Januar 2004
Zukunftsgeschäft Sachwert Markt- und Absatzpotenziale von Immobilien
Vordenker Oliver W. Schwarzmann
Der Immobilienmarkt zeigt tiefgreifende, strukturelle und konjunkturelle Veränderungen, welche die Vermarktung von Sachwertprojekten nachhaltig prägen werden. Sowohl der Wandel in den globalen Wirtschafts-, Finanz- und Technologiesystemen als auch das individualisierte Verhalten und die ganzheitlich angelegten Motive der Investoren setzen neue Standards. Vor allem die Nachfrage nach privilegiertem Service und zukunftsweisender Innovation steigt unaufhaltsam. Die aktuell vorliegende Future-Business-Group-Studie zur Vorhersage von Markt- und Absatzpotenzialen des deutschen Immobilienmarktes belegt: Es geht nicht mehr um die zentrale bautechnische Leistung, sondern um einen differenzierten Kundennutzen. Die sich verändernde Lebens- und Arbeitswelt läutet eine völlig neue Ära der Immobilienkultur ein, in der es darum gehen wird, die Immobilie als individuelles Lebens- und Arbeitssystem zu entwickeln. Die Immobilie der Zukunft ist also nicht mehr ein immobiles Bauwerk, sondern fördert die Lebens- und Arbeitsqualität ihres jeweiligen Nutzers.
1. Markttendenzen Der deutsche Immobilienmarkt entwickelt sich zum Markt der vielen Nischen. Der Gesamtmarkt stagniert weiterhin; die Differenzierung der Kundenanforderungen erschafft spezialisierte, aber hoch flexible Immobiliensysteme, die fortschreitende Ballungszentralisierung führt zu einer weiteren Konzentration des Marktes auf lokale Wachstumseffekte. Ergo sum: Der deutsche Immobilienmarkt wächst in den nächsten zwei Dekaden ausschließlich in lokalen und innovativen Nischen.
Markttendenzen im jeweiligen Bausegment sind:
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Das Marktvolumen des öffentlichen Baus schrumpft mit einer Durchschnittsrate von minus 2% - 3% p.a. im kommenden Zehn-Jahres-Verlauf ab 2004. Die schlechte Kassenlage von Bund, Länder und Gemeinden zwingt zum Rückzug der staatlichen Investitionen. Die hohe Verschuldung und das finanzpolitische Korsett des europäischen Stabilitätspaktes führen in eine Reform nach unten mit einem hohen Abgabenniveau bei sinkenden Staatsleistungen. Die verbleibenden Gelder fließen auf kommunaler Ebene in den Erhalt von Gebäuden der gemeinschaftlichen Infrastruktur wie etwa Kindergärten und Schulen, Bundesmittel wandern vor allem in den Ausbau logistischer Infrastruktur. Die Strategie vieler Städte und Gemeinden mittels hoher Preiserlöse bei Grundstücksverkäufe die Kassen zu sanieren, geht nicht im großen Stil auf. Die hohen Grundstückspreise zeigen nach und nach ihren negative Wirkung: sie vertreiben Investoren, hemmen Gewerbeansiedelungen und Bauträger können ihre Kalkulationen am Markt nicht umsetzen. Indes gibt es gute Fortschritte in der Zusammenarbeit von Unternehmen und der öffentlichen Hand: Private-Partnerships tendieren weiterhin positiv und sorgen für einen Konsolidierungstrend in der Kommunalstruktur. Private Engagements für gemeinschaftliche Bauten sind daher auf dem Vormarsch; die Felder, die der Staat auf Grund seiner Finanzkrise verlassen muss, werden von privaten Organisationen belegt. Da der Staat zunehmend weniger bezahlt, sinkt auch sein steuernder und regulatorischer Einfluss. Die Gemeinschafts- und Selbstverantwortung von Unternehmen und Bürgern wächst im Gegenzug. Der begonnene und sich in zukünftig verstärkende Privatisierungsprozess des staatlichen Bausegments sorgt einerseits für eine wachsende Ökonomisierung gemeinschaftlicher Einrichtungen, andererseits bietet sie neue Marktpotenziale für spezialisierte Anbieter.
Der Markt für Eigenheime war in den letzten beiden Jahren von einer Sonderkonjunktur geprägt, ausgelöst durch die Diskussion um die Einschränkung bzw. komplette Abschaffung der Eigenheimzulage. Zunächst wirkt sich dieser Effekt ausschließlich zur Sicherung der Förderungsansprüche aus, konkrete Umsätze werden in den kommenden 2-4 Jahren zu erwarten sein. Bereits in 2004 festigt sich der Eigenheimmarkt, wir prognostizieren ein Umsatzplus von über 1%. Auch dieser Markt zeigt eine ausgeprägte Nischenentwicklung: Überproportionale Wachstumsraten von rund 7% p.a. in den kommenden 2-4 Jahren wird der Fertigbau ausweisen. In diesem Bausegment sind es vor allem die Holz- und Ausbauhäuser, die diesen Wachstumsverlauf tragen. Das Wohnen hat sich zum zentralen Aspekt einer modernen Lebensphilosophie gewandelt. Die daraus entspringenden Motive prägen die Qualität der Nachfrage, es kommt zu einer
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verstärkten „Wohn-Esoterik-Welle“: Angebote, die auf natürlichen, fernöstlichen und energetischen Prinzipien basieren, treffen auf einen boomenden Markt.
Der Geschosswohnungsbau hat sein zukünftiges Spiel in den attraktiven Cities der wachstumsstarken Ballungsräume. Wegen verbesserter Arbeitsplatz- und Einkommensperspektiven wandern wieder mehr Menschen in die Wirtschaftsstädte; der Trend zur Stadtflucht hat sich umgekehrt. Es kommt zu einer massiven Konzentrationsbewegung, vor allem im Osten Deutschlands und Europas gibt es bis 2010 - 2015 starke Abwanderungen, während die bereits erwähnten Economic Cities extrem dynamisch expandieren. Die dort ansteigende Bevölkerungsdichte und der begrenzt zur Verfügung stehende Wohnraum wirken sich positiv auf das Marktvolumen im Geschosswohnungsbau aus: Die Städte werden nicht nur breiter, sondern auch höher. Aus dieser wachsenden Nachfrage, die bereits seit 2002 an den Mietmärkten vorherrscht, ergeben sich positive Renditeperspektiven, die Kapitalanleger ansprechen. Sanierungs-, Umwandlungs- und Nischenkonzepte boomen, der Neubau kommt schwerpunktmäßig in den Randlagen voran, allerdings nur mit innovativen Nutzungskonzepten. Im Geschosswohnungsbau rechnen wir daher wieder mit leichten Umsatzzuwächsen ab 2004/2005.
Der Markt des Wirtschaftsbaus spaltet sich: Die schwache Konjunkturphase der letzten 3 Jahre wirkt rückläufig auf die gewerblichen Bauinvestitionen. Zudem ermöglicht der technische Fortschritt die flächenunabhängige Steigerung der Produktivität, unter anderem deshalb, weil sich der Anteil der immateriellen Wertschöpfung an der Wirtschaftsleistung weiter erhöht. Deutschland entwickelt sich zunehmend zu einem Innovations-, Service-, Kommunikations- und Logistikstandort inklusive spezialisierter Komponentenproduktion, die standardisierte Industrieproduktion wandert komplett ins Ausland. Diese veränderte deutsche Wirtschaftswelt prägt die Zukunft des Wirtschaftsbaus: Der Mega-Trend zur personalisierten und privilegierten Kundenbeziehung produziert neue Raumansprüche. Die Folge: Ein kommender, massiver Ausbau von Service- und Kommunikationszentren, in denen persönliche Kundenbegegnungen stattfinden, dieser Zyklus beginnt ab 2005. Große Industriebauten sind dagegen selten, ausser im Logistiksegment und bei den globalen Multi-Konzernen: Sogenannte Logistic Mobile Centers auf der grünen Wiese im modularen Stecksystem verzeichnen eine Wachstumswelle ab 2005 durch das Einsetzen des Logistikzyklus, vor allem in Richtung Osteuropa. Die weltweiten Super-Konzerne, die vermehrt eigene Volkswirtschaften darstellen, erweitern ihre Innovationsstationen und bauen sich eigenständige Infrastrukturen. Aus dem traditionellen Werksgelände wird ein „company land“. Boomen werden ebenso innerstädtische Freizeit- und Eventcenters, die interaktive und
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kombinierbare Abenteuerwelten und Wellnesskonzepte anbieten. Der Markt für klassische Handels- und Büroimmobilien stagniert langfristig. Der Hotelmarkt lebt von einem Mix aus gesundheitsfördender Infrastruktur und einem ausgereiften Angebot an Services. Das moderne Hotelkonzept kommt aus dem Trend zur ganzheitlichen „ToBe-Oase“ mit individualisiertem Service on Demand: Wellness, Business, Meeting, Weiterbildung, Event, Kultur, Kunst - auf Abruf im Haus.
2. Spezifische Trends im Wohnbau Demografen diagnostizieren für die deutsche Bevölkerung zwei Entwicklungen: Einerseits schrumpft sie wegen der geringen Geburtenquote mit derzeit 1,3 Kindern pro gebärfähiger Frau, andererseits steigt die Lebenserwartung kontinuierlich weiter. Auf dem Aspekt der demografischen Minusentwicklung basieren Berechnungen, die für die Zukunft einen stark rückläufigen Immobilienmarkt präsentieren. Rein rechnerisch mag diese Einschätzung stimmen, dennoch gebe ich seit Jahren zu bedenken, dass vielmehr der Strukturwandel des Marktes für die Nachfrageentwicklung von entscheidender Bedeutung ist. Zweifellos, in den nächsten Dekaden werden überwiegend Seniorenbedürfnisse die Strukturen der lokalen Märkte bestimmen. Wobei die Senioren von Heute und Morgen weitaus aktiver sind als ihre Pendants vorheriger Generationen. Die Überalterung wird sich auch am Immobilienmarkt bemerkbar machen: In wenigen Jahren werden sich Immobilienkonzepte ohne „Aging-Elemente“ wie bspw. Aufzug, Barrierefreiheit, Wellnessbäder und elektronische Medizinüberwachung nicht mehr verkaufen lassen. Das höhere Lebensalter führt aber auch dazu, dass Wohnraum länger genutzt wird, d.h. die Nutzungsdauer von Immobilien steigt, was sich positiv auf die Nachfragesituation im Neubau auswirkt. Zudem schrumpft seit Jahren die Personenanzahl pro Haushalt, gleichzeitig erhöhen sich die Wohnflächenansprüche pro Einwohner. Leben derzeit statistische 2,3 Personen in einem Haushalt, so werden es in 2010 nur noch 1,9 Personen sein. Der Effekt: Sinkt die Personenanzahl je Haushalt bei gleichbleibender oder wie in den Ballungszentren gar bei steigender Bevölkerungsdichte, wächst die Nachfrage nach neuem Wohnraum. Gleiches gilt für die Wohnflächenentwicklung: Bewohnt derzeit ein Einwohner statistische 39 qm Wohnfläche, so werden es in 2010 durchschnittlich 42,5 qm sein. Verschiedene Berechnungsmodelle zeigen, dass eine Flächennachfrage um plus 0,2 qm pro Einwohner und Jahr etwa 225.000 neuer Wohnungen p.a. entspricht. Hinzu kommt der jährliche Substanzverlust von umgerechnet etwa 130.000 Wohnungen. So zeigt sich im kumulierten Ergebnis, dass die derzeitige Fertigstellungsquote von knapp 250.000 Wohnungen p.a. nicht ausreicht, um die lokale entstehenden Wohnungsdefizite zu
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decken. Bedenkt man zudem, dass bisherige haushaltsexterne Aktivitäten wie Arbeiten, Einkaufen, Lernen und Freizeit zunehmend in die eigenen vier Wände verlagert werden, so entwickelt sich die Wohnung zur interaktiven Walt- und Schaltzentrale der Zukunft. Die Ausbreitung des Internets ist dabei einer der wichtigsten Immobilienstrukturtrends, denn die technologische Urbanisierung der Wohnräume inklusive ihrer weltweiten Vernetzung macht den Wohnenden zum mobilen Nomaden.
3. Zukunftsqualität statt Altersvorsorge Von der offensichtlichen Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge verspricht sich die deutsche Finanzszene ein gigantisches Geschäft. Wovon auch der Immobilienmarkt im großen Umfang profitieren wird, denn das langfristig orientierte Sicherheitsprofil von Sachwertinvestments plus wachsender, lokaler Renditeperspektiven gewinnen an Attraktivität: Die Umfragen in der aktuellen Future-Business-Group-Studie belegen eine wachsende Investitionsneigung bei Kapitalanlegern für - wie gesagt: lokale und innovative - Immobilienengagements. Dabei zeigt die Future-BusinessGroup-Studie auch, dass der Begriff „Private Altersvorsorge“ langsam aber sicher zur negativ besetzten Floskel degeneriert, vielmehr haben Kunden die Sicherung und Steigerung ihrer individuellen Zukunftsqualität im Sinn. Der Trend zum Qualitätsbegriff im Bereich der persönlichen Lebensgestaltung gewinnt seit Jahren an Fahrt und bestimmt zunehmend mehr Absatzmärkte. Dabei geht es nicht um die funktionelle Qualität eines Produktes, sondern um das „jeweilige Bewusstsein des Kunden, d.h. um die Qualität subjektiver Erlebnisse“. Dieser Motivwandel wird sowohl das Produktdesign als auch die Vertriebskultur nachhaltig verändern: Statt die funktionellen Vorteile eines Produktes zu interpretieren, werden die Berater der Zukunft innovative Strategien für die jeweilige Lebensqualität des Kunden entwickeln. Das gilt insbesondere für den Finanzmarkt, in dem Berater zunehmend höhere strategische Fähigkeiten besitzen müssen, um die Finanzqualität ihrer Kunden zu steigern. Das gleiche gilt für den Immobilienmarkt: Sachwertinvestments sind zukünftig von Subventionen entkoppelt und müssen daher andere Qualitätsperspektiven aufweisen - wie eben die Sicherung der Zukunftsqualität.
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