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Heilpflanzen

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Leseberatung

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Wunderpflanze Feuerdrachenschlange

Die Karde ist eine Heilpflanze voller Gegensätze. In ihr vereint sich das männliche Feuerelement mit dem weiblichen Wasserelement. Entsprechend kraftvoll stärkt sie die Immunabwehr und regt entgiftende Ausscheidungsprozesse an.

Hundstage nennt man in Europa die heissesten Tage des Jahres. Sie beginnen im August mit der Zeit der ersten Ernte und können sich bis in den September ziehen. Entsprechend ausgeprägt zeigt sich in diesen Wochen die Feuersqualität, die für geistiges Wachstum und Reife steht. Jetzt durchflutet das Feuerelement alles Lebendige auf dieser Erde und sorgt für Aktivität und Schöpferkraft. Das Feuer ist das männliche Prinzip, steht für das Feuer im Leben, die Flamme der Liebe, die Begeisterung und die Leidenschaft. Dazu gehören das Erkennen und die Bewusstwerdung seiner selbst – nicht umsonst sagen wir: «Wofür brennst du?» Ein Symbol für die Hundstage ist der Göttervater Odin. Für unsere Vorfahren war Odin der männliche Teil der Schöpferkraft. An seiner Seite begleiten ihn verschiedene tierische Helfer, zwei davon sind die Wölfe Gerry und Freki.

Eine wichtige helfende Pflanzenmedizin für die heisseste Zeit im Jahr ist die Karde. Die Karde besitzt die feurige Urkraft der grossen Mutter, der Feuerdrachenschlange Kundalini. Man erkennt den Feuerdrachen an den Blättern der Karde. Vorallem die Unterseite der Blätter wirkt wie ein Drachenschwanz. Als Gegenkraft zum Feuerdrachen berührt die Karde durch den grossen Wasserhaushalt die mondig-weibliche Gefühlsebene. Die Stacheln sind wiederum Mars, männlich, wärmend, extrovertiert. Bei dieser Pflanze kommt deutlich das Naturgesetz der Schöpfung zum Ausdruck, dass das Leben immer den Ausgleich im Gegenpool braucht.

Die zweijährige Karde blüht erst im zweiten Jahr.

Die Karde

Die Karde ist eine zweijährige Pflanze. Sie bildet im ersten Jahr eine Blattrosette mit einer starken Pfahlwurzel aus – das Nest mit Bodenhaftung. Es werden Nährstoffreserven angelegt, welche die Pflanze für die Wachstumsphase im zweiten Jahr benötigt. Erst im zweiten Jahr erreicht sie das Ziel, die Blüte. Dieser Prozess zeugt von Reife und Geduld. Entsprechend verleiht uns die Karde als Heilmittel Ausdauer und den nötigen Durchhaltewillen. Das Wesen der Karde erdet, verleiht Schutz und stärkt unsere*n innere*n Lichtkrieger*in. Sie unterstützt in Zeiten, wo «zähnefletschende Widerstände» uns das Leben schwer machen. Sie stärkt den Widerstand, ohne jedoch die Verbindung zum Herzen zu verlieren. Sodass wir bei überwältigenden Ereignissen die Ruhe im Chaos finden und einen kühlen Kopf bewahren.

Pflanzenmeditation

Im meditativen Zugang zur Karde nehme ich folgende Energie wahr: «In mir wirken die Wölfe des Odin, sie sind gierig und gefrässig. In ihren Streifzügen durch deinen Leib wirken sie als Leibwächter. Sie sind auf der Jagd nach all dem Wuchernden, dem Zersetzenden und dem Übermass. Auf natürliche Art und Weise regulieren sie die Bestände deines Ökosystems. Sie jagen hinaus, was nicht nach innen gehört. Schädigende Organismen sowie hinkende Verhaltensmuster werden über den Rand deines Revieres nach aussen gedrängt. Erkenne, was oder wer Gifte in dich einfliessen lässt und dich deiner Lebensenergie beraubt. Wo stellst du dich als Opfer oder Täter*in zur Verfügung und wo besteht Abhängigkeit. Fühlst du dich oft manipuliert von Stimmungen oder selbstbewussten Persönlichkeiten? Neigst du dazu, dich undurchschaubar zu machen, unberührbar zu sein, weil du es für sicherer haltest einen abwehrenden Eindruck zu erwecken? Ich vermag deine Sensitivität gegenüber deinen Mitmenschen auf eine Art und Weise zu öffnen. Ich helfe dir, dass deine Individualität für dein Umfeld wahrnehmbar wird. Mit meiner Hilfe wirst du dich sicherer fühlen und deine Schutzmechanismen dürfen sich auflösen. Ich begleite dich ein Stück deines Pfades, damit du lernst, mit deiner eigenen Sensitivität umzugehen. Wage den Schritt aus der Isolation deiner Höhle in ein aktives, feinfühliges Leben mit dem nötigen Mass an Biss.»

Von Kugelkopf bis Fuss

In den dichten, strahligen und stacheligen Igelköpfen der Karde erkenne ich die Verbindung zum Kopf. Daher verwende ich sie bei chronischen Kopfschmerzen und Migräneanfällen. Auch als Begleitmittel bei Hirnhautentzündungen ist sie zu empfehlen. Sie hilft den Kopf freizumachen bei kreisenden Gedanken, einem Verlust geistiger Klarheit und bei Depressionen. Die Karde unterstützt und auch, versöhnlicher und weicher mit uns selbst umzugehen. Sie erweicht die Stacheln, die wir gegen uns selbst richten. Sie verschafft Abstand vor angstvollen Gedanken und öffnet uns für die Botschaften aus dem Kosmos.

Ein auffallendes Zeichen der Karde sind die Anwachsstellen, wo die Blätter dem Stängel entspringen. Sie wachsen paarweise zusammen und bilden ein Gefäss, in dem sich das Regewasser ansammelt. Diese kunstvoll ausgebildeten Wasserbecken dienen der Selbstversorgung und dem Schutz vor Schädlingen, welche im Wasser ertrinken und später der Karde zur zusätzlichen Nährstoffversorgung dienen. Sie ist also eine Art fleischfressende Pflanze. Die ertrunkenen Insekten symbolisieren auch die Gefahr, in den eigenen Gefühlswelten zu ertrinken. Statt uns in den Gefühlen zu verlieren, sollten wir schöpferisch damit umgehen und an ihnen wachsen. Dies zeigt uns die Karde auch durch die feinen Triebe, die aus dem Regenwassertank, dem Venusgefühlsbecken, entspringen. Mit dem Wasser in den Blätterbecken können Mensch und Tier ihren Durst stillen. Das gesammelte Wasser eignet sich zudem als Gesichtswaschung für den Erhalt einer reinen jugendlichen Haut, beziehungsweise zur Pflege von unreinen, entzündlichen und wunden Hautpartien.

Die Wurzel der Karde stärkt den männlichen Teil der Lebenskraft. Sie wirkt wärmend, zeugend und erfüllend. Die Lebensenergie stärkt die Nieren- und Leberessenz, welche wiederum die Knochen, Muskeln und Sehnen nähren. Sie fördert die Knochenheilung und stärkt die Verbindung zwischen Sehnen und Knochen. Die Karde ist somit ein Pflegemittel für den ganzen Körper, um Muskeln, Gelenke, Nacken und Schultern zu pflegen. Auch bei einer Schwäche und Kraftlosigkeit des unteren Rückens und der Beine kann die Kardenwurzel helfen. Eine weitere Eigenheit der Karde ist der aufrechte, harte verholzende, Stängel mit dem penisartigen Blütenpol und

Die stacheligen Igelköpfe erinnern an den Kopf. Deshalb die Verbindung zum Behandeln von Kopfschmerzen Die Blühte kann bis zu 2000 Samen pro Pflanze produzieren.

der Produktion von bis zu 2000 Samen pro Pflanze. Entsprechend steht die Pflanze für Fruchtbarkeit, Vitalität und Fortpflanzung. Einsatzgebiete sind Entzündungen der Prostata, Impotenz oder Samenstau. So besagt der Volksmund, dass Männer, die an Impotenz und an zu wenig Haarwuchs im Genitalbereich leiden, auf die Karde urinieren und folgenden Zauberspruch aufsagen sollten: «Oh Karde, gib mir Haare, wie du sie besitzt und gib mir einen Zumpf wie ein Schlägel!»

Durch ihr wehrhaftes Prinzip, die stacheligen Blätter, den Stängel, die igelartigen Blütenköpfe, den bitterene Geschmack, sowie den hohlen milchigen Stängel lässt sich leicht erkennen, dass die Karde insgesamt ein grossartiges Heilmittel zur Entgiftung ist. Kardenpräparate wirken Immunsystem stärkend, gegen Bakterien, Viren und fördern die entgiftenden Ausscheidungsfunktionen über das Blut, den Schweiss und die Verdauung. Besonders jetzt, in der Zeit der Hundstage.

Anwendung der Karde

Die Teile der Karde verwende ich innerlich und äusserlich. Das Venuswasser, die Blätter und die Wurzel frisch als Auflage, Wickel, Tee oder Tinktur. Während der Einnahme der Karde verändert sich das Milieu des eigenen Körpers. Das erschwert den schädlichen Mikroorganismen den Zugang zum Körper. Die Entgiftung geschieht hauptsächlich über die Haut, was zu vermehrtem Schwitzen führen kann. Bei der Entgiftung mittels Kardentee oder -tinktur sollte man deshalb zusätzlich viel Wasser trinken.

Die Wirksamkeit des Tees kann im Laufe der Zeit intensiviert werden. Dazu fügt man eine kleine Menge der Tinktur hinzu. Nach einer vierwöchigen Wochen Kur sollte eine Woche Pause eingelegt werden. Dann wieder vier Wochen einnehmen und wieder pausieren. So kann man weiterfahren bis zur Genesung.

Kardenwurzel-Tee

Für 1 Tasse Tee brauchst du ungefähr 1 Teelöffel getrocknete Kardenwurzeln. Das Wasser mit den getrockneten Wurzeln zum Kochen bringen und bei geringer Hitze 10 Minuten köcheln lassen. Vom Herd nehmen und mindestens noch 10 Minuten ziehen lassen. Von diesem Tee trinkt man dreimal täglich eine Tasse.

Kardenblatt-Tee

Für 1 Tasse Tee brauchst du ungefähr ein bis zwei Teelöffel getrocknete Blätter (oder sechs Teelöffel frische Blätter). Die Blätter mit kochendem Wasser übergiessen und 5 bis 10 Minuten ziehen lassen. Nicht kochen. Von diesem Tee trinkt man dreimal täglich eine Tasse.

Staunen & Wissen

SCHWARZER HOLUNDER

Holunder ist die Apotheke der Bäuer*innen

Der Holunder blüht, die beste Zeit also, um bereits einen ersten Teil der Heilpflanze zu konservieren, bevor es dann im Herbst an die schwarzen Beeren geht. Holunderblüten enthalten unter anderem die Wirkstoffe Flavonoide, ätherisches Öl und Chlorogensäure. Die fiebersenkende Wirkung wird aus der schweisstreibenden Eigenschaft hervorgerufen. Ebenfalls bekannt ist die harntreibende Wirkung, womit die Ausscheidung über die Nieren begünstigt wird. Der schwarze Holunder aus der Familie der Geissblattgewächse (Caprifoliaceae) ist pflegeleicht und gedeiht fast überall, wiewohl er feuchte, nährstoffreiche Böden am liebsten hat. Sämtliche Pflanzenteile, von den duftenden, weisslichen Trugdolden bis zur Wurzel, sind Mensch und Tier seit jeher nützlich, weshalb der bis zu sieben Meter hohe Strauch laut «Schweizer Bauer» nicht umsonst den Beinamen «Apothekerkästchen der Bauern» trägt. ska

FORSCHUNG

Männliche Mäuse fürchten sich vor Bananen

Bananen veranlassen männliche Mäuse dazu, sofort das Weite zu suchen. Doch warum ist das so? Und warum reagieren nur die männlichen Tiere auf die Frucht? Ein Forschungsteam hat gemäss «watson.ch» darauf eine Antwort gefunden. Männliche Mäuse zeigen Stress in unmittelbarer Nähe von spätträchtigen oder säugenden Mäuse, heisst es in der in Science Advances veröffentlichten Studie. Mithilfe von Blutproben stellte das Forschungsteam fest, dass die Stresshormone der Tiere nach dem Riechen von Bananenschalen stark nach oben schnellten, weil sie durch diese an den Geruch von säugenden Mäusen erinnert wurden. Die Tiere wollen danach nur noch eins: dem Geruch entkommen. ska

PLASTIKVERSCHMUTZUNG

Mikroplastik in der Arktik

Forschende haben im Schnee der Antarktis erstmals Mikroplastik entdeckt. «Es ist unglaublich traurig, aber Mikroplastik im frischen Schnee der Antarktis zu finden, unterstreicht das Ausmass der Plastikverschmutzung selbst in den entlegensten Regionen der Welt.» Das sagte die Studentin Alex Aves von der neuseeländischen Canterbury University, die die Studie zusammen mit mehreren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern durchgeführt hat. Aves und ihre Kolleg*innen hatten im Jahr 2019 an 19 Stellen des Ross-Schelfeises, das die südliche Hälfte des antarktischen Rossmeeres bedeckt, Proben entnommen. Das Ergebnis schockierte sie: Jede einzelne Probe enthielt Mikroplastik. ska

MEDIZIN

ArzneimittelKandidaten aus Korallen

Korallen enthalten zahlreiche Substanzen, die möglicherweise medizinisch eingesetzt werden könnten. Ein Problem bei der Erforschung war bislang allerdings, dass unklar war, wie diese Substanzen in den Korallen produziert werden. Das haben Forschende nun herausgefunden. Anders als bislang angenommen, sind für die Herstellung nicht symbiotische Mikroorganismen verantwortlich. Stattdessen befindet sich gemäss «wissenschaft.de» der Bauplan im Genom der Korallen selbst, wie die Forschenden am Beispiel einer Substanz zeigten, die als potenzielles Anti-Krebs-Medikament gilt. Mit diesem Wissen sollte es in Zukunft möglich sein, entsprechende Verbindungen im Labor herzustellen und ihren möglichen medizinischen Einsatz weiter zu erforschen. ska

Sternengucker

Polarstern als Drehpunkt am Himmel

Die Erddrehung um die eigene Achse sorgt dafür, dass Sonne, Mond und Sterne auf- und untergehen. Auf einem Foto, das mehrere Stunden lang belichtet wird, wird dieser Vorgang sehr deutlich sichtbar. Die Sterne hinterlassen kreisförmige Spuren. Fast genau im Zentrum dieser Kreise befindet sich der Polarstern. Seine Position ist derzeit nur etwa 0,7° vom nördlichen Himmelspol entfernt. Es ist purer Zufall, dass sich auf der nördlichen Himmelssphäre am Drehpunkt ein Stern befindet, der von blossem Auge deutlich sichtbar ist. Auf der Südhalbkugel bleibt die Stelle des südlichen Achsenpunktes am Himmel leer. Die Höhe des Polarsterns entspricht ungefähr dem nördlichen Breitengrad. Genau genommen besteht der Polarstern aus zwei Sternen, die sich gegenseitig umkreisen. Der Hauptstern des Systems, Polaris Aa, ist ein sogennanter Überriese, der etwa 2000-mal heller leuchtet als unsere Sonne.

Da die Erdachse im Zeitraum von 25 750 Jahren eine Kreiselbewegung durchführt, verändert sich auch die Lage des Polarsterns. Durch diese Verschiebung bewegt sich der Polarstern noch geringfügig in Richtung Himmelspol und wird den geringsten Abstand von ihm im Jahre 2102 erreichen, um sich danach wieder langsam von ihm zu entfernen. Schliesslich wird in etwa 12 000 Jahren die Wega, der Hauptstern im Sternbild Leier, erneut Polarstern sein, so wie es bereits in der Steinzeit vor etwa 14 000 Jahren der Fall war.

Andreas Walker

PFLANZENWELT

Forschende entdecken die vermutlich grösste Pflanze der Welt

Vor Australiens Westküste erstreckt sich über 180 Kilometer ein riesiger Teppich aus Seegras – alles ein und dieselbe Pflanze. Das beweist laut «srf. ch» eine Genanalyse. Eigentlich wollten Forschende der University of Western Australia die genetische Vielfalt eines gewaltigen Seegrasteppichs untersuchen. Und wurden überrascht: In der Meeresbucht von Shark Bay haben sie zufällig die wohl grösste Pflanze der Welt entdeckt. Die Forschenden nahmen an zahlreichen Stellen Proben von Trieben und erstellten damit aus rund 18000 Markern einen genetischen Fingerabdruck des gigantischen Seegrasgewächses. ska

Wetterzeichen

Sommerwolken

Der Sommerhimmel wird auffällig häufig von Quellwolken dominiert. Wenn die Sonne den Boden erwärmt, steigen Warmluftblasen auf. Wenn diese warme Luft aufsteigt, kühlt sie sich um ein Grad pro 100 Meter ab, bis der Taupunkt erreicht wird. Das ist diejenige Temperatur, bei der die Luft eine Feuchtigkeit von 100 % erreicht. Von diesem Zeitpunkt an kondensiert mit der weiteren Abkühlung das überschüssige Wasser zu kleinen Wolkentröpfchen aus und es entsteht eine kleine Quellwolke. Da sich Quellwolken zu auffälligen Haufen auftürmen können, heisst ihr meteorologischer Name Cumulus (lateinisch: Haufen). Bleiben diese Wolken klein, deuten sie auf stabiles und schönes Sommerwetter hin. Entwickeln sie sich jedoch im Laufe des Tages zu mächtigen Wolkentürmen, können sie sich zu Schauer- und Gewitterwolken (Cumulonimbus) entwickeln, die Starkregen, Blitz und Hagel im Gepäck haben. In den Bergen wird die Bildung von Quellwolken durch erwärmte Felswände noch zusätzlich gefördert. Deshalb empfiehlt es sich, bei einer sommerlichen Bergwanderung die Entwicklung dieser typischen Sommerwolken jeweils gut im Auge zu behalten, um vor bösen Überraschungen sicher zu sein.

Andreas Walker

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BEA-Verlag, 5200 Brugg 056 444 22 22, bea-verlag.ch

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TATENDRANG

IST TIERISCH GUT ZU TIEREN.

Beim Tierwohl belegen wir seit vielen Jahren regelmässig einen Spitzenplatz.

TATEN-STATT-WORTE.CH

Die Herzroute führt direkt durch Zug.

Drei Sommer-Velotouren für Geniesser*innen

Die Schweiz lässt sich bestens mit dem Velo erkunden. Im Vordergrund müssen dabei nicht unbedingt möglichst viele Kilometer stehen. Gemütlich unterwegs zu sein und dabei die Landschaft zu geniessen, hat auch seinen Reiz.

Markus Fässler

Durch das wilde Engadin pedalen und das Heimatdorf des Schellen-Ursli besuchen? Ohne grosse Anstrengung panoramareiche Höhenmeter in Engelberg zurücklegen? Oder die Herzroute in Zug mit der neuen Morgartenrunde verbinden? In der Schweiz warten unzählige Velorouten darauf, befahren zu werden. Dabei kann man sein Tempo selber bestimmen und kommt erst noch in den Genuss einer neuen Perspektive. Diese drei Velotouren lassen sich mit viel Gemütlichkeit bestreiten:

Dem Inn entlang

Eindrucksvolle 520 Kilometer lang ist der Inn-Radweg. Die ersten 115 Kilometer verlaufen dabei in der Schweiz. Sie führen durch das Engadin, jenem Bündner Hochtal, das seinen Namen dem Fluss verdankt. Natürlich könnte man den gesamten Schweizer Teil an einem Tag absolvieren. Aber viel gemütlicher ist es, ihn auf mehrere Etappen aufzuteilen und die grandiose Natur sowie die vielen pittoresken Ortschaften entlang der Route zu geniessen. Los geht es in Maloja, wo der Inn auf 2484 Metern am Piz Lunghin entspringt. Die ersten 33 Kilometer bringen einen zunächst entlang der zauberhaften Oberengadiner Seenwelt via St. Moritz und Samedan bis nach La Punt. Diese Strecke ist grösstenteils flach und daher ohne viel Kondition zu bewältigen. Etwas mehr Energie benötigt man auf der zweiten, 38 Kilometer langen Etappe wegen des Aufstiegs nach Guarda. Die Anstrengungen sind bei der Ankunft im wunderschönen Heimatdorf des Schellen-Ursli aber schnell vergessen. Die letzten 37 Kilometer auf Schweizer Boden führen zuerst ins ebenfalls denkmalgeschützte Nachbardorf von Guarda, nach Ardez. Im weiteren Verlauf bietet sich in Scuol dann in den mineralischen Quellen die Gelegenheit, die Muskeln zu entspannen. In Martina endet die Etappe. Wer weiter will, muss nur die Grenze nach Österreich überqueren und den nächsten Abschnitt bis nach Telfs in Angriff nehmen. www.engadin.ch / www.innradweg.com

Mit dem E-Bike von Engelberg zur Alp Stäfeli

Gemächlich schlängelt sich die Engelberger Aa durch das Niedersurenen-Tal in Richtung Surenenpass. Den gleichen Weg schlägt man auf der gemütlichen, rund 18 Kilometer langen E-Biketour von Engelberg Bahnhof nach Engelberg-Stäfeli ein. Während der Fahrt immer im Blickfeld sind dabei sind die massiven Spannörter mit ihrer speziellen Form. Vorbei am tosenden Wasserfall, der dem Restaurant am rechten Wegrand den Namen gibt, folgt schon bald eine erste Steigung. Aber dank der Unterstützung des Elektromotors ist diese wie auch die restlichen der insgesamt 416 Höhenmeter locker zu bewältigen. Und trotzdem kommt das Restaurant Alpenrösli genau zur richtigen Zeit. Ein Halt lohnt sich nicht nur wegen der vorzüglichen Rösti, sondern auch wegen der möglichen Erholungszeit für den letzten steilen Teil der E-Biketour hinauf zur Alp Stäfeli.

Wiederum weisen die imposanten Spannörter den Weg und motivieren einen nochmals zum Weitertreten. Beim Bergrestaurant Stäfeli hat man sich dann eine erneute Pause verdient. Das fantastische Panorama entschädigt die auf sich genommenen Mühen doppelt und dreifach. Zurück hinunter ins Tal nach Engelberg geht es dann in rasanter Fahrt auf der anderen Seite des Flusses. Da der Weg von Wurzeln durchzogen und technisch anspruchsvoller ist als der Hinweg, ist etwas Vorsicht geboten. Die Strecke ist jedoch gut befahrbar. www.engelberg.ch

Mit Herz durch Zug

Die imposante Aussicht auf die im Frühling und Herbst verschneiten Berggipfel, die beiden Seen oder die schmucke Zuger Altstadt: Die malerische Landschaft des Kantons Zug bietet erstklassige Möglichkeiten für gemütliche Velotouren. Mit den Strecken von Einsiedeln nach Zug und von Zug nach Willisau führen zudem gleich zwei Etappen der Herzroute vom Genfersee bis zum Bodensee durch Zug.

Die ersten 45 Kilometer starten auf dem Klosterplatz in Einsiedeln und führen unter anderem am einzigartigen Hochmoor von Rothenthurm vorbei. Auf der Etappe von Zug nach Willisau warten dann unzählige Sakralbauten vom Bildstöckli bis zur Klosteranlage in Eschenbach.

Ganz neu gibt es zudem seit 2022 die 70 Kilometer lange Morgartenrunde. Sie verbindet die Herzroute ab Zug in einer liegenden Acht mit der Seenroute und führt an allen Sehenswürdigkeiten des Kantons wie dem Ägerisee oder dem Morgartendenkmal vorbei. Unterwegs laden kleine Hofläden, Restaurants oder Aussichtspunkte zum Verweilen ein. Für das leibliche und optische Wohl ist also immer gesorgt. Wer in Zug übernachtet, kann dies unter anderem in einem der Velohotels im Ort machen. In diesen Betrieben sind Fahrräder und Velofahrende in besten Händen und erhalten einen speziellen auf Veloreisende zugeschnittenen Service. www.zug.ch

Die Morgartenrunde verbindet ab Zug die Herzroute in einer liegenden Acht mit der Seenroute.

Copyright: Engadin St. Moritz Tourismus Der Innradweg führt durch das Engadin.

Copyright: Engadin St. Moritz Tourismus Aussichtsreiche E-Bike-Tour zur Alp Stäfeli.

Zimmerpflanzen selbst ziehen

Eine selbst gezogene Zimmerpflanze ist ein sehr persönliches Geschenk. Die Vermehrung kann je nach Pflanze auf unterschiedliche Art geschehen. Die Natur verblüfft uns hier mit vielfältigen Möglichkeiten.

Gabriela Gerber

Bestimmt ist es Ihnen auch schon passiert, dass beim Besuch bei Bekannten ein bisschen Neid aufgekommen ist. Sie hätten auch gerne so schön gepflegte Zimmerpflanzen und würden ihren Bekannten die schönsten Exemplare am liebsten abluchsen. Dass diese sich nach jahrelanger Pflege nicht davon trennen mögen, ist verständlich. Ich bin mir aber sicher, dass sie Ihnen wenigstens ein Stück davon abgeben werden, wenn Sie sie darum bitten. Mit der richtigen Technik und etwas Glück können Sie zu Hause Ihr eigenes Prachtexemplar heranziehen. Dafür eignet sich in sehr vielen Fällen eine einfache Methode, die Stecklingsvermehrung im Wasserglas.

Vielleicht besitzen Sie selbst ein paar in die Jahre gekommene oder zu grosse Zimmerpflanzen, die kurzum den Topf bersten lassen. Es wäre doch schade, die Pflanze wegen zu engen Platzverhältnissen wegzuwerfen. Sicherlich machen Sie jemandem eine grosse Freude, wenn Sie beim nächsten Besuch eine selbst gezogene Zimmerpflanze als Geschenk mitbringen. Ich zeige Ihnen auf, wie Sie diese selbst vermehren oder verjüngen können. Der beste Zeitpunkt, um Zimmerpflanzen zu vermehren oder zu verjüngen ist von Frühling bis Sommer, da sowohl die Temperaturen als auch die Lichtverhältnisse während dieser Zeit perfekt sind.

Verschiedene Vermehrungsmethoden

Unterschieden werden grundsätzlich zwei verschiedene Vermehrungsmethoden. Die generative Vermehrung (oder geschlechtliche Vermehrung) ist die Vermehrung durch Samen. Diese kauft man entweder im Blumenladen oder man entnimmt nach der Blüte von Zimmerpflanzen Samen, trocknet diese und streut die Saat in Aussaaterde. Nebst dem, dass die Aussaatmethode mittels selbst gewonnener Samen nicht immer erfolgreich funktioniert, verändert sich

Selbst gezogene Zimmerpflanzen zu verschenken, bereitet Freude. »

die Pflanze oft genetisch. Dies kann dazu führen, dass sich zum Beispiel eine andere Blütenfarbe bildet. Vorgängig sollte man sich schlau machen, ob es sich bei der Pflanze um einen Licht- oder einen Dunkelkeimer handelt. Manche Pflanzensamen benötigen einen bestimmten Reiz, damit die Keimung überhaupt ausgelöst wird. Bei den sogenannten Lichtkeimern wird der Samen nicht zugedeckt. Bei den Dunkelkeimern hingegen wird der Samen zweimal so dick mit Aussaaterde übersiebt, wie er selbst dick ist.

Die vegetative Vermehrung (oder ungeschlechtliche Vermehrung) ist die Vermehrung einer Pflanze aus Pflanzenteilen. Die selbst gezogene Pflanze ist genetisch identisch mit dem Elternteil und bringt nebst der Blatt- auch die gleiche Blütenfarbe hervor, wie die Mutterpflanze. Die häufigsten Methoden der vegetativen Vermehrung sind die Kopf-, Triebteil- und Blattstecklinge, Steckhölzer, Ausläufer, die Blattteilstecklinge sowie die Kindelvermehrung. Letztere zwei Vermehrungsmethoden stelle ich Ihnen nachfolgend bebildert vor und erkläre Ihnen eine etwas weniger bekannte Methode der Verjüngung einer älteren Zimmerpflanze, das Abmoosen.

Stecklinge aus dem Wasserglas

Von vielen Zimmerpflanzen, vor allem stark verzweigten, schneiden Sie mit einem sauber desinfizierten Messer zehn bis fünfzehn Zentimeter lange Stücke ab. Entfernen Sie die untersten Blätter und stellen den Steckling in ein Glas Wasser. Achten Sie darauf, dass keine Blätter im Wasser stehen, weil sie sonst verfaulen. Eine Ausnahme bildet das Zypergras (Cyperus alternifolius), deren Blattschirme kopfüber in ein Glas Wasser gestülpt werden können. Nach ein paar Wochen haben sich genug Wurzeln gebildet, um den Steckling in Zimmerpflanzenerde topfen zu können.

Ich persönlich besitze eine Zypergras Mutterpflanze, welche ich etwa alle 3 Jahre vermehre und die Jungpflanzen weiterverschenke. Ich schneide mehrere ganze Stängel mit einem scharfen Messer oder einer Schere ab und schneide zehn bis fünfzehn Zentimeter lange Stücke unter dem Blattschirm zu. Die Stecklinge stelle ich anschliessend in sauberes Wasser und platziere das Glas an einem hellen Platz. Es dauert manchmal nur ein paar Tage, bis sich am Blattschirm Wurzeln bilden. Es empfiehlt sich, den Steckling regelmässig unter Wasser abzuspülen und frisches Wasser ins Glas einzufüllen. Nach einiger Zeit bildet sich Schleim im Glas oder am Steckling, welcher eine gesunde Wurzelentwicklung verhindert. Sind die Wurzeln nach ein paar Wochen drei bis fünf Zentimeter lang, kann der bewurzelte Steckling vorsichtig in einen Topf mit Zimmerpflanzenerde eingetopft werden. Nach weiteren zwei bis drei Wochen ist die Jungpflanze angewachsen und kann verschenkt werden.

Blattteilstecklinge von Königsbegonien

Nebst allen anderen Vermehrungsmethoden finde ich persönlich die Vermehrung durch Blattteile die Imposanteste. Bei uns bei der Gartenbauschule Oeschberg werden die Königsbegonien (Begonia-Rex-Gruppe) erfolgreich auf diese Art vermehrt. Was Sie benötigen, ist eine gesunde Mutterpflanze, eine saubere Schale oder einen Topf, eine gereinigte Schnittunterlage sowie ein scharfes Messer. Sie desinfizieren ein scharfes Messer in 70%igem Alkohol und schneiden ein Blatt am Ansatz sauber ab. Am besten wählen Sie ein TeenagerBlatt. Ein altes oder ein ganz junges Blatt sind weniger gut geeignet. Von diesem schneiden Sie zwei bis drei viereckige Stücke mit möglichst vielen Blattadern heraus und legen es mit der schönen Seite nach oben auf die befeuchtete Erde. Damit guter Erdkontakt entsteht, drücken Sie den geschnittenen Blattteil vorsichtig auf die befeuchtete Erde. In der Grossproduktion werden die Blätter mit Agraffen fixiert und die volle Schale mit einer Glasplatte zugedeckt, um ein Mikroklima zu erzeugen. Wenn Ihnen keine Glasplatte zur Verfügung steht, können Sie das Gefäss mit Allzweckfolie überziehen. Stellen Sie es anschliessend an einen hellen Platz und sorgen Sie dafür, dass die Erde nie austrocknet. Sie sollten regelmässig eine Giesskontrolle machen. Nach zwei bis drei Wochen bilden sich unten am Blatt Wurzeln und obenauf entdecken Sie die ersten, kleinen Blätter, die sich aus sogenannten Adventivknospen entwickelt haben. Sobald die Blattteilstecklinge gut bewurzelt sind, können sie vorsichtig in Zimmerpflanzenerde pikiert werden. Schon haben Sie eine junge Königsbegonie.

Kindelvermehrung von Kakteen

Die Erde meines etwa fünfzehnjährigen Kaktus der Gattung Echinopsis war fast aufgebraucht und es war an der Zeit, die Ableger oder eben auch Kindel genannt, von der Mutterpflanze abzunabeln. Hat Ihr alter Kaktus genau dies auch nötig? Nichts einfacher als das. Bereiten Sie kleine Töpfe vor, befüllen diese mit Kaktuserde, die Sie entweder kaufen oder auch selbst mischen können.

Ich verwende zwei Teile Zimmerpflanzenerde und mische einen Teil Sand dazu. Giessen Sie die Töpfe gut an. Jetzt kann die Vermehrung beginnen. Ziehen Sie am besten etwas dickere Handschuhe an oder topfen Sie die Kakteen mit Hilfe einer Zeitung aus, damit Sie nicht gepikst werden. Die Kindel lassen sich ganz einfach von der Mutterpflanze entfernen. Diese können jetzt in die vorbereiteten Töpfchen pikiert werden, sogar, wenn sie noch keine Wurzeln haben. Die Jungpflanzen werden vorsichtig angegossen und an einen hellen, aber nicht vollsonnigen Platz gestellt. Nach ungefähr drei bis vier Wochen sind sie angewachsen und können verschenkt werden.

Abmoosen einer Bergpalme

Meine alte Bergpalme drohte jeden Moment umzukippen. Ich hatte es satt, den Stamm zu stützen. Mit Abmoosen habe ich dem Problem Abhilfe verschafft. Möchten Sie es auch ausprobieren? Befestigen Sie am Stamm auf gewünschter Höhe ein viereckiges, dunkles Stück Plastik und binden Sie es unten gut fest. Füllen Sie befeuchtete, aber nicht allzu nasse Vermehrungserde in die Folie und binden diese oben sackartig zu. Lassen Sie die Pflanze etwa zwei Monate so stehen. Öffnen Sie den Sack oben nur sporadisch und giessen Sie wenig Wasser hinein. Nach sechs bis acht Wochen können Sie den gebastelten Sack entfernen. Inzwischen haben sich Wurzeln gebildet. Mit einer sauber desinfizierten Baumschere können Sie den Stamm nun unterhalb der neuen Wurzeln abschneiden. Die neu bewurzelte Palme topfen Sie vorsichtig in einen Topf mit frischer Zimmerpflanzenerde.

Nun wünsche ich Ihnen Mut, Zimmerpflanzen selbst zu vermehren oder zu verjüngen. Ich bin mir sicher, dass Ihnen das Quäntchen Glück beschert ist, welches zum Erfolg führt, damit auch Sie mit Stolz Ihre selbst verjüngte Pflanze präsentieren oder ein selbst vermehrtes Exemplar an Freund*innen verschenken können.

Gabriela Gerber, ist gelernte Staudengärtnerin, kaufm. Angestellte und dipl. Arbeitsagogin. Sie ist als Berufsbildnerin in der Vorlehre Integration an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen BE tätig. In ihrer Freizeit sammelt sie gerne Pilze, kocht gerne und liebt die Natur.

Copyright: Pays du Saint-Bernard

Vom Fenêtre d'Arpette geniesst man einen überwältigenden Blick auf verschiedene Gipfel des Mont-Blanc-Massivs

Eine Auszeit in Klein-Kanada

In nordamerikanischer Wildnis wähnt sich, wer den Weg ins einsame Walliser Hochtal Val d’Arpette findet. Im dortigen Berggasthof finden naturverbundene Hotelgäste und Camping-Freund*innen Idylle und Outdoor-Opportunitäten «en masse».

Anita Suter

Den Kopf muss man in den Nacken legen, um die Tannen in ihrer ganzen Grösse bewundern zu können. Schliesslich handelt es sich hierbei um einige der höchsten Bäume des Landes. Sie, die Lärchen und Arven und Clocher d’Arpette sind es, die dem Val d’Arpette zusammen mit dem plätschernden Bergbach, den Wildblumen, den steilen Hängen und dem Bergmassiv am Horizont sein wildes Ambiente verleihen. Eines, dass selbst für die Schweizer Bergwelt ein bisschen gar wild anmutet. Willkommen im Klein-Kanada der Schweiz!

Die kleine Alp – so die wörtliche Übersetzung von Arpette – ist Absolvent*innen der Tour de Mont Blanc, der mehrtätigen, spektakulären Trekkingtour rund um den höchsten Berg der Alpen, längst ein Begriff. Denn sie liegt mitten auf der Haute Route Chamonix–Zermatt, einem integralen Teil der länderübergreifenden Mehrtageswanderung. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1925 waren die Wandernden darum auch das Zielpublikum des auf 1630 m ü. M. gelegenen Gasthofs «Relais d’Arpette». In seiner fast 100-jährigen Geschichte hat er sich aber zu viel mehr als einem Nachtlager für Weitwandernde entwickelt. Zu Anfangszeiten um 1926 gab es im damals noch rustikalen Gasthaus weder Strom noch fliessend Wasser. Längst hat beides Einzug gehalten, und auch sonst hat sich im Relais d’Arpette so Einiges verändert. Vieles, allem voran der Charme, ist ihm aber geblieben. Das ist den neuen Eigentümern eine Herzensangelegenheit.

Besitzerwechsel auf die Pandemie hin

Anfang 2020, just vor der Pandemie, hat Bernd Rosenthal mit seinem Geschäftspartner das Relais d’Arpette von der Familie übernommen, die das Gästehaus über 90 Jahre lang geführt hatte. Anstatt sich von den ungünstigen Vorzeichen mit all ihren Ungewissheiten unterkriegen zu lassen, haben die neuen Besitzer die Krise als Chance genutzt. Etwa, um von einem Sommer- auf einen Ganzjahresbetrieb umzustellen, es zu einer Art «Base Camp» für Outdoor-Aficionados zu machen. «Das Val d’Arpette ist nämlich nicht nur im Sommer eine tolle Wanderdestination. Es ist auch ein Mekka für Schneeschuhläufer. Und ein idealer Ausgangspunkt für Skitouren», erklärt Rosenthal. Er muss es wissen, ist er doch selbst ein passionierter Wintersportler.

Copyright: Pays du Saint-Bernard

Der kleine See von Champex-Lac lädt zum Angeln, Rudern oder einfach zum Geniessen ein. Das Relais d'Arpette auf 1600 Meter über Meer.

Wildtiere von der Gaststube aus beobachten

Bei so viel Natur rundherum wird schnell klar: dass es in den 17 Doppelzimmern und den diversen grösseren Schlafsälen keine Fernseher gibt und der Berggasthof ebensowenig über einen Wellness-Bereich verfügt, ist kein Versäumnis, sondern Programm. Dazu gehört auch der in der Gaststube knisternde Kamin. «Gerade in Pandemiezeiten suchen die Menschen das Authentische, weitab vom Massentourismus», ist Bernd Rosenthal überzeugt. Wer hierher, in das Hochtal auf 1600 Meter über Meer kommt, kommt in erster Linie um draussen zu sein.

Wanderwege in allen Längen, für alle Niveaus liegen praktischerweise direkt vor der Haustür. In der Umgebung gibt zahlreiche tolle Kletterrouten. Und die Hirsche, Gemsen, Steinböcke, die sich in dem einsamen Tal die Ehre geben, lassen sich nicht selten aus dem Innern der gemütlichen Gaststube mit ihren grossen Fenstern beobachten.

Auch für Camper und Glamper

Investiert hat man auch in den kleinen, gemütlichen Campingplatz, der zum Relais gehört. Er bietet Stellplätzen für Zelte, kleine Wohnmobile und CamperVans. Camper*innen ohne Ausrüstung können sich in einem komfortablen «Petite Arpette», einer Art Tiny House einquartieren. Die sieben handgefertigten Holzzelte ermöglichen dank Dachfenster den direkten Blick in den Sternenhimmel. Ausgangsort um (zu Fuss oder mit eigenem Fahrzeug) um Relais zu gelangen ist der beliebte kleine Ferienort Champex-Lac. Benannt ist dieser nach seinem malerischen kleinen See, der im Sommer zum Angeln, Rudern, oder gemütlichen Pedalo-Fahren lädt. Von hier führt ein etwa 30-minütiger Fussweg durch einen lauschigen Wald zum Val d’Arpette. Rund 200 Höhenmeter gilt es dabei zu überwinden, schon steht man vor dem Berggasthof – oder aber, man nutzt die Gunst der Stunde und nimmt gleich eine Tagestour mit grandiosen Ausblicken in Angriff.

Touren-Tipp «Fenêtre d’Arpette»

Ist die Baumgrenze oberhalb des Talbodens erst einmal überwunden, weisen farbige Markierungen an gewaltigen Felsbrocken die Richtung. Sportlich geht es, zuletzt im Zickzack, hoch zum Ziel dieser Wanderung, dem «Fenêtre d’Arpette». Das Fenster trägt es zu Recht im Namen: Durch die Öffnung im rauen Kamm bietet sich ein überwältigender Blick auf den TrientGletscher, auf verschiedene Gipfel des Mont-BlancMassivs und den Stausee von Emosson. Das Beste daran: am Ende der rund vier- bis fünfstündigen Tour wartet das Relais d’Aprette mit seinen hausgemachten Gerichten, von der Hausspezialität Pavé de Boeuf mit Pommes Allumettes über eine grosse Auswahl an knackigen Salaten bis hin zu Fondue, das in einem Berggasthof natürlich nicht fehlen darf.

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