Bewegte Sphären – die Evolution der Arbeit
» Produktivität ist die Physiognomie der Evolution. « Oliver W. Schwarzmann
Arbeitskulturen sind das Spiegelbild des zivilisatorischen Niveaus. In der Arbeit verwirklicht sich die Fähigkeit des Menschen aus äußeren und inneren Ressourcen Wertschöpfungen zu entwickeln.
Laufe der Jahrtausende auch zum Mittel, um den Menschen von natürlichen Ressourcen unabhängig zu machen. Doch gerade das Streben nach Überwindung physikalischer Grenzen führt den Menschen zurück zu den Kernfragen der Schöpfung: Denn der Siegeszug der Medien-
Produktivität -
gesellschaft ermöglicht es der heutigen Zivilisation äußere
Dynamik der Schöpfung
und innere Welten miteinander zu verbinden. Mehr noch: Je mehr wir das Wesen der Virtualität entschlüsseln, des-
Umwelt, Bewusstsein und Arbeit stehen in einer dyna-
to geringer ist die Unterscheidung zwischen äußerer und
mischen Wechselwirkung, welche die spezifische Kul-
innerer Welt. Im nächsten Evolutionsschritt verschmelzen
tur der jeweiligen Evolutionsphase widerspiegelt. Be-
beide Sphären, denn wir erkennen, das alles um uns herum
gann die Arbeitskultur des Menschen als täglicher
und wir selbst aus dem bestehen, was unsere zukünftige
Überlebenskampf und spaltete sie sich mit der Gesell-
Wertschöpfung prägt:
schaft nach und nach in Macht-, Hierarchie- und Spezialisierungsstrukturen auf, so entwickelte sich Arbeit im
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Der Traum von einer universalen Wirklichkeit.
ZIVILISATORISCHE FRÜHPHASE:
Überlebens-Produktivität Suche nach Nahrung Die Arbeitswelt des prähistorischen Menschen steht für täglichen Überlebensstress. Einfache Verfügbarkeit von Nahrung ist Science-Fiction. Phasen von extremen Hungersnöten und Nahrungsüberfluss nach erfolgreicher Jagd wechseln sich im unberechenbaren Turnus ab. Die Urmenschen folgen den Bewegungen der Ressourcen: als Nomaden wandern sie mit ihrer Nahrung, suchen nach neuen Versorgungsquellen. Körperliches Leistungspotenzial und Arbeitsproduktivität sind unisono. Lange Zeit gilt das Bild einer ersten Arbeitsteilung: Während Männer jagen, sammeln Frauen Früchte, bearbeiten Nahrung, pflegen Unterkünfte, ziehen Kinder auf. Neuere Forschungserkenntnisse deuten jedoch in Richtung einer PräPatch-Work-Community. Und bereits der Frühmensch strebt nach Erleichterung im Überlebensalltag. Nach und nach entstehen die ersten Hilfsmittel für Arbeit: simple Werkzeuge unterstützen die Produktivität der Jäger und Sammler.
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PHASE DER AGRARGESELLSCHAFT:
Territoriale Produktivität Kampf um Land Die sich durchsetzende Sesshaftigkeit der einstigen Nomaden beendet weitgehend das bisherige und unstete Jäger-und-Sammler-Dasein. Die Bewirtschaftung von Land rückt in den Mittelpunkt der Arbeitskultur; die Unmittelbarkeit der prähistorischen Überlebenshandlung wechselt in die Ära planvoller Tätigkeit. Denn der landwirtschaftliche Arbeitserfolg ist neben Umwelteinflüssen abhängig von Vorbereitung, Pflege und Ernte. Die Arbeit ist trotz verbesserter Werkzeuge, Geräte und neuer Materialien wie Metalle nach wie vor manuell, handmade und mühevoll. Daher stammt auch der ursprüngliche Wortsinn von Arbeit, der soviel bedeutet wie Not, Last, Plage und welcher nach wie vor in moderne Arbeitsparadigmen eingebettet ist. Es kommt zur ersten großen Spaltung nicht nur der ehemaligen, vorzeitlichen Arbeitsgemeinschaft, sondern der Gesellschaft überhaupt: Die Entstehung von Besitz löst Machtfantasien aus und provoziert den Kampf um territoriale Ressourcen und Herrschaftsansprüche.
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ANTIKE, MITTELALTER & RENAISSANCE:
Produktivität zwischen Absolutismus und Aufklärung Die Ära der Handwerker, Kaufleute, Künstler, Denker & Eroberer Die großen Helden der Antike sind Philosophen, Künstler und Architekten. Damit die faszinierenden Zeugnisse der einstigen Hochkulturen überhaupt entstehen können, bedarf es Unmengen an Arbeitskräften. Sklaven, Frondienstler und Leibeigene sichern Finanzierbarkeit der riesigen Antikreiche und die handwerkliche Umsetzung ihrer Monumente. Auch das Mittelalter kommt nicht ohne Frondienste aus, aber es bilden sich vermehrt Zusammenschlüsse von Berufsgruppen und erste Unabhängigkeitsbewegungen entstehen. Dominanz und Schulterschluss von Krone und Kirche führen zu einer religiös motivierten und militärisch geprägten Arbeitskultur. In der Renaissance, welche sich mental und kulturell auf die Antike bezieht, werden Handwerker, Kaufleute und Seefahrer immer mächtiger. Naturwissenschaftliche und geografische Entdeckungen, die Spaltung der Kirche und das aufstrebende Bürgertum verändern die Gesellschaft nachhaltig – sie nimmt Anlauf zum Sprung in die Moderne.
Arbeit ist Aufteilung © 2008 - Oliver W. Schwarzmann / Bley und Schwarzmann AG
AB 18./19. JAHRHUNDERT:
Moderne Produktivität Die Genesis der Industriearbeit Die spektakulären Basiserfindungen der Industrialisierung revolutionieren die Arbeitswelt und markieren den Beginn einer völlig neuen Produktivitätskultur: Maschinen steigern das körperliche und handwerkliche Leistungspotenzial des Menschen um ein Vielfaches; die Arbeitskraft wird maximiert und gleichzeitig automatisiert. Mittels neuer Transporttechnologien wie Eisenbahn und Dampfschiff erhöht und beschleunigt sich der transkontinentale Warenverkehr. Das ganzheitliche Unikat des Handwerkers weicht dem arbeitsgeteilten Serienprodukt vom Fließband. Die Standardisierung der Produktionsverfahren legt die Basis für breites Wirtschaftswachstums, Qualitätssteigerung und Spezialisierung.
Arbeit ist Automation © 2008 - Oliver W. Schwarzmann / Bley und Schwarzmann AG
AB 20. JAHRHUNDERT:
Ökonomische Produktivität Kalkulierter Fortschritt Das ökonomische Prinzip der Effizienz trifft auf das genetische Erbe der Industrialisierung: Die automatisierte Arbeit entwickelt sich unter der Domäne ihrer Wirtschaftlichkeit. Menschen konkurrieren mit Maschinen und letztere gewinnen den industriellen Wettkampf: Das Effektivitätsverhältnis in der Produktion zwischen Mensch und Maschine liegt durchschnittlich bei 10:1. Automaten erobern die Welt: Die Zahl der Industrieroboter nimmt seit den 1950er Jahren exponentiell zu, während Industriearbeitsplätze immer mehr verschwinden; Servicerobotik übernimmt die Dienstleistungsarbeit und regiert in naher Zukunft Büro und Privathaushalt. Computer urbanisieren zunächst als Kalkulationsmaschinen die kaufmännischen Administrationen und organisieren im Laufe ihrer rasanten Entwicklung als Assistenzsysteme das tägliche Leben, sie werden zum Sinnbild der techno-ökonomischen Epoche. Die Neuzeit der Software hat begonnen.
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ENDE 20. / BEGINN 21. JAHRHUNDERT:
Digitale Produktivität Die geöffnete Arbeitswelt Der Siegeszug der Informations- und Kommunikations-technologien setzt sich fort: Die Informationsgesellschaft löst mit den Möglichkeiten der Digitalisierung von Daten eine neue Wirtschaftsrevolution aus – die Immaterialisierung der Wertschöpfung. Computersysteme werden geistige Arbeiter, sammeln, speichern und transferieren Informationen. Die an Materie gebundene Arbeitsleistung und ihre Wirtschaftlichkeit koppeln sich zunehmend an die Produktivität digitaler Informationsströme zwischen Menschen und Systemen. Die Neuen Medien bilden die Infrastruktur des neuzeitlichen Arbeitsdenkens, lösen physische und örtliche Wertschöpfungsgrenzen auf und erzeugen dabei eine neue Dimension des Immateriellen: Die Virtualität.
Arbeit ist Anwendung © 2008 - Oliver W. Schwarzmann / Bley und Schwarzmann AG
MITTE 21. JAHRHUNDERT:
Intelligente Produktivität Das Potenzial integraler Systeme Was für die Industriegesellschaften Automation und Spezialisierung darstellen, ist im immateriellen Wertschöpfungsraum der virtuellen Ökonomie der Prozess von Interaktion und Integration. Die neue Qualität der Produktivitätssteigerung löst sich von der Leistungskapazität und Effektivitätsquote von Maschinen, Automaten, Computern und verlagert sich in ihre Zwischenräume: Wertschöpfung der Zukunft entsteht beim Vorgang des Zusammenschlusses und Zusammenspiels technologischer und kreativer Produktivfaktoren. Statt Menge und Geschwindigkeit von Leistungsträgern bilden deren sich ständig verändernde Konstellationen aus Verbindung und Austausch die neuen Wertschöpfungsprinzipien.
Arbeit ist Transformation © 2008 - Oliver W. Schwarzmann / Bley und Schwarzmann AG
AB MITTE 21. JAHRHUNDERT:
Generative Produktivität Der individuelle Wertschöpfungstraum Kreativität, Virtualität und neuer Naturalismus und Virtualität formen das kulturelle Chassis der Arbeitswelt im techno-mentalen Innovationskontinuum. Die Wertschöpfungsparadigmen folgen ihrem eigentlichen Sinn: Arbeit wird zur Schöpfung von individuellen Wirklichkeiten, in denen der Mensch sich weiterentwickelt. Die Wirtschaftswelt richtet sich immer mehr auf die Generierung und Förderung von individuellen Selbst-Evolutionen bzw. Selbstverwirklichungen aus: Der Markt entwickelt sich zur Sphäre, in welcher die Fantasien des Kunden zu neuen Realitäten umgesetzt werden; Service-Produkte wandeln sich zu Sinnkonstruktionen, ihre Funktionen sind unsichtbar integriert
Arbeit ist Kreation © 2008 - Oliver W. Schwarzmann / Bley und Schwarzmann AG
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