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© Oliver W. Schwarzmann - www.oliver-schwarzmann.de

Oliver W.

Schwarzmann

KOLUMNE Die Geliebte der Wirklichkeit ist die Fantasie oder: Warum tun Konsum und DAX, was sie wollen? Spekulieren macht Spaß. Ich meine nicht das Spekulieren an der Börse, sondern über die Zukunft. Was wird wohl auf uns zukommen? Seit knapp zwei Jahrzehnten beschäftige ich mich mit den Zukunftsentwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten, doch in keinem Jahr zuvor wurde ich so häufig mit der Frage konfrontiert, wohin sich die ökonomische Welt nunmehr bewege. Zwar gibt es genügend Prognosen und Vorhersagen, doch alle diese Informationen könnten widersprüchlicher nicht sein. Woher kommt das? Ist die Krise daran schuld? Die Krise ist natürlich eine beliebte wie zeitgemäße Antwort und sie mag Auslöserin für vieles sein, der Grund für das paradoxe Erleben des Zeitgeschehens ist sie allerdings nicht. Die Ursache liegt tiefer und ich darf hierfür eines meiner Zukunftslieblingswörter benutzen – Komplexität. Ja, es geht vielschichtig, paradox und unberechenbar in der Wirtschaft zu, weil sie mittlerweile hyper-komplex geworden ist. Hyper-komplexe Systeme haben wegen ihrer vielfältigen Wechselwirkungen, ihrer nicht-linearen Dynamik und der darin enthaltenen Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Entwicklungen die Eigenart, weder prognostizierbar noch berechenbar zu sein. Das gilt übrigens für die Zukunft im Allgemeinen: Nur eine im Voraus bereits feststehende und unverrückbare Zukunft ist tatsächlich prognostizierbar. Aber bitte – eine solche Zukunft würde uns Menschen den freien Willen rauben. Und jede Prognose ad absurdum führen. Denn eine Zukunft, die wir nicht ändern können, lohnt sich nicht vorherzusagen. Im Gegenteil: Wir wüssten, was käme und könnten es nicht ändern. Aber auch bei einer Zukunft, die nicht vorherbestimmt und durch Handlungen in der Gegenwart zu beeinflussen ist, ist Vorsicht bei Vorhersagen angebracht. Eine gegenwärtige Anwendung des durch die Prognose generierten Zukunftswissens hätte ja veränderte Geschehnisse zur Folge – die Vorhersage wäre also gar nicht zu treffen gewesen. Prognosen sind Politik, hinter ihnen stehen Absichten und Erwartungen. Glaubhaft sind sie nicht durch die Richtigkeit ihrer Eintrittsvoraussage, sondern wegen der Plausibilität ihrer Darstellung und Verbreitung. Und: Vorhersagen sind effektive Stimmungsmacher, die gerade in unsicheren Zeiten auf offene Ohren und orientierungssuchende Gemüter treffen. Apropos Offenheit: Wir müssen lernen, uns auf eine offene Zukunft einzustellen und mit ebenso offenem Ergebnis zu handeln. Das widerstrebt dem Homo sapiens gewaltig, ist er doch auf seine Erwartungen fixiert.


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