am wirtschaftlichen Bedarf und an der Erhaltung des kulturellen Erbes auszurichten. Ausdrückliches Bekenntnis zum Leistungsprinzip und zu Bildungseliten. Budgethoheit für die Universitäten und freier Zugang zu höherer Bildung. 8. Nennen Sie Gemeinsamkeiten in den Bildungskonzepten von SPÖ und Grünen!

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Literaturverzeichnis

Anmerkungen

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  

Susan E. Eaton, The other Boston Busing Story (Yale 2001) Europäische Kommission, Allgemeine und berufliche Bildung in Europa: Unterschiedliche Systeme, gemeinsame Ziele für 2010 (Brüssel 2002) FPÖ, Parteiprogramm (1997) Christian Gary/Peter Schlögl (Hrsg.), Erwachsenenbildung im Wandel (Wien 2003) Wolfgang Greif/Franz-Josef Lackinger, Zur Entwicklung gewerkschaftlicher Bildungsarbeit in Österreich (Wien 1994) Die Grünen, Grundsatzprogramm der Grünen (Linz 2001) Alfred Gusenbauer, 10-Punkte-Konzept zur Bildungspolitik (2001) Stella Klein-Löw, Von der Vision zur Wirklichkeit – von der Wirklichkeit zur Vision (Wien 1985) Rita Kramer, Maria Montessori (Frankfurt 1995) Viktor Matejka, Das Buch Nr. 2. Anregung ist alles (Wien 1991) Juha Ojanen, Das finnische Schul- und Ausbildungswesen (FinFo 3/2002) ÖVP, Das Österreich-Programm der Volkspartei: Unsere Ziele für Österreich (2002) Alfred Pfabigan (Hg.), Vision und Wirklichkeit: Ein Lesebuch zum Austromarxismus Ronni Reiniger, Education in Britain and the USA (1997) Hermann Schnell, Bildungspolitik in der Zweiten Republik (Wien 1993) SPÖ, Das Grundsatzprogramm (1998)

Webseiten  

     

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Europäische Union: http://europa/eu.int Payer, Margarete, Internationale Kommunikationskulturen. – 6. Kulturelle Faktoren: Lehr- und Lernstile. – Fassung vom 7. Januar 2001. http://www.payer.de/kommkulturen/kultur06.htm ÖVP: http://www.oevp.at SPÖ: http://www.spoe.at Die Grünen: http://www.gruene.at FPÖ: http://www.fpoe.at ATTAC: http://www.attac.de und http://www.attac-austria.org GATS: http://www.stoppgats.at


Beantwortung der Fragen F1:

Die internationale Schulleistungsstudie PISA ist ein Projekt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Zielsetzung des Projekts ist es, Indikatoren für Wissen und Fähigkeiten von 15-jährigen Schülern/-innen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften zu liefern.

F2:

Lehrerausbildung verbessert, Sonderschulen eingerichtet, kindergerechte Schulbücher in Auftrag gegeben, Schulbesuch wurde kostenlos, Lerninhalte von den Schülern/-innen demokratisch mitbestimmt, Stipendien für Kinder von Arbeitern/-innen.

F3:

Unterschiedliche Auffassungen sollen in der Bildungsarbeit ihren Platz haben: überparteilich, aber nicht apolitisch.

F4:

Erster Sekretär war Robert Danneberg, danach folgten Josef Luitpold Stern und Leopold Thaller.

F5:

Nicht bloße Berufsbildung, sondern die Geistesbildung sollte an die erste Stelle in der Erziehung rücken; Erziehung zur Gemeinarbeit und Solidarität, statt zur Lohnarbeit.

F6:

Schüleraustausch mit dem Bus; schwarze Kinder aus ärmeren Gegenden werden jeden Tag mit dem Bus in Schulen gebracht, die bisher nur Weißen vorbehalten waren; weiße Kinder werden in gemischte Schulen außerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft gebracht.

F7:

Es gibt keine Jahrgangsklassen mehr; es gibt viel Zeit für Übungen und viele Wahlfächer, um die jeweiligen Stärken zu fördern.

F8:

U. a. Gesamtschule bis 14 Jahre, mehr Bildungskarenz, keine Studiengebühren, demokratische Mitbestimmung an Universitäten.

Anmerkungen

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SKRIPTEN ÜBERSICHT SOZIALRECHT

ARBEITSRECHT

SR-1

Grundbegriffe des Sozialrechts

SR-2

Geschichte der sozialen Sicherung

SR-3

Sozialversicherung – Beitragsrecht

SR-4

Pensionsversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-5

Pensionsversicherung II: Leistungsrecht

SR-6

Pensionsversicherung III: Pensionshöhe

AR-1 AR-2A AR-2B AR-2C AR-3 AR-4 AR-5 AR-6 AR-7 AR-8A

SR-7

Krankenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-8

Krankenversicherung II: Leistungsrecht

SR-9

Unfallversicherung

SR-10

Arbeitslosenversicherung I: Allgemeiner Teil

SR-11

Arbeitslosenversicherung II: Leistungsrecht

SR-12

Insolvenz-Entgeltsicherung

SR-13

Finanzierung des Sozialstaates

SR-14

Pflegesicherung

SR-15

Sozialhilfe

Diese Reihe ist in Fertigstellung: die einzelnen Skripten werden laufend aktualisiert.

Kollektive Rechtsgestaltung Betriebliche Interessenvertretung Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates Rechtstellung des Betriebsrates Arbeitsvertrag Arbeitszeit Urlaubsrecht und Pflegefreistellung Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Gleichbehandlung im Arbeitsrecht Arbeitnehmerschutz I: Überbetrieblicher Arbeitnehmerschutz AR-8B Arbeitnehmerschutz II: Innerbetrieblicher Arbeitnehmerschutz AR-9 Beendigung des Arbeitsverhältnisses AR-10 Arbeitskräfteüberlassung AR-11 Betriebsvereinbarung AR-12 Lohn(Gehalts)exekution AR-13 Berufsausbildung AR-14 Wichtiges aus dem Angestelltenrecht AR-15 Betriebspensionsrecht I: Allgemeiner Teil AR-16 Betriebspensionsrecht II: Direkte Leistungszusage AR-17 Betriebspensionsrecht III: Pensionskasse AR-18 Abfertigung neu AR-19 Betriebsrat – Personalvertretung Rechte und Pflichten AR-20 Arbeitsrecht in den Erweiterungsländern

GEWERKSCHAFTSKUNDE

GK-1

Was sind Gewerkschaften? Struktur und Aufbau der österreichischen Gewerkschaftsbewegung GK-2 Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1945 GK-3A Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung in der Zweiten Republik, Teil 1: ÖGB 1945 bis 1955

GK-3B Geschichte der österreichischen Gewerkschaftsbewegung in der Zweiten Republik, Teil 2: ÖGB 1956 bis 1982 GK-4

ÖGB-Statuten, Geschäftsordnung des ÖGB

GK-6

Zum System der Arbeitnehmervertretung in Österreich: ÖGB, Gewerkschaften, Arbeiterkammern, Sozialpartnerschaft

GK-7

Die Kammern für Arbeiter und Angestellte

Anmeldungen zum Fernlehrgang des ÖGB

ÖGB-Referat für Bildung, Freizeit, Kultur 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10–12 • Telefonische Auskunft 01 / 534 44 / 444 Dw.


Name und Adresse:

Anmerkungen

Fragen zu Politik und Zeitgeschehen 16 Wir ersuchen Sie, die folgenden Fragen zu beantworten:* 1. Nennen Sie die wesentlichen Eckpunkte der Geschichte des Ăśsterreichischen Bildungssystems!

2. Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie in den theoretischen Ansätzen von Max Adler, Maria Montessori und Leo Tolstoi?

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Anmerkungen

3. Wieso wird Finnland oft als „best practice“-Beispiel bezeichnet?

4. Wählen Sie aus allen drei strategischen Zielvorgaben der EU (siehe erstes Kapitel) einen Unterpunkt aus und vergleichen Sie diesen mit der Realität in Österreich!

* Fernlehrgangsteilnehmer/-innen bitten wir, nach Abschluss der Fragenbeantwortung die Seite(n) mit den Fragen abzutrennen und an folgende Adresse zu senden: Fernlehrgang des Österreichischen Gewerkschaftsbundes 1010 Wien, Hohenstaufengasse 10. 40


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