© Oliver W. Schwarzmann - www.oliver-schwarzmann.de
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KOLUMNE Wir werden können müssen … oder: Der moderne Mensch – ein Traumjob? Smart, gutaussehend, mobil, erfolgreich und immer topfit muss der moderne Mensch sein, will er gegenwärtig als ganz normal gelten. Die Superlative von heute sind eben der Durchschnitt von morgen, das ist nicht nur die Maxime der technologischen Entwicklung oder der Erfolgsfaktor in der Konsumgüterindustrie, nunmehr gilt das auch für uns Menschen. Nun, Evolution ist immer getrieben von Veränderung und dem Drang nach Höherem, und der Mensch entwickelt sich mit seiner Umwelt. Doch mittlerweile gestalten wir unsere Welt derart schnell und tiefgreifend, dass wir nun selbst zu unseren eigenen und härtesten Veränderungstreibern geworden sind. Wir entwickeln uns nicht mehr mit der Welt, in der wir leben, wir gestalten sie nicht nur, wir manipulieren uns über die Atmosphäre, die wir selbst erzeugen. Der Weg von den Baumwipfeln in die hitzige Savanne bis zu den entlegensten Winkeln rund um den Globus und – quasi wieder zurück - in die Höhen klimatisierter Etagen der Wolkenkratzer war nur ein kurzer Ausflug für den aktiven Homo sapiens. Wir scheinen Getriebene durch unsere eigene Geschichte zu sein, schnell haben sich die behaarten Urahnen aufgerichtet und ihr geistiges Potenzial entdeckt. Welcher Traum mag sie angeführt haben? Welche Vision spornte sie an, die Welt zu erkunden?
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KOLUMNE War es wirklich nur der Wissensdurst? Oder Inspiration? Nun, mittlerweile zivilisiert, gut angezogen und kosmetisch dekoriert agiert der einstige Affe als Künstler schneller Anpassung und ist sich gewiss, Manager in eigener Sache zu sein. Umgeben von gleichgesinnten Diplomaten, die ebenfalls im Auftrag des persönlichen Vorteils unterwegs sind. Dabei möchten wir einerseits ausgesprochene Individuen sein, als Persönlichkeiten mit Profil wirken, andererseits aber auch als gemeinschaftsorientiert und beziehungsfähig gelten; also Markantes und Unterscheidbares verströmen, aber auch Sympathisches und Liebenswertes besitzen, das wir für uns selbst und zugleich in Partnerschaften ausleben in den kleinen Zwischenwelten und Zeitspalten, die uns die moderne Welt zugesteht. Was also kennzeichnet den modernen Menschen? Wie würden wir uns charakterisieren? Oder besser gefragt: Wie würde uns eine außerirdische Intelligenz beschreiben? Als Wesen mit zwei Gesichtern? Mit der Fratze des Gierigen, des Parasiten auf der einen Seite; ein Wesen, das willkürlich und egoistisch sein Refugium zerstört? Auf der anderen Seite als Lebensform, die aufstrebt, an hehren Idealen orientiert, Kreativität und Kunst hervorbringt und fähig ist zu Verständnis und Fürsorge? Gelten wir im Universum etwa als neugierige Wesen, die das All erkunden, um in Gedanken über sich selbst hinauswachsen zu können? Reisende in den Wolken ihrer Vorstellungskraft? Oder nähmen Außerirdische womöglich gar keine Notiz von uns?
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KOLUMNE Würden sie bei einer Landung vielleicht nach anderen Lebensformen Ausschau halten? Nach Insekten? Ameisen? Kommunizieren sie bereits mit Walen und Delfinen? Mit den Oktopoden der Tiefsee? Was kennzeichnet den modernen Menschen nun wirklich? Stehen wir auf einer guten, einer zukunftsfähigen Evolutionsstufe? Oder befinden wir uns in einer zerrissenen Transformation? Zerrissen, angesichts der durch uns verursachten Umweltprobleme und weltweiten Ungleichheiten. Bewundern deshalb so viele die Vergangenheit? Ja, glorifizieren sie geradezu? Die Güte der Zeit scheint im Grad ihrer Vergänglichkeit zu steigen. Gibt es deshalb auch eine Menge von denen, die sich in Illusionen und Utopien flüchten, weil sie weder der Gegenwart noch der Zukunft trauen? Weil sie sich von der Zeit, die ihre Vergänglichkeit bestimmt, entfernen wollen? Was werden die Archäologen der Zukunft über uns zu berichten wissen? Dass unsere Zeit das wahre Mittelalter darstellt? Dass wir einst Raubritter mit Internetanschluss waren? Und was wird wohl die nach uns dominierende Spezies über uns Menschen sagen? Sie hatten ihre Chance, glaube ich. Nun, wo stehen wir wirklich? Eine Frage, die wir nicht beantworten können, kennen wir die Reise doch nur aus einer Richtung. Die Zukunft bleibt unbekannt. Die Gegenwart ist unser Standpunkt.
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KOLUMNE Ein moderner Mensch zu sein, ist eine Herausforderung. Eine vielschichtige und bewegte Welt will vielseitige und dynamische Wesen. Jetzt und Morgen sind dabei längst verschmolzen, die Vergangenheit ist die letzte Konstante. Das macht sie attraktiv. Für Erinnerungen. Nicht für das Leben. Das moderne Leben will Aktivität. Aktivität in allen Formen, immer neu und richtig dosiert. Hier lohnt der Griff in die Geschichte - zu Paracelsus: Alleine die Dosis macht, nein, nicht das Gift, sondern die Wirkung. Wirkung ist wichtig, sie bestimmt unseren Wert, unsere Reputation. Handeln können wir nicht mehr, hierfür ist die Enge des Angebotenen und Kritischen bereits schon zu groß. Wir können nur noch an der Dosis unserer Wirkung arbeiten, wir handeln im Charisma, unsere Aura bestimmt unsere Qualität. Die Oberfläche ist mit unserem Innersten verschmolzen. Wie müssen wir also handeln, um als moderne Menschen zu wirken? Besser gefragt: Wie müssen wir wirken, um als moderne Menschen zu handeln? Smart, gutaussehend, mobil, erfolgreich und immer topfit.
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KOLUMNE Doch – reicht das noch aus? Müssen wir nicht auch … … schneller sein als andere? … immer pünktlich ankommen? … offen bleiben? … anpassungsfähig agieren? … Risiken vermeiden? … Chancen gleich erkennen? … Begeisterung besitzen? … einen besonderen Stil pflegen? … das Unmögliche ausschließen? … unsere Bildung ständig erhöhen? … uns überall auskennen? … mitreden? … uns klug verstecken? … ständig leistungsfähig sein? … Grillabende organisieren? … stets Verlässlichkeit vermitteln? … kurzweilig sein? … Überzeugungen haben? … einen Standpunkt besitzen? … die Gleichheit von Mann und Frau betonen? … immer beschäftigt sein? … die eigene Bedeutung unterstreichen? … uns immer wieder aufregen? … Sonderrabatte aushandeln und Schnäppchen mitnehmen, zugleich aber auf Lohnerhöhungen und höhere Zinsen pochen? … öfters mal Gefühle zeigen? … immer die Wahrheit sagen? … das Glück berechnen? … den Verlust kalkulieren? … unsere Grenzen kennen? … uns auf das Wesentliche konzentrieren? … Fantasie besitzen? … zugleich Realisten sein? … immer in die Zukunft schauen, gerade dann, wenn uns die Vergangenheit einzuholen droht?
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KOLUMNE Wenn wir das Alles können, was sind wir dann? Moderne Menschen? Menschen, die wie moderne Menschen wirken? Menschen, die moderne Menschen spielen? Spezialeffekte? Sollten wir nicht … … schneller sein als andere, um abwarten zu können? … immer pünktlich ankommen und Verspätungen genießen? … offen bleiben, aber im richtigen Moment abschließen? … anpassungsfähig agieren, indem wir eigene Maßstäbe setzen? … Risiken vermeiden, ohne den Mut für Abenteuer zu verlieren? … Chancen gleich erkennen, sie aber reifen lassen? … Begeisterung besitzen und alle anstecken dürfen? … einen besonderen Stil pflegen, um uns gekonnt gehen zu lassen? … das Unmögliche mit dem Wahrscheinlichen zu verbinden suchen? … unsere Bildung erhöhen für mehr Narrenfreiheit? … uns überall auskennen, selbst aber ein Rätsel bleiben? … mitreden ohne mitzuschwimmen? … uns klug verstecken, indem wir uns manchmal dumm stellen? … ständig leistungsfähig sein, um professionell durchzuhängen? … Grillabende organisieren und auch mal was anbrennen lassen? … Verlässlichkeit vermitteln, allerdings nur dort, wo wir es gerne tun? … kurzweilig sein, nicht aber wenn’s langweilig wird? … Überzeugungen haben, die uns skeptisch machen? … einen Standpunkt besitzen, wenn wir weitergehen wollen? … die Gleichheit von Mann und Frau betonen, niemals Männer und Frauen jedoch gleich behandeln? (Jeder will seines Unterschieds wegen bewundert werden) … immer beschäftigt sein, ohne als Geschäftemacher aufzufallen? … um die eigene Bedeutung ein Geheimnis machen? … uns immer wieder aufregen, der inneren Ruhe wegen? … Sonderrabatte aushandeln und Schnäppchen mitnehmen, zugleich aber auf Lohnerhöhungen und höhere Zinsen pochen, aber nur bei denen, die dasselbe tun? … öfters mal Gefühle zeigen, nicht nur für’s Facebook-Profil? … immer die Wahrheit sagen, wenn uns auch die Höflichkeit die Lüge diktiert?
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KOLUMNE … das Glück berechnen, allerdings äußerst ungenau? … den Verlust kalkulieren, frei von Ängsten? … unsere Grenzen kennen, um die Freiheit lieben zu lernen? … uns auf das Wesen statt auf das Wesentliche konzentrieren? … noch mehr Fantasie besitzen, um der Realität einen Schritt voraus zu sein? … zugleich Realisten sein, die sich ihre Träume erfüllen? … immer in die Zukunft schauen, gerade dann, wenn wir keine zu sehen glauben? Und sollten wir nicht … … einen Job machen, der keiner ist? Das wäre doch modern, oder?