investnews Guide 2016 für Vermögensverwalter_Candriam Investors Group_DE

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Neues ESG-Rating:

ein erster Schritt

ISABELLE CABIE, CANDRIAM INVESTORS GROUP

Fonds anhand von Nachhaltigkeitskriterien zu bewerten, geht genau in die richtige Richtung. Es ist aber wichtig, dass man die Resultate rigoros interpretiert.

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as Fondsanalyse- und Ratingunternehmen Morningstar hat vor Kurzem ein ESG-Rating (Umwelt, Soziales, Unternehmensführung) für Fonds einführt. Diese Initiative geht genau in die richtige Richtung. Es ist, wie Morningstar betont: „Anleger brauchen bessere Hilfsmittel, um zu überprüfen, ob von ihnen gehaltene Fonds oder Fonds, die sie in ihr Portfolio aufnehmen wollen, den höchsten Ansprüchen an eine nachhaltige Entwicklung entsprechen“. Diese Entscheidungshilfe ist vor allem für Anleger interessant, die – über eine marginale Einsicht hinaus – ihre Anlageentscheidungen nach ESG-Kriterien eines verantwortungsvollen Handelns beurteilen wollen. Bewährt sich dieses Rating als wirklich effizient, ist es auch fürs Asset Management interessant. „SRI light“-Produkte (sozialverantwortungsvolle Investments) und damit Fonds, die „grün gewaschen“ wurden, aber ESG-Kriterien kaum respektieren, lassen sich identifizieren und ausschliessen.

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20 000 FONDS NACH ESG-KRITERIEN BEWERTET Zu Beginn erlaubt der von Morningstar initiierte ESG-Prozess ein Investitionsuniversum von 20 000 aktiv und passiv gemanagten Fonds zu erfassen. Um das Morningstar Sustainability Rating zu erhalten, muss mindestens die Hälfte der Fondspositionen von Sustainalytics, einer unabhängigen ESG-Analyseagentur, bewertet worden sein. In einem zweiten Schritt werden diese Fonds mit ähnlichen Strategien verglichen und auf einer Skala von einer bis fünf Erdkugeln bewertet. Fünf ist die Bestnote. Dabei ist jedem bewusst, dass ESG-Kriterien keine leicht zu fassende Materie sind, weil es viele verschiedene und teilweise komplexe Ansätze gibt. Daher muss man bei der Interpretation der ESG-Analyseergebnisse sehr gründlich sein und beim Vergleich mehrerer Fonds untereinander konsequent auf eine konsistente Methode achten. INTERPRETATIONSFEHLER VERMEIDEN Eine erste Anforderung ist aus unserer Sicht, dass die unterschiedlichen ESG-Kriterien innerhalb einer bestimmten Fondskategorie ausgeglichen gewichtet werden – so wie bei „Best in Class“-Strategien, die aus jedem Sektor die Unternehmen mit den besten SRI-Bewertungen auswählen. Jeder Fonds hat eigene Branchenbesonderheiten, die auf keinen Fall zu Bewertungsverzerrungen führen dürfen. Morningstar setzt sich vehement dafür ein und vergibt die ESG-Ratings deshalb sektorspezifisch. Dadurch erfahren auch sektorneutrale Fonds, z. B. mit quantitativen Strategien und Indexfonds keine Bewertungsnachteile.


N A C H H A LT I G E F I N A N Z E N

[ Man könnte auch die Referenzindizes

bewerten. Dadurch würden Anleger noch mehr dazu angehalten, auf das ESG-Profil der Fonds zu achten, in die sie investieren wollen

]

Auch Fonds, die Unternehmen mit Reputationsrisiken ausschließen, werden nicht benachteiligt – ganz im Gegenteil! Tatsächlich erhalten diese Fonds insgesamt ziemlich gute Bewertungen, auch wenn hier die Streuung in den Ranglisten gross ist. Wir sprechen hier beispielsweise von Fonds, die Unternehmen ausschliessen bei schwerwiegenden Verstössen (oder begründeten Hinweisen auf solche) gegen internationale Menschenrechts-, Arbeits-, Umwelt-, Governance- und Antikorruptionsstandards. Dabei orientiert man sich oft an den Grundsätzen des UN Global Compact. WEITERE SCHRITTE WAGEN Warum eigentlich nicht noch einen Schritt weiter gehen? Man könnte beispielsweise nicht nur die Fonds, sondern auch die Referenzindizes bewerten. Dadurch würden Anleger noch mehr dazu angehalten, auf eine bessere ESG-Performance und das ESG-Profil der Fonds zu achten, in die sie investieren wollen. Ausserdem würde deutlich, dass einige Assetklassen sehr intransparent sind wie beispielsweise Aktien aus Schwellenmärkten. Den Anlegern würde bewusst, dass es sich um ein sehr spezielles Anlageuniversum handelt, in dem ESG-Standards weniger verbreitet sind, die Gesetzgebung weniger streng ist und weniger Informationen vorliegen – ein Problem, das durch Sprachbarrieren oft noch verschärft wird. Das Bessere ist immer der Feind des Guten, aber man muss es nicht unnötig kompliziert machen − es gibt viele unterschiedliche SRI-Ansätze. Wenn sich ein Anleger, aus guten Gründen, für ESG-Kriterien zur Unternehmensbewertung entscheidet, wird er sich auch bei Investmentfonds für eine solche Bewertung interessieren. Derzeit ist beispielsweise noch gar nicht die Rede davon, in die Fondsbewertung auch Aktionärsaktivitäten wie das Ausüben des Abstimmungsrechts oder den Dialog mit Unternehmen einzubeziehen. Ein einfaches Erwähnen solcher Aktivitäten mit einem einfachen „Ja“ oder „Nein“ wäre schon begrüssenswert.

Engagement bei Unternehmen bleibt wichtig Engagement und Gespräche zwischen Investoren und Unternehmen werden immer wichtiger, weil immer mehr Investoren Nachhaltigkeitskriterien für sinnvoll halten 1. Um diesen Dialog noch wirksamer zu machen, sind zwei Initiativen in 2015 gestartet worden. Die erste betrifft drei Themen, die entscheidend für die nachhaltige Wertschöpfung eines Unternehmens sind. Anti-Korruptionsrichtlinien, Energiewende und Arbeitsbedingungen werden die Schwerpunkte des Engagements sein – sowohl bei SRI-Analysen als auch beim traditionellen Emittenten-Research in allen Sektoren. Die zweite Initiative besteht darin, sich besonders bei Unternehmen zu engagieren, die gerade ganz knapp zum Nachhaltigkeitsuniversum gehören. Sie werden als „dazugehörig“ (In-line) bezeichnet, zählen zu den besten 50 % ihrer Vergleichsgruppe, reichen aber nicht an die in puncto ESG-Kriterien führenden und schon weiter entwickelten Unternehmen heran. Mit diesem Engagement sollte besonders viel erreicht werden, denn börsenkotierte Unternehmen wissen, dass eine schwache Berichterstattung oder mangelnde Nachhaltigkeit zum Ausschluss aus dem Nachhaltigkeitsuniversum von SRI-Assetmanagern und ihrer Kunden führen können. Sie sind daher heute eher zu Gesprächen mit SRI-Analysten bereit. 2015 hat Candriam mit 64 Unternehmen Kontakt zu ESG-Themen aufgenommen. Davon haben 56 % ihren Sitz in Europa, 30 % in den USA, 12 % im Pazifischen Raum und 2 % in den Emerging Markets. Das wichtigste Thema war die Verbesserung der ESG-Berichterstattung (86 %), gefolgt von der Bitte um Informationen als Grundlage für Anlageentscheidungen (8 %) und der Forderung nach besseren Geschäftsprozessen (6 %).

1 - Engagementbericht: https://www.candriam.be/siteassets/ medias/publications/brochure/corporate-brochures-andreports/engagement-report/engagement-activities_annualreport_def.pdf

ISABELLE CABIE Isabelle Cabie ist seit 2010 bei Candriam weltweit für nachhaltige und sozialverantwortliche Anlagen zuständig. Sie begann ihre Karriere 1992 als Volkswirtin bei der Artesia Bank, bevor sie 1995 in das Fondsmanagement wechselte. 1998 kam sie als SeniorManagerin für institutionelle Portfolios zu Cordius Asset Management und wurde 2003 bei Candriam zur Leiterin für das Management institutioneller Rentenportfolios befördert. 2007 übernahm sie die Leitung des weltweiten institutionellen Portfoliomanagements.

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