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Verband
Die Berufstätigkeit von Podologinnen
Stellungnahme des Zentralvorstandes des SPV zu den Aktivitäten des «Podologie EFZ Vereins Schweiz»
Der Zentralvorstand des SPV hat von verschiedenen Mitgliedern ein am 22. März 2021 vom «Podologie EFZ Verein Schweiz» veröffentlichtes Memorandum zugestellt erhalten. In diesem Memorandum werden diverse Punkte festgehalten, weshalb Podologinnen und Podologen EFZ den altrechtlich ausgebildeten Podologinnen und Podologen SPV gleichgestellt sein sollen und somit auch zur selbständigen Berufsausübung und zur selbständigen Behandlung von Risikopatienten zugelassen werden sollen. Der Zentralvorstand hat aufgrund dieses Memorandums erkannt, dass in diesem Bereich offenbar noch immer viel Missverständnis und Unwissen besteht. Die Verbandsführung ist daran interessiert, in Bezug auf die verschiedenen Ausbildungen im Bereich der Podologie Aufklärungsarbeit zu leisten sowie falsche Aussagen und unhaltbare Vorwürfe richtigzustellen. Eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Verein war für den Zentralvorstand leider nicht möglich, da ihm keine Ansprechperson mit Kontaktdaten bekannt ist.
Gleichwertigkeit der beiden Ausbildungsprofile
Der Verein bringt immer wieder vor, dass die Ausbildung zur Podologin EFZ/zum Podologen EFZ zu jener als Podologin/Podologe SPV gleichwertig sei. Er bezieht sich dabei auf verschiedene Grundlagen. Dabei fällt auf, dass der Verein in diesen Belangen zwei Dinge vermischt: Aus dem Fakt, dass sowohl die Ausbildung zum Podologen EFZ/zur Podologin EFZ als auch die altrechtliche Ausbildung zur Podologin SPV/zum Podologen SPV auf Sekundarstufe II angesiedelt ist, kann nicht gleichzeitig geschlossen werden, dass in diesen beiden Ausbildungen auch identische Bildungsinhalte vermittelt wurden. Das wäre überspitzt gesagt dasselbe, wie wenn man behaupten würde, dass Maurer EFZ in ihrer Ausbildung dieselben Kompetenzen erwerben wie Plattenleger EFZ, nur weil sie beide auf Sekundarstufe II angesiedelt sind.
So argumentiert der Verein, dass die beiden Ausbildungen hinsichtlich der Berufsausübung gleichbehandelt werden müssten, weil sie auch zu denselben Weiterbildungen Zugang haben. Selbstverständlich haben sowohl Podologinnen/Podologen EFZ als auch Podologinnen/Podologen SPV bildungssystematisch Zugang zu den gleichen Weiterbildungsmöglichkeiten, da beide Ausbildungsprofile auf Sekundarstufe II angesiedelt sind. Bereits von Gesetzes wegen stehen ihnen daher dieselben Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten offen. Genau das (und allein das) wird sowohl in den alten Bildungsverordnungen von 2005 und 2012 als auch in der neuen Bildungsverordnung vom 29. September 2020 sowie auch in Ziff. 4.4 des Rahmenlehrplans Podologie Höhere Fachschule geregelt und festgehalten. Mit dieser Niveaubestätigung wird sichergestellt, dass den altrechtlichen Ausbildungen der Zugang zu den entsprechenden Aus- und Weiterbildungen erhalten bleibt.
Die Einordnung auf Sekundarstufe II sagt somit nichts darüber aus, welche konkreten Kompetenzen im Rahmen der Ausbildung tatsächlich erworben werden. Der Unterschied zwischen den beiden Ausbildungen Podologin/Podologe EFZ und Podologin/Podologe SPV liegt nicht in der Bildungsstufe, sondern in den Bildungsinhalten. Podologinnen/ Podologen SPV haben damals im Rahmen ihrer Ausbildung in Bezug auf die Behandlung von Risikopatienten zusätzliche bzw. andere Kompetenzen erworben als die heutigen Podologinnen/Podologen EFZ. Deshalb sind die Podologinnen und Podologen SPV weiterhin berechtigt, die Behandlung von Risikopatienten eigenständig durchzuführen. Dies im Gegensatz zu den Podologinnen/Podologen EFZ, welche diese Kompetenzen sowohl gemäss den alten Bildungsverordnungen als auch gemäss der heute gültigen Bildungsverordnung gar nie erworben haben. Zwar konnten und können auch Podologinnen/ Podologen EFZ Risikopatienten behandeln, allerdings nur unter Verantwortung einer dipl. Podologin HF/eines dipl. Podologen HF, einer Person mit einem gleichwertigen Abschluss oder einer Podologin SPV/eines Podologen SPV. Es ist daher durchaus sinnvoll, dass sich auch Podologinnen/Podologen EFZ in diesem Bereich weiterbilden und zu den Weiterbildungen (z. B. Diabetesseminar) zugelassen werden.
Risikogruppen-Definition des SPV
Im Hinblick darauf, dass Podologinnen/Podologen EFZ gemäss Bildungsverordnung nicht eigenständig Risikopatienten behandeln dürfen, argumentiert der Verein, dass die Risikogruppen-Definition des SPV bzw. der Organisatin Podologie Schweiz OPS in keinem bundesrechtlichen Erlass aufgenommen (gewesen) sei, weshalb dies keine genügende Rechtsgrundlage für Einschränkungen darstelle. Zudem würden die Kantone seit Jahrzehnten die Behandlung von Risikopatienten durch EFZ-Podologinnen und -Podologen tolerieren. Sowohl die bisherigen als auch die neue Bildungsverordnung verweisen im Zusammen-
hang mit der Behandlung von Risikopatienten auf die Definition der Risikogruppen des SPV bzw. der OPS. Bei der Bildungsverordnung handelt es sich um eine vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT bzw. neu vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI erlassene Verordnung und somit um einen Bundeserlass. Der Bundeserlass verweist direkt auf die genannten Definitionen des SPV bzw. der OPS, womit diese einen integrierten Verordnungstext darstellen und damit Rechtsverbindlichkeit erlangen. Das Argument des Vereins, dies stelle keine genügende Rechtsgrundlage dar, ist somit nicht korrekt. Ausserdem ist die Definition, welche Personen der Risikogruppe angehören, genügend bestimmt, um ihr die entsprechenden
Krankheits- und Beschwerdebilder eindeutig zuzuordnen.
Die Behauptung, dass die Behandlung von Risikopatienten durch Podologinnen/Podologen EFZ durch die Kantone seit Jahrzehnten toleriert werde, entbehrt jeglicher Grundlage. Im Gegenteil, allein durch die Konsultation der kantonalen Gesetze und deren Entstehungsgeschichte wird ersichtlich, dass zahlreiche Kantone bereits seit Einführung der neuen Bildungssystematik für die Ausübung des Podologieberufs und für die Behandlung von Risikopatienten eine Berufsausübungsbewilligung voraussetzen und diese ausschliesslich an dipl. Podologinnen/Podologen HF erteilen. Ebenso wäre eine wie vom Verein behauptete Rechtspraxis der Kantone gar nicht «seit Jahrzehnten» möglich, da es die EFZ-Ausbildung in Podologie überhaupt erst seit 2005 gibt und die ersten Abschlüsse im Jahr 2008 waren.
Kompetenz zur selbständigen Tätigkeit
Immer wieder wird behauptet, dass Podologinnen/Podologen EFZ im Rahmen ihrer Ausbildung für die selbstständige Tätigkeit ausgebildet werden würden. Es gäbe keine Rechtsgrundlage dafür, dass Podologinnen/Podologen EFZ nicht selbständig tätig sein könnten. Auch das ist nicht richtig. Mit der Neureglementierung des Berufs im Jahr 2005 wurden zwei neue Ausbildungsprofile geschaffen, die voneinander abgegrenzt werden mussten. Die Intention, dass die Ausbildung auf Stufe Höhere Fachschule vornehmlich für die selbständige Tätigkeit konzipiert wurde und die Ausbildung auf Stufe EFZ auf eine unselbständige Tätigkeit ausgelegt ist, wird bereits in den Gesetzesmaterialien zur damaligen Bildungsverordnung ersichtlich. Ausserdem bildet sich diese Systematik in folgenden Punkten ab: • Gemäss Rahmenlehrplan ist die Führung und Praxisorganisation ein zentraler und wesentlicher Bildungsinhalt im Bildungsgang Höhere Fachschule (Ziff. 3.3.4). Diese
Kompetenzen fehlen gemäss Bildungsverordnung und Bildungsplan in der EFZ-Ausbildung gänzlich. • Im Rahmenlehrplan HF wird in Ziff. 3.1 ausdrücklich festgehalten, dass dipl. Podologinnen und Podologen HF ihren Beruf im
Rahmen der kantonalen gesetzlichen Vorgaben selbstständig ausüben. Auch diese Kompetenz fehlt gemäss Bildungsverordnung und im Bildungsplan in der EFZ-Ausbildung vollumfänglich.
Besitzstandsschutz für Podologinnen/ Podologen EFZ
Der Verein moniert, dass der SPV den Besitzstandsschutz der Podologinnen/Podologen SPV auf die Empfehlung der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK) aus dem Jahr 2005 stütze. Er argumentiert, dass dieses Prinzip generell zur Anwendung komme, weshalb sich in der Zwischenzeit auch Podologinnen/ Podologen EFZ auf den Besitzstandsschutz berufen können. Dem gilt es entgegenzuhalten, dass die Besitzstandswahrung für Podologinnen/Podologen SPV nicht auf der GDK-Empfehlung beruht, sondern auf den in der damaligen Ausbildung erworbenen Kompetenzen. In der GDK-Empfehlung aus dem Jahr 2005 wird diese Besitzstandswahrung lediglich nochmals deklaratorisch von einem offiziellen Gremium festgehalten. Unter Besitzstandswahrung versteht man die unveränderte Beibehaltung von Rechtsverhältnissen, die auf Rechtsgrundlagen beruhen, die durch neue Regelungen ersetzt werden. Der Besitzstand der Podologinnen/ Podologen SPV ergibt sich aus der damaligen Ausbildungsverordnung, welche mit dem Erlass der neuen Bildungsverordnung Podologin/Podologe EFZ ersetzt bzw. ausser Kraft gesetzt wurde. In der neuen Bildungsverordnung EFZ wurde – im Gegensatz zur früheren Ausbildungsverordnung SPV – die Kompetenz zur eigenständigen Behandlung von Risikopatienten nicht mehr vorgesehen. Die Besitzstandswahrung bewirkt, dass den Podologinnen/Podologen SPV trotz diesem neuen, einschränkenden Erlass ihre einmal erworbenen Kompetenzen weiterhin zustehen. Auf einen solchen Besitzstand können sich die Podologinnen/Podologen EFZ nicht berufen, da die eigenständige Behandlung von Risikopatienten nie Teil ihrer Ausbildung war.
Allenfalls zu prüfen wäre, ob denjenigen Podologinnen/Podologen EFZ, die in einigen Kantonen eine Bewilligung zur selbstständigen Berufsausübung erhalten haben, Besitzstand in dem Sinne zu gewähren sei, dass sie ihre Bewilligung zur selbständigen Tätigkeit nicht wieder abgeben müssen, wenn der betreffende Kanton das Erteilen einer Berufsausübungsbewilligung (neu) an das Vorliegen eines HF-Abschlusses knüpfen würde. Darüber können grundsätzlich die Kantone entscheiden. Wobei auch diesbezüglich zu bemerken sei, dass es sich bei einer Berufsausübungsbewilligung nicht um ein wohlerworbenes Recht handelt, weshalb diese grundsätzlich jederzeit durch Gesetzesrevisionen entzogen werden kann.
Festzuhalten gilt zudem, dass selbst wenn ein Kanton Besitzstand gewährt, dies nicht dazu führt, dass diese Podologinnen/Podologen EFZ Risikopatienten behandeln dürften. Denn auch Podologinnen/Podologen EFZ, die über eine kantonale Berufsausübungsbewilligung verfügen, dürfen nicht eigenständig Risikopatienten behandeln. Das Vorliegen einer kantonalen Berufsausübungsbewilligung hebelt die gemäss der Bildungsverordnung erworbenen Kompetenzen nicht aus. Selbst bei Vorliegen einer Berufsausübungsbewilligung dürfen ausschliesslich jene Tätigkeiten verrichtet werden, zu denen man aufgrund seiner Ausbildung befähigt wurde. Podologinnen/Podologen EFZ erwerben wie erwähnt die Kompetenz zur eigenständigen Behandlung von Risikopatienten nicht, weshalb sie diese Behandlungen auch in selbstständiger Tätigkeit, bei Vorliegen einer Berufsausübungsbewilligung, nicht eigenständig vornehmen dürfen.
Unhaltbare Vorwürfe
Der Zentralvorstand des SPV erachtet das vom Verein veröffentlichte Memorandum als irreführend und unhaltbar. Es verbreitet falsche Informationen, die weder durch rechtliche Grundlagen noch durch fundierte Recherchen belegt werden. Der Zentralvorstand bedauert, dass der «Podologie EFZ Verein Schweiz» auf diese Weise Missverständnisse schürt und den Interessen des PodologieBerufs zuwiderhandelt. Leider zeigte sich der Verein bisher nicht kooperativ und nicht bereit, das persönliche Gespräch zu suchen. Der Zentralvorstand des SPV distanziert sich ausdrücklich von den Handlungen und Veröffentlichungen des «Podologie EFZ Vereins Schweiz» und bittet die Mitglieder des SPV sowie andere betroffene und interessierte Personen, sich bei Fragen, Unklarheiten und Verunsicherungen an die Geschäftsstelle oder den Zentralvorstand des Schweizerischen Podologen-Verbandes SPV zu wenden.