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Oliver W.
Schwarzmann
KOLUMNE Hat die Private Altersvorsorge noch Zukunft? Die Finanzwelt ist erschüttert. Nein, es geht dieses Mal nicht um strengere Regeln für den internationalen Kapitalverkehr, sondern um eine „heilige Kuh“ der Branche – die private Altersvorsorge. Die neue Postbank-Studie „Altersvorsorge in Deutschland 2009/2010“ belegt ein aus Sicht der Finanzdienstleistung beklagenswertes Horrorszenario, Zahlen in Kürze: 53% der Deutschen wollen die Altersvorsorge nicht verstärken, 17,4% der Berufstätigen haben Altersvorsorgevorträge aufgelöst oder reduziert, 32% geben zu, im Alter kein Geld aus privaten Altersvorsorgeverträgen zu erhalten und gerade junge Leute nehmen Abstand von der Riester-Rente. Die Begründung wird gleich mitgeliefert, und – wie kann es anders sein? – die Krise ist schuld. Die Branche macht sich mit diesem Argument selbst Mut, nach dem Motto: Die Deutschen würden ja, wenn sie könnten. Ist dem so? Freilich, die Krise hat Befürchtungen und Verhaltensmuster verstärkt, sie aber nicht ausgelöst. Die Skepsis gegenüber der privaten Altersvorsorge schwelt schon länger. Seit Jahren bereits weise ich darauf hin, dass der Altersvorsorgemarkt ein innovationsloser Scheinmarkt ist. Eine kühne Behauptung, ich weiß. Doch meine Gründe für diese Aussage lassen sich kontinuierlich am Markt verfolgen. Im Einzelnen: - Innovationsfreie Altersvorsorge: Seit Jahrzehnten zeigen Finanzdienstleister mit erhobenem Zeigefinger auf die mittlerweile berühmt-berüchtigte „Versorgungslücke“. Mit dieser Negativrhetorik wird das kommende Alter als Armutsszenario und finanzielle Apokalypse beschworen. Verkauf über Desaster, Drohung und Angst. Keine guten Argumente, finde ich. Wie soll sich eine freiwillig motivierte Altersvorsorgekultur entwickeln, wenn das Alter aus finanzieller Sicht derart dämonisiert wird? - Langfristigkeit ist out: In einer extrem dynamischen Welt wie der unseren sind langfristige Perspektiven nicht mehr zu überblicken. Seit Jahren schrumpft der „perspektivische Zeitwert“, eine von uns seit den 90er Jahren durchgeführte Messung bei über 1000 Befragten über deren persönliche Einschätzung zum überschaubaren Zeithorizont. Derzeit liegt dieser Wert unter 6 Monaten, krisenbedingt natürlich. Doch auch hier gilt: Bereits seit Beginn dieser Messung ist der Wert extrem gefallen. - Scheinmarkt: Der private Altersvorsorgemarkt kam erst durch staatliche Förderprogramme, statt durch freiwilliges Engagement in Gang. Doch Subventionen können Motivation nicht ersetzen. Zumindest nicht nachhaltig. - Fehlende Alterskultur: Jeder will alt werden, keiner will es sein. Das Alter ist zum Negativbegriff mutiert, was nicht nur die Rentendesasterrhetorik belegt, sondern auch die starke Anti-Aging-Bewegung. Ich meine: Angst vor dem Alter behindert die notwendige Vorsorge-Motivation, gerade bei jungen Menschen. Ohne positive Alterskultur wird sich keine produktive Altersvorsorgekultur entwickeln können.