2020_01_02

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natürlich Bewusst

Licht ins Leben

Natürliche Methoden gegen Depressionen

Entgiften

Körpersäfte wieder richtig in Fluss bringen

Tierschützer kämpfen gegen die Vogel-Mafia

Sonntagsbraten Ein Hoch auf alte Esstraditionen

Die Kraft der Birke macht Menschen stark Arme Vögel

Frei werden

Gefrorenes Herz

Wie wir mit indigenem Wissen die Welt retten können

Unbeschwert Frau sein.

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Dies sind zugelassene Arzneimittel. Lesen Sie die Packungsbeilage. Max Zeller Söhne AG, 8590 Romanshorn, www.zellerag.ch 1 TABLETTE TÄGLICH. REIN PFLANZLICH. VIELSEITIG WIRKSAM.

Apocalypse now?

Liebe Leserin, lieber Leser

markus kellenberger

Wer die Medien verfolgt, hat allen Grund, depressiv zu werden. Aus Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt prasseln täglich Schreckensmeldungen über uns herein. Kein Wunder, werden in der Schweiz jährlich gegen vier Millionen Packungen Antidepressiva verkauft, mehr denn je.

Das Jahr ist noch jung – wollen wir so weitermachen?

Wir vom «natürlich» sagen nein, und deshalb finden Sie in dieser Ausgabe drei Themen, die sich damit befassen, wie wir aus dieser Negativspirale aussteigen können. Da ist der Artikel von Walter Hollstein auf Seite 32, der zeigt, wie eine Welt, die scheinbar am Abgrund steht, Menschen aktiv werden lässt. Adrian Zeller wiederum gibt ab Seite 42 Tipps, wie Depressionen auch ohne Medikamente überwunden werden können. Und schliesslich ist da noch der Artikel von Leila Dregger ab Seite 10, der sich mit der Gier des weissen Mannes und dessen Auswirkungen auf Mutter Erde aus Sicht der nordamerikanischen Indianer befasst.

Patentlösungen zur Rettung der Erde gibt es nicht. Was es aber gibt, ist unsere Hoffnung auf eine gute Zukunft –und unser Glaube daran, dass jeder Einzelne von uns im Kleinen wie im Grossen seinen Beitrag für eine bessere Welt leisten kann.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein tolles Jahr. Herzlich, Ihr

Wasser machte mir Arbeit.

Mutter Bernardina Wasser machte mich krank.

Grossmutter Manuela

Trinkwasser sichern, Gesundheit fördern, Frauen stärken. So verändern Menschen mit Ihrer Unterstützung ihr Leben.

Sauberes Wasser ist Leben. Spenden Sie jetzt: helvetas.org

Unterstützt

Wasser macht mir keine Sorgen.

Tochter Janeth, 13, Bolivien

Partner für echte Veränderung

● Inhalt

gesund sein

10 Wétiko, das Ego-Virus

Selbstsucht, Habgier und fehlendes Mitgefühl machen die Welt kaputt. Indigene schlagen Heilmittel vor.

14 Medizin der Zukunft

Chance für Quereinsteiger: Naturheilpraktiker spielen eine immer wichtigere Rolle im Gesundheitssystem.

16 Sonntagsbraten

Wieso wir die gute alte Tradition wieder aufleben lassen sollten.

22 Sabine über . . . die Kraft des Atmens.

24 Leserberatung

Von Augenentzündung über Hautpilz bis zu Brustzysten, Hanf und Sonnenlicht.

gesund werden

28 Wolfs Heilpflanze

Die filigrane Birke löst erstarrte Empfindungen.

32 Welt im Wandel

Geht die Welt zugrunde? Kommt auf uns an. Wir haben viele Handlungsmöglichkeiten.

38 Ausleitverfahren

Altbewährte Formen der Entgiftung.

42 Depression

Nicht immer sind Medikamente nötig. «natürlich» zeigt Alternativen auf.

draussen sein

50 Vogeljagd

Millionen von Singvögeln werden im Mittelmeerraum getötet. Reportage aus Zypern.

54 Vetter

Nichts zu ernten? Dann halt Sprossen ziehen!

58 Gartenrecht

«natürlich» klärt über Rechte und Pflichten auf.

● leben und heilen

Übergewicht

Überstunden können dick machen

Eine Analyse von 19 Studien mit über 60 000 Teilnehmern zeigt: Besonders normalgewichtige Menschen haben ein erhöhtes Risiko zuzunehmen, wenn sie länger als 35 bis 40 Stunden pro Woche arbeiten. Aktive Arbeitsplätze können diese Gefahr reduzieren. Das sind Arbeitsplätze, die es ermöglichen, im Stehen zu arbeiten oder gar Bewegung während der Arbeit auszuüben, z. B. durch ein Laufband oder Ergometer.

International Journal of Obesity

Einsamkeit ist tödlich

Der Mensch ist ein soziales Wesen. Deshalb macht ihm Einsamkeit schwer zu schaffen: Wer einsam ist, hat ein erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, Depressionen und eines früheren Todes. Gemäss mehreren Studien ist Einsamkeit für das Herz sogar noch schlimmer als Bewegungsmangel, Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum und Adipositas zusammengenommen! Menschen im Alter um Mitte 30 sowie über 65-Jährige leiden besonders häufig an Einsamkeit. Manche trauen sich nicht, Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen oder wissen nicht mehr, wie das geht. Niederschwellige Angebote sind z. B. Gesangs-, aber auch andere Vereine. Oder Feierlichkeiten im Dorf. Reden ist wichtig! Wer sich kaum mehr unter die Leute traut, dem können Internetforen eine Hilfe sein oder Die Dargebotene Hand , das Schweizer Sorgentelefon 143. krea

Wege aus der Isolation

1.

Behandeln Sie sich liebevoll wie einen guten Freund.

2.

Nehmen Sie Kontakt zu anderen Menschen auf.

3.

Stellen Sie an Ihre Umwelt keine allzu hohen Erwartungen.

4.

Geben Sie Ihrem Leben einen Sinn.

5.

Lernen Sie, sich selbst mehr anzunehmen.

Lebertran

Gut für die Augen

Lebertran ist reich an Omega-3Fettsäuren, die die Durchblutung fördern und allgemein sehr gesund sind. Offenbar senken sie auch das Risiko, an einem Glaukom oder an einer Makuladegeneration zu erkranken. Darauf weisen aktuelle Studien hin. krea ●

Ernährung

Verheerende Werbung

Kinder, die öfters Werbung für Fast Food sehen, essen rund doppelt so häufig Ungesundes wie Kinder ohne derartigen Einfluss. Dies auch dann, wenn die Eltern ein gesundes Vorbild sind. Darauf weist eine Langzeitstudie mehrerer US-Universitäten hin DDG

Laufen kann Leben verlängern

Das berichten australische Forscher im British Journal of Sports Medicine. Sie analysierten 14 Studien mit mehr als 230 000 Teilnehmern und verfolgten deren Gesundheitszustand für einen Zeitraum von 5,5 bis 35 Jahren. Diejenigen, die regelmässig joggten, konnten ihr Sterberisiko durch Herzerkrankungen um 30 Prozent und infolge von Krebs um 23 Prozent verringern. Schon nur 50 Minuten Laufen einmal pro Woche in gemütlichem Tempo scheint schützenswert zu sein, so die Autoren der Studie. Damit sei Laufen eine gute Option für Menschen, die zu beschäftigt sind, um intensiv zu trainieren. MM

« Geliebt werden kannst du erst dann, wenn du dich selbst liebst – und lieben kannst du dich nur, wenn du bei dir bist – wenn du zu dir gekommen bist –wenn du bei Bewusstsein bist ! »
Bruno O. Sörensen (*1936), Buchautor

buchtipp

Nicole Wagner «Heilende Mundspülungen», Hans-NietschVerlag 2019, ca. Fr. 30.–

Mundum gesund

Ö

lziehen ist ein Grundpfeiler der ganzheitlichen Mundheilkunde und wohl die einfachste und effektivste Form der umfassenden Mundpflege –von den Lippen bis zum Gaumen. Damit hellen Sie Ihre Zähne auf, schützen sich vor Karies und Parodontitis, reinigen Ihr Blut und den ganzen Organismus. In diesem umfassenden, leicht verständlichen Ratgeber werden nicht nur die Vor- und Nachteile verschiedener Öle beschrieben, sondern auch die erstaunliche Bedeutung des Speichels erklärt. Es werden auch zahlreiche weitere wirksame Mittel der Heilung und Entgiftung beschrieben, etwa Natron, Propolis, zahlreiche Heilpflanzen oder das Vulkangestein Zeolith. Darüber hinaus enthält der Ratgeber viele alltagstaugliche Tipps, wie man empfindliche Zähne stärkt und auf natürliche Weise für einen frischen Atem sorgt. krea

Die App

Den Rücken stärken

Wer gelegentlich Rückenschmerzen oder verspannte Muskeln hat, dem sei die App Kaia empfohlen. Vor allem Menschen, die viel sitzen, profitieren von den Tipps zur richtigen Haltung und Stressreduktion. Einfache Übungen fördern Muskelkraft und Beweglichkeit. Wer jedoch länger andauernde starke Schmerzen hat, sollte besser zum Arzt gehen.

Für Android und iOS, gratis

Gut für den Darm

Ein Grund mehr, auf eine gute Nachtruhe zu achten: Schlechter Schlaf kann die Darmflora negativ beeinflussen. Das haben US-amerikanische Forscher der Nova Southeastern University herausgefunden. Wie sich herausstellte, hatten Probanden mit einem guten Nachtschlaf ein vielfältigeres Darmmikrobiom. Studienleiterin Jaime Tartar vermutet, dass schlechter Schlaf nicht nur die Darmgesundheit negativ beeinflusst, sondern weitreichendere Folgen hat. So steht das Darmmikrobiom unter anderem im Zusammenhang mit Morbus Parkinson, Autoimmunerkrankungen sowie Angst und Depressionen. Je vielfältiger die Mikroorganismen im Darm sind, desto besser ist dies für die allgemeine Gesundheit, so Tartar. MM

● Wechseljahre

Hormontherapie erhöht Krebsrisiko

Das Brustkrebsrisiko steigt durch Hormontherapien gegen Beschwerden in den Wechseljahren. Das gilt sowohl für Kombinationspräparate mit Östrogen und Gestagen als auch für Monopräparate, die nur Östrogen enthalten. Darauf weist eine Meta-Analyse von 58 epidemiologischen Studien hin, die eine Forschergruppe der Universität Oxford im Fachmagazin «Lancet» veröffentlicht hat. thelancet.com

Schlaf I

Schlaf II

Nachtschwärmer haben ein erhöhtes Diabetesrisiko

Eine Auswertung von 17 Studien mit 465 000 Teilnehmern zeigt: Wer spät zu Bett geht, hat ein erhöhtes Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen und Diabetes Typ 2. Der Grund ist einfach: Nachtschwärmer konsumieren tendenziell mehr Alkohol, Zucker und Koffein. Eine späte Nahrungsaufnahme führt zudem zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels am Abend, was wiederum negative Auswirkungen auf den Stoffwechsel haben kann. krea

● Bewegung

Gehen verbessert Gedächtnis

Den Schlüssel verlegt? Dann gehen Sie doch kurz spazieren oder machen ein paar Turnübungen. Denn schon nach zehn Minuten Bewegung verbessert sich die Leistung des Gedächtnisses. Das konnten japanische Wissenschaftler nachweisen. krea

Viel sitzen

macht depressiv

Wer viel sitzt, hat ein erhöhtes Risiko, an einer Depression zu erkranken. Das zeigt eine irische Langzeitstudie mit Menschen ab 50 Jahren. Vielsitzer waren generell stärker belastet. So litten sie häufiger an Einsamkeit, chronischen Erkrankungen, Schmerzen und Behinderungen – Leiden, die eine Depression auslösen oder verstärken können. Einfache Angebote wie kurze Spaziergänge mit Freunden könnten Lichtblicke im Alltag sein, die womöglich gravierenden Problemen vorbeugen können. Mehr zum Thema ab Seite 42. krea

Sport

Kartoffel statt Energy-Gel

Der Verzehr einer einzigen Kartoffel während des Trainings liefert Energie und führt bei trainierten Athleten zu ähnlichen Leistungen wie KohlenhydratGels. Dies zeigt eine Studie an der Universität Illinois, USA. Kartoffeln und Gel enthielten jeweils 120 Gramm Kohlenhydrate. Wie die Auswertung ergab, waren Vitalparameter wie Sauerstoffaufnahme, Blutzucker- und Laktatkonzentrationen, Herzfrequenz, Körpertemperatur und wahrgenommene Anstrengung im Kartoffelund Gelversuch vergleichbar. Die Forscher halten Kartoffeln daher für eine vielversprechende und günstige Alternative für Sportler, zumal sie eine nährstoffreiche und vollwertige Quelle für Kohlenhydrate sind. MM

Die Ego-Seuche

Mit dem Wort Wétiko bezeichnen die kanadischen Cree-Indianer die Krankheit des « weissen Mannes », die grösste Epidemie der Menschheit: Selbstsucht, Habgier, Machthunger, fehlendes Mitgefühl.

Indigene aus verschiedenen Kulturen schlagen Heilmittel vor.

Text: Leila Dregger Illustration: Lina Hodel

Die Cree im Norden der Schildkröten–Insel kannten eine seltene Anomalität: Nach langen hungrigen Wintern konnte es geschehen, dass ein Mensch eine unstillbare Gier entwickelte. Das Wohlergehen der anderen war ihm dann egal; er empfand sich nicht mehr in erster Linie als Teil des Stammes, sondern als getrennt. Was auch immer er an Essbarem fand: Er nahm es sich, ohne zu fragen. Auch auf Kosten anderer. Ja, es gab sogar Fälle von Gier auf Menschenfleisch. Für die Cree war das so ein aussergewöhnliches Verhalten, dass sie glaubten, ein böser Geist terrorisiere den Menschen und mache seine Seele krank. Sie nannten diesen Geist Wétiko.

Wétiko konnte geheilt werden. Der Befallene bekam Wärme, Kontakt und ausreichend zu essen; ihm wurden Dienste an Kranken und Alten und Zusammensein mit Kindern aufgetragen, immer in der Mitte der Gemeinschaft. Und irgendwann wusste er wieder, worum es geht im Leben und wer er eigentlich ist: Teil eines sozialen Gefüges, Kind der Erde.

Epidemische Verbreitung

Als die Cree auf die ersten Weissen stiessen – Jäger und Pelztierfänger, später Händler und Missionare in den Weiten Kanadas – mussten sie an die Wétiko–Krankheit denken: All diese merkwürdigen, ungeschickten Menschen schienen davon befallen zu sein! Sie verhielten sich, als seien sie voneinander und von Mutter Erde getrennt. Jeder wollte so viel wie möglich für sich selbst haben. Sie waren in der Lage, anderen weh zu tun, ohne deren Schmerz mitzufühlen. Und die Erde selbst, Bruder Tier und Schwester Pflanze, behandelten sie wie seelenlose Dinge und hinterliessen eine Spur der Zerstörung und Gewalt. Was waren das nur für Menschen! Hatten sie überhaupt eine Seele? Waren es vielleicht ausgestossene Wétiko-Befallene eines fremden Stammes?

Bald sollten die Cree auf tragische Weise belehrt werden: Was bei ihnen als Krankheit galt, war bei den Weissen normal. Deren ganze Gesellschaft beruhte auf

Habgier, Egoismus, Konkurrenzdenken, Lüge und Angst voreinander. Wétiko erwies sich als hochgradig ansteckende Epidemie. Auch die Cree und andere Naturvölker konnten sich auf Dauer nicht davor schützen. An den Rand gedrängt, standen sie nach wenigen Jahrzehnten vor der Entscheidung: anpassen oder untergehen.

Das Licht des Bewusstseins

Der indianische Historiker und Schriftsteller Jack D. Forbes griff das Wort Wétiko auf, um die heutige Mainstream-Kultur zu analysieren: «Der moderne Mensch kümmert sich wenig darum, welches Leid, welche Ausbeutung und Auslöschung sein Konsum so vielen Wesen antut. Das ist wahrer Kannibalismus: die Ausbeutung der Erde, der Lebewesen und auch der Menschen und deren Heimstätten.»

So kann man es durchaus sehen: Als Teil unserer modernen Welt sind wir alle Träger des Wétiko-Virus. Ob wir wollen oder nicht, ob wir es überhaupt bemerken oder nicht, bestimmt er nicht nur unser eigenes Handeln und Denken, sondern das Handeln und Denken aller Mitglieder und Einrichtungen der modernen Gesellschaft. Wie einen Schatten tragen wir ihn mit uns – bis wir das Licht unseres Bewusstseins darauf leuchten.

Ob in der Wirtschaft, im Bildungssystem oder in der Gesundheit: Trotz besseren Wissens fördern wir Stress, Angst, Konkurrenz und Trennung. Empathie und Anteilnahme werden abtrainiert. Unter dem Einfluss von Wétiko handeln wir permanent gegen unsere eigenen Vital-Interessen, gegen zukünftige Generationen und gegen Mutter Erde. Im Kern ist Wétiko das Fehlen von Verbundenheit. Wétiko heisst im Grunde Trennung: Wir spüren nicht mehr Leid oder Freude der Mitmenschen. Es ist, als habe die Menschheit vergessen, dass sie zu einem Ganzen gehört. Was aber geschieht einem Organismus, dessen Organe gegeneinander kämpfen? Wo Lunge, Herz, Niere und Hirn sich gegenseitig den Sauerstoff rauben oder die Botenstoffe zurückhalten, um für sich selbst Vorteile zu gewinnen? Er stirbt. Das ist die

« Das ist wahrer Kannibalismus: die Ausbeutung der Erde. Unsere Gier nach Wohlstand, Macht und Vorteil zerstört unseren Heimatplaneten. »

Jack D. Forbes Indigener US-amerikanischer Schriftsteller (1934–2011)

Bedrohung. Das sind die tiefen Ursachen von Umweltund Klimakrise. Forbes schrieb: «Wétikos Wirken hat sich so zugespitzt, dass seine ökologischen und sozialen Folgen das Leben auf der Erde selbst gefährden. Unsere Gier nach Wohlstand, Macht, Vorteil zerstört unseren Heimatplaneten.»

Hoffnung auf Heilung

Der Autor Paul Levy schreibt in seinem Buch «Dispelling Wétiko» (Wétiko auflösen): «Jeder von uns kann Barrieren der Verteidigung aufstellen, unser psychologisches Immunsystem stärken, um nicht von der Selbstsucht angesteckt zu werden.» Unser psychologisches Immunsystem beruht, so Lévy, auf bewusster Aufmerksamkeit. Sein Rat: Wétiko erkennen, seine Logik verstehen und überwinden und unsere angeborene Fähigkeit für ein Leben ohne Wétiko wiederentdecken.

Menschen mit lebendigen indigenen Wurzeln können da Orientierung bieten. Zum Beispiel Ladonna Bravebull Allard, eine Lakota-Botschafterin aus dem Reservat Standing Rock. Sie sagt: «Als Indigene verstehen wir, dass es eine Verbindung gibt zwischen uns und der Erde und allem, was uns umgibt. Wir haben die Verpflichtung, andere daran zu erinnern, wie kostbar das Wasser ist und dass das Feuer und die Luft, die wir atmen, gebraucht werden, damit wir auf der Erde leben können. Darum müssen wir sie respektieren, ehren und pflegen.»

Für Tiokasin Ghosthorse, Angehöriger der Dakota River Nation, besteht die Wétiko-Therapie darin, uns unserer Sprache bewusst zu werden: «Indem wir die indigenen Kulturen wieder achten, lernen wir die ‹ursprünglichen Instruktionen› wieder kennen. Lakota ist nicht nur eine Sprache; sie ist ein Denkkonzept, das auf Einheit und Verbundenheit gerichtet ist. Die LakotaSprache kennt keine Substantive, nur Verben. Dinge sind eine Tätigkeit. Statt Baum sagen wir: das, was baumt. Auf diese Weise wird die Welt mit all ihren Gegenständen sehr lebendig und bewusst. Ein ‹Ich› oder ‹Mein› gibt es auf Lakota nicht – denn wir sind keine abgegrenzten Individuen, sondern ein Teil des Ganzen. Die Erde ist auf Lakota auch nicht ‹unsere› Mutter – sie ist Mutter; und auch das ist ein Tun.»

Primat der Lebensfreude

Inzwischen haben ganze Staaten versucht, ihre Strategie umzustellen. So wurde «Buen Vivir», (spanisch für: «gutes Leben»), in den Verfassungen von Ecuador und Bolivien verankert. Es ist das traditionelle Lebenskonzept aus den Anden, das auf indigenen Werten und Erfahrungen beruht und auf moderne Bedingungen angepasst wurde. Dazu gehören Gemeinschaftsarbeit, nachhaltige Landwirtschaft, Tauschhandel und eine Philosophie der Einheit. Ein anderes Beispiel ist das Bruttonationalglück (BNG), das dem Königreich Bhutan in Asien als Erfolgsmassstab wichtiger ist als das Bruttoinlandsprodukt (BIP).

Bis Wétiko-freies Denken sich auch in den grossen Volkswirtschaften durchsetzt, ist es aber noch ein langer Weg. Doch an vielen abgelegenen Orten entfaltet

indigenes Bewusstsein eine heilsame Wirkung, die auch auf uns ausstrahlt. Ati Quigua, eine Führerin des Stammes der Arhuaco aus Kolumbiens, beginnt jedes Treffen mit diesem Gebet: «Wir sind eins mit dem Wasser, mit der Erde, mit der Luft, mit der Sonne, mit den Gedanken, mit dem Herzen, mit dem Geist, mit dem Körper. Wir sind eins mit den Pflanzen, den Tieren, den Mineralien und der Vielfalt der Menschheit.»

Dieses Mantra, mehrmals am Tag gesprochen, ist eine wirksame Kur gegen das Wétiko-Virus. //

Wétiko im Alltag

Wétiko ist in unserem System allgegenwärtig. Bei den Medien ist der böse Geist oft leicht zu erkennen; durch Manipulation jedoch lässt er sich quasi unsichtbar machen. So merken wir nicht einmal, dass wir manipuliert werden respektive dass Wétiko uns vereinnahmt hat. Doch das können wir ändern: indem wir achtsam und bewusst durchs Leben gehen.

Leicht zu identifizieren ist der böse Geist Wétiko auch beim Thema Geld. Gesundes Wirtschaften wäre immer auf Ausgleich und Gewinn für alle bedacht. Nicht so unser Geldsystem. Geld öffnet uns scheinbar die Tür zu allem, was wir wünschen. Logisch, dass wir genug davon wollen. Es gibt aber kein Genug im Schuldgeld- und Zinssystem (siehe Buchtipp S. 35). So entstand eine Wirtschaft, die stetig wachsen muss. «Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werden die Menschen feststellen, dass man Geld nicht essen kann.» Das ist Wétiko.

Ähnlich ist es beim Thema Medizin: Wirkliche Heilung ist immer ganzheitlich und bezieht die Umgebung mit ein, die uns krank gemacht hat. Doch im Wétiko- Gesundheitssystem ist es anders: Wenn Körper oder Seele durch Wétiko-Einsamkeit oder -Stress krank werden, dann gehen wir zum Arzt oder zum Therapeuten, lassen uns behandeln – und kehren in unser altes Leben zurück. Und damit in die Umgebung, die uns krank gemacht hat. Auch das ist Wétiko.

Oder die Schule: Jeder Mensch hat einen inneren Lehrplan. Jedes Kind will und kann lernen, wenn es sich für eine Sache oder den Lehrer begeistert. Freies Lernen nutzt diese kindliche Neugier, Lust und Begeisterung. Doch im Wétiko-Schulsystem ist es anders. Da müssen die Kinder zu dem Zeitpunkt und auf die Weise lernen, die ein äusserer Plan vorschreibt. Lernen geschieht unter dem Druck von Stress, Angst und Konkurrenzdenken: Wétiko.

«Die Komplementärmedizin ist keine Modeerscheinung»

Naturheilpraktiker und Komplementärtherapeuten übernehmen künftig eine noch wichtigere Rolle im Gesundheitssystem, ist Laurent Berset, Generalsekretär der Schweizerischen Stiftung für Komplementärmedizin ASCA, überzeugt. Ein Gespräch über Chancen und Herausforderungen für Patienten und Therapeuten.

Interview: Fabrice Müller

LAURENT BERSET

Herr Berset, welches ist Ihre Lieblingsmethode in der Komplementärmedizin?

Ich gehe schon seit Jahren regelmässig in die Massage. Sie hilft mir, wenn mein Rücken wieder mal verspannt ist und schmerzt. Ansonsten setze ich –je nach Symptom – gerne auf verschiedene Methoden der Komplementärmedizin.

Vor zehn Jahren haben Volk und Stände der Volksinitiative «Ja zur Komplementärmedizin!» zugestimmt. Sie sieht unter anderem die Förderung der komplementärmedizinischen Berufe im Gesundheitssystem sowie deren Integration in der Forschung vor. Wie beliebt und verbreitet sind die Methoden der Komplementärmedizin in der Schweizer Bevölkerung heute?

Wir haben 2013 eine schweizweite Umfrage zur Verbreitung der Komplementärmedizin durchgeführt. Darin gaben 60 Prozent der Bevölkerung an, regelmässig die Behandlungen der Komplementärmedizin zu nutzen. Ich rechne damit, dass sich der Anteil inzwischen noch vergrössert hat.

Wie attraktiv ist die Komplementärmedizin als Berufsfeld?

Die Berufe in der Komplementärmedizin sind im ständigen Wandel. Seit 2015 kennen wir bekanntlich die eidgenössi-

sche Anerkennung der beiden Berufe Naturheilpraktiker/-in und Komplementärtherapeut/-in. Jedes Jahr anerkennen wir als Stiftung zwischen zwei und vier neue Methoden aus der Komplementärmedizin. Kürzlich haben wir zum Beispiel die hawaiianische LomiLomi-Massage definitiv aufgenommen. So gibt es mittlerweile über 150 verschiedene Methoden, die von uns anerkannt werden. In diesem Sinne bietet die Komplementärmedizin ein vielfältiges und attraktives Berufsfeld, das vonseiten der Patientinnen und Patienten auf grosse Nachfrage stösst.

Welche Bedeutung hat die Anerkennung einer Methode durch die ASCA?

Wir haben das Ziel, die Inhalte und den Ausbildungsstandard einer Methode zu definieren. Die ASCA-Anerkennung ist in erster Linie ein Qualitätslabel nicht nur für die Krankenversicherer, sondern vor allem auch für die Patienten. Wer eine neue Therapieform sucht, sollte sich nach dem ASCA-Label richten. Dieses stellt sicher, dass die Therapeutin oder der Therapeut in der entsprechenden Methode gut ausgebildet ist und über ein schulmedizinisches Grundwissen verfügt. Ein Akupunkteur ohne ASCA-Label beispielsweise könnte bereits nach einer zweitägigen Ausbildung Behandlungen anbieten. Unsere Ausbildungsanforderungen hingegen verlangen mehr als tausend Unterrichtsstunden und schreiben eine jährliche Weiterbildung vor. In diesem Rahmen spielt die Stiftung ASCA eine wichtige Rolle für die öffentliche Gesundheit ebenso wie für den Ausbildungsbereich. Die ASCAakkreditierten Schulen, von denen es hierzulande mehr als 350 gibt, müssen sich an diese Anforderungen halten,

damit ihre Studierenden nach Ausbildungsabschluss von uns anerkannt werden.

Welche Kriterien müssen die Methoden erfüllen, um von der ASCA zugelassen zu werden?

Wir erwarten eine Definition der Methode mit Beschreibungen der Ausbildungsinhalte, -konzepte und -philosophie. Dabei setzen wir hohe Massstäbe bei der Ausbildung, die über eine gewisse Mindestdauer und besondere Qualitätsmerkmale verfügen muss. Ausserdem braucht es eine Mindestanzahl an Therapeutinnen und Therapeuten, die diese Methode überhaupt in der Schweiz praktizieren, und mindestens ein Ausbildungszentrum. Weiter muss sich die neue Methode genügend von bereits existierenden Therapien abgrenzen. Wenn diese formellen Kriterien erfüllt sind, muss die Wirksamkeit noch anhand von Fallstudien nachgewiesen werden. Dieses ganze Verfahren kann Jahre dauern.

Seit dem Ja zur Komplementärmedizin hat sich gerade auch im Ausbildungs- und Berufsbereich vieles getan. Welches sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Meilensteine?

Die eidgenössische Anerkennung der Berufsbilder Komplementärtherapeut/-in und Naturheilpraktiker/-in und die daraus folgenden ersten eidgenössischen Diplome der Komplementärmedizin seit 2015 waren ein grosser Schritt. Von den rund 150 verschiedenen Therapien bzw. Ausbildungen sind derzeit ca. 25 Abschlüsse eidgenössisch anerkannt. Diese decken allerdings nicht die grosse Nachfrage vonseiten der Patienten ab. Hier besteht sicher noch ein weiter Weg. Schliesslich wa-

ren die Integration der komplementärmedizinischen Methoden Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin, Phytotherapie, Neuraltherapie und Anthroposophische Medizin in der Grundversicherung ebenfalls wichtige Schritte.

Der Weg zur Anerkennung der Komplementärmedizin und ihrer Berufe war lang und steinig. Welches waren bzw. sind die grössten Herausforderungen und Hindernisse?

Obwohl die Komplementärmedizin schon lange sehr beliebt ist, waren viele Ärzte skeptisch und kritisch gegenüber diesen «neuen» Therapien, und zum Teil sind sie das heute noch. Mittlerweile fürchtet der Patient jedoch nicht mehr oder viel weniger als früher, seinem Arzt mitzuteilen, dass er sich auch mit Komplementärmedizin behandeln lässt. Auf dem Weg zu den eidgenössischen Diplomen war es schwierig, einen Konsens unter den verschiedenen Berufsverbänden und Therapierichtungen zu finden.

Welche Rolle spielt dabei der Kantönligeist? Hier soll es ja aufgrund der unterschiedlichen kantonalen Gesundheitsgesetze gewisse Probleme bei der Harmonisierung von Zulassungsbestimmungen geben. Ja, das stimmt. Die beiden Organisationen der Arbeitswelt (OdA) der Berufe Komplementärtherapeut/-in und Naturheilpraktiker/-in beispielsweise führen mit den Gesundheitsdirektionen der 26 Kantone Verhandlungen, damit die vom Bund anerkannten

ASCA

Die schweizerische Stiftung für Komplementärmedizin ASCA mit Sitz in Genf wurde am 21. April 1991 von Fachspezialisten der Krankenversicherungen und Gesundheitspraktikern gegründet. Sie ist eine unabhängige, neutrale Non-ProfitOrganisation, die unter Bundesaufsicht (EDI) steht. Die Stiftung ASCA fördert die Berufsethik unter der Berücksichtigung der Interessen einzelner Gesundheitspraktiker. www.asca.ch

Berufe auch von den Kantonen die Berufsbewilligung erhalten. Jeder Kanton verfügt über seine eigenen Gesundheitsgesetze und entscheidet selber, ob und wie er die Berufe zulassen will. In den Gesundheitsgesetzen gilt folgendes Prinzip: Solange die Therapie nicht verboten ist oder eine Bewilligung nicht verlangt wird, kann sie frei ausgeübt werden. Bis heute konnten die ASCA-Therapeuten normalerweise ohne Hindernisse ihre Tätigkeit ausüben. Gewisse Kantone stützten sich sogar auf die ASCA-Anerkennung, um eine Bewilligung zu erteilen. Durch die Gesetzesänderungen könnte der Marktzugang neuer oder bereits tätiger Therapeuten ohne eidgenössisches Diplom erschwert werden. Hier braucht es aufseiten der Kantone noch gewisse gesetzliche Anpassungen, um den Marktzugang der Therapeuten zu ermöglichen. Wir achten darauf, dass gut ausgebildeten Berufsleuten mit langjähriger Erfahrung der Marktzugang dadurch nicht erschwert oder gar verschlossen wird.

Noch offen ist ja auch die engere Zusammenarbeit der Komplementärmedizin mit der Forschung und den Spitälern, wie es im Verfassungsartikel vorgesehen ist. Wann darf hier mit Fortschritten gerechnet werden?

Einige Universitäten wie Lausanne, Bern, Zürich und neu auch Basel betreiben mittlerweile einen Lehrstuhl für Komplementärmedizin. Die ASCA führte diesen Oktober in Zusammenarbeit mit Swiss Medical Networks einen Kongress mit 50 Workshops für Ärzte und Fachpersonen aus dem Gesundheitswesen durch, die sich für Komplementärmedizin interessieren. Das Echo war erfreulich gross. Trotzdem darf dies natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Integration der Komplementärmedizin in der Forschung noch in den Kinderschuhen steckt. Es fehlt ihr der akademische Überbau. Die OdA-Alternativmedizin zum Beispiel lancierte ein Projekt zur Förderung der Interdisziplinarität zwischen Alternativ- und Schulmedizin. Auf der Ebene der Spitäler verläuft die Integration komplementärmedizinischer Leistungen zwar ebenfalls noch

zaghaft, doch wir stellen ein steigendes Interesse an einer Zusammenarbeit fest.

Wie sehen Sie die Zukunft der Komplementärmedizin und ihrer Berufe?

Die Komplementärmedizin ist keine Modeerscheinung, sondern entspricht seit über 20 Jahren einem wachsenden Bedürfnis der Bevölkerung. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass die komplementärmedizinischen Berufe in Zukunft zu einem noch wichtigeren Bestandteil des Gesundheitssystems werden. //

Eidgenössisch anerkannt

Folgende zwei Berufsbilder der Komplementärmedizin schliessen mit einer höheren Fachprüfung ab, deren Diplome eidgenössisch anerkannt sind:

Naturheilpraktiker/-in

Der Beruf der Naturheilpraktikerin und des Naturheilpraktikers hat in der Schweiz eine lange Tradition und ist ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Heute sind rund 2500 Naturheilpraktiker und Naturheilpraktikerinnen in allen Kantonen tätig. Die Naturheilpraktikerin mit eidgenössischem Diplom ist eine Fachperson des Gesundheitswesens, die basierend auf einem alternativmedizinischen Gesamtsystem Menschen bei gesundheitlichen Störungen behandelt, berät, begleitet und unterstützt. www.oda-am.ch

Komplementär Therapeut/-in

Die eidgenössisch diplomierte KomplementärTherapeutin unterstützt methodenspezifisch über interaktive, körperund prozesszentrierte Arbeitsweisen die Selbstregulierungskräfte beim Menschen, fördert gezielt seine Selbstwahrnehmung und verhilft ihm zu nachhaltig wirksamen, ressourcen- und kompetenzorientierten Genesungsprozessen. Der KomplementärTherapeut fördert ganzheitlich die Genesung von Menschen mit Beschwerden, Befindlichkeits- und Leistungsbeeinträchtigungen und Erkrankungen sowie die Genesung von Menschen in der Rehabilitation. www.oda-kt.ch

❞ Die Tiere sollen artgerecht gehalten werden und die Lagerung des Fleisches perfekt sein. ❞

Sternekoch Tobias Funke vom Gasthaus «Zur Fernsicht» in

Heiden AR.

Ein gutes Stück

Der Sonntagsbraten ist altmodisch – im besten Sinn. Denn mit ihm kommen ein paar verloren gegangene Rituale zurück.

Eines davon: sich im Kreise der Lieben Zeit nehmen fürs gemeinsame Mahl.

Text: Vera Sohmer

Im Durchschnitt 52 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr – was Schweizer und Schweizerinnen verzehren, bleibt nicht ohne Folgen: Die Fleischproduktion verursacht grosse Mengen Treibhausgase und verbraucht Unmengen an Kraftfutter, Energie und Wasser – 15 000 Liter pro Kilogramm Rindfleisch! Sich vegetarisch oder vegan zu ernähren, ist die konsequenteste Antwort darauf. Aber auch den Konsum einzuschränken, würde schon viel bringen. Greenpeace-Berechnungen zeigen: Würde jeder nur noch 10 bis 15 Kilogramm Fleisch essen, wäre eine nachhaltige Produktion möglich. Und hier kommt der gute alte „Sonntagsbraten“ ins Spiel. Ein geschmortes Stück Fleisch gab es früher in vielen Familien nur an Sonn- oder Feiertagen. Mehr konnte man sich nicht leisten. Wer heute seinen Fleischkonsum reduziert, macht es freiwillig und aus Überzeugung. Lieber selten, aber mit Genuss, lautet die Devise. Und wenn vom Braten etwas übrig bleibt, lässt sich die Woche über davon zehren – ehe wieder die fleischlose Phase kommt.

Das ganze Tier goutieren

Ein Braten trägt darüber hinaus dem «Nose-to-Tail»Prinzip Rechnung: Von den Tieren soll wieder möglichst alles verwertet werden. Auch jene Teile, die unbeliebt und aus der Mode gekommen, aber gerade für einen Schmorbraten goldrichtig sind. Vom Rind sind es beispielsweise Schulterstücke oder solche vom Stotzen, etwa Unterspälte oder Runder Mocken. Das Comeback des Bratens hat noch einen anderen Grund: Speisen aus aller Welt wie Sushi und Sashimi oder Falafel und Hummus sind beliebt; aber weil sie heute praktisch immer und überall verfügbar sind, haben sie eine Gegenentwicklung ausgelöst. Wir wünschen uns Traditionelles zurück, sagen Trendforscher. Konsumenten und Konsumentinnen suchen wieder nach dem Ursprünglichen und Typischen ihres unmittelbaren Umfeldes. Auch, weil sich dabei in wohligen Erinnerungen schwelgen lässt: Das Geschmorte

duftet nach Daheim und bringt ein bisschen heile Welt zurück. Erst recht, wenn, wie damals, ein Kreis lieber Menschen beisammen sitzt. In Ruhe kochen und geniessen, kommt im hektischen Alltag oft zu kurz. Das weckt den Wunsch, wenigstens am Wochenende oder an Festtagen ein ausgiebiges, gemeinsames Mahl zu zelebrieren.

Wie das gute Stück gelingt

Auf Qualität achten ist das oberste Prinzip. «Die Tiere sollen artgerecht gehalten werden und die Lagerung des Fleisches perfekt sein», betont Sternekoch Tobias Funke vom Gasthaus «Zur Fernsicht» in Heiden AR. Rindfleisch sei eine Möglichkeit. Es lasse sich aber gut

❞ Ein Filet anbraten kann fast jeder. Schmoren aber ist echtes Handwerk. ❞
Tobias Funke

GR-Südpeloponnes: Zu verkaufen Renov.-Steinhaus, mit 2ha gepflegtem Kulturland, eigene Quelle, 1300m vom Meer. Preis: 180`000 € schreierengeler@bluewin.ch / 061`312`19`87

Psychologische Fortbildungen, Vorträge und Kurse

am IIPB Institut für Integrative Psychologie

Neue Daten ab April

Anmeldung / Informationen

www.iipb.ch / info@iipb.ch

www.fastenwandern.ch

La Gomera/Kanaren

Das abgeschiedene ökologische Paradies für Familien, Seminare und Individual-Urlauber Hotel Finca El Cabrito, Tel. +34 922 145 005, www.elcabrito.es, info@elcabrito.es

Lesen, was mir wichtig ist ! natuerlich-online.ch/abo

Krebs ist es egal, wer du bist. Uns aber nicht.
Hilf uns beim Helfen.
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Darum helfen wir Betroffenen und Angehörigen, mit Krebs zu leben. Indem wir informieren, unterstützen und begleiten.

auch Schwein, Kalb, Lamm, Hirsch oder Reh verwenden. Funke tischt seinen Gästen öfter Braten auf. Gut zubereitet sei dieser «schmackhafter und vielfältiger» als die sogenannten Edelstücke wie Steak und Filet, betont er. Und mit Kräutern, Zitrone oder einem Schuss edlem Essig bekommt der Braten Frische, Leichtigkeit und einen zeitgemässen Touch. Das Grundprinzip beim Schmoren ist einfach: Das Fleisch wird zuerst angebraten und dann in einem Sud, Fond oder einer Sauce langsam gegart. Geduld ist also gefragt und Freude an dieser Zubereitungsart. «Ein Filet anbraten, kann fast jeder. Schmoren aber ist echtes Handwerk», weiss Funke. Mit Pauschal-Tipps ist er vorsichtig. «Wann der Braten gar ist, hängt von vielen Faktoren ab – um welches Fleisch es sich handelt, wie gross das Stück und wie hoch die Temperatur ist.» Eine Richtgrösse: Schmort der Braten bei 140 Grad im Ofen, kann man ihn nach 90 Minuten mit einer Fleischgabel aufspiessen. Fällt er wieder ab, ist er gar. Tut er es nicht, braucht er noch Zeit. //

Braten-Latein

Arosieren

Das Fleisch wird während des Schmorens mit Sauce oder Jus begossen, damit es nicht austrocknet.

Tranchieren

Die Kunst des Zerteilens. Wichtig ist, das Fleisch gegen die Fasern zu schneiden. So bleibt es zart.

Kerntemperatur

Die richtige Innentemperatur des Fleischstückes ist wichtig für das Gelingen. Es gibt dafür spezielle Bratenthermometer, die in die dickste Stelle gesteckt werden. Richtgrössen: 75 Grad bei Schweinefleisch. 65 bis 75 Grad bei Rind, Kalb und Lamm.

Kruste

In Bayern gilt Schweinebraten mit kross gebrutzelter Schwarte als Königsdisziplin. Aber der Krustenbraten hat hierzulande ebenfalls Tradition, im Thurgau etwa schmort er im Apfelsaft. Wichtig: Die Schwarte zuvor mit einem scharfen Messer nicht zu tief rhombenförmig einschneiden.

Der clevere Konsumtipp

Nachhaltige Zitrusfrüchte

Im Winter haben Zitrusfrüchte Hochkonjunktur. Glücklicherweise dauert die Haupterntezeit in den Anbaugebieten Südeuropas von November bis März; und so versorgen uns die Früchte während der winterlichen Schnupfenzeit mit viel Vitamin C. Kaufen Sie Orangen & Co. möglichst aus Süditalien. Dort sind bis vier Ernten pro Jahr möglich. Im direkten Vergleich mit der Produktion aus Spanien schneidet Italien deutlich besser ab. Gründe sind kürzere Transportwege und wesentlich höhere Niederschlagsmengen, die zur Bewässerung genutzt werden können. Zu diesem Schluss kommt eine Studie von 2016 (Zhiyenbek et al.). Verzichten Sie aufgrund der schlechten CO 2-Bilanz möglichst immer auf Produkte, die mit dem Flugzeug transportiert wurden.

Unschlagbare Vorteile sprechen überdies für Bio-Früchte. Sie lassen sich vollständig verwerten, das heisst mitsamt der Schale, und beim Anbau werden die Böden geschont sowie die Biodiversität gefördert. Konventionelle Zitrusfrüchte hingegen sind oft so stark gespritzt, dass die Schalen weggeworfen werden müssen und noch nicht einmal kompostiert werden sollten. Bio-Schalen können dagegen fein gerieben (frisch oder auch gefroren) zum Kochen und Backen verwendet werden. Oder man macht Tee oder Sirup daraus. Auf der Heizung getrocknet, verströmen Zitrusschalen einen wunderbaren Duft. Und sie eignen sich sogar als Klarspüler – einfach einige grosse Stücke in die Waschmaschine geben.

Weitere Informationen unter www.clever-konsumieren.ch

URDINKEL-GEMÜSEKERNOTTO für 4 Personen

1 Zwiebel, fein gehackt

1 Knoblauchzehe, gepresst Butter zum Dämpfen

400 g gemischtes Gemüse, z. B. Rüebli, Küttiger Rüebli, Pastinaken oder Sellerie und Lauch, klein gewürfelt

250 g UrDinkel-Kernotto

1 dl Weisswein oder Gemüsebouillon

ca. 7 dl Gemüsebouillon

1 dl Rahm

2–3 EL Thymian oder Petersilie, fein gehackt Salz, Pfeffer

100 g geriebener Gruyère, nach Belieben Kräuter zum Garnieren

Zubereitung

1 Zwiebel und Knoblauch in der Butter andämpfen. Gemüse mitdämpfen. UrDinkel-Kernotto beifügen, kurz mitdünsten. Mit Wein oder Bouillon ablöschen und einkochen. Weitere Bouillon dazugeben, aufkochen und bei kleiner Hitze und häufigem Rühren 20–25 Minuten al dente kochen. Kurz nachziehen lassen.

2 Kurz vor dem Servieren Rahm und Kräuter beifügen, würzen und nach Belieben mit geriebenem Käse servieren.

Tipp

UrDinkel-Kernotto ist im Online-Shop auf www.urdinkel.ch erhältlich.

rezept

Das Rezept stammt aus dem «UrDinkel-Kochbuch». Erhältlich auf www.urdinkel.ch oder Telefon 034 409 37 38

Endlich wieder Sonntagsbraten!

Überraschen Sie Ihre Lieben doch wieder mal mit einem feinen Rindsbraten. Dazu passt vorzüglich ein UrDinkel-Kernotto mit viel Gemüse.

Das Rezept stammt aus «Frau Kaufmann kocht» von Karin Kaufmann und Karin Guldenschuh, AT Verlag, Fr. 39.90

RINDSBRATEN

MIT VIEL SAUCE

für 4 Personen

ca. 750 g Rindsbraten (z. B. Schulter)

Gewürzmischung für dunkles Fleisch (oder « Grillerei »)

3 EL Butterschmalz

200 g Wurzelgemüse (Karotte, Sellerie, Zwiebel, Lauch), grob gehackt

1 dl Rotwein

ca. 400 ml Gemüsebrühe

ca. 8 Pfefferkörner

2 EL Butter, mit 2 EL Mehl verknetet, zum Binden

Zubereitung

Das Fleisch grosszügig mit der Fleischgewürzmischung (oder « Grillerei ») würzen. Den Braten in einer Pfanne (nicht antihaftbeschichtet ! ) im erhitzten Butterschmalz von allen Seiten gut anbraten, dann in einen Bräter geben.

Das Wurzelgemüse in der Pfanne kurz rösten, mit dem Rotwein ablöschen und mit der Brühe aufgiessen.

Die Pfefferkörner hinzufügen.

Alles ebenfalls in den Bräter geben. Der Braten soll zu zwei Dritteln in der Sauce liegen.

Im vorgeheizten Backofen bei 180 Grad Ober­/Unterhitze oder Umluft etwa 1 Stunde zugedeckt braten.

Die Ofentemperatur auf 110 Grad reduzieren und den Braten nochmals rund 1 Stunde nachgaren lassen. Den Braten warm stellen, die Sauce abgiessen und mit der Mehl ­ ButterMischung binden. Bei Bedarf nachwürzen.

Tipp

Fleischsaucen wenn möglich immer in einer Sauciere aus feinem Porzellan servieren. Das macht optisch was her, und die Sauce bleibt heiss. Fast genauso wie den Rindsbraten kann man auch einen Kalbsbraten machen. Statt Rotwein nehme man dann Weisswein und zum Würzen die Fleischgewürzmischung «Grillerei» für helles Fleisch oder aber Salz, frisch gemahlenen Pfeffer und Paprikapulver.

über die Kraft des Atmens...

Rund 12 bis 18 Mal pro Minute holt ein erwachsener Mensch Luft; Kinder und Babys rund 50 Mal. Pro Atemzug atmen wir einen halben Liter Luft ein und aus. Das sind 6 bis 9 Liter pro Minute oder rund 10 000 Liter Luft pro Tag. Beim Einatmen füllt sich die Lunge, die Bauchdecke wölbt sich wie ein Blasebalg und wir spüren den Atem bis ins Becken. Beim Ausatmen senkt sich die Bauchdecke, der Brustkorb leert sich und die Luft strömt aus dem Menschen heraus. Wenn wir nicht beim Treppensteigen ins Keuchen geraten oder zu Beginn der Yogastunde einige Atemübungen machen, ist der Atem eine selbstverständliche Tatsache, die oft unbemerkt bleibt. Eigentlich schade. Denn dieses farb- und geruchlose «Nichts» ist gleichzeitig alles: unsere grundlegende Verbindung zum Leben, zur Spiritualität und zur Gegenwart.

Der Atem lässt sich im Winter besonders gut beobachten: Der Hauch der Atemluft zeigt sich als Nebel vor dem Gesicht, sobald wir aus dem Haus treten. Das geschieht aus zwei Gründen: Zum einen weil sich die eingeatmete Luft in den Lungen auf Körpertemperatur aufwärmt; zum anderen weil sie sich dort mit gasförmigem Wasser anreichert. Atmen wir in der frostigen Umgebung aus, kühlt die mit Wasser angereicherte Luft ab und kondensiert je nach Luftfeuchtigkeit mehr oder weniger stark. Ab minus zehn Grad sind die kleinen Nebelschwaden vor dem Gesicht garantiert vorhanden, weil die Atemluft aufgrund des grossen Temperaturunterschiedes sehr schnell kondensiert.

Jeder Mensch atmet anders. Ausserdem spiegelt der Atem oft auch die Lebenssituation, in der sich jemand gerade befindet. Bereits kleine Spannungsunterschiede im Körper verändern die Atmung enorm: Muskelspannungen, ausgelöst durch Angst, Aufregung oder körperliche Krankheiten, führen zu einem engeren Atemraum; Panik und Schock können gar eine Hyperventilation auslösen und zur Verkrampfung der Atmung führen. Bei Stress und Ärger werden Puls und Atmung schneller, was ebenfalls zu einer Anspannung der Atemmuskulatur führt. In Schockzuständen hingegen setzt der Atem oft aus oder er wird zumindest ungewöhnlich lange angehalten – der Atem stockt. Sind wir hingegen ruhig und friedlich, ist der Atem tief und die Muskulatur entspannt.

Wir können uns sogar gesund atmen. Denn genauso wie Spannung die Atmung beeinflusst, können wir auch umgekehrt die Atmung nutzen, um Spannungen abzubauen. Das Prinzip ist einfach: Schnelles Atmen erhöht den Herzschlag, langsames Atmen vermindert ihn. Atmen wir in Ruhe über die Nase ein, strömt die Luft mit einem gewissen Widerstand in den Körper. Das verlangsamt und verlängert die Einatmung und regt die Zwerchfellatmung an. Die Luft verweilt länger in den Lungen, wodurch die Durchblutung und die Belüftung der Lunge und des Herzens verbessert und die Gehirndurchblutung erhöht werden.

Das Einatmen über den Mund führt hingegen zu Verspannungen im Brustbereich und ist besonders im Winter nicht ideal, weil beim Einatmen durch den

Mund viel kalte Luft ungefiltert in die unteren Atemwege der Lunge gelangen. Um Erkältungen vorzubeugen, empfiehlt es sich deshalb, bei kalten Temperaturen durch die Nase einzuatmen. Die oberen Atemwege der Nase wärmen, reinigen und befeuchten die kalte Luft. Je kälter die Luft ist, desto stärker werden die Schleimhäute durchblutet, wodurch die Luft erwärmt wird. Bis sie in den Lungen ist, hat die durch die Nase eingeatmete Luft Körpertemperatur erreicht.

Auch das Ausatmen erfolgt idealerweise durch die Nase. Bei Angst oder Stresssituationen kann es hingegen helfen, gegen den Widerstand der leicht geschlossenen Lippen auszuatmen und die Luft langsam und so lange ausströmen zu lassen, bis das Einatmen reflexartig von selbst wieder erfolgt. Dabei ist wichtig, den kurzen Moment der Stille wahrzunehmen, der entsteht, wenn das Ausatmen beendet ist und das Einatmen noch nicht begonnen hat. Nach einiger Zeit des Aus- und Einatmens entspannt sich der Körper. Die Spannung baut sich noch besser ab, wenn das Ausatmen etwas länger dauert als das Einatmen. Ausatmen ist generell wichtig in Situationen, die negativ belastet sind, etwa bei Vorwürfen oder Streitereien. Hier schafft das Ausatmen eine gesunde Distanz zur Situation.

Sobald wir den Atem nutzen, um im Körper eine bestimmte Wirkung zu erzielen, beginnt der Wechsel von der natürlichen Atmung hin zur bewussten Atmung, die in vielen Meditationspraktiken angewendet wird. Der Grund: Wir können nicht gleichzeitig denken und bewusst atmen. Wenn wir bewusst atmen,

ODEM / Bewusstes Atmen ist die beste Stressprophylaxe.

Buchtipps

Richard Brennan «Besser atmen», riva 2017, ca. Fr. 25.–

Ursula Eder, Franz J. Sperlich «Das Parasympathikus Prinzip. Wie wir mit wenigen Atemzügen unseren inneren Arzt fit machen», GU 2019, ca. Fr. 29.–

ruht der Geist auf dem Vorgang des Ein- und Ausatmens. Deshalb macht das bewusste Atmen den Geist ruhiger und wir schaffen es so zuweilen gar, den Gedankenfluss für eine Weile zu unterbrechen. Der Moment des Atembeobachtens beziehungsweise des Nicht-Denkens hält bei Ungeübten oft nur einige Sekunden an; dann schwirrt schon der nächste Gedanke durch den Kopf. Das ist vollkommen normal. Beobachten wir aber unseren Atem, kann man sich selber immer wieder rasch ins Hier und Jetzt zurückholen. In manchen Traditionen repräsentiert das Einatmen die Zukunft, während das Ausatmen für die Vergangenheit steht. Dazwischen ist die Stille. Das Nichts. Absolute Ruhe und Gegenwärtigkeit. Das Jetzt. Auch das bewusste Verlangsamen oder Anhalten der Atmung wird in vielen Meditationslehren praktiziert, um tiefe geistige Stille zu erreichen. In einer alten Sufi-Weisheit heisst es: «Wenn es uns gelingt, Atem und Bewusstsein zu verbinden, sind wir mit der Lebensenergie verbunden. Der Atem ist der Atem der Gnade Gottes, und dieser Atem ist es, der die Seele zum Leben erweckt. Solange die Seele nicht von Bewusstsein belebt ist, gleicht sie dem Vogel, der noch nicht flügge ist.» //

* Sabine Hurni ist dipl. Drogistin HF und Naturheilpraktikerin, betreibt eine eigene Gesundheitspraxis, schreibt als freie Autorin für «natürlich», gibt Lu-Jong-Kurse und setzt sich kritisch mit Alltagsthemen, Schulmedizin, Pharmaindustrie und Functional Food auseinander.

Sonnenlicht tanken

Meine Frau leidet an Parkinson und hat Osteoporose. Sie sollte aber Sonnenlicht meiden, weil sie ein Melanom im Auge hatte. Was könnte sie tun, damit genug Vitamin D produziert wird ? Wird das Vitamin D auch hinter Fensterglas aktiviert ?

S. L., Zürich

An einem sonnigen Tag ist der Lichteinfall natürlich wesentlich stärker; Vitamin D wird aber auch produziert, wenn es bewölkt ist. Es ist bereits sehr hilfreich, wenn Ihre Frau jeden Tag mindestens 30 Minuten draussen ist, bei Sonnenschein eben im Schatten. Hinter Fensterglas kann man zwar einen Sonnenbrand kriegen, doch die Vitamin-D3-Produktion wird nicht ausreichend angekurbelt. Es ist deshalb enorm wichtig, sich möglichst jeden Tag möglichst lange draussen aufzuhalten.

Für Ihre Frau wäre es sicher ratsam, zusätzlich ein Vitamin-D-Präparat einzunehmen. Die Aufnahme wird auch durch genügend Fette in der Nahrung begünstigt –täglich ein Esslöffel Leinöl, das wertvolle Omega-3-Fettsäuren enthält, wäre sicher auch hilfreich. Genauso wie das Kochen mit gesunden Fetten und die Selbstmassage mit Sesamöl.

Augenentzündung

Ich habe ein trockenes, dauerentzündetes Auge/Augenlid; ab und zu plagen mich auch eine Bindehautentzündung oder ein Gerstenkorn. Gelmaske, Augentropfen, Euphrasiakügelchen, Schüsslersalze – alles habe ich schon ausprobiert. Inzwischen verwende ich sogar Antibiotika- und Kortisontropfen. Mein Augenarzt ist genauso ratlos wie ich. Sie ? K. R., Rüti

Würde sich die Entzündung an einer anderen Körperstelle befinden, am Fuss oder an der Hand, wären Sie gezwungen, sich Ruhe zu gönnen. Bei den Augen ist das anders. Der Körper arbeitet zwar auf Hochtouren an der Entzündungshemmung, doch der Alltag läuft normal weiter – man gönnt sich wegen einer Augenentzündung nicht mehr Ruhe. Deshalb möchte ich Ihnen raten, dass Sie jeden Tag eine halbe Stunde entspannt im Liegen meditieren. Dabei die Augen geschlossen halten und den ganzen Körper bewusst loslassen. Wenn Sie sich das nicht gewohnt sind, klappt es am besten mit einer geführten Meditation ab CD oder YouTube. Überlegen Sie sich in dieser Tiefenentspannung, welchen Vorteil Sie durch die Augenentzündung haben. Das gibt ihnen oft einen Hinweis darauf, was Ihnen Ihr Körper mit seinem Symptom mitteilen möchte.

Neben den Heilmitteln, die Sie bereits anwenden, könnten Sie morgens und abends etwas natives Kokosöl auf die Augenlider geben. Es kühlt, lindert die Entzündung und fettet die trockene Haut. Nehmen Sie ein Vitamin-C-Präparat ein und das Gemmopräparat mit Schwarzen Johannisbeerknospen. Das Vitamin C stärkt das Immunsystem, das Gemmopräparat wirkt kortisonähnlich.

Kokosöl lindert Entzündungen.

Und noch etwas: Seien Sie freundlich zu Ihren Augen! Wenn etwas einfach nicht heilen will, hat man die Tendenz, sich über das erkrankte Organ zu ärgern; am liebsten würde man mit der Peitsche knallen und dem Körperteil befehlen, sofort gesund zu werden. Doch auf diese Weise geben Sie dem Problem viel zu viel Gewicht. Behandeln Sie ihr Auge wie ein krankes Kind: liebevoll und geduldig.

Hanf ohne Rausch

Haben Sie Erfahrungen mit CBD-Cannabis ? Eventuell auch auf homöopathischer Basis ?

A. W., Langnau

In der Schweiz ist CBD-Hanf zugelassen, der weniger als 1 % THC enthält. CBD wirkt, anders als THC, nicht berauschend, sondern sehr entspannend. Seit 2016 gibt es in der Schweiz verschiedene Läden, inklusive grosse Detailhändler, wo Sie CBD-Hanfblüten kaufen können. Ebenso sind viele andere Produkte erhältlich, etwa Öl, Urtinkturen, Salben, Kapseln und vieles mehr. Wenn Sie die Blüten nicht rauchen möchten, dann ist Öl wohl die beste Alternative. Die Shops dürfen keine

Informationen über die Heilwirkungen abgeben. Sie sind diesbezüglich natürlich sehr vorsichtig, weil sie nichts riskieren möchten. Doch im Internet finden Sie sehr viele Informationen zum CBD, allerdings auch zweifelhafte. Ich möchte Ihnen deshalb den ausführlichen und sehr informativen Artikel im «natürlich» 03-17 ans Herz legen. Sie finden ihn auch auf der Website: www.natuerlich-online.ch/ magazin/artikel/altbewaehrt/

Brustzysten

Ich bin 44 Jahre alt und leide an Brustzysten. Leider kann ich nicht sagen, ob die Schmerzen zyklusabhängig sind, da ich vor vier Jahren die Gebärmutter entfernen lassen musste. Die Frauenärztin verschreibt mir jeweils Progestogel. Umschläge mit Heilerde haben geholfen, aber der Zeitaufwand ist gross. Zurzeit nehme ich täglich Mönchspfeffer. Was raten Sie mir ?

B. D., Münsingen

Haben Sie schon eine homöopathische Behandlung in Betracht gezogen? Es gibt einige homöopathische Heilmittel, die bei Zysten im Brustgewebe sehr gute Erfolge verzeichnen. Apis zum Beispiel. Das homöopathisch verarbeitete Bienengift wird allgemein gegen Schwellungen und Schmerzen eingesetzt. Am besten lassen Sie sich aber durch eine homöopathische Fachperson beraten.

Wenn die Heilerde gut gewirkt hat, möchte ich Sie ermuntern, sich auch weiterhin immer mal wieder etwas Zeit dafür zu nehmen. Sie müssen nicht unbedingt einen Umschlag machen damit. Sie können die Heilerde auch stärker verdünnen und ein Tuch mit Heilerdewasser tränken. Dieses können Sie auf die Brust legen, mit einem Plastiksack abdecken und mit einer Decke warm halten. Lassen Sie diesen Wickel zwanzig Minuten einwirken. Mit dem Mönchspfeffer haben Sie ein gutes Präparat gewählt, um den Hormonhaushalt sanft auszubalancieren. Damit würde ich weitermachen. Sagt Ihnen Maca etwas? Das ist die rote Andenkartoffel. Sie ist reich an essenziellen Aminosäuren und sorgt nicht nur für eine gute Energieversorgung der Zellen; als Nahrungsergänzungsmittel hat es auch einen ausgleichenden Effekt auf das Hormonsystem. Allenfalls ist auch Maca einen Versuch wert. Beide Präparate lassen sich mit einer homöopathischen Behandlung kombinieren.

Hautpilz

Ich habe seit fünf Jahren einen Hautpilz; befallen sind Nacken, Rücken und Dekolleté. Der Hautarzt meint, der Ursprung sei die Kopfhaut. Gibt es ein Naturheilmittel, um den Hautpilz in Schach zu halten ? S. B., Egg

I ch würde Ihnen empfehlen, das umfassender abzuklären. Zum Beispiel in der Paracelsusklinik Lustmühle oder Richterswil.

Pilzerkrankungen entwickeln sich normalerweise von innen nach aussen. Sie sind abhängig von Stress, Ernährung und dem Zustand des Darmes. Es ist enorm wichtig, dass Sie sich nicht nur äusserlich, sondern auch von innen her behandeln lassen, indem Sie sich einem intensiven Reinigungsprozess unterziehen. Das heisst: Ernährungsumstellung, Darmreinigung und Anregen der Leber, der Niere und des Hautstoffwechsels. Als Sofortmassnahme eignet sich Heilerde. Sie können diese wie Puder benutzen und auf die befallenen Hautstellen auftragen. Gleichzeitig sollten Sie die Heilerde täglich einnehmen. Sie hat einen reinigenden Einfluss auf den Darm und begünstigt das Ausbreiten der positiven Darmbakterien. Verzichten Sie auf Zucker, Weissmehl und Alkohol, bis der Pilz vollständig abgeheilt ist.

Was die Körperpflege betrifft, sollten Sie den Gebrauch von Shampoos und Duschmitteln radikal einschränken. Die Haare nur noch vornüber gebeugt waschen und den Körper nur am Rumpf einseifen. Sie können ausserdem täglich etwas Teebaumöl, vermischt mit Kokosöl, auf die Haut geben. Teebaumöl ist ein gutes Fungizid.

Schmerzen in den Fingern Seit zwei Monaten plagen mich Schmerzen in der rechten Hand. Der Mittelfinger ist geschwollen und ich kann ihn weder beugen noch strecken. Auch das Daumengelenk schmerzt stark. Ich, 56, Mutter zweier Kinder (15 und 17), bin fleissig, aktiv, sportlich, schlank und achte sehr auf gesunde Ernährung. Was kann ich tun ? C. C., Chur

CBD-Hanföl entspannt.

Beratung

Die Patientenfrage

Der Wille des Patienten zählt (nicht)

PReinigt den Körper: die Brennnessel. diese Verfügung, seine Handlungen besser auf die Behandlungswünsche der Patienten abzustimmen.

Das klingt nach einer entzündlich rheumatischen Reaktion. Um Gewissheit zu haben, müssten Sie das medizinisch abklären lassen.

So oder so kann ich Ihnen folgendes raten: Regen Sie den Körperreinigungsprozess über die Niere an. Das geht sehr gut mit der Brennnessel. Sie könnten sich zum Beispiel täglich einen grossen Krug Tee damit zubereiten und während ein paar Tagen den Körper damit regelrecht durchspülen. Auf sehr eiweisshaltige und entzündungsfördernde Lebensmittel sollten Sie vorerst verzichten, insbesondere auf Eier und Schweinefleisch. Essen Sie stattdessen vermehrt Grünzeug und pflanzliche Ballaststoffe. Auch Handbäder mit Meersalz, Heublumen oder Schwefel sind sehr wohltuend. Achten Sie aber darauf, dass das Wasser nicht zu warm ist.

Beim Wort «fleissig» regt sich in mir die Feministin. Noch immer wird besonders den Mädchen eingeschärft, sie sollten nur ja fleissig sein und dazu auch grad noch nett, angepasst und vernünftig! Später müssen wir mühsam wieder lernen, ehrlich zu uns selber zu sein und ohne Schuldgefühle den eigenen Weg zu gehen. Schicken Sie den Fleiss und Aktivismus doch vorerst mal in den Winterschlaf! Nehmen Sie sich Zeit für sich selber; delegieren Sie Haushaltspflichten an Ihre beinahe erwachsenen Kinder und Ihren Mann. Machen Sie mal wieder etwas, das Sie nur für sich selber tun. Eine Woche Ferien mit einer Freundin zum Beispiel. Denn wenn Ihre Hand streikt, dann ist womöglich eine Zeit des Nicht-Handelns und der Ruhe angesagt.

Haben Sie Fragen?

Sabine Hurni, Drogistin, Naturheilpraktikerin und Ayurveda-Expertin, beantwortet Ihre Fragen zu Gesundheits- und Ernährungsthemen persönlich und ganzheitlich. sabine.hurni@chmedia.ch oder «natürlich», Leserberatung, Neumattstr. 1, 5001 Aarau. www.natuerlich-online.ch

atientenverfügungen sind in der Praxis leider oftmals nutzlos. Die Informationen aus den Verfügungen sind häufig widersprüchlich oder schwer umzusetzen. Eine differenzierte Willensäusserung – das sogenannte «Advance Care Planning» (ACP) –kann hier Abhilfe schaffen. Es klingt einfach und praktikabel: Mit dem Ausfüllen einer Patientenverfügung kann man selbstbestimmt über seine Behandlungsoptionen entscheiden – bis zum Lebensende. Die Angst, nach einem Unfall oder bei einer schweren Erkrankung urteilsunfähig dem Spektrum der medizinisch-technischen Möglichkeiten ausgesetzt zu sein, wird besänftigt. Die entsprechenden Anordnungen, welchen medizinischen Massnahmen man zustimmt und welche man ablehnt, sind verbindlich. Dennoch werden sie oftmals nicht befolgt.

Ein Grund: Was in einer Patientenverfügung steht, ist nicht immer in konkrete medizinische Handlungsanweisungen umsetzbar; manchmal sind die Patientenwünsche sogar widersprüchlich. So kommt es vor, dass die medizinischen Fachpersonen unabhängig von der Verfügung entscheiden (müssen).

Der Status quo der Patientenverfügung ist also unbefriedigend. Damit Patientenverfügungen ihren Zweck erfüllen, braucht es Änderungen. Fachleute haben dies erkannt und haben Massnahmen ergriffen, um die Situation zu verbessern. Dabei steht das Instrument der vorausschauenden Behandlungsplanung, das sogenannte «Advance Care Planning» (ACP), im Zentrum. Mit dieser erweiterten Patientenverfügung soll eine höhere Patientenautonomie und Übereinstimmung zwischen den Patientenwünschen und den durchgeführten medizinischen Massnahmen sichergestellt werden.

Das ACP zeichnet sich dabei insbesondere durch folgende neue Elemente aus:

● Fachliche Begleitung: Im Rahmen der erweiterten Patientenverfügung werden Patienten von zertifizierten ACP-Beratern begleitet, die ihnen komplexe medizinische Sachverhalte erläutern. Damit wird einerseits gewährleistet, dass die Patienten bestmöglich informiert sind. Dies ermöglicht es dem Arzt, gestützt auf

● Situationsbedingte Unterscheidungen: Die ACP-Patientenverfügung unterscheidet zwischen verschiedenen Situationen der vorübergehenden oder bleibenden Urteilsunfähigkeit. Für jede dieser Situationen werden separate Behandlungsziele festgelegt.

● Einbindung des Umfelds: Es wird eine rechtliche Vertretungsperson für den Fall der Urteilsunfähigkeit benannt. Idealerweise ist diese auch bei den Gesprächen mit den ACP-Beratern anwesend. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass Angehörige die Wünsche der betroffenen Person besser verstehen und umsetzen können. Zudem wird auch der Hausarzt verstärkt in den Prozess eingebunden.

Das Konzept der vorausschauenden Behandlungsplanung alleine reicht jedoch nicht aus. Damit es seinen Nutzen entfalten kann, muss es koordiniert, aktiv von Institutionen und Fachpersonen im Gesundheitswesen vertreten und umgesetzt werden. Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Krankheiten und dem Lebensende. Hier sind abermals Fachpersonen, aber auch die Politik in der Pflicht, Aufklärung zu leisten und Betroffenen und ihren Angehörigen Ängste und Vorbehalte zu nehmen. Je besser die Betroffenen orientiert sind, desto autonomer können sie für ernsthafte Krankheitssituationen vorsorgen. Es muss im Sinne aller am Behandlungsprozess Beteiligten sein, dass künftig der Patientenwille tatsächlich (und nicht nur auf dem Papier) zählt.

Susanne Gedamke, Präsidentin des Vereins der SPO Patientenorganisation

Mehr zum Thema Patientenrecht unter Schweizerische Stiftung SPO Patientenschutz, www.spo.ch Telefonische Beratung via Hotline 0900 567 047, Fr. 2.90/Min. Im Rahmen der SPO-Mitgliedschaft erhalten Sie diese Beratung unentgeltlich (044 252 54 22).

Sauber durch die Erkältungszeit

Viele Infekte lassen sich durch die richtige Hygiene vermeiden.

Aber: nicht übertreiben !

Was tun wir nicht alles, um einer Erkältung zu entgehen: Wir nehmen immunstärkende Mittel ein, treiben Sport, achten auf eine vitaminreiche Ernährung und gehen in die Sauna. Manche lassen sich sogar gegen die Grippe impfen. Doch einen hundertprozentigen Schutz bietet keine der Massnahmen. Dabei lässt sich das Infektionsrisiko auch ohne grossen Aufwand und ganz ohne Piks wirksam verringern. Eine wichtige Rolle spielt Hygiene: Erkältungs-Vi ren werden vor allem durch Tröpfchen-Infektion über die Atemluft übertragen, etwa durch Husten oder Niesen. Sie lauern auch auf Gegenständen – insbesondere dort, wo viele Menschen aufeinandertreffen. Werden die Viren nicht regel mässig von den Handinnen flächen entfernt, können sie durch Berühren von Augen, Nase oder Mund an die Schleimhäute gelangen und so eine Infektion auslösen. Deshalb:

● Regelmässig Hände waschen: Dies gilt als die effektivste Massnahme gegen die Verbreitung von Krankheitserregern. Verwenden Sie zum Händewaschen stets etwas Seife und laufendes, warmes Wasser. Achten Sie darauf, dass Sie alle Stellen gründlich (mindestens 20 Sekunden) reinigen: die Innen- und Aussenseiten der Hände, die Handgelenke sowie den Bereich zwischen den Fingern und unter den Fingernägeln. Spülen Sie die Hände gründlich ab und lassen sie das Wasser gut abtropfen. Zum Schluss mit einem sauberen Hand- oder Papiertuch abtrocknen.

● Taschentücher nur einmal benutzen. Werfen Sie benutzte Papiertaschentücher immer gleich weg und reiben Sie nicht mit den Händen im Gesicht herum.

● Richtig husten und niesen: Anstatt in die Handfläche besser in ein Papiertaschentuch oder in den Ellenbogen husten oder niesen.

● Gegenstände häufig reinigen: Reinigen Sie gemeinsam mit anderen benutzte Gegenstände regelmässig mit warmem Wasser und gegebenenfalls etwas Seife. Eine US-Studie der San Diego State University zeigt, dass vor allem Telefonhörer und Bürostühle, aber auch Computertastaturen und -mäuse mit Keimen verunreinigt sind.

● Zahnbürste regelmässig wechseln: Normalerweise ist ungefähr alle drei Monate eine neue Zahnbürste fällig. Nach Erkältungen und grippalen Infekten sollte man die Zahnbürste jedoch sofort wechseln.

● Desinfektionsmittel meiden: Antimikrobielle Inhaltsstoffe in Haushaltsreinigern sind unnötig, da sie nur gegen wenige Bakterienstämme wirken. Zudem können fast alle antimikrobiellen Zusätze Allergien verursachen. MM

Wo Sie statt Meerblick mehr Blick haben.

Im Kurhaus St. Otmar blicken Sie aus dem Fenster und sehen mehr als Meer. Bewusst wahrnehmen, weil Fasten Ihre Sinne schärft. Bewusst erleben, weil Sie Zeit haben zum Sein. Fastenkuren in St. Otmar – Ihre Mehrzeit

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Schule für Sterbe- und Trauerbegleitung

Berufsbegleitende ein- oder zweistufige Ausbildung mit namhaften Gastdozenten:

Anouk Claes, Peter Goldman, Rosanna Abbruzzese, Dolly Röschli, Kurt Nägeli, Annette Kaiser, Antoinette Bärtsch, Renate von Ballmoos, Marcel Briand, Karin Jana Beck, Nel Houtman, Kokopelli Guadarrama, Marie-Therese Schibig, u. a.

Nächster Ausbildungsbeginn: Samstag, 28. März 2020

«Die Tränen der Freude und der Trauer fliessen aus derselben Quelle»

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Fasten. Gesundheit. Auszeit.

wolfs heilpflanze *

Beweglich bleiben

Die filigrane Birke ist ein äusserst erquickendes Baumwesen. Es lädt uns jetzt schon ein, erstarrte Empfindungen sowie die winterliche Schwere abzustreifen und die belebende Vorfreude auf den Frühling zu geniessen.

Text: Steven Wolf

Tage nach Weihnachten ist das Fest der Lichtmess. Langsam aber sicher erwacht die Welt in der Nacht auf den 2. Februar zu neuem Leben. Die Säfte der Bäume beginnen zu fliessen und der Vorfrühling verdrängt die Winterstarre. Die Zeit der Lichtmess entspricht im Jahreskreis dem Osten, dem Sonnenaufgang, dem Morgen, der Farbe Weiss und dem Neubeginn. Im keltischen Jahreskreis ist Lichtmess das Fest der weissen Göttin Brigid. Sie wird dargestellt als junge, unbeschwerte, kindliche und schöne Lichtjungfrau, die die helle Jahreszeit verkörpert. Begleitet wird die weisse Göttin im keltischen Jahreskreis vom Sonnenkönig, der in Gestalt eines Bären aus seinem Winterschlaf erwacht und Anfang Februar seinen Kopf aus der Höhle streckt. Er ist der männliche Aspekt der erwachenden Natur und der Lebenskraft. Das Erwachen der weissen Göttin und des Götterbärs bedeutet das Ende der Weihnachtszeit. Früher hat man zu dieser Zeit die Krippe weggeräumt.

Symbol des Frühlings

Die Birke (Betula pendula) ist der jungen weissen Göttin Brigid geweiht. Der Baum weist eine zarte Gestalt auf und verfügt über eine schneeweisse Rinde mit schwarzen Einschlüssen. Wenn ich im Frühling mein Ohr an eine Birke lege, höre ich das Wasser fliessen, das der Baum aus dem Boden zieht, damit sich an den Ästen Knospen und junge Blätter bilden können. Birken erlebe ich als äusserst erquickende Baumwesen. Sie sind geprägt von einer reinen kindlichen Unschuld und einem lebensbejahenden, singenden und tanzenden Dasein. Sie fordern mich auf, genau diese Aspekte in meinem Leben wachzurufen und die Anteile meines inneren Kindes zu leben, gerade auch als Erwachsener. Was spricht denn schon dagegen, in Pfützen zu springen? Im Regen zu tanzen? Das Leben

mit staunenden Augen zu erfassen? Die Birke hilft mir, diesen verspielten Anteil in mir nicht verkümmern zu lassen. Sie fordert mich auf, mich lebendig zu fühlen, das Jahr immer wieder neu zu erleben und mich von erstarrten Empfindungen zu lösen.

Blätter und Rinde als Heilmittel

Die Birkenblätter sind im Frühling ein wirkungsvolles Heilmittel, um den Stoffwechsel anzuregen, die Nieren- und Blasentätigkeit zu aktivieren und generell die Körpersäfte ins Fliessen zu bringen. Auch jetzt, bevor die ersten Blätter spriessen, kann man die Birke als Heilpflanze nutzen. Insbesondere deren Rinde. Die weisse Farbe der jungen Birkenrinde spiegelt Frische, Reinheit und Erneuerung. Bei älteren Bäumen erkennt man Risse in der Rinde, die schwarz und braun sind. Ich nehme diese Risse als abbauende, degenerative Kräfte wahr. Als Verminderung des Fliessens von Lebenssaft. Grösser kann der Kontrast zwischen zwei Farben nicht sein – das symbolisiert wandelnde, transformierende Kräfte. Und tatsächlich: Als einer der wenigen Bäume ist die Birke in der Lage, sich zu häuten und Altes abzustreifen. Dabei reisst die Rinde horizontal auf und schält sich wie die Haut nach einem Sonnenbrand – was sogleich die Beziehung zu unserer Haut erkennen lässt.

* Steven Wolf hat schon als Kind von seiner Grossmutter altes Pflanzenwissen gelernt und weiss um die Kraft der Natur mit all ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Er lebt im Jurtendorf in Luthernbad, wo er zusammen mit seiner Partnerin ganzheitliche Pflanzenkurse für interessierte Menschen durchführt. www.pflanzechreis.ch

heilpflanze | gesund werden

REINIGEND | Die Birke regt den Stoffwechsel an und bringt die Körpersäfte ins Fliessen. Die charakteristisch weiss-schwarze Rinde hat einen besonders positiven Einfluss auf die Haut des Menschen.

« Extrakte aus Birkenrinden lindern Hauterkrankungen ».

Die Birkenhaut oder eben -rinde besitzt eine vorzügliche Wirkung auf die Haut, das grösste Schutzorgan des menschlichen Körpers. Was die Rinde für den Baum, ist die Haut für den Mensch: Schutz und Abgrenzung gegenüber der Aussenwelt. Für die äusserliche Anwendung von Ekzemen, Hautallergien, Flechten oder Schuppen verwende ich starken Birkenrindentee als Wickel oder Waschung. Bei trockenen Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Psoriasis (Schuppenflechte) ist die Birkenrindensalbe sehr wohltuend, da sie die Haut zusätzlich fettet. Zweimal täglich eine Gesichtswaschung mit Birkenrindentee bewahrt das gesunde Aussehen, wirkt straffend und belebend.

Hauterkrankungen haben fast immer einen seelischen Hintergrund und betreffen in der Regel Menschen mit einer hohen Sensibilität. Bei der Schuppenflechte reagiert der Körper mit übermässigem Wachstum von Hautzellen, fast so als würde man sich eine dicke Haut oder einen Panzer zulegen wollen. Bei der Neurodermitis passiert genau das Gegenteil – die Erkrankung ist wie ein Baum ohne Rinde: Die Schutzhülle fehlt und die Widerstandsfähigkeit der Haut nimmt ab.

Altes loslassen

Die Birke hat auch einen starken Bezug zum Wasser. Es ist einer der ersten Bäume, in denen der Saftstrom im Frühling zu fliessen beginnt. Sie lässt täglich bis zu 70 Liter Wasser von den Wurzeln bis in die Krone fliessen. Entsprechend gerne wachsen Birken auf feuchtem Boden. Ihre Blätter weisen eine nierenförmige Rundung auf und die langen gelben Blütenstände erinnern an die Harnröhre – auch hier zeigt sich also der Bezug zum Element Wasser respektive zum Wasserhaushalt sowie zur Niere und Blase.

Neben der Niere gehört auch die Haut zu den Ausscheidungsorganen. Schon unsere Alten sagten: «Die Haut ist die dritte Niere». Sind die Nieren überlastet, nutzt der Körper die Haut, um Säuren, Abbauprodukte und Giftstoffe loszuwerden. Das kann zu trockener Haut, Schuppen, Juckreiz, Pickeln und Pusteln führen. Bei Hautproblemen sowie allgemein zur Unterstützung von Reinigungskuren sollte man viel Wasser oder Tee (Birke, Brennnessel, Goldrute) trinken und so die Funktion der Nieren anregen.

Die fliessende, entstauende Energie der Birke konzentriert sich nicht ausschliesslich auf die körperliche Ebene. So brauche ich die Birke auch für das Erarbeiten von Lösungen auf der seelisch-geistigen Ebene. Schliesslich dürfen auch alter Seelenballast und überholte Glaubenssätze irgendwann losgelassen werden, um Platz für Neues zu erschaffen. //

gutzu wissen

Anwendungstipps

Umschläge mit Tinktur oder Tee

Um Hautprobleme zu lindern, können Sie zwei- bis viermal täglich Umschläge und Waschungen mit Birkentee oder mit Birkenrindentinktur machen. Zu viel Alkohol reizt jedoch die Haut; deshalb verdünne man die Tinktur: 10 bis 15 Tropfen in 200 ml laufwarmes Wasser geben.

Tinktur herstellen

Für die Tinktur aus Birkenrinde verwendet man lose Rindenstücke, die der Baum selber abstösst. Man darf den Baum dabei nicht beschädigen! Die Birkenrinde in kleine Stücke schneiden und im Mörser leicht zerquetschen. In ein verschliessbares Glasgefäss geben und im Verhältnis 1: 5 mit 60 bis 95 prozentigem Alkohol auffüllen bis alle Rindenteile bedeckt sind. 14 Tage ziehen lassen, dabei täglich leicht schwenken. Danach abfiltrieren. Die herausgefilterten Birkenrindenstücke im Verhältnis 1:20 in einer Pfanne mit Wasser aufsetzen. Auf kleiner Flamme so lange köcheln lassen, bis das Wasser auf die Hälfte reduziert ist. Nun die Birkenrinde abseihen, den Auszug abkühlen lassen und mit der zuvor beiseite gestellten Tinktur vermischen. Die fertige Tinktur in dunkle Fläschchen abfüllen und gut verschlossen und kühl lagern. Haltbarkeit: mindestens 5 Jahre.

Birkenknospen-Ölauszug als Pflegemittel

Das Birkenknospenöl pflegt raue Haut. Die Kraft der Knospen unterstützt den Hautstoffwechsel und fördert den Reinigungsprozess. Das Gewebe entstaut, die Durchblutung wird gefördert und leichte Entzündungen werden gelindert. Aufgrund der schmerzstillenden und abschwellenden Wirkung eignet sich das Birkenknospenöl auch zur Massage von schmerzenden Gelenken.

Birkenknospenöl herstellen

Zwei Hände voll frische Birkenknospen in ein Konfitüreglas geben und mit 200 ml Olivenöl auffüllen. Das Ganze täglich leicht schwenken und während vier Wochen bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dann die Birkenknospen abfiltern und das Öl in ein dunkles Glasgefäss füllen.

Haltbarkeit: 2 Jahre.

Gesichtspflege im Winter

Text: Stella Cornelius-Koch

Anhaltende Winterkälte macht unserer Gesichtshaut ganz schön zu schaffen. Grosse Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen durch den häufigen Wechsel zwischen kaltem Winterwetter und beheizten Räumen belasten die Selbstregulierungs-Mechanismen der Haut. Umso wichtiger ist es, die Hautpflege an die veränderten Bedürfnisse anzupassen. Was die Haut jetzt braucht:

✱ Reichhaltigere Pflege

Tagsüber Ihre Nachtcreme verwenden. Umgekehrt spendet die Tagescreme nachts Feuchtigkeit. Vorteil: Ihre Haut ist bereits an die Produkte gewöhnt. Das verringert das Risiko von Unverträglichkeiten und Reizungen.

✱ Lipide und Feuchtigkeit

Gut geeignet bei trockener und empfindlicher Haut sind Gesichtspflege-Produkte mit Olivenöl. Sie versorgen die Haut mit Feuchtigkeit und Lipiden, die die Feuchtigkeit in der Haut binden. Geeignet sind auch Sesam- oder Kokosöl, welche man pur einmassieren kann.

✱ Sanfte Reinigungsprodukte

Benutzen Sie zur Reinigung der Haut anstelle von Waschgelen und Seife lieber sanfte Reinigungslotionen. Das Gesichtswasser sollte keinen Alkohol enthalten, denn der trocknet die Haut nur unnötig aus.

✱ Zusatzpflege

Für eine Extraportion Pflege sorgen wöchentliche Gesichtsmasken. Zum Selbermachen: Eine halbe Gurke pürieren und anschliessend passieren. Den gewonnen Gurkensaft mit 4 EL Naturjoghurt oder

Quark vermengen, dann auf das gewaschene Gesicht auftragen und 10-20 Minuten einwirken lassen. Danach mit warmem Wasser abspülen. Anstelle des Gurkensafts kann man auch 2 TL Zitronensaft verwenden.

✱ Lippen nicht vergessen

Die Lippenhaut ist sehr dünn und besitzt zudem kaum Talgdrüsen. Daher die Lippen regelmässig mit einem Fettstift pflegen. Darauf achten, dass natürliche Fette enthalten sind; auf Erdöl basierende Produkte wie Labello oder Vaseline (enthalten Paraffine) bilden zwar eine Fettschicht auf der Haut und schützen diese vor Schmutz. Bei häufiger Anwendung trocknen sie die Lippen jedoch eher noch mehr aus. Besser ist auch hier ein einfaches Hausmittel: Honig regelmässig auf die Lippen auftragen. Feine Risse heilen schnell ab, Entzündungen werden gemildert und die Lippen werden geschmeidig.

✱ Kälte- und UV-Schutz

Bei extremer Kälte und Aufenthalt im Freien (Ski fahren, Spaziergänge usw.) sollten Sie eine spezielle Kälteschutzcreme auftragen. Denken Sie zusätzlich, vor allem in den Bergen, an ein Sonnenschutzmittel.

✱ Ausreichend Luftfeuchtigkeit

Überprüfen Sie regelmässig die Luftfeuchtigkeit in Innenräumen. Bei zu trockener Heizungsluft (unter 40 Prozent) Luftbefeuchter aufstellen oder Wassergefässe respektive feuchte Tücher an die Heizung hängen. Auch Pflanzen können als natürliche Luftbefeuchter dienen.

✱ Wichtig

Auf keinen Fall ständig die Pflegeprodukte wechseln. Das kann die Haut noch mehr reizen. Haben Sie Geduld. Oft braucht die Haut vier bis sechs Wochen, um sich an ein neues Pflegeprodukt zu gewöhnen. Bei hartnäckigen oder ernsthaften Hautproblemen sollten Sie Ihren Hautarzt aufsuchen. //

AM ABGRUND ?

« Friede ist nur durch Freiheit, Freiheit nur durch Wahrheit möglich. »
Karl Jaspers

Die Zahl der Menschen auf unserem Planeten hat seit dem Jahr 1900 von 1,65 Milliarden auf 7,8 Milliarden zugenommen. Die Belastung des Planeten stösst bei den Lebensgrundlagen Wasser, Humus und Artenvielfalt an Grenzen. Und die Welt ist in Aufruhr. Immer häufiger bricht der Ausnahmezustand in Form von Naturkatastrophen, Amokläufen, Flüchtlings- und Wirtschaftskrisen in den Alltag ein. Statt Pragmatismus beherrscht zunehmend Populismus die Politik. Unsicherheit und Angst werden geschürt; Wut und Frustration machen sich breit. «Die brüchigen Lebenswelten sind der Hauptgrund für den Erfolg von ‹Populisten›, rechten Bewegungen und den Protest von unten», stellt Walter Hollstein fest. In seinem aktuellen Buch «Das Gären im Volksbauch» ist der emeritierte Professor für politische Soziologie dem brodelnden Volkszorn auf der Spur. Für «natürlich» hat er eine Zusammenfassung geschrieben – ganz nach seinem Motto: «Gesellschaftliche Zustände ändern sich nur dann, wenn sich Menschen finden, die die Verantwortung für den sozialen Wandel auf sich nehmen.»

Text: Walter Hollstein

29. Juli 2019:

Drama am Frankfurter Hauptbahnhof. Ein achtjähriger Junge wird vor einen einfahrenden ICE gestossen. Einfach so. In Indien hat eine Hitzewelle gezeigt, dass manche bevölkerungsreiche Regionen der Erde womöglich bald nicht mehr bewohnbar sind. Cecile Eledge, 59 Jahre alt, brachte im US-Bundesstaat Nebraska ihre eigene Enkeltochter auf die Welt – als Leihmutter für ihren schwulen Sohn. Schock am Fasanenhof in Stuttgart: Mitten auf der Strasse wird ein Mann von einem syrischen Flüchtling getötet – mit einem Schwert. Im vergangenen Jahr hungerten weltweit 821 Millionen Menschen. Für weitere zwei Milliarden Menschen drohen die Nahrungsmittel knapp zu werden. In Städten wie Amsterdam und Rotterdam sind heute schon die Hälfte der Bewohner Migrantenfamilien, 180 Nationen leben hier, zwei Drittel der Schulkinder sind nicht hier geboren. Einheimische fühlen sich zunehmend fremd.

Soziale Umwälzungen

tragfähig. Das lehrt die Anthropologie; aber vor allem belegt es unsere Erfahrung.

Die Leere füllen

Was dergestalt als Orientierungsverlust erlebt wird, wird überdies als Kontrollverlust wahrgenommen. Das Gewohnte, Vertraute und Gesicherte entgleitet einem immer mehr. Es entsteht ein Vakuum. Mit Leere lässt sich auf Dauer aber nicht leben; sie muss wieder gefüllt werden, um sich überhaupt eine eigene Zukunft vorstellen zu können. Wenn die Orientierungsund Anpassungsfähigkeit des Einzelnen an Grenzen kommt, droht auch das gesellschaftlich Ganze zu kippen. Das kann unter heutigen Bedingungen ganz rasch gehen, wie zum Beispiel die «Gilets jaunes» in Frankreich gezeigt haben – und, obwohl in den hiesigen Medien kaum mehr

« Das Volk versteht das meiste falsch; aber es fühlt das meiste richtig. »
Kurt Tucholsky

Das sind einige Zeitungsmeldungen des vergangenen Jahres, wahllos herausgegriffen, und es sind nicht die schlimmsten. Sie signalisieren Auflösungstendenzen unserer alltäglichen Ordnung. Heimat bricht weg, das Vertraute und Gewohnte. Stattdessen sind «plötzlich» Millionen von Fremden, Flüchtlingen und Zugewanderten da – vielfach aus «exotischen» Ländern mit gänzlich anderen Wertvorstellungen.

Viele Menschen sind irritiert und verängstigt. Sie beklagen, dass ihnen die Orientierung abhandenkomme: Alles verändere sich ständig und in einem so hohen Tempo, dass man ihm nicht mehr zu folgen vermöge; nichts bleibe, wie es sei. An was kann man sich da noch festhalten? Gleichzeitig werden Leistungs- und Profilierungsanforderungen immer höher geschraubt – die Krankenstatistiken der Versicherer und Krankenkassen belegen seit Jahren einen stetigen und zum Teil dramatischen Anstieg von Burn-out, Depression und anderen Stress- und Verschleisserkrankungen. Das ist zum Ärger der Betroffenen kein öffentliches Thema.

Die soziale Wirklichkeit transformiert sich rapide. Die traditionellen gesellschaftlichen Milieus lösen sich auf: Nachbarschaften, Vereine, gut erreichbare Einkaufsmöglichkeiten, Serviceleistungen wie zum Beispiel die Post, die alte Eckkneipe, die Sitzbank mit den Bekannten. Das Selbstverständliche des Lebens verschwindet. Leben muss aber, um es sinnvoll und zufrieden leben zu können, ein grosses Stück selbstverständlich sein. Es darf nicht jeden Tag wieder infrage gestellt werden. Es ist einfach da, und es ist

Thema, immer noch zeigen!

Planbarkeit ist zur Illusion geworden. «Diese verdammte Unsicherheit», klagt ein Betroffener. Die brüchigen Lebenswelten sind der Hauptgrund für den Erfolg von «Populisten», rechten Bewegungen, Protest von unten. Die Unzufriedenheit der «rechten» Wähler richtet sich nicht in erster Linie gegen die Flüchtlinge, die Hausbesitzer oder das Kapital, sondern gegen den kulturellen Wandel.

Die Welt scheint aus den Fugen oder ist es sogar. Wirklichkeit hat sich in kürzester Zeit radikal verändert. Nichts ist mehr, wie es war. Viele Menschen sehen sich in Unsicherheit, Angst, aber auch in Wut und Frustration, das belegen viele Untersuchungen. Besorgniserregend für den Gesamtzustand des Gemeinwesens ist dabei vor allem das Verschwinden des Vertrauens in Institutionen, Verbände, Politik und Gesellschaft. Viele haben das Gefühl, nicht mehr dazuzugehören. Das führt sozial und politisch zu starken Verwerfungen, zu Unordnung in der Politik und zur sozialen Segmentierung.

Der Wind hat sich gedreht – und er weht nicht mehr von links. Im Hoch sind mittlerweile die rechten Parteien. Das war vorbereitet und wird begleitet vom Aufstieg konservativen Denkens. Ein Mentalitätswandel wird konstatiert, der von einer erstaunlichen

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Welt im Wandel – unsere Chance !

Es brauche Menschen, die die Verantwortung für den sozialen Wandel auf sich nehmen, schreibt Walter Hollenstein. Um uns dieser Verantwortung stellen zu können, müssen wir zuerst Selbstverantwortung übernehmen –ganz im Sinne von Mahatma Gandhi: «Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünscht für diese Welt.» Wir sind nicht machtlos. Im Gegenteil, mit unserer Schöpferkraft kreieren wir permanent Realität. Und gerade weil die bestehenden Verhältnisse erodieren, haben wir die Chance, eine neue Welt zu kreieren. Den Himmel auf Erden zu holen. Hier und heute! Dazu müssen wir aktiv werden. Selber denken; uns von Ideologien lösen; Spaltung überwinden; wahrhaftig und barmherzig sein; Freiheit und Liebe in die Welt tragen. Was wir brauchen, ist eine Revolution des Herzens und praktischen Verstand. Eine Bewusstseinsentwicklung. Dazu müssen wir Neues wagen. Und uns umfassend informieren. Schauen Sie doch mal statt Tagesschau alternative Medien auf Youtube, z.B. Schrang TV oder KenFM. Besuchen Sie Internetportale wie infosperber.ch oder gemeinschaften.ch. Hören Sie sich Vorträge an von Armin Risi, Gerald Hüther oder Ulrich Warnke. Und lesen Sie gute Bücher – einige seien Ihnen hier ans Herz gelegt. Und denken Sie stets daran: Nichts ist wirksamer als gewaltfreier Widerstand !

RAINER MAUSFELD

«Angst und Macht. Herrschaftstechniken der Angsterzeugung in kapitalistischen Demokratien», Westend 2019, ca. Fr. 22.–

Dieser schmale Band enthält eine geballte Ladung verdichteter Information zu den Hintergründen und Auswirkungen des radikal antidemokratischen Neoliberalismus und seinen verheerenden Auswirkungen. Der emeretierte Professor für Wahrnehmungs- und Kognitionsforschung zeigt auf, wieso Demokratie und Kapitalismus nicht vereinbar sind und wie diese Tatsache mittels massiver Propaganda vertuscht wird. Ein fulminantes Aufklärungswerk!

CHRISTOPH PFLUGER

«Die Strategie der friedlichen Umwälzung. Eine Antwort auf die Machtfrage», edition zeitpunkt 2019, ca. Fr. 15.–

Die tiefere Ursache von Umweltzerstörung und Kriegen ist das Kreditgeldsystem, so der Herausgeber der Zeitschrift «Zeitpunkt». In seinem neusten Werk erklärt er, wie man sich aus dem Mangeldenken befreit und wie wir ein Geldsystem im Dienste der Allgemeinheit implementieren können. Der Clou ist sein Vorschlag der «sozialen Homöopathie», die jeder anwenden kann: Mit Botschaften wie «Glaubet ans Geld!» soll die friedliche Umwälzung gelingen.

SRDJA POPOVIC

«Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt», Fischer 2015, ca. Fr. 23.–

Der «Widerstandsguru» und Politaktivist hat mit Mut, Phantasie, Gerissenheit und einer guten Portion Humor die Bewegung Otpor hervorgebracht, die es schaffte, den Diktator Slobodan Milosevic zu stürzen. Otpor ist zu einer Art Blaupause für gewaltfreien Widerstand weltweit geworden. Die «Anleitung zum gewaltfreien Widerstand» zeigt, wie wir unsere Visionen konkret verwirklichen können – für alle, die ihr Quartier verschönern, etwas bewegen oder gar die Welt verändern möchten.

ROB HOPKINS

«Einfach. Jetzt. Machen! Wie wir unsere Zukunft selbst in die Hand nehmen», oekom 2014, ca. Fr. 15.–

Die Transition-Town-Bewegung ist wohl etwas vom Praktikabelsten, was zur Überwindung unserer immer weniger akzeptablen Marktwirtschaft vorgeschlagen wurde. Der Begründer der Bewegung lädt uns ein, gross zu träumen – und jetzt zu handeln. Basierend auf der Idee «global denken, lokal handeln» zeigt er viele Möglichkeiten auf, wie wir auf eine andere, naturverträgliche Art und Weise leben und wirtschaften können – und dabei glücklicher werden.

« Nicht im Wald und auf den Bäumen, in den Herzen muss es keimen, wenn es besser werden soll ! »
Gottfried Keller

Vergangenheitsorientierung geprägt ist. Diese Nostalgie lässt sich erklären über den Mangel an Zukunftsentwürfen und über die Hilflosigkeit vor Katastrophenszenarien unvorstellbaren Ausmasses. Letztere betreffen demografische Prognosen, die vor einer «Muslimisierung» von innen ebenso warnen wie von einer «Völkerwanderung» von aussen. Hinzufügen muss man die zu erwartenden Turbulenzen aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung verknüpft mit Künstlicher Intelligenz und des Klimawandels.

Glückliche Genügsamkeit

Katastrophenalarm? Ja, mehr als das: Die Welt steht seit Jahren im Katastrophenmodus. Dauerhaft und ohne Unterbrechung. Auch die Erde beginnt sich den Menschen buchstäblich zu entziehen – man denke nur an den Verlust der Artenvielfalt und der fruchtbaren Böden, der Grundlage unseres Seins! Der französische Soziologe Bruno Latour postuliert gar, dass die Erderwärmung der tiefere Grund für die politischen Unruhen der letzten Jahre sei. Wir hätten unseren Halt verloren, weil wir keinen Glauben mehr an die Zukunft haben; Zukunftspläne seien wertlos geworden, weil wir nicht mehr sicher sein können, dass es überhaupt eine Zukunft gibt.

Was tun? Von der «grossen» Politik sind derzeit Innovationen nicht zu erwarten. So braucht es die Kraft des Einzelnen als Korrektiv – Einzelne, die andere Lebensentwürfe wagen, wie Pierre Rabhi, der agrarisch ein Modell der «glücklichen Genügsamkeit» umgesetzt hat oder die gegengesellschaftlichen Projekte der Alternativbewegung: Wohngemeinschaften, Genossenschaftsmodelle, Allmenden, Alternativwährungen, Tauschbörsen, freie Schulen, patienten-

gerechte Arztpraxen, ökologische Landwirtschaft. Es gibt auch immer wieder Beispiele im Alltäglichen, und sie mehren sich: Junge Menschen freiheitlich-anarchistischer Prägung organisieren in Zürich einen Protestmarsch gegen die Stadtverwüstung: «Heute Abend soll diese Stadt mal wieder richtig leben. Wüste Betonlandschaften à la Google-Quartier, Europaallee, ZüriWest und PJZ wuchern im Dienste des Kapitals in ganz Zürich, während eigene Gestaltungsmöglichkeiten und alternative Projekte wie die Binz und das Labitzke-Areal zerstört werden. Mit der heutigen Aktion wollen wir euch motivieren, selber aktiv zu werden.» Oder in den USA: Sechs Wochen nach dem Schulmassaker von Parkland haben Hunderttausende überwiegend junge Menschen für striktere Waffengesetze demonstriert. Oder eine Meldung aus Deutschland: «Kommt alle! In einem anonymen Berliner Hochhaus lädt ein alter Herr die Einsamen zum Essen ein.» 2013 war Christian Vollmann, der «alte Herr», auf eine amerikanische Internet-Plattform namens nextdoor.com gestossen. Die Idee hat ihm eingeleuchtet: Menschen knüpfen online Kontakte zu Menschen aus ihrer Umgebung. Seither lädt Vollmann andere ein. Sie kommen als Fremde und gehen als Freunde. Oder Belgien: Bart Somers, Bürgermeister in Mechelen, verhinderte das Entstehen von Parallelgesellschaften in seiner Stadt, indem er dafür sorgte, dass sich die Bewohner armer Viertel als gleichwertige Bürger fühlen. «Wer Teil einer Gemeinschaft ist, greift sie nicht an», so seine Überzeugung. «Wir haben als Erstes in Problemvierteln aufgeräumt, die Strassen gereinigt, Spielplätze angelegt und Parks aufgehübscht.»

Die Liste an inspirierenden positiven Geschichten liesse sich beliebig erweitern. Fantasie ist gefragt. Und ja, auch etwas Mut. Trauen Sie sich doch auch – für die Mitmenschen, für das Leben! So können auch Sie ein Fleckchen Hoffnung in turbulenten Zeiten schaffen. Das ist wichtig. Denn Hoffnung strukturiert unser Leben und hält es aufrecht. //

Dem Volkszorn auf der Spur

Walter Hollenstein zeigt Gründe für und Auswege aus der Krise

Es brodelt: Angesichts der mannigfachen Probleme auf der Welt empfinden immer mehr Menschen eine zunehmende Unsicherheit und Angst, aber auch Wut und Frustration darüber, dass sich nichts ändert. Den gewachsenen Protest versucht man, unter dem Begriff des Populismus zusammenzufassen. Damit setzt sich das vorliegende Buch kritisch auseinander. Der Autor hat viele Gespräche und Interviews geführt, Zeitungsartikel und Social-Media-Posts analysiert, um zu verstehen, was im Empfinden der Menschen gärt und sich politisch ankündigt.

NZZ Libro 2020, ca. Fr. 25.–

Liebe und . . .

Selbstliebe

«L iebe deinen Nächsten wie dich selbst», sagte jener Extremist, der vor über 2000 Jahren durch die Lande zog. Geschafft haben wir das bis heute nicht: Unsere Welt ist keine Liebesaffäre. Vielleicht ja deshalb, weil wir immer noch nicht wissen, wie das geht: uns selbst lieben. Oder können Sie etwa dieses Wesen bedingungslos lieben, das Ihnen aus dem Spiegel entgegenschaut? Es akzeptieren? Oder wenigstens schön finden? Warum fällt uns Selbstliebe so schwer – und das in einer Welt, wo doch die meisten sowieso nur an sich selber denken? Aber Halt! Beim Thema Selbstliebe geht es eben gerade nicht um Egoismus oder Eitelkeit oder Narzissmus. Selbstliebe ist die Voraussetzung, um andere überhaupt lieben zu können.

S ufi-Meister Pir Vilayat Khan sagte einmal: «Wenn du in den Spiegel schaust und findest dich nicht schön, dann hast du nicht richtig geschaut.» Wir schauen selten richtig, wenn es um uns selbst geht. Wie auch?! Wir kennen uns schliesslich allzu gut: unsere geheimen Gedanken, Unzulänglichkeiten, kleine und grosse Gemeinheiten, verpasste Chancen, dumme Fehler, die wir gemacht haben in unserem Leben. Uns selbst können wir nichts vormachen: Wir sind kein Supermensch! Da helfen auch Kosmetik und Krafttraining nichts.

E ine Liebesbeziehung verlangt vom Gegenüber also, etwas zu lieben, das viele von uns nicht so richtig lieben können: uns selbst. Damit das Unmögliche gelingt, versuchen wir, die eigenen Fehler und Schwächen zu verbergen. Anfangs machen beide wider besseren Wissens mit, frei nach dem Motto: Ich schau nicht richtig hin, wenn du es auch nicht tust. Wenn das nicht klappt, soll uns der andere trotz der Fehler lieben. Oder gerade wegen ihnen. Doch damit ist der Beziehungskrieg vorgebahnt. Es geht also nicht anders: Wir müssen bei uns selbst anfangen. Doch wie? Vor dem Spiegel!

« Darum geht es: So tief zu schauen, bis wir das Ewige sehen, das wir so bedingungslos lieben. An uns und an anderen. »

I ch wage den Selbstversuch: Zuerst sehe ich im Spiegel ein Gesicht, an dem ich einiges auszusetzen habe. Sollte ich vielleicht Augenbrauen zupfen? Gesichtscreme auftragen? Lächeln üben? Nein, nicht ablenken, dran bleiben. Tiefer schauen: Was sehe ich da im Spiegel?

Nun. Eigentlich eine ganz interessante Zeitgenossin. Oder doch nicht? Ein Schatten aus allen Dingen, die ich je falsch gemacht habe, legt sich über das Gesicht und macht daraus eine Fratze. Interessant: Ich kann mich also hässlich-schauen. Kann ich mich dann auch schön-schauen?

L etztlich konnte ich es. Es hat fast eine Stunde gedauert. Doch dann habe ich es endlich gesehen: das Leuchten! Dieses Klare und Ewige, das ich schon als Kind hatte. Es ist immer noch da; und irgendwie ahne ich, dass es noch da sein wird, wenn ich meinen letzten Atemzug tue. Wie konnte ich es nur so lange übersehen?! Und jetzt fallen mir die Dinge ein, die ich richtig gut gemacht habe. Momente, auf die ich stolz bin, wo ich selbstlos und mutig gehandelt habe. Momente, in denen ich mit diesem Leuchten verbunden war. Wo ich ich selbst war. Aha! Ich bin also gar nicht meine Fehler.

Und darum geht es in der Liebe: Uns und andere so tief zu schauen, bis wir das Ewige sehen, das wir so bedingungslos lieben. An uns selbst und an anderen.

Übrigens: Nicht verzweifeln, wenn vor dem Spiegel das Gefühl der Erkenntnis nur kurz anhält. Einfach fleissig weiter üben. Das Gefühl wird immer länger anhalten, bis es zur gefestigten Überzeugung und damit zur persönlichen Wahrheit wird. //

● Leila Dregger ist Journalistin und Buchautorin (u. a. «Frau-Sein allein genügt nicht», Edition Zeitpunkt). Sie begeistert sich für gemeinschaftliche Lebensformen und lebt seit 16 Jahren in Tamera, Portugal, wo sie beim Verlag Meiga und der Globalen Liebesschule mitarbeitet.

Vom Fliessen der Körpersäfte

Schwitzen, Schröpfen, Wickel, Fasten & Co: Entgiftung und Ausleitung sind Grundpfeiler einer jeden naturheil kundlichen Therapie.

Text: Lioba Schneemann

ALTBEWÄHRT | Das Schröpfen ist eine altbewährte Heilmethode zur Ausleitung schädlicher äusserer Einflüsse aus dem Körper, etwa Wind, Kälte und Hitze (gemäss TCM).

Ausleitende Verfahren

Die Humoraltherapie (lat. Humores = Körpersäfte) geht von der heilsamen Wirkung von Entschlacken und Entgiften aus. Krankheiten würden durch die «Vergiftung unserer Körpersäfte» (Blut, Galle, Lymphe usw.) verursacht. Der Begriff «Säfte» ist dabei eine Metapher für die Beobachtung der Konstitutionstypen wie Choleriker, Sanguiniker, Pykniker, Leptosome usw. Überflüssige Säfte und pathogene Stoffwechselprodukte können über Haut, Darm, Leber, Galle und Niere ausgeleitet oder über die Organe ausgeschieden werden, was als Aschnerverfahren bezeichnet wird (nach dem Arzt Bernhard Aschner). Bei den ausleitenden bzw. «externen Aschnerverfahren» wird durch eine künstliche Öffnung dem Körper geholfen, Stoffe nach aussen zu leiten. Interne (ableitende) Aschnerverfahren hingegen haben das Ziel, die «falsch verteilten» oder gestauten Körpersäfte umzuverteilen und wieder in Fluss zu bringen.

Neben pflanzlichen Mitteln zum Einnehmen gibt es Verfahren über die Haut, etwa Schröpfen, Wickel, Schwitzkuren oder Hydrotherapie; bei anderen Methoden wird die Haut oberflächlich verletzt, so beim blutigen Schröpfen, bei der Baunscheidt­ und BlutegelTherapie, beim Aderlass und den Cantharidenpflastern sowie bei der Colon ­ Hydro ­Therapie, einer Weiterentwicklung der Darmspülung.

Bei allen Therapien werden vor allem der Stoffwechsel entlastet und die Ausscheidungs­ und Entgiftungsprozesse gefördert. Neben der Blut­ und Lymphreinigung wird das Immunsystem gestärkt und harmonisiert. Daher wirken die Therapien positiv bei vielen Schmerzzuständen, bei Arthrose , Gicht und anderen chronischen Erkrankungen sowie auch bei psychischen Belastungen.

Durch das Anzünden eines Wattebausches in den sogenannten Schröpfköpfen wird ein Unterdruck erzeugt, sodass sich die Gläser an der Haut festsaugen.

Aus- und ableitende Verfahren gehörten einst zum Rüstzeug eines jeden Arztes. Mit der Technisierung der Medizin und dem Aufkommen der Pharmaindustrie sind sie aber weit in den Hintergrund gerückt und teils sogar ganz verschwunden. Dabei hatten solche Verfahren in fast allen Volksmedizinen einen hohen Stellenwert. Schamanen und Mediziner wissen seit jeher Bescheid über die Wichtigkeit der intakten Ausscheidungsfunktionen (Kot, Urin, Schweiss, Menstruation, Eiter, Erbrochenes, Husten, Tränen usw.) für die Gesunderhaltung des Organismus sowie zur Behandlung von Krankheiten. In der ägyptischen Antike etwa war es üblich, regelmässig Brechmittel zu nehmen. Auch blutiges wie unblutiges Schröpfen, Aderlass- und Blutegelverfahren sind in vielen Kulturen zu finden. Vor allem das Schröpfen war bei «primitiven» Naturvölkern ebenso wie bei den Babyloniern und Ägyptern, Griechen und Chinesen gängige Praxis. Im klassischen Griechenland wurde der Schröpfkopf gar zum Emblem der Ärzte.

Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts ging das Verständnis für das Schröpfen jedoch weitgehend verloren. Bis der Gynäkologe Bernhard Aschner Ende der 1920er-Jahre wieder auf die wertvolle Therapieform hinwies.

Auch die heilende Wirkung von Egeln ist seit Jahrtausenden bekannt: Beschreibungen von Blutegelanwendungen findet man in den Keilschriften der Babylonier ebenso wie in den Sanskrit-Schriften des Ayurveda. Heute ist, wie das Schröpfen, auch die Blut-

gefragt:

« Die Chemie muss stimmen »

Frau Meile-Schmid, wie findet man im Wust der Angebote die für sich richtige Therapie?

Wichtig ist zunächst einmal, eine geeignete Therapeutin zu finden. Dafür hat die NVS eine Therapeutenliste. Oft kommen die Leute über Empfehlungen von Bekannten. Man kann ein Erstgespräch vereinbaren, denn die «Chemie» zwischen Naturheilpraktiker und Patient ist ein wichtiger Faktor.

Sind Ausleitverfahren nur in Kombination mit anderen Therapien und einer Umstellung der Lebensweise sinnvoll oder auch als alleinige Therapie?

Die Naturheilkunde schaut immer den Menschen als Ganzes an. Darum führen wir Schröpfen oder ein anderes ausleitendes Verfahren in der Regel nicht als alleinige Massnahme durch. Wir schauen auch die Ernährung an, die Belastungen im Leben usw. Es ist wesentlich, den Menschen die Zusammenhänge zu erklären, um ganzheitlich zu wirken.

Welche Verfahren kann man selbst anwenden?

Wickel, Wasseranwendungen oder auch das trockene Schröpfen sind Verfahren, die man selbst anwenden kann. Beim Schröpfen sollte man jedoch erst durch einen Therapeuten angeleitet werden. Ich empfehle oft, dass die Patienten sich in der Familie gegenseitig was Gutes tun – das kann man durchaus mit einer Schröpfkopfmassage.

Infos: www.nvs.swiss

ZWEI METHODEN | Beim Schröpfen wird die Durchblutung und der Lymphstrom angeregt. Das steigert die Abwehrkräfte und lindert die Schmerzen. Man unterscheidet zwischen trockenem und blutigem Schröpfen.

* Karin Meile-Schmid ist Naturheilpraktikerin mit Praxis in Herisau AR und Vorstandsmitglied der Naturärzte Vereinigung der Schweiz NVS. www.deinezeit-praxis.ch

LEBENDIG | Schon die Babylonier und die alten Inder haben mit Blutegeln geheilt. Moderne Studien zeigen, dass die Blutegeltherapie u. a. positiv wirkt bei Arthrose, Sehnenscheidenentzündungen und Rückenschmerzen.

« Die Kunst, Ausleerungen zu veranstalten, und zwar sie zweckmässig zu veranstalten, ist einer der wichtigsten Teile der praktischen Medizin. »

Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836)

egeltherapie wieder am Kommen. Die wenigen Studien, die es darüber gibt, belegen die Wirksamkeit. Studien der Charité Berlin unter Leitung von Andreas Michalsen, Professor für Klinische Naturheilkunde, etwa zeigen eine positive Wirkung bei Kniegelenksarthrose, Daumengelenksarthrose (Rhizarthrose), Sehnenentzündungen (Tennisellenbogen) und Rückenschmerzen. Es hat sich sogar gezeigt, dass die alternative Methode mit Blutegeln gegenüber der Standardtherapie mit Medikamenten (Diclofenac usw.) überlegen war. Der Aderlass wiederum wirkt gemäss Studien sehr gut bei Bluthochdruck und Übergewicht.

Organe via Haut

behandeln

Grundlage für Wohlbefinden und Gesundheit ist die Fähigkeit des Körpers, sich anzupassen. Diesen Prozess versucht die Naturheilkunde durch verschiedenste Reiz-Reaktions-Therapien in Gang zu bekommen. Ebenso hilfreich ist ein Blick auf das Bindegewebe: Unser Körper besteht aus Systemen, die miteinander Informationen austauschen; das Medium für diesen Austausch ist die extrazelluläre Flüssigkeit im Bindegewebe, die sogenannte Zellmatrix. Sie ist der Dreh- und Angelpunkt aller Stoffwechselvorgänge. Hier entscheidet sich, ob wir gesund oder krank sind. «In dieser Matrix können Stoffe liegen bleiben, was man oft als ‹Schlacken› bezeichnet. Diese beeinträchtigen die Transit- und Informationsfunktion», erklärt Regina Bruckner, Naturheilpraktikerin NVS-A in Uster und Liestal. Verursacht würden Schlacken durch ungesunde Ernährung, Lebensweise, Medikamente, Alkohol und so weiter.

Die Heilkunst weiss auch schon lange Bescheid über die Verbindungen von Hautarealen zu den Organen, was im 20. Jahrhundert auch erforscht wurde («Head’sche Zonen» oder einfach «Head Zonen»). Bekannt, so Bruckner, sei insbesondere der sogenannte «übertragene Schmerz». Dabei handelt sich um Hautabschnitte, die eine nervale Beziehung zu be-

stimmten inneren Organen besitzen. «Die Erkrankung des betreffenden Organs führt zu Schmerzen im korrespondierenden Hautgebiet», erklärt die Naturheilpraktikerin. So könne bei einer Angina pectoris der Schmerz in den linken Arm ausstrahlen; bei einem Galleproblem hingegen gebe es oft Schmerzen in der rechten Schulter. Umgekehrt könne man über die Head Zonen auf ein bestimmtes Organ einwirken, etwa mittels Massagen, Akupunktur oder Schröpfen.

Bis es blutet

Beim Schröpfen unterscheidet man das trockene vom blutigen Schröpfen sowie die Schröpfkopfmassage. Das Schröpfen hat eine regulierende, die Abwehrkräfte steigernde und durchblutungsfördernde Wirkung; zudem wird es zur Schmerzbekämpfung eingesetzt. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird Schröpfen vor allem zur Ausleitung von exogenen pathogenen Faktoren wie Hitze, Wind, Feuchtigkeit und Kälte angewendet.

Das Prinzip der gläsernen Schröpfköpfe ist Unterdruck. Die Haut wird dadurch angehoben, was die Durchblutung und den Lymphstrom anregt, via Nervenbahnen auch in entfernteren Regionen sowie den Organen. Der Schröpfkopf wird so lange aufgesetzt, bis lokal Lymphe austritt oder sich die Haut bläulich verfärbt, was 15 bis 20 Minuten dauert. Beim blutigen Schröpfen wird die Haut mit einer Blutlanzette skarifiziert. Darüber wird der Schröpfkopf angesetzt, worauf sich aufgrund des Unterdrucks im Glas zwischen 5 bis 200 Milliliter Blut entleeren. Bei der Schröpfkopfmassage wird zunächst Öl auf die Haut aufgetragen und der Schröpfkopf grossflächig hin- und hergezogen. Bei allen Anwendungen sind nur wenige Nebenwirkungen zu erwarten.

Ein anderes Verfahren, das aber eher selten angewendet wird, ist die Baunscheidt-Methode. Beim «Baunscheidtieren» wird mittels stachliger Instrumente die Haut gezielt gelöchert. Das soll die körpereigenen Abwehrstoffe aktivieren. Die blutige Methode soll den Stoffwechsel regulieren und unter anderem bei chronischen Schmerzen helfen, etwa bei Rheuma oder Gicht. «Mit Baunscheidtöl wird die Haut zusätzlich gereizt, was eine Quaddelbildung zur Folge hat», erläutert Bruckner. Man könne es sich etwa so vorstellen, wie wenn man Bekanntschaft mit Brennnesseln gemacht habe.

Natürlich kann erst nach einer genauen Anamnese und Befunderhebung entschieden werden, welches Verfahren geeignet ist. «Die Konstitution des Patienten muss geklärt sein», erklärt Bruckner, ebenso welches Organsystem sich für die Ausleitung eigne. «Allgemein mache ich die Erfahrung, dass in der heutigen überreizten Zeit viele Menschen nicht in der Lage sind, starke Reize, wie das Baunscheidt-Verfahren, zu beantworten. Es gilt also den adäquaten Reiz für die betreffende Person zu finden.» Gemäss ArndtSchulz-Regel gilt: Schwache Reize fachen die Lebenstätigkeit an, mittelstarke Reize fördern sie, starke hemmen sie, stärkste heben sie auf.» //

Achtsam aus dem Tief

Nicht nur die Veranlagung ist verantwortlich – auch Stress, Mobbing oder Schicksalsschläge können eine Depression auslösen. Sie zählt zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere vielfach unterschätzten Erkrankungen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Junge öfters als Alte.

Aber: Zur Behandlung braucht es längst nicht immer Medikamente.

Text: Adrian Zeller

«In meinem Leben gab es immer wieder längere Phasen, in denen mir alles sehr schwer fiel. Ich fühlte mich dann energielos und innerlich leer», erzählt Melanie Gerber (Name geändert). «Das Vorbereiten der Lektionen kostete mich jeweils viel Kraft. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab, ich konnte mich nur schwer konzentrieren. Für die alltäglichen Arbeiten im Haushalt fehlt mir oft die Kraft.» Die 48-jährige geschiedene Lehrerin hat oft nur das Aller nötigste erledigt – und dabei ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie mehr von sich erwartete. Vor einem Jahr, gegen Ende der Schulferien, verschlimmerte sich ihr Zustand. «Ich fühlte mich überhaupt nicht erholt. Beim Gedanken, bald wieder vor einer Klasse stehen zu müssen, bekam ich Angstzustände. Nachts lag ich stundenlang wach und konnte an nichts anderes als an die Erwartungen der Eltern und der Schüler denken.» Nach einigem Zögern suchte sie den Hausarzt auf. Dieser schrieb Gerber krank und überwies sie zur Behandlung in eine psychiatrische Tagesklinik. Mittlerweile hat sie, vorerst in einem beschränkten Pensum, ihre Arbeit wieder aufgenommen.

Ein Teufelskreis

Eines der typischen Anzeichen für eine Depression ist die Furcht, die Anforderungen des Alltags kaum mehr bewältigen zu können. Selbst einfache Tätigkeiten erfordern grosse Überwindung und strengen enorm an. Die psychische Störung verringert zudem den Antrieb sowie die Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Dies reduziert das ohnehin geschwächte Selbstvertrauen zusätzlich. Mit dem Tief verbundene Versagensängste und Schuldgefühle untergraben es weiter. Anhaltende Niedergeschlagenheit ist also ein destruktiver

Mittelmeerkost kann Depressionen lindern

Eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten zusammen mit Fischöl-Kapseln kann das psychische Wohlbefinden deutlich verbessern. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher von der Universität Südaustralien in Adelaide. Bei ihren Probanden hatten Angst, Stress und negative Emotionen sowohl nach drei als auch nach sechs Monaten deutlich abgenommen. Gleichzeitig hatte sich die Lebensqualität der Teilnehmer spürbar verbessert. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe waren die Depressionswerte um 45 Prozent gesunken. Die Forscher vermuten, dass soziale Kontakte – etwa gemeinsam kochen und essen – die positiven psychischen Effekte der gesunden Ernährung noch verstärken. MM

psychischer Prozess, der sich selber am Laufen hält. Es ist nicht leicht, die Mechanismen einer Depression aus eigener Kraft zu überwinden. Da eine depressive Verstimmung nicht mit einer Röntgenaufnahme oder einer Laboruntersuchung nachweisbar ist, ist die Grenzziehung zwischen einer normalen Trauerreaktion und einer behandlungsbedürftigen Störung nicht einfach zu ziehen. Zudem treten die Beschwerden individuell unterschiedlich auf. Nicht immer ist eine anhaltend gedrückte Stimmung krankheitsbedingt; sie kann in bestimmten Lebenslagen auch eine ganz normale Reaktion sein.

Sich wichtig nehmen

Während einer Depression oder einer schwierigen Lebensphase verzerrt sich die Sicht auf die Wirklichkeit. Pessimismus, Schuldgefühle und Selbstkritik dominieren. Die entsprechenden Denkmuster wirken zermürbend. Auf folgende Weise können Betroffene deren destruktive Wirkung dämpfen:

● Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Gedankenfluss. Unterbrechen Sie ihn, wenn er eine negative Wendung nimmt, indem Sie sich auf Ihren Atem konzentrieren. Wenn Sie achtsam sind, merken Sie schnell, wenn Ihre Gedanken abschweifen. Das ist völlig in Ordnung und ganz normal. Konzentrieren Sie sich dann einfach wieder auf Ihren Atem.

● Halten Sie tagsüber mehrmals inne. Wie fühlen Sie sich gerade in diesem Moment?

Diese Achtsamkeit sich selbst gegenüber bringt Sie näher zu ihren eigentlichen Bedürfnissen. Das hilft, Distanz zu den Ansprüchen anderer zu gewinnen.

● Notieren Sie jeden Abend vor dem Schlafengehen drei Erlebnisse, die für Sie tagsüber erfreulich waren. Dies kann ein stimmungs-

« Beim Gedanken, bald wieder vor einer Klasse stehen zu müssen, bekam ich Angstzustände. »

voller Sonnenuntergang, ein freundlicher Zugbegleiter, ein Lied im Radio usw. sein. ● Schreiben Sie sich selber täglich ein aufmunterndes SMS oder eine liebevolle E-Mail.

Eine gedrückte Stimmung, fehlende Unternehmungslust, Schlafstörungen sowie das Bedürfnis nach Rückzug als Folge des Verlustes eines nahestehenden Menschen, eines Haustiers oder einer Arbeitsstelle ist nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil! In der Regel regelt sich die Gemütsverfassung nach einigen Wochen von selber wieder und die körperlichen Beschwerden lassen nach.

Im Gegensatz dazu halten Niedergeschlagenheit und andere Beschwerden bei einer Depression über längere Zeit an. Diese kann durch äussere Gründe ausgelöst werden, aber auch ohne erkennbaren Anlass auftreten. Die tieferen Ursachen sind vielfältig: Tageslichtdefizite im Winter sind ebenso mögliche Auslöser wie chronische Überforderung am Arbeitsplatz oder eine Sinnkrise nach der Pensionierung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Verkaufsschlager Antidepressiva Ab den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts erschienen immer neue Generationen von Medikamenten gegen Depressionen. Durch ihre Wirkung werden im Gehirn verschiedene Botenstoffe intensiver ausgeschüttet. In den letzten Jahren haben die Verschreibungen von Antidepressiva kontinuierlich zugenommen. Laut Statistik werden in der Schweiz jährlich zwischen 3,5 und 4 Millionen Packungen abgegeben. Damit ist die Einnahme innert zehn Jahren um rund eine Million Packungen gestiegen.

Die entsprechenden Medikamente werden vermehrt auch von Hausärzten verschrieben. Dies hat Kritiker auf den Plan gerufen. In einem Interview forderte kürzlich etwa der renommierte Zürcher Psychiatrieprofessor Daniel Hell, dass Langzeitbehandlungen mit Antidepressiva Psychiatern vorbehalten sein sollten. Noch immer sei die irrtümliche Annahme verbreitet, diese Medikamente würden die Ursachen einer Depression bekämpfen. «Tatsächlich aber lindern sie nur die Symptome.»

Für eine wirkungsvolle Behandlung sind regelmässige therapeutische Gespräche, ein Verhaltenstraining sowie das Forschen nach den Krankheitsauslösern entscheidend. Die Ursache für die Verstimmung liegt oft in den Lebensumständen der Patienten – und gegen diese wirken die Medikamente nun mal nicht.

Bei Depressionen ist das Wiederauftreten einer erneuten Krankheitsepisode relativ hoch:

Buchtipps

Patrizia Collard

«Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie für Dummies», Wiley-VCH 2014, ca. Fr. 28.–

Mark Williams,

Jon Kabat-Zinn u.a. «Der achtsame Weg durch die Depression», Arbor 2009, ca. Fr. 50.–

Diana Hochgräfe «Aus der Dunkelheit ins Licht. Mein Weg aus den Depressionen», Tredition 2018, ca. Fr. 38.–

Sie liegt bei rund 80 Prozent. Inwieweit Antidepressiva Rückfälle verhindern können, ist in der Fachwelt sehr umstritten. Sicher ist: Mit jeder weiteren Phase steigt das Risiko neuerlicher Ausbrüche. Nach drei depressiven Episoden liegt das Risiko weiterer Störungen schon bei 90 Prozent!

Das Gedankenkarussell stoppen Forschende haben nach Möglichkeiten gesucht, wie psychische Tiefs ohne chemische Präparate zu überwinden sind. Wie eine Auswertung verschiedener Studien ergab, wirkt moderat ausgeübter Sport ähnlich wirksam wie entsprechende Medikamente. Das Handicap ist dabei, dass Betroffene in einer depressiven Akutphase kaum genügend Antrieb für regelmässige Walkingrunden oder für Besuche von Schwimmbädern aufbringen. Nach dem Nachlassen der Symptome kann jedoch körperliche Betätigung die Genesung beschleunigen und Rückfällen entgegenwirken.

● Links

Vermittlung von Adressen von MBCT-Trainerinnen und –Trainern sowie von Kursangeboten: www.mbsr-verband.de Unabhängige Beratung zu Fragen um psychische Leiden: www.promentesana.ch

Wie die Forschung gezeigt hat, neigen zu Depressionen veranlagte Menschen zu negativen Denkmustern. Sie grübeln stundenlang über Nebensächlichkeiten oder längst zurückliegende Ereignisse. Auf diese Weise setzt eine fatale Abwärtsspirale ein, die Stimmung sinkt immer weiter. Wie die neuere Hirnforschung ergeben hat, verfestigen sich mit jeder weiteren depressiven Phase destruktive Muster in den Mikrostrukturen des Gehirns. Geringfügige Ereignisse im Alltag können sie aktivieren und eine Negativspirale auslösen. Um die Neigung zu depressiven Episoden zu verringern, müssen diese Automatismen im Denken gewandelt werden. In der Folge verändern sich auch die neuronalen Verbindungen im Gehirn. Trainingsprogramme wie MBCT (Mindfulness-Based Cognitive Therapy, zu Deutsch: Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie) helfen, diese destruktiven Denkmuster bewusst wahrzunehmen und inneren Abstand zu ihnen zu gewinnen.

In Grossbritannien werden Antidepressiva mittlerweile hauptsächlich bei sehr ausgeprägten Krankheitsverläufen eingesetzt. Bei leichten und mittleren Depressionen übernehmen seit 2007 staatlich ausgebildete psychologische Gesundheitstherapeuten die Betreuung. Sie arbeiten mit computergestützter Verhaltenstherapie, mit angeleiteter Selbsthilfe und mit Bewegungsprogrammen. Wenn sich der Zustand nicht in angemessener Zeit verbessert, werden die Erkrankten kognitiven Verhaltenstherapeuten zugewiesen, die auch bei schwierigen Verläufen Erfolge erzielen können. Ein Erfolgsmodell, auch für die Schweiz? //

Mensch, sei freundlich

Unlängst auf einer Zugreise ins Engadin: Mit Vorfreude auf ein paar freie Tage in den Bergen geniesse ich die vorbeiziehende Landschaft, während im Zugabteil nebenan ein sichtbar genervter Passagier auf seinem Laptop herumhämmert. Ich versuche, ihn nicht zu beachten und richte meinen Blick wieder nach draussen. Doch ein missmutiger Ton von nebenan lenkt meine Aufmerksamkeit erneut auf den Nachbarn. Ich staune, wie sich seine Gespanntheit auf mich zu übertragen beginnt. Aus dem Blickwinkel beobachte ich ihn nun verstohlen. Er scheint nichts anderes wahrzunehmen als sich selbst und das Problem, das er zu überwinden versucht.

Der Kondukteur nähert sich. Er schaut sich das Ticket des Nachbarn an. Offenbar stimmt etwas nicht, jedenfalls verliert dieser die Nerven und hängt dem guten Mann wüste Worte an. Eine ungemütliche Spannung macht sich breit. Ich bewundere den Kondukteur, der sich nicht provozieren lässt, vielmehr geduldig und bestimmt und bis zum Schluss freundlich bleibt.

Eine Geschichte kommt mir in den Sinn, die ich in der Zeitschrift bref gelesen habe. Der Bürgermeister des norditalienischen Städtchens Luzzara in der Emilia-Romagna hat seinen Einwohnern per Gesetz verboten, in der Öffentlichkeit boshafte Äusserungen zu machen. Ja, zu Jahresbeginn 2019 hat der 41-jährige Andrea Costa ein «Boshaftigkeitsverbot» erlassen! Jede Äusserung von «Boshaftigkeit, Groll oder Wut» ist seither sowohl im öffentlichen Raum als auch in den sozialen Netzwerken untersagt.

● Kurse im Lassalle-Haus

Vom Reichtum des Verzichts

Information zum

Thema Fasten 22. Februar, Sa. 14–16 Uhr

Einführung in die Kontemplation

Das Herz betet wie von selbst 7. bis 9. Februar

Fr. 18.30– So. 13.30 Uhr

Meditation: welcher Weg passt zu mir?

Yoga, Zen und Kontemplation kennen lernen 15. Februar

Sa. 9.30–16 Uhr

Zen und MettaMeditation Eine Schule des Mitgefühls

16. bis 21. Februar

So. 13.30–Fr. 13 Uhr

Kontemplation zu Fuss Meditation in Bewegung 23. bis 28. Februar

So. 18.30–Fr. 13 Uhr

Infos und Anmeldung : Telefon 041 757 14 14 info@lassalle-haus.org www.lassalle-haus.org

Wer dagegen verstösst – kein Witz –, soll Bücher lesen, Filme anschauen oder Museen besuchen.

Wer verbal aggressiv ist, sei eigentlich ein Opfer, dem geholfen werden müsse, so Costas Überzeugung. Er hat erfahren, dass es in den meisten Fällen genügt, mit einem aggressiv gewordenen Bürger über seine Ausraster zu reden. In aller Regel seien Sanktionen danach hinfällig, weil der Aggressor von selbst verstehe, dass er übertrieben habe. Die Auseinandersetzung führe dazu, dass sich das Verhalten ändere. Beim Abschied gibt Costa jedem eine Aufgabe mit, etwa sich Michelangelos Pieta in Rom, Giottos Fresken in Padua oder Roberto Bellinis Film «La vita è bella» anzuschauen.

«Wer die Schönheit in sein Leben lässt, für den ist es schwieriger, ein boshafter Mensch zu sein», ist der Bürgermeister überzeugt. Die französische Philosophin Simone Weil spricht von der Sehnsucht nach Schönheit, die als eine mächtige Bewegkraft im Herzen des Menschen lebt. Weil begreift «das Schöne» als Zeichen wirklicher Gegenwart des Göttlichen.

Mein Nachbar ist ruhig geworden. Er sitzt da, schaut zum Fenster hinaus. Seine Körpersprache hat sich verändert. Er wirkt gelöster. Jedenfalls traktiert er den Computer nicht mehr. Ist es die freundliche, friedfertige Art des Kondukteurs oder ist es die Schönheit der Landschaft, die ihn besänftigt haben – oder vielleicht ja auch beides zusammen.

Das Lassalle-Haus in Edlibach ist ein von Jesuiten geführtes interreligiöses, spirituelles Zentrum mit einem breiten Kursangebot, das von Zen-Meditation über Naturseminare bis zu klassischen Exerzitien reicht. Für «natürlich» schreiben der Jesuit Tobias Karcher und die Pfarrerin Noa Zenger abwechselnd die Kolumne Gedankensplitter».

* Noa Zenger (44) ist reformierte Pfarrerin. Sie wohnt und arbeitet im Lassalle-Haus Bad Schönbrunn, dem Bildungszentrum der Jesuiten in Edlibach ZG.

● staunen und wissen

Sprachen lernen vergrössert das Gehirn

Fitness fürs Oberstübchen: Wer intensiv eine Fremdsprache erlernt, vergrössert damit sein Gehirnvolumen. Das berichten deutsche Wissenschaftler. Sie haben im Rahmen der «1000-GehirneStudie» per Magnetresonanztomografie ermittelt, wie ausgeprägt das Volumen der grauen Substanz im hinteren unteren Teil des linken Stirnlappens und im unteren linken Scheitellappen ist. Diese beiden Gehirnregionen sind unter anderem für die Sprache wichtig. Es zeigte sich, dass die graue Substanz der beiden Regionen beim Erwerb einer zweiten Sprache ein deutlich höheres Volumen aufweist. Die Wissenschaftler erklären die Zunahme mit einer stärkeren Vernetzung der Nervenzellen. Mit fortschreitendem Alter nimmt das Volumen der grauen Substanz der beiden Gehirnbereiche bei Mehrsprachlern weniger schnell ab. Möglicherweise ist dies der Grund, warum diese im Alter oftmals länger geistig fit bleiben. krea gewusst

Lichtverschmutzung

Gestörte

Melatoninproduktion

Melatonin prägt den Tag-Nacht-Rhythmus beim Menschen wie bei anderen Wirbeltieren; das «Dunkelhormon» steuert auch Prozesse wie Fortpflanzung und Wachstum. Forschende vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) haben nun herausgefunden, dass selbst niedrige Lichtintensitäten einer kleinstädtischen Lichtglocke die Melatoninbildung reduzieren, nicht nur bei Wirbeltieren, sondern auch bei Fischen. Licht mit einem hohen Blaulichtanteil sei sogar noch bedenklicher. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit seien indes noch nicht hinreichend verstanden, stellt Studienleiter Franz Hölker fest.

Insektensterben

Böse helle Nächte

Lichtverschmutzung ist ein wesentlicher, jedoch kaum beachteter Beschleuniger des dramatischen Insektenschwunds. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von mehr als 150 Studien, die im Fachmagazin «Biological Conservation» veröffentlicht wurde. Im Gegensatz zu anderen Verursachern des Rückgangs wie Lebensraumverlust und Pestizide ist die Lichtverschmutzung relativ einfach zu verhindern: Indem man unnötige Lichter ausschaltet und geeignete Abschirmungen einsetzt. Dadurch konnten in den Studien Insektenverluste sofort erheblich reduziert werden. krea

5G

Krankes Experiment?

Laut Bundesamt für Gesundheit sind hierzulande bis zu 480 000 Menschen von Elektrosensibilität betroffen. Trotzdem hat die Swisscom aufgerüstet und ihr 5G-Netz weitgehend installiert.

Dabei kennt man die gesundheit lichen Folgen von 5G noch nicht, wie die Abteilung Lärm & Nichtionisierende Strahlung des Bundesamt für Umwelt (BAFU) auf Anfrage einräumt:

«Da die höheren Frequenzbereiche (über 24 GHz), wie sie längerfristig auch für 5G vorgesehen sind, bisher nicht auf breiter Basis genutzt werden, existieren noch keine beobachtenden Bevölkerungsstudien dazu.» Und: «In der Schweiz wurden bislang keine Untersuchungen zu diesem Frequenzbereich durchgeführt.» Es liege indes auch noch kein Plan vor, ob und wann in der Schweiz Millimeterwellen zur Anwendung gelangen könnten. Deren Verwendung für Mobilfunk müsste durch den Bundesrat vorgängig über die Anpassung des Nationalen Frequenzzuweisungsplans genehmigt werden.

krea

Psychedelische Tagung

Das How is How der Erforscher aussergewöhnlicher Bewusstseinszustände feiert «Die psychedelische Renaissance». Ob in Forschung und Medizin (Hanf, Pilze, MDMA, LSD usw.), ob zum spirituellen Wachstum (Ayahuasca u. a.) oder zur Alltagsoptimierung (Microdosing): Psychedelische Substanzen und veränderte Bewusstseinszustände erfahren einen neuen Stellenwert, der die alten Klischees hinter sich lässt. Darüber berichten Stanislav Grof, Peter Gasser, Milan Scheidegger, Nana Nauwald, Christian Rätsch, Roger Liggenstorfer und weitere Koryphäen der Szene.

Bicycle Day

18. April 2020

Tageskonferenz anlässlich von 77 Jahren LSD im Hotel Hofmatt in Münchenstein bei Basel. www.bicycleday.ch

buchtipp

Erforscher der Seele

Ihn als «Einstein des Bewusstseins» zu bezeichnen wäre sogar noch untertrieben, schreibt der Bestsellerautor Deepak Chopra über den tschechischen Psychotherapeuten und Psychiater Stan Grof (*1931). Dieser «Riese unter uns» hat sein Leben der Erforschung holotroper Zustände gewidmet – aussergewöhnlicher Bewusstseinszustände, «die therapeutisches, transformatives und evolutionäres Potenzial haben». Band eins seines Lebenswerks ist nun auf Deutsch erschienen. Leider fehlt ein Stichwortverzeichnis. Dennoch ist es ein Musthave für alle Erforscher des Lebendigen, nicht nur für Psychiater und Psychonauten. Ein tiefes Werk, das viele Seelen berühren möge.

Stanislav Grof: «Der Weg des Psychonauten. Enzyklopädie für Reisen in innere Welten», Nachtschatten Verlag 2019, ca. Fr. 50.–

Plastikersatz

Nachbessern ist angesagt

Als nachhaltige Alternativen zu Plastikeinwegbechern werden verstärkt «Coffee-to-go»-Becher aus «natürlichen» Rohstoffen wie Bambusfasern oder Maismehl angeboten. Ebenso Einwegteller, -schüsseln und -besteck. Die meisten Produkte enthalten jedoch Kunststoffe wie Harze. Bei höheren Temperaturen können gesundheitlich bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd in Lebensmittel übergehen, etwa wenn heisse Getränke wie Kaffee oder Tee eingefüllt oder Speisen in der Mikrowelle erhitzt werden. Die bessere Alternative sind Mehrweggefässe. Die meisten Anbieter füllen den Kaffee gerne in mitgebrachte Becher oder den Käse in Tupperware. Deutsches Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

Blaulicht

Smombies sehen alt aus

Die Selfie-Generation könnte schneller alt aussehen, als ihr lieb ist: Wie mehrere Studien zeigen, geht vom HEV-Licht (High Energy Visible) der Handys eine noch kaum bekannte Gefahr aus: Das Blaulicht dringt tief in die Haut ein und fördert die Entstehung von Fältchen und Altersflecken, ja sogar von Hautkrebsgefahr ist die Rede. Forscher halten das HEV-Licht für noch gefährlicher als UV-Strahlung. Wirksame Substanzen, die vor HEV-Licht schützen, gibt es noch nicht. Coopzeitung

Mit Schalttagen den Jahreslauf korrigieren

Das Jahr 2020 ist wieder ein Schaltjahr. Es gibt also einen 29. Februar. Schalttage erfolgen jeweils im Februar, weil ursprünglich der Februarius im römischen Kalender dem letzten Monat des Jahres entsprach. Unter Julius Cäsar wurde der bis dahin geltende römische Kalender reformiert, da im Laufe der Jahre Differenzen zwischen den Kalenderdaten und den ihnen ursprünglich zugeordneten Sonnenständen entstanden.

Bei der Kalenderreform orientierte sich Cäsar an der ägyptischen Lösung mit dem Einfügen eines Schalttages. Die Kirche, die in vielen Belangen Rechtsnachfolgerin des römischen Reichs war, hat dies übernommen und bis heute so belassen.

Umweltbelastung

Schlimmer als Mikroplastik: Gummi geben

Alles redet von Mikroplastik. Dabei ist Mikrogummi viel schlimmer für die Umwelt. Das zeigt eine Studie der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa). Demnach bestehen nur sieben Prozent der freigesetzten Mikropartikel aus Plastik; 93 Prozent hingegen aus Mikrogummi. 7500 Tonnen pro Jahr belasten unsere Böden, Gewässer und die Luft – und vielleicht auch unserer aller Gesundheit. 97 Prozent allen Mikrogummis wird durch Reifenabrieb produziert. Ein weiterer Punkt, der gegen das Autofahren spricht – Elektro hin oder her. krea

Dieses Kalenderjahr hat eine durchschnittliche Länge von 365,25 Tagen, während das astronomische Jahr näherungsweise 365,24219 Tage umfasst. Der Fehler beträgt 1 Tag in etwa 128 Jahren. Damit keine Abweichungen mehr entstehen, wird wie folgt vorgegangen: Alle ganzzahlig durch vier teilbaren Jahre sind Schaltjahre – mit Ausnahme der Jahrhunderte, die nicht durch 400 teilbar sind, also 1700, 1800, 1900. Dagegen waren 1600 und 2000 Schaltjahre. Analog werden 2100, 2200, 2300 und 2500 keine Schaltjahre; 2400 jedoch wird wieder ein Schaltjahr sein. Andreas Walker

Mobilfunk 5G

Widerstand formiert sich

5G hat auch sein Gutes: Widerstand formiert sich. Selbst technikbegeisterte Menschen hinterfragen den Sinn der Sache. Und ob es denn so gesund ist, Mensch und Natur flächendeckend mit hochfrequenten Strahlen zu beschallen. In den eidg. Räten sind zwei Motionen, ein Postulat und zehn Interpellationen hängig. Im Herbst wurden gleich drei Volksinitiativen lanciert: Die «Eidg. Volksinitiative für einen gesundheitsverträglichen und stromsparenden Mobilfunk» will eine Erhöhung der Grenzwerte verhindern und draussen und drinnen strahlungsfreie Räume schaffen. Die «Mobilfunkhaftungs-Initiative» will die Mobilfunkbetreiber für Personen- und Sachschäden haftbar machen, die durch den Betrieb einer Sendeanlage verursacht werden. Und die Volksinitiative für «eine angemessene Aussetzung der Bevölkerung gegenüber nichtionisierender Strahlung und das Verbot von Millimeterfrequenzen für den Mobilfunk» will gar die bestehenden Grenzwerte reduzieren. Die Sammelfristen enden im Frühjahr 2021; bei genügend Unterschriften kommen die Initiativen zwei Jahre später zur Abstimmung – hoffentlich nicht zu spät www.mobilfunk-initiative.ch www.mobilfunkhaftung.ch www.initiative-5g.ch

Hommage an einen Visionär

Erwar Sozialist, warnte aber vor Stalins Überwachungsapparat. Der DDR war er verhasst, Datenschützer berufen sich bis heute auf ihn. Georg Orwells dystopische Romane «1984» (Erstveröffentlichung 1948) und «Farm der Tiere» (1945) offenbaren sich uns heutzutage als eigentliche Prophezeiungen. Doch wer war dieser rätselhafte Brite? Woher kam sein Gespür für die Zukunft? Geburt in Indien, Polizeidienst in Burma, Widerstandskampf im Spanischen Bürgerkrieg – Auszüge seines Lebens erzählt, gespickt mit vielen Originalzitaten und garniert mit sechs Gastbeiträgen, diese meisterlich klassisch-realistisch illustrierte Graphic-Novel-Biografie, die dem Leser grosses Erkenntnisvergnügen schenken kann.

Pierre Christin, Sébastien Verdier: «George Orwell», Knesebeck 2019, ca. Fr. 35.–

Ein weisser Regenbogen

Normalerweise kennen wir den Regenbogen als farbigen Teilkreis am Himmel. Er entsteht in der Regel, wenn das weisse Sonnenlicht durch die Regentropfen – ähnlich wie in einem Glasprisma – in die Spektralfarben rot, grün, blau und violett zerlegt wird. Besonders intensiv leuchtende, sattfarbige Regenbögen entstehen in grossen Regentropfen, die zum Beispiel von Gewitterwolken produziert werden. Je kleiner die Wassertröpfchen, desto weniger intensiv erscheint ein Regenbogen. Im Extremfall kann er seine Farben sogar gänzlich verlieren. Sind nämlich die von der Sonne beschienenen Tröpfchen sehr klein, verblasst der Regenbogen zu einem weissen Ring.

So kann in der Winterzeit manchmal das seltsame Phänomen des «Nebelbogens» beobachtet werden: Befindet man sich an der Nebelgrenze mit der Sonne im Rücken und schaut auf eine Nebelwand, erscheint ein weisser Nebelbogen, der ungefähr doppelt so breit ist wie der gewöhnliche Regenbogen. Da die Nebeltröpfchen sehr klein sind, brechen sie zwar das Licht zu einem Regenbogen, verursachen jedoch infolge ihrer geringen Grösse Lichtüberlagerungen. Dieses Phänomen ist auf die Wellennatur des Lichtes zurückzuführen: Aus den Lichtüberlagerungen der zerlegten Spektralfarben entsteht wieder weisses Licht, das wie beschrieben in Form eines weissen Nebelbogens erscheinen kann. Andreas Walker

FREVEL | Die Jagd mit Netzen und Leimruten ist auf Zypern verboten. Trotzdem werden jedes Jahr rund 800 000 Vögel getötet – so wie diese Mönchgrasmücke.

Vogelmord im Urlaubsparadies

25 Millionen Singvögel werden im Mittelmeerraum jedes Jahr gefangen, getötet und als Delikatesse verkauft. Dagegen wehren sich auch Schweizer Vogelschützer. Etwa auf Zypern, einer Hochburg des illegalen Vogelfangs.

Text und Fotos: Klaus Petrus

Carmen Sedonati hört das hohe, gebrochene tscheck tscheck noch bevor uns ein Netz den Weg versperrt. Zehn Meter lang ist es, drei Meter hoch und für das Auge kaum sichtbar. Sie zeigt mit dem Finger auf eine Singdrossel, die sich im Netz verheddert hat. Ihr Kopf ist verdreht, die Füsse sind verrenkt, die Flügel eingeklemmt. Und doch zappelt der Vogel weiter und schreit, tscheck tscheck! Dann geht alles schnell. Sedonati hält die Singdrossel fest, schneidet mit der Schere die Fäden ab, nimmt das Tier aus dem Netz, legt es rücklings auf ihre Knie und zupft das Garn aus dem Federkleid. Minuten später lässt Sedonati die Singdrossel aus ihrer Umklammerung frei. Andere Vögel haben es nicht geschafft. Sie hängen stumm im Netz, sind tot.

Wir sind auf der Urlaubsinsel Zypern, die gerade ein Rekordjahr an Schweizer Urlaubern verzeichnet hat – fast 100 000 haben sich letztes Jahr an den Stränden von Larnaka und Ayia Napa entspannt. Was viele von ihnen nicht wissen: Im Landesinnern kehrt jedes Jahr aufs Neue der Massentod ein. 800 000 Singvögel werden hier pro Jagdsaison auf qualvolle Art und Weise gefangen, getötet und als Delikatesse verhökert. Im gesamten Mittelmeerraum sollen es 25 Millionen sein! Darunter sind viele Vogelarten, die auch in der Schweiz brüten, wie Neuntöter, Gartengrasmücken, Sumpfrohrsänger oder Dorngrasmücken. Dabei ist die Vogeljagd mit Netzen und Leimruten auf Zypern schon seit 1974 verboten. Doch das kümmert hier fast niemanden.

Megageschäft der Vogelmafia

«Das Ganze ist ein Megageschäft, dahinter steckt eine Mafia», sagt Sedonati und rollt mit den Augen. Die 36-jährige Bernerin sitzt im Wohnzimmer eines geräumigen Appartements, umgeben von Funkgeräten, Fotoapparaten, Laptops, Mobiltelefonen, Feldstechern, Nachtsichtgeräten, Vogel-

büchern. Zweimal im Jahr mietet sich die Projektmanagerin der Schweizer Stiftung Pro Artenvielfalt mit anderen Vogelfreunden aus aller Welt in eine Wohnsiedlung am Stadtrand von Larnaka im Südosten der Insel ein und nimmt an Vogelschutzcamps teil, die vom deutschen Komitee gegen Vogelmord (CABS) organisiert und von ihrer Stiftung unterstützt werden.

Von der Vogeljagd als «big business» spricht auch Andreas Pitsillides, Chef der Anti-Wilderer-Einheit der britischen Exklave Dhekelia, eine Hochburg des illegalen Vogelfangs unweit von Larnaka. «Vieles deutet auf ein organisiertes Verbrechen hin», sagt er. Oft würden die Anführer junge Männer rekrutieren, die in der Nacht Netze aufbauen und Schmiere stehen. Nicht selten sei das ihr Einstieg in die Kriminalität, sagt Pitsillides. «Viele Jugendliche auf dem Land verdienen wenig oder haben überhaupt keine Arbeit. Die Wilderei bietet ihnen einen Ausweg.»

Dabei ist das Risiko für die Wilderer gering, wie Pitsillides einräumt. Nur ausnahmsweise werden sie an Ort und Stelle überführt und gebüsst. Im Schnitt liegt die Strafe für ein Netz bei 2000 Euro. Benutzen die Wilderer zudem ein elektronisches Lockgerät, kommen weitere 2000 Euro hinzu, und nochmals 2000 Euro müssen sie als Pauschale für bis 50 gefangene Vögel während der Jagdsaison von Ende August bis Mitte März bezahlen. Das sind alles in allem 6000 Euro. Angesichts des Gewinns, den die Wilderer machen, ist diese Summe gering. Vogelschutzorganisationen haben errechnet, dass ein Jäger in der Hochsaison pro Netz und Nacht bis hundert Vögel fängt, die er zu je vier Euro verkaufen kann. Ein gutes Geschäft in einem Land, wo das durchschnittliche Monatseinkommen bei knapp 2000 Euro liegt. Insgesamt soll der Handel mit Singvögeln den schätzungsweise 3000 Wilderern auf Zypern jährlich 15 Millionen Euro einbringen.

ILLEGAL | Leimruten sind die älteste Fangmethode auf Zypern. Setzt sich ein Vogel auf einen mit dem Sud eingekochter Syrischer Pflaumen bestrichenen Ast, bleibt er daran kleben. Dieses Rotkehlchen hatte Glück –in diffiziler Kleinarbeit wird es befreit, gesäubert und in die Freiheit entlassen.

Vogelgesang reduziert Stress

Was viele von uns bereits ahnten, ist nun auch wissenschaftlich belegt: Naturgeräusche wirken beruhigend auf uns Menschen.

Ein Filz von Traditionalisten

Was Pitsillides auch durchblicken lässt: Die Verstrickungen zwischen Jägerschaft, Behörden und Politik scheinen auf Zypern mächtig zu sein. So haben in der Vergangenheit immer wieder Politiker an Kundgebungen von Organisationen teilgenommen, welche die illegale Vogeljagd als zypriotische Tradition verteidigen. Dazu gehören die «Freunde der Leimruten» (filoi tou ksovergou). Tatsächlich gilt die Leimrute auf Zypern noch immer als nostalgisches Jagdinstrument. Seit dem 16. Jahrhundert werden damit Vögel gefangen. Das Prinzip ist simpel: Man bestreicht eine Rute von etwa 70 Zentimetern mit dem eingekochten Saft der Syrischen Pflaume und legt sie, wie Sitzstangen, horizontal zwischen die Äste eines Baumes. Dann wartet man, bis sich ein Vogel daraufsetzt – und kleben bleibt. Um Leimruten zu entdecken, braucht es ein geschultes Auge wie das von Carmen Sedonati. Zusammen mit anderen Aktivisten durchstreift sie immer wieder die Südküste der Larnaka-Region und sucht das Gelände nach einem Glitzern ab, das auf den frischen Leim der Ruten schliessen lässt. Oft wird sie fündig, wie an diesem Nachmittag: Ein halbes Dutzend Bäume in einem Radius von 20 Metern sind vollbestückt mit Leimruten, 123 an der Zahl. In einer der Baumkronen baumelt ein Rotkehlchen im Wind. Landet der Vogel, vom langen Flug ermattet, auf einer solchen Rute, klebt er sofort mit seinen Füssen fest und kippt vornüber. Beginnt er dann zu flattern, verkleben auch seine Flügel, der Schwanz, manchmal sogar der Kopf, wenn er sich mit dem Schnabel befreien will. Wie ein flauschiger Schlüsselanhänger hängt das Rotkehlchen dann am Baum, oft stundenlang. Es reisst den Schnabel weit auseinander, seine

Die Umweltpsychologin Dr. Eleanor Ratcliffe von der britischen Universität Surrey hat in einem von National Trust unterstützten Projekt nachweisen können, dass Naturerlebnisse zur Reduzierung von Stress beitragen können. Dazu gehören vor allem Geräusche wie Wind, Wasser und eben auch Vogelgesänge. Letztere gehören sogar zu den Lieblingsgeräuschen der 2000 befragten Menschen, wobei 40 Prozent von ihnen angaben, der Gesang von Vögeln mache sie glücklich. Manchmal ist ein Waldspaziergang mit Vogelgezwitscher offenbar das beste Mittel, um Stress abzubauen.

winzige Zunge zittert. Nur kommt kein Ton aus ihm heraus, nicht einmal ein Krächzen ist zu hören.

Bis der Vogel von der Leimrute befreit ist, dauert es. Erst trennt Sedonati die Füsse vom klebrigen Saft, Kralle für Kralle, dann träufelt sie Wasser auf die Flügel und löst die Federn von der Rute. Manchmal bleiben welche daran kleben und das Rotkehlchen schreit stumm weiter. Nach einer Viertelstunde hält Sedonati den Vogel in der Hand und lässt ihn wegfliegen. Viel Kleinarbeit war das. Kommen die Wilderer, geht alles im Handumdrehen: Sie stossen dem Vogel einen metallischen Stift durch die Brust oder schneiden ihm die Kehle durch.

Die Jagd geht weiter «Alle hier wissen von der Vogeljagd. Und dass sie illegal ist. Doch die wenigsten kümmert das», sagt Sedonati. Sie ist zwar überzeugt, dass immer mehr Jugendliche vor allem in

Helfen Sie, die illegale Vogeljagd auf Zypern zu beenden!

Möchten Sie helfen, den illegalen Vogelfang auf Zypern zu beenden? Das können Sie tun:

● Schreiben Sie an das zypriotische Konsulat in Zürich und fordern Sie die Behörden auf, die illegale Vogeljagd zu beenden: info@cyconsul.ch

● Verlangen Sie beim zuständigen Ministry of Interior eine konsequente strafrechtliche Verfolgung der Wilderer: info@moi.gov.cy

● Unterstützen Sie die Stiftung pro Artenvielfalt mit einer Spende. Mehr Informationen auf www.stiftung-pro-artenvielfalt.ch

● Machen Sie mit als ehrenamtliche Vogelschützer auf Zypern. Bedingungen sind eine gute physische Kondition, ornithologische Kenntnisse, Fahrausweis und mindestens zehn Tage Teilnahme beim ersten Mal. Bei Interesse kontaktieren Sie Carmen Sedonati: carmen.sedonati@stiftung-pro-artenvielfalt.ch

WILDERN | Singdrosseln sind besonders beliebte Delikatessen auf Zypern. Dem Jäger bringt sie bis vier Euro ein, gehandelt werden sie in Restaurants unter der Hand im Dutzend für 80 Euro.

«Solange die Vogeljäger weitermachen, werde ich wiederkommen», sagt Carmen Sedonati, Projektmanagerin bei der Schweizer Stiftung pro Artenschutz. «Hinter der illegalen Vogeljagd steckt das organisierte Verbrechen», weiss Andreas Pitsillides, Chef der Anti ­Wilderer­ Einheit. Der Handel mit den Singvögeln soll den schätzungsweise 3000 Wilderern auf Zypern jährlich 15 Mio. Euro einbringen.

den Städten diese Jagdmethoden ablehnen. Dagegen protestieren würde aber kaum jemand. Zu tief verwurzelt sei die Jagd. Tatsächlich ist Zypern, so gross wie die Kantone Graubünden und Tessin, mit 50 000 offiziellen Patenten ein Land der Jäger. Gerade die ältere Generation versteht nicht, wieso man die Jagd verboten hat und was diese Vogelschützer eigentlich auf ihrer Insel wollen. Geht es nach ihnen, müsste man die Jagd mit den Leimruten zum UNESCO-Kulturerbe ernennen. «Wir holen doch nur ein paar vom Himmel herab, der noch immer voll ist von diesem Federvieh», sagen sie trotzig. Sedonati kennt diesen Standpunkt, doch sie schüttelt den Kopf: «Das alles ist nicht rechtens, und nur darauf kommt es an. Dem Vogel ist es egal, wer ihn fängt.»

Die Aktionen der Vogelschützer wie auch die Polizeipräsenz in den Fanggebieten tragen ohne Zweifel dazu bei, dass die Zahl der auf Zypern illegal gefangenen Vogel stetig zurückgeht. Doch die Jagd geht weiter. Und sie wird wohl erst enden, wenn der illegale Vogelfang ins Bewusstsein der zypriotischen Bevölkerung rückt und die Wilderei auch gesellschaftlich schärfer sanktioniert wird. Andernfalls wird man sich auch in Zukunft auf eine Tradition berufen, um den Tod von Hunderttausenden Singvögeln zu rechtfertigen. Das weiss auch Carmen Sedonati. Sie sagt: «Solange die Jagd weitergeht, werden wir wiederkommen.» //

Sprossen werden häufig als Superfood bezeichnet. Zu Recht, denn sie enthalten zahlreiche Vitalstoffe und stärken so unser Immunsystem.

frances und remo vetter*

Es sprosst

Die perfekte Ergänzung zum Wintergemüse sind Keimlinge und Sprossen. Sie sind der perfekte Frischekick, knackig, schmackhaft und reich an Enzymen, Proteinen, Mineralstoffen und natürlichen Vitaminen.

Das ganze Jahr über lassen sie sich kinderleicht selber ziehen.

Text: Frances Vetter

Im Winter sehnen wir uns ganz speziell nach frischem Obst und Gemüse, denn unser Organismus hat jetzt einen erhöhten Bedarf an abwehrstärkenden Vitaminen. Keim- und Grünsprossen sind in dieser dunklen Jahreszeit die idealen Lieferanten dazu. Sie schmecken würzig, sind leicht selbst zu ziehen und decken unseren Energiebedarf wie kaum ein anderes Gemüse. Sprossen werden häufig als Superfood bezeichnet. Zu Recht, denn sie enthalten zahlreiche Vitalstoffe und stärken so unser Immunsystem. Dazu gesellen sich wertvolle Faserstoffe, die den Darm gesund erhalten und für eine gute Verdauung sorgen. Sprossen werden aus Samen gezogen. Die Entwicklung beginnt mit der Quellung der Samen. Kommt das Samenkorn in Berührung mit dem Wasser, erwachen ungeheure Lebenskräfte. Enzyme werden aktiviert, die den Samen zum Keimen bringen und die den Stoffwechsel der Pflanze in Gang setzen. Die zuerst harten Samenkörner verändern ihre Struktur und setzen während des

Keimvorgangs Mineralien, Vitamine, Aminosäuren und sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe frei. So sind Nährwert und Enzymanteil von Sprossen um ein Vielfaches höher als bei nicht gekeimten Samen. Wir sollten Bohnen, Linsen und Co. also öfters mal spriessen lassen. Durch den Verzehr der Sprossen aktivieren die Enzyme unseren Organismus und helfen ihm so dabei, die mit der Nahrung aufgenommenen Nährstoffe effektiver und besser zu verdauen. Ein Wintersalat mit verschiedenen Sprossen enthält im Vergleich zum einfachen Salat also nicht nur ein Mehrfaches an Vitaminen, Proteinen und Pflanzeninhaltsstoffen – unser Körper kann die Nährstoffe auch besser verwerten.

Viele Arten sind geeignet

Keimsprossen sind die ersten Austriebe von keimenden Gemüse- oder Getreidesamen. Man kann sie ganz einfach selbst ziehen, was gerade im Winter ein grosser Vorteil ist, da die Auswahl an frischem, heimischem Gemüse doch etwas beschränkter ist als in der warmen Jahres-

zeit. Man braucht dazu keine grosse Ausrüstung und das Saatgut ist günstig. Keimsprossen wachsen schnell und müssen nach der Ernte weder gewaschen, geschält noch geschnitten werden. Wir geben sie über Salate und in Suppen und Wok-Gerichte oder aufs Butterbrot. Auch Smoothies bekommen durch Sprossen einen ganz besonderen Pfiff.

Fast jeder hat wohl schon selbst einmal Kressesamen keimen lassen. Neben der Kresse gibt es aber noch eine grosse Zahl von Gemüse- und Getreidearten, die sich ebenfalls gut für die Anzucht von Sprossen eignen. Einige Beispiele dafür sind Amaranth, Bockshornklee, Broccoli, Buchweizen, Erbsen, Gerste, Hafer, Karotten, Kohl, Lein, Linsen, Mungbohnen, Radieschen, Rauke, Rettich, Roggen, Senf, Sesam, Sojabohnen und Sonnenblumenkerne. Von Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln und Tomaten

* Frances und Remo Vetter sind als freischaffende Gartengestalter, Referenten und Buchautoren unterwegs.

Gartenarbeiten im Februar

Ziergarten

● Im frostfreien Gewächshaus Sommerblumen aussäen, z. B. Begonien, Geranien, Nelken, Petunien, Salbei, Verbenen.

hingegen sollte man wegen des giftigen Inhaltsstoffs Solanin die Finger lassen. Auch von Gartenbohnen raten Experten ab, weil das darin enthaltene Phasin erst nach fünfzehnminütigem Erhitzen entschärft wird. Apropos Hitze: Hitzebehandlungen wie das Blanchieren sollten vermieden werden, da die Keimlinge viel von ihrer Vitalität verlieren und schneller verderben. Ausnahme: Keimlinge von Soja- und Mungbohnen sowie Kichererbsen und Erbsen dürfen kurz im Wok angedünstet werden.

Sprossen selber ziehen

Die Ausstattung für die Anzucht ist simpel: ein geeignetes Gefäss, Wasser und frisches Saatgut. Eine gängige und günstige Variante ist ein Schraubglas, das mit einem durchlöcherten Deckel oder mit einem Stück Tüll abgedeckt wird. Im Handel gibt es auch diverse Keimgeräte zu kaufen, die die Sprossen in regelmässigen Abständen automatisch mit Wasser versorgen und durchspülen. Doch egal, welches Gefäss man verwendet: Wichtig ist, dass die Öffnungen in der Abdeckung des Gefässes nicht zu gross sind, da sonst die Samen beim Spülen herausfallen können.

Auch das Prinzip der Sprossenanzucht ist simpel: Als Erstes füllt man die sauberen Gläser mit einer Handvoll Saatgut. Am besten eignet sich frisches Biosaatgut, denn es ist nicht behandelt und keimt zuverlässig. Pro Glas lässt man am besten immer nur eine Sprossenart keimen, da die Keimzeit der verschiedenen Arten unterschiedlich lang ist. Anschliessend gibt man die vierfache

Sprossen schmecken würzig, sind leicht selbst zu ziehen und decken unseren
Energiebedarf wie kaum ein anderes Gemüse.

Menge Wasser dazu und deckt das Glas mit einem mit Löchern versehenen Deckel oder mit Tüll ab. Das Saatgut beginnt nun zu quellen und dehnt sich dabei aus. Die Quellzeiten liegen je nach Art zwischen 4 und 12 Stunden. Ist der Prozess des Quellens abgeschlossen, giesst man das übrige Wasser ab und spült die Samen mehrfach mit frischem Wasser. Nach der letzten Spülung legt man das Glas auf die Seite. Nun beginnen die Sprossen zu keimen. Während des Keimvorgangs müssen die Keimlinge Tageslicht bekommen. Dennoch ist ein Platz in der direkten Sonne nicht optimal, denn die Sprossen könnten an einem nach Süden ausgerichteten Fensterplatz verbrennen. Für uns am besten geeignet ist der helle Arbeitsplatz in der Küche.

● Manche zwei- und mehrjährigen Stauden wie Bartnelke, Kokardenblume, Mädchenauge oder Stockrose blühen bereits im ersten Sommer, wenn sie jetzt gesät werden.

● Bei günstiger Witterung den Gartenboden für erste Kulturen vorbereiten. Unkraut, das jetzt entfernt wird, spart viel Jätarbeit im Sommer!

● In Schalen, Töpfen und im Garten bei frostfreiem und abgetrocknetem Boden Gänseblümchen, Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht sowie Gehölze und Stauden pflanzen.

● Der Winterschnitt von Sträuchern und Gehölzen erfolgt an frostfreien Tagen. Voraussetzung für einen perfekten Schnitt ist gutes, scharfes Werkzeug!

● Kaltkeimer wie Edelweiss, Eisenhut, Enzian, Küchenschelle und Trollblumen säen.

Nutzgarten

● Im frostfreien Gewächshaus und im Treibbeet Blumen- und Kopfkohl, Broccoli, Frühlingssalat, Lauch, Sellerie, Tomaten und Zwiebeln säen.

● Bei günstiger Witterung Puffbohnen und Gartenkerbel direkt ins Freie säen.

● Je nach Lage kann man unter Folie im Freiland auch schon erste Gemüse wie Erbsen, Radieschen, Karotten oder Spinat säen und Salat- und Kohlrabi-Setzlinge setzen.

● An frostfreien Tagen Beerensträucher auslichten.

Eine normale Zimmertemperatur ist für die meisten Arten zum Keimen ideal. Während des Keimens brauchen Sprossen Luft und Feuchtigkeit. Man spült sie deshalb zwei- bis dreimal täglich mit frischem, lauwarmem Wasser. Das Spülwasser schüttet man ab. So bleiben die Sprossen feucht, liegen aber nicht im Wasser. Das ist wichtig, denn sonst schimmeln sie leicht. Wir haben es uns angewöhnt, das Wässern jeweils während der Vorbereitung der Mahlzeiten zu erledigen. So geht es nicht vergessen.

Die Keimzeit hängt nicht nur von der Art der Sprossen ab, sondern auch davon, in welchem Stadium man sie am liebsten mag. Erfahrungsgemäss liegt sie zwischen zwei und acht Tagen. Die Sprossen werden in dieser kurzen Zeit einige Zentimeter lang. Sind sie gross genug, schüttet man sie in ein Sieb und spült sie gründlich mit klarem Wasser. Keimsprossen isst man am besten sofort. Im Kühlschrank kann man sie, abgedeckt mit einem feuchten Tuch, zwei bis drei Tage lagern.

Microgreens –das Minigemüse

Einige Sprossen schmecken ausgesprochen scharf. Sie enthalten Senföle. Diese können eine hemmende Wirkung auf Viren und Bakterien haben und wirken deshalb positiv bei Infektionen. Sprossen von Hülsenfrüchten enthalten Saponine. Auch sie wirken immunstärkend, entzündungshemmend, zudem harntreibend und schleimlösend; ausserdem unterstützen Saponine unseren Organis-

mus im Kampf gegen Viren und Pilze. Sojabohnenkeimlinge sind bekannt für ihre entzündungshemmenden Flavonoide, ausserdem können sie positiv auf den Cholesterinspiegel und den Blutdruck wirken. Sonnenblumenkerne und Leinsamen wiederum können helfen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren.

Neben den Keimsprossen gibt es Grünsprossen, auch Microgreens genannt. Sie unterscheiden sich von den Keimsprossen durch ihre ausgewachsenen grünen Keimblätter. Grünsprossen sind einige Tage älter als Keimsprossen und werden in Kunststoffkistchen, Aluschalen oder dergleichen auf Erde oder Trägermaterial wie Watte, Küchenpapier oder speziellen Kulturmatten kultiviert. Zur Ernte schneidet man Grünsprossen oberhalb der Wurzeln oder erntet sie mitsamt den Wurzeln. Es ist wichtig, die Gefässe vor der Anzucht gut zu reinigen, um den Befall mit Krankheiten zu verhindern. Wählt man Erde als Substrat, ist Bio-Anzuchterde zu empfehlen.

Und so geht es

Zunächst füllt man die Gefässe mit einer 1–2 cm dicken Schicht Erde. Alternativ legt man sie mit Watte, Küchenpapier oder Kulturmatten aus. Die Unterlage wird gut angefeuchtet, ohne sie zu durchtränken, denn sonst steigt die Schimmelgefahr. Grosse Samen wie Linsen, Erbsen, Bohnen oder Sonnenblumen weicht man über Nacht in lauwarmem Wasser ein und spült sie vor der Aussaat mit klarem Wasser ab. Dann legt man die Samen dicht an dicht auf die Unterlage. Da schon

im Keimblattstadium geerntet wird, brauchen die Sämlinge viel weniger Platz als im Gemüsegarten. Kleineres Saatgut wird in einem Küchensieb gut gespült, anschliessend auf die Unterlage gestreut und mit einem Haushaltspapier abgedeckt. Nun stellt man die Schalen ein bis zwei Tage ins Dunkle, bis die Keimlinge das Deckpapier nach oben drücken. Dann entfernt man das Papier, denn die Keimlinge benötigen nun unbedingt Tageslicht, um ihre Keimblätter entfalten zu können.

Wichtig ist es, während der ganzen Anzuchtzeit die Erde gleichmässig feucht zu halten, denn die Sprossen dürfen während ihrer Entwicklung nicht austrocknen. Doch auch zu viel Nässe tut den jungen Pflanzen nicht gut. Deshalb muss man überschüssiges Wasser unbedingt abgiessen. Nachdem sich die Keimblätter der Sprossen vollständig entfaltet haben, wachsen die sogenannten Primärblätter. Das ist der Zeitpunkt für die Ernte: Man schneidet die Sprossen einfach mit einer Küchenschere ab. Wachsen sie auf Watte oder auf Vlies, werden die Sprossen mitsamt den Wurzeln gezogen. Hängen noch Samenhülsen an den Keimblättern, kann man sie einfach entfernen, indem man die geernteten Sprossen in eine Schale mit kaltem Wasser legt. Die leichten Hülsen steigen dann an die Wasseroberfläche und lassen sich leicht abgiessen. Grünsprossen werden nach der Ernte am besten gleich frisch verarbeitet beziehungsweise direkt gegessen. Im Kühlschrank können sie ein bis zwei Tage gelagert werden. //

Von Streithähnen und Rechthabern

Darf mein Hund den Pöstler verbellen? Was tun, wenn Nachbars Tanne meinen Garten beschattet? Muss ich Schnee räumen? Soll ich jetzt Hecken schneiden? Und unter welchen Bedingungen darf ich im Sommer draussen die FussballEuropa meisterschaft anschauen? Haus-, Garten- und Tierbesitzer haben diverse rechtliche Vorschriften zu beachten. Die häufigsten Streitfälle im Überblick.

Text: Regula Heinzelmann

Im Winter sind Schnee und Eis häufig ein Problem für Haus- und Gartenbesitzer. Dabei gilt als Grundlage die strenge Haftung für Werk- und Grundeigentümer nach OR Art. 58. Im Prinzip muss man eine Liegenschaft so unterhalten, dass kein Schaden für Dritte entsteht. Das bedeutet: Mindestens zwischen 7 und 21 Uhr sollte man an zugänglichen Wegen Schnee und Eis entfernen. Das Bundesgericht hat einen Fall behandelt, bei dem eine Frau auf einem Parkplatz gestürzt war und sich verletzt hatte. An dem betreffenden Tag ist der Regen in Schneeregen übergegangen und auf dem Parkplatz hat sich Eis gebildet. Die unvollständige Schneeräumung, das fehlende Salzen oder Sanden nach der Eisbildung und auch das Fehlen eines Warnsignals (Sturzgefahr!) galten nach Bundesgericht als Unterhaltsmangel im Sinne von Art. 58 OR. Ein sogenannter Werkmangel liegt dann vor, wenn ein Werk bei bestimmungsgemässem Gebrauch oder bei einer vorhersehbaren Fehlnutzung keine genügende Sicherheit

bietet – und zwar unabhängig davon, ob sich ein Geschädigter im konkreten Fall unvernünftig verhalten hat oder nicht. Nach Bundesgericht müssen die Sicherheitsvorrichtungen und die Kosten dafür indes in einem vernünftigen Verhältnis zum Schutzinteresse der Benützer und zu dem Zweck des Hauses respektive seiner Bewohner stehen. In Mietverträgen sollte vereinbart sein, ob die Mieter Reinigungsarbeiten, z. B. Schneeschaufeln, zu erledigen haben. Steht dies so in der Hausordnung, muss der Mietvertrag einen Hinweis enthalten, dass diese Arbeiten ein Bestandteil des Mietvertrages sind. In solchen Fällen ist es gerecht, wenn alle Mietparteien das Schneeschaufeln usw. abwechselnd oder zumindest gleich oft erledigen.

Wichtig: Wenn Kinder ohne Erlaubnis in den Garten gelangen können, wenn dessen Eigentümer abwesend ist, empfehlen Fachleute, bauliche Schutzvorkehrungen zu installieren, wenn ein Teich oder ein Schwimmbecken vorhanden ist, z. B. einen Zaun mit abschliessbarer Tür.

(Geschützte) Hecken schneiden

Wenn es nötig ist, Hecken zu beschneiden, sollte man das vor dem März erledigen. Später könnten sonst brütende Vögel und andere Tiere geschädigt werden. Als Richtlinie gilt, dass man zwischen 1. März und 30. September die Hecken in Ruhe lassen sollte.

Ein pensionierter Landwirt wurde im Oktober 2019 vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland schuldig gesprochen, weil er im Jahr 2017 über die Hälfte seiner Hecke abgeschnitten hatte. Dafür wäre laut Gericht eine Bewilligung notwendig gewesen. Formaljuristisch ist das richtig: Das Berner Naturschutzgesetz Art. 27 schreibt vor, dass Hecken und Feldgehölze in ihrem Bestand geschützt sind. Über Ausnahmen vom Beseitigungsverbot entscheidet der Regierungsstatthalter. Trotzdem ist es ein absurder Fall. Denn das Gericht hatte in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Hecke heute in bedeutend besserem Zustand ist als vor zwei Jahren. Sogar eine Rotrückenwürger-Familie habe sich eingenistet, argumentierte der Besitzer vor Gericht. Das deute darauf hin, dass die Biodiversität der Hecke intakt sei und diese somit in ihrem Bestand erhalten wurde. Das Gericht ist nicht darauf eingegangen.

Schatten, Laub und die schöne Aussicht

Im Nachbarschaftsrecht (ZGB Art. 684) ist vorgeschrieben, dass man übermässige Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn vermeiden sollte. Das ist relativ schwammig formuliert. Massgebend ist grundsätzlich, wie die durchschnittliche Bevölkerung eine Störung empfindet.

Das kantonale Nachbarrecht findet man normalerweise in den Einführungsgesetzen zum Zivilgesetzbuch. In der Gemeindeordnung werden unter anderem die Ruhezeiten festgelegt. Diese Vorschriften werden im Interesse der Allgemeinheit erlassen und sind grundsätzlich zwingender Natur.

Die Vorschriften, welche Abstände für Bäume und Sträucher gelten, sowie die Maximalhöhen bei Sträuchern und Hecken regeln die Kantone und zwar in den Einführungsgesetzen zum Zivilgesetzbuch. Die Regelungen sind kantonal oft sehr unterschiedlich.

Im Nachbarrecht unterscheidet man bei Pflanzen zwischen materiellen Immissionen wie Nadeln oder Laub und Immissionen wie Lichtentzug. Wurzeln und Äste, die vom Nachbargrundstück hinüberragen, gelten als direkte Eingriffe. Ergeben sich dadurch zu viel Schatten, Feuchtigkeit oder eine starke Behinderung der Aussicht, können die Nachbarn die Beseitigung verlangen. Das gilt auch bei Geruchsbelästigung, z. B. durch Komposthaufen. Am besten spricht man zuerst mit den Nachbarn über das Problem. Nützen weder Gespräch noch eingeschriebener Mahnbrief mit angemessener Fristsetzung, gilt ZGB Art. 687 bzw. die kantonale Regelung nach ZGB. Art. 688. In den meisten Kantonen können die Geschädigten das sogenannte Kapprecht ausüben, also überragende Äste und eindringende Wurzeln wegschneiden lassen. Der Beseitigungsanspruch unterliegt in den meisten Kantonen einer Verjährung. Mit der Mahnung sollte man also nicht zu lange warten. Nach einem Bundesgerichtsentscheid muss man beweisen, dass man rechtzeitig protestiert hat.

Auch beim Kapprecht gilt, dass man Bäume und Sträucher nur von Oktober bis März zurückschneiden darf. Wenn ein Nachbar die in sein Grundstück hineinragenden Äste duldet, hat er als Ausgleich das Recht, die Früchte zu pflücken (Anriesrecht). Auch dies ist kantonal geregelt.

Voraussetzung für das Kapprecht sind nach Rechtsprechung erhebliche Schädigungen durch überragende Äste oder eindringende Wurzeln. Voraussetzung ist, dass der Geschädigte dem Nachbarn eine ausreichende Frist gesetzt hat, um den Schaden zu beseitigen. Die Entfernung der störenden Pflanzenteile muss sorgfältig ausgeführt werden, damit die Pflanzen nicht beschädigt werden, wenn nötig durch eine Fachperson. Wer diese zu bezahlen hat, ist im Gesetz nicht geregelt. Der Geschädigte kann sich auf das allgemeine Schadenersatzrecht OR Art. 41 berufen, nach dem der Nachbar respektive seine Haftpflichtversicherung die Fachperson zu finanzieren hat. Am besten kündigt man das dem Nachbarn schon im Mahnschreiben an. Herbstlaub gilt nur in Ausnahmefällen als übermässige Immission. Man sollte aber trotzdem dafür sorgen, dass die Nachbarn nicht daran gehindert werden, ihre Wege oder den Garagenvorplatz zu benützen, vor allem wenn es nass und glitschig wird. In schweren Fällen können die Nachbarn die Entsorgung der Blätter verlangen (ZGB Art. 679).

Den Naturschutz berücksichtigen

Die Regelungen des Naturschutzes sind bei der Gartenpflege zu berücksichtigen, d. h. konkret das Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG) und die Verordnung (NHV). In dieser findet man auch eine Liste der in Bund und Kantonen geschützten Pflanzen und Tiere. Das unberechtigte Pflücken, Ausgraben, Verkaufen, Kaufen oder Vernichten von wildlebenden Pflanzen und geschützten Tieren ist verboten (NHV Art. 20). Beispielsweise gelten alle Amphibien als geschützte Tiere. Es ist untersagt, Tiere dieser Arten zu töten, zu verletzen oder zu fangen sowie ihre Eier, Larven, Puppen, Nester oder Brutstätten zu beschädigen, zu zerstören oder zu entfernen (NHV Art. 20). Das bedeutet, dass man Molche im Gartenteich nicht fangen darf. Auch das Wasser in einem Teich auszupumpen ist nicht erlaubt, wenn darin Kaulquappen leben. Die zuständige Behörde kann jedoch Ausnahmebewilligungen erteilen.

Zu den geschützten Tieren, die man nicht umsiedeln darf, gehören neben Amphibien nach NHV Art. 20 auch

SCHUTZ | Können Kinder unbeaufsichtigt in den Garten mit Teich oder Pool gelangen, sollten die Besitzer einen Zaun montieren.

BEUTEGREIFER | Katzen gelten als nicht domestizierbar. Deshalb müssen Besitzer in der Regel nicht für Schäden haften. Sie sollten ihren Lieblingen aber den Zugang zu Nistplätzen von Vögeln und zu Amphibien- und Reptilienstandorten erschweren.

Juristische Tipps

● Säubern Sie im Winter mindestens die leicht zugänglichen Wege in Hof und Garten regelmässig von Schnee und Eis.

● Gegen Schneerutsch vom Dach montiert man am besten Schneefänger.

● Hecken schneiden sollte man nur in der Zeit von Anfang Oktober bis Ende Februar.

● Sorgen Sie dafür, dass Ihre Haustiere niemanden übermässig belästigen oder schädigen.

● Berücksichtigen Sie die Vorschriften über geschützte Pflanzen und Tiere. Die Liste finden Sie in der Verordnung über den Natur- und Heimatschutz (NHV) auf www.admin.ch

● Achten Sie darauf, dass Ihre Bäume und Sträucher den Nachbarn nicht das Licht wegnehmen oder in den Nachbargarten hinüberragen. Sind sie selber davon betroffen, reklamieren Sie rechtzeitig und wenn nötig so, dass Sie es beweisen können, z. B. per E-Mail oder Einschreiben.

● Achten Sie bei Gartenfesten darauf, dass die Nachbarn nicht durch Grillgerüche und übermässigen Lärm gestört werden. Die Ruhezeiten der Gemeindeordnung sind zu beachten.

● Achten Sie nachts auf ausreichende Beleuchtung, am besten mit Bewegungsmelder.

● Bei Dekorationsbeleuchtungen sollte man die Gemeindeordnung beachten, nach der diese beispielsweise zwischen 22 und 6 Uhr ausgeschaltet sein müssen.

Käfer, Libellen und sonstige Insekten. Auch zahlreiche Wespen- und Bienenarten, die nicht auf der Liste stehen, gelten als gefährdet. Wenn sich im Haus oder Garten ein Hornissen- oder Wespennest befindet, das z. B. Kranke oder kleine Kinder gefährdet, kann man das Nest von einer Fachperson umsiedeln lassen (z. B. www.hornissenschutz.ch).

Insektenhotels sind Nist- und Überwinterungshilfen für Insekten. Es ist erlaubt, solche aufzuhängen. Das wird von Umweltverbänden sogar empfohlen. Die Insektenhotels sollten so angebracht werden, dass die Bewohner niemanden belästigen. Besonders wenn darin geschützte Tiere nisten, ist ein Standortwechsel zu vermeiden.

Haftung für Haustiere

Tierhalter haften für das Verhalten ihrer Tiere. Auch sie sollen die Nachbarn nicht belästigen. Vor allem auf dem Land bellen viele Hunde schon aggressiv, wenn man nur auf

dem Trottoir vorbeigeht. Das ist rücksichtslos und sollte man den Tieren abgewöhnen. Wenn die Hunde sogar angreifen, wird der Tierhalter haftbar (OR Art. 56). Katzen gelten im Gegensatz zu Hunden als nicht domestizierbar, sodass ihre Besitzer in der Regel nicht für Schäden haften müssen. Trotzdem, wenn eine Katze immer wieder Schäden anrichtet, sollte man sie um des Friedens willen wohl besser möglichst im Haus behalten.

Um andererseits Katzen aus seinem Garten fernzuhalten, kann man Pflanzen einsetzen, z. B. Weinrauten oder die sogenannte «Verpiss-dich-Pflanze» aus der Gattung der Harfensträucher, deren Duftstoffe Katzen vertreiben soll. Man kann auch Ultraschallgeräte verwenden, allerdings nützen sie nur bedingt – es scheint, dass sich die Katzen daran gewöhnen. Von unsichtbaren Drähten oder gar Elektrozäunen ist abzuraten. Daran können sich Mensch und Tier verletzen.

Licht gezielt einsetzen

Wichtig ist eine ausreichende Beleuchtung des Grundstücks aus Sicherheitsgründen, sonst könnte bei einem Unfall die Werkhaftung gelten. Zu diesem Zweck montiert man am besten Lichtquellen mit Bewegungsmeldern. Für Dekorationsbeleuchtungen von Häusern und Grundstücken gilt, dass Lichtstrahlen so zu begrenzen sind, dass Menschen, Tiere und Pflanzen in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich gestört werden. Massgebend ist auch in diesem Fall, wie die durchschnittliche Bevölkerung eine Störung empfindet. Das Licht sollte aber nicht in den Garten oder zum Haus der Nachbarn leuchten.

Der Geschmack spielt dabei übrigens keine Rolle. Wenn man beispielsweise die Weihnachtsbeleuchtung der Nachbarn kitschig findet, ist das kein Grund, sich zu beschweren. Für Weihnachtsbeleuchtungen akzeptierte das Bundesgericht sogar, dass vom 1. Advent bis zum 6. Januar die Lichter bis 1 Uhr Nachts (statt 22 Uhr) brennen dürfen.

Partys im Freien

Weihnachten sind ja nun vorbei. Doch die nächsten Feste kommen bestimmt. Diesen Sommer etwa die FussballEuropameisterschaften. Wer die Spiele draussen schauen möchte, lädt am besten die Nachbarn dazu ein. Ist das nicht möglich oder erwünscht, sollte man den Fernseher respektive Beamer nicht so laut einstellen, dass es die Nachbarschaft hört. Grillen im Garten oder auf dem Balkon ist prinzipiell erlaubt. Man muss aber darauf achten, dass möglichst wenig Rauch und Gerüche entstehen und keine Kohle- oder Holzpartikel bzw. Feuerfunken herumfliegen und womöglich in Wohnungen oder Häuser eindringen. Häufige Veranstaltungen in den Abend- und Nachtstunden mit entsprechendem Lärm gelten als übermässige Belästigung. Die Nachtruhezeiten der Gemeinde sind zu beachten. Auch für Feiern gilt das Nachbarschaftsrecht nach ZGB Art. 684; und auch gemäss Mietrecht (OR Art. 257f) muss man Rücksicht auf die Nachbarn nehmen. Andererseits kann man von Nachbarn eine gewisse Toleranz erwarten. Am besten ist es eh, wenn man eingebettet ist in die Quartier- oder Dorfgemeinschaft und ein gutes Verhältnis zu seinen Nachbarn pflegt. So kann man sich auch in schwierigen Situationen gegenseitig unterstützen. //

● Links siehe www.natuerlich-online.ch

Weiterbildung

Ernährungs-Psychologische Beratung IKP

Diese berufsbegleitende Weiterbildung umfasst Ernährungsfachwissen und psychologische Hintergründe des Essverhaltens. Nach dem Erwerb praxisnaher Kompetenzen in Ernährung und Psychologie können Sie mit einer ganzheitlichen Beratung Betroffene zu einem gesunden Essverhalten begleiten.

Weiterführende Infos: www.ikp-therapien.com

Entspannen

Tanz und Yoga in Finnland

Geniesse eine Woche mit Tanz, Yoga, Ruhe und Gelassenheit in der Abgeschiedenheit der Natur im Süden von Finnland. Die wunderbare Kombination der Tanztechnik Nia und Yoga hilft den Körper und sich selbst wahrzunehmen, was zu einem Gefühl von Kraft, Harmonie und Schönheit führt. kontakt@abru.ch

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Mit dem E-Mountainbike in die Natur

Neu: E-Mountainbike Reisen auf Naturstrassen! Entdecken Sie die schönsten Velorouten abseits von Asphaltstrassen im Sattel eines sportlichen E-Mountainbikes bereits ab Fr. 1060.–. Für noch mehr Fahrspass empfehlen wir Ihnen unsere Technikkurse. Infos, Reisedaten und Buchung: Telefon 056 484 84 84 oder www.twerenbold.ch/emtb

und weg

Lehrgang Elektrobiologie

Umfassende Ausbildung zum Mess-Spezialisten für Elektrobiologie

Start der Ausbildung: 28./29.April 2020. Lehrstoffe: Energieverläufe, Elektrosmog, elektrische und magnetische Felder, Messungen im Innen- und Aussenbereich, Handystrahlen 5 G, erfolgreiche Abschirmungen vornehmen können, was ist die Gefahr für unsere Gesundheit? Was bedeutet das alles für unser Lebenselixier Wasser? Und was bedeutet es für unser Körperwasser? Entscheidende Zusammenhänge naturwissenschaftlich auf dem neusten Stand.

Telefon 041 914 11 00 www.spini.ch

Vortrag

Alltag ohne Stress

Wir leben in einer Gesellschaft, in der alles schnell gehen sollte. E-Mails, WhatsApp, Instagram: Alles sollte schnell beantwortet werden. Wir führen ein von Stress geprägtes Leben, das in Krankheiten enden kann. An diesem Abend entdecken Sie Möglichkeiten, wie Sie diesem Stresskreislauf entfliehen können. Vortrag «Alltag ohne Stress» am Mittwoch, 12.2.2020, 18 bis 21 Uhr.

NHK Institut, Zürich, Anmeldung: Telefon 043 499 92 82, www.nhk.ch/campus/alle-startdaten

Kurs

Yoga und Meditation

Wir erkunden und erleben verschiedene Yoga-Arten, welche durch Achtsamkeitsübungen und Meditationen abgerundet werden. Durch die Auszeit vom Alltag ermöglichen Sie sich Raum zu schaffen für kreativen und heilsamen Energiefluss in Ihrem Leben. Kurs Samstag (9 bis 17 Uhr) und Sonntag (9 bis 16 Uhr), 8./9. Februar 2020.

NHK Institut, Zürich, Infos und Anmeldung: Telefon 043 499 92 82, www.nhk.ch/campus/alle-startdaten

Yoga und mehr Wohlfühlen und Geniessen im Tessin

Die Casa Santo Stefano im malerischen Dorf Miglieglia umfasst zwei historische und stilvoll renovierte Tessinerhäuser. Gelegen an einem herrlichen Sonnenhang, in einem wildromantischen Wandergebiet mit Kastanienwäldern und Wasserfällen. Eine Auswahl aus unserem Kursprogramm 2020

8.3.–14.3. Fasten und Yogawoche

14.3.–20.3. Fasten und Yogawoche

22.3.–27.3. Yoga und Wanderferien

5.4.–9.4. Yoga und Wandern

18.4.–24.4. Yoga und Wanderferien 9.5.–10.5. Wildkräuterkurs

10.5.–15.5. Yoga und Qi Gong 6.6.–11.6. Yoga und Wanderferien 11.6.–14.6. Thai Yoga Massage 19.7.–26.7. Sommer-Yogaretreat Infos und weitere Ferienangebote: Casa Santo Stefano, Miglieglia Telefon 091 609 19 35 www.casa-santo-stefano.ch

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Wohlbefinden

Winterhaut richtig pflegen

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LESETIPP

Sinnliches Lesevergnügen

Hören Sie das Gras wachsen? Sehen Sie Gespenster? Riechen Sie den Unterschied? Und überhaupt: Können wir uns auf unsere fünf Sinne verlassen? Zwölf Autoren berichten über neuste wissenschaftliche Erkenntnisse, erklären die Evolution der Sinne und sinnieren über die Revolution der Sinneserweiterung. Eine kurzweilige Lektüre mit viel Erkenntnisgewinn für alle, die einen Sinn für die Wunder der Natur haben.

René Donzé, Franziska Pfister (Hg.) «Die Kraft der Sinne. Wie wir sehen, hören, tasten, riechen, schmecken», NZZ Libro 2019, ca. Fr. 48.–www.nzz-libro.ch

Gesund schlafen

Natürlich zuhause leben allnatura ist ein Familienunternehmen, das auf 35 Jahre Erfahrung im ökologischen Bereich zurückgreifen kann, und bietet hochwertige, nachhaltige Produkte für ein natürliches Zuhause zu fairen Preisen. Die unabhängig schadstoffgeprüften Rohstoffe werden von allnatura in Manufakturen zu Matratzen, Bettwaren und Massivholzmöbeln gefertigt.

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Verdauung

Blähungen und Bauchschmerzen müssen nicht sein

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Lösung des Rätsels aus dem Heft 12-2019 Gesucht war: Schnee

Die Heilkräfte einheimischer Wildkräuter

Wettbewerbstalon

Vorname Name

Strasse PLZ / Ort

Lösung

Und so spielen Sie mit:

Senden Sie den Talon mit der Lösung und Ihrer Adresse an: AZ Fachverlage AG, «natürlich», Neumattstrasse 1, 5001 Aarau. Schneller gehts via Internet: www.natuerlich-online.ch/raetsel

Teilnahmebedingungen:

Einsendeschluss ist der 24. Februar 2020. Die Gewinner werden direkt benachrichtigt. Eine Barauszahlung ist nicht möglich. Über diese Verlosung wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Gewinnen Sie!

5 x Wolf Dieter Storl «Heilkräuter und Zauberpflanzen» im Wert von je Fr. 24.90

Die Mär von der notwendigen Jagd «natürlich» 10-19, Editorial

Im Editorial der Oktoberausgabe sinniert Herr Kellenberger über die Jagd und das Fleischessen. Leider kam da ein Wunschdenken zum Vorschein: Er schrieb von den «echten» Jägern, denen die Natur am Herzen liege und die ja nur jagen, damit das Gleichgewicht zwischen Tierbestand und Zivilisation erhalten bleibe. Das ist eine alte Mär, die die Jäger immer wieder hervorbringen, um ihr Tun zu rechtfertigen. Natürlich ist es für die Tiere enger geworden. Wir Menschen haben ihnen zu viel Land weggenommen; so müssen sich die Rehe in die Wälder zurückziehen, obwohl Wiesen und Waldränder ihr natürlicher Lebensraum wären.

Die Jagd bringt noch mehr Unordnung in die Natur: Sie zerstört natürliche Gruppengefüge, z. B. bei den Wildschweinen, und die Tiere vermehren sich nach Abschüssen unkontrolliert weiter. Es gibt wissenschaftliche Studien, die belegen, dass die gesamte Natur die Fähigkeit hat, sich selbst zu regulieren. Voraussetzung bei den Tieren dafür ist jedoch, dass ihr soziales Gefüge erhalten bleibt und sie in ihrer Art nicht gefährdet sind.

Wenn man die Jäger selbst nach ihrer Motivation zur Jagd befragt, geben viele zu, dass es vor allem ums «Beute-

machen» geht, um die Trophäe, und darum, dass sie bei der Jagd und beim Abschuss einen «Kick» verspüren, also einen Lustgewinn. Es ist höchste Zeit, ein solch unmoralisches Hobby zu verbieten!

Was Herr Kellenberger bei seinen Gedankengängen auch ausblendet: Gejagte Tiere sind edle Lebewesen, die bei der Jagd Stress und Todesängste erleiden. Wer von uns möchte denn gejagt und gehetzt werden? Wer möchte angeschossen werden und mit brutalen Verletzungen flüchten müssen, um dann irgendwo elendiglich zu sterben? Aber genau das sind leider allzu oft die Auswirkungen, wenn Jäger ihr blutiges Handwerk ausüben.

Cornelia Vonmoos, Kriens

Lymphe im Fluss

«natürlich» 10-19

Das Wort «unheilbar» gehört zu den gefürchtetsten Wörtern und ist extrem belastend. In der Oktoberausgabe des «natürlich» taucht es schon im Inhaltsverzeichnis auf, zudem gleich im ersten Satz des Artikels «Lymphe im Fluss». Streichen Sie das Wort «unheilbar» aus Ihrem Heft, weil es nicht wahr ist. Der Heiler Bruno Gröning sagte: «Es gibt kein unheilbar!» Und das ist sogar medizinisch bewiesen. Geben Sie Vertrauen und Hoffnung auf Heilung. Das passt zum Untertitel Ihres Heftes, «bewusst gesund leben». Es gibt Heilung auf geistigem Weg.

Annemarie Friemel, Rebstein

Anmerkung der Redaktion: Von Heilern wie Bruno Gröning distanziert sich das «natürlich» in aller Deutlichkeit, ebenso vom heute noch existierenden Bruno Gröning-Freundeskreis. Die Tätigkeit des 1959 verstorbenen Heilers Gröning und seines Freundeskreises hatte und hat sektenhafte Züge, wie auch die Beratungsstelle Infosecta.ch bestätigt. Wunder- respektive Spontanheilungen kommen auch bei aus medizinischer und naturheilkundlicher Sicht unheilbaren Krankheiten vor. Mit dem Glauben der Menschen an solche überaus seltenen Wunder aber Geld zu verdienen, ist aus unserer Sicht verwerflich.

Wissen macht Lust «natürlich» 12-19

I ch finde es fantastisch, dass «natürlich» das Thema Vulva aufs Tapet bringt, und das so lustvoll und feinfühlig – bravo! Das mangelnde Wissen über die weibliche Anatomie ist eine ernsthafte Angelegenheit. Es betrifft nicht nur das Sexualleben von Frauen, es betrifft uns alle. «Solange es kein wirkliches Wissen über die Beschaffenheit der weiblichen Sexualorgane gibt, bleibt der weibliche Körper ein ideologisches Schlachtfeld für (männliche) Phantasmen.» Das schreibt Martina Süess in ihrem ebenfalls sehr lesenswerten Beitrag «Gegen die ideologische Genitalverstümmelung», nachzulesen auf www. infosperber.ch. Ein, wie «Wissen macht Lust», grossartiger, längst überfälliger Artikel! Nicht nur, aber besonders für Männer. Anton Bertschi, per E-Mail

Knackig frisches Wintergemüse

«natürlich» 12-19

In der Dezemberausgabe behaupten Sie, dass Selbstversorger frisches Gemüse aus dem Garten geniessen. Das mag sein. Aber sicher keinen Blumenkohl, so wie er ganzseitig abgebildet ist. Zumindest nicht, wenn sie ihn nicht im beheizten Gewächshaus anbauen, was überhaupt nicht nachhaltig wäre. Denn Blumenkohl ist kein Wintergemüse! Er hat von Mai bis November Saison. Ein peinlicher Lapsus!

Anna Frey, Basel

Wie kommen Sie auf die Idee, dass Blumenkohl ein Wintergemüse ist? Ist es nicht! Zu den Wintergemüsen gehören zum Beispiel Lauch, Chicorée, China- und Grünkohl, Kürbis, Sellerie, Wirsing, Endivien, Chabis, Topinambur und Rosenkohl. Siehe Saisonkalender z. B. auf www.gemuese.ch.

Vera Flury, per E-Mail

Briefe an «natürlich»

Fragen, Anregungen, Lob oder Kritik sind willkommen. Die Leserbriefe müssen mit der vollständigen Adresse versehen sein. Die Redaktion behält sich vor, Briefe zu kürzen. Schicken Sie Ihren Brief per E-Mail, Post oder Fax an: leserbriefe@natuerlich-online.ch oder: «natürlich», Leserbriefe, Neumattstr. 1, 5001 Aarau, Fax 058 200 56 51

Bewusst

natürlich

40. Jahrgang 2020, ISSN 2234-9103

Erscheint 10-mal jährlich

Druckauflage: 22 000 Exemplare

Verbreitete Auflage: 16 672 Exemplare

(WEMF/KS beglaubigt 2019)

Leserschaft: 94 000 (MACH Basic 2019-2)

Kontakt: Alle Mitarbeiter erreichen Sie unter vorname.name@chmedia.ch www.natuerlich-online.ch

Herausgeber und Verlag CH Regionalmedien AG, Neumattstrasse 1

CH-5001 Aarau

Tel. +41 58 200 58 58, Fax +41 58 200 56 61

Geschäftsführer Publishing Jürg Weber

Geschäftsführer Fachmedien

Thomas Walliser

Verlagsleitung

Michael Sprecher

Redaktionsadresse «natürlich»

Postfach, CH-5001 Aarau

Tel. +41 58 200 56 50, Fax +41 58 200 56 44

Chefredaktor

Markus Kellenberger

Redaktionsteam

Andreas Krebs, Sabine Hurni (Leserberatung)

Autoren

Leila Dregger, Karl Jaspers, Stella Cornelius-Koch, Fabrice Müller, Klaus Petrus, Eva Rosenfelder, Lioba Schneemann, Vera Sohmer, Frances Vetter, Andreas Walker, Steven Wolf, Adrian Zeller, Noa Zenger

Grafik/Layout

Janine Strebel, Joel Habermacher, Fredi Frank

Copyright Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung durch den Verlag. Für unverlangte Einsendungen wird jegliche Haftung abgelehnt.

Anzeigenleitung

Dino Coluccia, Tel. +41 58 200 56 52

Anzeigenadministration

Corinne Dätwiler, Tel. +41 58 200 56 16

Leitung Werbemarkt

Jean-Orphée Reuter, Tel. +41 58 200 54 46

Leitung Marketing

Mylena Wiser, Tel. +41 58 200 56 02

Mediadaten unter www.natuerlich-online.ch/werbung

Aboverwaltung abo@natuerlich-online.ch

Tel. +41 58 200 55 62

Druck

Vogt-Schild Druck AG, CH-4552 Derendingen

Ein Produkt der CH Media AG

CEO: Axel Wüstmann www.chmedia.ch

Abonnieren und bewusst gesund leben

Einzelverkaufspreis Fr. 9.80

Abonnement 1 Jahr Fr. 86.–

Abonnement 2 Jahre Fr. 150.–Preise

Impfen. Immer neue Impfungen werden auf den Markt gebracht und gut behandelbare Kinderkrankheiten zu gefährlichen Seuchen hochstilisiert. Das Geschäft mit der Angst und wie Sie diese überwinden. Kulinarische Körperintelligenz. Das Angebot an Lebensmitteln war noch nie so vielfältig wie heute. Und doch leiden immer mehr Menschen unter ernährungsbedingten Störungen. Plädoyer für mehr Genuss statt Gewissensbisse. Homöopathie. Wirkt bei den Globuli nur der Placeboeffekt? Und was ist von Spagyrik und Bachblüten zu halten? Erleuchtung. Der Begriff Erleuchtung steht für das Überwinden des Egos und eine Verschmelzung mit dem Göttlichen. Oft sind wir ihr näher, als wir denken.

Frühblüher. Gärtner lassen jetzt alles liegen und geben sich voll der Gartenarbeit hin.

www.natuerlich-online.ch/abo-service

«natürlich» 03-20 erscheint am 27. Februar 2020

Kontakt /Aboservice: Telefon 058 200 55 62 oder abo@natuerlich-online.ch, www.natuerlich-online.ch

Madlen Federspiel

Ich fühle eine tiefe Wertschätzung vor dem Pflanzenwesen.

Hoch über dem Fluss Albula, an den Osthängen einer Gebirgskette, liegt das kleine Bündner Bergdorf Stierva. «Fern jeglicher Hektik habe ich auf dieser Sonnenterrasse inmitten von Wiesen und Wäldern eine idyllische Kindheit erlebt.» Eine Umgebung, welche die 28-jährige Madlen Federspiel tief geprägt hat. Zwar ist die Naturheilpraktikerin und Drogistin aus beruflichen Gründen schon länger ins Unterland gezogen – ihr Herz aber ist noch immer «doba» beheimatet. Kernig ist nicht nur ihr Bündnerdialekt: Die junge Frau, die bald zum ersten Mal Mutter wird, wirkt selber klar und frisch wie ein Bergquell.

«Früh schon eröffnete sich mir die Welt der Kräuter», erzählt sie. «Wir streiften durch die Bergwelt, sammelten Kräuter wie etwa den Schachtelhalm, der meiner Mutter so gut tat für ihre Nierenprobleme. Wie sehr liebte ich es, diese ‹Katzenschwänze› zu suchen. Auch in unserem Garten wuchsen viele Kräuter, die so herrlich dufteten.»

Ein anderer Beruf als Drogistin sei für sie nie infrage gekommen. In der Lehre aber merkte sie bald, dass ihr das Kräuterwissen der Drogistin bei Weitem nicht reichte: «Ich war enorm wissensbegierig, saugte alles auf, nahm an Kräuterwanderungen teil.»

Gleich nach der Lehre begann sie mit der Ausbildung zur Naturheilpraktikerin in Traditioneller Europäischer Medizin (TEN). «Ich wollte unser heimisches Kräuterwissen anwenden. Hier zu unseren

Füssen spriesst ein immenses Heilpotenzial, das nur darauf wartet, entdeckt zu werden.»

Wenn Federspiel eine Pflanze entdeckt, die sie noch nicht kennt, will sie unbedingt mehr über sie erfahren. «Gerade über ihre Erscheinung, in der sie sich zum Ausdruck bringt, erfährt man viel über das Wesen einer Pflanze. Ich arbeite deshalb gerne mit der Signaturenlehre.» Mit fast schlafwandlerischer Sicherheit spüre sie inzwischen, welche Pflanze mit welchem Menschen harmoniere. «Doch angekommen bin ich noch lange nicht», weiss sie. «Ich möchte noch viel mehr über die stille Welt der Heilpflanzen erfahren.» Ihrer tiefen Wertschätzung vor dem Wesen einer Pflanze gibt sie auch Ausdruck durch deren sorgfältige Verarbeitung. «Ich freue mich immer so sehr bei der Ernte. Und wenn ich Tee koche, Salben oder Tinkturen herstelle, wird mir jedes Mal bewusst, was für ein Schatz uns mit den Pflanzen doch geschenkt worden ist.»

Praktische Anwendungen wie Ausleiten, Schröpfen oder Massagen sind Teil ihrer Arbeit in der eigenen Naturheilpraxis, doch: «Es waren die Heilpflanzen, die mich riefen, und so ist es bis heute geblieben.» Wer in ihre Praxis kommt, wird mit einem Tee willkommen geheissen – gebraut aus den Kräutern ihrer Heimat, welche die Mutter mit grosser Freude für ihre heilkundige Tochter sammelt. Und wann immer sich Madlen Federspiel in Stierva aufhält, ist sie mit dem Sammelkorb unterwegs. «Hier oben auf unserem Maiensäss, wo man das Wasser am Brunnen holt, zuerst Feuer entfachen muss, bevor man seinen Kaffee oder Tee trinken kann, steht die Zeit still. Hier leben noch immer die Geschichten der Grossväter. Es ist mystisch in dieser Bergwelt. Irgendwie ist man hier dem Höheren näher.»

Auf dem Maiensäss wächst auch die Arve, die ihre Eltern für sie zur Geburt gepflanzt haben; und ihr ganz besonderer kleiner Johanniskraut-Strauch: «Kein anderes Johannisöl ist so wunderbar und so intensiv rot.» Noch vor Ort lege sie die Blüten im Sommer jeweils in Öl ein, lasse sie von der Bergsonne bescheinen und so die Heilkraft der sonnengelben Pracht extrahieren. «Hier oben ist mein Kraftquell, hier sind meine Wurzeln», fährt sie fort. «Gut möglich, dass die Pflanzen hier oben auch mich wiedererkennen.» Dass es etwas Feinstoffliches gibt, worauf Pflanzen reagieren, daran besteht für Federspiel kein Zweifel. Und von ganzem Herzen gibt sie das Geschenk der Pflanzen weiter – darauf vertrauend, dass für alle und alles ein Kraut gewachsen ist.

Eva Rosenfelder ist Autorin/ Journalistin BR und schreibt für verschiedene Schweizer Medien. In einer fortlaufenden Serie trifft sie für «natürlich» natur-heil-kundige Menschen.

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