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Sonnenstrom
Zentrum ITER
Blick ins Innere des im Bau befindlichen ITER-Reaktors. Auf der jetzt sichtbaren Betonstruktur, der sogenannten Krone, wird die gesamte Maschine mit ihren 23000 Tonnen sitzen.
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Mit Sonnenstrom in die Zukunft
Sonnenenergie ist eine saubere und ergiebige Energiequelle. Sie wird für unser Land in den nächsten Jahren immer wichtiger werden. Doch um sie gut nutzen zu können, braucht es zusätzliches Speicherpotenzial für Elektrizität.
Andreas Walker
Dank unserer Sonne ist das Leben auf unserem Planeten überhaupt möglich. In vielen alten Kulturen verehrte man sie deshalb als Gottheit. Vor 5 Milliarden Jahren wurde sie aus Sternenstaub geboren und steht jetzt etwa in der Mitte ihres Lebens. Trotz dieser aus menschlicher Sicht eine Ewigkeit dauernden Zeit hat auch die Sonne einen typischen Lebenslauf und auch sie wird einmal sterben.
Die Sonne versorgt uns seit Urzeiten mit Energie. Lange Zeit rätselte man über den Mechanismus, der die gewaltige Energieabstrahlung der Sonne aufrechterhält. Bestünde der Sonnenball aus Kohle, so wäre er nach einigen tausend Jahren bereits verbrannt. Erst mit dem Verständnis des Mikrokosmos der Atome wurde auch das Geheimnis der Energieproduktion unseres Muttersterns gelüftet. Im Sonneninneren findet eine Kernfusion statt, bei der pro Sekunde 700 Millionen Tonnen Wasserstoffkerne bei der unvorstellbar hohen Temperatur von 15 Millionen Grad und einem Druck von bis zu 100 Milliarden Atmosphären zu Heliumkernen verschmolzen werden. Die Temperatur an der Sonnenoberfläche beträgt jedoch «nur» 5500 Grad. Heute besteht die Sonne zu 76 Prozent aus Wasserstoff und zu 22 Prozent aus Helium. Die restlichen zwei Prozent verteilen sich noch auf andere Elemente.
Strom von der Sonne
Es ist naheliegend, dass man versucht die Sonnenenergie zu nutzen, denn es ist eine Energiequelle, die allgegenwärtig ist. Im antiken Griechenland begannen die Menschen etwa ab dem Jahr 400 vor Christus, ihre Häuser unter Berücksichtigung der Sonnenstrahlen zu bauen.
Nach einem Mythos der Antike soll der griechische Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes mit Spiegeln das Sonnenlicht auf feindliche Schiffe gerichtet und damit eine ganze römische Flotte verbrannt haben.
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Solarpark Chile
Die Stromgewinnung aus Photovoltaik-Modulen gewinnt auf der ganzen Welt immer mehr an Bedeutung. Im Bild: ein gigantischer Solarpark in der Atacama-Wüste in Chile.
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Die Idee, mit Sonnenlicht Strom zu erzeugen ist nicht neu. Bereits im Jahre 1839 wurde der photoelektrische Effekt vom französischen Physiker Alexandre Edmond Becquerel entdeckt, worauf die Umwandlung des Sonnenlichts in solaren Strom basiert. Trotzdem dauerte es noch über ein Jahrhundert, bis zur Konstruktion von Solarzellen.
Am 25. April 1954 wurde von den Bell Labs in den USA die erste nutzbare Silizium-Solarzelle vorgestellt. Diese hatte einen Wirkungsgrad von 6 %. Obwohl die Presse damals schon von einer unerschöpflichen Energiequelle sprach, war die Herstellung dieser Solarzellen aufwendig und teuer. Die ersten Solarzellen wurden in der Raumfahrt eingesetzt. Dabei konnten Satelliten in einer Erdumlaufbahn durch Sonnenenergie mit Strom versorgt werden. Mit der Ölkrise 1973 wurde das Interesse an anderen Energien deutlich stärker, allerdings wurden grosse, zentrale Kernkraftwerke als die beste Lösung für eine flächendeckende Energieversorgung angesehen. Seit Mitte der 1970er- Jahre wurden schliesslich erstmals mehr Solarzellen für terrestrische Zwecke als für den Einsatz in der Raumfahrt hergestellt. Seit dieser Zeit ist die Installation von Photovoltaikmodulen stark angestiegen. Der Wirkungsgrad hat sich gegenüber den ersten Modellen stark verbessert und liegt heute zwischen 20 bis 24 %. Nach ein bis zwei Jahren haben Solarstromanlagen die Energie, die für die Herstellung eingesetzt wurde, wieder zurückgewonnen. Die Lebensdauer einer Anlage beträgt mindestens 30 Jahre.
Sonnenenergie für die Energie-Strategie 2050
Am 21. Mai 2017 hat das Stimmvolk das revidierte Energiegesetz angenommen. Es dient dazu, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und die erneuerbaren Energien zu fördern. Zudem wird der Bau neuer Kernkraftwerke verboten. Somit kann die Schweiz die Abhängigkeit von importierten fossilen Energien reduzieren und die einheimischen erneuerbaren Energien stärken. Das schafft wiederum Arbeitsplätze und Investitionen in der Schweiz. Der Krieg in der Ukraine macht wieder einmal deutlich, wie problematisch es in Krisenzeiten ist, von fossilen Energieträgern im Ausland abhängig zu sein.
Der Anteil der Solarstromproduktion am Stromverbrauch der Schweiz beträgt zurzeit rund drei Terawattstunden und liegt damit bei rund 6 %. 2050 sollen Photovoltaikanlagen 45 Terawattstunden Strom liefern, also 15-mal mehr als heute. Dann sollte rund die Hälfte des Stromverbrauches (der dann deutlich höher liegen wird als heute) durch Sonnenstrom gedeckt werden können. Dieser Wert entspricht weniger als der Hälfte des Solarpotenzials in der Schweiz. Das ausschöpfbare Gesamtpotenzial zur jährlichen Produktion von Solarstrom wird in der Schweiz auf über 100 Terawattstunden geschätzt. Eine Terawattstunde entspricht z. B. dem Stromverbrauch von etwa 250 000 Haushalten pro Jahr. Bundesrätin Simonetta Sommaruga sagte an der 20. Nationalen Photovoltaiktagung am 29. März 2022 in Bern in ihrer Eröffnungsrede vor etwa 800 Teilnehmenden: «Noch nie wurden so viele Solaranlagen ge-
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Solarkraftwerk Spanien
Das Solarwärmekraftwerk PS20 (spanisch Planta Solar 20) ist zurzeit Europas grösstes kommerzielles Solarturmkraftwerk mit einer Nennleistung von 20 Megawatt. Es befindet sich in der Nähe von Sevilla in Andalusien.
baut wie jetzt. In den letzten beiden Jahren gab es einen Rekordzubau an Photovoltaik. Und der Boom wird nicht nur anhalten, sondern noch stärker werden. Denn die Bevölkerung will weg von Öl und Gas.» Elektrizität ist die am vielfältigsten einsetzbare Energieform. Strom kann in allen Bereichen des täglichen Lebens verwendet werden. Dabei macht er ein Viertel der insgesamt in der Schweiz verbrauchten Energie aus.
Speicherung der Sonnenenergie
Im Sommer haben wir am meisten Sonnenenergie zur Verfügung. Die langen sonnigen Tage ohne Nebel ermöglichen eine Stromproduktion der Photovoltaikanlagen auf hohem Niveau. Daher fällt im Sommer mehr Solarstrom an, als gebraucht wird. Es ist deshalb wichtig, Sonnenenergie auch für die kalte Jahreszeit speichern zu können. Die Schweiz hat gute Möglichkeiten dank ihrer Speicherwasserkraftwerke Energie auf Vorrat zu speichern. Diese liefern Strom, wenn die Sonne nicht oder nur wenig scheint, was vor allem im Winter der Fall ist. Die Schweiz produziert im Winter viel weniger Strom als sie verbraucht. Es fehlt also im Winter Strom, der jeweils importiert werden muss. Photovoltaikanlagen in den Alpen liefern zuverlässig Strom im Winter. Die nebelfreien Gebiete in den Alpen eignen sich gut, um Sonnenstrom zu gewinnen. Deshalb sind einige Photovoltaikprojekte im Hochgebirge in Planung. Für den Ausgleich der Produktion im Tages- und Wochenverlauf stehen neben den wichtigen Pumpspeicherwerken in Zukunft dank der Elektromobilität auch Batteriespeicher in enormem Umfang zur Verfügung, die immer günstiger werden.
Unsere Sonne – ein gelber Zwergstern am Rande der Milchstrasse
Astronomisch gesehen ist unsere Sonne ein ganz normaler Durchschnittsstern. Sie ist der nächste Stern in unserer Umgebung – ein glühender Gasball, dessen Oberfläche durchwühlt und viel aktiver ist, als es auf den ersten Blick erscheint. Sie hat einen Durchmesser von 1,4 Millionen Kilometern, was dem 109-fachen Erddurchmesser entspricht. Die mittlere Entfernung Erde–Sonne beträgt rund 150 Millionen Kilometer. Für diese Strecke benötigt das Sonnenlicht etwa acht Minuten. Deshalb sehen wir die Sonne also immer dort, wo sie in Wirklichkeit vor acht Minuten war.
Unsere Sonne bildete sich vor rund 5 Milliarden Jahren unter ihrer eigenen Schwerkraft aus einer Gaswolke, die vor allem aus dem leichtesten Element Wasserstoff bestand. Die gewaltige Masse der Sonne von 330 000 Erdmassen erzeugt im Sonneninneren Druck- und Temperaturverhältnisse, die zu Kernreaktionen führen, der Energiequelle unseres Muttergestirns.
Sonnenstrom wird zu Erdgas
Wenn man Sonnenstrom, der im Sommer produziert wurde, für den Winter speichern will, kann man das sog. Power-to-Gas-Verfahren anwenden. Dabei wird mit überschüssigem Solarstrom mit Elektrolyse das Wassermolekül in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Mit diesem Verfahren kann aus Strom, Wasser und Kohlendioxid synthetisches Methan hergestellt werden. Beim Methanisierungsprozess wird Kohlendioxid verwendet, welches z. B. aus der Umgebungsluft mit einem CO2-Abscheider gewonnen wurde. Dieses synthetisch hergestellte Methan kann gelagert und bei Bedarf in das lokale Erdgasnetz eingespeist werden. Wird dieses Methan wieder verbrannt, wird kein zusätzliches fossiles Kohlendioxid ausgestossen, sondern das Rezyklierte. Damit entsteht ein geschlossener Kohlenstoff-Kreislauf. Ebenso kann z. B. aus überschüssigem Sonnenstrom aus Wasser und Kohlendioxid Methanol hergestellt werden. Methanol kann zum Heizen und Kühlen von Gebäuden, fürs Kochen und für die Mobilität eingesetzt werden, wie wir es von Benzin, Diesel, Kerosin oder Heizöl gewohnt sind.
Das Methanol kann schliesslich zur gewünschten Zeit am gewünschten Ort verwendet werden. Wasserstoff, der mit Sonnenstrom gewonnen wurde, ist auf vielfältige Arten einsetzbar. Unsere Sonne war seit Anbeginn der Zeiten ein wichtiger Schlüssel zur Gewinnung von Energie und wie es aussieht, wird dies auch in Zukunft der Fall sein.
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Das Gästehaus Giarvino liegt auf einer Hügelkette, eingebettet zwischen Rebberge und Obstgärten.
Villa Giarvino: Schweizer Refugium in den Weinbergen des Piemont
Romy Dübener und Fredy Wiederkehr beherbergen in ihrem Gästehaus mit Obstgarten, Weinberg, Wäldchen und vielen Rückzugsorten vor allem Gäste aus der Schweiz. Trotzdem wirkt die «Villa Giarvino» durch und durch italienisch.
Artur K. Vogel
Hier herrscht pure ländliche Idylle: Die «Villa Giarvino» ist eingebettet in Weinberge, Obstgärten und einen kleinen Wald. Er wird Druidenwald genannt. Denn er ist von einem Hügel gekrönt, auf welchem die Ruinen einer uralten Kapelle stehen und der einst, so besagt es die Legende, von einem Druiden bewohnt war. Keine Legende sind die vielen Nischen, Waldlichtungen (eine mit einem Pizzaofen), Bänke, eine Piazza unter einem riesigen Nussbaum und ein Baumhaus, das einen weiten Ausblick in die Natur bietet: Sie alle sind stille, lauschige Rückzugsmöglichkeiten zur Kontemplation und Regeneration.
Dass Romy Dübener und ihr Partner Fredy Wiederkehr zu Gastgeber*innen mutieren würden, stand nicht in den Sternen: Die Bernerin Romy – man duzt sich hier, in dieser familiären Anlage – ist eine erfolgreiche Sopranistin, Chorleiterin und Musikpädagogin. Der ursprünglich aus dem Aargau stammende Fredy war einst Gemeindeschreiber in Diemtigen BE, später Chef der Wirtschaftsförderung des Berner Oberlandes. Bekannt wurde er als Erfinder der modernen Schnitzeljagd namens Foxtrail, die er während fast zwei Jahrzehnten aufbaute und 2018 verkaufte.
Liebe auf den ersten Blick
Schon lange hatte Fredy Wiederkehr den Wunsch nach einem Rustico im Tessin oder einem Ferienhaus in Norditalien gehegt. Doch er stellte sich die bange Frage: «Wenn alles arrangiert ist, was macht du dann dort? Nur noch im Liegenstuhl liegen?» Die Antwort fand sich bei einem Makler, der ein Gästehaus anzubieten hatte, «und mir war rasch klar: Das ist es», sagt Fredy Wiederkehr. – «Liebe auf den ersten Blick», wie sich Romy Dübener ausdrückt.
Was das künftige Gastgeberpaar an der Liegenschaft faszinierte, war die Balance zwischen alt und neu. Die ältesten noch sichtbaren Teile des Gästehauses datieren rund fünf Jahrhunderte zurück. Die vier Hektaren erzählen viele Geschichten. Und «die Möglichkeit, nicht nur Verwandte und Bekannte zu beherbergen, sondern auch Gäste, die für die erbrachten Dienstleistungen bezahlen», so Fredy Wiederkehr, schien attraktiv.
Die Schweizer Romy Dübener und Fredy Wiederkehr – Gastgeber im Giarvino. Das Giarvino wird von einem grosszügigen Garten mit Liegewiese, Olivenbäumen und Zedern umrahmt.
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Die bauliche Substanz des Haupthauses ist aussergewöhnlich. Ausserdem gibt es viele Räumlichkeiten, die man für einen rein kommerziellen Betrieb gar nicht bräuchte. Da wäre zum Beispiel die Cantina, ein Weinkeller mit Weinfässern, in welchem man Feste feiern und Gäste bewirten kann; der Salon mit riesigem Cheminée, das ehemalige Hallenbad, das die Gastgeber*innen zum Tagungs- und Eventraum umgebaut haben, ein grosser Garten mit Pergola und Pizzaofen, und so weiter. Dank dieser Grosszügigkeit fühlt man sich nie eingeengt oder zusammengepfercht.
Corona als Chance genutzt
Romy und Fredy erwarben das Gästehaus im Herbst 2019 und kamen nach längerem Nachdenken auf den Namen «Giarvino», ein Wortspiel aus «Giardino» und «Vino», was die vier Hektar grosse Anlage anschaulich beschreibt. Der Start war allerdings holperig wie das Gelände, auf dem das Gästehaus steht: Kaum war die «Villa Giarvino» eröffnet, kam die Pandemie. Die beiden Besitzer*innen nutzten die Zwangspause: Unter anderem entstand ein kleiner Pool, in welchem man heute herrlich planschen und gleichzeitig die Aussicht über die weitläufige, hügelige Landschaft, die Weinberge und Wäldchen geniessen kann. Der Corona-Not ist auch die hervorragende Küche im Giarvino zu verdanken. Zwar gäbe es in der nahe gelegenen Bäderstadt Acqui Terme erstklassige Restaurants, diese waren während der Pandemie aber geschlossen. Mit dem apulischen Küchenchef Francesco fand man die optimale Lösung und entschied sich nach Ende des Lockdowns weiter auf dessen Kochkünste zu setzen und gar Kochkurse anzubieten.
Nun hat die «Villa Giarvino», obwohl mit acht Gästezimmern und Suiten eher klein, eine Küche zu bieten, wie man sie eher in Fünfsterne-Häusern erwartet. Kulinarisch verwöhnt wird man schon am Morgen, wenn die Mitarbeitenden ein Frühstücksbüffet mit lokalen Spezialitäten aufbauen: Schinken, Salami, Käse, Brot, Butter und vor allem viele frische Früchte von den eigenen Obstbäumen.
So ist das «Giarvino» zu einem ganz speziellen Ort geworden. Einem Ort der Begegnung, der Kultur, des Genusses und der Erholung. In der näheren Umgebung kann man stundenlang durch die Weinberge wandern, von Dorf zu Dorf, und in den lokalen Gasthäusern einkehren. Man kann Weingüter besuchen, und nur 15 Kilometer entfernt, in der Nähe des mittelalterlichen Städtchens Mombaruzzo, steht die weltberühmte Grappa-Destillerie Berta Besuchern offen. Auch ein Besuch des Marktes von Acqui Terme jeweils am Dienstag und Freitag lohnt sich. Und wenn es einmal doch der Strand sein soll: Die ligurische Küste ist auch nur gut anderthalb Autostunden entfernt.