Bildung für die Bildung

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Bildung für die Bildung Bildung und nochmals Bildung – die Forderung ist so alt, wie die Zukun� neu sein sollte. Dass Bildung der Schlüssel ist, um neues Wirtscha�swachstum mi�els Innova�onen zu generieren und um soziale Ungleichgewichte wieder gerade rücken zu können, ist nunmehr eine Binsenweisheit. Doch – wer Bildung mit mehr Wissen gleichsetzt, wird verlieren. Warum eigentlich? Bildung hat nichts mit Wissen, sondern mit Fähigkeiten und Fer�gkeiten zu tun. Das gilt insbesondere in einer Welt, deren klassische Märkte schon lange gesä�gt und die sozialen wie ökologischen Probleme nicht größer sein könnten. Innova�on steht deshalb für mich nicht mehr in der Reihe für technologischen Fortschri�, sondern für die grundsätzliche Haltung zur Weiterentwicklung des Einzelnen und der Gesellscha�. Wir müssen uns die Frage stellen: Auf was wird es in Zukun� ankommen? Befragt man Unternehmen zu diesem Thema, werden A�ribute genannt, die weit über Fachkompetenzen hinausgehen – Verantwortungsbewusstsein, Loyalität, Empathie, Mo�va�on, Kommunika�ons- und Teamfähigkeit, um nur einige zu nennen. Doch – wo werden solche Eigenscha�en vorgelebt und gelehrt? In der Schule etwa? Ein Blick in die Turbogymnasien der Gegenwart zeigt Schüler, die unter ihren Projekten ächzen, o�mals mehr als 50 Stunden in der Woche absolvieren – mehr als ein Industriearbeiter. Mit schnell auswendig gelerntem Wissen werden sie dann das 8-jährige Abitur beschließen und zu allererst das Weite suchen. Oder schauen wir auf Haupt- und Realschulen – das Bild: frustrierte Lehrer, frustrierte Schüler. Zugegeben, ein pauschales Urteil. Aber werden die sicherlich vorhandenen, aber wenigen Ausnahmen ausreichen, um die Aufgaben der Zukun� zu lösen? Verspielen wir nicht die Mo�va�on und damit das Potenzial der Jugend mit schlechten Zukun�sperspek�ven, wie Sparzwang, Klimawandel, unsicherer Wirtscha�sentwicklung und Überbevölkerung? Und nicht zuletzt mit Überforderung – permanent heißt es, das Lern- und Lehrverhalten müsste sich ändern. Doch – wie sieht die Realität aus? Unsere Beobachtungen an Schulen zeigen: Der Wissensstoff wird nach wie vor frontal verabreicht. Und nach wie vor gibt’s gute Noten für die Qualität des Wiederkäuens eingetrichterter Datenhaufen. Hand aufs Herz: Stress, Hek�k, Ängste, Panik und Burnout charakterisieren unseren Alltag weit mehr als Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Gemeinscha�ssinn, Fröhlichkeit, Liebe und Begeisterung.


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Doch sind es nicht gerade die zuletzt genannten A�ribute, die in einer Wirtscha�, in der klassische, industrielle Bedürfnisse bereits befriedigt sind, zum Erfolg führen? Wie froh sind wir doch alle, wenn wir auf freundliches, sympathisches und glaubwürdig mo�viertes Personal in Kau�äusern, Gastronomiebetrieben und Arztpraxen treffen? Oder stellen Sie sich nur einmal den Umsatzschub vor, den Banken verzeichnen könnten, wenn souveräne und integre Berater sich ernstha� um die En�altung ihrer Klientel kümmern würden, sta� Provisionserträgen hinterher zu laufen? In Vergangenheit bedeutete Fortschri� Wachstum, und Wachstum bedeutete Vermehrung. Gilt das auch für die Zukun�? Nein, meine ich. In einer Welt mit begrenzter Belastbarkeit und schwindenden Ressourcen bedarf es anderer Wachstumsideologien, um unsere Grenzen zu überwinden. Es gilt, bestehende Ressourcen neu zu organisieren und ebenso neue Märkte zu entwickeln. Dazu gehören angesichts des ökologischen Desasters und der ökonomischen Unterschiede ein Denken in komplexen Zusammenhängen, Engagement und enorme Krea�vität. Auch in den hoch entwickelten Konsumgesellscha�en suchen Kunden nach neuen Erfahrungswelten – um diese zu inszenieren, bedarf es außergewöhnlicher Konzepte, die aus ungewöhnlichen Köpfen entspringen. In allen Dienstleistungsbereichen fehlt es an fröhlichen Mitarbeitern, und nicht zuletzt muss das Kapital wieder zum Inkuba�onsmedium für die Entwicklung für Unternehmen und Gesellscha� werden, sta� als imaginäre Einheit in einem Spieleuniversum zu exis�eren. Welche Form von Bildung brauchen wir also tatsächlich? Ich meine: Innere Bildung – heißt: Fähigkeiten auszubilden, die es ermöglichen, produk�ve Beziehungen und Gemeinscha�en zu organisieren. Zudem geht es um Orien�erungs- und Naviga�onsfer�gkeiten: Der moderne Mensch muss nicht Informa�onen vermehren, sondern sie auszuwählen wissen. Und nicht zuletzt wird Krea�vität gefordert: Ein schon zu o� zi�ertes Schlagwort, ich weiß. Dennoch: Vieles wird in Zukun� davon abhängen, ob wir in der Lage sind, neue Wege zu beschreiten. Eine Eigenscha� fehlt noch: Mut. Den werden wir in jedem Fall brauchen.


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