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Vorwort

Wandern ist die beliebteste Sportaktivität. Zu diesem nicht ganz überraschenden Befund kam die Studie Sport Schweiz 2020. Gewandert wird von rund 57 Prozent der Schweizer Bevölkerung, im Schnitt an 15 Tagen pro Jahr. Tendenz steigend. Etwas überraschender dürfte sein, dass Wandern in sämtlichen Altersklassen auf Platz eins steht – die Lifetime-Sportart schlechthin. Und noch etwas aus der Studie fällt auf: Immer mehr Menschen verstehen Wandern als Sport.

Kein Wunder also, biegen sich die Regale in den Buchhandlungen unter der Last der Wanderführer. Unzählige weitere Tourenvorschläge für jede Region und jedes Bedürfnis finden sich im Internet. Zur Frage nach dem Wo gibt es also mehr als genug Antworten. Doch wie steht es mit dem Wie? Danach sucht man in den Regalen meist vergeblich. Es scheint, als bräuchte es fürs Wandern gar keine Anleitungen – «das kann man einfach». Dabei wäre eine gewissenhafte Auseinandersetzung mit dem Thema durchaus angebracht. Erst recht, wenn wir nicht bloss ein bisschen «laufen gehen», sondern Wandern als Sportart betreiben, mit einer (hoffentlich gesunden) Portion Ehrgeiz und dem Wunsch, uns auch mal an längere oder schwierigere Touren zu wagen.

Die Zahlen sprechen für sich: Gemäss Beratungsstelle für Unfallverhütung verunfallen beim Wandern in der Schweiz jedes Jahr über 30‘000 Personen, etwa 50 davon tödlich. Also nichts mit «das kann man einfach».

Ein Buch entsteht

Gerade unter Organisationen, die in der Wanderausbildung tätig sind, zeigte sich in den letzten Jahren ein zunehmendes Bedürfnis nach einem umfassenden Lehrbuch. Und so kam es, dass sich im Herbst 2020 eine kompetente Runde einfand und den Stein ins Rollen brachte. Mit dabei waren die Alpine Rettung Schweiz, Anniviers Formation, die Beratungsstelle für Unfallverhütung, die Naturfreunde Schweiz, Pro Senectute, Schweizer Alpen-Club, Schweizer Bergführerverband und Schweizer Wanderwege.

Für die eigentliche Arbeit wurde eine Arbeitsgruppe aus fünf Personen gebildet – jene, die auch diese Einleitung unterschreiben. Sehr rasch merkten wir allerdings, dass die ursprüngliche Vorstellung («bestehende Unterlagen und Merkblätter auftreiben, etwas anpassen, etwas ergänzen und zu einem Buch zusammenfügen») sehr blauäugig gewesen war, und dass uns deutlich mehr Arbeit erwartete. Kurz: Wir mussten ein völlig neues Buch erfinden. Manche Kapitel teilten wir uns auf, bei anderen suchten wir in Zweier- oder Dreierteams nach den richtigen Inhalten und Formulierungen. Die

Diskussionen kreisten oft um die richtige Flughöhe und Ausführlichkeit der einzelnen Kapitel, um Prioritäten, aber auch um Details bis hin zur korrekten Darstellung eines Seilknotens und der Frage, ob wir die gezackten Dinger für unter die Schuhe eher Grödel oder Spikes nennen wollten. Eine spannende Arbeit, mit vielen Sitzungen, Gesprächen und einem Berg von Mails.

Uns zur Seite stand ein Soundingboard aus Fachleuten der erwähnten Organisationen. Sie begleiteten den ganzen Prozesses, vom groben Inhaltsverzeichnis bis zu den Feinheiten der einzelnen Kapitel. Ihnen verdanken wir zahlreiche wertvolle Anregungen und Korrekturen. Weitere fachliche Unterstützung erhielten wir vom Bundesamt für Sport und von Profis aus den Bereichen Umwelt, Meteorologie, Recht, Ausrüstung, Ernährung und Medizin. Das Ergebnis dieser Teamarbeit liegt hiermit vor, verdichtet zwischen zwei Buchdeckeln.

Ziele und Inhalte

Lehrbuch fürs Selbststudium, Grundlage für Ausbildungen, Leitfaden für die Planung, Nachschlagewerk – das alles möchte dieses Buch sein. Im Vordergrund steht das konkrete, praxisnahe Wissen, das uns befähigen soll, möglichst sicher unterwegs zu sein. Dabei geht es natürlich um eine Verminderung des Unfallrisikos, aber nicht nur: Denn wer sicherer unterwegs ist, kann eine Wanderung auch entspannter geniessen. Wichtig war uns zudem, keine neuen Standards oder Normen zu verkünden und keine Zeigefinger zu erheben. Da und dort mussten wir zwar ein Ausrufezeichen setzen, aber «richtig» kommt im Text doch klar häufiger vor als «falsch».

Berg- und Alpinwandern – der Titel deckt ein weites Spektrum ab. Den Schwerpunkt legten wir auf Touren im Bereich T3 bis T5 gemäss SAC-Wanderskala, auf solche Schwierigkeiten sind die Inhalte ausgerichtet.

Bei der praktischen Umsetzung dürfen wir aber nicht vergessen, dass jede Tour ihre eigenen Gesetze hat. Wird uns die Orientierung zu schaffen machen? Heikle Felspassagen? Die Ausgesetztheit? Zu überquerende Wildbäche? Das Wetter? Oder eher die Gruppengrösse? Spätestens hier kommt die Erfahrung ins Spiel, die wir uns nur im Gelände aneignen können. Zu erkennen, wann welcher Planungsaufwand, welches Material und welche Vorsichtmassnahmen für eine bestimmte Tour nötig sind, gehört zu den grossen Herausforderungen beim Bergsport. Das Stichwort dazu heisst Eigenverantwortung. Und im Zweifelsfall eine Extraportion Vorsicht.

Eine gute Lektüre und viele erlebnisreiche, sorgenfreie Wanderungen wünschen

Marco Volken, Anita Rossel, Rolf Sägesser, Werner Stucki und Andreas Mathyer

Für Rückmeldungen: sac@weberverlag.ch

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