Wir sind krank

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Wir sind krank Die Zukunft des Gesundheitssystems Das deutsche Gesundheitssystem ist selbst sein größter Pa�ent. Die Poli�k müht sich schon seit langem äußerst erfolglos um eine gerechte Verteilung des Milliardengeschä�s. Niemand ist zufrieden, die Kliniken nicht, die Ärzte nicht und die Versicherten schon gar nicht. Der deutsche Durchschni�spa�ent läu� 18-mal im Jahr zum Arzt, was ihm – demografisch betrachtet - keine höhere Lebenserwartung garan�ert. Skandinavier oder Franzosen, die viel seltener den Doktor besuchen, werden älter. Doch das Älterwerden ist das große Argument für explodierende Gesundheitsausgaben. Nicht nur dort: Auch ein Nachlassen der Wirtscha�sleistung, wie eine neue Studie des Forschungsins�tut Prognos belegt, geht auf Kosten des Älterwerdens. Betrachten wir die häufigen Arztbesuche, dann werden wir Deutschen nicht wirklich älter, sondern sterben langsamer. Und dass die Alten Schuld haben sollen an einer schrumpfenden Konjunktur, nun ja. Wollen wir unser Gesundheitssystem sanieren, müssen wir über Gesundheit neu nachdenken. Fühlen wir uns gesund? Ob den vielen Arztbesuchen wirklich spezifische Erkrankungen zugrunde liegen, vermag ich nicht zu beurteilen. Dennoch beschleicht mich das Gefühl, dass es hier auch um Aufmerksamkeit und Zuwendung geht. Dass die Menschen immer älter werden, ist womöglich nicht das Problem, sondern dass sie zunehmend alleine sind. Überdies hinterlässt das Stakkato-ha�e Abarbeiten überfüllter Wartezimmer in den Praxen ein unbefriedigtes Gefühl im Pa�enten zurück, das Anlass sein könnte für einen erneuten Anlauf. Freilich die Forschung hat in den letzten Jahrzehnten enorme Fortschri�e auf dem Gebiet der Apparateund Medikamentenmedizin gemacht – nur, fühlen wir uns dadurch wirklich gesünder? Es sind gerade Mediziner, die immer wieder auf einen gesunden Lebenswandel hinweisen – Bewegung, Ernährung, Vermeidung von Risiken sind die bekannten S�chworte dazu. Vielleich reicht unsere Selbstwahrnehmung nicht mehr aus, um uns gesund zu fühlen, vielleicht brauchen wir die Bestä�gung durch den Arzt? Oder wir benö�gen die Pille zum Gesundfühlen dazu, was die monströsen Umsätze bei den nicht-verschreibungspflich�gen Arzneimi�eln und die der Natur- und Alterna�vheilmi�el ahnen lassen könnten. Sie lassen auch vermuten, dass wir auf der Suche sind nach diesem gesunden, vitalen Lebensgefühl. Nach diesem Gefühl, dass uns wieder in einen ausgeglichenen, posi�ven Zustand führt. Ist das in diesen stressigen Zeiten überhaupt noch möglich? Sind häufige Arztbesuche und explodierende Gesundheitskosten nicht einfach der Preis, den wir für unseren Fortschri� bezahlen müssen? Ich denke: Fortschri� auf dem Rücken unserer Gesundheit ist kein Fortschri�.


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Richten wir unseren Geschä�salltag doch darauf aus, was uns gu�ut. Was uns fördert. Eine glücklichere und folglich auch gesündere und produk�vere Gesellscha�, das wäre doch wahrer Fortschri�. Wir selbst – jeder Einzelne – ist an der Gesundheitsreform beteiligt. Und zwar mit dem eigenen Verhalten. Gesundheit ist nicht mehr das Gegenteil von Krankheit, sondern ein Lebensgefühl, ja eine persönliche Haltung. Und für unser Defizit an Aufmerksamkeit und Zuwendung sind nicht Ärzte zuständig, sondern hierfür braucht es erfüllte Beziehungen, die wir uns selbst schaffen (müssen). Auch und gerade im Alter. Apropos Demografie – ich weigere mich, das Alter als Produk�vitätsgrenze anzusehen. Auch hier geht es um einen Bewusstseinswandel: Das Alter ist kein Risiko, sondern eine Chance. Darauf sollten wir uns einlassen. Dann klappt das auch mit dem Wirtscha�swachstum.


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